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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010708015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901070801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901070801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-08
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Obergeschoß, Zimmer M. 6 eingesehen oder gegen Porto- und bestellgeldsreie Ein>endung von 1 die auch in Briefmarken erlegt werden können, bezogen werden. Die Angebote sind verschlossen und mit der Aufschrift: Neubau IV. Realschule „Mobiliar" versehen, bis zum lö. Juli d. Js., Bormittags 10 Uhr an obengenannter Stelle portofrei eiuzureichen. Der Rath behält sich jede Entschließung vor. Leipzig, den 7. Juli 1901. Des Rathes der Ltadt Leipzig Deputation zum Hochbauwesen. Die mythischen Volkssagen Les sächsischen Erzgebirges. Von vr. P. Z i n ck. Nachdruck verboten. II.*) Köhler's Sagenbuch weiß aber auch von manchen anderen Unholden zu erzählen, di« die verschiedensten Gegenden des Ge birges durch ihr Treiben unsicher machen und das Leben der Menschen bedrohen. Zwischen Neudorf uns Crotten dorf, in der Braunelle (einem Stück Staatswald) ist es der Katzenhans, der durch sein auffälliges Geschrei den einsamen Wanderer auf Irrwege treibt; auf dem Wege nach Scheiben berg begleitet der G l a s m e i st e r nie Leute ein Stück mit einer gespenstischen Laterne. In Sehmabach reitet des Nachts der B a ch r e i t e r auf und ab' und verkündet Unglück; wo das Hufeisen seines Rosses Funken schlägt, entsteht bald darauf ein Feuer. — Bei A u e flößt derRachhals, der Geist eines Försters, der nicht zur Ruhe kommen kann, Furcht und Schrecken ein. Bei Stützengrün hat 1654 ein Gespenst einen Mann gezwungen, sich selbst den Bauch aufzuschlitzen. In Königswalde verlangte ein schwarzer Mann das neu geborene Kind eines Köhlerpaares; da er es nicht erhielt, tamer mehrmals des Abends wieder, zog es au» dem Bett und legte es aufs Gesicht in die Badewanne. Eines Morgens fanden es die Eltern todt im Bett. — Auf dem Schneeberger Gottesacker er schien ein schwarzes Männchen mit einem Buche in der Hand dem Todtengräber; dieser erschrak so sehr, daß er bald darauf starb. — Bei B ä r e n w a l de geht ein Soldat, der einem alten Mann feine Hütte über dem Kopfe angezündet hat, als schwarzer Mann um. Einem Manne, der nicht an sein Erscheinen glaubte, setzte er sich auf den Wagen; von einer Ohrfeige, die das Gespenst dem Manne als Erwiderung auf eine selbst empfangene gab, starb dieser nach neun Tagen. — Ein Gespenst mit feuriger Zunge und feurigen Augen, welches die Gestalt eines verrufenen Menschen hatte, folgte einem E l t e r l e i n e r Fleischer bis in die Stube und entwich erst, als die Frau Licht angebrcmnt hatte. Erscheinen also die Seelen der Verstorbenen meist in Menschen- und Thiergestalt den Abergläubischen, so haben die selben aber auch die andere Vorstellung, daß dieselben als Flammen auf den Grabhügeln oder in äderen Nähe sich auf halten oder auch in der Luft sich zeigen. Der Name Irr licht e r ist am bekanntesten für diese Erscheinungen. Man sicht an diesen Sagen ganz besonders, wie unsere Vor fahren die Natur zwar beobachteten, wie sie aber die Unlenntniß aller Naturgesetze dazu verleitete, jegliche Erscheinung in der Natür als belebtes Wesen sich vorzustellen. Diese Flammengeister Hausen — wie natürlich das ist, können wir ja heute beurtheilen — meist in sumpfigen Gegenden. — In der Nähe des Greifen steins zeigt sich an Herbstabenden ein röthlich leuchtendes, fast sieben Ellen hohes Irrlicht, das man die Staatslaterne von Geyer nennt. — Auf Geyersdorfer und Moldenauer Gebiet und auf dem Scheibenberger Gottesacker hat man Irrlichter gesehen. Am Schottenberge bei Annaberg sind Reisende von solchen in Bingen und Schneelvcher irregeführt worden. Im Grundtümpel bei Wilden au an der Pöhla wimmelt es von Irrwischen und feurigen Drachen, die die Leute oft ganze Nächte hindurch irre geführt haben. — Aber auch an *) Artikel I. siehe Nr. 331 (Feuilleton). anderen Orten kommen ähnliche Erscheinungen vor. So steigt aus dem Keller des Rittergutes Alberode der Laternenmann, ein Männchen mit großer Laterne, und geht nach dem Rittergut Klösterlein, wo er wieder verschwindet. Auf dem Wege von Pobershau nach Zöblitz läuft eine Gestalt mit einem Lichte herum. Auch der schon erwähnt« Glas-meister, der bei Neudorf mit einer gespenstischen Laterne umgeht, kann zu diesen Geistern gerechnet werden. Eine andere Art mythischer Erscheinungen, die in dem Seelenleben begründet sind, sind noch die Druckgeister, Alpe, Druden und wle sie sonst heißen mögen, die dem Menschen meist im Schlafe lästig 'werden. Di« Sage, daß sogar Seelen noch lebender Menschen Alpdrücken haben können, ist ja eine weit, auch in unseren Gegenden ver breitete. Die vom Alp belästigten Menschen können dabei oft keinen Laut von sich geben, wenn sie um Hilfe rufen wollen. Zu einem Mädchen kam der Alp immer durchs Schlüsselloch. Es konnte aber -nicht um Hilfe rufen. Daher bat cs seine Schwester, sie sollte sie des Nachts bei ihrem Namen rufen, dann würde der Alp wieder durchs Schlüsselloch davongchcn. InZwickauer zählt man sich, dec Alp gehe fort, wenn man ihn für den anderen Morgen zum Kaffee einlade. — Hierher können noch einige an dere Gespenstererscheinungen gerechnet werden, welche in ähnlicher Weise, aber unterwegs die Leute quälen. So hockt es in dem Tännicht bei Meerane, einem feuchten Thale, mit bleierner Schwere auf. Sollte es hier nicht die feuchtkalte Luft sein, die dem Wanderer Beklemmungen verursachte? — Ein Ar beiter, welcher an der E r b i s l e i t e bei Scheibenberg rodete, ging an einen Brunnen, um Wasser zu trinken; da lag ein häß licher Mann, der ihm auf feinen Gruß nicht dankte, ihm bei der Rückkehr auf den Hals fiel und ihn braun und blau schlug. Ist dieser Unhold vielleicht die Personification der üblen Folgen des Trinkens, wenn man erhitzt ist? — Bei Nossen läßt der böse Schamprich die Leute nicht in Ruhe. Wenn sie den steilen Fuß weg an d«r Seite des Schloßberges hinaufsteizen, so hockt er ihnen auf — eigentlich ganz selbstverständlich — die Last wird immer schwerer. Als letzte Gruppe der Unholde, die Mögt mit dem Seelen glauben in Verbindung bringt, mögen die Hexen genannt werden, die auch hier uns da im Erzgebirge ihr Wesen treiben sollen. Auch sie haben — und das scheint unS zunächst unwahr scheinlich, da die grausamen Hexcnprocesse einer viel späteren Zeit angehören — ihren Ursprung in dem Heidenthum und lassen sich bis auf die älteste Zeit zurückverfolgen. Freilich ist ihr Ursprung ebenso unklar, wie die Entstehung ihres Namens, der am wahr scheinlichsten „Walbweio" odce „-ge>p o-.deucht. Die'Kraft oes Zauberns lag nach Ansicht der alten Germanen vor Allem in den Händen der Frauen; die zauberbegabten Weiber trieben auch nach dem Tode ihr Handwerk nach irdischer Weise noch weiter; ihre Seelen bildeten einen Theil des wilden Heeres oder traten unter besonderen Führerinnen auf. Die Seelen gewisser Zauberinnen besaßen aber noch bei Lebzeiten die Macht, sich von ihren Körpern zu trennen und an dem Treiben jener Geister und ihren Zu sammenkünften Theil zu nehmen; dabei erlernten sie ihre bösen Künste, mit denen sie den Menschen schadeten. Sie verstanden auch sonst, die Geister zu rufen und mit ihnen zu verkehren. Die Hexen konnte man leicht an ihrem Aussehen erkennen; nach dem Glauben der Erzgebirgler hatten sie rothes Haar, Platt- oder Drudenfüße, rothe, triefende Augen und große, buschige, über der Neise zusammengewachsene Augenbrauen. Da die christlichen Priester bei Einführung des Christenthums bemüht waren, die alten heidnischen Gottheiten als böse Geister, ihren Dienst als sündhaftes Blendwerk hinzustellen, wußten sie natürlich auch die Zauberei mit dem Bösen in Verbindung zu bringen; und so darf man sich nicht wundern, wenn auch im Erzgebirge die Hexen gewöhnlich im Bunde mit dem Teufel sich befanden. — Köhler's Sagenbuch weiß mancherlei von Hexen zu erzählen. Es redet zum Beispiel von dem Brauch der erzgebirgischen Knaben, am Walpurgisabende auf hochgelegenen Puncien Besen anzuzünden und damit unter Geschrei, Peitschenknallen und Zusammenschlagen von Brettern umherzuspringen — und meint, daß dies geschehe, um den Hexentanz darzustellen oder die zum Blocksberg ziehenden Hexen zu vertreiben. Es erzählt auch davon, daß man an diesem Abende vor die Stallthüren Besen oder laiidwirthschaftliche Ge- räthe zu legen Pflegte, um zu verhüten, daß die Hexen dem Vieh schadeten. Aber auch von leibhaftigen Heren weiß es zu berichten: Die in Zwickau 1557 eingefangene Zauberelse gab den Leuten Tränke ein und hatte nach ihrer eigenen Aussage mit dem Teufel in gesellschaftlichem Ver kehr gestanden, der sie dafür reichlich mit Geld versorgte. — Im alten Schloß zu Schellenberg wurden 1529 zwei Hexen hingerichtet, die mehrmals mit auf dem Hexensabath gewesen waren, Diebsdaumen verkauft, untreue Männer durch Zauber mittel zu ihren Frauen zurllckgebracht, Hexensalben gesotten und anderes Teufelszeug getrieben hatten. In Pöhl waren zwei junge Eheleute von einer rachgierigen Hexe so verzaubert worden, daß sie einander spinnefeind wurden und ein ganzes Jahr lang sich nicht ansehen konnten. Endlich wurde ihnen dadurch geholfen, daß sie Beide durch sogenannte Schleifbrämcn krochen, das sind Brombeerzweige, welche in einem Bogen gewachsen und wieder in die Erde gewurzelt sind. — Den Hexen geweihte Thiere sind nach allgemeiner mythologischer Anschauung die Katzen, auf denen jene manchmal reiten, in die sie sich wohl gar verwandeln. Damit in Zusammenhang zu bringen ist wohl die ergebirgische Erzäh lung von dem wunderlichen Katzentanz. Zwei Wanderer wurden im Walde durch ein Licht in die Nähe eines Hauses ge lockt, in dem sie eine Herberge zu finden hofften. Schon als sie noch ein Stück entfernt waren, hörten sie Tanzmusik; durchs Fenster sahen sie in der Stube Katzen; mehrere von ihnen musi- cirten; andere tanzten. Der eine der beiden Männer entdeckte unter ihnen seine große Hauskatze. Voll Schrecken eilten Beide weiter. Als am anderen Tage der Mann zu seiner Katze sagte: Nun, du machtest dich gestern Abend auch sehr lustig, sprang diese ihm an und zerkratzte ihn; das Gesinde konnte sie kaum ver treiben. Diese Sage ist gewiß ein Beweis dafür, daß auch di« Erzgebirgler meinten, daß in einer Katze Vie Seele einer Hexe stecken könne. Natürlich spielen in den Hexen- oder Zauber sagen die Teufelsvögel, die Raben oder Krähen, «ine Rolle, deren Krächzen ja heute noch ängstlichen Gemiithern Unheil oder Tod verkündet; von ihnen erzählen uns die Sagen von dem Zauber buch und den gespenstischen Krähen zu Bernsbach und von den unheimlichen Gästen zu Werda bei Falkenstein. Neben dem weiblichen Geschlecht nahm auch das männliche an dem Zauberhandwerk Theil: Eine grauenerregende Gestalt ist der S ch w a r z k ü n st l e r zu G e ye r, den man so in «inen Thurm gesetzt hatte, daß er mit den Füßen bi« Erde nicht berühren konnte, da man glaubte, die Zauberer und Hex«n auf diese Weise un schädlich machen zu können. Dieser Mensch hatte sein« Frau ge mordet, ihren Mund mit schwarzen Beeren angestrichen, als sei sie an der Pest gestorben, ihren Kopf abgeschnitten, das Herz aus der Brust genommen, verbrannt und auf die Straße gestreut. Wer darüber gegangen ist, ist gestorben. Seines Kindes Kopf hatte er an die Feuermauer gehängt; so viel Tropfen Blut von ihm so viel Mansch«: . sind gestorben D-br Steroen lnri da mals gar kein Ende genommen. Der Zauberer sagt« im Gefäng- niß, wenn er nur die Erde, einen Kreuzweg oder eine Dachtraufe erreichen könnte, wollte er sich schon freimachen. — Auch von Todtengräbern in Wolkenstein und Geyer wevden uns aus Pestzeiten Zaubereien erzählt, durch welche sie die Zahl der Sterbenden größer und so ihr Geschäft noch lucrativer machen wollten. Jedenfalls konnte man sich damals auf ander« Weise nicht die große Zahl der Todesfälle erklären. — Von verschiedenen Männern wirs weiter erzählt, daß sie mit Hilfe von Zauberkünsten sich fest, das heißt unverletzlich, zu machen verstanden und nun in Folge dieser Eigenschaft überall Händel suchten: so von einem Soldaten in Satzung, einem Fleischer in Grünhain und dem Räuber Hartenkopf in Zelle. Solche Festgemachte konnten nur überwunden werden durch einen Schuß mit einem Ducaten oder durch einen Degen, den man vorher unter -dem Fuß durchgezogen hatte. Ein Bergmann in Seifen und ei». Schlosser in Elterlein verstanden die Speisen fest zu machen, so daß man sie nicht genießen konnte. Genug der Beispiele hiervon! Der großen Menge der bisher genannten Unholde und Un- holdinnen, in deren Gestalt Seelen von Verstorbenen auftreten, stehen gegenüber die weiblichen Gestalten der Holden oder Perchten, die nicht, wie man meist anzunehmen pflegt, Per sonifikationen alter germanischer Gottheiten sind, sondern Pro- ducte des Seelenglaubens. Ihr Name bedeutet nicht nur, daß sie den Menschen freundlich gegenüberftehen; sondern derselbe ist auch verwandt mit irelan, das heißt verbergen, so daß die Helden auch die Unterirdischen sind, die in den Bergen Wohnenden, wie einige Beispiele beweisen werden. Der mehr im Bogtlande vorkommende Name „Perchten" hängt zusammen mit porMn — bergen. Der Begriff einer Führerin dieser Seelenschaaren, einer Frau Holle. Holda oder Pcrchta, ist erst später entstanden und hat freilich dann den Begriff der Holden zuriickgedrängt. Di«se Holden fahren over ziehen durch die Lüfte. So fahren zwei Jungfrauen in feuriger Kutsche mit feurigen Rosien in den Röthelstein bei Beerheide im Vogtlande. — Sie lieben Musik und Gesang, wie das Schloßfräulein im Jungferngrunde bei Oberwiesenthal, welches die Laut« spielt, oder wie das über der Mulde schwebende Fräulein bei Klösterlein-ZeU.', welchem musiciren'de Bergleute ein Ständchen brachten, die dafür mit einem Sträußchen belohnt wurden, das der eine mißmuthig wegwarf. Wenn di: Sage das Sträußchen d«s andern zu Golv werden läßt, so sieht man daraus wieder, wie das sagenbildende Volk den Sittenrichter spielte, indem es die Zufriedenheit be lohnen, den Unzufriedenen lerr ausgehen ließ. — Direct an die Frau Holle erinnert eine Sage aus Wildbach bei Schnee berg. Eine alte Frau auf der Ruin« Isenburg ließ sich von einem Mädchen, welches die Kühe hütete, ihre in dem Gemäuer liegende Stube kehren und belohnte es dafür jedesmal mit 2 Groschen. An die Frau Holle, den Genius des Hausfleißes, gemahnen uns auch die schon erwähnten Fräuleins im Jungfern grunde bei Wiesenthal, die, wenn es nebelig ist — und das ist ja dort nicht selten der Fall — ihre Linnen bleichen und Wäsche aufhängen. „Neben den seelischen Geistern, bei denen di« irdische Thätig- keit sich immer und immer wieder in der Volksdichtung hervor drängt, haben aber unsere Vorfahren noch eine große Classe Wesen, die ebenfalls im Glauben an das Fortleben der Seele ihren Ursprung haben, bei denen aber di« Thätigkeit, das Eingreifen in das Geschick des Menschen mehr in den Hintergrund treten. Es ist die große Meng« der menschlichen Seelen, die im Leben keinen besonderen Einfluß auf die Mitmenschen ausgeübt haben." Auch sie leben aber fort. Die ewig belebte Natur bezeugt das. Sie Hausen ebenfalls in Luft und Wasser, Berg und Thal, Haus und Hof, Wald und Feld, wohnen in Schaarrn zusammen und haben oft einen König, und zwar einen solchen nach Macht und Würde, wie ihn die germanischen Völker in der Zeit der Völkerwanderung hatten. Mann nennt diese Wesen elfische Geister. Sie sind meist sehr klein, zuweilen schön, zuweilen häßlich. Aber je kleiner ihr Körper, desto schärfer ihr Geist. Sie sind verschmitzt, klug, schnell, kunstfertig. Den Menschen gegenüber sind sie meist hilfreich in Rath und That. Der seelische Ursprung dieser Wesen ist meist vergessen; di« Phantasie der einzelnen Volksglieder hat sich dann mehr und mehr ihrer bemächtigt und ihn«n dann oft auch einen anderen Ursprung gegeben. Jy erzreichen Gebirgen, wie in unserem Erzgebirge, sind be sonders häufig die Sagen von den Znvergrn; allerdings finden sich solche weit häufiger auf 'böhmischer, als auf sächsischer Seite. Sie sind von der brk-r.'nt«« kleyien Grskalrr Im P hl- her g hak rS vor der Gründung Annabecgs von solchen kleinen, eine Elle langen Männlein gewimmelt. Sie tragen lange, weiße oder graue Bärte und «inen grauen Anzug, weshalb sie auch graue Zwerge oder Männlein genannt werden, wie zum Bei spiel die grauen Männe! bei Blauenthal und bei Berns- dorf und der graue Zwerg bei Alberode. — Sie l«ben im Scheibenberge, wo sie allerdings mit bunten Röckchen und Höschen bekleidet sind, unter ihrem König« Oronomosian. Eine Schneiderstochter aus Schlettau hat für diesen, seine Frau und Kinder Kleider machen müssen und hat dafür so viel Geschenke erhalten, daß sie reich geworden ist. — Die Zwerg« sind ja die Hüter großer Schätz«. Wer den Zwerg auf dem weißen Stein bei Alberoix zur rechten Zeit si«ht und mit -dem rechten Spruche anredet, dem zeigt er die größten Herrlichkeiten. — Die Zwerge des Hohen Steins zwischen Graskitz und Markneukirchen helfen in den umliegenden Häusern bei der Arbeit. Die grauen Männ chen von Blauenthal und Bernsdorf erschienen als Warner und Helfer in der Pestzeit: sie gaben verschiedenen Leuten den guten Rath: „Trinkt Bärenwurz und Baldrian, so kommt ihr Alle gut davon." — Durch das Vordringen des Bergbaues und der Metall bearbeitung, oder, wie es in den Sagen heißt, durch die „Klippel oder Pochwerke", sind sie vertrieben worden, und auch dadurch, daß die Einwohner Lauch in die Milch thaten und die Knödel im Topf« und Brade im Backofen zählten. Daraus, daß die Sage das Zurücknxichen der Zwerge mit dem Vordringen der Kultur in Verbindung bringt, hat man schließen wollen, daß unter ihnen ein bedrückter, verdrängter Volksstamm, bei uns also die Slaven, zu verstehen sei, der die alt« Heimath einem neuen, mäch tigeren Ankömmlinge überlassen mußte. Damit scheint überein zustimmen die in vielen Gegenden bekannte weitere Sage, daß sie, weil sie heidnischen Ursprungs sind, durch das Glockengeläut« ver trieben worden seien. Für das Gebirge steht dem allerdings die Erzählung entgegen, daß sie sogar behilflich gewesen sind, die Kirche auf dem Hohen Stein bei GraSlitz mit zu bauen. Eine zweite Art der elfischen Geister sind die Hausgeister oder Kobolde, das heißt, eben die in- der Kobe, der Kammer Waltenden. Sie sind theils heitere, neckische, theil» aber auch bos- Feuilleton. Glückliche Erben. Von Willy Weber. Nachdruck »erdet n Einer Bombe gleich hatte das Telegramm eingeschlagen.... Sie hatten es schon zum zehnten Male gelesen, aber noch immer glaubten sie nicht an den Inhalt. Schließlich aber meinten sie doch, daß das richtig sein müsse, was sie blau auf weiß vor sich sahen. Und das lautete: „Marie Volm plötzlich gestorben, Maler Laski als nächster Anverwandter, alleiniger Erbe mit Regelung Hinterlassen schaft betraut. Beerdigung Sonntag Notar Kilian." Na, ein Traum konnte das nicht sein, Phantasie war's auch nicht, also hatten sie mit der reinen Wirklichkeit zu rechnen. Der Maler gab sich alle Mühe, seine Erinnerungen zusammen zu suchen. Marie Volm, wer war denn das eigentlich gewesen? Nach und nach dämmerte ihm die Erkenntniß: er hatte das kleine Weibchen zuerst am Krankenbett seiner Mutter erblickt. Sie batte sich seiner sehr liebevoll angenommen, freundlich auf ihn eingeredet — aber seit dieser Zeit war von ihr kein Lebens zeichen zu seinen Ohren gedrungen. Da war eS auch kein Wunder, wenn er sie vergessen hatte. Gutmüthig wie er war, erklärte er seiner Frau: „Arme Marie Volm. In den letzten Augenblicken ihres Lebens hat sie meiner noch gedacht. Und sie muß ein schöne» Häuflein Geld hinterlassen haben. Ich er innere mich noch, wie damals alle Welt von ihren Reichthümern erzählte. . ." „Du trauerst um dir Aermste', unterbrach ihn Frau Martha, „das legt Zeugniß ab von Deinem Mitgefühl. Eigentlich müßte ich auch wehklagen. Aber ich bekomme cs wirklich nicht fertig, mein Gefickt in Trauerfalten zu legen. Im Gegen- theil . . ., denn denke doch: wir werden von jetzt ab nie mehr in Geldverlegenheiten gerathen, wir werden nie mehr von den Launen der sogenannten Kunstmäcene abhängig sein. Mein Mann und Herr" — sie lackte fröhlich auf — „wird jetzt groß und berühmt werden, er wird es nicht mehr nöthig haben, sein künstlerisches Können jedem Geldprotz zur Verfügung zu stellen." Felix schwieg. Es wurde auch an diesem Abend nicht mehr viel gesprochen. Die Beiden nahm ein und derselbe Gedanke in Anspruch: eine unerwartete Erbschaft, eine Erlösung von der Misöre des täglichen Lebens, eine pekuniäre Sicherstellung ihres demnächst zu erwartenden Nachkommens. . . . Am nächsten Morgen reisten die glücklichen Erben nach dem Trauerstädtchen. Das Haus der Verstorbenen war in eine Leichenhalle umgewandelt. Auf dem hohen Katafalk ruhte der Sarg inmitten eines Meeres von Kerzenlicht und Blumen spenden. Zu Füßen des Sarges kniete die alte Dienstfrau und betrachtete die Ankömmlinge mit mißtrauischen Blicken. Und dieses Mißtrauen machte sich überall bemerkbar. Auch während des Trauergelcites. . . . Im Zuge befanden sich am Schluß viele Arme und Unterstützungsbedürftige, die ihrer Wohltbäterin den letzten Dank abstatten wollten, — jetzt würde es wohl mit der Unterstützung vorüber sein. Felix und Martha schritten an der Spitze des ConducteS. Sie waren tief gerührt von all den Zeichen der Achtung, welche der Verstorben:« zu Theil wurden. Thränen der Rührung sanden Beide allerdings nicht: für sie war die Trauerfeierlich- keit mehr ein tragisches Schauspiel, — sie hatten ja die Ver storbene kaum gekannt. Felix ging barhäuptig. Es regnete. Die Ceremonie ge staltete sich kurz. Aber all' die übrigen Leidtragenden hatten für die „Erbschleicher aus der Hauptstadt" keinen Gruß übrig, nicht eine Hand streckte sich ihnen zum Willkommen entgegen. Erst als sie wieder zu Haus waren, athmeten sie erleichtert auf, trotzdem überkam sie in dieser Wohnung nicht das richtige Behagen, denn aus jedem Winkel und aus jeder Ecke schien ihnen der Geist der Verstorbenen entgegen zu schreiten. Nur auf den Zehenspitzen wagten sie aufzutreten, zumal sie sich auch noch vor der alten Dienerin fürchteten, aus deren Augen ihnen der Neid entgegen leuchtete. Aber was konnte man ihnen denn vorwerfen? War es ihre Schuld, daß sie die Erben der Verstorbenen waren? Sie hatten Niemand verdrängt, der etwa Ansprüche auf die Erbschaft hätte erheben können. Damit trösteten sie sich, und außerdem wirkte der Umstand beruhigend, daß sie ja nicht für immer an diesem trübseligen Orte bleiben, sondern sobald wie möglich wieder in ihre geliebte Heimathstadt zurückkehren würden. Gegen Abend kam der Notar, der beauftragt wurde, die Erbschaft so schnell wie irgend möglich zu realisiren, namentlich sofort die Hypotheken zu kündigen. Später öffnete Martha Schübe und Schranke, sie war neugierig, zu erfahren, welche Korrespondenzen die Verstorbene geführt hatte. Da fand sie ganze Stöße von Briefen, die nichts enthielten, wie Dank sagungen für gewährte Unterstützungen. Sie war ganz über rascht, welche enormen Summen die alte Dame für wohlthätige Zwecke verausgabt hatte. Das Alles würde jetzt aufhören . . . jetzt begriff sie vollständig, weshalb sie von Jedermann über die Achsel angesehen wurden. Bei dem Herumstöbern in einer alten Kommode stieß sie auf ein verborgene» Fach. Mit vieler Mühe öffnete sie dasselbe: e» lag nur »in Heft darin, da» die sonderbar» Aufschrift trug: „Aus meinem Leben!" Frau Martha betrachtete das Buch mit scheuer Ehrfurcht. Es schien die geheimsten Gedanken der Todten zu enthalten, und die junge Frau überlegte lange, ob es nicht gegen das Andenken der Ver storbenen verstoße, wenn sie in deren Geheimnisse mit rauher Hand sich eindränge. Und schon wollte sie das Heft wieder an seinen alten Platz zuriicklegen, da fiel plötzlich ein zusammen gefaltetes Blatt Papier aus demselben und flatterte aus den Erdboden. Martha erschrak ordentlich, die Vorgänge der letzten Tage hatten sie nervös gemacht. Endlich hob sie das Papier auf . . . daS hatte fast daS Aussehen eine» Documentes. Frau Martha drehte e» hin und her. Es war weder ver siegelt, noch verschlossen, und da konnte eS ihr die Todte kaum übel nehmen, wenn sie einen Blick hinein warf. Nur einen einzigen, kurzen Blick . . . Allmächtiger — eS wurde ihr schwarz vor den Augen, sie zitterte am ganzen Körper, sie hatte da» Gefühl, als ob die Erde sich öffnen und sie verschlingen werde. „Mein Testament!" lauteten die groß und mit fester Hand ge schriebenen ersten Worte. Ein Testament, abgefaßt in legalster Form, mit der be glaubigten Unterschrift von Marie Volm! Es dauerte geraume Zeit, ehe Frau Martha sich soweit er holt hatte, daß sie im Stande war, daS Schriftstück zu lesen. Bon dem Maler Laski war auch nicht mit einer Silbe die Rede. Das ganze Vermögen bis zum letzten Heller war bestimmt für wohlthätige Zwecke! DaS Herz der jungen Frau stand still. Welch' schreckliche Enttäuschung, welch' fataler Fund! All' die Lustschlösser, die sie in diesen Tagen gebaut hatten, brachen zusammen wie die Kartenhäuser. All' di» schönen Hoffnungen für dir Zukunft z»r-
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