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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.08.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000804018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900080401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900080401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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suw Eolorado»- Idaho« und Wyoming« uud -el Eisenbahn« bauten. Sie sind keine gern gesehenen Einwanderer. Ihr ganzes Sinnen und Trachten geht dahin, sich einige Tausend Dollars, wenig für Amerika, aber in Lire umaereckmet ein Vermögen für Italien, zu ersparen und, in ihre Heimath rurückgekehrt, ihr Leben m süßem NichtSthum zu beschließen. Bei ihrer Genügsamkeit und Bedürfnißlosigkeit drücken sie den ArbritSmarkt, weshalb die amerikanischen Arbeiter, die größten Feinde aller Einwanderer, einen grimmen Haß auf die „vagos" — der Spitzname der Italiener — geworfen haben. Au« ihrer Heimath haben sie alle ihre schlechten Eigen schaften mitgedracht, die sich in dem „freien" Amerika frei entfalten können. Sie liefern den New Iorker Politikern daS billigste Stimmvieh. Ein halber Dollar der Kopf ist gewöhnlich der Preis, der von den „kaärones", den Blut saugern, für die die frisch eingewanverten Italiener einige Jahre wie die Sklaven arbeiten müssen, bis die Ueberfahrt bezahlt ist, für jeden „Wähler" gerechnet wird. Aus den Reihen der Italiener recrutiren sich vorwiegend die Falsch münzer und die Brandstifter. In den schmutzigen mit Menschen vollgepfropften Testement-Distrikten New Jorks, wo die überwiegende Mehrzahl der dortigen Italiener haust, brennt es alle Augenblicke. Sie amerikanisiren sich rasch und lernen den Iankee» bald alle ihre Kniffe und Schliche ab. Ein kurzer Aufenthalt in amerikanischer Luft genügt, um sie auch für Streiks reif zu machen, und em von ihnen in Scene gesetzter Streik verlaust selten ohne Blutvergießen. Patterson weiß davon rin Lied zu singen. In Colorado bemächtigten sich vor zweiJahren streikende italienische Bergarbeiter eines Städtchens, vertrieben mit bewaffneter Hand alle Beamten, brannten die Gebäude der Bergwerke nieder, lieferten den Polizeibeamten rin förmliches Gefecht und konnten erst durch Aufbietung mehrerer Milizregimenter überwältigt werden. New Jork haben sie ja kürzlich eine Probe ihre Gesetzlosigkeit gegeben, beim Bau des Crown-AquaductS, als ihrer 700 New Jork die Wasserzusuhr abzuschneiden suchten. Auch hier konnten sie nur durch Waffengewalt zur Raison gebracht werden. DaS Stilet haben die Sicilianer und Neapolitaner nicht daheim gelassen. Sie wissen es auck in Amerika zu ge brauchen, uno blutige Fehden und Mordthaten sind unter ihnen an der Tagesordnung. Auch die Maffia florirt in den Vereinigten Staaten. Den blutigsten Beweis ihrer Existenz lieferte sie vor etwa zwölf Jahren in New Orleans, wo der Polizeichef Hennesey dem von ihr ausgesandten Mörder zum Opfer siel. Elf Mafsiolen wurden damals der Verschwörung zu diesem Morde angeklagi, aber freigesprochen und dann von der erbitterten Bevölkerung vor dem GerichtSgebäude niedergeknallt. Die Maffia und andere mörderische Geheimbünde blühen. Speciell Paterson gilt als Hauptquartier der italienischen Anarchisten, und wenn Bresci sich wirklich dort aufgebalten hat, so ist er in die richtige Schule gegangen. (Verl. Loc.-Anz.) Das Pariser Attentat. — § Den polizeilichen Recherchen ist es gelungen, die Person des MorSgesellcn, welcher dem Schah von Persien dasselbe Schicksal, wie eS König Humbert ereilt, bereiten wollte, festzustelleo. Er heißt Francois Saison und ist geboren in Montlaur im De partement Aveyron. Im Jahre 1894 ist er wegen anarchistischer Umtriebe zu drei Monaten Gefängniß und 1899 wegen TodtschlagsversuchS zu acht Monaten Ge- sängniß verurtheilt worden. Er ist also einer von der schönsten Sorte und reibt sich würdig an seine „großen" Vorgänger an. Die wenigen Antworten, zu denen er sich bequemte, waren frech: „Meine Thal geht Sie nichts an, sie ist meine Sache. Ich will keine Könige." — Abends kurz vor dem Essen erhielt der Schah das ge wünschte Lichtbild deS Schurken; er betrachtete eS lange und sagte: „Unglaublich! Mich tödten! Warum? Ich bin ein Reisender und habe mit der Politik dieser Länder nichts zu schaffen. Der Mensch ist verrückt. Wahnsinn scheint bier im Westen sehr häufig zu sein". Später äußerte er: „Der Polizei dienst ist nicht leicht. In Contrexeville ist es möglich, die klcme Bevölkerung zu überwachen, aber wie will man in diesem Menschenmeer daS Auge auf Alle und Alles haben?" Der Warnbrief, den der Schah gestern früh erhielt, lautet: „Majestät! Ich glaube Ihnen mittheilen zu sollen, daß ein Anschlag gegen Sie in Paris verübt werden soll. Ich ge höre einem Aruarchiftcnbuud an, der sich in Neapel, Piazza Medina 5, versammelt und Ihren Tod beschlossen hat. Ich warne Sie, weil in mir die Menschlichkeit stärker ist als die Rachsucht gegen Herrscher. Ich vertraue diesen Brief einem nach Paris reisenden Freunde an. Der Mann, der bestimmt ist, Sie zu treffen, ist ein Freund dessen, der den König von Italien getödtet hat." Tie Entwickelung des Anarchismus wird in den „Berl. Reuest. Nachr." wie folgt geschildert: Der Anarchismus ist der tollste Auswuchs unserer Zeit. Die Sache hat mit dem philosophirenden Anarchismus eines Proudhon und Stirner begonnen und dann erst kamen Bakunin — welchen dieser Tage der socialdemo kratische „Vorwärts" als Kronzeugen für europäische Greuelthaten in China anrief — und Netschajew in Ruß land, die ReinSdorf und Most in Deutschland, die Schöpfer der „schwarzen Hand" in Spanien, Krapotkin und Vie anarchistischen Communisten in der Schweiz rc. Netschajew, der Schüler Bakunin'S, warf alle theoretischen Bedenken über den Haufen und stellte die Lehre von der Propaganda der That auf: „Das Wort hat für unS nur Werth, wenn ihm die That auf dem Fuße folgt. Wir nennen äußere Kundgebungen nur eine Reihe vou Handlungen, die positiv etwas zerstören, eine Person, eine Sache, ein Verhältniß, das die Volksemancipation hindert. Ohne unser Leben zu schonen, müssen wir mit einer Reihe verwegener, ja übermüthiger Unter- nrhmungrn in daS Leben deS Volkes rinbrechen und ihm den Glauben an seine eigene Macht aufnöthigen, eS erwecken, vereinigen und zum Triumph seiner eigenen Sache hinführen.... Unsere Arbeit ist die schreckliche gänzliche, unerbittliche und all gemeine Zerstörung. Die einzige Revolution, welche dem Volke zum Heile gereichen kann, ist die, welche jeden Staat»- begriff durch und durch vernichtet. Wenn der Revolu tionär in dieser Weise fortlebt, so geschieht «S nur, um sie desto sicherer zu vernichten. Für ihn existirt nur ein Genuß, »in Lohn, eine Befriedigung: der Erfolg der Revolution. Tag und Nacht darf er nur einen Zweck haben: die unerbittliche Zerstörung. . . . Indem wir keine andere Thätigkeit al» die der Zerstörung zulassen, erkennen wir an, daß die Form, in der sich diese Thätigkeit äußert, höchst mannigfaltig sein kann: Gift, Dolch, Strick rc. Die Revo lution heiligt Alle» ohne Unterschied." Nach Hödel und Nobiling, welche 1878 die fluchwürdigen Anschläge auf Kaiser Wilhelm I. verübten, kam die Er mordung Kaiser Alexander'- II. im Jahre 1881; in Deutschland baben wir ferner den Anschlag ReinSdorf'S gegen da- Germania-Denkmal auf dem Niederwald zu verzeichnen. 1892 bis 1894 herrschte eine förmliche anarchistische SchreckenSzeit in Paris, ein Dynamitanschlag zeugte den anderen. Noch viel blutiger waren die Bomben würfe in Spanien, im Liceo-Theater zu Barcelona u. a. Diese Dynamitsruche ließ dann nach, zumal da in den verschiedenen Staaten verschärfte Gesetze speciell gegen den Verkauf und Gebrauch von Sprengstoffen erlassen waren. Nun wurde zum Dolch gegriffen; daran verblutete Präsident Carnot, Ministerpräsident EanovaS del Castillo, die Kaiserin Elisabeth. Der Mörder König Humbert'« benutzte den Revolver al« Mordwaffe. Caserio, Angiolitti, Lega, Acciarito, Luccheni — «in Register anarchistischer Mördrruamen au- Italien. Der Krieg in Südafrika. Das Kesseltreiben im Freistaat Die englische Presse, so schreibt man uns auS London, die natürlich mit den vielen betrübeftoen Ereignissen der letzten Tage vollauf beschäftigt ist, findet dennoch Zeit und Muße, ihrem Verdruß und dem des britischen Volkes über die letzte herbe Ent täuschung Luft zu machen, die Lord Roberts mit der unglück seligen Renommage betrefffs der Kapitulation von fünftausend Boeren unter Kommandant Prinsloo seinen Landsleuten daheim bereitet hat. Die „Daily Mail" raisonnirt: „Der letzte Rapport des Feldmarschalls nimmt den ganzen Zucker vom Zuckerbrot», das er uns zuerst darbot. Statt 5000 Kapitulanten nur 986, während die übrigen Kommandos noch rn den Bergen sitzen oder sogar schon ganz entkommen und durch unseren London geschlüpft sind, das ist ein ganz anderer „Erfolg", als die erste Depesche Lord Robert'S erwarten ließ." Uebcrhaupt stellt sich das ganze Resultat des englischen Kessel treibens im Bethlehem-Districte nach den neuesten Kabeltele grammen wesentlich anders dar, als die triumphirende Meldung des britischen Obergenerals ihn in so entschiedener Weise schil derte, und es wäre interessant, zu erfahren, wer denn eigentlich der wirkliche Renommist oder der Genasführte in dieser Komödie der Irrungen gewesen ist. Trotz der strikten und „bedingungslosen" Befehle des eng lischen Feldmarschalls, die den Freistaatlern nur die „Ehre" zu gestehen wollten, als „reguläre Kriegsgefangene und wicht al» Re bellen behandelt zu werden", ist den Boeren unter Prinsloo und Dilliers gestattet worden, nachdem sie die Waffen niedergelegt hatten, mit je einem Pferde auf ihre Farmen zurückzukehren, wo nach also die „große Kapitulation" zu einer sehr friedlichen und für beide Theile vortheilhaften „Uebereinkunft" zusammenzu schrumpfen scheint. Die Kommandos unter Prinsloo sollen circa 10—20 Feldgeschütze mit sich gehabt haben, und der Aerger der Engländer ist daher verständlich, wenn von dieser stattlichen An zahl nur ein einziges erbeutet worden ist. Der übrige Artillerie- Park «ist wahrscheinlich von den verschiedenen Kommandos ent führt worden, denen es im Dunkel der Nacht gelang, der Wach samkeit der Engländer ein Schnippchen zu schlagen und Wit Roß und Troß über die steilen Pässe 'in nordöstlicher Richtung zu entweichen. Was bei dem ganzen „Kesseltreiben" im Brandwater-Basin unverständlich erscheint, ist die äußerst mangelhafte Cooperation der britischen Generale, die in dem genannten Bezirke mit mehre ren Divisionen seit einigen Monaten ein paar Tausend irregu lärer Truppen nach allen Regeln der edlen Kriegskunst zu fassen, zu umstellen und zu erdrücken suchen, ohne daß diese „Be mühungen" bis zur Stunde zu etwas Anderem geführt hätten, als zur Unschädlichmachung von knapp 1200 Feinden, die übri gens voraussichtlich bei erster Gelegenheit wieder zu ihren Kom mandos stoßen oder sich zu neuen Verbänden vereinigen werden. Man hötr aber nichts von präeisen Operationen nach einem Plane auf Seiten der englischen Divisionen, nichts von Einheitlichkeit, nichts von einem wohlgeregelten „getrennten M a r - schiren und vereinten Schlagen", das gerade in diesem Special-Falle von ausschlaggebender Wichtigkeit gewesen wäre und den englischen Generalen den Sieg gesichert haben würbe in einer Weis«, welche von diesen künstlich hochgeschraubten „Erfolgen" bedeutend abgestochen hätte. Was ferner in den Bereich der Unbegreiflichkeit gehört, so weit sich überhaupt nach authentischen Meldungen und fach männischer Ucbersicht die Situation beurtheilen läßt, ist die an dauernde Jnactivität des Generals Buller, der mit drei ganzen Divisionen und besonders zahlreicher Reiterei und berittener Infanterie nicht Besseres und Größeres zu thun hat, als die Natal-Eisenbahn von'dem Tugela nordwärts bis nach Standerton zu bewachen. So wichtig natürlich diese Aufgabe ist, und so sehr sie auch in den großen Feldzugsplan paßt, so wenig verständlich erscheint-es jedoch, daß Buller nicht in energischerer und nachdrücklicherer Weise nach Norden und nach Westen bei Zeiten Vorstößen konnte, um so die Einkreisung der Freistaatlrr zu sichern und jeden Durchbruch größerer oder kleinerer Kom mandos zu verhindern. Zeit genug hat Sir Revers Buller zur Ueberwindung der in seinem Wege liegenden Schwierigkeiten gehabt, und selbst feine besten Freunde können ihm den Vorwurf nicht mehr ersparen, daß er einen auffallenden und für einen Heerführer unverzeihlichen Mangel an Initiative bewiesen hat. Ein merkwürdiges Sträflich auf die allgemeine Lage i» Transvaal werfen die Zustände im Ru st e nb u rg - D i st rick. Seit Wochen war hier Generalmajor Baden-Powell bei der „Paci- ficationsarbeit", sammelte Tausende vonBoerenflinten und sandte in dem diesem Herrn eigenen Tone arrogantester Zuversichtlichkeit die Meldungen von feinen Erfolgen und Aussichten nach Pretoria. Dieser selbige überschneidlge Baden-Powell muß nun mit einem Male die traurige Erfahrung machen, daß die von ihm so energisch pacificirten Transvaal-Farmer, während er sich in Pretoria bei Roberts meldete, und dann in Rustenburg anscheinend auf seinen Lorbeeren ausruhte, in aller Stille ihre nicht abgelieserten guten und bewährten Mauser-Flinten wieder hervorholten und entweder zu ihren alten Kommandos stießen oder neue Truppenkörper bildeten, was den Spionen und An gebern der Engländer gänzlich entgangen sein muß. Jedenfalls gelang es dem Kommandanten Delarey, sich genügend zu ver stärken, daß er nicht nur Rustenburg cermren und somit den famosen Baden-Powell kalt stellen konnte, sondern auch di« Ver bindung mit Pretoria abzuschneiden und den zum Entsatz« vorge- schobenrn Oberst Hickmann mit 1000 Mann berittener Infanterie in einem regulären Gefechte auf die Hauptstadt zuvückzuwerfen tm Stande war. — Bis jetzt verlautet nichts darüber, in welcher Weise das englische Hauptquartier dieser neuen Komplikation begegnen will; sie ist aber jedenfalls auch zum Theil die Ver anlassung gewesen, daß Lord Roberts seine große Vor wärtsbewegung gegen Botha so plötzlich auf gab und Hals über Kopf nach Pretoria zurückkehrt«, wohin auch der General Jan Hamilton mit seiner starken, gemischten Kolonne aller Waffen sich „rückwärts conc«ntritke". Gleichzeitig verlautet von General Lord Methuen daß «r auf seinem Marsche von Westen nach Potchefstroom bei Frsdevikstad am 29. Juli ein zehnstündiges Gefecht mit dem Feinde zu bestehen hatte, über dessen Endresultat Roberts sich verdächtiger Weise ausschweigt. Deutsches Reich. * Berlin, 3. August. Eine rückhaltlose Anerken nung der deutschen Weltpolitik auf dem elsäs sisch-klerikalen Lager findet sich in einem führenden klerikalen Organ deS Unterrlsaß, dem „Elsässer". Auf die Frage, wie der Reichstag sich zu der von der Leitung unserer auswärtigen Angelegenheiten eingeschlagenen Politik stellen würde, gicbt das Blatt die Antwort: „Unbequemlichkeiten durch den Reichstag braucht die Regierung keinesfalls zu befürchten, denn der Reichstag wird ganz gewiß an statt der Regierung akademische Vorlesungen über dir Gefahren der Weltpolitik zu halten, im gegenwärtigen Augenblicke seine Auf gabe darin erblicken, der auswärtigen Politik vor dem Ausland« einen moralischen Rückhalt zu geben. ES wäre nicht nur un patriotisch, sondern auch im höchsten Grade unklug, in einer so schwierigen Lag« wie der gegenwärtigen — schwierig besonder» für Deutschland — dem An-wärtigen Amt» noch Schwierigkeiten zn bereiten und sein» Autorität vor dem Au»lande dadurch zu unter- graben, daß man den Anschein erweckt, al» haben di» drutschrn Staat»männrr da» deutsche Volk nicht hinter sich. Aber auch abgesehen von diesen naheliegenden Erwägungen haben Warnungen vor einer „Weltpolitik", d. h. vor einer Politik, welche di« nun rinmal vorhandenen deutschen Interessen in überseeischen Ländern nachdrücklich zu wahren sich bestrebt, heute keinen praktischen sZweck mehr. Wir selbst sind un» bewußt, niemals Freunde einer allzuweiteu Ausdehnung de» überseeischen Jnteressenkrrise» gewesen zu fein und insbesondere vor einer Politik der Abenteuer stet» gewarnt zu haben. Daß Herr vou Bülow Abenteuerpolitik treibe, wird Niemand im Ernst behaupten können; daß «r aber Weltpolitik treibt, ist lediglich «in« Folg« der allgemeinen wirthschaft»- und verkehrspolitischrn Entwickelung, die man im Hinblick auf da» damit verbundene größere Risico bedauern Mag, die man aber mit den schönsten Leitartikeln, ReichStagSredea und Resolutionen nicht zu ändern vermag. Mit einigem Mißbehagen verzeichnet die „Franks. Ztg." diesen Beweis der „Colooialsrommheit", in der die reichS- ländischen Klerikalen dem Ccntrum nacheiferten, und be zweifelt, ob ein großer Theil der reichsländischen Klerikalen mit diesen Ausführungen einverstanden sei. Die „Nat. Ztg." erinnert jedoch daran, daß bereit- bei der Abstimmung über die Flottenvorlaae nicht uur der größte Theil der elsässischen Klerikalen e» nicht für der Mühe Werth gehalten, nach Berlin zur Abstimmung gegen da- Gesetz zu kommen, sondern vou den Anwesenden sich zwei ausdrücklich der Abstimmung ent hielten — ein Beweis, daß thatsächlich auch in diesen Kreisen langsam rin Berständniß für die Erfordernisse deutscher Welt politik aufzusteigrn beginnt. * Berlin, 3. August. Der Bundesrath hat bekannt lich über den Kleinhandel mit Kerzen einen Entwurf ausgearbeitet und den Einzelftaaten zur Begutachtung zugr- stellt. Für den Handel mit Kerzen bildet seit jeher das Gewicht die Grundlage, wobei ein Theil des Gewichtes, 5—10 Proc., auf die Verpackung, 'der Rest auf die Kerzen selbst entfällt. Das Publicum vermukhet in den feilgehaltenen Packungen einen ganz bestimmt«!» Inhalt nach Kerzen und kauft nach Packungen, ohne das gewünschte Brutto- oder Nettogewicht näher zu bezeichnen. Dabei sind aber mißbräuchliche Ausnutzungen in mehrfacher Richtung möglich: Unredliche Fabrikanten verminderten das Bruttogewicht der einzelnen Packungen, indem sie aus einem Lentner Kerzen an Stelle der üblichen 150 'Packungen deren 160 und mehr 'herstellten oder indem sie in den Einzelpacketen statt 8 Lichter nur 6 vereinigten. Eine andere unlautere Mani pulation bildet« di« Erhöhung des Taragewichtes durch über mäßig schwer« Packungen. Ursprünglich beabsichtigte die Reichs regierung für den Verkauf einfach das Nettogewicht als Maß stab vorzuschreiben. Das würde jedoch den jetzigen Usancen zu stark widersprochen haben; auch wäre zu besorgen gewesen, daß von den fetzt im Gebrauch befindlichen Kerzen-Gießmaschinen ein erheblicher Theil unbrauchbar geworden wäre. Der Entwurf giebt daher nur Mindcstzahlen für das Brutto- und Nettogewicht mit gewissen Fehlergrenzen und außerdem als wichtige Neuerung den Declarationszwang. Ausgenommen von dem Entwurf sind Wachs- und Cerosinkerzen, für welche die Verhältnisse wesentlich anders liegen. Auch den Kerzen-Stückhandel berührt der Ent wurf nicht. Der Entwurf lautet: 8 1. Packungen-mit Stearin-, Paraffin- und Compo- sitionskerzen dürfen im Einzelverkehr nur in bestimmten Ein heiten des Gewichts und unter Angabe der Gewichtsmengc gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten werden. H 2. Als Einheiten für das Bruttogewicht der Packungen werden ZH, '/., und Kilogramm zugelassen. 8 3. Das Nettogewicht der in den Packungen enthaltenen Kerzen muß bei einem Bruttogewicht von 500 Gramm mindestens 470 Gramm, von 333'/» Gramm mindestens 305 Gramm, von 250 Gramm mindestens 225 Gramm betragen. 8 4. Auf der Außenseite der Packungen 'ist sowohl das Bruttogewicht als das Nettogewicht in leicht erkennbarer Weis« anzugeben. Die Angabe ist in Gramm oder in Bruchtheilen von Kilogramm auszudrücken. 8 6. Das Gewicht darf nicht um mehr als 2 Procent hinter den angegebenen Beträgen Zurückbleiben. G Bcrstu, 3. August. (Telegramm.) Bet den Leichen- seierltchketten in Rom wird der Kaiser von dem Prinzen Heinrich vertreten sein. O Berlin, 3. August. (Telegramm.) Der zweite Admiral deS ersten Geschwader» Contreadmiral Buchset ist zum Director des Allgemeinen Marine departement« des ReichS-MarineamtS ernannt worden. Au Stelle de« zum Zweiten Admiral deS ersten Geschwader« ernannten ContreadmiralS Fischet istCorvetten- capitän LanS, der verwundete Commandant de» „Iltis", zum Admiralstab der Marine versetzt worden. Der Capitänleutnant im Reichs-Marineamt Sthamer ist zum Commandanten des „Iltis" ernannt worden. D Berlin, 3. August. (Telegramm.) Der Dampfer „Wittekind" ist mit dem ersten Seebataillon und der Dampfer „Frankfurt" mit dem zweiten Seebataillon am 3. d. M. in Singapore angekommen. Beide beabsichtigen, am 4. d. M. nach Hongkong abzugehen. — Von der Aushebung für die Ersatz-TranS- porte nach China werden Unterofficiere und Mannschaften durch eine Bekanntmachung in Kenntuiß gesetzt, die soeben von den königlichen BezirkScommandoS erlassen ist. ES heißt darin: Nach einer Allerhöchsten Bestimmung soll die Zahl der zu einer etwaigen Verwendung in China bereiten, tropendienstsählgen Unter- osficiere und Mannschaften de» Beurlaubtenstandes festgestellt werden. Diejenigen Unterofficiere uud Mannschaften de» Beur- laubtenstandeS aller Waffen der Reserve (JahreSclasseu 1893 bi» einschließlich 1898), sowie diejenigen Unterofficiere uud Mann schaften der Cavallerie, Frld-Artillerie, Fuß-Artillerie, Pioniere und Eifenbahntruppen der Landwehr I. und II. Aufgebot» (JahreSclaffrn 1883 bi» riufchließlich 1892), welche zu einer Verwendung in Ehiaa bereit sind, haben sich sofort unter Urbrrreichuog ihrer Militärpäss« zu melden. -Da- Ergebniß der Sammlung de» Alldeutschen Verbandes für die Boeren beläuft sich jetzt auf 243 995,19 -4k — Der deutsch« Botschafter in Pari», Fürst Münster, ist, von Wildbad kommend, nach feiner Besitzung Derneburg gereist, wo er längeren Aufenthalt nehmen wird. (-) Bremerhaven, 3. August. (Telegramm.) Der Kaiser kam heute Vormittag 10 Ubr in Begleitung der Generale von Plessen und von Mackensen und deS Oberstleutnants Frhr. von Berg an Land und besichtigte eingehend den morgen in See gehenden Dampfer „Ph önici a", auf dem die Verladung in vollem Gange war. Sodann begab sich der Kaiser auf da- Torpedoboot „Sleipner" und verweilte dort einige Zeit. Gegen 12 Uhr kehrte der Kaiser auf die „Hohenzollern" zurück. — Die Kaiserin besuchte beute Vormittag da- Seemann-Heim und den Fischereihafen. D Hagenau, 3. August. (Telegramm.) Heute fuhr unter patriotischen Kundgebungen der Bevölkerung da» erste Bataillon de« 4. ostasiatischen Infanterie- Regiment- mittel- Sonderzug«- nach Bremerhaven. Nach der Vereinigung diese« Bataillon« mit dem zweiten (bayerischen) Batmllon erfolgt morgen die Ausreise auf der „Phönicia". Weißenfels, 3. August. Der Bau de- Denkmal« für Kaiser Wilhelm I. auf dem Marktplatze ist so weit vorgeschritten, daß di« feierliche Enthüllung de- Reiter standbildes bestimmt schon am 18. d. M. stattfinden wird. -s- Altenburg, 3. August. Herzog Ernst, der noch in Camenz weilt, läßt sich beim Begräbnisse de- Herzog- von Coburg-Gotba durch den Staatsminister von Helldorff vertreten und hat wegen de» Ableben- de- König» von Italien uud de« Herzog« von Coburg-Gotha bk- zum 13. August Hoftrauer anordnen lassen. — Der von un» in Nr. 388 des „Leipziger Tageblattes" erwähnte Maurer- auSstand ist beendet, nachdem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Lohnfrage geeinigt hatten. (-) Loburg, 3. August. (Telegramm.) Heute Vor mittag sind der Prinz von Wales, der Prinz und die Prinzessin von Rumänien und andere Fürstlichkeiten hier eingetroffen. Zwischen 10 und 11 Uhr begaben sich die Herrschaften mit dem Herzog Carl Eduard, dem Groß herzog von Hessen und dem Erbprinzen zu Hohen lohe-Langenburg in die Moritzkirche, um dort an dem Sarge deS Herzogs Alfred eine stille Andacht zu verrichten. * Aus dem Brotzherzogthuu» Hessen. Auf Antrag der Freiherren von Heyl und vou Riedes«! hat die Erste bessische Kammer beschlossen, Gesetzesvorschläge wegen Ausgestaltung der LandeScreditcaffe zu machen, um dieselbe besser als bisher in den Stand zu setzen, an der Lösung der Wohnungsfrage mitzuarbeiten; auch sollen die Voraussetzungen neu geregelt werden, unter denen Gemeinde- und Communalvcrbände Darlehen zu gleichem Zweck machen dürfen. Ferner soll in Erwägung gezogen werden, ob eS nicht angezeigt sei, die landesgesetzliche WohnungSinspection auch auf Gemeinden unter 5000 Einwohner auSzudehnen und ob nicht auch die Wohnungen der HauSeigenthümer unter die Juspection zu stellen seien? Auch die Fra^e, ob zur Erwerbung von Wohnungsbauland unter Umstanden daS Enteignungsverfahren eintreten darf, soll erörtert werden. Eine Statistik über die Zunahme der Wohngebäude im Ver gleich zu der Bevölkerungsvermehrung ist bei gleicher Gelegen heit angeregt worden. D München, 3. August. (Telegramm.) Heute früh um 2'/« Ubr erfolgte vom Rangirbahnhofe Laim die Abfahrt des 2. (bayerischen) Bataillons des 4. ost asiatischen Infanterie.Regiments. Zur Ver abschiedung waren Prinz AlsonS von Bayern, Herzog Christoph in Bayern, der Kriegsminister Freiherr von Asch und andere hervorragende Persönlichkeiten erschienen. Die Abfahrt de» Bataillons gestaltete sich zu einer begeisterten Kundgebung deS Patriotismus seitens der Volksmenge, die trotz der frühen Morgenstunde sich auf dem entfernt gelegenen Bahnhöfe eingrfunden hatte. * München, 2. August. Die „M. N. N." schreiben: Wenn trotz aller Erklärungen noch Leute existiren sollten, die glauben, daß einzelne Mannschaften wider ihren Willen die Expedition nach China mitmachen müssen, so möge diesen zur Beruhigung dienen, daß heute, am Tage der Abreise, die Mannschaften des hiesigen China-Bataillons noch einmal aufgestellt und beim Appell befragt wurden, ob sie Alle freiwillig gingen. Es wurde bekannt gegeben, daß, wer seinen Entschluß bereuen sollte, auch jetzt noch zurücktreten könne. Keiner aus den Mannschaften meldete sich zum Rücktritt, denn Alle sind voll Thatenlust und freuen sich auf ihre neuartige Reise. — Auf den Afrikareisenden Westmark bezieht sich eine Mittheilung der Staatsanwaltschaft im „Bayerischen Central-Polizeiblatt": „Westmark, Tbeodor, angeblich schwe discher Oberleutnant a. D. und Afrikareisender, hat am 14. Mai 1900 hier einen öffentlichen Vortrag über Reise- Erlebnisse gehalten. Er will mit Stanley am Congo ge wesen sein. Westmark ist der Deutschen Colonialgesellschaft in Berlin nur aus Beschwerden bekannt, die über ibn eingelaufen sind. ES wird ersucht, Westmark, der in Bayern in kleinen Städten öffentliche Vorträge gehalten hat, zu veranlassen, sich über seine Person auSzumeisen". Bei der Gesammtauflage der vorliegenden Nummer befindet sich al-Sonderbeilage ein Prospect der Firma Krewel äk bo. in Köln. Derselbe dürfte einerseits für Bleichsüchtige und anderer seits für Magenleidende, Halsleiden und endlich auch für Radfahrer, Touristen rc. von besonderem Interesse sein, weshalb auf den Prospekt noch besonders hingewiesen sei. s. ü. 8Mlr kllknlgl. Uokmlldelkadrllc lttlllstLiilslgei' Mllninizrellikleliliiilgeli Orimmuiseds 8tr. 10. LuskullNs-SursLU „Vorsivdt" Gegr. 1869. r'.Vvttvrkvtn lVavkr., Gegr. 1869. Leipzig, Rittcrstraste 8, I., Fernsprecher Nr. 7076. Ertheilt Auskünfte aus das In- u. Ausland prompt u. gewissenhaft. Julius vlMduvr Laisvri. uvä Lönix!. ttokpiLnokortskadrik kingang ^/68t8ii-a886 59. Israelitische Religionsgemein-eMiz. BotteSdtenst am Tischo b'aw Sonnabend, 4. August Abend- 8'/. Uhr, Sonntag, 5. - Norm. 7 - Mincha IS'/, Uhr. Tajeskalender. Adressen aller Branchen, Stände nnd Länder liefert unter Garantie Wekt-Adressen-Brrlag Emil Reiß, Leipzig. Eatalog gratis. Fernspr. 3229. Telegr.-Adresse:„Weltrtib-Leivrig". Auskunstsftelle der kSnigltch sächsischen StaatSeisenbahnen in Leipzig (Grimmaische Straße 2) und die Auskunstsstelle der königlich preuhischen StaatSeisenbahn- Verwaltung (Brühl 7b u. 77, Errditanstalt, parterre im Laden), beide geöffnet au Wochentagen vou 8 Uhr Vormittags ununter brochen bi» 6 Uhr Nachmittag», Sonn- u. Festtag» 10'/,—12 Uhr Vormittag», geben unentgeltlich Au-kunst «.im Personenverkehr über Ankunft und Abgang der Züge, Zuganschlüsse, Reiserouten, Billrtpreise, Reiseerleichtrrungen, Fahrpreisermäßigungen rc.; b. im Güterverkehr über allgemeine Transportbedingungen, Frachtsätze, Kartirungeu rc. Fuudburea» der königl. sächs. StaatSeisenbahnen (Linien Leipzig-Hof, Leipzig-Lhemnitz unv Leipzig-Meuselwitz) Bayerischer Platz Nr. 2, parterre «Bayerischer Bahnhof, Abgangsseite, 1. Ge bäude) in der königl. Bahnhofs-Inspecttou. Au-kunstSftelle für See-Schifffahrt-» and «eise-Verkehr. Relief-Weltkarte der Hamburger Rhedereien :F.W. Graupen st ein. Llücherplatz 1. Unentgeltliche Au»kunst»ertbrilung: Wochen- tag» 9—12 Ubr Vormittag» und 3—6 Ubr Nachmittag». Haupt-Melde-Amt de« BezirkS-Sommandov Leipzig, Nicolal- kirchhos 2, I. Stock, Zimmer 1. Meldestunden: Wochentag» von 9 Uhr Lorrn. bi» 1 Uhr Nachm., Eonntag« vou 11 bi» 12 Uhr ki bet Sond Vorn Haup Di hörigen auf die D. mit gu darunti 3' Capita! 3' Pächtei B den un vou 1 H Biblio Volks! Pädagog bau», ! 2'/,-4 Volksbib feden N PolkSl» und ah von 5', Ltädtiftl Kunst» tagen ' tagen l und si Sonna tritt ir «rassig und F 10-3 WvchS 50 Vrassi-l (ausge tagen Eonnr tbek > TuS Av Univei unenft Albert Samml Johan Eonui Kinde, Muscm Kriegt tag w Histor. AmE Neues Zu m Neues 3 Uh und 20 B Tel B< 4.A Ttrr sowie darf vorm. Ihrer kl meldeam Patent-,- iTuchhal ressentliö Univr, Woche de» tz ist ae abend Anna! nahm Stadt! an de jeden nur ? Liblio Büch, Ltali Lu», gegen
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