Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010626027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901062602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901062602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-26
- Monat1901-06
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis di der Hauptexpedittou oder den 1» Etadt> beeirt und den Bororten errichtete« Au-» aaoestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Haut ^l 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonuirt ferner mit entsprechendem Postausfchlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bnra, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaatrn, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blattes möglich. Di« Morgen-LnSgabe erscheint um '/»? UKr, di« Abend-AuSgabe Wochentag» um 5 Uhr» Le-action und LrvedMour Johauni-gasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sorlim. Unwersitätsstraße 3 (Pauliuum), Loui» Lösche, Oathartnevstr. Ich Part, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. leiWM TügMaü Anzeiger. ÄmtsVlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nalizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Mittwoch den 26. Juni 1901. Anzeige«-Preis die «gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaction»strich <4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 85 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung X 60-, mit Postbesürdrrung 70.—. Aunahmcschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. * London, 25. Juni. Dem „Reuter'schen Bureau" wird aus Barkly East (Capcolonie) vom 24. Juni gemeldet: Fouchi ist mit zwei BoerencommandoS über Glenalmond hinaus vorgerückt. Boeren- Patrouillen haben sechs Meilen von hier mit britischen Patrouillen Schüsse ausgetauscht. * London» 25. Juni. Im Unterhaus» erklärte der Kriegs minister Brodrick, daß nach den neuesten Meldungen in der Capcolonie 1000 bis 2000 Mann gegen England unter Waffen ständen und daß der wöchentliche Kriegsaufwand etwa auf 1250 000 Pfund Sterling zu beziffern sei. Die gewaltsam internirten Boeren. Herr Brodrick hat letzter Tage im englischen Parlament erklärt, für die in etwa einem Dutzend von Lagern gewaltsam internirten Boeren (Greise, Frauen, Kinder) würde nach Möglichkeit gesorgt. Inwieweit dies zutrifft, möge aus dem nachfolgenden Berichte unseres Herrn Mitarbeiters in Pretoria beurtheilt werden: Wie schon früher berichtet, befinden sich alle Boeren, welche die Waffen freiwillig niederlegten, ferner die von den Farmen weggetriebenen Greise. Weiber und Kinder in großen Baracken- oder Zeltlagern. Es giebt etwa 10 solcher Lager in der Nähe der größeren Städte, und es sollen sich über 25 000 Personen in denselben befinden. Die Sterblichkeit, besonders unter den Kindern, war in diesen Kamps schon immer sehr hoch und wie eS nun, bei Beginn des Winters, werden soll, ist noch nicht abzusehen. — Sehr überraschen muß es, daß die Be hörden in der amtlichen „Government Gazette" veröffent lichen, eS mangle sebr an Decken und warmen Kleidungs stücken, weshalb die öffentliche Mildthätigkeit dringend angerufen wird. Man sollte wahrhaftig denken, daß die Be hörden selbst die Verpflichtung baden, für die armen Leute au»giebig zu sorgen; ersten« sind sie thatsäcklich nichts Andere- al- Kriegsgefangene, zweiteu- ist nur die Zerstörung ihres Eigenthums auS strategischen Gründen (?) daran schuld, daß die Leute versorgungsbedürftig sind. Weit entfernt aber, diese Verpflichtung anzuerkennen, läßt die Regierung nicht nur für diese Boeren sammeln, sondern hat auch einer Handelsgesellschaft in Natal das Reckt ver liehen, Verkaufslocale in den Kamps zu eröffnen, so daß diejenigen von den Boeren, welche noch etwas Geld haben, die Gelegenheit haben, dasselbe an den Mann zu bringen, während diejenigen, deren Eigenthum von englischen Soldaten zerstört und geraubt ist, ihr Elend um so bitterer empfinden. Die Sammlungen haben bis jetzt etwa 850 Pfund Sterling ergeben, so daß also bei 25 000 Gefangenen eine Unterstützung von ganzen 75 Pfennigen kommt. Die Wirren in China. * Shanghai, 25. Juni. („Reuter'S Bureau.") Prinz Tfckun, da- Haupt der nach Deutschland gehenden Sondergesandtjchaft, wird Peking am 12. Juli verlassen und von Shanghai am 20. Juli nach Deutschland Weiterreisen. — Hier verlautet, der Hof werde nach Peking auf dem Wege über Tientsin zurückkehren und von Tientsin au» die Eisenbahn benutzen. * Tschtfu, 25. Juni. Von der koreanischen Grenze, wo Unruhen ausgebrochen, sind hier Flüchtlinge eingetrofsen, die be richten, daß drei russische und zwei englische Kriegsschiffe vor der Ualumündung seien. * London, 25. Juni. (Unterbau-.) Gretton fragt an, ob die französischen Behörden gegenwärtig in Shanghai die Aufsicht über ein Stück Land auszuüben beginnen, das jenseits des Gebie'es liege, dessen Grenzen von Salisbury in dein Abkommen mit der französischen Regierung über die französische Niederlassung in Shangbai festgesetzt worden seien. UnterstaatSjekretär des Aus- wärtigrn Cranborne erwidert, vor einiger Zeit habe die Regierung die Mittheilung erhalten, daß die Franzosen in Shanghai Casernendauten sür ihre Truppen ausführten, bezüglich des Platzes feien nähere Mittheilungen noch nicht eingegangen, ebensowenig weitere Informationen. Erkundigungen würben eingezogen. Auf eine andere Anfrage erwidert Cranborne, es sei der Versuch gemacht worden, gewisse ausgleichende Handelsvortheile in China zu erlangen als Entschädigung für die Gewährung des Füns-Procent-Tariss. Der englische Gesandte habe vorläufig das Ansinnen unterstützt. Die Angelegenheit stehe noch unter Discujsion. Politische Tagesschau. * Leipzig, 26. Juni. Unter der Ueberschrift „Abermals Kriscngerüchte" ver öffentlicht der „Berl. Loc.-Anz." einen Artikel, der an die Reise des Reichskanzlers nach Kiel anknüpft, die etwa in Folge dieser Reise aufs Neue auftauchenden Gerüchte über den bevorstehenden Rücktritt des Grafen Bülow als grundlos bezeichnet und dann fortfährt: „Eine andere Frage ist eS, ob nicht binnen Kurzem in diesem oder jenem Ministerium eine Personalveränderuug eintritt. Es ist ein offenes Gcheimniß, daß der Eisenbahnminister v. Thielen, der vor einigen Tagen in ausfälliger Stille sein zehnjähriges Amtsjubiläum feierte, seit längerer Zeit den sehnlichsten Wunsch hegt, sein mühevolles Amt nieder- zulegen und sein otium cum ckignitate zu genießen. Bei der letzten Ministerkrise bedurfte es großer Ueberrednngskunst, Herrn von Thielen zum Verbleiben auf feinem Posten zu bewegen, da sein Rücktritt in jenem Augenblicke leicht hätte zu Mißdeutungen führen und gerade jene Wirkung abschwächen können, die man aus die Gegner der Canal vorlage durch die Entlassung einiger Minister auszuüben beabsich tigt hatte. Nunmehr erscheint die politische Situation nach dieser Richtung hin so genügend geklärt, daß die rein persönlichen Motive eines eventuellen Rücktritts LeS Eisenbahnministers solchen Mißdeutungen nicht mehr auSgesetzt sein können. In wohlinsorinirten politischen Kreisen spricht man auch von Meinungsverschiedenheiten über gewisse schwebende TageSfragen zwischen dem Kanzler und dem Staatssekretär im ReichSamt des Innern. Da aber Graf Posadowsky bisher niemals auf dem Boden starrer Negation verharrte, sondern sich stets einer Verständigung zugänglich erwies, so ist nicht einzuseheu, warum die allgemein anerkannte enorme Arbeitskraft und bewährte Erfahrung deS Staatssekretärs nicht auch fernerhin der Regierung erhalten bleiben sollte. Bei der letzten Ministerkrise galt auch die Stellung deS Justizministers Schönstedt für erschüttert, der, wie erinnerlich, der Philippika des Professors Riedler von der Technischen Hochschule gegen den unheilvollen Ein fluß der Juristen auf unser öffentliches Leben in scharfer Rede entgegentrat, was umso mehr bemerkt wurde, als man allgemein anoahm, daß Geheimrath. Riedler Ansichten Ausdruck gab, die wenigstens zum Theil auch an allerhöchster Stelle getheilt würden. Kein Wunder daher, daß von jener Zeit ab auch der Name des Justizministers Schönstedt bei Krisen gerüchten genannt wird. Wie wir schließlich aus Grund zuver lässiger Informationen 'mittheilen können, ist in nächster Zeit in einem der höchsten Hofämter rin Wechsel zu erwarten, der durch die Persönlichkeit des neu zu ernennenden Hofwürden- trägerS ein gewißes Aufsehen erregen dürfte." Noch mehr Aufsehen dürfte cs erregen, wenn die Voraus sagungen teS Blattes sich erfüllten. Es hat bekanntlich un längst durch Veröffentlichung einer Kaiserrede, die nach einer Anordnung des Monarchen nicht an die Ocffentlichkeit hätte gebracht werden dürfen, an amtlicher Stelle Anstoß erregt und Anlaß zu einer Untersuchung gegeben, die allerdings ergeb- nißloS verlaufen zu sein scheint, jedenfalls aber den Veranstalter veranlaßt hat, dem Blatte den Brodkorb wichtiger politischer Nachrichten höher zu hängen. Wenn nun trotzdem Herr v. Thielen „auS Gesundheitsrücksichten" die spätere Ver tretung der Canalvorlage anderen Händen überließe und Herr Schönstedt ihm folgte und einem Nachfolger wiche, der mehr als er mit dem Kaiser und Herrn Riedler in der Beurtheilung deS Einflusses der Juristen harmvnirte, so würde dadurch der Veranstalter der Untersuchung jedenfalls recht peinlich überrascht werden und vielleicht sogar erwägen, ob eS nicht angezeigt sei, den Herren v. Tbielen und Schönstedt zu folgen. In den Kreisen der Hofwürden träger hat jene Veröffentlichung augenscheinlich dem „Berl. Local-Anzeiger" keinen Schaden gethan, denn nur aus diesen Kreisen kann die Nachricht von dem bevorstehenden Wechsel in einem der höchsten Hofämtcr stammen. Das legt auch die Vermuthung nabe, daß der auf die Herren v. Thielen und Schönstedt bezügliche Theil des Artikels ein Wink für diese Herren sein solle, das zu thun, was vor nicht langer Zeit die Herren v. Miquel, v. Hammerstein-Loxten und Brefeld gethan. Die von der „Nordd. Allg. Ztg." übernommene Ausfüh rung der „National-Ztg.", daß der Reichskanzler in der Polcnfrage auf dem Boden der nationalen Wünsche stehe und daß daher nicht ernstlich daran gedacht werden könne, für die höhere Beamtenschaft in den Ostmarken die Ausbildung im Gebrauche der polnischen Sprache, sei eS obligatorisch oder auch nur facultativ, ins Auge zu fassen, ist augen scheinlich durch die jüngst mitgetheilte Meldung aus Ostrowo veranlaßt, nach welcher der dortige Landrath und der Bürger meister polnischen Sprachunterricht nehmen. Auf diese Meldung bezieht sich auch folgende Zuschrift, die den „Berl. N. N." aus der Provinz Posen zugeht:. . . Ick bitte Sie inständigst, den neuerdings austauchendcn Bestrebungen, daß die höheren Beamten in den Ostmarken Polnisch lernen, in keinem Falle Vorschub zu leisten! Unsere einzigen Bemühungen müssen darauf gerichtet sein, die deutsche Sprache zur allein herrschenden zu machen. So- bald ein Beamter Polnisch versteht, spricht er aus angeborener deutscher Courtoisie auch mit denjenigen Polen Polnisch, die das Deutsche beherrschen. Glauben Sie mir, daß man mit Deutsch bei festem Willen überall in Posen und West preußen durch kommt. — In dem erbitterten Kriege, in dem wir uns befinden, darf man dem Gegner auch nicht einen Milli- Meter weit entgegenkommenl In manchen Orten verhalten sich die Behörden fast ausnahmslos in nationaler Hinsicht unglaublich schlaff; darüber herrscht allgemeiner Unwille!" Diese Beschwerde dürste nun Wohl in erwünschtem Sinne Abhilfe finden. — Wir schließen hieran die folgende Notiz, die wir in der „Tägl. Rundschau" finden: „Die beiden kaiserlichen Oberpostdirectionen Posen und Brom berg schicken uns in Bezug auf den der „Ostmark" entuommenen Artikel in Nr. 289 Berichtigungen, wonach auf den Postämtern polnische Ortsverzeichnisse nicht im Gebrauch ind. Tas ist sehr erfreulich. Noch erfreulicher wäre e» reilich gewesen, wenn die beiden Oberpostdirectionen bereit» Ende Februar dieses Jahres dem „Kuryer Poznanski" eine Be richtigung dieses Inhalts zugeschickt hätten, al» da» genannte Blatt in seiner Nr. 91 vom 24. Februar 1901 die gleiche Mitthrilung brachte, wie sie jetzt von der „Ostmark" gemacht worden ist. Es ist uns für diese Verzeichnisse, von denen damals der „Kuryer" prach, sogar der Drucker genannt worden, nämlich Schwantes in Schrimm. Ist die Notiz damals übersehen worden, oder soll r» heißen, daß die Verzeichnisse nicht mehr im Gebrauch sind?" Weiter wird aus Posen berichtet: „In Dobrzyca, einem kleinen Städtchen d«S KreiseS Krotoschiu, hat am verflossenen Mittwoch der Bürgermeister mit dem OrtS- gendarm die katholische Kirche betreten, als dort Propst NizinSki Vorbereitungsunterricht für die Communion ertheilte. Der Beamte sand polnische Fibeln und Schiefertafeln, mit pol nischen Worten bedeckt, Propst Nizinski läßt im „Kuryer Poznanski" seine seltsame Unterrichtsmethode dahin erklären, daß den Kindern durch das Aufschreiben der Regeln da» Aus wendiglernen erleichtert werden sollte. (!) Wenn Kinder nur in solcher Weise zur Communion vorbereitet werden können, sind sie noch nicht geistig reif genug, um die Bedeutung deS Unterrichts zu erfassen. Dem Landrath in Krotoschin war eine An zeige zugegangen, daß in der Kirche verbotener polnischer Sprach unterricht ertheilt werde. Der Landrath hat daraufhin eine Fest- stelluug des ThatbestandeS veranlaßt." Also immer wieder die alte Thatsache, daß wir iu dem polnischen KleruS den erbittertsten und rührigsten Feind Deutschlands und des DeutschthumS zu erblicken haben. Die Regierung wird sich endlich doch entschließen müssen, da» Ucbel an der Wurzel anzusafsen. Die äußerst geringe Zunahme der Bevölkerung Arankreich», welche durch die Ergebnisse der letzten Volkszählung fcstgesiellt ist, finket in >der französrschsn Presse lobhafde Erörterung. Unter den Gründen, Vie man umführt, um diese geringfügige Vermehrung der Voltszahl zu erklären, die, an der Bevölkern ngsgunahme wil derer Staaten gemessen, einem Stillstände in der Entwickelung der Einwohnerzahl gleichkommt, sind eS besonders zwei Puncte, aus die mit Recht als aus die eigentlichen Urheber dieser wenig er freulichen Erscheinung hingewiefon wird. Im Frankreich spielt bei der Begründung einer Ehe, mag sie zwischen Angehörigen des ArdeiterstaNoes oder in den ersten Kreisen »der Gesellschaft ge schloffen werden, Vie Vermögenslage der Frau die allerwichtigste Rolle, naben der andere sür den Bestand der ehelichen Gomvin- schalft erforderliche Vorzüge >der Frau, >wie Intelligenz, Geistes und Herzensbildung vollständig zurücktreten. Der Mann fordert dasVorhandensein eines für die peösönlichen Badüvfni fse VerFran ausreichenden Vermögens, um selbst kein« von den Annehmlich keiten und kostspieligen Vergnügungen, an die er sich vor seiner Verheirathung gewöhnt hat, ausgeben zu müssen. Erklärlich Ferrrlleton. Die am t. Juli neu eintrelenden Abonnenten erhalten auf Wunsch den Anfang deS Romans „Rechtsanwalt Loh mann" von unserer Expedition kostenfrei nachgeliefert. Rechtsanwalt Lohmann. 3) Roman von Rudolf Iura. Nachdruck «ndolcn. „Das that ich absichtlich nicht, gnädige Frau!" erwiderte er lächelnd. „Ist er an dem Diebstahl unschuldig, so kommt das Verhör auch morgen noch zur rechten Zeit. Ist er aber schuldig, so erreiche ich wahrscheinlich weit mehr, wenn ich den Burschen heute bei seinen Sonntagsvergnügungen beobachte, als wenn ich ihn oder seine Helfershelfer durch ein Verhör stutzig mache. Es ist immer gut, unnöthiges Aufsehen zu vermeiden. Er wird ver- muthlich noch in der Speiseanstalt sein. Sie entschuldigen mich also, wenn ich hier in der Nähe zurückbleibe." „Ich entschuldige «S nicht, sondern ich danke Ihnen von Herzen, daß Sie sich meiner Angelegenheit so eifrig annehmen. Ich werde mich dafür inzwischen mit dem Wohl unserer armen, hungernden Kostgängerinnen beschäftigen. Spätestens in ein p,.ar Tagen muß dem Fräulein Kurzmüller das Handl»::: gelegt sein." Sie reicht« ihm di« Hand, die er an sein« Lippen führt«, und bestieg die nächst« Straßenbahn, uw der Frau Superintendent einen Besuch zu machen. Inzwischen hatten die Damen die Speiseanstalt verlassen und ehren hungrigen Magen mit der Hoffnung auf gründlichen Er folg der heut« stattgefundenen Revision getröstet. Fräulein Kur^müller aber hatte sich mit einer Kanne äußerst liebevoll zu- bereeteten Kaffees in das Herrenzimmer begeben, schüttete ihr von Empörung übervolles Herz vor den Ohren des willig lau schenden Herrn Emil Born aus und schloß mit den Worten: „Eine schändlich« Niedertracht ist das, mich so heimtückisch zu überfallen, um mich dann bei dem B«reinsvorfiand« mit allerlei gehässigen Beschuldigungen angeben zu können. Seit mir diese feine Frau Doctor über den Weg gelaufen ist, hat sie nichts An deres im Sinn gehabt, als mich zu demüthigen. Schon vor Jahren hat sie mir meinen Bräutigam und mein« Stellung ge nommen. Auch heut« geht sie wieder darauf aus, mich um Lohn und Brod zu bringen, und da- wird der rücksichtslosen, schein heiligen Person wohl auch gelingen. Bin ich ihren Ränken da-, mals unterlegen, so bin ich heute noch wehrloser, als zu jener Zeit, wo ich doch an meinem Alfred einen Schutz zu haben glaubte. Freilich hatte ich mich in ihm getäuscht. Aber jetzt sehe ich ia mit voller Klarheit, wie verlassen und schutzlos ich dastehe, und wie kein kluger Freund oder Nerother mir gegen die listigen Schliche dieser giftigen Dame zu Hilfe kommen wird. Welcher Mann unternähme es wohl auch, ein armes, verfolgtes Mädchen gegen «ine vornehme, reiche Dame zu unterstützen! So werde'ich eben aus dem Hause gejagt und muß schließlich bei all' meinem Fleiß und meiner Tüchtigkeit verkommen. Das ist ja leider das Schicksal so vieler von uns Mädchen." Der Herr Kanzleivorsteher blies langsam und behaglich den Rauch der eben angezünveten Cigarr« von sich, nahm ein«n Schluck von dem vorzüglichen Kaffee und suchte seiner angenehmen Stimme einen ganz besonders weichen und tiefen Klang zu geben: „Nun, nun, mein liebes Fräulein Kurzmüller, ich dächte doch, wenn Sie einen guten Freund brauchten, so hätten Sie danach nicht allzuweit zu suchen. Welch' innig« Gefühle ich Ihnen entgegen bringe, das wissen Sie wohl, wenn es auch nicht meine Art ist, viel Worte von meinen Empfindungen zu machen. Sie wissen auch, daß ich in Angelegenheiten des Rechts nicht ganz unerfahren bin. Also, wenn Sir mir die Ehre geben wollen, mir Ihr Ver trauen zu schenken, so erzählen Sir mir, bitte, vor allen Dingen, auf welche Weis« die Frau Doctor Römer Ihnen schon früher entzegengrtreten ist." „Hobe ich Ihnen das noch nicht erzählt, mein bester Herr Born? Ich war doch länger« Zeit Wirthschafterin bei dem be rühmten Hypnotiseur Doctvr Römer. So jung ich damals noch war, so hab« ich doch Alles zu seiner vollsten Zufriedenheit ver walket, und ich darf wohl sagen, es fehlte nicht viel, so hätte sich das Herz meines guten Alfred laut für mich erklärt, und ich, hätte jetzt den Titel und du» Vermögen dieser Frau Doctor Römer, die damals als hergelaufene Schauspielerin, Marie Teller nannte sie sich, in unser HauS kam urtd mich aus seinem Herzen und aus meiner Stellung gedrängt hat. — Unter dem Vorwand, sich wegen eines Nervenleidens von ihm behandeln zu lassen, hat sie ihm mit ihren Komödiantenkünsten den Kopf ver dreht. Den ganzen Taz hat er sie hypnotisirt, und schließlich hat er sie geheirathet. Wer weiß, auf welch« Weise sie ihn dazu ge bracht hat. Solch' einer Schauspielerin sind ja alle Mittel recht, auch solch«, vor denen ein anständiges, bürgerliche» Mädchen, wie ich, zurückschrecken müßte. Als sie seine Frau wurde, ging ich natürlich aus dem Hause. Es war vielleicht unrecht von mir. Wenn ich geblieben wär« und weiter für den Herrn Doctor ge sorgt und «kocht hätte, lebt« er vielleicht heute noch. Ich mach« mir keine sehr ang«nehme Vorstellung von der kochrrei, die die Schauspielerin vollführt haben mag. Und solch' ein« hergelauf«n« Person nimmt es sich jetzt heraus, an meiner Küche und meiner Wirthschaftsführung zu mäkeln. Aber, wie gesagt, ich forderte damals meine Entlassung, weil ich mich nicht von dem jungen, naseweisen Ding Hofmeistern lassen wollte. — Als jedoch der arme Herr Doctor kurze Zeit nach der Hochzeit starb, und seiner Wittwe das schöne Vermögen hinterließ, da richtete sie hier di«se Speiseanstalt ein, und weil sie selbst vom Kochen nichts versteht, so gab ich ihren schönen Worten nach und übernahm für sie die Leitung der Sache. Daß ich gut und schmackhaft koche, das können Sie wohl bezeugen. Sie hat mir ja auch ein aus kömmliches Gehalt für mein« Leistungen bewilligt, und in meiner gutmüthigen Harmlosigkeit habe ich sogar ein paar Mal gedacht, sie thäte das aus Reue, und ihre Gewissensbisse zwängen sie dazu, mir für das Glück, aus dem sie mich selbstsüchtig herausgedrängt hat, eine Art Entschädigung zu bieten. Jetzt aber ist mir die niederträchtige Gesinnung der feinen Dam« klar grworden. Aus keinem anderen Grunde hat sie es gethan, als um mich unter ihrer Fuchtel zu haben. Jahrelang hat sie vergebens darauf gelauert, mich ihre Macht fühlen zu lassen. Heute hat sie nun endlich die Gelegenheit gefunden, und unter dem Vorwande, daß mein« Rechnungen und Bücher nicht so aufs i-Tüpfelchen genau ausgeführt sind, wie bei einem Geheimen Finanzsekretär, wird sie dem Vorsteher des Fraurnvereins vorreden wollen, ich ver stände nichts von der Küche. Wenn sich die Herren und Damen des Vorstandes von ihr beschwatzen lassen, bin ich natürlich um meine Stellung! Wir müssen also verhindern, daß sie bei den Herrschaften Glauben findet. Nicht wahr?" „Ja, gewiß", entgegnet« Herr Born nachdenklich. „Aber wie sollen wir es anstellen, ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben?" „Sehr einfach! Auf dieselbe Werse, wie man jeden Menschen unglaubwürdig macht: indem man ihn verdächtigt! Wrnn'der Vorstand steht, wie di« Frau Doctor seit Jahren gegen mich ge arbeitet hat, ist ihr jetziger Angriff verdächtig und unglaubwürdig genug, um mir wenigstens so viel Zeit zu lassen, ' daß ich vi'e Bücher und Küche der Spriseanstalt für ein« etwaige Untersuchung etwas in Ordnung bringen kann. Noch besser wäre es aller dings, wenn wir selbst zum Angriff übergehen könnten und irgend einen dunklen Punct aus dem sicher nicht ganz einwandfreien Leben der ehemaligen »Komödiantin ans Licht brächten. Ihr Rechtsanwalt verwaltet doch Vermögen und alle Angelegenheiten der Frau Doctor. Sollte es Ihn«" da nicht möglich sein, irgend etwas Brauchbares zu finden? Ich würde es Ihnen herzlich danken, wenn Sie irgend eine Schlechtigkeit der Frau Doctor erfahren und mir mittheilen könnten." Der Herr Kanzleivorsteher blickte schweigsam dem feinen blauen Rauchfaden nach, der der Spitze seiner Cigarre entstieg, dann schlürfte er mit hochg«zog«nen Augenbrauen den Rest seine- Kaffees, wobei er aus seinen schwarzen, stechenden Augen zwei Blitze der scheinbar heißesten Liebesgluth aus das wonnig er bebende Fräulein Kurzmüller abschoß. Ihr schamhaftes Er- röthen und Beiseiteblicken gab ihm noch mehr Zeit zum Ueberlege r und er bedachte, welch' guten Mittagstisch er einbüßen würde, wenn die verliebt« alte Jungfer ihrer Stellung verlustig ginge. Er bedachte aber auch, daß für ihn selbst seine Stellung auf dem Spiet« stand, wenn er irgend eilre vertraulich« Einzelheit au- dcn geschäftlichen Beziehungen des Herrn Rechtsanwalts und der Frau Doctor ausplauderte. Zudem waren dies« Geschäfts angelegenheiten in keiner Weise compromittirend für die von Fräulein Kurzmüller so grimmig gehaßt« Dam«. Endlich fand er einen Ausweg, den zu beschreiten in der gegenwärtigen Lage am vortheilhaftesten war; mit der freundlichen Mten« besorgten Wohlwollens ergriff er Fräulein Kurzmüller's Hand und sprach: „Ich helfe Ihnen, mein liebes, liebes Fräulein. So wahr ich ein ehrlicher Kerl bin und das Herz auf dem rechten Fleck habe, ich stehe mit all' meinen Kräften zu Ihren Diensten. Aber aus den Briefen der Frau Doctor in unseren Acten ist nichts zu holen. Die tri«fen alle von Wohlthätigkeit. Sie seht ja mit meinem Rechtsanwalt'alle die Werke ihrer scheinheiligen Nächstenliebe in Scene. Jetzt plant sie «in Dienstbotenhekm, ein« ganz ver rückte, aber sehr edelmüthige und fromme Sache, di« durchaus nicht geeignet ist, Verdacht gegen sie zu erwecken. — Nein! Wenn wir etwas finden wollen, müssen wir ihr Privatleben unter die Lupe nehmen, und zu diesem Zweck ist es am besten, ihr Dienst mädchen auszuforschen. Solche Damen sind entweder vertrauens selig gegen ihre Dienstboten, oder sie mißhandeln sie. In beiden Fällen können wir sehr brauchbar« Auskünfte von dem Mädchen erhalten. Wir müssen es nur gesprächig zu machen suchen. Da- Einfachst« und Billigste wäre es, wenn ich durch Liebenswürdig keit das Herz des Mädchens zu gewinnen suchte und es dann kn einer vertraulichen Stunde auShorcht«. Aber diese Art und Weise widersteht meiner ehrlichen Natur. Denn ich trage bereit» das Bild einer Dam« in meinem Herzen, di« ich über Alle- liebe und verehre, wenn ich bisher auch noch nie den Muth gefunden habe, ihr mein« Lieb« zu gestehen. Ich würde «- daher vor ziehen, das Dienstmädchen mit Geld zu bestechen. Aber kekder bin ich zu arm, um einen neirnenSwerthen Betrag dafür auf bringen zu können." „Ich find« den Bestechungsversuch viel richtiger al- den an deren Weg", fiel ihm Fräulein Kurzmüller ins Wort. „Und da es sich um meine Angelegenheit handelt, so ist es nicht mehr als recht und billig, wenn ich auch die Unkosten trage. Wieviel würde denn Ihrer Meinung nach Geld nöthig sein?" „Mit fünfzig Mark würde ich auskommen. Vorläufig. Demi
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite