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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010712014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901071201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901071201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-12
- Monat1901-07
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Morgen-Ausgabe. riMgcr TaMaü Anzeiger. ÄmksVürtt des Königlichen Land- und Änrtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. BezugS-PreiS tu der Hanptexpedttio» oder deu i» Stad^ bezirk uud de» Lororteu errichtete» Lu»« aabestelle» abgeholt: vierteljährlich L.KH bei zweimaliger täglicher Zuftelluug Ne» Haus ^tl K.LO. Durch die Poft bezog« für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland» Luxem burg, Dänemark, Schweden uud Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäisch« Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch dr» Expedition diese» Blatte» möglich. Di« Morgeu-An»gabe erscheint um die Abeud-AuSgabe Wochentag» um k Uhr. Rk-action und Lrpe-ition; JohanniSgaffe 8. Filiale«: Alfred Sahn vorm. O. Klemm'» Sortim. Lurversität-ftraße S (Paulinum), Loui» Lösche, Katharinenstr. 14. purt. und Königsplatz 7. 33«. Freitag den 12. Juli 1901. Anzeigen «Prei- die ögespaüene Petitzeile SS «eclamea unter de« Redaetion»stria> (»gespaltea) 7K vor d« AamUimnach» richt« (S gespalten) SO Dabellarischer und Ztfferusatz «tsprechend höher. — Gebühr« für Nachweisungen und Offertenanaahnu 25 (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-Lu-aab«, ohne Postbeförderung SO.-, mit Postbesörderuug 70.-» Äuuahmrschlsß für Äazeigen: Lb«»d-ru»gab«: vormittag» 10 Uhr. Morg«»-Hla»gab«r Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen «ad Annahmestelle, j« ein« halb« Stund« früher. Anzeigen find stet» « die Expedition zn richten. Die Expedition ist Wochentag» uuuuterbrvch« geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» t» Leipzig. SS. Jahrgang. Zur Hygieine der LadenangefteMen. Vr. k'. Während unsere socialreformatorische Gesetzgebung bisher vorwiegend unter dem Zeichen der Fürsorge für die körperlich arbeitenden Classen stand und in erster Linie den Schutz deS industriellen und des landwirthschaftlichen Arbeiter» gegen die Gefahren des Berufe», gegen Unfälle und vorzeitige Arbeitsunfähigkeit zum Zielpunkte hatte, ist im Laufe der Zeiten doch mehr und mehr die Nothwendigkeit erkannt worden, auch anderen social besser gestellten BerufSclassen Beachtung zu schenken. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Regelung der Arbeitszeit und der Ruhetage im kaufmänni schen Berufe zu betrachten, der Schutz der kaufmännischen Angestellten vor einer zu weit gehenden Ausnutzung ihrer Arbeitskraft auf Kosten der Gesundheit; mit dem l. April dieses ZahreS ist wieder ein Gesetz in Kraft getreten, das einen nicht unbeträchtlichen Fortschritt in dieser Richtung bedeutet. Wie die Gewerbeschutzgesrtzzebung das Ziel ver folgt, die Zahl jener an sich unbedeutenden und zu nächst kaum merkbaren Berufsschädlichkeiten herabzu mindern, welche durch ihre Häufung, durch ihre fort dauernde, jahrelange Einwirkung die Gesundheit untergraben und zur Ursache der sogen. Gewerbekrankheiten werden, ebenso soll jetzt durch das neue Gesetz einer derjenigen Factoren, welche in gewissem Sinne Gewerbekrankheiten im kauf männischen Berufe herbeiführen können, unschädlich gemacht werden. Es handelt sich nämlich um die Borschrift, daß die Inhaber von Ladengeschäften für ihre Gehilfen und Lehr linge eine nach der Zahl dieser Personen ausreichende, geeignete Sitzgelegenheit einrichten müssen. Wir gehen nun nicht so weit, zu behaupten, daß mit der Schaffung von Sitzgelegenheiten die wesentlichsten Schäd lichkeiten in der Berufsthätigkeit der Ladenangestelltcn aus dem Wege geräumt seien, gewiß wird in Bezug auf Heizung, Lüftung, auf Reinhaltung der Locale von staub förmigen Verunreinigungen oder von organisirten Krank heitserregern noch Vieles zu ändern und zu bessern sein, allein mit der Schaffung von Sitzgelegenheiten für die Laden angestellten wird doch sicherlich, ganz abgesehen davon, daß sie einem ganz unmodernen und inhumanen Mißbrauch endlich ein Eode macht, einer Reihe von Berufskrankheiten der Boden entzogen. Stundenlanges Stehen übt sehr häufig einen ungünstigen Einfluß aus auf KnochenwachSthum und Knochenbildung; es ist dies ein Nachthcil, der natürlich in erster Linie die unerwachsene Generation, Lehrlinge und jugendliche Ge hilfen, betrifft, aber auck noch in späteren Jahren bei Schwächezuständcn der Muskulatur oder bei abnormer Weichheit deS Knochengerüstes zur Geltung kommt. ES ist ja bekannt, daß manche Berufe, wie Bäcker, Kellner u. s. w., durch vaS häufige Auftreten von Kuockenverkrümmungen, durch da sogen. X-Bein und durch Plattfußbildung beinahe charakterisirt sind, aber auch unter den Ladenangestellten finden sich solche Fehler recht häufig und wenn rS sich dabei auch zunächst um einen mehr kosmetischen Nachtbeil handelt, so können höhere Grade des Uebelö doch eine Quelle mannigfacher Beschwerden und Schmerzen und einer gewissen Einbuße an Arbeits fähigkeit werden. — Weiterhin übt daS anhaltende Stehen einen hemmenden Einfluß auS auf die Blutcirculation namentlich in den unteren Extremitäten; der Blulstrom in den das Blut zum Herzen zurückführenden venöse» Gefäßen verläuft schon unter gewöhnlichen Verhältnissen ziemlick träge, namenllich in den Beinen, wo er noch die natürliche Schwere der Blutsäule zu überwinden h»t; eine bedeutende Förderung vermitteln energische MuSkclbewegungen, Marschiren, Turnen u. s. w., weil dann die arbeitenden Muskeln die Venen zusammenprcssen und daS Blut in ihnen vorwärts zum Herzen treiben; auch im Sitzen ist die Circulation noch verhaltniß- mäßig erleichtert, wenigstens wirkt ihr der Einfluß der Schwere hier nicht entgegen. E» ist nun leicht verständlich, wie bei anhaltendem Stehen, namentlich wenn da» Herz nickt besonders kräftig arbeitet, der Blutlauf stockt, wie sich die Venen mehr und mehr erweitern und schließlich zu einem Gewirr dicker Stränge werden, den sog. Krampfadern; mannigfache Unannehmlichkeiten sind mit diesem Leiden verbunden, insbesondere die Gefahr schwerer Blutungen, weiterhin infolge de» geringen Heilungsbestrebens an den erkrankten Partien die Ausbildung umfangreicher, hartnäckiger Geschwüre u. s. w. Geringe Sckwächezustände des Herzen«, wie sie bei Blutarmen häufig vorkommen und unter gewöhnlichen Verhältnissen ohne schwerere Folgeerscheinungen vorübergehen, führen bei häufigem Stehen zum Austritt von Blutwaffer au» den feinsten Gefäßen, zur Anschwellung der Beine ähnlich wie bei Herzleiden, schließlich durch Ueberlastung der Herzarbeit auch zu allgemeinen EirculationSstörungen. Nicht allein auf die unteren Extremitäten, selbst noch auf die Organe der Bauchhöhle wirkt jene Störung im Rückfluß de» venösen Blutes, auch hier die Ernährung beeinträchtigend und im weiteren Verlauf Krankheiten de» Magen», de» Darm« und d«r Unterleibsorgane nach sich ziehend. Solche Zustände kommen namentlich bei den weibliche» Laden gehilfen häufig war. E» ist wohl begreiflich, von wie nach- theiligem Einfluß solche Verhältnisse namentlich beim weib lichen Geschlecht werden müssen und wie sie sich hier noch nach Iabren in unheilvoller Weise geltend mach« können. Gewiß ist da« fortgesetzte Stehen nicht allein au solchen Störungen schuld, auch unzweckmäßige Kleidung, starke» Schnüren, wie e» namentlich in der EonsrctiouSdranche um der „guten Figur" willen oft verlangt wird, Mangel an Bewegung u. s. w. tragen da» Ihrige dazu bei: eia sehr wichtiger Factor ist aber auch da« fortgesetzte Stehe« gerade wegen seiner unausgesetzten täglichen Einwirkung. Auch Allgemeinerkranknugen, Blutarmuth, Bleichsucht werden von vielen Arrzten zu der genannten Schädlichkeit in Beziehung gebracht, e« ist aber nicht leicht eiawanvsfrei sicher zu stellen, wie weit mit deu anderen Schädlichkeiten de» Berufe», der Ernährung und der gesammten Lebensweise auch da» lauge Stehen hier von Bedeutung ist. klebrigen» sind damit die Beeinträchtigungen der Gesundheit noch nicht er schöpft; die fortwährende MuSkelanstreogung, welche mit dem Stehen verbunden ist, muß entschieden auch auf da» Nervensystem nachtheilig einwirken, zumal die ungünstige Blutcirculation ohnehin die Exnährung»verbältnisse im Gehirn beeinträchtigt. Die mannigfachen Arten und Grade der Nervenschwäche, der Nervosität, der Hysterie rc., welche man bei jugendlichen Lavenangestellten so häufig antrifsl und die sicherlich an so manchem gesundheitswidrigen Exceß die Schuld trage», haben eine ihrer Ursachen in den erörterten Verhältnissen. Es sind demnach eine ganze Reihe zum Theil recht ernsthafter Stö rungen, welche durch da» regelmäßige lange Stehen hervor gerufen werden. Allerdings ist diese Schädlichkeit nicht die einzige Ursache, sie kommt nur zur Geltung in Verbindung theilS mit besonderen Krankheitsanlagen, Sckwächezustände» u. s. w., theilS mit anderen ungünstigen Einflüssen, und man darf sich darum nicht etwa vorstellen, daß mit der Einführung diese« schon so lange ersehnten Gesetze« nun mit einem Schlage alle oben erwähnten Folgezustände verschwinden werden. Aber eine sehr bedeutsame Schädlichkeit ist damit dock hinweg geräumt und die wohlthätigen Folgen werden im Laufe der Jahre auch merkbar werden; aber freilich Vieles bleibt immer noch zu lhun übrig, und e« wird der eifrigsten Arbeit der nächsten Jahre bedürfen, um nach jeder Richtung hin der Hygieine de» kaufmännischen Berufsleben» durch gesetzliche Vorschriften die nothwendige Grundlage und Sicherheit zu verschaffen. Der Krieg in Südafrika. Nachrichten vom Boerenheerc. AuS Pretoria, 10. Ium, schreibt man unS: Mir haben dieser Tag« Briefe von der Hauptmacht der Boeren her, d. h. von Botha ' S Truppen, zur Einsicht vor gelegen. Am meisten dürfte der Inhalt eines Schreibens eines hochangesehemn deutschen Arztes interrssiren, der sich be müht, dir Verhältnisse ganz objectiv zu schildern und zu einem unbefangenen Schlüsse über die weitere DauerdcsKrieges zu gelangen. Zunächst ist mich dem Berichte von einem Mangel an Mu nition, wenigstens für Gewehre, noch auf lange Zeit keine Reo:. — Don Geschützen soll Botha s Armee allein noch etwa 10 bis 12, mit vorläufig genügender Munition besitzen. — Der Mangel an Kleidungsstücken machte sich eine Zeit lang fühlbar, doch machten sich die Boeren seither daran, Schaffelle zu gerben, aus welchen sie Kleider fertigten, die gleichzeitig warm und dauerhaft sind. Zum Nähen dienen Schafdärme. Um dem Mangel an Zelten abzuhelfen, verfertigten sich die meisten Boeren aus ge gerbten Schaffellen Schlafsäcke, welche leichter mitzuführen sind und weit bessere Dienste leisten, als Zelte. An Pferden herrscht kein Mangel, im Gegentheil hat fast jeder Boer außer einem Reitpferd noch ein Hand- und ein Pack pferd. ES ist daher begreiflich, daß die ungemeine Beweglichkeit der Boeren immer wieder di« schönsten Pläne der englischen Heer führer zu nicht« macht. Bon KriegSmüdigkrit war bei Dotha's Leuten nichts zu merken; dieselben haben fast sämmtlich einen feierlichen Eid ge schworen, di« Waffen nicht eher mederzulegen, als bis das Land wieder unabhängig ist, und ein« große Anzahl hält schon aus Pflichtgefühl an diesem Eide fest. Ein großer Theil besteht aber auch aus Leuten, welche aus reiner Verzweiflung weiter kämpfen, eS sind dies Rebellen aus Natal und der Cap- Colo nie, welche jahrelange Zuchthausstrafe oder noch Schlimmeres zu erwarten haben, wenn sie in die Hände der Engländer fallen. Ein weiterer Theil besteht auS jungen Boeren, welch« kein« eigene Familie besitzen und auch sonst nichts zu ver lieren haben; diese sind schon recht bedenklich verwildert, und daS Jagen der Engländer, daS Ueberfalkn und Plündern von kleinen Station«» und Proviantzügen ist für sie ein Sport geworden, bei dem sie sich vorzüglich amüsiren. Der Dicr-Präsident der TranSvaal-Repisblik, Schalk- Burger, befindet sich bei General Botha. Beide erklären di« Friedensbedingung«», welche ihnen von England angeboten wur den, für ganz unannehmbar und versichern bestimmt, die Boeren könnten und würden sich so lang« halten, bis England der un dankbar« Aufgabe überdrüssig geworden sei. Geradezu vorzüglich soll der Nachrichtendienst der Barren organisirt sein; sie sind genau unterrichtet über alle Bewegungen der englischen Truppen, über die Operationspläne, die Stärke der verschiedenen Besatzungen u. s. w. — Fast durchweg stehen die verschiedenen Abteilungen der Boeren mit einander in tele- graphischer Verbindung; di« Leitungen liegen meist parallel den englischen, und wo ein« Kreuzung der letzteren unvermeidlich wäre, geschieht di« Verbindung durch Depeschenreiter. Der Gesundheitszustand der Leute ist ein durchaus guter, und eS leiden dieselben, Dank ihrer warmen Kleidung und ihrer Schlafsäcke wert weniger von dem strengen Winter als di- eng lischen Truppen. Der B«richt bestätigt, war schon vorher hi«r vermuthet wurde, daß die Engländer im ganzen östlichen Transvaal nur di« Bahn linien und einen ganz schmalen Streifen Lande» auf beiden S«it«n halten; landeinwärts können sie sich nur mit größerer Truppenmacht wagen, da kleinere Abheilung«» von den wach samen Boeren sofort angegriffen Verden. So weit dieser Berichterstatter, der au» allem Gesagten den Schluß ziehen zu muffen glaubt, daß da« Ende de« Krieg,» noch in sehr weiter Ferne ll«ge. Wi« sehr unter den hiesigen Boeren und ihren Anhängern noch der Glaube an einen glücklichen AuSgang deS Krieget fefi- gechakkn wnch, baweisen di« noch fast täglich vorkommenden Desertionen von Boeren, welche sich auf Parole in Pretoria aufhalten. Letzte Woche deserttrten etwa 20 auf ein mal, indem sie sich von den Engländern die nöchigen Pferde, Sättel und Gewehr« rrquivirten. Inzwischen wurden einig« von den Leuten wieder gefangen genommen, und einer derselben all abschreckende« Beispiel standrechtlich «r schossen. Aber trotzdem kämm seither mehrere weiterr Desertionen vor. Letzt« Nacht entspann sich zwischen solchen Flüchtlinge» und einer Patrouille «in «gelrechtr» Gefecht in nächster Näh« der Stadt, und e» verlautet, daß zwei Boeren und «in «nqlischer Soldat dabei fielen. Die Wirren in China. * London, 11. Juli. (Telegramm.) „Daily Mail" berichtet aus Peking unter dem 10. Juli, Japan habe jetzt dem Vorschläge der Mächte, daß China eine Entschädigung in BondS zu 4 Proc. zahle, zugestimmt. * Söul, 6. Juli. Auf der Insel Quelpart kam'eS zehn Tage hindurch zwischen katholischen Missionaren, MissionS- schülcrn und der Bevölkerung neuerdings zu blutigen Zu sammenstößen. 15 Eingeborene und gegen 300 Mijsionsschüler sind gefallen. Die Schuld ist nach Ansicht de» Gouverneur» den Missions- schillern beizamessen, da die Steuereinnehmer mit ihrer Unterstützung ungesetzlich hohe Steuern von den Eingeborenen erhoben hätten. Ein französisches Kriegsschiff ging nach der Insel Quelpart ab, da auch zwei französische Missionare gefallen sein sollten; indessen sind beide noch lebend vorgefundcn worden, so daß das Schiff abdampfen konnte. Die koreanische Regierung beauftragte Len Beamten Huankan, sowie einen Amerikaner» der Hosbeamtcr ist, di« Vorgänge zu untersuchen, und gab ihnen «ine Com pagnie Infanterie mit. — Aus dieser Nachricht läßt sich nicht er sehen, ob man es mit erneuten Unruhen oder mit einer verspätet in Söul eingetroffenen Nachricht über die kürzlich vorgekommenrn Unruhen zu thun hat, die inzwischen beigelegt sein sollen. Damals sandte Rußland drei und England zwei Kreuzer nach der Insel. ES erscheint kaum denkbar, daß die Bevölkerung Quelparts es gewagt habe, in Anwesenheit der fremdländischen Kriegsschiffe neue Angriffe auf die Missionen zu unternehmen. In hiesigen Marinekreiseu wird ober behauptet, daß Li« betreffenden Kreuzer längst abgedampft seien. Es ist danach nicht unmöglich, daß es sich um neue durch den fana tischen Christenhaß der Eingeborenen hervorgerusene Ausschreitungen handelt. Deutsches Reich. A Berlin, 11. Juli. (Zur Lösung der Arbeiter wohnungsfrage.) Mit Genugthuung wird aus den neueste» Berichten der preußischen Gewrrberäthe fest-gestellt wer den können, daß der Lösung der Arbeiterwohnungsfrage von fast allen dabei in Betracht kommenden Factoren großes Interesse entgegengebracht wird. Die Industriellen, Bau- und sonstige Genossenschaften, die Jnvalidenoersicherungsanstalt«», die Be- rufKgrnossenschaften, die GcwerbeaufsichtsbeamLen, andere Staatsbehörden u. s. w. suchen auf möglichst ausgedehnten Bau von Arbeiterwohnungen hrnzuarbciten, unterstützen den Bau, so weit sic finanzielle Mittel zur Verfügung haben, mit denselben und verschaffen dem Arbeiter damit ein Heim, in dem er sich be haglich fühlen kann. Selbstverständlich bleibt auch auf diesem Gebiete und bei den aufgezählte» Factoren noch manches zu wün schen übrig, aber nur w«nn möglichst zahlreiche Stellen Hand in Hand arbeiten, kann darauf gehofft werden, daß die Wohnungs frag« ein« Regelung findet, di« im Interesse der Arbeiterschaft liegt. Leider hat man beim Durchlesin der Berichte der Gewcrbc- räthe das Empfinden, als wenn noch in recht vielen Gemeinden nicht das rege Interesse für die Mitbetheiligung an der Lösung der wichtigen socialpolitischen Aufgabe vorhanden wäre, das ge rade von ihnen vorausgesetzt werd«» müßte. Es wird ja zuge geben werden können, daß die von den Gemeinden zu bewältigen den Aufgaben schon recht mannigfach sind; es kann aber gar nicht g«nug Hervorgehaben werden, wie gerade eine rege Bc- theiligung der Gemeinden, in deren Behörden doch die beste Kenwtniß der localen Verhältnüsse vorhanden ist, zur Lösung dieser Aufgab« beitragen würde. Dadurch, daß hier und da Arbeiter sich vor der angeblichen Abhängigkeit scheuen, di« das Micthsverhältmß zur Folge haben könnte, wird man sich auf dem einmal betretenen Wege nicht brauchen irve machen zu lassen. Es kommen in diesem Verhalten einzelner Arbeiter die Folgen der socialdemokmtischen Lehren zum Durchbruch, wie ja denn diese angeblich für die Arbeiterintrressen wirkende Partei der einzig« Factor ist, der einen hemmenden Einfluß auf die Lösung der ArbeitcrwohmlngSfrag« ausübt. Man wird sich aber wohl noch daran erinnern können, daß die Socialdemolrati: anfänglich auch gegen jedes Arbeitervirsicherungsgesetz gestimmt hat und später hin, als sic merkt-, daß in der Arbeiterschaft denn doch für die Segnungen der staatlichen Versicherung ein immer weiteres D«r- ständniß Platz griff, den Revisionen dieser Gesetze ihre Zu stimmung gab. Wenn erst die Arbeiterschaft den Segen guter Wohnungen immer mehr begriffen, und eingeschen, haben wird, daß die Erzählung von der Fesselung an die Scholle teere Phrase ist, wird die Socialdemokratie ebenso wie bei der Ar- beiterversicherung auch in der Avbeiterwohnungsfragr eine Schwenkung vollziehen, um nicht allein als diejenige Partei zu gelten, welche di« Schaffung ausreichender Wohnungsgetegenheit für Arbeiter hindert. L Berlin, 11. Juli. (Beeidigung der Zeugen.) Nach den Anträgen Rintelen-v. Salisch, welche den Reichstag voraussichtlich im nächsten Winter beschäftigen werden, sollte 8 60 der Strafproceßordnung lauten: .Der Zeuge ist nach der Vernehmung zu beeidigen. Mehrere Zeugen können gleichzeitig beeidigt werden" u. s. w. Zur Begründung der gleichzeitigen Be eidigung mehrerer Zeugen wurde geltend gemacht, daß durch die vielfachen Wiederholungen bei der Eidesleistung die Feierlichkeit der EideShandlung herabgemindert werd«, und daß dieser sich bielsäch, insbesondere bei der Nachholung anfänglich unbeeidigt gebliebener Zeugen, in der Praxis als Unzuträglichkeit ergeben habe; namentlich für ungebildete Personen sei eS schwer, den In halt der Eidesformel zu verstehen, und deshalb empsehle es sich, nicht jeden Zeugen die ganze Eidesformel nachsprechen zu lassen. Hiergegen wurde auSgeführt, daß bei der gleichzeitigen Be eidigung mehrerer Personen dem zu Vereidigenden nicht genügend zum Bewußtsein gebracht werde, weshalb und woraus er den Eid leiste. Deshalb sei e« vorzuziehen, jedem Zeugen die Bedeutung de» Eide» besonder» klar zu machen und ihn darauf hinzuwetsen, daß er nicht etwa die Anklage zu beschwören gehakten sei, sondern nur da»jenige, wa» er zur Sache wisse. Hierzu aber sei bei der gleichzeitigen Beeidigung mehrerer Zeugen kein« Möglichkeit ge boten. Auch von andrrer Seite wurde betont, daß die gleich zeitige Beeidigung Mehrerer mit der Heiligkeit deS Eide» nicht wohl »«rrinbar sn uud daß diese Helligkeit selbst auf die Gefahr hin, dadurch di« Verhandlung zu verlängern, nach Möglichkeit geschützt werden müsse. Bei der Abstimmung in der Commission für die Vorprüfung der Anträge wegen Abänderung bezw. Er gänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Strafproceßordnung u. s. w. wurde 8 60 in der nachstehenden Fassung theils mit über wiegender Mehrheit, theils einstimmig zum Beschluß erhoben: „Die Beeidigung des Zeugen erfolgt nach dem Abschluß seiner Vernehmung, der Richter darf eine Mehrzahl von Zeugen gleich zeitig beeidigen. Die Beeidigung eines Zeugen darf unterbleiben, wenn das Gericht einstimmig die Aussage für offenbar unglaub würdig oder unerheblich hält und die Beeidigung nicht beantragt ist. Auf das Verfahren vor den Schwurgerichten findet diese Bestimmung keine Anwendung. In dem Verfahren wegen Ueber- tretungen darf die Beeidigung schon dann unterbleiben, wenn sie weder beantragt, noch von einem Mitglied des Gerichts verlangt wird." -H- Berlin, 11. Juli. Ein Wort an die deutschen Arbeitgeber richtet in der „Soc. Praxi»" vr. Nörren - berg in Kiel, indem er die Frage erörtert, aus welchen Mo tiven der amerikanische Stahlkönig Andrew Carnegie so großartige Geldstiftungen für Bildungszwecke, insbesondere für die Anlage oder Vergrößerung von Bibliotheken, macht, vr. Nörrenberg citirt aus dem Jahresberichte, den Stadtrath vr. Gloralla über die Bücher- und Lesehalle in Königshütte jüngst erstattet hat, folgende, auf Carnegie bezüg liche Stelle: „Diescr Großfabrikant weiß, daß der höher denkend« Arbeiter doppelt und dreifach und mehr leistet, als ein unwissender Kräftespeicher, als welcher der auf niedriger Kultur stufe stehende Arbeiter zu bezeichnen ist, und da der Erfahrene zu rechnen versteht, legt er nutzbringendes Capital für sich an, während er auf den ersten Blick großmüthig ein Geschenk auszu- theilen scheint." — In Uebereinstimmung mit dieser Auffassung ist auch vr. Nörrenberg der Ansicht, daß Carnegie den Talent vollen sreie Bahn schaffen, die Leistungsfähigen fördern will, und daß er so im Hinblick auf die wirthschaftliche Entwickelung des ganzen Landes handelt. Als Gründ, weshalb das Beispiel Car- negie's in Deutschland noch lange nicht genug nachgeahmt wurde, nennt Nörrenberg die Anschauung, daß Carnegie nur ein mit maßlosen Mitteln arbeitender Philanthrop sei. Nörrenberg er mahnt daher die deutschen Fabrikanten, im Interesse der Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie, es Carnegie nachzumachen. Dabei soll dreierlei be achtet werden: 1) sind die Mittel nicht in kleinen Fabrikbiblio« thclen zu verzetteln, sondern die allgemeinen städtischen Büchereien zu unterstützen; 2) soll mit der Schenkung die Bedingung ver bunden werben, daß die Commune einen bestimmten Prorrntsatz der gestifteten Summe zur Vermehrung des jährlichen Bücherei budgets ihrerseits aufbringt: 3) sollten einschränkende Be stimmungen über die Tendenz der Bibliothek vermieden werden. — Zeiten der wirthschaftliche» Depression sieht vr. Nörrenberg als die für Schenkungen günstigsten an. „Diese Zeiten brauchen neue Hilfsmittel", schreibt er, „uns emporzubringcn; auch Car negie hat in der Periode des wirthschaftliche» Tiefstandes seine ersten großen Schenkungen gemacht, und Preußen hat in den Jahren seiner tiefsten Erniedrigung sein Bildungswesen refor- mirt. Sind die Zeiten schlecht, müssen Arbeiter feiern, oder wer den die Arbeitszeiten verkürzt, so ist es besser, der Arbeiter sitzt in der Lesehalle, oder, mit einem Buche aus dec Stadtbücherei in der Hand, zu Hause und bildet sich, als daß er schlechten Ge danken nackhängt. Darum also, weil wir eine wirth schaftliche Depression haben, sollten die deut schen Fabrikanten öffentliche Büchereien stiften und unter st ützen! Sie Lhun es für sich s e l b st!" * Berlin, 10. Juli. Mit der Erhebung der An klage gegen den Caplan Sckwippert hat die Düssel dorfer Staatsanwaltschaft ersichtlich in ein ultramontanes Wespennest gegriffen. Die hiesige „Germania" äußert dazu: Eine große Freude hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft deu Katholikenfeinden bereitet, indem sie die Anklage wegen Freiheits beraubung und Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen gegen den dortigen Caplan Schnuppert erhob, der bekanntlich die Ver bindung der Eheleute Faßbender ein „sündhaftes Verhältniß", ein „Concubinat" genannt und den Zutritt des Faßbender zu seiner kranken „Frau" verboten hat. Es handelt sich in dem gegebenen Falle um die Verbindung einer geschiedenen Frau mit einem Katho liken — also um ein Verhältniß, wovon wir nicht anstehen, in der Oeffentlichkeit zu behaupten, daß eS in der That vom katho lischen Standpuncte em durchaus unerlaubtes und sündhaftes, ja nichts anderes als ein Concubinat ist. Es wird doch in Preußen, wo die katholische Kirche eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft ist, dem Seelsorger wie dem Publicistrn wohl noch erlaubt sein, klar und deutlich auszufprechen, welche Anschauungen die Kirche über gewisse Verbindungen hegt und wie sie dieselben von ihrem Standpuncte auS onsieht. Wir sind in diesem Falle ausnahmsweise genötbigt, den Ausführungen de» „Vorwärts" Recht zu geben, soweit in ihnen gesagt wird, daß da« Recht auf eine beschimpfende Kritik an Einrichtungen des Staates doch nicht von einer kirchlichen Gemeinschaft proclamirt werden könne, die sich auf diesen Staat stütze und deren jetzige Existenzform durch staatliche Institutionen überhaupt erst ermöglicht werde. Im Uebrigen hoffen wir, die muthige Toleranz-„Germania", die über den Vorwurf der Freiheitsberaubung so glatt Hinwegzugleiten versteht, gleich muthig auch nach erfolgter Berortheilung ihre» Protsgö'S Schwippert daS Recht auf Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen vertheidigea zu sehen. D Berlin, 11. Juli. (Telegramm.) Die Kaiserin hat gleich nach Eingang der Nachricht vom Tode deS Fürste« zu Hohenlohe ein herzliches Beileidstelegramm an die Prinzessin Elisabeth zu Hohenlohe nach Ragaz gerichtet. (Wiederholt.) — Prinz Eitel Friedrich ist au» Anlaß seine» Ein tritt» in die Armee ü 1» suits de» in Stettin stehenden Grenadier-Regiment» (König Friedrich Wilhelm IV.) Nr. 2 gestellt worden. Die vie» besagende Ordre de» Kaiser» wurde dem im Ordonnanzanzuae angetretene» Regiment bekannt gegeben. — Für die im Reich»amte de» Inner« erledigte Directorstelle wirv der „Germ." der Geheime Ober« regierungSrath CaSpar, der dienstalteste vortragende Rath dieser Behörde, al» Nachfolger dr» Herrn von Woedtte genannt.
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