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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000806026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900080602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900080602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-08
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Die Kanonen der Japaner eröffneten das Feuer; die Artillerie des Feindes antwortete nickt, man glaubt, die Position sei nur ein Vorposten und die chinesischen Kanonen befänden sich in Peitsang, wo die Stellung eine viel stärkere sein müsse als in Nuntsang. Die Stärke des Feindes in Nuntsang werde auf 5000 Mann geschätzt. DaS Gewehrseuer des Feindes war gut unterhalten und dirigirt und nur die Art des Terrains verhinderte ernste Verluste. Die Japaner verloren 3 Todte und 25 Verwundete. Die Vorbereitungen zum Vormarsch sind fast beendet; die Truppen, bcsoudeis die Japaner, rücken auf Hsiku vor. Im klebrigen veröffentlicht die Londoner „Morning Post" eine Reihe von Telegrammen ausTfchifu vom 4. d. M., dieselben sind aber so unklar abgesaßt, daß es unsicher ist, ob sie sich auf weitere Kämpfe um Tientsin oder um solche in der Näke von Peitsang beziehen. Im ersten Telegramm heißt cs: Der Versuch der Russen, die Pontonbrücke über den Lutai-Canal zu nehmen, schlug fehl. Andere Pläne sind gefaßt worden, die Eingeborcnenstadt in wenigen Tagen cinzuschließen, in ihr sei ein Labyrinth langer Straßen. An die Forts könne man nicht heran. Eine zweite Depesche besagt, die Ebinesen seien in die Forts und in die Ein geborenenstadt zurückgeworfen worven. Ein Artille rie- K a mpf sei im Gange. Eine dritte Depesche meldet: Unter den weiteren bisher eroberten Stellungen befinden sich solche, von denen der Feind die verbündeten Streitkräfte an der Eisenbahnstation in E ess in schwer belästigte. Tic Truppen der Verbündeten beschießen in Bozen nach Nordwesten die Stadt. Die Verluste der Chinesen sind schwer. Die Verbündeten erhielten einen aus gezeichneten Artilleriepark. Bisher waren ihre Geschütze denjenigen in der Eingeborcnenstadt nicht gewachsen. Eine vierte Depesche berichtet, Peitsang sei jetzt lbeilweise vom Wasser umfluthet (bekanntlich haben die Chinesen das ganze Gebiet zwischen Peking und Tientsin mittels Durch stechung der Dämme des Canals unter Wasser gesetzt), so daß ein langer Umweg zum Angriff nölbig sei. Die Stadt bat ausgedehnte Befestigungen errichtet und eine starke Artillerie. Nnfcrtigkeit -es britischen Kontingents. Wenig erbaulich klingen die Nachrichten über die Gründe, aus denen der Vormarsch gegen Peking so lange verzögert worden ist. Während Russen und Japaner allem Anscheine nach das Warten satt bekommen haben, sind bekanntlich die Engländer immer noch nicht marschbereit, was bei den übrigen Truppencommandanten, aber auch bei Londoner Blättern lebhafte Entrüstung erregt. Ein Telegramm meldet dem „Berl. Loc.-Anz." in Bestätigung der schon gegebenen Nachrichten: Noch am 25. Juli war die Mehrzahl der leitenden Ofsiciere in Tientsin der Ansicht, daß ein gemeinsamer Auf bruch der Enlsatzarmee Dank hauptsächlich der Unfertigkcit des britischen Contingents vor Mitte August nickt möglich sein werde. Der ausführliche telegraphische Bericht, der diese Meldung enthält, übt an dem allgemeinen Verhalten der Heeresleitungen in Tientsin scharfe Kritik, cs beißt darin: „Die Herren Ofsiciere lassen sich durch die Ereignisse in Peking die gute Laune nicht verderben. Allabendlich laden sie einander zu ausgesuchten Diners ein, die bei den lustigen Klängen Strauß'scher Walzer eingenommen werden. Freunde der in Peking Eingeschlossenen, die hierher kamen, um die Entsatzarmee auf ihrem Vormarsch zu begleiten, sind außer sich über die Bummelei namentlich der englischen Ofsiciere. Der Präsident der Universität in Tientsin, Mr. Tenney, äußerte sich folgendermaßen: „Dieses Benehmen steht nicht im Einklang mit den angel sächsischen Traditionen; 20 000 Soldcuen liegen hier müßig, während 80 Meilen entsernt Frauen und Kinder m Lebensgefahr schweben." Tenney und andere Landes kundige behaupten, daß die Ofsiciere die Schwierig keiten des Vormarsches auf Peking ungeheuer über treiben und über zu peinlichen Vorbereitungen kostbare Zeit verschwenden." Der Correspondent der „Daily News" IN Tientsin meldet: Die Oberofsiciere aller Nationalitäten stimmen darin überein, daß die Briten den Entsatz von Peking ganz unnöthig binauöschieben, so nnd so viel Eng länder sind in Peking zu retten, und die einzige Bewegung des hiesigen britischen Contingents ist das Paradiren indischer Flölenbläser in den Slraßen. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß der Marsch der verbündeten Engländer und Franzosen von Tientsin bis Palikao, 12 km von Peking, im Jahre 1860 zwölf Tage (9. bi« 21. September) in Anspruch nahm. Die Armee marscbirtc damals auf der Hauptstraße am Peiho entlang. Die Engländer legten die Strecke von Tientsin bis Hohsiwu (52 lcm) in vier Tagen zurück und warteten dort auf die Franzosen bis zum 16. September. Am 17. und 18. September folgten Märsche des vereinten Corps von 15 und 10 km, am 19. und 20. waren Ruhetage und am 21. belief sich der Anmarsch zu dem Gefecht bei Palikao auf 10 km. Diese Marschleistungen sind recht gering; dazu kommt, daß damals die Jahreszeit noch besser war als die jetzige Negenperiote und daß die Truppen bis Palikao keinen ernstlichen Widerstand fanden, während jetzt die Verbündeten vermuthlich zunächst bei Peitsang die Truppen der Generäle Sung und Ma niederwerfen müssen. Man nimmt an, daß iusgesammt auf dem Wege nach Peking 50 000 Mann chincsiicher Truppen und außerdem große Schaaren Boxer sieben, während man in Peking selbst weitere 30 000 Mann vermuthet. * Tientsin, 1. August. Ein vom japanischen Gesandten ent sandter Bote, der Peking am 26. Juli verließ, meldet heute, daß dir Ursache der Einstellung der dortigen Feindselig keiten der Abmarsch von General Tung's Truppen nach Peitsang fei. Ter Generalgouverneur von Tschili habe die Wiedereroberung der Takuforts und Tientsins durch Soldaten aus Schantung und dem Süden beim Thron angeregt und ein ent sprechendes kaiserliches Edict sei unterm 24. Juli ergangen. * Paris, 5. August. Ter Minister des Aenßern Delcassö er hielt ein Telegramm des Consuls in Tschifu vom 2. August, in welchem es heißt, der Gouverneur von Mulden habe eine Proclauiation erlassen, durch welche die Bevölkerung der Mand schurei aufgefordert wird, die Christen zu ermorden. Ter Consill meldet weiter, daß fast alle religiösen Anstalten zerstört seien, und daß die Missionare mit den eingeborenen Christen sich auf eine Verlheidigung eingerichtet haben. * Petersburg, 5. August. Nachrichten des Geueralstabes. General Grodekow telegraphirt am 5. August aus Chabarowsk dem Kriegsminister: Gestern Abend wurde Aigun nach hart- ucickigcm Kampfe genommen. Der Feind wird in der Richtung auf Tsitsikar verfolgt. — In Neu-Sujdur werden 15 000 Kalmücken concenlrirt. Aus Schich o kommt reguläre Infanterie und Cavallerie nach Kuldjcha. — Nachrichten aus Mulden melden, eine Partie russischer Soldaten wurde überfallen und flüchtete ins Gebirge. Der Lsficicr Walcwski von der Schutzmannschast wurde getödtet. Der General Luncwitsch begiebt sich von Port Arthur nach Tientsin, um das Commando über das Detachement von Petschili zu übernehmen. Der Thronwechsel in Italien. —c>. Noch vor dem Zusammentritte deS Parlaments hat König Victor Emanuel III. sich über bie von ihm zu befolgende äußere Politik ausgesprochen und, wie wir als selbstverständlich bezeichneten, mit aller Bestimmtheit kund- gcthan, daß er auch hier die von seinem Vater eingeschlagenen Wege weiter wandeln werde. Der festen Erklärung des jungen Königs, als Hüters der italienischen Einheit, entspricht sein Bekenntniß des Irenen Festhaltcns am Treibnnd, mit welchem er den herzlichen Ausdruck der Antheil- nähme Kaiser Wilhelm'S II. beantwortet hat. Indem er für die brüderliche Freundschaft dankt, die Kaiser Wilhelm dem unglücklichen König Humbert bewiesen, erklärt er, daß das Andenken an den grausam hin gemordeten Vater die, beide Königshäuser und beide Völker einigende» Bande unabänderlich machen wird. Mit der vom französischen Klerikalismus und Chauvinis mus ersehnten Abkehr Italiens von der Dreibnntpolnik ist eS also nichts. Nach wie vor Wird das Bollwerk des europäischen Friedens unerschültert bleiben und im Drei bund wird sich friedlich Italien seinen inneren Aufgaben widmen können; und damit werden sich alle Friedensstörer abfinden müssen, ob sic nun offen gewaltsame Veränderungen vorbcrciten oder ihre Zerstörungspläne mit heuchlerischem Augenaufschlag unter dem Mantel der „göttlichen Vorsehung" zu decken suchen. Tic Traucrscicrlichkcitctt. * Rom, 6. August. (Telegramm.) Nach den bis herigen Bestimmungen werden die Präsidenten des Senats und der Kammern den Leichnam des Königs Humbert von Monza nach Rom geleiten. Der Eisenbahn zug, der den Leichnam führen wird, wird Trauer schmuck tragen. Auf dem Bahnhof in Rom wird eifrig gearbeitet. In dem großen Saal des Bahnhofes wird ein Katafalk errichtet. Die Truppen werden Spalier bilden, aber nicht an dem Trauexzuge tbeil- nehmen. Der Sarg wird nach dem Wunsche des Ver storbenen auf eine Kanonenlaffette gestellt werden. Der Schmuck in Len Straßen Noms, durch die sich der Zug be wegen wird, ist noch unvollendet. Im Pantheon wird eifrig gearbeitet. Der Sarg wird in der kleinen Capelle hinter dem Hauptaltar niederzesetzt, wo der Sarg Victor Emanuel's II. längere Zeit stand. Conkre-Akmiral Dibroccketti ist zum Ehrendienst bei dem Prinzen Heinrich während dessen Aufenthaltes in Italien befohlen worden und wird dem Prinzen bis Luino entgegsnreisen. »nndgcbungen. * Auö München wird uns telegraphirt: In dem großen Saale des Münchener Kindl-Kellers vereinigten sich gestern Vormittag die hiesigen Italiener und deren Freunde über aus zahlreich zu einer Kundgebung anläßlich der Ermordung des Königs Humbert. Auf einem Podium standen vor einem Lorbeerbaine die Büsten des Königs Humbert, deS Prinz-Regenten Luitpold und deS deutschen Kaisers. Die Fenster hinter dem Podium waren schwarz verhängt. Der italienische Viceconsul Mondini verlas so dann die Proclamation des Königs Victor Emanuel III. Mit bewegten Worten gab hierauf Generalconsul Olven- bonrg seinem Schmerze und Abscheu über das fluchwürdige Verbrecken Ausdruck, während Professor Nalli den Lebens gang des Königs Humbert schilderte. Schließlich wurde ein stimmig eine Resolution angenommen, in der die hiesige italienische Colonie ihrer Entrüstung über die Mordtbat und ihre Anhänglichkeit an das italienische Königshaus ausspricht. Mit dem italienischen Königsmarsch schloß die würdig ver laufene Feier. Zu dcu Verhaftungen. Wie die römischen Blätter melden, befindet sich unter den Verhafteten nicht das Individuum, daS mit Bresci in Monza war. Das Pariser Mental. Bericht des persischen Gesandten in Berlin. Neber das Attentat auf den Schab von Persien in Paris ist der Berliner persischen Gesandtschaft von dem zur Zeit in Paris weilenden persischen Gesandten in Berlin folgender Bericht übermittelt worden, welcher der „Post" durch Mirza Ismail Khan, Kammerherrn des Schahs und ersten Legationssekretär in Berlin, zur Verfügung gestellt worden ist: Auf Seine kaiserliche Majestät den Sckah-in-Schab, unfern geliebten Herrscher, ist diesen Morgen, im Augenblick seiner Abfahrt nach Sövre nnd Versailles, ein Attentat verübt worden. Die göttliche Hand der Vorsehung hat den Schlag abgelenkt. Ein elender Anarchist stürmte fick, den Revolver in der Hand, auf die Person Seiner Majestät, die in offener Kalesche saß, in der sich außerdem der Großvezier, der Minister des Hofes Hakimol Molk und der Sr. Majestät attachirte französische General befanden. Ter Minister deS Hofes, der auf dem Vordersitz saß, erkannte zuerst die Absicht deS Mörders und warf sich zwischen ihn und Seine Majestät, indem er zugleich das Hand gelenk des Mörders und seinen Revolver erfaßte, den Fenilleton. bi Gold und Blut. Roman aus Südafrika von O. Elster. ",»»r>uck vcrboitN. Als der Chefarzt das Zimmer betrat, in welchem der eng lische Capitän lag, erhob sich Mary von ihrem Sitz neben dem Fenster. „Meine Tochter — Herr Chefarzt Doctor Waldschmidt" —> stellte Herr Walter laconisch vor. „Sie haben die Pflege des Verwundeten übernommen, mein Fräulein?" fragte der Arzt höflich. „Ja, Herr Doctor — da Niemand anders zur Stelle war.. „Der Capitän ist schwer verwundet", sagte der junge fran zösische Arzt. „Ich glaubte, er würde die Nacht nicht überleben." „Jetzt schläft er", sagte Mary. Der Chefarzt beobachtete den Schlafenden und ließ sich von dem jungen Kollegen Bericht erstatten. „Es ist gut", sagte er dann. „Der Verwundete bedarf der äußersten Ruhe. Ich habe den Befehl, alle Verwundeten, wenn irgend möglich, aus der ersten Linie zurückzuschäffen, nAt dem Capitän da wird das vorerst nicht möglich sein, eS wär« sein sicherer Tod, wollten wir ihn jetzt der Erschütterung einer Wagenfahrt aussehen. Wollen Sie den Verwundeten noch weiter bei sich behalten und verpflegen, Herr Walter, so ist Hoff nung vorhanden, daß er davonkommt." „Es ist meine Menschcnpflicht", entgegnete der Farmer ernst, „die ich um so lieber erfülle, als eS sich um einen tapferen Offi zier ihrer Majestät handelt." „Nun gut", sagte der Chefarzt trocken, „so wär« di«s äb- gemacht. Hier, Dr. Matson, der die Truppe begleitet, wird jeden Tag nach dem Verwundeten sehen und die nöthegen An weisungen geben. Ich selbst werde mit der Ambulanz und den übrigen Verwundeten morgen nach Dundee abrücken.„ „Nach Dundee?" fragte der alte Farmer erstaunt. „Dort stehen die Engländer ' Der Arzt lächelte spöttisch. „Sie scheinen schlecht unter- richtet zu sein, Herr Landsmann", sagte er dann. „Die Eng länder haben sich sowohl von ElandSlaagte, wie auch Glencoe und Dundee zurückgezogen und sich um Ladysmith concentrirt." „Und General Symons?" „Liegt schwer verwundet, mit dem Tode ringend in Dundee, das in unseren Händen ist — der Rückzug der Engländer geschah so eilig, daß sie uns ihre sämmtlichen Verwunderen in Glencoe und Dundee zurückließen. Ob Ihre Freunde sich lange in Ladysmith halten werden, bezweifle ich", setzte er ironisch hinzu. Walter biß sich auf di« Lippen UND schwieg. Dec Zorn der Enttäuschung quoll ihm im Herzen empor. Er hatte gehofft, daß diese Boeren-Jnoasion in einigen Tagen zurückgejchlagen werden würde, jetzt besetzten die Boeren weite Strecken britischen Gebietes und schickten sich an, die britische Armee in Ladysmith einzuschließen. Aber das konnte ja nicht sein! Die Zahl der Boeren war ja gar nicht so groß, daß sie eine regelrechte Be lagerung führen konnten! Die Aerzte verabschiedeten sich sehr höflich von Mary, ihr nochmals die größte Ruhe für den Verwundeten Empfehlend. Als der alt« Farmer mit Mary allein war, sagte er leise: „Hast Du gehört, Mary, was der Arzt erzählte?" „Ja, Vater — die Engländer sind geschlagen und sollen in Ladysmith eingeschlossen und zur Capitulation gezwungen werden." „Der Teufel hole diese dickköpfigen Boeren!" vief der Alte ärgerlich. „Woher sie nur in solch großer Zahl mit einem Male kommen? Das schwärmt ja aus den Felsenlöchern und Engpässen der Drakensberge heraus, wie die Bienen im Früh ling! Ich glaube, der britische General in Ladysmith, General White, gäbe etwas darum, wenn er genaue Nachricht über die Boeren erhielte." „Du willst doch nicht etwa nach Ladysmith, Vater, um dem General White Nachricht zu bringen?" „Weshalb sticht? Meine Knochen sind zu alt, um der Königin im Felde zu dienen, so muß ich eS auf andere Weise versuchen" „Bedenke, daß die Boeren jeden Spion erschießen." „Spion?!" fuhr der Alte auf. „Bin ich ein Spion, wenn ich dem General der Königin — meiner Königin — erzähle, was ich zufällig gesehen habe? Ich denke nicht." „Ich kann eS nicht beurtheilen, Vater, aber ich fürchte, wenn Dich die Boeren auf dem Wege nach Ladysmith treffen „Da müßten sie schlauer sein, als sie sind. Mich werden sie in den Wäldern und Schluchten vergebens suchen. Doch Ihr Weiber denkt gleich an das Schlimmste. Ich wevde mich schon in Acht nehmen. — Uebrigens, was ist daS für eine Bekanntschaft mit diesem Herrn von Ehrenstein?" Mary wandte sich scheinbar ruhig und gleichgiltig ab. „Ich sagte Dir ja schon, daß ich den Herrn flüchtig in Hannover kennen lernte " „Flüchtig? — Nur flüchkig?" fragte der Alte mißtrauisch. Mary zuckte die Achseln. „Ich pflege nicht zu lügen", sagte sie ruhig, aber trotzdem verbreitete sich langsam eine feine Rölhe über ihre Wangen und Stirn. Sie wußte, sie hatte zum ersten Male in ihrem Leben nicht die Wahrheit gesagt. Wenn ihr äußerer Verkehr mit Hans von Ehrenstein auch nur gering gewesen war, so hatte sie Beide doch ein geheimes Band, ein Einverständniß ihrer Herzen verbunden, das freilich kaum aus gesprochen, ihr ganzes Sinnen und Denken erfüllt hatte. „IVoll", sagte der alte Farmer, „ich habe keinen Grund, D>r zu mißtrauen. Aber es schien mir, als ob dieser junge Mann andere Gefühle, als die einer flüchtigen Bekanntschaft, für Dich hegte. Ich warne Dich — ich werde nie meine Einwilligung zu der Verbindung mit einem Manne geben, der die Waffen gegen uns ohne Grund erhoben hat." „Ich denke, wir können das Gespräch ahbrechen, Vater. Es ist nutzlos " „Ich bins zufrieden. — Vielleicht reite ich heute noch nach Ladysmith." „Nimm Dich in Acht, Vater " „Unbesorgt. Ich kenne Weg und Steg." Der Alte lachte leicht auf und entfernte sich- Am Fenster stehend, sah Mary ihn mit dem Verwalter Wedekind sprechen; dann rief er seinen Boy, den Zulu, herbei und gab ibm einen Befehl. Der Zulu ging nach dem Pferdestall und Walter ent fernte sich im Gespräch mit Wedekind nach den Vorraths häusern zu. Mary seufzte auf. Sie kannte ihren Vater zu gut, als daß sie hätt« hoffen dürfen, er werde seinen gefahrvollen Plan, sich durch die Reihen der Boeren zu schleichen, aufgeben. Gerade diese Gefahr reizte ihn, der sein ganzes Leben fast in der Wild- niß verbracht und tausend Gescikpen entgegengesehen. Von dem Fenster, wo Mary stand, konnte man fast das ganze Thal mit dem Lager der Boeren übersehen. Es herrschte in diesem Lager ein reges Leben; hier kochten sich die Burghers ihr einfaches Mittagsmahl, dort saßen sie rauchend und plaudernd in zwanglosen Gruppen zusammen, wieder andere fütterten und putzten die Pferde oder machten sich an den Zelten und Wagen zu schaffen. Wie ein Kriegslage! sah diese Versammlung von bewaff neten Mannern eigentlich nicht aus, wenn nicht auf den nahen Anhöhen überall Doppelposten gestanden und die mit dem rothen Kreuz der Genfer Convention versehenen Ambulanzwagen nicht an die blutigen Opfer des Krieges erinnert hätten. An einer anderen Stelle des Lagers wurden mehrere Ochsen geschlachtet. Mary erkannte die Tdiere, die zu der Heerde ihres Vaters gehörten. Ein Boer schoß die Thiere in den Kopf, daß sie niederstürzten, ein anderer schnitt ihnen dann sofort den Hals durch, rasch wurde die Haut abgezogen, das Fleisch abge schnitten und zerhackt und dann an die einzelnen Zeitgenossen schäften vertheilt. Vor dem Zelt des Kommandanten fand Gewehr-Jnspection statt. Der Kommandant mit einigen Feldcorneis gingen, die kurzen Pfeifen zwischen den Lippen, zwischen den Reihen der Boeren auf und ab und ließ sich die Gewehre zeigen. Plötzlich sprengte eine Boerenpatrcuille an den Kommandanten heran und überbrachte ihm eine Meldung, indem er mit der Hand nach dem Walde deutete. Der Kom mandant gab einem Feldcornet einen Befehl, der sich rasch ent fernte, indem er mit dröhnender Stimme rief: o>> -aui! Op *r»al, liei-Gki! (Aufsatteln! Aufsatteln, Burschen!) Sofort sprangen seine Leute auf, eilten zu den Pferden, zäumten und sattelten sie, und nach wenigen Minuten trabte die Abihcilung unter Anführung des Feldcorneis dem Walde zu, in dem jetzt einige Schüsse fielen. Mary wandte sich ab. Der Verwundete stöhnte leise auf; sie eilte an seine Seite und erquickte ihn durch einen frischen Trunk, da er erwacht war. Mit dankbarem Ausdruck ruhten seine dunklen Augen auf dem Antlitz seiner Pflegerin, er ver suchte zu sprechen. „Bleiben Sie ruhig, Capitän", mahnte Mary mit sanfter Stimme. „Sie dürfen nicht sprechen oder sich bewegen, der Arzt hat es verboten." „Wo bin ich?" fragte er mit heiserer Stimme. „Bei Freunden — bleiben Sie jetzt still liegen, versuchen Sie wieder zu schlafen." Der Verwundete sank in die Kissen zurück, lag eine Weile mit geöffneten Augen da, die sich langsam wieder schlossen, sein Athem ging ruhiger und gleichmäßiger, er entschlummerte aufs Neue. Leise entfernt« sich Mary. Sie suchte ihren Vater, den sie jedoch nirgends fand. Auch der schwarze Boy ihres Vaters war verschwunden. Von Besorgniß getrieben, begab sie sich zu Wedekind. „Wo ist mein Vater, Wedekind?" fragte sie. „Herr Walter ist fortgeritten." „Allein?" „Nein, Panda, sein Boy, begleitet ihn." „Wohin ist mein Vater geritten? Wann kehrt er zurück?" „Ich weiß nicht, Fräulein —" entgegnete Wedekind aus weichend. „Ihr wißt es sehr wohl — wollt »S mir nur nicht sagen. Vater ist nicht den gewöhnlichen Weg geritten, sonst hätte ich ihn sehen müssen, er hat den schmalen, versteckten Pfad durch
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