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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010626013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901062601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901062601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-26
- Monat1901-06
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E» ist ausfallend, welch' große Aufmerksamkeit die Franzosen plötzlich der militärischen Benutzbarkeit de» Fahr rave» zuwenden, nachdem sie sechs Jahre lang die Sache ruhen ließen, die damals ausgearbeiteten Instructionen in Ver gessenheit brachten und selbst die im vorjährigen Etat auS- geworsenen Mittel zur Aufstellung zweier Radfahrercompagnien nicht, wie irrthümlich immer angenommen wurde, zu diesem Zwecke benutzt haben. DaS Einzige, wa» bisher zur Erpro bung der KriegSverwendbarkeit von Radfahrern geschah, war neben den Versuchen mit Fahrrädern aller Art der kurz vor den Herbstmanövern von einigen eifrigen RegimentScvmmay- druren erlassene Befehl zur Meldung derjenigen Soldaten, die radfahren konnten und im Besitz eine» eigenen Rade» waren. Unter diesen Leuten wurden dann etwa zwei Dutzend ausgesucht, die oha« vorhergrgaugene Instruction unter Führung eines meist unerfahrenen OsficierS Verwendung in den Manöver» fanden und, wie beispielsweise noch im vergangenen Jahre, in der Beauc« meist nur durch ihr planloses UmherirrenAufsehen erregten. Von dem Vorhandensein einer Instruction schien ihnen nicht« bekannt zu sein, und doch giebt es eine solche mit eingehenden Details über Marschordnung, Fahrtgeschwindigkeit (auf guten Straßen in der Regel 12, höchstens aber 20 km in der Stunde), Tragen deS RadeS auf dem Rücken im Gefecht und über die Handhabung der Maschinen beim Reinigen, AuSeinandernehmen u. s. w. Irgend welche Bestimmungen über Verwendung und die Thätigkeit von Radfahrern im Gefecht waren freilich bisher nicht vorhanden. Nun heißt e», daß der General Lacroix, Unterchrf im Großen Generalstab, sich der Radfahrerfragen angenommen habe und auf Grunv von Fortschritten, die bei anderen Staaten im militärischen Gebrauche von Radfahrern gemacht wurden, auch bei der französischen Armee für weitgehende Ver wendung derselben rintreten wolle. Ein Anfang soll zunächst mit den beiden kürzlich iu Reims und in Sedan beim 132. uup beim 147. Linieniufanterie-Regnnent aufgestellten Radfahrer-Com pagnien gemacht werden, für deren Zusammensetzung bisher nur bestimmt war, daß sie zu je 150 Mann mit 120 Fahr rädern formirt werden und al» Waffe den Artillerie-Cara- biner Ick/92 erhalten sollten. Man hat diese Starke und Bewaff nung der Compagnien für unzureichend befunden und wenn man sie auch nicht den allgemein ausgesprochenen Wünschen ent sprechend auf einen Etat von 250 Mann gebracht hat, so ist ihre Stärke doch wenigstens auf 175 Mann festgesetzt worden, die sich auf 9 Unterofficiere, 10 Gefreite, 4 Hornisten und 152 Mann vertheilen. Statt des Artillerie-CarabinerS hat man ihnen das Infanterie-Gewehr in der Erkenntniß gegeben, daß sie nur durch eine solche Bewaffnung gleichwerthig mit der übrigen Infanterie sein würden. Eine weitere ausgiebige Verwxudung von Radfahrern ist bei den Pionieren in Vorbereitung und eS sind feiten- derPionier- inspection Verfügungen erlassen worden, auf Grund deren Ver suche gemacht und geprüft werden soll, wie bei den einzelnen Pionier-Regimentern radfabrende Detachement« aufzustellen seien, ohne daß dafür neue Mittel im Etat bewilligt zu werden brauchen. Aufgabe dieser Radfahrer soll e« sein, die den Pionieren imKriege zufallenden Zerstörung-- und Herstellungs arbeiten entweder selbst zeitiger, al» e» bisher möglich war, auszuführen, oder sie wenigsten» so vorzubereiten, bi» daS nachfolgende Gros ihres Truppentheil« zur Weilerführung und Beendigung der Arbeiten eingetroffen ist. Sollten die hieraufbezüglichen Versuche zu günstigen Resultaten führen, so sollen solche Radfahrer-Detachement- bei den SapeurS, den Eisenbahn-, Luftschiffer- und Telegrapheu-Compagnien auf gestellt werden. Der wichtigste Versuch aber, der zur Zeit in Bezug auf Verwendung von Radfahrern im Gange ist und von dem e» heißt, daß er der „Clou" der diesjährigen großen Herbst manöver sein werde, findet in der Zuteilung von rad fahrenden Pionier - Detachements an die Cavallerie statt, bei welcher dafür die im Pionierdirnst ausgebildeten Mann schaften in Fortfall kommen sollen. Man ist bei den hierüber erlassenen Bestimmungen von dem doppelten Ge- sichtspuact ausgegangen, daß die Ausbildung der Cavallerie im Pionierdienst im großen Ganzen unzulänglich und keines falls mit den Leistungen wirklicher Pioniere zu vergleichen sei; die Arbeiten der Cavallerie-Pioniere beschränkten sich in den meisten Fällen auf die Sprengung von Brücken und Eisen- bahuschieoen und auf da« Zerstören von Telegraphendrähtrn. Auch da» Brückenschlägen werde bi» zu eiuem gewissen Grade der Vervollkommnung heutzutage durch die Caval lerie auSgeführt. Weit mehr könnten dagegen rad fahrende und der Cavallerie beigegebene* Pionier-Detachr- mentS leisten durch Wiederherstellung zerstörter Brücke«, Eisenbahn- und Telearaphen-Linien, durch den Bau von Flußübergängen aller Art, wie sie, nebenbei gesagt, iu großer uud anschaulicher Zahl auf der vorjährigen Pariser Welt ausstellung sich vorfanden. Der andere Gedanke, der für die Einführung dieser Art Pionier-Detachement» geltend gemacht wird, beruht auf der Annahme, daß e» namentlich auf guten Straßen diesen Detachement» weit schneller möglich sein werde, die von ihnen geforderten Aufgaben zu löse«, als die Cavallerie - Patrouillen aus oft müden Pferden dazu im Staude sein würden. Jedenfalls sind ver suchsweise je ein Detachement beim 6. Pionier-Bataillon in Verdun uud beim 6. Pionier-Regiment in Anger» auf gestellt worden, um mit den dort garmsonirendeu Regimentern der 3. Husaren-Vriaade resp. den 25. Dragoner« zu üben. Die vorbereitenden Uebunzen innerhalb der Pionier-Truppen- theile zur Ausbildung der Leute im Radfabrdienff Zolles so beschleunigt werden, daß diese am 15. Just bereit find, mit ihrem Dienste bei de« genannten Cavallerie-Regimentern zu beginnen. Jede» Detachement besteht au» einem Leutnant, einem lluterleutuaut, 3 Unterofficiere«, 4 Gefreite«, 22 SapeurS, einem Mechaniker und 3 Fahrern für einen Bagagewagen und 2 leichten, zum Transport »er Werkzeuge und Sprengstoffe bestimmte» Fahrzeuge. Di« Radfahrer erhalten Räder nut festem Rahmen und Richt zusammenlegbare Maschine« «ach dem Modell de» Havptmann» GSrard, da ander« sich al» nicht geeignet zur Anbringung der Werkzeuge erwiese« haben. Al« Bewaffnung ist vorläufig der Carabiner bestimmt. Auf den Wagen sollen außer den Dynamitpatronen Restrvtsahrräder und Zubehörstücke, sowie einige Flöße nach dem System Haberd untergebracht werden. Wie bereit« ausgesprochen, sollen die Leistungen dieser neuen Truppe bei den großen Manövern diese« Jahres aus giebigst erprobt werden. Von dem Resultate der gesammelten Erfayruagen soll e» dann abhängig gemacht werden, ob diese radfabrende» Pionier-DetachemcntS erst im MobilmachunzSfalle aufgestellt und dann denCavallerie-Divisionen beigeaeben werden ollen, oder ob sie erst im letzten Augenblicke bei AuSbruch des kriegeS improvisirt werden sollen, oder ob man sie endlich tereitS im Frieden den CavaUerie-Divisionen so zutheilt, wie e» mit de» reitenden Batterien bereits der Fall ist. Vor der . )and neigt man im Generalstabe der Ansicht ihrer Formation ,m Mobilmachungsfalle zu. ES ist ersichtlich, daß diese neue Art der Verwendung von Pionier-DetachementS, wenn sie sich bewährt, und in der Ausdehnung, wie sie geplant, für sämmtliche Cavallerie- Divisionen durchgeführt werden sollte, für die Bedeutung dieser Waffe von außerordentlichem Werthe sein würde. *Ver Krieg in Südafrika, von den voereneommandos in der Capeolonie. Ueber daS Thun und Treiben der in das Capland einge- allenen Boerenschaaren sendet uns unser Mitarbeiter aus Cap - tadt, ck. <i. 1. Juni, fogenden anschaulichen Bericht: Die südlichen BoerencommandoS unter Kritzing« r (einem zweiten De Wrt) beherrschen in der östlichen Provinz des Cap- andes eine Strecke etwa von der Größe Böhmens oder Bayerns, und nur di« Hauptplätze längs der Eisenbahnlinie sind in Händen der Engländer und — weiden fortwährend bedroht. Vielfach ind die Boeren die Angreifer. In diesen Strichen, wo die Zoerencommandos ihr Wesen treiben (wir können Middelburg Zuurbergej als das Centrum ansehen), ist das Kriegsrecht be- onderS scharf. Die colonialen Bauem sympathisiren ja vielfach mit dem „Feind", und die jüngeren Leute mögen da öfter» ein unbedachtes Wort aussprechen. Aber deswegen würden sich doch die Meisten noch nicht dem „Feinde" anschließen. Bekommen sie aber von einem Freunde einen Wink, daß d<r englische Com- mandant die Absicht hat, sic zu verhaften, oder gar schon einen Haftbefehl ausgefertigt hat, gegen Schuldige, wie Unschuldige, >ann finden sie sich vor die Alternative gestellt: viele Monate ungehört im Gefängnitz zu verbringen und schließlich noch eine hart« Strafe zu erleiden — oder sich aus dem Staube zu machen und sich dem Feinde anzuschließen. Die Ohnmacht Englands, diesen Krieg schnell zu beenden, verbunden mit der zu strengen Handhabung des Kriegsrechts durch die englischen Lomman- danten, ist die Hauptursache, daß sich Tausende Cap länder dem Feinde angeschlossev haben. Die vor dem Kriegsrecht Flüchtenden kennen die Schlupf winkel in den Bergen, finden sich in Trupps von 50 bis 100 und mehr zusammen, holen sich des Nachts den nöthigen Proviant von befreundeten Farms, und sobald ein Boerencommando in der Nähe, schließen sie sich demselben an. Bei dem erst«n Zusammen stoß mit britischen Truppen erhalten sie von den erbeuteten Ge wehren und der Munition, und auch Pf«rde, soweit sic solch« noch nicht haben. Sie kennen jeden Weg und Steg in ihrem District, und find also besonders gut zu gebrauchen. Bei Besetzung einer Farm werden alle Zugänge mit Wachen bel«gt, so daß kein Bericht vorzeitig an einen englischen Comman- danten gelangen kann, und das Hauptcommando sich ruhig stärken und erquicken kann an dem, was die Farm liefert. Brod, Fleisch und Kaffee genügen schon. Es kommt wohl auch vor, daß auf einer Farm gleich ein Dutzend Hammel geschlachtet werden, man zahlt gern pro Stück 20 Mark. Aber der colonial« Farmer darf kein Geld annehmen, so wird also das Geld an «inen bestimmten Platz hingelegt oder vergraben, wo er es später holen oder „zu fällig" finden kann. Man ist fröhlich und aufgeräumt, «in gutes Clavier fehlt selten auf einer Farm, somit wird musicirt und ge sungen und auch wohl ein Tänzchen mit den Töchtern des Hauses gewagt. Kritzingir aber hält darauf, daß alle seine Leute im Freien schlafen, damit sie abgehärtet bleiben. Am Wachtfeuer erschallt zuweilen «in lautes Gelächter. Einer hat auf der Farm die neueste Zeitung gefunden und liest daraus die letzten englischen „Siegesberichte", die in Europa gedruckt werden. Wir waren ja auch dabei, heißt eS dann, und wie haben wir sie geklopft. Und solche Lügen glaubt man in England und anderSwo — 'S ist zum Taktischen. Die 75 Grabeshügil der Engländer dort erzählen «ine ganz andere Geschichte — und wie viele mögen da in ein Grab geworfen sein! Sind auf einer befreundeten Farm durch das englische Militär schon die besten Pferde „commanvirt", so requirirt man keine von denen, die der Farmer selbst höchst nöthig hat, aber überall ist Nachfrage nach Hufeisen und Regenmänteln. Mancher vom Boerencommando hat denn auch zwei Regenmäntel im Besitz, denn vor einem durchdringenden dreitägigen afrikanischen Regen hat ded Bo«r doch Respect. Mrd irgendwo eine Jingofarm ausspionirt, dann wird d«m Eiaenthümer, der wegen seiner Loyalität von Pferdeliefe- rungen für die Engländer möglichst verschont wurde, schnell deut lich gemacht, daß da» O. V. 8. (Ornnja 8taak), das daS Commando an dein Hüten trägt, heißen soll: Ons vat sornnnr, zu deutsch: Wir fassen (nehmen) weg, wa» wir kriegen können. Da wird denn unter den Pferden Alles, was tauglich ist, weg genommen. Biele dieser Pferde find ganz wild, aber di« Boeren verstehen ihre Pferde zu dressiren, wozu auch gehört, daß, wenn der Reiter abspringt, um zu schießen, oder an den Feind heranzu schleichen, sein Pferd ihm auf Schritt und Tritt folgt, so daß er im Nothfall gleich wieder aufspzinge» kann, um davon zu jagen. So passirt« e» jüngst, daß eine Patrouille der Boeren vor einer Farm abstieg und Einlaß begehrte. Die „tanke" öffnete willig di« HauSthLr und führt« di« Gaste in» Wohnzimmer. Beim Um schauen ab«r gewahrte sie, daß die treuen Thicre durch die offen gebliebene HauSthür mit gefolgt waren. Man hatte offenbar bei der Dressur vergessen, dim Pferden beizubringen, vor einem Hause hübsch draußen zu warten. Gelegentlich werden auch die Pferdedepot» der Engländer beraubt, da diese Pferde auch gut be schißen sind. Wöchentlich gehen Depeschen-Reikr von den verschiedenen CommandoS über den Fluß nach De Wet und andere bringen lepeschen vom Hauptquartier. Selbst Kritzinger soll neulich per- önlich De Wet ausgesucht haben, und von Fouchö erzählt man, daß er auch jetzt ziemlich geregelt seine europäische Post und Zeitungen erhält. Das Wie? — soll Geheimniß bleiben. Jeden- alls: die Verbindung der Commandos in der Colonie mit denen im Freistaat und Transvaal ist ganz vortrefflich. Unter Kritzinger's Commando befinden sich auch einige recht ung« Leut«, wie zum Beispiel der 13 jährige Botha, der >a sagt: Mein Vater ist todt, wo meine Mutter geblieben, weiß ich nicht, ich habe mich dem Commando angeschlossen, um, so lange ich lebe, mich an den Rooi-n«ks zu rächen. Und selbst Knaben aus der Colonie schließen sich den Boeren- commandos an, wie zum Beispiel einer, der, als das Commando ein Städtchen Passirte, sich von seiner Mutter losriß, so daß seine Herder in Fetzen herumhingen; sofort erhielt er aber Unter- tiitzung, um in einem Laden neue Kleider zu kaufen — und fort war er. Die Aufgabe von Kritzinger's Commando scheint nun nicht zu sein, vernichtende Schläge den Engländern beizubringen, als vielmehr eine große Truppenzahl hinter sich her zu locken, und den Feind so zu beunruhigen, daß De Wet im Freistaat di« Milie»- und Kartoffelernte in Sicherheit bringen k a n n und >guch Zeit hat, in Uebereinstimmung mit Botha weitere Pläne vorzuberciten. Weichen diese kleineren Commandos stets größeren Truppenmaffen aus, so wissen sie kleinere Truppenmaffen cnzufallen und aufzu reiben. Tas giebt immer den nöthigen Bedarf an Gewehren und Munition; und die fortwährende Bedrohung der Eisenbahn linie erlaubt auch nicht ihre Verfolgung in die Berge. * Loudon, 25. Juni. (Telegramm.) Eine Brüsseler Depesche deS „Standard" meldet, Commandont Banloo, de Wet'S Adjutant, ei mit einem eingehenden Bericht de Wet» an Krüger in Brüssel angekommen. Banloo der de Wet'» Lager Ende Mai verließ, be- Haupte, die Lage der Boeren sei fortgesetzt sehr günstig. Deutsches Reich. L. Vertin, 25. Juni. (Socialistische Prahlereien.) Der „Vorwärts" glaubt über die'Thdlsache, daß die Aus einandersetzung Bernstein» mit der socialistische» Partei eine Spaltung in die Gesammtpartei hineinbringt, durch Prahlereien binwegtäuschen zu können. Er schreibt nämlich: „Die Socialdemokratie ist beute in allen Actionen so ein- beitlich und geschlossen, daß die sämmtlichen bürgerlichen Parteien darob vor Neid bersten müßten. . . Sie ist die einzige Partei, die gegenwärtig ein organische« einheit liches Ganzes bildet und deren theoretische Erörterungen noch nicht einmal zum Vorschlag« irgend einer Programm änderung geführt haben". Wenn die Partei wirklich so „einheitlich und geschlossen" ist, so ist «S doch Merk würdig, daß sie gerade in diesem Jahre ihren Parteitag zum ersten Male theilweise unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit abbalten will, denn da« macht doch den Eindruck, als ob in diesem Jahre außerordentlich wichtige Auseinander setzungen zwischen dem immer stärker werdenden rechten Flügel und dem linken Flügel befürchtet würden. Die Social demokratie ist ja sonst der Reclame durchaus nicht abgeneigt ; man denke nur daran, wie selbst der Tod von hervorragenden Parteigenossen dazu auSgebeutet wird, um die imponirende Stärke der Partei auf die Bevölkerung wirken zu lassen. Wäre die Partei also der Einmütbigkeit sicher, so würde sie zweifellos den Parteitag in vollster Orffentlichkeit statt finden lassen. Berlin, 25. Juni. Die Vorbereitung der Aus- f ü h r u n g s b e st i m m u n g e n zum Fleischbeschau- gesetz, mit welcher das Reichs-Gesundheitsamt beauftragt ist, schreitet, so rasch als dies möglich ist, fort. Um das Gesetz im deutschen Reiche in allen Theilen zur Geltung zu bringen, müssen folgende Verordnungen in Kraft gesetzt werden. Zunächst ein Erlaß von Ausführungs-Bestimmungen über diejenigen Puncte, deren Regelung im Gesetze ausvrücklich dem Bundrsrathe Vor behalten wurde. Ferner ist nothwendig die Schaffung eines aus reichenden und befähigten Fleischbeschau-Personals an allen Orten des Reiches. Ebenso müssen Räume zur Vornahme der Fleischbeschau bereit gestellt werden, auch muß die Ausstattung dieser Räume mit den nöthigen Einrichtungen erfolgen. Sodann muß eine Instruction für die Fleischbeschau» festgestellt werden mit Bezug auf lebende Schlachtthiere, todte Schlachtthiere, aus ländisches Fleisch und ausländische Fette. Es muß eine An weisung erlassen werden ub«r das Verfahren bei der Untersuchung von Fleisch und Fett, insbesondere bei der Probeentnahme und der chemischen Untersuchung. Ferner müssen einheitliche Grund sätze aufgestellt werden für die Beurthrilung deS Fleisches und Fettes beim Vorhandensein bestimmter Mängel. Es muß ein Ge bührentarif festgesetzt werden. Weiterhin sind Vorschriften zu erlassen über die Kenntlichmachung des untersuchten, insbesondere auch des beanstandeten und des aus dem Auslande kommenden Fleisches; «S muß der Fleischstempel und das Brandzeichen fest gesetzt werden. Fernerhin muß bestimmt werden, welche Con- servirungsstofse, schweflige Salze, Sciurm u. s. w. zur Haltbar machung und Behandlung des Fleisches nicht mehr sollen ver wendet werden dürfen. Ein Th«il diese» Reglements dürfte in nicht zu ferner Zeit endgiltig festgcstellt und vom BundeSrathr bald nach dessen Sommervertagung im September oder October t:- schlossen werden. * Verli«, 25. Juni. (Jnstizstatistik.) In seinem soebe« erschienenen 22. Jabrganq, bringt daS „Statistische Jahrbuch für da» Deutsche Reich" eine Reihe von Urbersichtrn, die Justizpflege km Reich« im Jahre 1899 betreffend. Noch diesen Uebersichten hat dir Kahl «er Livtlsachen erster Instanz gegenüber dem Vorjahre 0896) bet de» Mahnsachea um etwa 80000; bet de» ordentlichen Wechsel, und anderen Urkundenprocrssen um zusammen etwa 85 000 zugenommen. Eine konstante Erscheinung bildet da» Anwachsen der Ehe» und Entmündigungssachen, deren Zahl dem Vorjahre gegenüber eine Vermehrung nm 450, dem Durchschnitt der Jahre 1881/85 aegeaüber rtwa um 5657 ausweist. DaS stärkste Soatingrnt »u der Vermehrung de» letzten ZählangSjahre» stellten Berlin und bi« ObrrlaudeSgerichte Dresden, BrrSloa und Köln, wogegen Hamburg ausnahmsweise diese« Mal mit einem nicht unbeträcht lichen Rückgang fiaurirt. Da nach dem EinführungSgesetze »um Bürgerliche» Gefetzbuche auch die am l. Januar 1900 bereit» anhängig gewesenen Eheproceffr den Normen de» letzteren unter liegen, werden wohl schon die nächsten Jahrgänge deS Statistischen Jahrbuch«» Aufschlüsse über den Einfluß HeS neue» ShescheidungS- rechtes auf die EhescheidungSsrequenz enthalten. Der Zuwachs der Geschäft« bei den Oberlandes gerichten ist von noch geringerer Bedeutung als im Vorjahre. Er belief sich auf rund 700 Sachen. Ganz minimal ist di» Mehrbelastung de» Reichsgericht» in Civilsachen, und auch auf strafrechtlichem Gebiete hat sie sich nur um 250 Sachen gesteigert. Eine durchgängige Rückwärts bewegung zeigt die erstinstanzliche Rechtsprechung in Straf- ach en. Sowohl die Anträge auf Erlaß eines amtsrichter- lichen Strafbefehl- wie die Privatklagesachen und die Ankloge- achen wegen Uebertretungen, verbrechen und Vergehen haben gegenüber dem Vorjahr», und zwar bei d»n Uebertretungen und bei den von den Schöffengerichten abgeurtheilten vergehen ogar ganz beträchtlich, abgenommen. Lediglich die bet der Straf kammer anhängig gewordenen Anklagesachen wegen vergehen zeigen eine geringfügige Vermehrung (um 576 Sachen). Dieser rück läufigen Bewegung aus dem Gebiete der Strafrechtspflege entspricht ein bemerkenswerter Stillstand der Criminalität. Di« Zahl der wegen verbrechen und Vergehen gegen ReichSgesetze rechtskräftig verurtheilten ist gegenüber dem Vorjahre 1898 nur von 477 807 auf 478139 gestiegen, ein Nachlassen in der Eriminalitäts- bewegung, wie eS seit 1885 nicht mehr vorgekommen ist. Auch die Zahl der verurtheilten Jugendlichen hat sich gegen da» Vorjahr um 474 vermindert, dagegen ist die Zahl der verurtheilten vor bestraften noch mehr gestiegen. Ihre Zahl ist in 1892/99 von 146 700 auf 195 LOO, also um nahezu 50 000 gewachsen, die Zu nahme gegenüber dem Vorjahre stellt sich auf etwa» über 3000. Wenn da» so weiter geht — und die Wahrscheinlichkeit spricht dafür —, dann besteht in zehn Jahren di» gute Hälfte der Ber- urtheiltrn eine- Jahrgang- aus lauter Vorbestraften. Von den einzelnen Delikten zeigt im Berichtsjahre nur die gefährliche Körper- Verletzung eine beträchtliche Vermehrung, dagegen sind der einfache und der schwere Diebstahl nicht unerheblich zurückgegangen. (-) Vertin, 25. Juni. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." bemerkt zu dem Beschlüsse de» ersten Straf senats deS Reichsgericht», den Arbeiter Weiland außer Ver folgung zu setzen: Dieser Beschluß beruht auf einem gleich lautenden Antrag de» OberrerchSanwaltS. Da« Straf verfahren gegen Weiland ist damit endgiltig eingestellt. Also haben die Anklagebehörde und der Gerichtshof die Ueber- zevgung gewonnen, daß, worauf anfänglich einzelne auffällige Thatumstände hinwiesen, von einer gegen den Kaiser gerichteten verbrecherischen That nicht die Rede sein kann. Der Kaiser ist an jenem Abend da» Opfer einer Verkettung von Umständen geworden, die in dlksir Art sich selten zusammenfinden werden. L. Berlin, 25. Juni. (Privattelegramm.) Die„Nat.» Ztg." meldet: In Bezug auf die Besetzung der Präsidenten stelle bet dem neue» Reichsamt für das private Versiche rungswesen ist eine Aenderung eingetreteo. Wie wir hören, gilt jetzt die Ernennung des DirectorS im ReichSamt des Innern, I)r. von Woedtke zum Präsidenten deS neuen Amte» als sicher. In einem süddeutschen Blatte wird hierauf durch die Bemerkung vorbereitet, der bisher in der Presse für diese Stellung genannte Geh. Ratb Gruner, der Ver fasser des Gesetzes über das private Versicherungswesen, sei dafür zu jung; indeß über sein Lebensalter wird man wohl auch früher unterrichtet gewesen sein. Die Vermuthung liegt nahe, daß die Ernennung deS DirectorS von Woedtke, für den dieselbe weder eine Rangerhöhung, noch eine finanzielle Verbesserung bedeutet, auf die gespannten Beziehungen zurückzufübren sein würde, die zwischen ihn und dem Staats sekretär Grafen PosadowSky seit der 12 000 - Mark-An gelegenheit bestehen. — Herr von LucanuS, der Chef des kaiserlichen Civil- cabinet», ist von Elbing kommend wieder in Berlin ein getroffen. — Der bisherige Chef deS Centralbureau» deS Staats sekretärs des Reichspostamtes, Postinspector Puche, der zum Postrath ernannt worden ist, dürfte schon in nächster Zeit nach China reisen, um dort die Oberleituug deS deutschen Postverkehrs, der in der erfreulichsten Entwick lung begriffen ist, zu überuebmen. Herr Puche war von 1891 bis 1896 Vorsteher deS Postamtes in Dar-eS-Salaam und hat sich dort um die Organisation des deulsch-ostafri- kanischen Postwesens große Verdienste erworben. Neuerdings hat er mehrfach an Kabellegungen theilgenommen, um auch diesen Dienst genauer kennen zu lernen. — Im Anschluss« an bi« Mittheilungen 'der „Ostmark" über polnisch« Ortschaftsverzeichnisse bei 'den Post- behörden schrieb bekanntlich gestern die „Tägl. Rundschau": „Einer unserer Leser hat einen Brief mit dem Poststempel (!) „Zempelkowa" erhalten. Das Postamt seUbst bedient sich also eine« polnischen SwmpelS, um den dänischen Ort „Zempelburtz" zu bezeichnen." Heute wirb ber „Tägl. Rundschau" mitgeiheilt, daß in txr Nähe von Zemprlburg in Westprmßen eine besondere Postagentur „Zempelkowo" besteht, daß also der Stempel dieser Agentur mit dem von Zempelburg nicht gleichbedeutend ist. Hiernach trifft Äso in dieser Sache di« Postverwalkimg kein Vovwurf. (-) Kiel, 25. Juni. (Telegramm.) Der Kaiser ver weilte gestern Abend bis um Mitternacht bei dem Festessen de» kaiserlichen Nachtclub» und begab sich heute früh 7»/, Ubr mit dem Großherzog von Sachsen und dem Herzog Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein auf die „Iduna" zur Theil- nahme an der großen Seeregatta Kiel-Eckernförde. Um ll Uhr Vormittag folgte die Kaiserin mit dem Prinzen Rupprecht von Bayern, der kurz vorher angekommen war, auf der „Hobenzollern". — Der Reichskanzler trifft heute Abend zum Vortrage bei dem Kaiser hier ein. Pose», 24. Juni. Hier hat sich ein social- demokratischer Wahlverein gebildet, dem bisher e!wa 50 Mitglieder beigetreten sind. Es ist dies erst der zweite socialdemokratische Wahlverein in der Provinz Posen. In den meisten größeren Städten der Provinz, in denen sich eine ent sprechende Anzahl Anhänger der Socialdemokratie befindet, leitet nur ein Vertrauensmann die Agitation. In der Versammlung, in der die Gründung des Posener socialdemokratische» Wahl verein» beschlossen wurde, wählte man auch eine Commission, welche die Aufgabe hat, für die Agitation unter den polnischen Socialisten de» ganzen Reiches zu sorgen. Es bestehen jetzt also iu der Provinz Posen zwei socialdemokratische Parteien, die deutsche socialdemokratische und die national.
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