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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010730021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901073002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901073002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
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Anzeigen »Pret- die »gespaltene Petitzeile 25 H. Neelame» unter dem Nedacttousstrtch (4 gespalten) 7b vor d« «amilteuuach» richt« i»gespaU«) »S H. Tabellarischer und Zifferusatz entsprechend hoher. — Gebühr« fitr Nachiveisungea und Offerttnaunahnm Üb (rxel. Porto). Erkr»'iveilag« (gefalzt), nur mit der lKoraeu»Ausgabe, ohne PostbrfSrderung ^l SO—, mit Pvstbesorderuug ^l 7V^. Almahmeschluß für Aazel-r«: >b,ub»«nsgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Noch mittag- 4 Uhr. Bet de» Filialen und Annahmestell« je «in« halb« Stuude früher. Anzeig« stad stet» « die Expedition zu richt«. Die Expedition ist Wochentag-ununterbrochen gesffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. 38L Dienstag den 30. Juli 1S01. S5. Jahrgang Der Krieg in Zu-afrika. Der Mayor von Capstadt stellte an den General Kitchener die Bitte, die Herzog iSdinbonrgh-AreimilUgca au- dem activen Dienste zu entlassen, nachdem dieselben be reits zwanzig Monate ununterbrochen im Dienste seien. Lord Kitchener antwortete, daß mit Rücksicht auf die unsicheren Zu stände in der Cap-Colonie eine Verminderung der Vertheidi- gungstruppe nicht möglich sei und daß die Freiwilligen benöthlgt werden, um kleine Trupps der Boeren an Einfällen in tue oberen Districte der Colonie zu verhindern. Einige dieser Trupps wurden in letzter Zeit in der Nähe von Cradock, James town, Wolteno und Burghersdorp gesehen. Eine schnctvige Kundgebung Krnitzinger'S vom 10. Juni d. I. besagt: „Da ich vernommen habe, daß durch die britischen Commandanten in verschiedenen Districten der Capcolonie bekannt gegeben wurde, daß u. A. alles Futter, Mehl, Getreide, Miclies nach den Dörfern oder Stationen über führt, oder, falls es nicht tran-portirt werden kann, verbrannt werden muß, um dadurch das Land von Allem zu entblößen, daß alle Pferde nach den Lagern gebracht, daß alle Bewegungen der verbündeten Mächte den englischen Behörden berichtet werden müssen — so beschließe und verkünde ich, Pieter Hendrik Kruitzinger, Obercommandant und Oberbefehlshaber der Truppenmacht des Oranje-Freistaats, die in der Capcolonie kämpft, unter Bezugnahme auf die Annexion gewisser Districte in der Capcolonie, laut Proklamation vom November 1899, welche noch in Kraft ist, daß aus keinem der durch meine Truppen besetzten Distrikte irgend etwa- entfernt werden darf. Es ist verboten, Mielies, Getreide oder Eßwaaren nach durch englische Truppen besetzten Dörfern oder Stationen zu trans- portiren der Vorräthe zu verbrennen. Kein Pferd darf von einem Hof entfernt werden. Wer diesem Befehl zuwider handelt, wird mit Einziehung seiner Habe oder nach dem Urtheilsspruch meiner Officiere bestraft. Wer den englischen Truppen Mittheilungen über unsere Bewegungen macht, wird zur Zahlung von 50 Lstrl. oder mit 3 Monaten Gefängnitz bestraft. Kaffern oder Mischlinge, welche ohne Erlaubniß ihre» „bans" den Engländern Rapporte über unsere Bewegungen bringen, werden erschossen." * Dundee, 29. Juli. Gestern fand etwa 20 Meilen nord westlich von Nguta rin Gefecht statt. Eine kleine englische Abtheilung wurde von 400 Boeren angegriffen, die Boeren wurden jedoch unter Verlusten zurückgeschlagen. Die Engländer hatten 4 Todte. Der Verlust der Boeren ist nicht bekannt. Fünf Boeren wurden gefangen genommen. * London, 29. Juli. (Unterhaus.) Finanzsekretär beim Krieg-amt Stanley theilt mit, die Zahl der Boeren, die seit AuS- bruch de- Kriege- gefangen genommen sind, oder sich ergeben haben, betrage etwa 33 000. * London, 29. Juli. (Unterhaus.) Balfour legte dem Hause eine Botschaft de- König- vor, welche besagt, der König, von dem Wunsche beseelt, Lord Robert- zur Anerkennung für dessen hervorragende Verdienste al- Obercommandirender in Südafrika ein besonderes Zeichen der Gunst zu geben, empfehl« dem Hause, Robert- eine Dotation von 100 000 Pfund zu gewähre». Die Verlesung der Botschaft wurde von den Iren mit lauten Proteslrufen ausgenommen. Auf eine Anfrage bemerkte Unterstaat-sekretär Lranborne, da- Auswärtige Amt wisse nicht» davon, daß irgend welche Ver handlung« zwischen der portugtifische» uad der britische« Regierung «egeu Verpachtung der Eisenbahn zwischen Lourenyo Marques und Resfano Garcia an die britische Regierung gepflogen worden seien. * London, 2S. Juli. (SntschSdiguug«.Commission.) Der Vertreter der britischen Regierung Sir John Ardagh führt au-, Vr. Sieveking hab« geltend gemacht, daß die deutsche Regierung allein da« Recht hab», zu entscheiden, ob Jemand deuticher Unterlhan sei, und daß sie die Möglichkeit zugrbe, daß ein und dieselbe Person zwei Nationalitäten angehören könne. Ec be haupte, daß eine Person, di« nicht Unterlhan einer befreundeten Macht sei und keinerlei Nationalität besitze, auch keinen Beistand von Seilen der Commission erwarten könne. Dir Hauptfrage sei indessen, ob di« Anspruchrrhehrr die Neutralität bewahrt hätten. Redner führte sodann mehre» Juristen au- allen Lheilen der Welt an, um zu beweisen, daß, wen» »in Uutrrthaa eines befreundeten Staate« in den Dienst einer kriegführenden Partei getreten sei, er die sich au- seiner Nationalität ergebenden Rechte verloren und sich selber der Behandlung al- Feind auSgrjetzt habe. Aus di« Frage Lousada'S, wann di« Niedecläudssch-Südasrikanische Eisenbahn zuerst lhätigeu An- theil an dem Krieg« genommen, lautete Vie Antwort, daß die- im Oktober l8»9 bei Beginn des Kriege- der Fall gewesen sei. Der Präsident der Bahn, van Kretchmar, habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Bahn in den Dienst der DranSvaal-Regierung zu stellen, und die Angestellten hätten sich diesem Bestreben mit 'ehr wenigen Aus nahmen angeschlossrii. Einzelne derselben hätten sich an ihre Consuln gewandt, um ihr« Neutralität zu bewahre», in diesen Füllen fei der Commission eine Erwägung in günstigem Sinne zu empsehlrn. Die Mrren in China. Wiederaufleben der Voxerbewegung. * Shanghat, LS. Juli. Die „North China Daily News" berichten, daß angesichts der Srsolg« d»S Bunde« der vereinigten Landleute in Tschili gegen, dir Truppen Li-Hung-Tschang'- auch die Boxerbeweguug in der Provinz Schantung wieder auf lebe. E- verlautet, Junglu hab« die einträgliche Stellung eines Loutroleur« bei dem Genrralamt« für di« Staatseinkünfte erhalten. * London, 29. Juli. (Unterhaus.) Auf eiu« Anfrage Stewart», ob die Regierung «S für rathjam erachtete, China be hufs Beschaffung der Kriegsentschädigung zu einer Erhöhung der Grundsteuern zu ermuthigen, erwiderte Unterstaat-iekretär Cranborne, die Frage, welche Einkünfte China» für die Zahlung der Kriegsentschädigung zu verwenden seien, sei durch Verständigung der Mächte unter einander bereit- erledigt worden. Politische Tagesschau. * Lcipxlg, 30. Juli. Vergleicht man den neuen, dem BundeSrath« dorgelegten Zolltarifentwurf mit dem Tarife, wie er gegenwärtig maßgebend ist, so findet man zwischen beiden, abgesehen von anderen Unter schieden, wie einer mehr systematischen Anordnung des Stoffes, einer größeren Specialisirung u. s. w. auch den, daß der neue Entwurf an den verschiedensten Stellen in Anmerkungen Erläuterungen zu ein zelnen Positionen aufweifi, welche sich im alten Tarif nicht befinden, bisher vielmehr im Amtlichen Waarenverzeichniß zum Zolltarif enthalten waren. Solche die Positionen erläuternde Anmerkungen, welche für die Zolltarifirung von sehr großer Wichtigkeit sind, da sie für bestimmte Maaren den Zollbeamten praktische Handhaben bieten, finden sich hauptsächlich bei den Ab schnitten über Spinnstoffe und Maaren daraus, Leder und Leder- waaren, Holzwaarcn, Maaren au» Steinen, sowie unedle Metalle und Maaren daraus. Bei der Durchsicht findet man in ihnen die wichtigsten Bestimmungen, so bei den Gespinnstwaaren, daß brochirte Gewebe einem Zollzuschlag von 10 vom Hundert unterliegen, ebenso Gespinnstwaaren in Ver bindung mit Metallfäden, soweit im Tarif nicht Ausnahmen vor gesehen sind, bei Leder, daß bestimmte Abschnitte und Streifen wie Ledcrwaaren verzollt werden sollen, bei Eisen, daß es in Stäben, Draht, Blech, Röhren einem Zollzuschlag von 60 Pro cent unterliegen soll u. s. w. Erne ganze Reihe der in diesen An merkungen getroffenen Anordnungen findet sich schon im bestehen den Amtlichen Waarenverzeichniß zum Zolltarif vor, andere sind neu eingcfügt. Ausfallen muß nur, daß, während sie sich früher in dem lediglich vom Bundesrathe festzustellenden und zu er gänzenden Waarenverzeichniß befanden, sie nunmehr in dem vom Reichstag und Bundesrath zu beschließenden Zolltarif festgelegt werden sollen. Man wird Wohl nicht fehlgehen, wenn man hierin eine Eoncession an die Stellung des Reichstags als gesetzgebenden Factor erblickt. Daß sich die Ausarbeitung eines amtlichen WaarenverzeichntsseS auf Grund deS neuen Zolltarif! nöthig machen wird, ist nicht zu bezweifeln. Man hätte also die vorerwähnten Bestimmungen in diese» hineinsehen können. Indessen dürften sie so wichtig er schienen sein, daß man sich für ihre Feststellung aus dem legis latorischen statt des administrativen Weges entschied. Man wird ein solches Vorgehen nur billigen können. Wenn «S sich in diesen Vorschriften um Zollzuschläge bi» zu 50 Procent handelt, so ist es durchaus angebracht, daß darüber auch der Reichstag gehört wird und daß diese Bestimmungen auch Gesetzeskraft erhalten. Ueber die Stellung der neuen dänischen Neaternnn -n Tentschland wird uns au-K o p e n h a g e n geschrieben: In dem neuen liberalen Cabinct befinden sich drei Minister, welche bisher wiederholt offen bekundet haben, daß ihnen jede grund sätzliche Abneigung oder Voreingenommenheit gegen va» deutsche Reich fernliegt. Hörup, der bisherige Leiter de» großen Linken- organS „Politiken", hat sich zu jeder Zeit al» Gegner der ruffen- dicnerischen Politik der konservativen Regierung und de» Hose bekannt und stet» auf die enge kulturelle Interessengemeinschaft zwischen Dänemark und Deutschland hingewiesen. Auch war er stets Gegner der Befestigung Kopenhagen», welche bekanntlich von Ertpup und Bahnson als gegen Deutschland gerichtet ge kennzeichnet wurde. Christof«' Hage hat sich stet» al» Freund enger handelspolitischer und wrrthschaftlicher Beziehungen zu Deutschland gezeigt. Er vertritt unter Anderem den Plan der Herstellung eurer sehr kurzen Verbindung zwischen Skandina vien und Westeuropa über die Insel Femarn, und hat für die Ausarbeitung dieses Plane» schon viel Zeit und Mühe geopfert. Hage ist andererseits Gegner des VerkaufSderdä Nischen Antillen an Nordamerika, indem er glaubt, daß dieser Colonialbesitz in der später zu erfolgenden Aussöhnung mit Deutschland noch eine große Rolle spielen würde. Enevold Sörensen, der bisherige Herausgeber deS „Koldinger VolkS- bladet", ist ebenfalls ein Anhänger enger wirthschaftlicher Be ziehungen zu Deutschland, wozu rhn die Interessen SlldjütlandS ganz besonders Hinweisen. Er hat sich auch niemals an deutsch feindlichen Kundgebungen betheiligt. Die Lage auf den Philippinen soll nach «inem Londoner Bericht ein viel ungünstigeres Bild bieten, als man es auL den amerikanischen Darstellungen gewinnen kann. ES zeigt sich, daß die Bedeutung der Gefangennahme Agui- naldo'S überschätzt worden ist. Diese- Ereianiß hat nicht, wie gehofft wurde, genügt, um den Aufruhr zum Erlöschen zu bringen, die Insurrektion glimmt vielmehr weiter fort und wird vielleicht bald wieder in einzelnen Theilen deS Archipel» in Helle Flammen auSschlagen. Der General der Aufständischen, Marval, der zum Nachfolger Aguinaldo's ausgerufen wurde, soll zur Fortsetzung des Kampfes gegen die Amerikaner im süd lichen Cebu entschlossen sein und e» heißt, daß Aguinaldo, trotz seiner scharfen Ueberwachung, nicht ohne Fühlung mit den In surgenten ist. Das Ziel der vollständigen Beruhigung der Philippinen, dem man sich sehr nahe gewähnt hatte, ist somit noch lange nicht erreicht. Aber auch in jenen Gebieten, wo die Macht der Amerikaner nicht mehr angefochten werden kann, genießen sie keine ungetrübte Freude des Besitzes. Die Bevölkerung fügt sich nur widerwillig in die amerikanische Herrschaft; die allmähliche Ueberfluthung der Inseln mit amerikanischen Beamten, Richtern, Anwälten und Lehrern, die insbesondere in Folge der jüngst ver kündeten Bestimmung, daß nach Ablauf von fünf Jahren das Englische die ausschließliche Amtssprache auf den Philippinen bilden wird, ruft allgemein tiefe Unzufriedenheit hervor, welche ein Befreunden der Eingeborenen mit der neuen Ordnung der Dinge in weite Ferne rückt. Deutsches Reich. u Bcrlin, 29. Juli. (Kinderarbeit.) Die „Berl, Polit. Nachr." schreiben: Die Ankündigung, daß der Entwurf, betreffend die Regelung der Kinderarbeit in der Hausindustrie, auch dem Reichstage vorgelegt werden soll, könnte auffallen, da durch den z 154 Abs. 4 der Gewerbe- ordnungSnoveue vom 1. Juni 1891 ausdrücklich bestimmt ist, daß die fiir Fabriken vorgesehenen Schutzbestimmungen Uber die Beschäftigung von Kindern, jugendlichen Arbeitern und Ar beiterinnen auf andere als mit Motorcnbetrieb versehene Werk stätten — und um diese handelt es sich bei der Hausindustrie — durch kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundes- rathS ganz oder theilweise ausgedehnt werden können. Gerade der Weg der Verordnung, und nicht derjenge der Gesetz gebung, wurde Anfang der neunziger Jahre sowohl von den verbündeten Regierungen, wie vom Reichstage al» für dir Rege lung dieser Materie richtig angesehen, einmal weil der Umfang der letzteren ein allmähliches Vorgehen angezeigt erscheinen ließ, und sodann, weil man beabsichtigte, von milderen zu strengeren Bestimmungen fortzuschreiten. Daß dafür der Weg der Ver ordnung geeigneter ist als derjenige der Gesetzgebung, leuchtet ohne Weitere» ein. Wenn nun trotzdem beabsichtigt wird, den Gesetzgebungsweg zu beschreiten, so ist dafür der Umstand maß gebend, daß, wenn eine der jetzt in Aussicht genommenen Maß nahmen zur Ausführung gelangen soll, vorher eine Aende- rung der Gewerbeordnung selbst nothwendig ist. E» liegt nämlich, wie bereits bekannt, in der Absicht, neben der Be schäftigung fremder Kinder in der Hau-industrie auch die der eigenen Kinder zu ordnen. Die bereits angezogene Stelle der Gewerbeordnungsnovelle vom Jahre 1891 bestimmt aber auch, daß Werkstätten, in welchen der Arbeitgeb« ausschließlich zu feiner Familie gehörige Personen beschäftigt, der Unter stellung unter die Arbeiterschutzbestimmungen entzogen sein sollen. Bliebe diese Gesetzesbestimmung bestehen, so wäre naturgemäß eine Vorschrift über Verbot oder Einschränkung der Beschäftigung von eigenen Kindern in einer großen Reihe von hausindustriellen Betrieben nicht möglich, und es muß des halb schon eine gesetzliche Aenderung der Gewerbeordnung mit der ursprünglich auf dem Wege kaiserlicher Verordnung ge planten Regelung der Kinderarbeit in der Hausindustrie ver bunden werden. Nachdem vor einiger Zeit aus dem Wege der Verordnung die Arbeiterschutzbestimmungen für di« Werkstätten mit Motorenbetrieb festgesetzt worden sind, würde übrigens mit der neu in» Auge gefaßten Gesetzesvorlage der letzte Theil der Gewerbeordnung-Novelle vom Jahre 1891 zur Durchführung gebracht werden. Da die Gewerbeordnung-Novelle von 1897, welche dar HandwerkSorganisation-gesetz umfaßt, kn ihrem ^eiiNleton. 51 Um Geld. Roman von F. Ilex. NeLdrnck »irrcttv. Wie stand e» aber dann mit der Rückzahlung der baar von Gallow erhaltenen 150 Mark und der weiteren 200 Mark, di« der Staat noch von dem gegebenen Zuschuß zu fordern hatte, und die in erster Lime auS dem Erlös de» Pferde» zu decken waren? Daß Gallow lein sehr nachsichtiger Gläubiger sein würde, da hatte Steinbergk längst empfunden. An dem Morgen nach der Spielnacht mochte Jener wohl eine Art Mitleid mit dem unglück lichen Gegner gefühlt haben; doch dies« zart« Regung war sicher längst verflogen und hatte einer bereit» mehr oder weniger ver blümt ausgesprochenen Besorgnitz, da- Geld verlieren zu können, Platz gemocht. Lier gab es keinen Ausweg mehr! Nachdem Steinbergk daher am folgenden Tage dem ihn in gemessener Haltung empfangend« Regimentskommandeur seinen Entschluß, zurücktreten zu wollen, erneut dienstlich gemeldet hatte und er ohne Wetter« Bemerkung entlassen worden war, hielt «r e» für sein« Pflicht, Gallow sofort davon zu benachrichtig«, daß er nicht in der Lag« gewesen sei, sein Versprechen zu halten. Statt der erwarteten Enttäuschung, in die er seinen Auftraggeber dadurch zu vcrsetzen meinte, hörte er zu seiner Verwunderung, daß Gallow voll der besten Hoffnung s«i, das freiwerdend« Commando zu erhalten. Infolge Bekanntwerdenr d«r Zurückweisung, die der Antrag de» Zahlmeisters erlitten, hatten sich einzelne der jünger« um verheiratheten Ofsicier, — sei r» auS herkömmlicher Opposition, sei eL wegen Gefälligkeiten, die der genannte Beamte ihnen er wiesen — dazu verpflichtet gefühlt, ganz gegen allen Brauch, in formellster Weis« ihren Besuch im Hause desselben zu machen. In erster Linie batte sich Gallow an dieser Demonstration betheiligt und sich dadurch wähl schon in d«r bestimmen Absicht bei dem Major Fischer einen Stein im Drrtt verschafft. »Lassen Sie'» man gut sein", hatte Gallow auf Steinbergk'» offene Mittheilung erwidert, „ich werd« den schönen Fischer schon herumkrieg-n und gehe jede Weite ein, daß ich und kein Anderer Ihr Nachfolger werde." Und er sollt« Recht bchalten, denn er hatte e» so gut verstanden, sich bei dem genannten BataillonScommandeur lieb Kind zu machen, daß er trotz des anfängkichrn Widerstrebens de» Obersten zum Adjutanten de» zweiten Bataillon» ernannt wurd«. Mit dem Tage der Ernennung sand auch di« materiell« Seite ihr« vollständige Erledigung, so daß sich Steinbergk nach Rück zahlung der staatlichen Vorschuss«» zwar srei von allen Drr- Pflichtungen, aber auch — abgesehen von «'.mm kaum mnnens- werthen Rest — von allen Baarmitteln und jeglichem Werth- gegenstände entblößt sah. Wenn sich auch sein Rücktritt in dte Front im Regiment selbst, nach dem bekannt gewordenen Bruche mit dem Bataillons- commandeur, gleichsam in aller Stille vollzogen hatte, so war dageg«n der Eindruck, den da» unerwartet« Ereigniß im Eltern haus« gemocht, «in um io tieferer. Dort hatte man dir AuS- zeichmrng, die in der frühzeitigen Ernennung zum Adjutanten lag, von Anfang an beinahe mit überschwänglichen Hoffnungen begleitet, «in« Auffassung, di« um so- berechtigter schien, als die seit«»» der Elttrn zu diesem Zweck« gebrachten Opf«r doch so er heblich« warm, daß si« ihrm Schatten bi» in die jüngste Zeit Hinrittwarfen. Wi« ein Blitz au» heiterem Himmel wirkte daher die von Steinbergk ganz kurz gemeldete Kunde, daß er wegen Differenzen mit stimm BataillonScommandeur in die Front zurückgetreten sei. Wann auch der Vater vor den Folgen einer zu weit gehenden Empfindlichkeit warnt« und den, nn« er meint«, etwa» zu raschen Entschluß nicht ganz billigen wollt«, so waren doch beide Eltern geneigt, in ihrem Vertrauen zu dem Sohne nur das Best« anzu- mchmen; namentlich die Mutter, wenn si« an dte unerwartet« Sendung der fällig werdenden D«chselsumme dacht«, alaubtr an eine Handlung der trcuektrn, aukpferndfim Sohnr»liebe, sie war bi» zu Lbränen gerührt, daß ihr Paul, ihr Aeltester, um ihr und dem Pater «in« Erleichterung zu verschaffen, die früher so heiß ersehnte, und, wi« st« wußte, f» lieb gewordene Stellung, aufgegebrn Hobe. Dieser Auffassung «ntspoechend war auch ihr von Dantze»- Worten, aber ebenso von SetbstVvchvSrfen «rfsilter Brief, da sie, durch die Mtttheilung der drohenden Verlegenheit, den Sohn zu dem folgenschweren, nicht wieder gut zu machenden Schritte veranlaßt zu haben alaubtr. Dieser Brief in seiner ll-erstrvm-nden Herzlichkeit und Dank- barteit »ar da» Härtest«, wa» StetrcherHk durchzukosten hatte. Er glaubte schon in der Qval der Lekhstporwiirf« da» höchste Maß überschritten zu haben, aber diese Auffassung der Mutter, dir ihm — der nur unter dem zwingrndeo Druck« drr durch schnödesten Leichtsinn heraufheschwöreoen Nothwrndigktit ge handelt hatt« — dte edelsten, reinst«» BeweWründe zuschried, hieß geradezu den Pfahl in der noch juckende» Wund« umdnhrn. — Komet, er dies« Anerkennung schweigend hinnehmen? Durst« er sich mit ettmn Ruhwelschttm umgeben last««, tze, ihm v« w«nigst«n zukam? Statt der verdienten Vorwürfe — Dank sagung uttv Lobeserhebungen! Kein« Vertximmniß, und wäre sie auch noch so hart, hätte ihn schwerer treffen können, al» da» Lob au» diesem Munde! War eS nicht besser, noch jetzt seinen Fehler einzugestehen? Wie konnte er je den Eltern mit freier Stirn vor die Augen treten, wenn er heuchlerisch dies Alles über sich ergehen ließ? Der Brief der Mutter aber hatte von Neuem derartig be sorgt über die durch daS Fehlschlägen aller Aussichten gedrückte Stimmung de» Vater» berichtet, daß Steinbergk e» nicht über sich gewinnen konnte, jetzt mit dem Eingeständniß seine» Leicht sinne» dem Schwergeprüften vielleicht den Todesstoß zu versetzen. Später wollte er sich die Last von drr Seele beichten, nur jetzt ging e» nicht! Der Mutter tonnt« er ja inzwischen durch ein gehend« Schilderung seiner Differenz mit dem DataillonScom- mandeur den Glauben zu nehmen versuchen, daß sein Entschluß andere, al» die von ihm angegebonen Gründe gehabt habe. Au» allen Briesen drr Mutter klang mehr oder weniger deut lich der Wunsch, ihn, den Nettesten, den sie s«it Jahren nicht ge sehen, einmal wieder in die Arm« schließen zu können. Vielleicht dacht« di« Gut«, daß noch dem Verkaufe de» Pf«rde» noch so viel übrig geblieben sein müsse, um die Reisekosten allenfalls auf bringen zu können. Wie sollt« er sich aber da» Geld verschaffen? Wi« sollte er dem Vater, der Mutter mit dem Eingeständniß unter die Augen treten daß er angeflcht» ihrer Nothlage die ganze große Summe leichtsinnig vergeudet hab«? Lieber wollte er auf «in Wieder sehen, zu dem e» auch ihn mit allen Fasern seine» Herzen» zog, verzichten, al» schuldbeladen vor die Eltern treten. Da wurde er eine» Morgen» auf da» Regtment»-8ureau be- schieden, wo ihn der Oberst mit kurzen Worten benachrichtigte, daß er ihn zum Wintercursu» drr Tentral-Turnanstalt einzu geben beabsichtige. „Ich weiß", sagte der Commandeur im Verkaufe der Mit- theikung, „daß Ihre Eltern in Berlin leben, und daß «» Ihnen daher, unter Zuhilfenahme de» vom Staate, wie auch vom Regt- ment gewährten Zuschüsse», mit den drrhältmßmäßig geringsten Opfern möglich sein wird, den fünfmonatigen Aufenthalt in der Hauptstadt zu bestreiten. Ich hab« in erster Linie an Si« gedacht, da Ihnen durch di« frei« Hin- uad Rückreise eine Art Ent schädigung für den so lange entbehrten Urlaub gegeben ist." Ein in dieser Form angebotenr» Commando durst« Stein bergk leicht auSschlagen, wollte er den, jetzt zum ersten Male seit stimm Rücktritt in der alten, wohlwollenden Wels« mit ihm spnchenden Vorgesetzten nicht von Neuem vor den Kopf stoßen. Die Freude,, Eltern und Geschwister wiedrrzufehrn, überwog schließlich all« Bedenken, so daß er nur mit Ungeduld di« Wochen zählte, die ihn noch vo-n den Seidigen trennten. Fünfte» Capitrl. Nach Beendigung der Herbstübungen, welche Steinbergk zum ersten Male wieder zu Fuß mitgemacht, wurde er mit einem zehntägigen Urlaub vom Manöverfelde au» entlassen. In der Garnison angelangt, brachte er die für Berlin nicht erforder lichen Habseligkeiten bei einem befreundeten Kameraden unter und fuhr, nachdem er — auf ausdrücklichen Wunsch der Mutter, den er sich allerdings nicht recht zu erklären vermochte, der aber seinen Absichten entgegenkam — Civil angelegt hatte, noch am selben Tage mit einem NachmittagSzuge nach dem Rhein. In Mainz überschritt er den in herbstlicher Beleuchtung breit zwischen den herrlichen Ufern sich ergießenden Strom und kam gegen Abend in Frankfurt an, wo er sich für die Nachtfahrt durch einen den Verhältnissen seiner Börse entsprechenden be scheidenen Imbiß stärkte. In dem ihm zugewiesenen Wagenabtheil hatte nur noch ein ältere» Ehepaar Platz genommen, welches sich in umständlichster Weise für eine längere Fahrt in seiner Wagenhälfte eingerichtet hatte. Paul dankte seinem Geschick, daß eS ihm eine so günstige Reisegesellschaft bescheert, und begann schon, e» sich auch einer seits bequem zu machen, al» beinahe im letzten Augenbl ck ein junges Mädchen, nach einer flüchtigen Musterung der Insassen, in der Coupöthllre erschien und nothgedrungen m Sternbergk's Hälfte Platz nahm. Dieser hatte sich sofort auf seinen Sitz am Fenster zurückgezogen, nachdem er da» kleine Handgepäck der neuen Reisegefährtin in den Netzen de» Wagen» untergebracht. Ein freundliches „Danke" au» dem Munde derselben, be gleitet von einem flüchtigen Aufblick, der ihn ein Paar kluger brauner Augen erkennen ließ, genügte, Paul'» anfängliches Mißbehagen über dir Beeinträchtigung seiner Bequemlichkeit im Keime zu ersticken. Der Begleiter drr jungen Dame, ein älterer Herr von ge rader Haltung, wenn auch leidendem Ausdruck in dem vornehm geschnittenen Gesicht, wandte sich jetzt unter leichtem Lüften de» Hute» an da» Ehepaar, wobei er, gleichzeitig mit den Blicken Steinbergk streifend, die Bitte auisprach, die junge Reisende ihrem Schutze empfehlen zu dürfen. Da die dazwischen Sitzenden eine intimere Unterhaltung unmöglich machten, beschränkte sich der Abschied von Daker und Tochter, denn in diesem Verhältniß standen Beide offenbar zu einander, auf einen herzlichen letzten Händedruck und einen im Auge de» Vater» wie wehmütbia aufleuchtenden AbschiedSblick, der jedoch fetten» der Tochter fest und zuversichtlich, wie Trost spendend, erwidert wurde.
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