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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000811021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-08
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Die Wirren in China. -l> Ebensowenig wie die Regierungen der an den ost asiatischen Ereignissen betbeiligten Staaten haben die Ge sandten derselben in Peking viel Vertrauen in die Loyalität der chinesischen Telegrapben-Vrrwaltung gehabt nnd sich noch bis zuletzt der Befürchtung hingegeben, daß ihre in. die Heimath gerichteten amtlichen Telegramme von chinesischen „Diplomaten" gefälscht, oder daß solche ganz erfunden werden könnten; nunmehr sind sie, um die Ehrlichkeit deS Herrn Scheng und seiner Hintermänner auf die Probe zu stellen, auf daS Mittel verfallen, gleichzeitig identische Depeschen abznschicken. Es wird uns darüber berichtet: * Washington, 10. August. Dem Staatsdepartement ging auS Peking eine chiffrirte Depesche des Gesandten Cong er zu, die sich mit der des französischen Gesandten Pichon deckt. Dies deutet darauf hin, dab die Gesandten in Peking über» cingekommen sind, identische Depeschen an ihre Regierungen zu schicken. * London, 10. August. Das Auswärtige Amt erhielt rin vom 4. d. M. datirtes Telegramm des Gesandten Mac» donald in Peking, das dem des französischen Gesandten Pichon gleicht. * Brüssel, 10. August. Der Minister deS Auswärtigen erhielt heule eine in Geheimschrift abgefaßte Depesche des belgischen Gesandten in Peking vom 5. d. MtS., die inhaltlich mit dem Telegramm Pichon's an die französische Negierung übereinstimmt. DaS spricht dafür, daß wirklich der Wortlaut der Depeschen abtelegrapbirt worden ist. Es sind offenbar ckiffrirte Draht berichte. Zeder Gesandte hat seine eigene Chiffre. Wenn nun alle in Peking eingeschlossenen Gesandten, jeder in seiner Cbiffre, den gleichen Inhalt depeschirt haben und die Auf lösung in Washington, London, Paris, Brüssel rc. mittelst der verschiedenen „Schlüssel" der einzelnen Regierungen den gleichen Wortlaut ergiebt, so ist mit Bestimmtheit anzu nehmen, daß die chinesische Depeschencensur an keinem dieser Telegramme etwas geändert bat, sonst müßte sich ein ver schiedener Wortlaut ergeben. Formal möglich wäre es ja, daß die chinesische Regierung die Chiffren sämmtlicher Re gierungen besäße und so sämmtliche Telegramme erfunden haben könnte, allein, das ist doch kaum denkbar. Wir verzeichnen noch folgende Nachrichten: * Nokohama, 10. August. (Reuter's Bureau.) Amtlich werden die Verluste der Japaner bei Peitfang auf 200 Todte und Verwundete angegeben. (Wiederholt.) * Kopenhagen, 10. August. Die hiesige Dampfschifss-Gesell. schast „Ostasiatifche Compagnie" schloß mit der russischen Regierung einen Vertrag ab, betreffend den Transport von 10 500 Soldaten nach China. Die Abgangshäfen sind Petersburg und Odessa. Die Gesellschaft miethet hierzu 14 Dampfer, dänische, englische, deutsche, französische und österreichische. (Wiederholt.) Tas kaiserliche Teeret, welches dir Gesandten aus Peking hinauScomplimentiren möchte — ohne Erfolg bekanntlich — hat folgenden perfiden Wortlaut: Ta zwischen gewissen chinesischen Rebellen (!) und den Mächten, veranlaßt durch die christenfeindlichen Gefühle des chinesischen Volkes, Feindseligkeiten auSgebrochen sind, so haben wir den fremden Vertretern in Peking verständigen Schutz (!) an» gedeihen lassen und das Tjung li Namen hat diesen Vertretern den Vorschlag unterbreitet, sie sicher unter Geleit nach Tientsin bringen zu lassen, um einem neuen Angriff Lurch Rebellen vorzubeugen, bevor Ruhe und Ordnung in der Hauptstadt völlig wiederhergestellt sind. Auf den Rath von Li-Hnng-Tschang und Liu-Kunyi haben wir nun Dungln ermächtigt, schon jetzt gute und zuverlässige hohe Civil- und Militärbeamte zu ernennen, sie mit auserlesenen Truppen von Peking nach Tientsin zu bringen, sobald sie den Tag der Abreise festgesetzt haben. Sollten auf dem Wege Rebellen angetroffen werden, die versuchen sollten, die Sicherheit der Reisenden zu bedrohen, so haben jene Beamten die Rebellen sofort zu vernichte» und dabei keinen Mißgriff zu be- gehen. Vor ihrer Abreise von Peking ist den Gesandten der freie telegraphische Verkehr mit ihren Negierungen in offener Schrift wieder zu gestatten, um die Aufrichtigkeit zu beweisen, womit ich sie immer behandelt habe. (!) Wonach sich zu richten. Nun, die Gesandten werden Peking nicht eher verlassen, als bis sie von den Truppen der Mächte abgeholt werden. Das setzt aber voraus, daß, wie wir schon sagten, ein Friedensschluß nur in Peking unter den Fahnen der Ver bündeten möglich ist. Tie englisch-russische Rivalität. Die Verhandlungen derEngländer mitdemVice- könig von Nanking werden in Rußland mit großem Mißtrauen verfolgt. Es verlautet, daß die russische Ne gierung gesonnen ist, den übrigen Mäcbten wie auch Eng land selbst gegenüber auf die Gefahren hinzuwcisen, welche in einer «Veparataction Großbritanniens im Jangt-se-Thale liegen. — In der russischen Presse kommt der Unwille gegen England offen zum AuSvrucke. Die „Rossija" legt dar, daß die Chinapolitik Englands den Haß, den sich Eng land bei allen Völkern bereits durch den Transvaalkrieg zu gezogen hat, noch vertiefen müsse: „Die Rolle Großbritanniens in den chinesischen Ver. Wickelungen hört auf zweideutig zu sein; sie wird schändlich. Schon das eine allein, daß zu einer Zeit, wo ganz Europa seine Kräfte im Norden Chinas concentrirt, England in Abmachungen mit den Vicekönigen tritt, schon dies allein stellt die britische Re- gierung außerhalb der europäischen Familie. Jeder Staat hat in China seine Interessen und jeder Staat muß sie schützen, aber jetzt in einem für die weiße Rasse so schweren Augenblick Gruben zu graben, das ist nicht mehr die Politik materieller Interessen, das ist schon der Verrath der Brüder, das Verbrechen Kaius. Und gegen dieses Verbrechen müssen Alle aussteücn. Rußland bedarf Niemandes Hilfe, um seine Autorität im Osten aufrecht zu erhalten, für die Unerschütterlichkeit derselben bürgt der russische Soldat» dieser heldenmüthige Ritter, der schon jetzt durch seine Tapferkeit in Erstaunen setzt. Rußland wird mit China fertig werden. Aber in England muß man sich dessen erinnern, daß Rußland der britischen Achillesferse nahe ist und daß es jeder Zeit auf diese Ferse treten und England gerade dessen berauben kann, wonach das Panbriten- thum strebt. Von Kuschk bis Indien ist es näher als von Irkutsk bis Mulden." Die „Nowoje Wremja" findet daS Separatabkommen Englands in Südchina „etwas seltsam", da in einem Augen blick, wo das Himmlische Reich von Wirren ergriffen sei, partielle Vereinbarungen über die Abgrenzung von Einfluß sphären ihre Kraft verlieren müßten. Rußland habe deshalb auch nicht daran gedacht, in der Con- centrirung fremder Truppen bei Taku und Tientsin eine Verletzung seiner Einslnßspbäre zu sehen. Was außerdem das russisch englische Abkommen über die Abgrenzung der Einflußsphären betrcsfe, so berühre dieses ausschließlich Eisenbahninter- essen und könne für England nicht die Grundlage abgeben für einen alleinigen Anspruch, im Thale des Jangt-se-kiang Ordnung zu chaffen. Für die Handelsbeziehungen im Thale des Jang-tse intercssiren sich auch andere Nationen, und darunter auch die Ruffen, infolge ihres Theehandcls in Hankau. „Demnach kann man nicht gleichgiltig auf die Ungebundenhcit blicken, mit welcher England begonnen hat, im Thale des Jang-tse und in einem so wichtigen Handelscentrnm wie Shanghai zu ver- ügen. Die Rolle, welche England in Südchina auf sich genommen hat, hat für uns auch noch aus anderen Erwägungen eine ernste Bedeutung." Die „Nowoje Wremja" weist darauf hin, daß England gegenwärtig europäische Truppen nicht zur Verfügung habe und nach China nur das „Surrogat" einer Armee, die Ein geboren en-RegimenterJndiens, entsende. Bei dieser Sachlage könne England im Tbale des Jang-tse leicht sehr traurige Erfahrungen machen, die nachher sämmtliche Europäer zu büßen hätten. England mache sich deshalb auch schon jetzt nach den Worten Brodrick's mit dem Scheitern seiner Hoff nungen in Nordchina vertraut, und wenn es das Schicksal wollte, daß gar noch die Gesandten wirklich nach Tientsin gebracht werben sollten, so würde nur für Rußland die Grundaufgabe in voller Kraft bleiben, sich Garantien für die Sicherheit an der Grenze zu schaffen, nnd außerdem noch für Deutschland die Frage, wie eS für die Ermordung seines Gesandten Genugthuung erlangen soll. Nach der am 26. Mai d. I. vorgenommenen Volkszählung wohnen in Shanghai:2691 Briten,978Portugiese»,736Ja paner, 562 Amerikaner, 525 Deutsche (gegen 138 im Jahre 1870), 296 Indier, 176 Franzosen, 157 Malayen und Philippiner, 111 Spanier, 83 Öcstcrrcicher und Ungarn, 76 Dänen, 63 Schweden, 60 Italiener, 47 Russen, 45 Nor weger, 41 Türken, 40 Holländer, 37 Schweizer, 23 Belgier und 28 andere Staatsangehörige, zusammen 6774 Fremde. Schon aus diesen Zahlen der fremden Bewohner gebt hervor, welck beträchtliche Interessen jede der Mächte in Shanghai zu schützen bat und daß cs von England eine Anmaßung ist, im Jangt-se-Thale selbstherrlich aufzulreten und sich so zu ge- berden, als ob es allein da sei. Gras Waldcrsce'S Gcncralstab. Ucber den Gcncralstab des Oberbefehlshabers wird der „Schics. Zlg." von einem hohen Militär geschrieben: In Ostasien sind die militärischen Dinge um so verwickelter, als nicht unser Expeditionskorps allein dort auftritt, Graf Waldersee vielmehr größere Streitkräfte einer ganzen Reibe von Völkern zu gemeinsamem Operiren zusammen fassen soll. Als Grundbedingung des Erfolges ist aber Ein heitlichkeit der Gesichtspunkte bei den Operationen, Zusammen wirken auf die GefcchtSziele im Kampfe erforderlich. Gemein same Direktiven müssen die Handlungen aller Contingente leiten, einheitlich müssen Etappen- nnd Nachschubwesen ge regelt sein, wenn nicht die tollste Cvnfusion herauskommen soll. Zn beiden Beziehungen erscheint cs unerläßlich, daß das Oberkommando bei jedem der acht oder (wenn man Spanier, Portugiesen und Belgier mitrcchnet) elf Contingente durch mindestens einen, wenn möglich aber zwei Generalstabsofficiere oder Adjutanten vertreten ist, die in der Lage sind, sowohl den Führer des fremden Contingents über die Maßnahmen und Entschlüsse des Oberkommandos, wie auch das Oberkommando über die Vorgänge bei den einzelnen Contingente» schnell und genau zu unterrichten. Nur so ist eine Bürgschaft für die röchst notbwendige und doch so leicht gefährdete Einheitlich kit der Gesichtspunkte und der Handlungen zu schaffen. Aus dem Gesagten erhellt, daß dem Grafen Waldersee voraussichtlich ein Stab von mindestens zwanzig Officieren beigegeben werden dürste, wie er andererseits wobl von jedem der fremden Contingente auch je einen Ossicier zu seinem Hauptquartier commandiren wird. Für die schwierige Stellung des Oberbefehlshabers konnte kein Geeigneterer gewählt werden, als Graf Waldersee, der auch den Strapazen deS Klimas voll gewachsen sein wird, ist doch eine körperliche Rüstigkeit geradezu erstaunlich. Trotz seiner ,8 Jahre stellt er bei jedem Ritt hinter den Hunden einen Mann, und was er auch unter den ungünstigsten Verhältnissen zu leisten vermag, hat er bei den Kaiser- manövern 1896 in der Lausitz bewiesen. Kurz vor Beginn dieser Manöver, bei denen er den Befehl über die auS dem 5. und 6. Corps bestehende Ostarmee führte, scheute sein Pferd bei einem Ritt durch das Manövergelände vor einem Eisenbahnzuge und überschlug sich mit dem Reiter, wobei dieser sebr schmerzhafte Verletzungen erlitt. Nichtsdestoweniger leitete Graf Waldersee, im Wagen fahrend, fünf Tage lang die Operationen seiner Armee-Abtheilung in mustergiltiger Weise. Brief eines Dresdners aus Taku Von Herrn M. Schwaden!, Dresden-Neustadt, wird den „Dresdner Neuesten Nachr." ein Brief seines derzeit in Taku weilenden Sohne- zur Verfügung gestellt, au» dem wir folgende Stelle mittheilen: Am schwersten hat (bei der Eroberung des Taku» fort-) der „Iltis" gelitten und der eine Russe. Der Russe bekam einen Schuß in das Dampfrohr, wodurch viele Leute den Tod sanden. Auf dem „Iltis" ist ein Leutnant und 7 Mann gefallen, 2 Verwundete noch ipäter gestorben und der Commandant schwer verwundet. Eine Stablgußgranate ist durch das halbe Schiff schräg durchgcgangen und hat den Büchsenmacher zerrissen. Die eine Granate hat aus der Commandobrücke oben eingeschlagen und mehrere Leute und den Commandanten verwundet und einige Mann getödlet. Der Commandant wollte aber aus der Brücke bleiben und bat noch liegend daS Commando geführt, so gut er konnte. Das nächste Geschoß hat ihm Gesicht und Hände verbrannt, denn dieses sauste auf der unteren Brücke herein, gerade als der Batterieofsicier dem Hornisten einen Befehl gab. Beide wurden mit weggerissen. Der Hornist soll ein Dresdner gewesen sein. Ter Kops desselben ist nicht zu erkennen gewesen und der Arm mit dem Horn lag auf Deck. Die Hand war so fest eingeklammert in das Horn, daß dasselbe ganz zerdrückt war. Er soll auch damit begraben fein. Die Leichen wurden in Särge gepackt und in die See versenkt, da sie nicht an Land gebracht werden konnten. Im nassen Grabe ruhen sie auch besser. Von den Chinesen ist noch keiner begraben und sie liegen noch herum oder ihre Leichen schwimmen im Flusse. Die Hunde und Schweine fressen an den Leichen und eS ist für einen, der plötzlich hierher kommt, geradezu ein Ekel. Wir sind das jetzt gewöhnt. Liebe Eltern, bitte hebt die Zeitungen gut auf vom Krieg. Behüt' Euch der liebe Gott. Es grüßt Paul. Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. August. In der Reihe der Veröffentlichungen, die den sacialdemo kratischc» Partciparadcn voranzu-zehen Pflegen, ist gestern der Parteiberichterfolgt, den der Vorstand für die Mainzer Tagung erstattet hat. Dem alten Gebrauche gemäß wird darin aller Enden die Anzriffsstellung markirt, die die socialdemokratrsche Partei in Staat und Gesellschaft, im Reichstage, in den Landtagen und Feuilleton. iosi Gold und Llut. Roman aus Südafrika von O. Elster. LiuLlruck verboten. Erstaunt, doch furchtlos blickte sie ihn an, aus dessen schwarzen Augen ihr wilde Leidenschaft entgegensprühte. „Ich glaube, Du sprichst im Fieber, Panda.. . ." „Du verachtest mich?" schrie er aus. „Ich verachte Dich nicht, ich habe nur Mitleid mit Dir. Laß Meinen Arm frei. . . ." „Nein, ich lasse Dich nicht frei! Du sollst mir folgen. . . „Du bist wahnsinnig, Panda." Er hatte ihre beiden Handgelenke umklammert und versuchte sie mit sich fortzuziehen; sie widerstrebte ihm mit aller Kraft, sie rang mit ihm — knurrend und zähnefletschend erhoben sich die Doggen — da krachte ein Schuß — Panda taumelte zurück, stieß einen gurgelnden Schrei aus und brach >zu den Füßen Mary's zusammen. Aus dem Gebüsch trat der Capitän Campbell, die noch rauchende Büchse in der Hand, und eilte auf Mary zu. Von der anderen Seite kam Mary's Vater. „Das war die höchste Zeit, Miß Mary!" rief der Capitän. „Sie — Sie haben geschossen, Capitän?" fragte Mary schaudernd. „Ja — ich hofft, der freche Bursche steht nicht wieder auf. . . . Sie sehen, Miß Mary, wie unvorsichtig Sie waren, diesem Burschen zu vertrauen. Wenn ich Ihnen nicht heimlich gefolgt wäre, würde der Hallunke Sie in den Wald geschleppt haben." „Sie haben ihn getödtet — war das nöthig?" „Allerdings, soll man mit diesen Schuften noch Umstände machen?" Jetzt war auch Herr Walter herangekommen. „Ich glaube, Capitän", sagte er ernst, „unser Erscheinen hätte genügt, den armen Burschen zu verscheuchen. Ihn zu tödten, war jedenfalls nicht nöthig. Auch werden jetzt seine Brüder uns gerade angreifen, um seinen Tod zu rächen. Jf er denn wirklich todt?" Mary kniete neben dem regungSlo» Daliegenden nieder und hob seinen Kopf empor. „Noch lebt er, Vater. . . Walter beugte sich nieder. „Das Geschoß hat ihm di» Brust durchbohrt und die Lunge zerrissen, er hat nur noch Augenblicke zu leben." „Der Arme!" „Sie bedauern den Burschen noch, Miß Mary? Das ist mir unerklärlich.... Ich hoffte, mir Ihren Dank zu erwerben.. . ." Mary sah mit einem Blick zu ihm empor, der ihn verstummen machte. Einige unverständliche Worte murmelnd, trat er zur Seite. Durch den Körper des Sterbenden ging ein Beben. Er stöhnte leise, dann schlug er die Augen auf und sah Mary mit erstauntem Blick an. „Meine junge Herrin hat mich nicht verrathen?" „Panda, glaube mir, nicht ich wollte es, daß Du sterben solltest. . . ." „Meine junge Herrin hat mich nicht verrathen?" „Wie kannst Du glauben — ein unglücklicher Zufall — ein Mißverständniß . . .ich wußte nicht, daß man mir gefolgt war, daß man uns belauschte. . . ." Ueber sein erstarrendes Gesicht huschte noch einmal ein freudiges Lächeln. „Da stirbt Panda yern", flüsterte er. „Er hat seine junge Herrin sehr — sehr lieb gehabt — aber seine junge Herrin konnte ihn ja nicht wieder lieb haben, denn er war ja nur ein armer, schwarzer Boy — ein Knecht — rin Sclave. ..." „Nein, Panda, Du warst unser treuer Freund", sprach da Herr Walter, indem er des Schwarzen Hand ergriff, „weshalb gingst Du von uns fort?" „Können schwarze und Weiße Männer Freunde sein?" fragte Panda. „Entweder sind die Schwarzen die Sclaven der weißen Männer, oder sie werden von den weißen Männern getödtet. Ihr sagt wohl, alle Menschen seien Brüder, und Eure Priester sagen, daß auch die schwarzen Menschen die Kinder des Christengottes seien — aber wir müssen doch Eure Sclaven sein, oder Ihr tödtet uns. . . ." Gurgelnd stieg ihm das Blut in die Kehle, und blutiger Schaum trat ihm auf die Lippen. Sein kräftiger Körper bäumte sich krampfhaft empor, ein furchtbares Röcheln er schütterte seine Brust — seine Hände krampften sich in das Gras — seine Augen suchten Mary — dann ward er stiller und stiller — eitr leises Stöhnen — ein Beben der schlanken, kraft vollen Glieder — Mary verhüllte schaudernd daS Antlitz mit den Händen; als sie wieder aufsah, blickten sie noch immer die verglasten Augen des Todten an. Schaudernd wandte sie sich ab, und Herr Walter schloß dem Lobten di« Augen. „Ich werde einige Leute schicken, welche ihn beerdigen sollen", sagte er leise, „'s ist doch schade um den treuen Burschen." Mary lehnte sich auf seinen Arm und so gingen sic schweigend der Farm zu. Auch der Capitän sprach nicht. Er fühlte sich verletzt und beleidigt. Wie konnte man um den Tod eines Schwarzen nur so trauern? Im Sudan, in Indien und im Innern Afrikas hatte er schon manchen dieser schwarzen oder braunen Burschen das Lebenslicht ausgeblasen. Das Leben eines Schwarzen war ihm nicht mehr, als das eines wilden Thieres. Wie man diese ausrottete, so schoß man auch die Schwarzen nieder, wenn sie sich gegen den Willen der Weißen auflehnten. Mit Milde und Menschlichkeit kam man da nicht zum Ziele. Auf der Farm angekommen, verabschiedete sich der Capitän. „Ich sehe, Miß Mary", sagte er, „daß Sie mir zürnen, weil ich Sie von -den Zudringlichkeiten des Zuluburschen schützen wollte." „Ich zürne Ihnen nicht, aber ich fand ihre Ha'idlungsweise vorschnell und grausam." Er zuckte die Achseln. „Mag sein . . . jedenfalls war sie wirksam; doch verlieren wir keine Worte mehr darüber. Ich habe zehn Jahre in den Colonien aller Welttheile gelebt, da verlernt man die Sentimentalität." „Und auch die Menschlichkeit, wie mir scheint." Er verbeugte sich ironisch. „Wie Sie es nennen wollen", entgegnete er. „Ich will nicht darüber streiten. Doch bitte ich um die Erlaubnis, mich verabschieden zu dürfen. Der Wacht- posten-Commandant sagte mir, daß morgen ein Verwundeten- und Gefangenentransport von der Station Elandslaagte nach Johannesburg abgeht, ich werde mich dem Transport an schließen und morgen in aller Frühe nach Elandslaagte reiten. Eine Boerenpatrouille begleitet mich. . . . Leben Sie wohl.. . ." „Leben Sie wohl, Capitän. . . „Miß Mary — soll das unser Abschied sein? — Ich bin Ihnen so unendlich Dank schuldig. . . ." „Ich bitte — ich verdiene keinen Dank — ich that nur meine Pflicht, wenn ich einen schwerverwundeten Officier der Königin pflegte. Ich hoffe, Sie werden völlig wiederhergestellt werden." Da quoll der Stolz, der Trotz in seinem Herzen empor. Ihre kühl-höflichen Worte drängten das warme Gefühl, daS sich in ihm regen wollte, wieder zurück. Er verbeugte sich mit großer Höflichkeit und sehr förmlich und sagte: „So habe ich die Ehre, mich Ihnen, Miß Mary, zu empfehlen." „Leben Sie wohl." Wenn Mary ein freundliches Gefühl für diesen Mann gehegt und ihm gern Freundin gewesen wäre, so hatte die letzte Stunde dieses Gefühl gänzlich ausgetilgt. Die rücksichtslos« Grau» samkeit, mit der er den armen Panda niederschoß, hätte sie ihm vielleicht noch verzeihen können, da er glaubte, zu ihrer Rettung so handeln zu müssen. Daß er aber über ihr Gefühl der Trauer spottete, ließ sie erkennen, daß seinem eigenen Herzen jede tiefere Empfindung, jedes edle Menschenthum mangelte, und damit erstarb jedes Interesse, welches sie etwa für ihn gehegt. Er war der Vertreter des brutalen Egoismus, der rücksichtslos niederwirft, zerschmettert und tödtet, was ihm in den Weg tritt. Mit einem solchen Manne mochte sie kein; Gemeinschaft haben. Am anderen Morgen, in aller Frühe, verließ der Capitän mit der Boerenpatrouille die Farm, auf der man sich jetzt zur ernsthaften Vertheidigung gegen einen Angriff der Schwarzen einrichtete. Man sah auch einige der schwarzen Krieger am Waldessaum entlang streichen und sandte ihnen einige Schüsse zu, worauf sie rasch in dem Walde verschwanden. Aber zu einem Angriff schienen sie sich doch nicht entschließen zu können, die Farm war ihnen wohl zu stark besetzt. Sie kannten die Treffsicherheit der Boerenschlltzen, und da sie selbst keine Ge wehre besaßen, wollten sie sich den sicheren Geschossen der Boeren nicht aussetzen. Nach einigen Tagen waren sie vollständig aus der Umgegend verschwunden. Aber auf einer Streifpartie, welche die Boeren unternahmen, fanden sie im Walde die Leichen des Capitän Campbell und seiner Begleiter. Die Brust der Getödteten war von zahlreichen Assegais durchbohrt und ihre Schädel waren zertrümmert. . . . So hatten die Schwarzen den Tod Panda'S furchtbarer Weise gerächt. Zwölftes Kapitel. Die Zelte des großen Hospitals in Johannesburg waren bis auf das letzte Bett belegt, mehrere Schwervrrwundete mußten noch in Privathäusern der Stadt untergebracht werden. Die meisten Verwundeten auS den Kämpfen am Modderriver, bei Belmont, Magersfontein und ColeSberg wurden im Hospital von Johannesburg verpflegt. Freilich, die Verwundeten waren meist Engländer, da die ver wundeten Boeren sich häufig in ihrem Hause verpflegen ließen oder in den Ambulanzen an der Front blieben» um nach ihrer Heilung sofort wieder zu den Waffen greifen zu können. Auch mehrere deutsche, französische und belgische Freiwillige, die in dem Boerenheere mitqekämpft hatten und verwundet waren, lagen in dem Johannesburger Lazareth. Da ruhten sie in langen Reihen neben einander, die Opfer deS unglückseligen Kriege», bleich und erschöpft von dem Blutver lust und den Operation»»; di» Boeren meistens ruhig und ge»
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