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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.07.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010717028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901071702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901071702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-17
- Monat1901-07
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Vlxo (18/7) Bezugs-Preis di d« Haupkexpedttiou oder de« i» Etabb- bezirk und den Vororten errichteten Au-- gabestellen abgeholt: vterteljShrltch 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS Hau» ^l K.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr!. 6. Man abouvirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schwei», Italien, Belgien, Holland. Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten» der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di« Expedition diese- Blatte- möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr> di« Abend-Au-gabe Wochentag» um b Uhr, Lr-action un- Lrpe-Mour Johannt-gaffe 8. Filialen: Alfred Lahn vorm. O. Klemm'» Gorki». Unwersitätsstraße S (Paulinum), Loui» Lösche, Katharinenstr. Ich Part, »ad K-nig-Platz 7. 38«. Abend-Ausgabe. Mip)igtr TagMM Anzeiger. Ämlsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ärntes der Ltadt Leipzig. Anzeige»-Preis die «gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedactiouSstrich (-gespalten) 7b ^I, vor den Famtliennach« ruhten («gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz «ntsprrcheid höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuannahme LS L, (excl. Porto). Extra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Au-gabe, ohne Postbesürderung «0—, mit Postbes-rdernug 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgeu-Ao-gabe: Nachmittag- - Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je «in halbe Stund« früher. Anzeige» sind stets au die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag- »uuuterbroche» geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz tu Lelpzir. Mittwoch den 17. Juli 1901. 95. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Fortschritte und Ucbrlständc iu Johannesburg. Man schreibt uns aus Johannesburg, 14. Juni: Der Hauptübelstand, unter dem die hiesigen Einwohner zu leiden hatten, die mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsartikeln, ist fast ganz beseitigt. Viele Privat geschäfte sind wieder geöffnet und tonnen Maaren in genügender Menge von der Küste beziehen. Auch die Privatschlächtereien sind wieder in vollem Betriebe, so daß die Militärverwaltung den Verkauf von Lebenmitteln und Fleisch an die Civilbevölkerung ganz eingestellt hat. Ein weiterer Fortschritt besteht darin, daß die reine Militärverwaltung aufgehört hat, und daß mit der allmählichen Einführung einer Civilverwaltung begonnen wor den ist. An Stelle der mit Officieren besetzten Militärgerichte, die überhaupt nur für Strafsachen zuständig waren, sind Civil- gerichte getreten, die von juristisch gebildeten Personen geleitet werden und nicht blos in Strafsachen, sondern auch in Civilsachen von geringem Wcrthobjecte Recht sprechen. Selbstverständlich herrscht noch Kriegsrecht, so daß mit militärischen Operationen zusammenhängende Vergehen von Privatpersonen nach wie vor vor Militärgerichten aogeurtheilt werden. Nachdem die verschiedenen Verwaltungs-Departements in Johannesburg eingerichtet und an Civilbeamte übergeben worden waren, ist das Amt des hiesigen Military Governor aufgehoben und an besten Stelle ein Government Commissioner eingesetzt worden, der zugleich Vorsitzender des neu eingerichteten Stadt- rathes ist. Dieser Stadtrath besteht aus 12 bis 18 Mitgliedern, worunter sich auch der österreichische Kaufmann Epler befindet, der österreichische und deutsche Interessen in Johannesburg ver tritt. Wenn, wie zu erwarten ist, nach Herstellung friedlicher Verhältnisse die Stadträthe von den Einwohnern gewählt werden, dann ist es höchst wahrscheinlich, daß auch einige Deutsche» wie es früher der Fall war, Mitglieder dieser Körperschaft werden. Das Streben der Regierung geht dahin, eine möglichst gute, sparsame und ehrliche Siadtver- waltung einzurichten. Zum Government Commissioner und Vorsitzenden der Municipalität ist ein Jngenieur-Officier, Major O'Meara, ernannt worden, der sich in ähnlichen Stel lungen bereits bewährt hat. Im klebrigen ist die Lage Johannesburgs und des Wit- watersrand noch immer recht trostlos. Es sind zwar eine größere Zahl von Flüchtlingen, meistens englischer Nationa lität, zurückgekehrt, es haben auch bis jetzt sieben Goldgruben wieder angefangen, in bescheidenem Maße zu arbeiten. Aber der Kriegszustand macht sich noch in jeder Beziehung fühlbar, die Boeren-Commandos beunruhigen noch immer die nächste Umgebung des Rands, so daß von einer wesentlichen Besserung der Handels- und Industrie-Verhältnisse keine Rede sein kann. Einige Geschäftsleute, die nach dem Transvaal zurückgekehrt sind und ihr Geschäft wieder eröffnet haben, gehen sogar mit dem Gedanken um, dasselbe einstweilen zu schließen, da es sich nicht lohnt. Die wenigen in Betrieb befindlichen Gruben ar beiten sozusagen nur aus Patriotismus, da unter den gegen wärtigen Verhältnissen die Unkosten nicht gedellt werden. Die Bergleute, welche nach der Vereinbarung zwischen Lord Kitchener und der Chamber of Mines nur fünf Schilling den Tag nebst freier Verpflegung erhalten, arbeiten dementsprechend möglichst wenig und nachlässig. Manche Arbeiter, darunter auch Deutsche, haben sich geweigert, unter diesen Bedingungen weiter zu arbeiten. Auf lange Heit wird sich dieses für die Bergleute und die Gruben nachthenige System, das aus militärischen Gründen nothwendig sein soll, nicht aufrecht erhalten lasten. Unter solchen Umständen kann nur auf das Nachdrücklichste be tont werden, datz sich Deutsche mit der Rückkehr oder Aus ¬ reise nach dem Transvaal ja nicht beeilen solle« Sie sollten sich erst darüber vergewissern, daß sie ein gesichertes Fortkommen hier haben, und vor Allem, daß sie an den süd afrikanischen Küstenplätzen die Erlaubniß zur Weiterreise hier her erhalten werden. Die maßgebende Behörde, das Permit Office, welches seit einiger Zeit seinen Sitz in Johannesburg hat und dem ein hauptsächlich aus Engländern bestehender Bei rath zur Seite steht, verfährt ausnahmslos nach folgenden Grundsätzen: Da gegenwärtig nach Anweisung des Ober befehlshabers nur eine sehr beschränkte Zahl von Personen in Transvaal hereingelassen werden kann, so sind Kategorien von Personen gebildet worden, die zunächst berücksichtigt werden. An der Spitze stehen die Privatpersonen, deren Dienste von der Militär- oder Civilverwaltung verlangt werden. Darauf folgen die Flüchtlinge, welche bei Ausbruch des Krieges von der Boerenregierung ausgewiesen und gezwungen wurden, Hab und Gut plötzlich im Stiche zu lassen. Diese letztere Kategorie, die natürlich fast nur aus Engländern besteht, ist so zahlreich, daß andere Personen im Allgemeinen vorläufig nicht berück sichtigt werden. * London, 16. Juli. Unterhaus. Auf eine Anfrage erwidert Vrodrick, die Meldung von der Z urückziehung eines großen Theiles der britischen Infanterie von Südafrika und von der Acnderung der gegenwärtigen Art der Kriegführung entbehre jeder amtlichen Grundlage und sei ganz ungenau. Eine weitere Erklä'/ung könne er über den Gegenstand nicht abgeben. (Wdhlt.) Politische Tagesschau. * Leipzig, 17. Juli. Der in der Münchener „Allqem. Ztg." gemachte Borschlag, im deutschen Reiche eine „ergiebige" Zündholzbrstrurrung oder da« Zündholzmonopol einzuführen, stößt nicht nur bei der Presse des im Reichstage ausschlaggebenden CentrnmS auf Widerspruch, sondern findet überhaupt wenig Anklang. Er hat aber doch wenigsten- den Erfolg, Laß er zu anderen Vorschlägen anrezt, die Beachtung verdienen und hoffentlich auch finden werden. So wird unS geschrieben: „Wenn die Anregung de- Münchener Blattes aus einer einzelstaatlich - ministeriellen Inspiration hervorgegaugen sein sollte, so winde sie den Verdacht erregen, der Gedanke wäre auS dem Mangel an der Courage hervorgegaugen, die Biersteuer wieder „ihr Haupt erheben" oder den „Tabak mehr bluten" zu lassen. Jedenfalls eignet sich daS Zündholz nicht dazu, eine wesentliche Nolle in einer Steuergesetzgebung zu spielen, deren Zweck eine gründliche Reichsfinanzreform ist. An ein Monopol ist in Deutschland nicht zu Lenken, schon weil uns die Doctrin zu fest im Nacken sitzt, und selbst das Monopol bringt in Frankreich nur etwa 24 Mill. Mark ein, während in dem freilich iu der Cultur zurückstehenden, dafür aber riesengroßen Rußland auS einer recht hoben Be steuerung des Zündholzes nur eine Staatseinnabme von un gefähr 15 Millionen Mark sich ergiebt. Und zu so hohen Steuersätzen würde man es in Deutschland nicht einmal bringen. Der ungeheuere Zündholzverbrauch im Reiche wird zu einem sehr großen Theile durch den gewaltigen Tabak-, namentlich aber Cigarren- und Cigarellenconsum bedingt und für Alkohol leistet sich, um mit Professor Adolf Wagner zu reden, das deutsche Volk jährlich eine Ausgabe von etwa drei Milliarden, eine Summe, die — die Moralisten lassen wir aus dem Spiele — den Cameralisten immer und unausgesetzt zu denken giebt. Was den Tabak angeht, so ist er nur Genußmittel, während das Zündholz, soweit eS nicht den Knecht der Nauchleidenschast abzugeben hat, einen Bedürsnißgegenstand darstellt. Der Consum der die Lehren des Struwwelpeter mißachtenden^ Kinder, dem der Münchener Steuerpolitiker unter den Stützen seines Pro- jecleS einen ersten Rang einräumt, fällt wohl doch nicht sehr ins Gewicht. Jedenfalls wird man das Streichholz mittels einer Steuer nicht so ver- tbcuern können, daß Eltern, die nicht ohnehin und aus Pflichtgefühl die Befriedigung jugendlicher pyrotechnischer Gelüste zu verhindern geneigt sind, aus privatwirthschaft- lichcn Gründen größere Vorsicht üben. Unter dem Gesichts- puncte der finanziellen Bedürfnisse des Reiches und der Einzelstaaten also erscheint uns die Einführung einer Zünd- holzsteuer Flickwerk, was freilich auch von Len im Reichstage angeregten, beschlossenen und sodann von den Negierungen acceptirten Steuern behufs Deckung der Flottenvermehrung gilt. Dieser Steuerpolitik hat man mit wenigstens theoretischer Berechtigung entgegengehalten, eS sei fehlerhaft, im Staate bestimmte Einnahmen für bestimmte Ausgaben zu scbasfen. Ein solcher Vorwurf wäre unserö Erachtens nicht am Platze, wenn man aus dem Münchener Zündholzvorschlage so viel her- auShvbe, als nölhig ist, unreinen bestimmten, sehr guten Zweck zu erreichen, ohne wichtige Interessen zu verletzen. Wir meinen das Verbot der P h o s p h o r z ü n d holz- f a b r i k a t i o n. Durch eine solche Maßnahme würde die Erzeugung der Sicherheitszündhölzer, der sogenannten „Schwe dischen" — ihr Erfinder war thatsächlich ein deutscher Pro fessor Namens Böttger — eine noch immer fühlbare Concurrenz los, ein Vortheil, für den sie bequemer und billiger Weise eine geringfügige Last auf sich nehmen kann. Die Phosphor- zündholzfabrikation ist vom gesundheitlichen Standpunkt, aber auch aus anderen Gründen längst gerichtet; das Phosphorzündholz ist weit feuergefährlicher als das schwedische, um Liese Bezeichnung beizubehalten, schon sein Gebrauch ist der Gesundheit nicht förderlich, seine Herstellung aber ist trotz aller Verbesserungen der Arbeitsräume u. s. w.» die man erzielt, mörderisch für den Arbeiter. Tie regelmäßige Euiathmung von Phosphordämpfen zieht bekanntlich sehr häufig die chronische PhoSphornekrose nach sich, eine Vergiftung, die Knochcnhautentzündungen, brandiges Absterben des Unterkiefers, unter allen Umständen aber schlechtes körperliches Befinden im Gefolge hat. Den Gedanken, diese Gewerbekrankheit durch daS einzige Heil mittel, das sich bietet, nämlich das Verbot der Fabri kation, auS der Welt zu schaffen, ist auch der BundeS- rath schon wiederholt nahegetreten, und wenn wir nicht irren, hat neuerdings die bayerische Regierung sich wieder mit diesem sscialpolitischen Plane befaßt. Ein ernstes Hinderniß des radikalen Abhelss bietet die Rücksichtnahme auf die Erwerbsinteressen von Unternehmern und Arbeitern der Phosphorzündholzfabrikation. Mittels einer Be steuerung der Sicherheitszündhölzer würden sich nun leicht die Mittel zur Verzinsung und Amortisirung einer Anleihe aufbringen lassen, die bestimmt wäre, die Besitzer von Phosphorstreichholzfabriken und selbstverständlich die Arbeiter, vor Allem diejenigen, die den KrankheilSstosf schon in sich ausgenommen haben und deshalb zu einem anderen Erwerbe nicht mehr die volle Arbeitsfähigkeit mitzubrinzen vermöchten, angemessen zu entschädigen. Die Sicherheitszünd holzfabrikanten brauchten nicht zu fürchten» deswegen stark herangezogcn zu werden. Der französische Staat löste im Jahre 1876 die Zündholzindustrie des Landes mit einer Summe von rund 26 Millionen Mark ab. Die bisherigen Unternehmer wurden zwar auf eine Weile zu Pächtern des Monopols, aber in Frankreich handelte eS sich, wie gesagt, um die Ent schädigung der gejammten Industrie, in Deutschland käme bei dem Verbote der gefährlichen Fabrikation nur ein kleiner Theil der Zündholzerzeugung in Betracht. Eine höhere Steuer, bei der die Fabrikanten die Ueberwälzung in Frage ziehen könnten, ist nicht erwünscht und wäre, wie ge sagt, nicht zu erlangen. Jin Gegentheil empfiehlt sich eine Contingentirung, also die Fixirung eines Maximal ertrages, den die SicherbeitSzündholzfabriken in ihrer Ge- samintheit pro r»tu der Production jeder einzelnen Fabrik aufzubringen hätten. Dabei bliebe sogar Spielraum für eine gewisse Autonomie." Der Termin für die RcichStagSrrsatzwahl in Neuwied ist nunmehr festgesetzt. Sie findet wenige Wochen nach der Er satzwahl in Duisburg statt und schon darum werden die Nationalliberalen in dem letzteren Wahlkreise alle Kräfte an spannen müssen, um durch einen günstigen Erfolg die Partei genossen in Neuwied zu ermuthigen. Denn hier liegen zweifel los die Verhältnisse weit schwieriger als in Duisburg, da der Wahlkreis Neuwied um 12 Procent mehr an katholischer Be völkerung aufweist. Demgemäß ist auch dieser Wahlkreis, mit Ausnahme des Jahres 1871, wo der nationalliberale Bewerber mit der knappen Mehrheit von 70 Stimmen durchkam, stets durch das Centrum vertreten gewesen. Wollte man lediglich von den letzten allgemeinen Wahlen ausgehen, so wäre auch diesmal die Sache der Nationalliberalen völlig aussichtslos, denn das Centrum siegte damals mit einer Majorität von nahezu 2000 Stimmen, was bei einer Gesammtzahl der Wahlberechtigten von 17 000 doch recht erheblich ist. Beachtet man aber frühere Wahlen, so sieht man, daß diese erhebliche Centrumsmehrheit durchaus keine Nothwendigkeit ist. Bei den Wahlen von 1887, den sogenannten Septennatswahlen, brachten cs die National liberalen auf 7335 Stimmen (1898 nur auf 6258) und standen damit nur um 400 Stimmen hinter dem Centrum zu rück. Bei den Wahlen von 1890 betrug die Differenz aller dings schon nahezu 1000, war aber immerhin nahezu doppelt so gering als 1898. Der schlechte Ausfall dieser Wahl ist wohl vor allen Dingen darauf zurückzuführen, daß bei den Wahlen von 1893 daS Centrum den Wahlkampf unter sich auszusechten hatte und ein nationalliberaler Candidat überhaupt nicht zur Aufstellung gelangte. Bei einem solchen Nichtgebrauche der eigenen Kraft tritt immer eine gewisse Deroute ein, und schon darum muß es erwünscht sein, daß diesmal die Nationalliberalen mit voller Energie in die Wahlbewegung eintreten. Gelangen sie nicht zum Siege, so bereiten sie wenigstens die Möglichkeit eines künftigen Sieges vor. Die deutsche Bevölkerung Russisch-Polens wird in den panslawistischen Moskauer „Wjedomosti", die der Nach folger Katkow's, Gringmuth, redigirt, zum Gegenstände eines längeren Artikels gemacht. Nachdem von der „wahrhaft er schreckenden Zunahme des deutschen Ele ments in Russisch-Polen und den angrenzenden Gouver nements" gesprochen, heißt es: „Ungefähr 600 000 Deutsche, darunter 82 Procent Preußen, leben in Russisch-Polen. In ihren Händen haben diese Ankömmlinge 13 529 ländliche und städtische Besitzungen im Gesammtwerthe von 400 Millionen Rubeln. Sie haben die besten Güter, zahl reiche Fabriken, Mühlen und Sägemühlen inne und dirigiren den Großhandel und zahlreiche Banken. Die Städte Lodz, Zgierz und Pabianice sind so gut wie deutsche Städte. Die ehemalige Polnische Bank hat nicht weniger als 90 Millionen Rubel den Deutschen seiner Zeit zum Bau von Fabriken und industriellen Anlagen vorgeschossen. Im Gouvernement Kalisch sind 42 Mal Die verhiingmßvolle Zuschrift. 3j Roman von A. W. Kahle. Nachdruck verloren. III. Der Morgen des folgenden Tages begann neblig, kalt und feucht. Schon war es zehn Uhr und noch immer schien die Däm merung mit dem Tage zu ringen. Die graue Luft lastete aus den Heiteren, schwerer noch auf den Traurigen. Sie drang in die Zimmer und in die Herzen. Es war einer jener Tage, an welchem auch in dem immer lachenden Gemüth die unbehagliche Vorahnung aufsteigt, daß es unangenehme und widerwärtige Dinge in der Welt gebe — einer jener Tage, an denen der ver düsterte Geist fragt, wozu diese Welt von Schmutz, Nebel und Kälte eigentlich da und ob es nothwendig oder vernünftig sei, sie zu ertragen. Auch auf den Malersaal der Porzellanmanufactur drückte der Nebel. Sonst pflegte es hier laut und lustig zu sein, soweit die Hausordnung und Herr Krause, der Miniaturmaler, dem die Leitung dieser Arbeiten übertragen war, eS erlaubte. Aber heute hatte Jeder genug mit seiner Arbeit zu thun. In dem un gewissen, schwebenden Licht war es schwer, die Farbennüancen zu unterscheiden und die Wirkung der Farben zu erkennen. Jeder stand oder saß emsig vor seiner Arbeit, Mißmuth und Un zufriedenheit im Blick. Wo das Auge de- Künstlers zu sehr be schäftigt ist und zweifelnd prüfen muß, da verstummt der Mund. Nur Verwünschungen hörte man über das „infame Licht" und den „gottlosen Nebel". Es waren ungefähr vierzig Künstler und Künstlerinnen in dem Saal, an manchen Tischen mehrere, an den meisten nur einzelne. Da sah man Figuren, Vasen, Taffen, Uhren, meist nur halb bemalt und drollig genug anzuschauen. Namentlich die kleinen komischen Figuren, die auf manchen Tischen dutzendweise standen, sahen mit unfertiger Bemalung au- wie Kobolde. Diener und Arbeiter kamen und gingen, brachten Gegenstände aus den Formereien oder trugen fertige nach den Trockenstuben. Aber All-S geschah ruhig, damit di« Künstler nicht gestört würden. Hin und wieder standen Arbeiter, welche einzelnen Künstlern Handreichungen thaten, ihnen Farben präparirten, die Substanzen mischten. Den scharfen Geruch der Farben abgerechnet, welcher dem Ungewöhnten auffiel, mochte der geräumige Saal bei freund lichem Wetter einen angenehmen Eindruck machen. Heut aber war eS düster. Es fehlte die Frische und Heiterkeit der Arbeit; sie wurde zum mühsamen Werke. An einem der Fenster, an einem Tische, auf dem einige Vasen standen, saß Sophie Mansfeld. Sie arbeitete ununterbrochen, fast ohne aufzublicken. Oft beugte sie sich tief nieder, und dann fielen die glänzenden braunen Locken fast bis auf die schmale, feine Hand. Wenn sie den Kopf erhob, erschien ihr ohnehin bleiches Gesicht in dem Licht des Nebels noch bleicher; das große Auge war glanzlos, der Blick matt. Ihr Antlitz, mehr anziehend durch die Feinheit der Einzelheiten, die schmalen Brauen, die denkende Stirn, die edelgeformten feinen Lippen, als durch regel mäßige Schönheit, glich dem Himmel dort draußen. Niemand, der sie nicht früher gekannt, vermochte zu ahnen, daß auch a> diesem Antlitze die Sonne des Glückes einst goldig hell gelacht. Friedrich Rennert, der Arbeiter, war an einem Tische in der Nähe beschäftigt. Er sah oft zu Sophie hinüber, als erwarte er nur den Moment, in dem er einige Blicke mit ihr tauschen könne. Aber Sophie wandte sich nie zu ihm hin; sie befand sich in der vollkommenen Selbstvergessenheit des Leidens, die mit einer ge heimen Befriedigung selbstquälerisch dem Schmerze nachhängt, und in welcher nicht nur die äußeren Eindrücke unbeachtet bleiben, sondern auch Hand und Auge nur mechanisch ihre Verrichtungen thun. Der Inspektor trat in den Saal und sprach leise mit Herrn Krause. Die zunächstsitzenden Arbeiter hörten, daß es sich um einen bevorstehenden Besuch handle, und als der Inspektor ge gangen war, gab Krause in der Thai den Befehl, schnell einige Ordnung zu schaffen, da Besuch, vielleicht der König selbst, käme. In den nächsten Minuten hörte man viel schieben und rücken, dann trat um so tiefere Stille ein. Wenn die Künstler Erwartungen auf einen hohen Besuch ge hegt, so wurden sie nicht befriedigt. Die Eintretenden trugen, mit einer Ausnahme, einfache bürgerliche Kleidung. Es waren Altenberg, Graf Louragais, Graf Laniska und ein anderer Freund Altenberg's. Der Inspektor begleitete sie und stellte die Herren, die in der Nähe der Thür blieben, Herrn Krause, dem Dirigenten dieser Abtheilung, vor. Altenberg musterte aufmerksam den Saal und die Künstler, lehnte eS jedoH ab, als der Dirigent ihn aufforderte, sich die einzelnen Arbeiten genauer anzusehrn. Er sagte, er wolle dir Künstler nicht stören, und hab« nur einen Blick auf die Räum lichkeit werfen wollen. Graf Louragais aber und der vierte Herr traten an die zunächstliegenden Tische. .Em feine», interessante», aber etwa» kränkliches Gesicht — dort da» Mädchen am dritten Fenster!" sagte Altenberg. „In der Thai, ja — aber wie traurig ist der Ausdruck ihrer Miene?" erwiderte Graf Laniska. „Man glaubt ein Wesen zu sehen, welches soeben das Liebste auf der Welt verloren hat." „Vielleicht gehört sie zu den Kriegsgefangenen, welche der König aus Meißen hat hierher führen lassen", sagte der Eng länder. „Welche Kriegsgefangene, Künstler?" fragte Laniska halblaut, wie das ganze Gespräch geführt wurde. „Unmöglich, wie kann man Frauen als Kriegsgefangene fortführen lassen und auch nach dem Frieden gefangen halten?" „Man hat mir so berichtet", sagte Altenberg achselzuckend. „Das kann nicht sein! Der König ist zuweilen streng, aber nie barbarisch. Wenn cs wäre —" „So würden Sie es tadeln, wie ich", ergänzte Altenberg. „Freie Künstler, wie diese es gewesen, unterliegen niemals der Gewalt des Krieges. Der König konnte, als Sachsen ihm die Kontribution nicht zahlte, einen Theil der Vorräthe in Meißen mit Beschlag belegen, er konnte selbst einen Theil des vorhandenen Rohmaterials hierher schaffen lassen — meinetwegen. Aber an diese Künstler und Künstlerinnen mußte eine Aufforderung ge richtet werden, ob sie hierher kommen wollten, und weigerten sie sich, gut, so mußte man auf sie verzichten. Die Wirkung sehen Sie an jenem jungen Mädchen. Sie trägt die Spur ihrer Leiden auf dem Gesicht." „Sie wird krank sein. Man hat ungenau unterrichtet!" sagte Graf Laniska lebhaft und verwirrt. Und schnell wandte er sich zum Inspektor und fragte ihn leise. Altenberg that, als ob er es nicht bemerke, und betrachtete eine fertig bemalte Vase, die in der Nähe der Thür stand. Was Laniska von dem Inspektor gehört, hatte Falten auf seine Stirn gelegt und seinen Blick verdüstert. Er wich dem ruhigen Blicke, den Altenberg jetzt auf ihn richtete, aus. Die Meldung, daß in einem anderen Zimmer Alles für die Versuche in Stand gesetzt sei, machte dem Besuch im Malersaal ein Ende. Die Herren entfernten sich. Aber schon nach einer halben Stunde erschien Graf Laniska wieder in der Thür. Mit ernstem Blick, die Wangen leicht ge- röthet, schritt er geraden Weges nach dem Fenster, an welchem Sophie arbeitete. Das junge Mädchen, das vorher auf den Besuch sehr wenig oder garnicht geachtet, schien auch jetzt nicht zu ahnen, daß Je mand mit ihr reden wollte und arbeitete weiter. „Mademoiselle — verzeihen Sie mir, darf ich Sie stören?" fragte der Graf. Befremdet, fast erschreckt, blickte sie auf und erhob sich schnell und ehrerbietig, al» sie die Uniform des Grafen und au» seinem Wesen den Mann von hoher Geburt erkannte. „Sie sind nicht in Preußen geboren, Mademoiselle?" „Nein in Sachsen, in der Nähe von Meißen." „Und was hat Sie hierhergeführt?" fragte der Graf. „Ver zeihen Sie mir meine Unbescheidenheit! Man hat mir etwas berichtet, das ich durch meine eigenen Fragen aufklären möchte. Sie arbeiten für diese Fabrik. Geschieht es freiwillig — ich meine, sind Sie freiwillig aus Meißen hierher gekommen?" Der Ausdruck des Leidens auf Sophie's Zügen wurde noch herber. Es verging eine Minute, ehe sie antwortete. „Der Wille des Königs zwang mich, hierher zu gehen und die Heimath zu verlassen." „Und Sie gefallen sich nicht hier, wie es scheint? Man sagt, daß Sie leiden, daß Ihnen die Arbeit schwer falle?" „Ich kann meine Eltern, ich kann denjenigen, dem ich für das Leben angehören sollte und von dem ich jetzt getrennt bin, nicht vergessen. Mein Geist ist krank!" Sie zitterte, während sie das mit leiser Stimme sagte, und sie setzte sich, als ob es ihr schwer werde, sich aufrecht zu halten. „Verzeihen Sie mir, ich bitte vielmals!" sagte der Graf in großer Verwirrung, und wandte sich schnell ab. Die Blicke sämmtlicher Anwesenden, auch des Dirigenten, hatten auf dem Sprechenden geruht. Es schien, als wolle der Graf hastig den Saal verlassen. Da bemerkte er, daß Jemand dicht neben ihm ihn militärisch grüßte. „Ah — Du bist es!" rief er. „Bist Du nicht Rennert, der bei meiner Compagnie stand, als ich noch Fähnrich war?" „Zu Befehl, Herr Leutnant.' Und hastig fügte er leise hinzu: „Nehmen Sie sich der Demoiselle an, Herr Graf. Es ist ein gutes Mädchen." „Was weißt Du von ihr?" „Nicht viel mehr, als die Anderen. Sie ist krank, weil sie Heimweh hat. Sie. sehnt sich nach ihren Eltern, nach ihrem Bräutigam. Der Bräutigam ist heimlich in Berlin", fügte er noch leiser hinzu. -Aber sie dürfen sich nicht sehen. Und dann heißt es, sie solle eixien Soldaten heirathcn." „Einen Soldaten?* rief Laniska. „Wer befiehlt das?» „Der König, Herr Graf. Es thut uns Allen leid — wir lieben sie Alle. Aber wenn der König befiehlt, muß man ge horchen!" „Gehorchen? Gehorchen?" rief Laniska und sein Auge flammte auf, die Wangen glühten, sein Fuß zuckie und stieß auf den Boden. „Sclaven, die Ihr seid! Ihr verdient e» unter der eisernen Ruthe eine- Tyrannen zu leben. Gehorchen, wenn ein König befiehlt, wa» wider Recht und Menschlichkeit ist? Niemal»!' Renneri war bestürzt zurückgetreten. Todtenstille herrschte in dem Saal«. Laniska selbst, ein Bild de» edelsten Zorne»,
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