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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010711012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901071101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901071101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
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Donnerstag den 11. Juli 1901. Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile tS Reklamen unter dem Redarnoosstrich (sgespaltea) 7b vor de» KamUtennäch« richten («gespalten) bO Tabellarischer and Hissernsatz entsprechend Häher. — Sebühren für Nachweisungen n»d Offertenannahme Lb H (exel. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nnr mit der Morgen-Au-aabe, ohne Postbesärderuug ^ll 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß fiir Anzeige«: Abend.Lusgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Lasgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet den Filiale» and Annahmestelle« je eine halb« Stund« früher. Anzeige» stad stet» an die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. Druck «ad Verlag von E. Pol» ta Leipzig 85. Jahrgang. Dreibundsfeiude in Gesterreich-Angarn. v. Es ist keia Geheimniß der Diplomatie, daß in Oesterreich-Ungarn dem Dreibünde und insbesondere dem Bilndniß mit dem deutschen Reiche verschiedene Gruppen, ja ganze Nationalitäten feindlich oder mindesten» hinterhältig gegenüberstehen. Am gefährlichsten sind die falschen Freunde, die geheimen Feinde des Dreibundes wie des Bündnisses mit Deutschland in gewissen kleinen, aber sehr einfluß reichen Kreisen. Bei Hofe und bei dem hohen Adel findet sich noch immer vielfach die alte Abneigung A^en den „Emporkömmling im Norden" und sie wird verschärft durch die in höfischen und diplomatischen Künsten gewandte hohe katholische Geistlichkeit, die in dem überwiegend evan- aelischen Deutschland den stärksten Gegner der katholischen Kirche fürchtet und haßt. Minder gefährlich sind, obwohl sie sich auf breite Volks» massen stützen können, die Tschechen mit ihrem aufrichtigen Deutschenhaß. Zn der inneren Politik haben sie bedenkliche Erfolge erzielt und sie stellen gegenwärtig eine Partei dar, mit der die österreichische Regierung rechnen muß. Indessen kann ein starkes Ministerium jederzeit die Tschechen wieder in eine auch parlamentarisch ohnmächtige Stellung zurückschlcuvern, wenn es den Führern dieses kleinen Völkchens von höchstens 6 Millionen Köpfen den Herrn zeigt. Bisher war den Tschechen jede Einwirkung auf die auswärtige Politik versagt und dabei wird eS Wohl vor der Hand noch bleiben, da die tschechischen Politiker, ohne Rücksicht auf das Gesammtinteresse der Molwrchjx, die Sprengung des Dreibundes und den Anschluß der Monarchie an den Zweibund betreiben. Diese ihre Bestrebungen haben dieTschechen bekanntlich während des tschecho- slawischen Turnfeste« in Prag wieder recht deutlich hervortreten lassen. Da ma» sich in Wien nicht um die hochpolitischen Lelleitäteu der Tschechen kümmert, so haben sich diese auch nicht um Wien gekümmert und auf eigene Faust mit den russischen und den französischen Gästen eine tschecho-slawisch- französische Annäherung verkündet, die freilich von keiner Regierung ratificirt werben dürfte. Ja, der frühere Bürger meister von Prag» vr. Podlipny, erklärte mit dem üblichen tschechischen Pathos, Laß die Tschechen vor allem drei Städte in ihr Herz geschloffen hätten, nämlich Paris, Moskau und Prag. Mit Hilfe von Paris uud Moskau wollen sie Prag zu einer möglichst ebenbürtigen Hauptstadt eines großen tschecho-slawischen Königreiches machen. Die tschechischen Dreibundfeinde sind also zugleich Feinde der habsburgischen Monarchie in ihrem gegenwärtigen Bestände und man wird ernster als in Berlin oder Rom gerade in Wien darauf bedacht sein müssen, diese Feinde niederzuhalten und unschädlich zu machen. Zweifelhafte Freunde deS Dreibundes uud alte Feinde des deutschen Reiche» sind die Polen, die auch in Oesterreich einzig und allein die Wiederherstellung eine» selbstständigen Polenreiche» betreiben. Wer die österreichischen Polen näher kennen gelernt hat, wird bemerkt haben, was im Ganzen Wohl auch von den preußischen Polen gilt, daß ihr Haß gegen Rußland zwar groß ist, aber doch noch erheblich über troffen wird von ihrem Haffe gegen das deutsche Reich und gegen daS T-eutschthum, das ihnen im Vergleich mit Ruß land als der entschieden gesährlichere Nachbar erscheint. So lange Kaiser Franz Josef I. die Krone trägt, ist nickt zu befürchten, daß die geheimen und offenen Ränke dieser Feinde deS Dreibunde- und besonders des Bündnisses mit Deutschland ibrem Ziele auch nur um einen Schritt näher kommen. Ob eS dem Kaiser Franz Josef möglich fein wird, seinem Nachfolger die Uederzeugung ein zuprägen , daß er im Interesse der Monarchie an den bestehenden Bündnissen festhalten müsse, ist eine Frage, die sehr schwer zu beantworten, aber doch auch nicht leicht zu verneinen ist. Denn sollten in Wien wirklich einmal deutschfeindliche Einflüsse mächtig und maßgebend werden und zu einer Aenderung der auswärtigen Politik drängen, dann wäre mit unbedingter Sicherheit auf den entschiedensten Widerspruch der ungarischen Regierung zu rechnen, die heute schon in Fragen der auswärtigen Politik ihren Standpunct zu vertreten Gelegenheit hat und nimmermehr zugeben wird, daß daS so oft bekräftigte und als unverbrüch lich gerühmte Bündniß mit dem deutschen Reiche fallen ge lassen wird. Mag man auch im Allgemeinen den magyarischen Politikern vom deutschnationaien Standpunct aus Miß trauen entgegenbringen und ihre deutschfreundlichen Ver sicherungen nicht immer für baare Münze nehmen, so viel steht doch fest, daß in Ungarn trotz gewisser franzosenfreundlicher Belleitäten alle großen Parteien an dem Bündnisse mit dem deutschen Reiche wie an dem Dreibunde mit unzweifelhafter Entschiedenheit und Aufrichtigkeit fest halten. Diese Thatsache ist in ein helleres Licht gerückt worden durch die Enthüllungen deS früheren HofsekretärS Rimler über die Bestrebungen deS Abgeordneten Ugron, mit Hilfe französischen Geldes in Ungarn zunächst die Ugroa- Partei zu stärken, ihr sodann eine große Presse zu schaffen und sie schließlich zur Partei der Mehrheit zu machen, die, an die Macht gelangt, die Lösung de» Bündnisse« mit Deutschland wie de» Dreibünde» betreibt. Ugron war von jeher ein Franzosenschwärmer, er hat sogar im französischen Heere den Krieg gegen Deutschland mitgemacht. Er ist schon lange bemüht, Oesterreich-Ungarn in dir Gefolgschaft Frank reich» und somit auch de» Zweibuade» zu führen, und bat zu diesem Zweck allerlei Verbindungen anzu knüpfen gesucht, sogar mit slawischen Politikern. Nach den letzte« Enthüllungen, die er nicht bestreiten kann, darf man sagen, daß er sich für alle Zeit in Ungarn so gut wie un möglich gemacht habe, daß er politisch todt sei. Im ungarischen Abgeordnetenhaus« hat sich sogar Franz Koffuth gegen Ugron ausgesprochen und im Namen der Unabhängigkeit-Partei er klärt, daß sie trotz ihrer herrlichen Sympathien für Frankreich auf dem Standpunct de» Dreibünde» steht, von dem Zwei bund« «ich«» wissen will und da» Vorgehen Ugron'« ver- urtheilt. Za dieser erneuten Klärung der Lag« ist die politische v«d«tmlg d«» Falle» Ugron z« suchen und nicht etwa in den franzosenfreundlichen Treibereien diese» Politiker», der schon früher nicht ernst zu nehmen war. Nun kann man freilich fragen, ob die Ugron und Genossen selbstständig handelten oder nur ungeschickte Werkzeuge deutsch feindlicher und dreibundfeindlicher Politiker in Oesterreich- Ungarn waren. Diese Frage ist schwer zu beantworten. War Ugron, waS einigermaßen zweifelhaft erscheint, wirklich nur ein Werkzeug, so sind seine Hintermänner in jenen klerikalen und feudalen Kreisen Oesterreichs zu suchen, die als die gefähr licheren Feinde deS deutschen Reiches wie des Dreibundes angesehen werden müssen. Indessen wird sich dieser Zusam menhang kaum nachweisen lassen und vielleicht ist er auch gar nicht vorhanden, obwohl darüber kein Zweifel bestehen kann, daß jene feudalen und klerikalen Kreise die Bestrebungen Ugron'S mit ihren Segenswünschen begleitet und eS sehr bedauert haben, daß nicht nur Alles mißlang, sondern baß auch daS ganze Getriebe an die Oeffentlichkeit gebracht wurde. Auf wessen Veranlassung oder richtiger mit wessen Geld Rimler dazu schritt, seine Enthüllungen über die Ugron'schen Bestrebungen zu veröffentlichen, das ist wieder eine neue, wenn auch nur untergeordnete Frage in dieser immerhin noch nicht ganz aufgeklärten Angelegenheit. Die Ergebnisse der preußisch-hessischen Eiseubahngemeinschast. — Angesicht» deS preußischen Vorstoßes auf dem Gebiete deS Personentarifs, der weitere Ueberrascdungen in der Folge zeit nicht ausschließt, gewinnen die Ergebnisse der preußisch- hessischen Eisenbahngemeinscbaft, wie solche in dem unlängst erschienenen Berichte des Frhrn. von Heyl, Mitgliedes der Finanzcommission der ersten hessischen Kammer, zusammen gefaßt sind, allgemeineres Interesse. Herr v. Heyl stellt als End- ergebniß einen rapiden Aufschwung der Verkehröverbältnisse und der finanziellen Ergebnisse für Hessen seit Einführung de» Gemeinschaft fest. Mit ihrer Hilfe vermochte die großberzog- liche Negierung die socialpolitische Steuerreform durcbzufübrcn, die Abhängigkeit des Staates von einer Actiengesellscbaft zu beseitigen, die Sicherung und Verzinsung der Eisenbahnschuld, die weitere Entwickelung des Voll- und Nebenbahnwcsens, die Förderung der Interessen der Eisenbahnbeamten uud die glänzende Vermehrung der Staatseinnahmen hcrbeizuführen.— Die Entwickelung des Verkehrs wird veranschaulicht durch die Thatsache, daß seit dein 1. Mai 190 l täglich 2633 Zug kilometer mehr gefahren werden, als vor der Gemein schaft. Die Gegenüberstellung des Güterverkehrs der Stationen auf der vormaligen Hessischen Ludwigsbahn vom Jahre 1895 und 1899 ergiebt im Versandt und Empfang für ersteres Jahr 3 378 489 Tons und für 1899 eine Steigerung auf 4 434 902 TonS. Die zugleich mit dem preußischen Personen- und Gütertarif am 1. October 1898 eingefübrte vierte Wagenclasse wurde im ersten Jahre von nicht weniger als 4 771 701 Personen benutzt. Das stellt selbstverständlich nur zum Theil einen Zuwachs deS Personen verkehrs dar, da zweifelsohne viele Reisende, die vordem dritter Classe fuhren, nun die billigere vierte Wagenclasse benutzten, von der man in Süddeutsckland behauptete, sie ent spreche den Wünschen der Bevölkerung nich«. Das Mehr an beförderten Personen belief sich im ersten Jahre auf I 938 471 oder 30 Procent; die reine Mchreinnabme wies dagegen in demselben Zeiträume an Personengeld nur 2kl 365 oder 7 Procent auf. Für den Güterverkehr bestand der Vortbeil der Ein führung der Preußischen Staatsbahnsätze im Wesentlichen in der Ermäßigung der Abfertigungsgebühr von 8 und 9 auf 6 für 100 kg in den wichtigen Specialtarifen und einem Theil der AuSnahmetarife. Tie höberen Eilgutsätze werden durch die geringeren Stückgutsätze ausgeglichen. Daneben hat die Herstellung direkter Sätze mit allen Stationen von Preußen, Sachsen, Württemberg, Baden, der Pfalz und den Reichslanden erhebliche Erleichterungen für die oberhessische Verwaltung, wie für den Betrieb gebracht; die Ueberlieferung der Güter an den Endpuncten ist weggefallen und eine raschere Be förderung erzielt worden. Die Betriebsmittel erfuhren, wie daS au» der Wagengestellung im Güterverkehr erhellt, sofort eine durchgreifende Vermehrung. Der Wagenmangel der Hessiscven Ludwigsbahn, die im Jabre 1896 etwa ein Viertel ver bestellten Güterwagen nicht zu stellen vermochte, betrug für den DirectionSbezirk Frankfurt a. M. in den vier ver- kehrSstärksten Monaten der Jahre 1898 bez. 1899 auf den oberbesstschen Strecken nur etwa 900 von 17 000 bez. 1100 von 27 000 bestellten Wagen. Gleichzeitig fiel der besonder» in Oberheffen viel beklagte Mangel an Langholzwagen fort. In socialpolitischer Hinsicht bat die Eisenbabngemeinschaft eine erhebliche Verkürzung der Dienst dauer für alle Beamtenkategorien herbeigeführt. Bezüglich de» Zugbegleitung»- und Locomotivpersonals, dessen Dienst- zeit früher häufig die höchste zulässige tägliche Dicnstdauer überschritt, werben gegenwärtig die von den Bundesregierungen unterm 5. Januar 1900 vereinbarten Vorschriften streng ein gehalten. Die auf Grund dieser Vorschriften ebenfalls noth- wendige erhebliche Verkürzung der täglichen Dienstzeit bei dem stationären Personal war besonders bedeutend auf den größeren, verkehrsreichen Bahnhöfen. Beispielsweise waren vor der Ge meinschaft auk Station WormS mit der Wahrnehmung des äußeren Stationsdienstes ein Station-Verwalter und zwei Assistenten beschäftigt, von denen der Verwalter und der eine Assistent im täglichen Wechsel eine tägliche Dienstzeit von 15 Stunde« 35 Minuten und 13 stunden 35 Minuten batten, während dieser Dienst zur Zeit von einem Stations vorsteher erster Classe und acht Assistenten bei einer täg lichen Dienstzeit von acht Stunden versehen wird. Zn Darmstadt versahen den äußeren StationSdienst eben falls ein Station-Verwalter und zwei Assistenten. Die beiden letzteren wechselten täglich im Dienst mit einer täg lichen Dienstzeit von 15 Stunden 58 Minuten und 12 Stunden II Minuten. Zetzt befinde« sich in Darmstadt 1 Stations vorsteher erster Etaffe und 7 Stationsassistenten mit durch schnittlich« lüstündiger täglicher Dienstzeit. Zn Bingen be fanden sich 2 Stationsbeamte mit einer täglichen Dienstzeit von abwechselnd 13 Stunden 36 Minuten und 10 Stunden 36 Minuten. Zur Zeil versehen den äußeren Stationsdienst daselbst 1 Stationsvorsteher und 8 Assistenten bei 8stündiger täglicher Dienstzeit. Aehnlich liegen die Verhältnisse in Mainz. Unter der Hessischen Ludwigsbahn Versalien daselbst 6 Be amte den äußeren StationSdienst, während er jetzt von 1 Stationsvorsteher erster Classe, 1 Stationsvorsteher zweiter Classe und 18 Stationsassistciuen wahrgenommen wird. Alles in Allem spricht der Bericht des Frhrn. von Heyl das freudige Bekennluiß aus, daß der Abschluß des Eisenbahn- Staatsvertrages zwischen Preußen und Hessen für letztere- von den segensreichsten Folgen gewesen ist. Der Krieg in Südafrika. Vom Präsidenten Krüger. Aus dem Haag, 5. Juli, schreibt ein Berichterstatter der „Daily News" u. A. Folgendes: Präsident Krüger ist von einer neuen triumphirenden Rundreise, welche allen Nachrichten zufolge die niederländische Regierung in erhebliche Verlegenheit gesetzt hat, nach Hilversum zurückgekehrt. Der Präsident, der alle Gesuche um ein Interview ablehnte, befindet sich in bester gesund heitlicher Verfassung und ist ganz voll von optimistischen Prophe zeiungen bezüglich der weiteren Entwickelung der Dinge in Süd afrika, die er das „Feuer-Ordal" nennt, welches der Allmächtige geschickt habe, um sein Volk zu prüfen. Es heißt, daß er die früher von ihm geplante Reise nach den Vereinigten Staaten endgiltig aufgegeben hat, theils wegen der mit der Reise verbundenen Beschwerden, theils wegen der klar aus gesprochenen officiellen Haltung der Regierung der Vereinigten Staaten. . .. Die Delegieren Fischer, Wolmarans und Wessels sagen dasselbe, was Krüger letzte Woche bei seinen Empfängen ausdrückte, daß nämlich allen neuen Friedens- Unterhandlungen die Gewährung vollstän diger innerer Unabhängigkeit vorangehen muß. Ich kc -in sagen, daß in den Kreisen der niederländischen Regierung diese Ansicht nicht getheilt wird. In diesen Kreisen ist erst ganz kürzlich darauf hingewiesen worden, daß die Annexion der Republiken durch die Engländer eine endgiltige ist und daß die europäischen Großmächte ebenso wie die Vereinigten Staaten von Amerika sie anerkannt haben ... Der alte Präsident liest in Hilversum jeden Tag stundenlang mit ungemindertem Eifer die Bibel. Er sagte neulich einem Fre.unde, die Endresultate und der Abschluß des Krieges würden ebenso überraschend sein, wie sie unerwartet eintreten würden. Die Menschheit würde sich noch mehr wundern . . . Die Transvaaler in Holland sind außerordentlich gut über die Vorgänge in Süd afrika unterrichtet, und ein regelmäßiger Depeschendienst wird zwischen ihnen und den Commandos über einen geeigneten Hafen an der ostafrikanischen Küste unterhalten. (Frkf. Ztg.) Tie Ttreitkrästc der voercn. Ein Mitarbeiter der „Daily News" hat von den in Holland befindlichen Mitgliedern der Transvaal-Regierung interessante Aufschlüsse über die gegenwärtige militärische Lage der. Boeren erhallen. Danach können dieselben noch mindestens 18 Monate den Krieg weiterführen, ohne Rücksicht auf die sich immer weiter verbreitende Rebellion in der Capcolonie. Dewet hat mitgetheilt, daß er in seinem eigenen Gebirgsdistrict den activen Widerstand 3 oder 4 Jahre sortsetzen könne. In den letz ten Berichten von Louis Botha, welcher mit Lucas Meyer, Smuts, Ben Biljoen und Chris Botha die Commandos im öst - lichen Transvaal leitet, wird bemerkt, daß es den Leuten an Kleidern fehlt, während ihr Vorrath an Munition, einschließ lich Mauserpatronen, noch sehr reichlich sei. Die harte Winter zeit hindere sie an der Ausführung verschiedener geplanter Ex peditionen. — Die imwestlichenTransvaal befindlichen Boerenstreitkräfte, welche von General Delarey und dem Com- mandanten Smuts (dem früheren Generalstaatsanwalt) befehliqt werden, sind mit Allem, was zu militärischen Expeditionen ge hört, vollständig versehen, dasselbe gilt von den drei Commandos imnördlichen Districte, die unter General Beyers stehen. — Die Boeren - Artillerie besteht aus einer Batterie Feld geschütze und 8 Pompoms unter dem Befehl des Hauptmanns Baron von Wichmann und des Majors Lodewyk Pretorius, der in dem Kampfe bei Spionkop commandirte. — In dem ö st - lichen Theile des Oranje - Freistaates operiren die Generale Dewet, Steyne und Kolbe noch mit 4500 Mann, die mit Lebensmitteln, Kleidern und Waffen gut versehen sind. Wie Botha hat auch Dewet noch ein halbes Dutzend Geschütze zu seiner Verfügung, aber es fehlt ihm oft an Munition für die selben, weshalb die Geschütze häufig vergraben werden. Der westliche Theil des Freistaates ist meist im ungestörten Besitz von Hertzogs Commandos, die das Land von Jacobs- dal bis Hoobstad durchstreifen. Ende März fand in dem durchklüfteten Gebirgszuge, der unter dem Namen Bethlehemberg bekannt ist, eine Präsi dentenwahl statt, wobei Thennis Steijn einstimmig)von 6000 kämpfenden Bürgern des Freistaates wieder zum Präsidenten gewählt wurde. An diesem Tage soll General Dewet — gelächelt haben, was zu thun er seit 18 Monaten fast vergessen haben soll. Der neu erwählte Präsident machte seinen Anhängern eine Wagenladung Boerentabak zum Geschenke, eine unschätzbare Gabe in diesen unruhigen Zeiten. Die effektive britische Besetzung des Frei staates beschränkt sich auch heute noch auf die Haupt- Eisenbahnlinie und die an derselben befindlichen Statio nen. In den meisten kleineren Städten sind noch jetzt die Be amten des Freistaates in Thätigkeit, und sie verlegten ihre Posten nur zeitweilig, wenn britische Streifcolonnen sich nähern, die meist froh sind, wenn sie wieder an die Bahn zurückkehren können, weil sie beständig von einem unsichtbaren Feinde angeschoflcn werden, wenn sie die verhaßten „Säuberungszüge" (mit dem Niederbrennen der Farmen u. s. w.) unternehmen. — Eine neue Erscheinung im westlichen Transvaal sind die kleinen, sehr beweg lichen Scharfschützen - Abtheilungen der Boeren, welche in letzter Zeit an der D e l a g o a - B a h n bedeutende Be schädigungen angerichtet haben. Ein jeder dieser Schützen muß vor der Aufnahme zeigen, daß er auf 1000 Uards sicher treffen kann. Die Commandos der Colonialrebellen haben bisher die größten Vortheile gehabt, da sie in reichen Landesstrichen ope riren und von der holländischen Bevölkerung Unterstützung er halten, da diese durch daS Vorgehen der englischen Militär behörden unter die Unzufriedenen getrieben werden. Die Zahl der Caprebellen wird zur Zeit auf 5000—6000 geschätzt, aber man erwartet, daß die Zahl derselben sich binnen drei Monaten verdreifachen wird, da der Belagerungszustand in härtester Weise ausgellbt wird. Die Behauptung, daß Krüger große Summen staatlicher und privater Gelder nach Europa mit genommen habe, wird entschieden bestritten. Das dem Präsidenten noch zur Verfügung stehende Baargeld ist, wie man dem oben erwähnten „Daily News"-Correspondenten versicherte, auf einige tausend Pfund zusammengeschmolzen. Die sämmtlichen K o st e n der Kriegführung auf Seiten der Boeren, einschließ lich der Quittungen für „commandirtes" und officiell gemünztes Gold übersteigen nicht 4s^ Millionen Pfund Sterling, wovon nur ein sehr kleiner Theil nach Europa gebracht worden ist. Deutsches Reich. --- Berlin, 10. Juli. (Zur Nichtbestätigung de- Herrn Kaufs mann.) Es ist nur zu erklärlich, daß die Nichtbestätigung deS Herrn Kauffmann als zweiter Bürger meister von Berlin ganz besonders von denjenigen Berliner Blättern erörtert wird, die das meiste Interesse an der An gelegenheit nehmen, nämlich von den freisinnigen Zeitungen, die darüber erbittert sind, und von den conservativen Blättern, die darüber jubeln. Die Blätter gemäßigter Tendenz halten sich noch zurück, und zwar aus dem sehr triftigen Grunde, daß über die Motive der Nichtbestätigung Zuverlässiges noch nicht bekannt geworden ist. Jedenfalls ist das Motiv, daS die „Post" der Regierung unterschiebt, ganz besonders un glücklich gewäblt. Die „Post" meint nämlich, es sei um der Social demokratie willen mißlich, wenn linksliberale Parlamentarier zu Bürgermeistern gewählt würden, denn da die freisinnigen Reichstagsabgeordneten zumeist nur auf Krücken der Socialdemokratie in den Reichstag gelangt seien, so sei von ihnen nur ausnahmsweise das Wünschenswerth: Maß von Widerstandskraft gegen die socialdemokratische Fraction o,.: Stadtverordneten zu erwarirn. Di-seS Argument ist deswegen so unglücklich, weil auf Herrn Kauffmann gerad« das Entgegengesetzte zutrifft. Kauffmann ist nämlich aller« dingS volksparteilicher Reickstagsabgeordneter (Wahlkreis Liegnitz), aber er ist, nachdem in der Hauptwabl er selbst 9100, ein Socialdemokrat 7200 und ein conserva- tiver Bewerber 6900 Stimmen erhalten hatten, in der Stichwahl gegen den Socialdemokraten gewäblt worden. Wofern man von einem Abgeordneten, dessen Stimnienzabl in der Hauptwahl an der Spitze gestanden hatte, überhaupt sagen kann, daß er aus den Krücken irgend einer Partei in das Parlament gelangt sei, so wäre Herr Kauff mann auf conservativen Krücken in den ReichStagSsaal hineingebinkt und würde demgemäß nach der Argumentation der „Post" sich als Bürgermeister conservativen Wünschen geneigt zeigen. Wir meinen aber, daß wichtiger al- die Untersuchung nach den Motiven der Nichtbestätigung doch wohl die Frage sei, WaS nun geschehen soll. Unv da scheinen uns sowohl die freisinnigen, wie die conservativen Berliner Organe über die Stränge zu schlagen. Das „Berl. Tagebl." ineint, es könne darüber kein Zweifel bestehen, daß Kauffmann nach wie vor der Mann des öffentlichen Vertrauens der Bürgerschaft bleiben müsse. In ähnlichem Sinne spricht sich die „Voss. Ztg." auS. DaS Bestätigungsrecht erschöpfe sich schließlich auch. DaS ist nicht richtig, wie der Fall Herse beweist. Zn Poien wurde in den 80er Zabren der dortige, auf dem Stanbpuncte der Fort schrittspartei stehende zweite Bürgermeister Herse zum ersten Bürgermeister gewäblt. Herse wurde nicht bestätigt und die Stadtverordneten wählten ihm nochmals. Daraufhin wurde nicht etwa Heise bestätigt, sondern die Negierung ließ die erste Bürgermeisterstelle commissarisch wahrnehmen. Wenn cs nach der Macht geht, so ist die Regierung der überlegene Tbeil und deshalb bat eS keinen Zweck, sie geradezu zu zwingen, von ihrer Macht Gebrauch zu machen. Auf der anderen Seite aber muß jeder objektive Beurtbeiler zugeben, daß man gerade unter den gegenwärtigen Verhältnissen von der Berliner Stadtverordnetenversammlung nicht erwarten darf, sie werde „kneifen". Wenn also die „Post" sagt: „Die Berliner Stadtverordneten werden gut tbun, sich bei der erneuten Wahl von politischen Parteitendenzen frei zu halten, so sind wir zwar im Allgemeinen der Ansicht, daß bürgerliche Beamte nicht nach Parteirücksichten gewählt werden sollen, in diesem Falle aber wird den Berliner- Stadtverordneten nichts übrig bleiben, als abermals einen Parteigenossen des Herrn Kauffmann zu wählen. Sie werden sich nur enthalten müssen, dir Regierung dadurch zu provociren, daß sie einen „gehärteten Kauffmann" wählen, und werden einen Mann wählen müssen, an dessen partei politischer Gesinnung zwar kein Zweifel ist, der aber partei agitatorisch nicht bervorgetreten ist und im Uebrigen nach den nun einmal herrschenden und nicht mir nicht- dir nicht umzustoßenden Anschauungen bei Hofe empfangen werden kann. Damit vergiebt sich einerseits die Stadtvertrctung nicht- und andererseits macht sie e» dadurch der Regierung möglich, den neugewäklten Mann zu bestätigen. Damit würde der unerquickliche Streitfall ein Ende haben, was uns im Znteresse der Stadt nicht minder, wie in dem der Regierung geboten scheint. Berlin, 10. Zuli. (Die Hansestadt Hambufrg und daS Welfenthum.) Der welfische Verein „Hannover«" bat kürzlich in Hamburg sein zehnjährige» Stiftungsfest ge feiert. Je mehr nun welfische Berichte über diese Feier ver öffentlicht werden, in uin so seltsamerem Lichte erscheint da- Verhalten des Hamburger Senates gegenüber dem Welfen- thume. Sicherlich wird durch einen Festzug der Welfen, wie ihn der Hamburger Senat gestattet bat, weder Preußen- noch deS ReickeS Bestand gefährdet. Vergegenwärtigt man sich aber die Pflichten der Dankbarkeit, welche der Hansestadt Hamburg gegenüber dem Reiche infolge ihre» an die Reichs gründung auf» Engste geknüpften Ausblüben» obliegen, so muß da« Befremden darüber groß sein, daß die Hansestadt Hamburg reicb-feindlichen Elementen Gelegenheit zu öffentlichen Demo«- strationen gewährt. Die welfische Unterstellung, e« sei der Verein „Hannover»" unpolitisch, ändert nicht» an der Tbatsach«,
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