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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.07.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010726028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901072602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901072602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-26
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Juli, folgende anschauliche Details zu: Standerton an der Bahnlinie nach Natal ist die Basis der englischen Truppen, die das östliche Transvaal zu „säubern" haben. Kaum 80 Kilometer nordöstlich davon, bei Ermelo und der Umgegend von L a ke C r i s s ie (Carolina) hatBvtha> sein Standquartier. Hier fehlt es nicht an Lebens mitteln. Fleisch als Hauptnahrung liefern Schafe und Rinder, die theils dem Feinde abacjagt, theils auch den Wenigen, die sich den Engländern übergeben haben, confiscirt worden sind. Von den in kleine Commandos getheilten Schaaren Botha's hat ein Theil Fühlung mit dem Feinde zu behalten, während die Reserve- commandos inzwischen Zeit haben, für das Kommissariat zu sorgen und überhaupt feldmäßig ausgerüstet zu sein. Dazu ge hört vorerst, Biltong, d. h. an der Luft getrocknetes Fleisch, her zustellen. An Seilen, an Bäumen, an Wagen u. s. w. sieht man das in Streifen geschnittene Fleisch zum Trocknen ausgrhängt, und Jeder, der zu Felde ziehen muß, hat seine Satteltaschen davon voll. Dieser Biltong ist sicher auch nahrhafter, als die steinharten Biscuits der englischen Truppen. Wagen mit solchem Proviant stehen immer fertig, um bei Annäherung des Feindes in Sicherheit gebracht zu werden, und sind schneller wcgzuführen, als die Schafheerden. Vom Freistaat bezieht man, mitten durch di« feindlichen Linien, die sich ja nicht weit von der Bahnlinie entfernen dürfen, immer noch Korn, das mit dem Mieliemehl wermengt ein gutes Brod giebt. Mielies (d. i. Mais) giebt es im Uoberfluß. Vorräthe davon werden überall vergraben. Von Mieliemehl wird der Mieliepap (Mehlbrei) bereitet, der dem Boeren so unentbehrlich ist, wie den alten Deutschen ihre Mehlsuppe. Die noch unreifen Maiskolben liefern feines Maizenamehl. An Feuerung fehlt eS nicht. Ermelo und Umgegend besitzen die beste Steinkohle in Südafrika, einzelne Stücke lasten sich selbst mit einem Streichholz in Brand setzen. Die Kohle ist zudem sehr billig, pro Sack I Mark. Außer einigen Handmühlen führt Botha's Kommando überall hin eine kleine transportable Dampfmühle, die täglich 8 Sack Mielies mahlen kann, außerdem giebt es in Ermelo und Carolina verschiedene Dampfmühlen, die täglich 80 Säcke Mehl liefern können. — Im Nothfall ersetzt gestampfte und ge kochte Mielies das Brod. Zuweilen wirb Salz etwas knapp, aber Wagenladungen davon werden immer von den Salzpfannen von Zoutpansberg heribeigeschasft. Kaffee und Zucker muß allerdings meist entbehrt werden. Man weicht Mielies einen Tag im Wasser, brennt ihn mit etwas ge trocknetem Obst (Pfirsiche) — und hat dann ein gutes Surrogat für den Kaffee. Und aus Mielies brennt man guten, etwas süßlich schmeckenden Branntwein. Ein kleiner eiserner Wasser tank dient als Brennkestel, eine größere verzinnte Schüssel liefert den Helm, eiserne Röhren, selbst solche von dn Dachrinnen bilden den Kühlungsapparat. Eine Flasche Salzsäure, di« sich noch irgendwo in Ermelo gefunden hat, liefert das Löthwaster, das Löthloth weiß man auch herzustellen. Kurz, !der Apparat wird hergestellt, primitiv, wie das Alles aussieht, der Boer ist praktisch und weiß sich zu helfen. Durch Hefe vom Kafferkornbier wird der Mais in Gährung gebracht — der Branntwein wird her gestellt und nötigenfalls zweimal destillirt. Außerdem giebt es bei den Commandos Milchkühe — also frische Milch und Butter. Aus den Dörfern Ermelo, Carolina und den Bauern höfen, wo viel Geflügel gehalten wird, bezieht man Eien, wie auch Gemüse (Blumenkohl, Kopfkohl u. s. w.) und Kar toffeln, es fehlt also nicht an Abwechselung. (Bei manchen zu den Commandos gehörigen Wagen sind unterhalb derselben größere Käfige angebracht, in denen Hühner gehalten werden, die, wenn der Wagen hält, herausgelassen werden, ihr Futter zu suchen, und sich so an den Wagen gewöhnen, da sie überall mit ziehen. „Reisehühner" bei einem Militär-Commissariat sind jedenfalls neu und originell.) Die Commandos haben auch ihre Kleiderzuersetzen, Sattelzeug u. s. w. in Ordnung zu bringen, um immer fcldmäßig gerüstet zu sein. Springbockfclle werden gegerbt, oder besser mit Hirnfett gewalkt, daß sie so weich wie Waschleder werden und dann Beinkleider daraus gemacht. Anderes Leder wird zu Feldschuhen verarbeitet, und wer da weiß, wie schön es sich darin gehen läßt, zieht sie anderem Schuhwerk vor. Aus Tuchstückcn werlven Hüte gemacht, einige Stückchen Draht geben dem Rand Gestalt und Festigkeit. Das schließt nicht aus, daß man dem Feind« zuweilen welche abnimmt, wie denn vor einiger Zeit ein ganzer Eisenbahn waggon mit Hüten, für Baden-Powell's Polizei bestimmt, will kommene Beute war. Wem seine Pfeife abhanden gekommen, schnitzt aus einem geeigneten Stück Holz ein: neue, und da es an Tabak nicht fehlt, braucht Niemand sein Pfeifchen zu entbehren. Jeder weiß sein Sattelzeug wieder zurechtzuflicken, größere der artige Arbeiten verrichtet der im Städtchen wohnende Sattler. Feldschmiede giebt es auch, um Hufeisen zu machen, und altes Eiten fehlt nicht, im Nothfall werden auch die Theile, mit denen Eisenbahnschienen zusammengehalten werden, dazu verwendet. Aber der Dorfschmied in Ermelo versteht sein Handwerk gut und hat viel Zuspruch. Dieser Dorfschmied hat es selbst fertig ge bracht, Kanonen zu repariren. * London, 26. Juli. (Telegramm.) Eine Depesche Lord Kitchener's aus Pretoria vom 25. Juli meldet: Berittene Truvpen von der Abtheilung Garrott's überfielen am 21. Juli einen Konvoi der Boeren in der Nähe von Rcitzburg; sie machten 25 Gefangene und erbeuteten mehrere Wagen. Auf Seiten der Engländer wurden zwei Ossiciere und sechs Mann verwundet. Die Wirren in China. Aus Paris, 25. Juli, wird uns gemeldet: Der Marine minister Lanessan hat den General Voyron telegraphisch ermächtigt, mit dem am 15. August abgehenden Dampfer zurückzukehren und den Oberbefehl über die Truppen dem General Lucillon übergeben. Der Minister fügt in der Depesche hinzu: „In dem Augenblick Ihrer Abberufung spricht Ihnen die Regierung ihre lebhafteste Anerkennung aus über die Art und Weise, in der Sie die von ihr ertheilten Instructionen ausgeführt und in dem Expeditions corps eine so vorzügliche Disciplin aufrecht erhalten haben, sowie über die Art, in der Sie die Ihnen von der Marine verwaltung für die Erhaltung der Gesundheit der Truppen zur Verfügung gestellten Mittel verwendet haben. Sie be glückwünscht Sie zu den erzielten Resultaten, die in doppelter Hinsicht bemerkenswerth sind: von dem Gesichtspunkte des Prestiges Frankreichs im äußersten Orient aus und dem des guten Rufes unserer Armee." EutschädigungSfragc. Die „Times" melden aus Peking vom 25. Juli: Für Freitag ist eine Versammlung der Gesandten ein berufen, wo, wie man annimmt, die Meinungs verschiedenheiten beigelegt werden sollen, die be züglich der als Sicherheit für die Entschädigungs zahlung anzuweisenden Einnahmen noch bestehen. Es verlautet, der englische Gesandte werde Vorschlägen, daß die Gesandten, wenn sich die bereitgestellten Ein nahmen nicht als ausreichend erweisen, sich einigen, um über andere Einnahmequellen zu berathen, wobei jeder Gesandte vor der Berathung Vorbehalte machen kann. Rußland werde, wenn dieser Vorschlag zur Annahme gelangt, seinen Vorschlag zurückziehen, der die aus der Verdoppelung der Seezölle erwachsende Steigerung der Einnahmen für die Entschädigungszahlung verwendet wissen wollte und die Ursache des Stillstandes der Verhand lungen war. Man hofft zuversichtlich, daß die Frage als dann erledigt ist. Die Bevölkerung in China soll sich nach den Veröffentlichungen eines chinesischen Journals jetzt im Ganzen auf 383 253 000 Seelen belaufen. Auf die Provinzen soll diese Zahl sich folgendermaßen Vertheilen: Chili 17 937 000, Shantung 36 247 000, Shansi 12 211000, Honan 22115 000, Kiangsu 20 905 000, Anhui 20 596 000, Kiangsi 24 534 000, Chuhkiang 11580 000, Fuhkien 22190 000, Hupeh 22190 000, Hunan 21 000 000, Shensi 8 432 000, Kansuh 9 285 000, Szechuan 67 712 000, Kwang tung 22 706 000, Kwangsi 5 151000, Kweichou 7 669 000, Yunnan 11721000. Politische Tagesschau. * Leipzig, 26. Juli. Die Zweifel an der Richtigkeit der Zollsätze für Gärt- nereiproducte, wie sie von dem Thüringer Gartenbau- Ingenieur in der „Dtsch. Gärtner-Ztg." angegeben wurden, haben sich schnell als völlig berechtigt berausgestellt. Gleich von drei Seiten auf einmal, und zum Theil in recht scharfen Ausdrücken, werden die Angaben dementirt. So schreiben die „Berl. Neuesten Nachr": „Die Mittheilungen der „Gärtner-Ztg." rühren, wie diese selbst angiebt, vom Gartenbau-Ingenieur Ludwig Möller her, der an den Vorberathungen des Zolltarifschemas und der Zolltarif jähe im Reichsamt des Innern während der letzten beiden Jahre als Sachverständiger für Handelsgärtnerei, Obstbau, Gemüsebau und Samenbau theilgenommen hat, und nun über den die Handelsgärtnerei angeblich betreffenden Theil des Zolltarifs berichtet. Soweit wir die Sache beurtheilen können, und unsere Ausfassung wird durch verschiedene inzwischen eingezogene Informationen bestätigt, war Herr Möller schon aus dem Grunde gar nicht in der Lage, über den „Zolltarif" zu berichten, weil er ihn nicht kannte. Was den „Sachverständigen" vorgelegen hat, war nicht „der Zoll tarif", der bei ihrer Vernehmung noch gar nicht existirte, wie er auch heute nur als eine seitens der Reichsbehörden den ver bündeten Regierungen unterbreitete Vorarbeit besteht, zu der diese erst noch im Bundesrath Stellung zu nehmen haben. Von einem wirklichen Zolltarif-Entwurf kann somit thatsächlich erst die Rede sein, nachdem ein solcher auS den Berathungen des Bundes raths definitiv hervorgegangen sein wird. Was den „Sachverstän digen" Vorgelegen, war nichts weniger als der Zolltarif, sondern eine Zusammenstellung der Wünsche der Inter- esjentenkreise." Ferner versichert heute die „Post", die Angaben der „Deutschen Gärtnerzeitung" über die Zollsätze, die für Kartoffeln und eine Anzahl Gartenbauerzeugnisse in dem Zolltarifentwurfe vorgesehen sein sollen, seien durchweg reine Phantasiegebilde. Eine mißbräuchliche Ver wendung des vorbereitenden Materials habe zu viel fachen Jrrthümern in der Presse geführt. Man habe schematische Zusammenstellungen der Wünsche von Inter essenten oder gutachtliche Aeußerungen von Sach verständigen oder des wirthschaftlichea Ausschusses über den gewünschten Mindestschutz der heimischen Producte und den erforderlichen handelspolitischen Zuschlag für Entwürfe eines Maximal- und MinimaltariseS gehalten. Die Mittheilungen der „Gärtnerzeitung" könnten sich indessen nicht einmal auf eine solche vorbereitende Zusammen stellung stützen. Wie man sieht, ist hierein gewisser Widerspruch zwischen den „Berl.Reuest. Nachr." und der „Post" insofern vor handen, als die ersteren annehmen, die Angaben stützten sich auf vorbereitende Zusammenstellungen der in den preußi schen Sachverständigenconferenzen zu Tage getretenen Ansichten, während die „Post" auch das nicht einmal gelten lassen wolle. Derselben Ansicht wie die „Berliner Reuest. Nachr." sind übrigens auch die „Berl. Pol. Nachr.", über deren ossiciösen oder nichtofficiösen Charakter sich freilich nock die ältesten Journalisten noch in Zweifel befinden. Dasselbe Organ erinnert in demselben Artikel noch daran, daß schon am 23. Juni die Thatsache des EinsgangS deS Zolltarifentwurfs beim BundeSrathe gemeldet worden ist, so daß die neuliche Meldung der „Kreuzztg." nicht verständlich erscheint. Dasist ja auch schon von der„Allgem.Ztg." richtig gestellt worden. — Bezüglich der Frage, ob noch andere Regierungen als die bayerische und, wie neuerdings gemeldet wird, auch die reichsländische das Zolltarifschema nochmals den einheimischen Sachverständigen in verschiedenen Con- ferenzen zur Begutachtung unterbreiten und sich Wünsche bezüglich der Höhe der einzelnen Zollsätze vortragen lassen werden, meint die Schweinburg'sche Correspondenz: „Vielleicht folgen andere Regierungen diesen Beispielen. Wieder andere dürften von einer solchen allgemeinen Erörterung absehen und sich nur noch bezüglich einzelner Puncte die Gutachten von Sachverständigen emfordern. Wie die preußische Regierung verfahren wird, ist nicht bekannt gegeben. Jedoch dürfte man wohl nicht fehl gehen, wenn man daraus, daß bisher über die Ein berufung von Sachverständigen nach Berlin nichts ver lautete, den Schluß zieht, daß in Preußen von einer nochmaligen allgemeinen Begutachtung feiten» der Interessenten Abstand genommen werden soll." — Ueber den Zeitpunct Ker Veröffentlichung de» Zolltarifschemas will heute die „Kreuzztg." wissen, daß der Entwurf noch heute oder morgen im „Reichsanzeiger" veröffentlicht werde. Nach dem „Hamb. Corresp." soll die Publikation erst in 8—10 Tagen in Aussicht stehen. Und das „Berl. Tgbl." will gar aus München erfahren haben, die Reichsregierung habe die Erklärung dorthin ge langen lassen, die Veröffentlichung liege vorläufig nicht in ihrem Sinne. Schließlich citiren wir noch, um den Wirr warr vollständig zu machen, die „Natlib. Corresp.", welche schreibt: „Wir glauben bestätigen zn können, daß der Zolltarif in den nächsten Tagen zur Veröffentlichung gelangen werde. Auf welche Hintermänner die bruchstückweise Preisgabe eines Theil» des Tarifs zurückzuführen sei, wird wohl im Reichstag zur Sprache kommen. Im Uebrigen kann daran festgehaltea werden, daß e» sich im vor- ,i Um Geld. Roman von F. Ilex. Nachdruck Veristen. Mit der steigenden Aufregung waren naturgemäß auch die Sätze höher geworden. Auch der Hauptmann v. Felten hatte sich, nachdem der letzt« Bowleaufguß zur Neig« gegangen war, den Spielern genähert, hatte zwar erst mit dem Finger gedroht und von dem Leichtsinne der Jugend geredet, dann aber in'vor sichtiger Weise angefangen, mit einzelnen Markstücken zu setzen. Steinbergk dagegen, durch seinen Erfolg ermuthigt, hatte auf leises Zureden Hilling's einige größere Sähe gewagt und auch glücklich durchgebracht. Di« Bank schien entschieden im Unglück, und das Häuflein Papi«r und Silber, welches vor Gallow lag, schmolz sichtlich zu sammen, so daß ein Sprengen der Bank in ganz naher Aussicht stand. Hilling, dem die gewinnsüchtige Art, wie Gallow zu spielen pflegte, ebenso wie die ganz« Persönlichkeit deS Bankhalters nicht sonderlich sympathisch war, freute sich im Stillen über die bevor stehende Niederlage. Zur Beschleunigung der Katastrophe, wozu ihn daS Unglück, mit welchem Gallow in dieser, wie in der vor hergehenden Taille geschlagen, geradezu aufzufordern schien, be gann er, sich mit für den Inhalt der Bank vcrhältnißmäßig hohen Sätzen am Spiel« zu betheiligen. Hierauf schien Gallow nur gewartet zu haben, denn statt, wie es sonst üblich, die sterbende Bank sich von selbst erholen oder „aufwerfen" zu lassen, entnahm er seiner Brieftasche mehrere größere Scheine, um so im Stande zu sein, auch höher« Sätze «instreichen zu können. Durch Hrranzrehen dieser Reserven schien ein Wendepunkt für die Bank «mgetrrten zu sein, denn in rascher Folge zog Gallow Satz für Satz ein, so daß sich in Kurzem ein ansehnlicher Haufen Von Gold und Papiergeld, abgesehen von den noch ungewechselten größeren Scheinen, vor ihm cmsammelte. Einzig Steinbergk be hauptet« sein« günstige Stellung und gewann, ganz im Gegensatz zu seinen sonstigen Erfahrungen, fast jeden Satz. „Sie sind heute im Glück, Sie müssen wa» wagen", — sagte ihm Hilling, der eben wieder auf die Dame verloren hatte, leise ins Ohr — „ich würde meinen ganzen Rest auf das Aß setzen, Sie sollen srben, es schlägt gut, es ist noch kein Aß in der Taille heraus." „Na, denn man zu", erwiderte der Angeredete, bei dem di« Aufregung des Spiels und die Genugtuung über den so unge wohnten Erfolg die Sucht nach Mehr lebhaft entzündet hatten, indem er seine ganze, durch den Gewinn nicht unbeträchtlich ver größerte Baarschaft auf das Aß schob. Gallow batte mit scharfem Auge die Hanidbewegung Stein- bergk'S verfolgt, entgegen seiner sonst beobachteten Ruhe zitterte nicht nur seine Stimme, sondern auch seine Hand, wenn auch ganz unmerklich, als er jetzt sein gewohnheitsmäßiges:,Mk88wur8, kait68 votrs zeu!" hören ließ, und unmittelbar darauf die Karte abzog. Links — für den Bankier — fiel die Zwei; rechts — für Steinbergk — das Aß! Schon streckt« Gallow die Hand nach dem Aß aus, um den Satz behufs Auszahlens nachzuprüfen, als Hilling dem Freunde zuraunte: „Biegen Sie Paroli", — das heißt, den Satz stehen lassen, um im Falle des Gewinnes das Dreifache ousgezahlt zu er halten. Einen Augenblick besann sich Stem'bergk, dann aber sagte er mit einem freundlichen Kopfnicken nach Hilling: „Natürlich, Paroli!" Gallow schob, wie Spielg«brauch, den aufgethllrmten, auS Gold und Papier bestehenden Satz in ein« Ecke deS Aß-ViereckS, indem er zustimmend daS Wort: „Paroli" wiederholte. Di« Summ«, die jetzt auf der genannten Karte stand, war für die Verhältnisse der Spieler und die sonst gewohnten Umsätze eine so hohe, daß sich fast daS gesammte Interesse der Gesellschaft auf diese vereinigt«. Trotz der von Gallow an die Betheiligten gerichteten Auf forderung, mit Pointiren fortzufahren, blieb der Tempel fast Die nächsten Abzüge waren ohne sonderlichen Erfolg und betrafen nur schwach oder überhaupt nicht besetzte Karten. Im Moment darauf schlug das Aß wieder rechts! — DaS Paroli war durchgebracht! — Steinbergk hatte das Dreifache seines Einsatzes gewonnen! Es ging wie ein Aufathmen durch den ganzen Kreis, denn es war auch nicht ein einziger unter den Umstehenden, der nicht dem Gewinner den Erfolg, und — ebenso aufrichtig — Gallow den Verlust gegönnt hätte. „Nun lassen Sie daS Ganze noch einmal stehen" — flüsterte Hilling dem schon mit der Hand nach dem Gelbe zuckenden Steinbergk zu. — „Wenn Sie den Satz durchbringen, können Sie sich morgen den Fuchs von Ile kaufen — nach dem Manöver — als Regimentsadjutant brauchen Sie doch ein zweites Pferd!" Steinbergk war schon im Begriff, den sicheren Gewinn, der für seine Verhältnisse ein kleines Vermögen bedeutete, ein zuziehen, als der Gedanke, sich mit einem Schlage in die Mög lichkeit zu versetzen, das voraussichtlich binnen Kurzem noth- wendig werdende Pferd ohne Inanspruchnahme des Vaters an schaffen zu können, den ersten Entschluß wieder über den Haufen warf. „Ich lasse noch einmal stehen", war seine Antwort auf den fragenden Blick des Bankhalters, der mit vor Aufregung zitternden Händen einige größere Scheine zum Auszahlen des Gewinnes bereits zurecht gelegt hatte. War vorher schon ein Stillstand im Pointiren eingetreten, so gestaltete sich die Sache jetzt geradezu zu einem Duell zwischen Steinbergk und Gallow. Zudem konnte die Entscheidung nicht mehr lange auf sich warten lassen, da das zu der Taille benutzte Kartenspiel bis auf ein schwaches Viertel zusammengeschmolzen war, während die entscheidende Karte — das Aß — erst zwei mal gefallen, also noch ebenso oft in dem Rest des Spiels vor handen sein mußte. Während Steinbergk, wenn auch äußerlich ruhig, seinen fieberhaft glänzenden Blick auf die Hand des Bankhalters ge heftet hielt, war das Antlitz des Letzteren wie mit einer leichen- haften Bläste überzogen, hatte sich seine Miene mit kaltem Schweiße bedeckt. Eben war links die Achte, rechts die Dame gefallen, als Gallow plötzlich mit ziemlich lauter, die in der Spannung des Augenblicks nur flüsternd geführte Unterhaltung der Umstehen den übertönender Stimme sagte: „Der Oberst . . ." Al» wenn eine Bombe eingeschlagen wäre, so fuhren alle Köpfe herum, nach dem Eingänge zu. „. . . würde sich doch sehr wundern, wenn er uns hier so sähe" . . . waren die unmittelbar darauf folgenden Worte, und un selben Augenblicke fiel da» Pique-Aß „links" — die Herzdrei „rechts"! Da» Aß hatte für den Bankier geschlagen, Stein- bergk's ganzer Gewinn war verloren. Mit jetzt auch für den Unbefangensten deutlich sichtbar zitternden Händen strich Gallow den Satz ein, während er den verbliebenen Rest der Karten neben sich auf den Tisch gelegt hatte, um den auS den verschiedensten Geldsorten bestehenden Gewinn einigermaßen zu ordnen. Steinbergk stand wie erstarrt! Mit einem krampfhaften Lächeln, welche? mehr einer schmerzlichen Verzerrung seines sonst so hübschen, offenen Gesichtes glich, wandte er sich ab, indem er erzwungen gleichgiltig sagte: „Es wäre auch zu viel Glück gewesen, den Satz dreimal durchzubringen!" In dem allgemeinen Interesse, den das Abschlagen des Asses erregt, hatte Niemand mehr daran gedacht, Gallow wegen seiner auffälligen Betonung des Wortes „der Oberst" zur Rede zu stellen, höchstens hörte man den Ruf: „Na Gallow, Sie haben uns einen schönen Schrecken ein gejagt, ein anderes Mal lassen Sie doch die Witze." Im Uebrigen war mit der Entscheidung auch die Spannung gewichen, und ein Theil der Spieler suchte durch Neubesetzen der Felder noch die letzten Chancen der so verhängnißvollen Taille für sich auszunutzen. Bevor der Bankhalter jedoch wieder die Karten zur Fort setzung des Spieles in die Hand genommen hatte, sagte plötzlich Hilling: „Wollen Sie mir, bitte, zeigen, was au bas (die unterste Karte) ist?" Gallow, dessen Gesicht jetzt wieder seine ursprüngliche Farbe trug, erbleichte bis in die Haarwurzeln, sagte jedoch rasch in der verbindlichsten Weise: „Sofort." Indem er aber einen zerknitterten Hundertmark schein, den er glatt gestrichen, aus der Hand legen wollte, passirte eS ihm, daß er mit dem rechten Ellenbogen die in der Nähe der Tischkante liegenden Karten anstieß und mitsammt einem da neben stehenden Weinglase auf den Boden warf. Vermengt mit den Scherben des Glases, flatterten die Blätter nach allen Rich tungen auseinander. An ein Weiterspielen mit diesem Spiel war bei der gestörten ursprünglichen Ordnung der Karten nicht mehr zu denken. Als Gallow, der sich sofort nach den fallenden Blättern gebückt, unter dem Tische wieder auftauchte, war sein Gesicht von dunkler Röthe übergossen, die sich noch vertiefte, als er den hal- drohenden, halb verächtlich' auf ihn gerichteten Blick Hilling'S auffing. Letzterer hatte in dem Augenblick, als das Wort „der Oberst" sein Ohr traf, auch unwillkürlich den Kopf gedreht, doch nicht so rasch, wie die Uebrigen, so daß er noch im letzten Moment eine blitzartig zuckende Bewegung der Karten, die Gallow in der Hand am Rande des Tische» hielt, wahrgenommen zu haben glaubte. Sein Verdacht, verstärkt durch den, wie im Tone der Ueberraschung hervorgestoßenen Ausruf „der Oberst", der dazu bestimmt sein mochte, die Aufmerksamkeit der Spieler von dem Bankhalter abzulenken, fand Ausdruck in seiner Frage nach der untersten Karte, die, wie er sich bestimmt zu erinnern glaubte, ein Ah, und zwar ein schwarzes Aß — Treffe oder Pique — gewesen war. Durch das absichtliche oder zufällige Unter-den-Tisch-fallen der Karten war eine Feststellung nach dieser Richtung nicht mehr
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