01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010717014
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- LDP: Zeitungen
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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- Tag1901-07-17
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Änrksölatt des Äönigttchen Land- nnd Änrksgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Mittwoch den 17. Juli 1901. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile SS Neelame» mtter dem Redacnousstriq (4-efpallra) 75 vor dea Familte»na<> richte» (5 gespalten) 50 Dabellarischer und Zifferusah entsprechend HSHer. — Eebübreu für Nachweisungen ued Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), u»r mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung 50.—, mit Postbesürderung 70.—. ^vnahmeschluß für Anzeige«: Ab end-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filiale» und Annahmestelle» je eia» halb« Stund« früher. Anzeige» find stets a» die Expedition zu richte». Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen grSffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck «d Verlag vou L. Polz t» Leipzig 95. Jahrgang. Ist Gibraltar entwerthet? V. 8. Die jüngsten Debatten im britischen Parlamente, betreffend Gibraltar, lenkten die Aufmerksamkeit in einem fast kritischen Augenblicke auf den wichtigsten Stützpunkt der Engländer am Mittelmeer und legten die Frage nahe, ob Gibraltar heute entwerthet sei. Der Werth Gibraltar» hat nie darin bestanden, daß seine Festungsgeschütze die gleichnamige Meerenge beherrschten, denn dazu war ihre Tragweite Weber früher, noch ist sie selbst heute, wo sie N/r deutsche Meilen beträgt, groß genug, da die Meerenge 24 km breit ist. Allein er bestand und besteht zunächst darin, daß da» britische Mittelmeergeschwader, gestützt auf den Hafen, seine Kohlen- und sonstigen ApprovisionirungSvorräthe und den Geschützbereich Gibraltar-, die Meerenge zu beherrschen und jeder nicht sehr überlegenen Flotte die Durchfabrt durch dieselbe zu versperren vermag. Die spanischen Batterien Ceuta» und etwa bei Tanger von einem Rivalen England» an gelegte sperren die Meerenge ebenfalls nicht, und nur ein bei ihnen stationirte», dem britischen Mittelmeergescbwader gewacksenc» Gesckwader wäre dazu im Stande. Die Befestigung unv Armi- rung Ceutas sind überdies völlig veraltet, sein Hafen ist nur klein und Tanger entbehrt jeglicher Befestigungen und selbst eines Hafenschuye», denn es besitzt nur eine offene Rhede. Auch würde das Halten eine» dem britischen Miitelmeergeschwader gewachsenen Geschwader» in Ceuta oder Tanger die mari timen Kräfte jeder anderen Seemacht übersteigen und die selben überdies, wie z. B. bei Frankreich, von ihrem Haupt- opcrationscentrum, Toulon, enifernen. Für eine Macht aber, die wie England in Kriegszeiten die See beherrschen und den Transitverkehr ihres Welthandels sichern muß, ist der strategische Werth Gibraltars auch für ihre gesammtc Position im Mittel meer und für den kürzesten Seeweg nach Indien auch heute noch von größter Bedeutung. Halbweg» zwischen Plymouth und Malta an der Einfahrt zum Mittel meere gelegen, ist Gibraltar ein unvergleichlich vortheilhaft gelegener Kriegshafen, von dem auS die Operationen eine» Gegners im Mittelmeere beobachtet und unter gleichzeitiger Basirung auf Malta durch eine entsprechende Action vereitelt werden können. Als Festung in neuester Zeit mit modernen Geschützen größten CaliberS bei der „Signalstation" und dem „Higbest Point" armirt und mit zahlreichen Batterien und Be- sestigungSwerken vom Landthor im Norden bis zum Europa Point im Süden und mit unterirdischen Galerien mit Geschütz aufstellungen im Westen und Norden versehen, muß Gibraltar, wie sich jedem fachmännischen Besucher der Veste aufdiängt, beute immer noch al» uneinnehmbar gelten, und selbst die spanischerseits an der Küste von AlgesiraS und auf der Sierra Cardonera angelegten Batterien, die den Hafen, die Stadt und die Docks Gibraltar» unter Fernfeucr zu nehmen gestatten, vermögen der gewaltigen, ihnen weit überlegen armirten Artillerieposition Gibraltar» gegen über den Platz nicht zu eutwerthen, wenn ihm auch unter Umständen recht unbequem zu werden. England besitzt daher auch heute noch in der Festung eine Position an der Meerenge, die sowohl für einen Angriff uneinnehmbar wie für jede Macht, Spanien ausgenommen, die nicht die Herr schaft zur See besitzt, auf die Dauer unhaltbar ist; eine Position, die namentlich al- gesicherter Beobachtungsposten der einzigen Straße, auf welcher Seemächte mit atlantischen und Mittelmeerküsten ihre getrennten Streitkräfte vereinigen können und von der au» zugleich ein englisches Geschwader diese Straße beherrscht, von höchster Bedeutung ist, wie die» am deutlichsten die siegreichen Operationen des britischen Admiral- BoScawen gegen den französischen Admiral de la Clue 1759 bewiesen. Allein der maritime Schutz und die Unterstützung, die Gibraltar der englischen Flotte gewähren soll, hatten sich in neuerer Zeit infolge veränderter Verbältnisse sehr ver mindert. Denn es fehlte Gibraltar sowohl an einem durch genügend lange Hafendämme geschützten Ankerplätze für die Schiffe einer modernen Flotte, als auch an ausreichenden Docks sür die Ausbesserung ihrer Havarien. Der an seinem früheren einzigen größeren Hafendamm liegende Ankerplatz war, ohne den entsprechenden Schutz von Hafen molen, schweren Südwestwinden empfindlich ausgesetzt, und es konnten nur zwei Schlachtschiffe erster Classe unv ein kleineres Kriegsschiff gleichzeitig an ihm anlegen. Für frühere Verhältnisse reichte dies aus, heute jedoch nicht mehr; auch ist die Reparatur von Havarien bei den heutigen complicirten Sctnffsconstructionen viel schwieriger geworden als früher und erfordert ganz besonders ausgestattete Docks. Der specifisch maritime Wertb Gibral tars aber besteht wesentlich in der Fähigkeit, den englischen Geschwadern nicht nur Schutz, sondern auch Unterstützung und Aushilfe zu gewähren. Dazu gekörten jedoch nicht nur ein taktisch gesicherter Hafen und KohlendepotS, sondern auch Docks von entsprechender Ausdehnung, die bisher nicht vor handen waren. Ungeachtet dieser Sachlage galt, in Anbetracht der in neuester Zeit auf die Construction von Docks und Hasen dämmen zur völligen Sicherung des Ankerplatzes verwandten gewaltigen, bereits 1898 sich auf 85 600 Lstrl. beziffernden Summen, der Werth Gibraltars als maritimer Stützpunkt als ein Glaubensartikel der britischen Nation und um so mehr mußte daher der Inhalt der Schrift Gibson Bowle's „Gibraltar, eine nationale Gefahr" und sein hierauf bezüglicher Antrag dieselbe überraschen. Bis 1894 war Gibraltar jedoch keine Flottenbasis im eigentlichen Sinne deS Wortes, sondern nur Festung und KriegSbafen mit den entsprechenden Vor- räthen und Werften und als solcher allerdings schon sehr werthvoll. Allein eS besaß kein Dock irgend welcher Art und sein Hafen war völlig offen, so daß die Kriegsschiffe in ibm Torpedoangriffen ausgesetzt waren. Dieser Stand der Dinge lenkte die Aufmerksamkeit der Flottenrcformer und der Admiralität auf sich, die dem Drängen der Ersteren auf Ab hilfe schließlich nachgab. In Folge dessen trat die Admiralität 1894 mit einem Plane hervor, nach welchem ein Trockendock gebaut und ein System von Hafendämmen oder Wellenbrechern rund um den Ankerplatz geschaffen wurde. Schon damals gelangten einige Bedenken hinsichtlich der Gefahren zum Ausdruck, denen die Schiffe im Hafen und Dock durch weittragendes Artilleriefeuer von der spanischen Küste her ausgesetzt sein würden. In dieser Hinsicht ist bervorzuheben.daß am West- und am Nordrande der Bay von Gibraltar die Stadt und der Hafen von einem Halbkreis spanischen Gebiets in einer Entfernung I umfaßt ist, die nirgends über 9500 w und durchschnittlich I etwa 8500 m beträgt und die daher gute Fernfeuer wirkung weittragender Geschütze gegen Hafen und Stadt gestattet. Die wichtigsten auf jenem Halbkreise in Betracht kommenden Punkte sind: die Punta Carnero, 8700 m vom neuen Hafenmolo entfernt, die Verte-Insel, 7500 m entfernt, Rinconcillo bei Punta Almirante 9500 w, die Carlean-Höhen 8700 m, Punta Mala 5700 m, der „Stuhl der Königin von Spanien" an der Sierra Carbonera 8500 m und TunareS 4400 m von der Catalan-Bay entfernt. Von diesen Punctcn vermöchte, wenn Spanien feindselig gegen Gibraltar aufträte, der Angreifer ein wirksames convergiren- des Feuer auf die Stadt, die Werft und die Schiffe im Hafen zu richten, und diese Gefahr erschiene zunähst um so größer, als die durch dieses Feuer erreichbaren Zielobjeete auf einem sehr kleinen Raum vereint sein würden. Im Unterbause kam die Sachlache schon 1895 zur Sprache, jedoch ohne Resultat, und 1896 entschied sich der damalige Erste Lord der Admiralität, Mr. Goschen, zwei neue Docks dicht an dem zuerst angelegten zu bauen. Verschiedene andere von ihm durchgefübrte Verbesserungen steigerten die AuS- gestaltungskosten für Gibraltar auf sechs Millionen Lstrl. Bis zu jenem Zeitpunkte war wenig Grund zu der Annahme vorhanden, daß Spanien England feindlich gesinnt werden würde, obgleich es stets die britische Besetzung Gibraltars als seines legitimen Landgebiets mit Mißvergnügen betrachtet batte. Allein 1898 während des spanisch amerikanischen Krieges trieb die Haltung Englands Spanien in die Arme Frankreichs. Es waren jedoch nicht so sehr die Freundschaft Englands für die Vereinigten Staaten, als viel- mehe die briti'cben Anspielungen auf Spanien als eine im Verfall begriffene Nation, was die Spanier verletzte. Im Winter 1899, als man dem Grafen Murawiew bei seinem Besuch in Madrid einen französisch-russischen Angriff auf England zu planen nacksagte, bezweifelten Viele in Spanien und England diese Absicht nicht und glaubten, Spanien solle in die Combination eintrelen und Gibraltar angreifen, während Frankreich Malta ansiele und Rußland gegen Egypten vor stieße. Schon Ende 1898 batte Spanien Batterieanlagen- Entwürfe vorbereitet und Geschütze für den ausgesprochenen Zweck bestimmt, den Hafen von Gibraltar zu beherrschen, und 1899 vollendete ein spanischer Ingenieurosficier Ent würfe, die, wenn sie zur Ausführung gelangten, daS Feuer von 70 schweren Geschützen aus die Stadt, die Docks und die Schiffe bei Gibraltar zu coucentriren bestimmt wären. Vielleicht hat die» oder die Darlegung der BowleS'scben Einwände gegen die derzeitigen Tockaulagen bei Gibraltar, oder haben selbstständige Erwägungen die Regierung England- zu dem Versprechen, den Gegenstand zu untersuchen, geführt, jedoch wurde nenerdingS der inzwischen sistirte Bau von zwei kaum begonnenen Docks auf der Westseite wieder ausgenommen. Es liegt jedoch in der Absicht, an der Ost seite des Gibraltar-Felsens einen neuen geschützten Hafen an zulegen und dort ein geschütztes Dock zu errichten und den Gibraltar-Felsen zur besseren Verbindung seiner Ost- und Westseite zu durcktunneln. Die Schwierigkeiten jener Anlage sind freilich sehr bedeutend, da der Osthang de« Gibraltar- Felsens schroff zum Meere absällt, ohne wie der Westhang einen sür die Anlage von Marine-EtablissementS auch nur annähernd geeigneten Küstenstreifen zu besitzen. Auch wird die völlig unzugängliche Ostseite bis jetzt nur von einem Tbeile der Geschütze vom Highest Point und der Signalstation vertheidigt. Es müßten daher hier, wenn man den Schwer punkt de» KriegSbafen» hierhin verlegen wollte, sehr ausgedehnte Hasen- und Befestigungsanlagen geschaffen werden, die neue Millionen unter Einbuße eine» beträchtlichen Theils der bereit verwendeten erfordern würden, und die dort angelegten Docks würden der gesammten, aus mehreren hundert Geschützen be stehenden artilleristischen Vertheitigung der Westseite Gibraltars entbehren und, bis neue Befestigungen an der Ostseitc an gelegt wären, nur auf die Vertbeidigung durch die Geschütze von Higbest Point und Signalstation angewiesen sein. Man macht ferner englischerseitS geltend, daß eS weit bester sein Werve, die enormen Summen, die die östlichen Anlagen für Gibraltar erfordern würben, auf die Verstärkung der Flotte zu verwenden. Im Uebrigen aber erscheint die von Bowles beivorgehobene, bei der jetzigen Lage der Verhältnisse sür die Stadt, die Docks und die Schiffe im Hafen Gibral tar- vorhandene Gefahr als eine keineswegs so be deutende, wie sie von ihm hingestellt wird. Denn einer seits würden die an Zahl den geplanten spanischen Batterien geg nüber weit überlegenen unv erforderlichen Falls an schweren Calibern zu ergänzenden Geschütze Gibraltars jene 70 spanischen schweren Geschütze, falls sie nicht Panzerschutz erhielten, nicht allzu schwer zum Schweigen zu bringen ver mögen, wobei überdies die Geschütze des Mittelmeergeschwaders Mitwirken könnten, und andererseits hat eine Landung und ein gewaltsamer Angriff eines aus der Garnison von Gibraltar unv der Bemannung de» Mittelmeergeschwaders gebildeten starken Truppencorps gegen die isolirt gelegenen spanischen Batteriestellungen Aussicht auf Erfolg, vorausgesetzt, daß dieselben nicht auch nach der Landseite stark befestigt und sehr stark besetzt sind. Nur in dem Falle, daß Spanien eine mit allen modernen Schutzmitteln auS- gestaltete, gewaltige, befestigte, armirte und dauernd stark besetzte Position im Umkreise der Bay von AlgesiraS und der Sierra Carbonera an legte, würde eine kaum zu paralysirende Gefahr für den Hafen und die Docks Gibraltars, sowie die Stadt selbst entstehen. Die Schaffung einer solchen Position aber würde eine derartige Bedrohung des Hauptstützpunctes der Engländer am Mittelmeere bilden, daß sie voraus sichtlich den energischsten Protest England», vielleicht einen ernsten Conflict zwischen diesem und Spanien Hervorrufen würde. Schon jetzt bat Spanien, offenbar durch England beeinflußt, den weiteren Baltericbau eingestellt, und die An lage einer befestigten Position wie die erwähnte würde über dies derartige Mittelaufwendungen erfordern, wie sie da» stets in finanzieller Becrängniß befindliche Land nicht für diesen Zweck bereit zu stellen vermöchte. Gibraltar hat daher auch beute noch für daS britische Mittrlmeergeschwader und England die größte Bedeutung; eine um so größere, als dasselbe inzwischen in den Hauptrichtungen zu einem Flottenstützpunkt ersten Ranges auSgestaltet wurde und noch weiter ausgestaltet zu werden im Begriffe steht. Allerdings ist ibm durch die heute mögliche Beschießung von der spanischen Küste her eine unter Um ständen sehr lästige, jedoch durch NiedcrkLmpfung der spanischen Batterien und durch Beschießung der völlig veralteten be festigten spanischen Küstenplätze unschwer zu paralysirende Bedrohung erwachsen. Feurlletsn. -0^0- Neue Versuche zur Lösung -es Flugproblems. 2td. „Eilende Wolken! Segler der Lüfte! Wer mit euch wanderte, mit euch schiffte!" Ein frommer Wunsch, der noch heute manches phantastische Gemüth in Bann hält. Trotz den vielen abschreckenden Beispielen, an denen große Hoffnungen zu Schanden gingen, viel Nachdenken, Zeit und Geld geopfert wur den, ist das himmelstürmende Streben der Menschheit nicht ge brochen. Wenn Ikarus sich Flügel mit Wachs an die Schultern geklebt Hatte, an deren Dauer seine Hoffnung natürlich scheitern mußte, so gingen die Erfinder der Flugmaschine darauf aus, den Bau des Vogelleibes zu copiren. An die Stelle der Flügel setzte man leichte Gestelle, die durch zweckdienliche Maschinen in Be wegung gesetzt werden sollten. Indem man von der Vorstellung ausging, daß der Luftocean mit dem Wasseroccan eine unver kennbare Aehnlichkeit besitze, schien es nicht unmöglich, den Lauf des Luftschiffes durch dieselben Vorkehrungen zu lenken, die man bei den Wasserfahrzeugen in Anwendung bringt. Segel und Schaufelräder sollten, so erwartete man, sein Fortschreiten in bestimmter Richtung beschleunigen und stetiger machen, Ruder, ja sogar die archimedische Schraube, sollten ihm die Richtung geben, die der Luftschiffer einzuschlagen beabsichtigt. Aber hier wie dort arge Enttäuschungen, verfehlte Spekulationen, ver nichtete Existenzen. Am meisten Aufsehen haben neuerdings die Versuchsfahrten von Graf Zeppelin über dem Bodensee erregt. Man sagt, die Fahrversuche haben die Steuerfähigkeit des Zeppelin'schen BallonS vollauf bewiesen, wenn auch bei dem vorschnellen, un beabsichtigten Ende der Fahrt am 17. Oktober vorigen Jahres da» Luftschiff nicht mit der Gondel, sondern mit seinem Bug in» Wasser schoß und das Aluminiumstahl-Gerippe verletzt hatte. Den neuesten Versuch zur Lösung de» Flugproblems hat nun in diesen Tagen, am 12. und 13. Juli, em französischer Luftschiffer Santo! Dumont, Brasilianer von Geburt, unternommen. Er strebt eifrigst darnach, mit einem von ihm erfundenen Luftschiffe den 100 000-Francs-Prei» des „Aero-Club- de France^ zu verdienen, welchen der Groß industrielle Henri Deutsch für da» erste lenkbare Luftschiff in; vorigen Jahre gestiftet hat. Die Aufgabe besteht darin, mir dem Flugapparat vom Park des Avro-ClubS in St. Cloud auf zusteigen, zum Eiffelthurm zu fliegen, diesen zu umsegeln und dann nach St. Cloud zurückzukehren, und zwar in mindesten» einer halben Stunde, daS heißt mit einer Geschwindigkeit von wenigsten- 6 Metern in der Sekunde. Der erst 28 Jahre alte Erfinder hatte schon am 27. September vorigen Jahres mit einem 29 Meter langen, cigarrenförmigen Ballon in Paris die Fahrt gewagt, aber erfolglos. Durch einen lOpferdigen Benzinmotor, der an einer in der Richtung der Längsaxe des Fahrzeuges auf- aehängten Stange befestigt war, setzte er eine große, zweiflügelige Luftschraube in Bewegung. Er selbst saß hinter dem Motor auf einem Zweiradsattel und trieb ihn durch zwei Pedale an. Das darauf neu construirte lenkbare Luftschiff hat ver schiedene Verbesserungen erhalten, vor Allem einen neuen leichten Petroleum-Motor mit vier Eylindern, der 16 Pferdekräfte ent wickelt und eine große Luftschraube mit zwei Flügeln treibt, und besonders eine wesentlich verbesserte Steuerung. Der ebenfalls cigarrenförmige Apparat ist 34 Meter lang und faßt 520 Cubik- meter. Der erste officielle Versuch am 13. Juli wird nach ein gegangenen Depeschen als geglückt hingestellt, und der 100 000- Francs-Preis dem Erfinder zuerkannt, obwohl er fünf Minuten mehr zur Rundfahrt gebrauchte als vorgeschrieben war. Gleich falls nicht ganz den Bedingungen entsprechend, erfolgte die Lan dung. Das Fahrzeug war genöthigt, eine Rückwärtsbewegung cintreten zu lasten, wobei da- Mißgeschick sich ereignete, daß in Folge Anstreifens an einen Baumwipfel die Kette des Apparates riß. Das Wetter war dabei das denkbar günstigste, Wind stärke 1, das heißt kaum merkbare Luftbewegung. Das führt natürlich sofort zur weiteren Frage, wie der neue Apparat bet stark bewegter Luft sich Verhalten werde. Weitere Versuche müssen also darüber entscheiden, ob die Vorbedingung der Lenk barkeit hier al» erfüllt zu betrachten ist. Dem „Berl. Loc.-Anz." wird noch aus Paris, 13. Juli, be richtet: Santo! Dumont erklärte: Ich sah mich veranlaßt, den Preis auszuschlagen, denn ich will nochmals concurriren. Ich hoffe, daS nächste Mal allen Bedingungen entsprechen zu können, heute war mein Motor schlecht geregelt. Ich brachte im Augen blicke, als ich das Versagen des Motors bemerkte, den Apparat absichtlich dem Gezweige nahe, sonst wäre ich abgestürzt. Im Uebrigen bin ich mit der Construction des Apparates zufrieden. Der kleine Ballon, welcher im Innern der großen Seidenhülle sich befindet, verlieh dieser die gewollte Starrheit ganz nach Er wartung. An der Zusammensetzung der Gondel ist nichts zu ändern. Eine Leistung von mehr als 200 Touren in der Minute von meiner Schraube zu verlangen, ist möglich, wofern es gelingt, die Triebkraft vortheikhafttr »u regeln, eventuell zu stärken. Eine andere Motorstellung, als die jetzige inmitten der Gondel, be absichtige ich nicht. — Die Persönlichkeit des Erfinders macht einen gewinnenden Eindruck. Er ist bescheiden, hört aufmerksam die kritischen Stimmen selbst an und übt eine strenge Selbstkritik. Der Erbauer eine» Drachenflieger», der Wi-ncr Ingenieur Kreß, dessen Flugmaschine demnächst eine Prob« bestehen soll, hat sich in einem Interview folgcuoermaßen über das Pariser Luftschiff Dumont'» ausgesprochen: Ich habe schon in meinen Vorträgen immer darauf hingewiesen, daß es keiner Schwierigkeit unterliegt, einen Ballon, wenn er auch nur 2—3 Meter Geschwindigkeit besitzt, bei sichr windschwachem odec windstillem Wetter lenkbar durch die Luft zu führen. Dach da'nst ich noch wenig bewiesen. — Der Schwerpunkt deS Luftscln's- problems liegt ja darin, einen stärkeren Windwiderstano zu besiegen. Mit dem Ballon wird dies meiner festen Ueberzeugung nach Niemals gelingen. Wenn der Ballon in der Richtung de- W.ndes fährt, hat er keine eigene Geschwindigkeit mehr. Wenn er aber gegen den Wind gelenkt werden soll, muß die Schnellig keit der Luftströmungen von seiner eigenen abgezogen werden, und eS muß dann ein Plus übrig blerben, das erst dem Luft schiffer es ermöglichen kann, den Ballon durch den Wind zu führen. Es muß die Geschwindigkeit des Ballons drei Mal potenzirt werden, um bei den Versuchen die Schnelligkeit der Winde zu überwinden. Eine solche Geschwindigkeit kann aber mit dem Ballon niemals erreicht werden. Anders steht eS mit der dynamischen Flugmaschine, die dem Mechanismus des Vogel fluges nachgeahmt, durch entsprechende dynamische Kraft und in Folge ihrer Construction selbst den Vogelflug übertreffen kann. Für diese Maschine bietet der Luftwiderstand bei Weitem nicht die Schwierigkeit, wie für den Ballon. Sobald es einmal ge lingt, die dynamische Flugmaschine in die Luft zu bringen, so wird e» dann auch unschwer gelingen, die Lenkbarkeit des Schiffes in der Luft zu bewerkstelligen. Kreß bezeichnet das Glücken des Dumont'schen Versuches als einen „Scheinerfolg", es wurde wohl gezeigt, daß bei windstillem Wetter der Ballon lenkbar gemacht werden kann; und schon dies allein, wenn ein Luftschiff in den Lüften nach jeder gewünschten Richtung hin und her geführt werden kann, muß bei dem Zuschauer ein Gefühl der Bewunde rung und des Staunens Hervorrufen. Aber die Zukunft de» Luftschiffproblems liege einzig und allein im dynamischen Fluge. Darüber könnten die günstigsten Erfolge der bei Windstille unter nommenen Versuche mit dem Ballon nicht Hinwegtäuschen. Nur auf dem dynamischen Wege allein können auch die starken Wider stände der Luft mit Erfolg überwunden wrrden. Ein Ballon müßte, um sich in der Luft lenkbar bewegen zu können, so rasch wie jedes Fahrzeug auf der Erde dahinfliegen, damit es praktisch verwerthet werden könne, die» werde aber nie möglich sein. Zn Tycho Vrahe's Gedachtmk. Dem Andenken des großen Meisters der praktischen Aftro- nonrie, Tycho Brak«, wird durch die königlich« Astronomie der Wissenschaften in Stockholm wegen der im Oktober stattfmdenden 300jährigen Gedenkfeier seine» Ableben- ein« besondere Ehrung zu Theil werden. Man bereitet ein« Faksimile- Lu-gab« der Lckitio priuaipes seiner berühmten ^stronoinise iustsuratLo rnoahanioa vor, von welchem äußerst seltenen Werke die Bibliothek der Akademie ein Exemplar besitzt. Tycho, nach 21jähriger Thätigksit auf seiner berühmten Uran>ien>burg ver anlaßt, seine dänische Heimath zu verlassen, hatte währcnlv seine vorübergehenden Aufenthalter bei seinem gelehrten Freunde Wilhelm Rantzow in Wandsbeck bei Hamburg im Jahr« 1598 das Werk in seiner eigenen, dorthin mitgeführten Druckerei durch Philipp ron Ohr in prachtvoller Ausstellung Herstellen lassen, um in dieser Weise den hervorragendsten wissenschaftlichen Zeitgenossen UM maßgebenden Persönlichkeiten von den groß artigen Einrichtungen seiner St«rn<warte eine deutl-iche Vor stellung zu geben. Di« Auflage scheint indeß klein gewesen zu sein, da bisher nur vier Exemplare aufgefunden worden sind, nämlich zwei in Kopenhagen, eine im Britisch Museum und ein- in der Strahvfrr Bibliothek zu Prag. Zu diesem kommt das Stockholmer Exemplar, das, nach der äußeren Ausstattung zu urtheilen, wahrscheinlich unter ^denjenigen gewesen sein dürfte, welche Tdcho fürstlichen P«rsölichkeit«n dsdicirte. Die hervor ragende Schönheit dieser Ausgabe, mit welcher diejenige vom Buchhändler Hulzius 1602 in Nürnberg hergestellte nicht ent fernt verglichen werden kann, wird ein« entsprechend el«gante photolithographisch« Facsimilr-Reproduction gestatten. Auch in Prag ist man aus gleichem Anlaß dabei, das Grab denkmal Tychr's in der Teinkirche zu renoviren. Hier in Prag waren dem berühmten Deobacht«r vom Kaiser Rudolf II. höchst ehrenvoll« Aufnahm« und alle di« Mittel zu Theil geworden, seine reiche astronomische Thäiigkeit weiter zu entfalten. Aber nach nur zweijährigem Aufenthalt starb «r am 24. Oktober 1601 und wurde auch dort in der Hauptkirche in Altstadt in ritterlicher Kleidung feierlich begraben. Sein« Frau überlebte ihn nur drei Jahre. Sie ruht mit ihm in einer Gruft. Dieser Tag« stießen nun die Arbeiter im Gewölbe, neben welchem sich das Grabdenkmal findet, auf zwei Särge, worin sich zwei Leichen befanden. Die eine ist ziemlich gut erhalten, ebenso die Kleidung sammt dem Barett und den hohen Schaft stiefeln. EL sind dies sicher die sterblichen Reste Tycho'S und seiner Gattin, da dem einen Leichnam die Nase fehlt und Tycho Brahe im Zweikampf die Nase verloren Hot. Der Unfall be gegnete ihm am 29. December 1566 in Rostock. Er gevieth bei einer DerlobungSfeier mit «inem dänischen Edelmann, Manderup ParSbera, in heftigen Streit, «der durch ein« Meinungsverschieden heit über astronomische Gegenstände entstandon sein soll und ein Duell zur Folg« hatte, in dem Tycho einen Theil seiner Nase verlor. Er li«ß sie durch ein« silbern« ersetzen, die so Putzer ge macht gewesen sein soll, daß sie das Anselxm einer natürlich« hatte. Ltd.
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