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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010704017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901070401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901070401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-04
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Anzeigen.Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redacnonsstrich (»gespalten) 75 vor dea Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannayme 85 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.-. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 6 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Holz in Leipzig Donnerstag den 4. Juli 1901. 95. Jahrgang. Der heutige Stand der französischen Flotte. V. ^s. Das Wiederaufrollen der Marokko-Frage, der dadurch aeu belebte Streit um die Vorherrschaft im Mittel meer, verbunden mit den Besorgnissen Englands um Gibraltar, und die in ganz außergewöhnlicher Ausdehnung am 28. v. M. begonnenen Flottenmanöver des französischen Mittelmeer- und Nordgeschwaders lenken naturgemäß die Aufmerksamkeit aus den gegenwärtigen Stand der Marine unserer westlichen Nachbarn und auf eine Reihe maritimer Fragen, die in Frankreich in letzter Zeit Gegenstand der Er örterungen in der Presse und im Parlament gewesen sind. Dabei muß zunächst betont werden, daß ein Theil der Verhandlungen der französischen Deputirtenkammer über den diesjährigen Marinectat und die Wortgefechte deS General- Mer cier und des Marineministers in ihren Einzelheiten und in ihrer Wirkung in der Presse nicht diejenige Beachtung gefunden haben, welche die Wichtigkeit des Gegenstandes un bedingt beanspruchen kann. Denw wenn man von den Kostenvorschlägen für Landungsversuche der französischen Flotte im Kriegsfall an der Küste Englands absiehr, die General Mercier gemacht und die in das Gebiet der Phantasie hinübergreifen, so bat Viele», wa- der ehemalige Kriegsminister über Zustände in der französischen Marine gesagt hat, unstreitig Hand und Fuß und ist für uns eine vortreffliche Quelle geworden, aus der im Zusammenhang mit anderen Informationen zuverlässige Angaben über die Kriegsbereitschaft der französischen Flotte entnommen werden können. General Mercier bat zunächst ausgesprochen, die Flotte sei nicht in gleicher Weise wie die Armee auf den Kriegsfall vorbereitet, und man müsse daran denken, daß Improvisationen, die sich bei unerwartet schnell ein tretender Mobilmachung Wohl für das Heer einrichten ließen, in der Marine nicht durchführbar seien. Da zudem zwischen einer Kriegserklärung und dem AuSbruch der Feindseligkeiten mitunter nur wenige Stunden lägen, so müßten alle Vorbereitun gen bei der Flotte von langerHand her eingeleitet fein,sie dürsten nicht bis in dea letzten Augenblickeinernichtmehr zu vermeidenden Kriegsgefahr hinausgeschobcn werden. Der Marineminister deLan essau hat ausweichend erwidert, daß er solch unrichtige Angaben von General Mercier nicht erwartet habe und eS ablebnen müsse, Anordnungen zu treffen, welche die Auf merksamkeit der übrigen Mächte auf sich ziehen und zur Folge haben könnten, daß die gegnerischen Flotten, aus Brsorgniß, überrumpelt zu werden, ähnliche Vorsichtsmaßregeln ergriffen. Der Senat hat sich den Ausführungen veS Marineministers angeschlossen, aber nicht, wie man deutlich erkennen kann, weil er die Einwände de- Ministers für zutreffend erachtete, sondern weil politische Erwägungen eine weitere Erörterung reS Themas als nicht zweckmäßig erscheinen ließen. Damit ist die Sache jedoch nicht abgerhan, und wenn auch die meisten tonangebenden Pariser Blätter sich in patriotisches Still schweigen gehüllt und die Angelegenheit auf sich haben be ruhen lassen, so sind doch etliche Zeitungen in der Provinz und namentlich in großen Küstenstädten weniger discret ge wesen und haben einige interessante und zweifellos zutreffende Enthüllungen gebracht. Wa» zunächst die Zahl der Kriegsschiffe der französischen Flotte anlangt, so ist bekannt, daß daS im Sommer ver- aangenen IabreS votirte Flottengesetz eine bedeutende Ver stärkung der Marine vorsieht, mit der jedoch, wenn das Bau programm innegehalten wird, erst vom Jahre 1907 ab ge rechnet werden kann. Bis dahin ist der Zuwachs nur ein ganz allmählicher, so daß, wenn man dazu die Veröffent lichungen deS ehemaligen Marineministers Lockroy über die unendlichen Verzögerungen im französischen KriegSschisfSbau mit heranzieht, von denen hier nur die der Panzerschiffe „Henri IV" und „Suffren", der Panzerkreuzer „Jeanur- d'Arc", „Montcalm" und „Dupetit Thouars" und deS Kreuzer- I. Classe „Jurien-de la Graviere" genannt seien, der augenblickliche Bestand der modernen Kriegsflotte Frank reichs nicht sehr hoch veranschlagt und bewerthet werden kann. Für noch weniger werthvoll als die Schiffszahl gilt die Zu sammensetzung der Geschwader, mit denen die französische Flotte beim AuSbruch eines Krieges ins Gefecht treten würbe. Zum Be weise braucht man nur einen Blick in die Liste der 24 Linienschiffe zu thun, die Frankreich theilS fertig gestellt, theilS in Bau hat und von denen nicht ein einzige» von gleichem Deplacement wie daS andere ist. Der Grund dafür liegt in den wechselnden Principien der jeweilig am Ruder befindlichen Marineminister, die, von einem Extrem inS andere fallend, bald Panzercolofse, ähnlich dem Carnot-Typ, mit gewaltigen Aufbauten und deshalb großen Zielflächen auSsühren ließen, bald, wie in dem „Henri IV, ein Mittelding zwischen Monitor und hochbordigem Schlachtschiff mit geringen Ziel flächen schufen. WaS diese Ungleichmäßigkeit im Mobil- machung-falle bedeuten wird, das ist selbst den patriotischsten Männern der Republik und den fanatischsten Flottenfreunden klar, von denen jetzt, wohl etwa» spät, der Hinweis auf die englischen Doppelgeschwader auSgeht, die mit ihren je 9 Linienschiffen eine« Typ- eine einheitliche Waffe in der Hand eine» geschickten Führer» bilden würden. Fast noch mehr Bedenken als über den Stand und die Beschaffenheit der Flotte, die in Vorstehendem nur kurz ge streift werden konnten, werden von allen Seiten wegen be mängelnden Ofsicier- und MannsckaftSersatze» geltend ge macht, der im Mobilmachung-falle die volle Verwendbarkeit der Flotte ernstlich in Frage stellen würde. Zweifellos ist e» auch ein ganz unverständliche- Versehen, daß da» neue Flotteagesed vom vergangenen Jahre nur die Vermehrung der Kriegsschiffe in- Auge gefaßt hat, ohne sich ebenso ein- gehend mit der doch gar nicht davon zu trennenden Be- maunung-frage zu beschäftigen. DaS Ergebniß diese« Ver säumnisses ist eine unverkennbare Rathlosigkrit in dea Marine kreisen, die auf die allenthalben auftauchende Frage, wo die 2578 Marineofficiere Herkommen sollen, welche die Flotte schon in Friedeuszeiten vom Jahre tVV7 ab benöthigen werde, keine zutreffende Antwort zu geben wissen. Die Be antwortung scheint in der Lbat sehr schwierig, wenn »a« «rwLgh du- die französische Marine zur Zeit nur über 172S Officrer« verfügt nnd im Mobilmachungsfall 2141 Qssiciere zur Besatzung der schon jetzt vorhandenen Kriegs schiffe geboren. Ebenso schlecht steht es mit den Marine mannschaften, von denen heute im Mobilmachungsfall 58 425 verfügbar sein sollen, während 1907 deren 73 000 gebraucht werden. Einen recht mangelhaften Ausweg aus dieser Calamität bat der Marineminister de Laneffan darin gefunden, daß er sich auf das Marinecadre-Gesetz vom Jahre 1896 berief und aussührte, auf Grund dieses Gesetzes würden die fehlenden Seeofsiciere in genügender Zahl durch die ReservecadreS ge deckt, die sich auS den verabschiedeten Ofsicieren der Kriegsmarine und Capitänen für große Fahrt der Handelsflotte ergänzten. Auf diese Angaben des Ministers ist festgestellt worden, daß unter den 350 verabschiedeten Ofsicieren der Kriegsflotte, die im Mobilmachungsfall in Frage kämen, zur Zeit nur noch 90 seedienstfähig sind und daß von den vielen vorhandenen Capitänen für große Fahrt der Handelsmarine sich inner halb der letzten vier Jahre nur sechs bereit gefunden haben, die Reserveosficier - Charge zu erwerben. Der ganz erklärliche Grund ist in den schlechten Pensionsverhält- niffen zu suchen, die für die vorgenannte Kategorie von Neserveofficieren bestehen, denen nach 24 jähriger Dienstzeit, während welcher sie alle zwei Jahre zu einer 28 tägigen Dienstleistung an Bord eines Kriegsschiffes eingezogen werden, eine kaum nennenswerthe Erhöhung ihrer Pension von nur 45 FrcS. bewilligt wird. Das vorstehend gegebene knappe Bild von der mobilen französischen Flotte bat kein vortheilhafteS Aussehen. Der Einfluß der Presse in Frankreich, welche alle die vorerwähnten Dinge zur Sprache gebracht hat, ist in Fragen der Landes- vertheidigung jedoch ein so großer, daß Abhilfe, die mit der alten Mißwirtschaft aufräumt, mit der Zeit nicht aus geschlossen ist. Der Krieg in Südafrika. Schädigungen deutscher Reich-angehöriger durch dse Engländer Es werden immer mehr Fälle bekannt, in d.-ren deutsche Reichsangehörige in Transvaal und dem Oranje- Freistaat durch die Engländer mißhandelt und geschädigt worden sind, ohne daß hierfür die Bedürfnisse der Kriegführenden geltend gemacht werden können. So werden in Berichten der „Hersfelder Zeitung" und der Berliner Mission I u. A. fol gende Fälle mitgetheilt: MllllerPriggeinLllneburg,derals alter Mann von 7ö Jahren natürlich nie auf Commando gewesen war, wurde gezwungen, seine Mühlsteine eigenhändig entzwei zu schlagen. Das Haus wurde niedergebrannt und der Mann mit seiner verwittweten Schwiegertochter nebst fünf kleinen Kindern hinweggeführt. Der eigene bequeme Ochsenwagen, der mit einem Zelte überspannt war, wurde abgenommen und sie erhielten einen anderen, völlig kahlen „Bockwagen", der für die Reise ganz un brauchbar war. Auf die Vorstellungen des alten Mannes, man möchte doch an die kleinen Kinder denken, die bei dem fort währenden Regenwetter doch alle erkranken würden, gab man die Antwort: „Laß sie doch sterben" Nur mit Hilfe seiner Freunde konnte er sich einen nothdürftigen Schutz gegen Wind und Wetter Herstellen. Kaufmann Rabe in Bergen, der im Alter von 65 Jahren eine sehr schöne und kostbare Besitzung hatte, erhielt von einem Officier, der Haussuchung gehalten hatte, die schriftliche Bescheinigung, daß Alles in Ordnung sei und das Haus weder zerstört noch geplündert werden dürfe. Einige Tage später fand ein anderer Officier drei Dum-Dum- Kugeln, die ein Sohn des Hauses auf dem Schlachtfelde auf gelesen hatte, um seinen Eltern die gefährlichen englischen Ge schosse zu zeigen. Diese und ein selbstverfertigter Heliograph genügten dem Officier, um in der schroffsten Weise gegen die Familie vorzugehen. In zehn Minuten mußten sic sich fertig machen zur Abreise, und dann gingen die schönen Gebäude in Flammen auf. Die Dame beklagte sich bitter über eine so brutale Behandlung, zumal da ihr alle Lebensmittel ab genommen worden waren. „O", meinte der Officier, „was wollen Sie, die Deutschen haben es ganz ebenso gemacht!" — „Wo in Frankreich ist das denn passirt?" — „Ich meine nicht im Feldzuge von 1870/71, aber im Dreißigjährigen Kriege!" Frau A. Reinsdorf in Bergen, deren Mann bereits im Lager war, wurde unter Drohungen gezwungen, das im Hause befindliche Geld an die Soldaten auszuliefern. Kaufmann Sunkel in Lüneburg hatte von einem englischen Officier eine Bescheinigung erhalten, daß in seiner Be sitzung nichts genommen werden dürfe, bis der Provost Marshall Befehle gebe. Während der Officier diese Note ausschrieb, brach ein Theil seiner Leute in das Geschäftsgebäude und plünderte es; ein anderer Theil schwärmte sogar durch die Zimmer und stahl eine Menge Sachen, sogar das eben gebackene Brod. Auf eine Bemerkung Sunkel's rief der Officier den Mann an, doch kehrte dieser sich nicht daran. Der Officier half sich dann aus seiner Verlegenheit mit der Bemerkung: „O, das ist keiner von meinen Leuten." Sunkel begab sich dann in das Lager des Generals Dartnell, wurde von diesem grob behandelt, erhielt aber doch die Erlaubniß, auf seiner Farm zu bleiben. Acht Tage später wurde die Familie fortgeführt! Am 31. März nahm eine über Bethanien (im Oranje- Freistaat) ziehende Kolonne englischer Truppen dir noch der Station bis dahin verbliebenen 1023 Schafe weg. Die drei Hirten hatten die Schutzbriefe des in Bethanien ftatio- nirten englischen Kommandanten bei sich, nach welchen die Schafe nicht fortgenommen werden sollten. Man achtete aber nicht darauf und nahm sogar die Schutzbriefe fort. , Missionar Brune hat im Anfang Februar von Bloemfontein nach Jakobsdal reisen können, wohin die Engländer den größten Theil seiner Gemeinde von Adamshoop gebracht hatten. Am 11. März durfte er nach Adamshoop übersiedeln. Dort hatten ihm fünf Tage vorher die englischen Truppen alle seine Pferde und Rinder weggetrieben. Auch die letzten Reste der Stationicasse (200 °4k) und die Geige haben sie mit genommen. Missionar Müller, der nach Natal gereist war, um dort seinem inS Gefängnis, geworfenen Schwiegervater, vem Missionar ProzeSky, beieustehen, hatte den Kirchenältesten der dortigen deutschen Gemeind», Herrn Rosen stock, als Leiter der Station zurückgelassen. Am 28. März wurde Rosenstock plötzlich gefangen genommen und nach Pietermaritzburg ab geführt. Er konnte noch vorher einen Herrn Teichmann als seinen Nachfolger auf dem Missionsplatze einsetzen; aber auch dieser wurde gleich darauf ins Gefängniß gelegt. Dann nahm die Polizei das Missionsgehöft in Beschlag. Der deutsche Konsul in Pretoria ist um Schutz gebeten worden, aber es ist zweifelhaft, ob die Gesuche Erfolg haben werden. * Kampe», 3. Juli. (Telegramm.) Präsident Krüger hat beute früh Kämpen verlassen, um nach Hilversum zurückzukehren. * London, 3. Juli. (Telegr.) In der heutigen Sitzung der Com mission zur Prüfung der Entschädigungsforderungrn der aus Südafrika ausgewiesenen Personen machte Lord Roberts Aussagen. Bei der Erörterung der Anschläge gegen sein Leben in Johannesburg und Pretoria sagte Lord Roberts, die Anstifter der Anschläge seien deportirt. Die Beamten und An gestellten der Niederländisch-Südafrikanischen Eisenbahn seien den Eugländern sehr feindlich gesinnt, Biele von ihnen seien deportirt. Jede Rücksicht sei diesen Leuten erwiesen worden. Ec habe persönlich die große Mehrheit der Fälle von Deportation untersucht, ausgenommen die Mitglieder des Eisenbahn personals, deren Geschick der Verwaltung der britischen Eisenbahn überantwortet worden sei. Er habe keine Deportation genehmigt, ohne sich zu überzeugen, das genügende Gründe Vorlagen. Auf eine Anfrage deK österreichisch-ungarischen Vertreters erwidert Roberts, daß hinsichtlich der Nationalität kein Unterschied gemacht morden sei. Deutsches Reich. Berlin, 3. Juli. (Zur Verelendungstheorie.) Ein Zufall fügt es, daß sowohl das socialdemokratische Central-, organ, wie das socialdemotratische Gewerkschaftsblatt in ihren neuesten Nummern sehr bezeichnende Illustrationen zur socia- listischen Verelendungstheorie liefern. So berichtet der „Vorwärts" von der Aufhebung eines Spielernestes in Weißensee, eines Kellerlocals, in dem 42 Personen, meistens kleinere Geschäftsleute und Handwerker, festgestellt wurden. Das socialistische Gewerkschaftsblatt meldet seinerseits, daß der Deutsche Metallarbeiterverband die baupolizeiliche Genehmigung zum Bau eines vierstöckigen Doppelwohngebäudes mit vier stöckigem Fabrik- und Wohnflügelanbau erhalten hat. Am cha rakteristischsten aber ist der Bericht des „Vorwärts" über die Ruderregatta des socialdemokratischen Rudcrvereins „Vorwärts" in Stralau. Am Schlüsse dieses Berichts heißt es wörtlich: „Wie sehr der körperstärkende Rudersport in Arbeiterkreisen Freunde gewinnt, ist aus der Entwickelung des Vereins „Vor wärts" ersichtlich. Der Verein zählt bereits 140 Mitglieder, darunter 16 weibliche; sein Bootshaus birgt 22 prächtige Vereinsboot e." — Daß Arbeiter in so zahlreichen Booten Tausende von Mark anleaen können, ist überaus erfreulich. Aber die Verelendungstheorie paßt dazu wie die Faust aufs Auge. --- Berlin, 3. Juli. (Das Centrum als Volks partei.) Auf dem dieser Tage stattaehabten hessischen Katholikentage wurden wieder einmal hohe Töne angeschlagen. Es wurde behauptet, daß das Centrum die wahre Volkspartei sei, denn überall vertrete es die Interessen der Allgemeinheit. Der Ausbau der socialen Gesetzgebung sei dem Centrum zu verdanken, und -deshalb sei die Behauptung, das Centrum übe Volksverrath, eine infame Beleidigung. In der Marincfrag« sei das Ver halten des Centrums correct, in wirthschaftlichen Fragen schlage die Partei die goldene Mittelstraße ein und vertret« dir Interessen der Allgemeinheit. Wem anders als dem Centrum sollten sich also die Katholiken zuwenden, wem anders sollten sie die Aus führung ihres wirthschaftlicheri Programms anvertrauen? Wenn das Centrum seine socialpolitisch« Thätigkeit gegen den Vorwurf des Volksverraths ausspi«lt, so vergißt es ganz, daß für das Wohl des Volkes doch nicht nur sociale, sondern auch ideelle Interessen in Frage kommen. Ist nicht aber das Centrum bei dem preußischen Volks schulgesetze noch eifriger geivrsen als die konservativen, und ver langt es nicht noch heute die Wiederkehr dieses Gesetzes? Hat es nicht auch bei der lex Heinhe die Führung gehabt, und war es nicht wahrhaft erfinderisch in der Erinnerung von Mitteln, wie man der Volksbildung Fesseln anlegen könnte? Wer so eifrig die Aufklärung des Volkes hintanzusetzen sucht, der übt Volks verrath, und wenn er noch zehn Mal so eifrig an dem Ausbau der Socialpolitik arbeitete, als es das Centrum thut. Wenn die Haltung des Centrums zur Marimfrag« correct genannt wird, so sei nur daran erinnert, daß dasselbe Centrum, das in seiner Mehrheit der Vorlage von 1898 zustimmte, ein Jahr früher die Marinefordcrungen größtentheils abl«hnte. Eine Partei aber, die nationale Fragen nach taktischen Gesichtspuncten entscheidet, verfährt unserer Meinung nach nicht „correct". Was soll man nun endlich zu dem Satze sagen, di« Katholiken ver trauten dem Centrum die Ausführung ihres wirthschaftlichen Programms an? Die wirth schaftlichen Forderungen scheiden sich doch nicht nach Con fe s s i o n e n , sondern nach Ständen. Di« wirthschaftlichen Interessen des katholischen Arbeiters sind dieselben wie die des evangelischen, di« des katholischen Kaufmanns dieselben wie die des evangelischen, die des katholischen Gymnasiallehrers dieselben wie die des evangelischen u. s. w. Gerade an dem Satze, daß das Centrum das wirthschaftlich« Programm der Katholiken vertrete, zeigt sich, wie unsinnig und ungesund im Grunde diese Partei- bildmig ist. * Berlin, 3. Juli. Die Plänkeleien zwischen dem Centrum und dem Bund der Landwirthe werden in der CentrumSprrsse seit einigen Wochen ganz systematisch durchgeführt. Kein Tag ohne eine versteckte Bosheit oder eine offene Absage an den Bund. Heute ist es die „Katbo- lisch-sociale Correspoudenz", die mit dem Landbund Ab rechnung hält, und der „Germania" erscheint c« zeitgemäß, ihren Lesern den betreffenden Artikel unter der mit einem vielsagenden Fragezeichen versehenen Ueberschrift: „Wa» nützt ter Bund der Landwirthe?" nickt vorzuentbaltrn. Darin wird zuerst, um zu zeigen, „wetz Geiste- Kind der Bund ist", an die Geschichte seiner Gründung und den denkwürdigen Aufruf deS Herrn Ruprecht-Ransern erinnert und dann fest gestellt: „Wer die Geschichte unserer Agrarbewegung in den letzten acht Jahren studirt, wird zu dem Geständniß kommen, daß er die Arbeit, welche der Bund der Landwirthe gethan hat, im Großen und Ganzen zusammenfasseud nicht treffender beschreiben kann, als es der Pächter von Raufern mit den Worten gethan hat: „Wir müssen schreien, unter die Socialdemokraten gehen, auf hören, liberal, ultramontau und couservativ zu sein, und eine einzige große agrarische Partei bilden." Treffender läßt sich aber auch nicht kennzeichnen, was der Bund der Landwirthe Verkehrtes in seiner Organisation und seiner Agitation gehabt hat und noch hat." Und weiterhin liest man: „Das Wesen des Bundes liegt gerade darin, daß er die kleinen Mittel geringschätzig bei Seite schiebt und es mit den Worten Ruprecht's von Ransern thut. Bis heute hat das Millionen verschlungen und noch ist für die Beiträge zahlenden Bauern kein brauchbares großes Mittel dabei heraus gesprungen. Dieser kostspielige politische Apparat hat sich bisher noch nicht rentirt. Ob in Zukunft? Mit der einzigen großen agrarischen Partei hat es noch gute Weile; sie wäre übrigens das größte Unglück für unser deutsches Vaterland, in dem der Landmann noch mit Arbeitern, Handwerkern und Kaufleuten, mit Beamten und Männern der Wissenschaft, der Kunst und der Seel sorge friedlich zusammenwohnt und zusammenwählt. Auch das „liberal, couservativ oder ultramontan sein" hat der Bund noch nicht ausrotten können. Die Landwirthe sagen sich noch immer, daß sie bessere Aussichten haben, etwas für ihren Stand zu erreichen, wenn sie die Kandidaten, welche sie sich aussuche», verpflichten, den großen politischen Parteien beizutreten, damit sie durch die Stärke und Las Gewicht der ganzen großen Fraktion in ihren Bestrebungen für das Wohl der Landwirthschaft gefördert werden." (7) Berlin, 3. Juli. (Telegramm.) Gegenüber der in einigen deutschen Blättern abgevrucktea Nachricht des „TempS", in der mit Genugthuung behauptet wird, der König von Italien habe die Einladung deS Kaisers zu dew Tanztgcr Manöver» abgelehnt, erfährt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung", daß eine solche Ein ladung an den König Bictor Emanuel nicht ergangen, folglich auch keine Ablehnung erfolgt sei. Dagegen sei der Herzog von Aosta zu den Danziger Mauövern eingeladen worden, und er habe diese Einladung mit Erlaubniß des Königs angenommen. (D Berlin, 3. Juli. (Telegramm.) Gegenüber der Behauptung eines Tbeiles der Presse, das Neichsmarineamt habe dem Vater deS mit dem Schulschiffe „Gneisenau" untergegangenen Maschinisten Seher 100 Schadenersatz angeboren, stellt die „Nordb.Allgem.Ztg." fest, daß das Reichs- marineamt, ohne Anträge abzuwarlen, den Hinterbliebenen der mit dem „Gneisenau" Verunglückten auf Grund amt licher Erhebungen über die Würdigkeit und Unter stützungsbedürftigkeit der Betreffenden Unterstützungen gezahlt bat. „Hierbei sind nach Maßgabe deS zur Ver fügung stehenden Fonds auf Seher 100 Mark entfallen. Dieser lehnte aber die Unterstützung ab und gab als Schadloshaltung für die Erziehungskosten seines Sohnes 6000 an. Das Unberechtigte einer solchen Forderung, die von der Marineverwaltung zurückgewiesen wurde, liegt auf der Hand. Seher erhielt dann noch auf Ver wendung der Behörde von der unter der Aufsicht des Staats sekretärs des Reichsmarineamtes stehenden Marinestiftung „Frauengabe" eine Unterstützung von 150 übermittelt, die er annahm. T Berlin, 3. Juli. (Telegramm.) Wie der „Reichs anzeiger" meldet, wird vom 4. Juli ab auch für den Ver kehr der Reichseisenbahuen milden preußischen Staa tS- eisenbahnen die Geltungsdauer der Rückfahr karten auf 45 Tage verlängert. — Spät kommt er, doch er kommt. Herr Bauer in Bonn, der vom „Vorwärts" beschuldigt wurde, für eine Sub vention von jährlich 2000 ein Agent des Bundes der Landwirthe im CentrumSlager zu sein, schreibt der „Tremonia" in Dortmund: „daß er 1) die Worte ,,Lo» vom Centrum" und „rein in den Bund der Landwirthe" in Düren nicht gesprochen habe, sondern daß er dort einfach constatirte, daß die Bauern des Diplomati» sirenS über ihre berechtigten Forderungen müde seien und deren endliche Erfüllung forderten; sie könnten auch „anders" wählen daß 2) seine Correspoudenz in erster Linie dem Bauernstände diene, ohne gegen Centrumsgrundsätze zu verstoßen, daß er Z) aus dem Augustinusverein 1894 formell ausgeschieden sei, weil ihm in der Vorbereitungszeit zur Gründung der „Rheinischen volksstimme" einige Einladungsschreiben zur Sitzung nicht zugegangen seien, nnd schließlich 4) daß er eine Klage gegen den „Vorwärts" nicht führen werde, weil diese» Blatt ihn nicht be leidigen könne und der „Vorwärts" selbst beweiS- pslichtig sei. Die „Germania" hält e» zwar für richtig, daß der „Vor wärts" beweispflichtig sei, aber die Erklärung Bauer'S er scheint ihr doch sehr matt, denn sie fügt hinzu, Herr Bauer hätte allen Anlaß, sowohl zur Wahrung seiner eigenen Ehre, al» um die Verdächtigungen des socialdcmokratischeu Central- organ» zu brandmarkens die Klage gegen den „Vorwärt-" nicht zu scheuen. — Der Vorstand de- deutschen Hastpflichtschotz- verbände- beschloß unter Vorsitz deS LandtagSabgeordneten vr. Böttinger die Anstellung deS Vr. Prigae au» Rostock als Geschäftsführer an Stelle deS in daS Reich-amt deS Innern berusenen Geh. Regierung-ratbS van der Borght. Al-dann wurde in die Beratbnng der vorgelegten ein gehenden Denkschrift über die allgemeinen Versicherung«- bedingungen der deutschen Privat - Feuerversicherung«- gesellschaften eingelreten und beschlossen, zunächst mit dem
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