01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000813017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900081301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900081301
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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- Tag1900-08-13
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Dröhere Schriften laut nuferem PreiS- verzeichuiß. Tabellarischer und Ziffernfatz »ach höherem Tarif. Extra-8 ei la am (gefalzt), nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne Postbeförderuug L).—. mit Postbeförderung 70.—. F«uah«eschl»ß für Anzeigen: Ab end «Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag- 4Uhr. Vei den Filiale» und Annahmestelle» je ei« halb« Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richte«. Druck «ud Verlag vo» E. Polz kn Leipzig O8. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Nachdem der Vertrieb von Maaren verschiedenster Art durch Verkauf von sogenannten Gutscheinen (Gutschein«, Hydra« oder Gellahandrl) in letzter Zeit auch in unserer Stadt sich bemerkbar gemacht hat, nehmen wir in Verfolg einer Verordnung de» König lichen Ministerium« de« Innern zu Dresden vom 18. Juni 1S0O hiermit anderweit Veranlassung, da» kaufende Publikum auf die mit dem Erwerbe der Gutscheine verbuudeoe Gefahr empfindlicher Geldeinbutzeu hinzuweisen, die durch die steigende Schwierigkeit des Absatzes der Scheine und deren infolge dessen häufig eintretenden Verfall herbeigeführt werden. Sind die gelieferten Maaren un brauchbar oder geräth der Geschäftsinhaber, dem di« Anzahlungen lange vor Lieferung der Maaren »»vertraut wrrdeu müssen, in Coneur», so leiden die Käufer gleichfalls Schaden. Es sei übrigen« darauf hingewiesen, daß der Weitervertrieb der Gutscheine die damit sich befassenden Personen unter Umständen in die Gefahr de« Verstoße« gegen gewisse Strafbestimmungen der Reichsgewerbeordnung bringt, die wir gerade im Hinblick auf d«a unlauteren Charakter de« Gutscheinhandel« mit aller gebotenen Strenge anwrnden werden. Leipzig, am 9. August 1900. Der Rath her Stadl Leipzig. VI». 5871. vr. Tröudliu. Donack. Bekanntmachung. ES ist neuerdiugS vielfach wahrzunehmeu gewesen» daß Schul kinder hier auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, sowie ohne Bestellung vo» Hau« zu Hau« oder in öffentlichen Wirth- schaften Gegenständ«, iu«beso»dere Alicgeudüten, Streichhölzer und Blumen» fetlgeboten haben. Mr nehmen deshalb hiermit Leraulassuug, darauf hinzuweisen, daß ei« derartiger Haadel nach 88 48 d, Abs. 5, 148, Abs. 1, Ziff. 7ä der RrtchSgewerbeordnung i» Verbindung mit 88 123, 158 de« Straßeupolizeiregulativ» bei Geldstrafe bi« zu 150 ^l oder Haft bi« zu 4 Wochen verboten ist, uud daß wir in Zukunft bei etwaiger Zuwiderhandlung gegen die Eltern «ud Auftraggeber der Kinder auf« Strengste Vorgehen werden. Ingleichen machen wir darauf aufmerksam, daß da» Tragen von Kltegendüten auf Fußwegen unstatthaft ist »ud gemäß 88 b, 158 de« Straßenpolizeiregulattv» bestraft werden wird. Leipzig, am 11. August 1900. Der Rath der Stadt Leipzig. VI». 5907. vr. Tröudltn. vr. Müller. Gewölbe-Vermiethung. Im städtische» Grundstück« Grimmatfche Straße Rr. 1 ist drr Laden link« mit den durch eine Trepp« verbundenen Geschäfts räumen im ersten Obergeschosse vom 1. April 19VI an zusammen für den jährlichen Miethzln« von 10050 ^l zu vermiethen. Miethgesuche werden auf dem Rathhause, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 20 entgegengenommeu. Daselbst wird auch jede weiter« Aus kunft rrthetlt. Leipzig, de» 2. August 1900. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Lröudlin. Römer. Feuilleton. SluS der Jugendzeit Les „wilden Markgrafen". Von vr. A. Schröder. N-ckdruckverboten. Ein« unserer innigsten und kernigsten Kreuz« und Trostlieder I ist daS schöne Bekenntniß: „Was mein Gott will, gescheh allzeit, . I sein Will', der ist der beste . . . ." Als Verfasser dieser LiedeS I (Nr. 609 im sächs. LandeSgesangbuche) wird Martgraf Albrecht l von Brandenburg angegeben; die genauere Bezeichnung müßte lauten: Markgraf Mbrecht Alcibiade» von Brandenburg-Kulm« bach. Er ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen deS sechzehnten I Jahrhunderts. Die Geschichtsschreiber haben manch«- hart« Ur« I rheil über ihn gefällt. Maurenbrecher sagt von ihm, er sei „dem I Krieg-Volke ein Abgott, dem ruhigen Bürger «in Schrecken" ge- I wesen; kurz vorher heißt «S: „Da- protestantische Bekenntniß war I chm etwa» AeußevlicheS, Gleichgiltiges." (Allgem. Dtsch. Biogr. I I. S. 254.) Friedrich von Bezold spricht davon, wie unberechen« I bar und unbezähmbar Albrecht gewesen und weist auf einen W charokteristkschen Ausspruch von ihm hin: „SS ist allenthalben I so guter Fried, daß zu erbarmen ist; «» ist aller Krieg abge« I storben, Gott erbarm»!" So hat ihm Vie Geschieht« den Bei- I namen de» „wilden Markgrafen" gegeben. Gleichwohl war ihm I religiöse» GemüthSleben nicht ganz fremd. Im „Archiv für Ober« I franken" finden wir darüber manche interessante Mittheilung: I „Religiosität und Irreligiosität stritten in sonderbarer Mischung I um die Herrschaft in seinem Charakter. Während er e» in Flüchen, dermeffenrn Reden, in Trinkgelagen und Wohlleben I jedem Anderen zuvorthat, stieg er nie zu Pferde, ohne da» von I ihm her bekannt« Reitrrgwetlein: Da» walt der Herr Jesu» Christ, Mit dem Vater, drr über un» ist. Wer stärker ist, al» dieser Mann, Der komm und thu ein Leid mir an! Während wir von ihm da» schöne Kirchenlied haben: „Wa» I mein Sott will, gescheh' allzeit u. s. w.", so ist von chm bekannt, I daß er in seinem bewegten Leben ein einzige» Mal da» heilige I Abendmahl genoß. Und al» ihn «inst Jemand erinnert«, wie I unrecht e» sei, die Waffen gegen da» eigene Vaterland zu führen, V soll er die Antwort gegrben haben: „Er wolle dem Teufel dienen, Venn rr ihm Geld gebe." Da» überall» Widerspruchsvolle im Charakter diese» Fürsten > »klärt sich nun mannigfach, wenn man seiner Jugendjahre, zu« I mal seiner Erziehung gedenkt. Am LS. März 1VL2 al» Sohn de» Höhen»ollernmarkgrafrn I Kasimir zu Ln»bach geboren, hatte der junge Albrecht da» Un- I glück, wenig« Jahr« daraus feinen Vater zu verlterea. Am I LI. September 1527 versprach König Ferdinand, drr Bruder * Montag den Städtebilder aus Sachsen. Glaucha«. Don Alfred Laue. Nacktruck ».rbotcn. Unter den Städten des amtshauptmannschaftlichen Bezirkes Glauchau nimmt sowohl hinsichtlich der Industrie wie auch in Bezug auf die Zahl seiner Einwohner die freundlich an der Mulde gelegene Stadt Glauchau, die Hauptstadt der Schönduvgr« schen Receßherrfchaften (gräflich Schonburgische Residenzstadt), Vie man auch» und nicht mit Unrecht, „Gartenstadt" bezeichnet, den ersten Platz ein. Handel, Industrie und Verkehr stehen dort in voller Blüthe, und letzterer wird besonders begünstigt durch die vorzügliche Eisenbahnverbindung, deren sich diese Stadt sowohl mit den größeren Städten Sachsens als auch der Nachbarstaaten erfreuen kann. Gegenwärtig hat Glauchau eine Einwohnerzahl von rund 27100 Personen; bei der Volkszählung 1875 zählt« man 21743 und bei der letzten im Jahre 1895 stattgefundenen Volkszählung 24 914 Einwohner. Hieraus geht zur Genüg« hervor, daß Glauchau in den letzten Decennien einen ganz ge waltigen Aufschwung genommen hat. Zu Anfang des 17- Jahrhunderts nahm Glauchau noch nicht den Rang ein, den es jetzt unter den Städten Sachsens einnimmt. Erst das 19. Jahrhundert hat Glauchau den Aufschwung in seinem industriellen Leben gebracht und nach und nach der Stadt zu seiner heutigen Bedeutung verhalfen. Vor 100 Jahren wurde in Glauchau auch noch theilweise Ackerbau mit betrieben; heute aber ist — man kann wohl sagen der größte Theil feiner Ein wohnerschaft in der Industrie thätig, und zwar hauptsächlich in der Textilbranche. Die Entstehung und die Anfänge der Stadt Glauchau sind in Dunkel gehüllt. In den alten Urkunden findet sich hierüber nichts. Glauchau tritt uns zum ersten Male in einer Urkunde vom Jahre 1256 urkundlich als Stadt entgegen. Die Entstehung des Namens Glauchau bezw. der Schreibweise wird verschiedentlich ausgelegt resp. abgeleitet. In Eckardt's Chronik heißt es hierüber, daß man den Namen der Stadt aus der wendischen Sprache abzuleften suchte, da man von der Existenz der Celten in dieser Gegend nichts wußte. Man suchte ihn also daher aus der wendischen Sprache abzuleiten, und zwar von hluche (nämlich hory Berg), so daß das Wort „taube, leere Berg" bedeuten sollte. Nach der einen Meinung deshalb, weil daS Rothliegerde leer von Erz, nach der anderen, weil die Hügel kahl, vegetationslos gewesen seien. Beide Ableitungen hinken: jene, weil Bergleute an und für sich wissen mußten, daß das Rothliegende nicht erzführend ist, diese, weil die Hügel sicher ebenso, wie die Leithen und di« sich heran erstreckende Rümpfe, bewaldet gewesen sein mögen. Durch das Celtischc aber ge winnen wir eine viel glücklichere Deutung des Namens „Glu- chowe", wie er in der ältesten Zeit allerdings schon mit wendischer Endung versehen, lautete. Ursprünglich ist daher Gluch oder Gluck gesagt worden, wie es auch in den Urkunden des Mittelalters noch vorkommt. Das Stammwort ist Loch — mit Wechsel des Anlautes gloch — „der Sumpf". Daß der heutige Wehrdigt (der untere Stadttheil) ein solcher Sumpfsee gewesen, wird durch den überall vorkommenden tiefen Flußsand bestätigt. Glauchau war also ursprünglich eine der Sumpf- oder Wasserburgen, wie sie die Celten gern anlegten. 13. August 190« Herr vr. Reinhold Hofmann-Zwickau aber schreibt in den „Schönburgischen Geschichtsblättern" in seinem Artikel „Stim men über die Stadt Glauchau aus vier Jahrhunderten": Der Name der Stadt ist, wie so viele Ortsnamen, in ihrer nächsten Umgebung, slavisch. Das Wendenthum hat sich in den hiesigen Gegenden länger erhalten, als in den meisten übrigen Theilen Sachsens. 1337 verbot Friedrich von Schönburg die sorbische Sprache in den Gerichtsverhandlungen. Nach der am meisten verbreiteten Erklärung soll „Glauchau" „von dem sor bischen Worte hlucho Herkommen, welches so viel als taub oder leer heißt; man nimmt nämlich an, die Sorbenwenden hätten auf dem Berge, auf welchem in der Folge Glauchau erbaut wor den ist, Erz gesucht, auch eingeschlagen, aber nichts gefunden, und ihn dann aus diesem Grunde den tauben (leeren) Berg genannt". „Man/ kann bei Erklärung des Namens an den ehemaligen nahen Kupferbergbau auf dem davon benannten Kupferberge vor Wernsdorf (bei Glauchau), an die sonderbaren Weitungen (unterirdischen, kellerartigen Gänge) im Stadt- und an die Stollen im Scheerberge erinnern. Diese Namenserklärung (Glauchau — tauber Berg, Boden ohne Erze), welche mir neuerdings wieder wahrscheinlicher erscheint, wie die jetzt bevor zugte Ableitung als „Stadt des Gluch", also etwa „Taub mannshausen", findet sich unter Anderem in Mag. Georg Koer- ner's, des Pastors von Bockau bei Schneeberg, 1758 erschienenem, zahlreiche Erklärungen Schönburgischer Ortsnamen enthaltenden Schriftchen .,vs origiludus Leftveudurgicin". Der Zittauer Gymnasialrector Adam Daniel Richter (1761) schwankt zwischen dieser (Glauchau — der taube Berg) und einer anderen Er klärung aus dem Slavischen, nach welcher Glauchau „einen gleichen, einen ebenen Berg" bedeutet. Ganz von der Hand zu weisen ist die Deutung aus dem keltischen (Glauchau — sumpfiger Ort): die Celienfrage hat mit unseren Gegenden nichts zu schaffen. Von den Chronisten, die Glauchaus etwas aus führlicher gedenken, werden übereinstimmend die „tiefen Gräben" und die „wohlerbaute", „wohlbewahrte" Burg hervorgehoben. In diesem Sinne schreibt auch der „Pirnische Mönch" Johann Lind ner. Er ist der Verfasser eines mit dem Jahre 1530, Wohl seinem Todesjahre, abschließenden geographisch - historischem Sammel werkes, das handschriftlich (2 starke Foliobände) in der Leip ziger Rathsbibliothek aufbewahrt wird. Nur ein kleiner Theil ist gedruckt: Lei Mencke, Scriptores u. s. w., Band II; hier heißt eS auf Seite 1562: „Glawche, ein stat an einem berge, darunter die czwickessche Mulde fleuss, I Meile von Zwickawe, I von Grymmecz (Crimmitschau), I von Meren (Meerane), I von Waldenburg u. s. w. hat zum teyl sehr ttfe graben, ein feste, wol erbaute burck, vnder der cronen zu Nehmen, ankunftlich, als auch more. Do ein freier Her Ernst von „Schönburg" (üllVOXXX) sein Hofgelegir (Hoflager) hat gehalten, vnd eine wunderliche artige mal mul vnd papir mol etc. erbaweth. Hat vmbher (d. h. in der Umgebung Glauchaus liegen) Wornstorf, Lanckwicz (Lungwitz), Glesa (wohl Gesau), Oberwinckel, Reymelsheyn (Reinholdshain), Niderwinkel. Vnd (AlLO^LI-XXXVIU) viel der torm auf dem Slosse nyder, als den (— nachher) vorstarb der edle Herr Ernst, vormelten Herrn Ernsten, der diselbige Zeit geboren, Vater." Die Annahme des Herrn vr. Hofmann, daß der Name Glauchau slavischen Ursprunges ist, wird wohl, nach den ge- 94. Jahrgang. nauen etymologischen Forschungen, die der Genannte vor genommen, di« richtigste sein. Eng verknüpft miit der Geschichte der Stadt ist auch die des alten, in grauer Vorzeit erbauten Schlosses resp. des Schönburgischen Hauses, auf die näher einzugehen einen zu breiten Rahmen einnehmen würde. Nur Einiges sei hier angeführt. Ueber die Urgeschichte des Schönburgischen Dynastengeschlechtes finden sich sehr verschiedene Angaben vor. Urkundlich werden die Schönburg«! zum ersten Male 1212 genannt. Als erster Herr von Schönburg kommt Hermann 1182 urkundlich vor. Seine Nachkommen zerfielen in mehrere Linien, bis Ernst 1529 Erbe sämmtlicher Herrschaften und somit der nächste Stammvater des Gesammthauses Schönburg wurde. Dessen Söhne stifteten 1556 die Glauchauische, Waldenburger und Peniger Lini«. Nachdem die erste derselben 1620 erloschen, nannte sich die zweite di« obere oder ältere und die Peniger die untere oder jüngere Linie, auch wurde jene Schön- burg-Wal'denbuvg, diese wegen des nunmehrigen Be sitzes von Glauchau, Schönburg - Glauchau genannt. Die obere oder Waldenburger Linie, gestiftet von Hugo, dem Sohne Ernst's, wurde 1790 in der Person des Grafen Otto Karl Friedrich in den Reichsfürstenstand erhoben. Durch des Letzteren Söhne bildeten sich die Linien Schönburg-Walden burg, Schönburg-Hartenstein und der böhmische Ast. An der Spitze der Linie Schönburg-Waldenburg, gestiftet von Otto Victor (geb. 1785), steht jetzt Fürst Otto Victor, geb. 22. August 1882. Di« Linie Schönburg-Hartenstein wurde von Otto Karl Friedrich's zweitem Sohne, Fürst Alfred, gestiftet; der 1840 ohne Leibeserben starb, worauf seine Besitzungen an seinen älteren Bruder, den Fürsten Otto Victor, und an die jüngeren Brüder, Fürst Eduard, der bisher den böhmischen Ast gebildet hatte, und Fürst Hermann, genannt Schönburg-Tempelhof, übergingen, welch Letzterer 1846 starb. Fürst Eduard (ge boren 1787, gestorben 16. November 1872) wurde 1844 von Seiten Sachsens und Oesterreichs als Chef der Linie Schönburg- Hartenstein anerkannt; jetziger Chef der Linie ist Fürst Eduard Äloys Maria Alexander Conrad, geboren 21. November 1858. Die jüngere oder Peniger Linie stammt von Ernst's jüngerem Sohne, dem Grafen Wolfgang, dessen Söhne, Wolfgang Ernst, gestorben 1612, und Wolfgang Heinrich, gestorben 1657, die beiden Linien Schönburg-Rochsburg-Hinterglauchau und Schön- burg-Penig-Fovderglauchau-Wechselburg stifteten. Die ältere Linie theilte sich in zwei Aeste,und zwar Schönburg- Rochsburg und Schönburg-Hinterglauchau. Die erste erlosch 1825 im Mannesstamm mit dem durch seine musterhafte Wirthschafts- führung ausgezeichneten Grafen Heinrich Ernst (geboren 1760). Seine Besitzungen fielen an die überlebenden Brüder von Schönburg-Hinterglauchau, von welchen der ältere, Graf Albert, geboren 1761, die Lehnsherrschaft Rochsburg übernahm und an seinen Bruder, den Grafen Ludwig, geboren 1762, die Receßherrschaft Hinterglauchau verkaufte. Graf Albert starb 1817 ohne Leibeserben, und seine Besitzungen fielen an seinen Bruder Ludwig. Dieser starb 1842, und es folgte ihm in Hinterglauchau ftin Sohn, Graf Heinrich (geboren 14. Sep tember 1794, gestorben 12. März 1881), jetziger Chef dieser Linie ist des Letzteren Sohn, Graf Richard Clemens, geboren 19. November 1829. Die Linie Penig - Forderglauchau- Wechselburg theilte sich mit den Söhnen des Stifters 1657 in Kaiser Karls V., dem sterbenden Freunde, daß er sich des der- i waisten Knaben annehmen wolle. Als Vormund wurde Georg' der Fromme von Ansbach bestellt; ihm sollte Albrecht von Preußen unterstützend zur Seite stehen. Die außerordentlich traurig« Finanzlage in Franken zwang Georg zur äußersten Sparsamkeit. Diesen Gesichtspunkt hielt «r auch bei seinen Er ziehungsplänen für sein junges Mündel fest. Nur 10 000 Gulden jährlich behielt er für fürstliche Ausgaben zurück. Verschwendung darf man ihm also nicht vorwerfen, wie es Pentz (in „Ba varia" 3 Abth. I) thut, der übrigens genugsam durch die For schungen des oberfränkischen Archivs widerlegt ist. (Archiv f. Oberfr., 10. Bd. 1. Heft, vgl. die „Ehrenrettung".) Trotz der schwierigsten wirthschaftlichen Lage behielt Markgraf Georg immer das Wohl des ihm anvrrtrauten Knaben im Auge. Im Erdvertrag« vom II. Juni 1529 ward bestimmt, der junge Albrecht soll« nach dem Tode des Herzogs Albrecht von Preußen gleich nach Markgraf Georg und 'dessen männlichen Erben für Preußen in Betracht kommen. König Ferdinand und Kurfürst Joachim von Brandenburg hätten «S gern gesehen, wenn das Kind au» seiner Umgebung genommen und katholisch erzogen worden wäre. Aber der getreue Vormund wollt« den Knaben weder an Ferdinand'» noch an deS Kaisers Hof gehen lassen. Den dringenden Forderungen Karl's V. begegnete er mit viel diplomatischem Geschick, indem er sich auf alte Familienverträg« berief. Die Erziehung des Kindes übertrug er den beiden Grafen Leuchtenberg und Gleichen, denen einige Präceptoren unterge ordnet waren. Wie sehr Markgraf Georg über dem Ganzen wachte, ersteht man darau», daß er auf Grund eine» Verdachtes de» Herzog» Albrecht genauen Bericht einfordert«, wie es um die Leben-weise de» jungen Herrn bestellt sei. Die Auskunft lautete zufriedenstellend: Von Gastereien in Kulmbach, heimlichen Briefen, römischen Einflüssen könne keine Rede sein. Lang in seiner „Geschichte deS Fürstenthum» Baireuth" weiß davon zu er zähl««, daß dreftehn Edelknaben dem jungen Prinzen als Be dienung zur Verfügung standen; au» vornehmen Familien waren sie entnommen, den Geschlechtern von AbSperg, Bestenberg, Büchau, Siech, Thuna, Schaumbrrg, Crailsheim, Wildenfel», Seckendorf, Sendorf, Gruner, Reizenstein, Ebenheim. Niemals aber hatt« Albrecht einen Freund oder Gespielen gleichen Alter». So kam e», daß er frühzeitig von Vergnügungen und Genüssen erfuhr, die seinen Jahren noch lange nicht zukamen. Noch ein Kind, machte er wilde Jagden mit. Vei solcher Gelegenheit kam er einmal erhitzt in ein neugetünchte» Gemach und wurde durch schwere Erkältung längere Zeit hinfällig. Sein« Lehrer gaben wohl stet» ganz leidlich gute Bericht«, gingen aber selbst nicht immer mit dem besten Beispiel« voran. Der Hofmeister Georg Beck holte sich 1537 bei Gelegenheit eine» Hochzeitsfchnrause» durch Unmäßigkeit den Tod. Auch Amtmann von Knörring zu Stauf, ein Kammersekretär und ein Hoftrompeter „vom Saufen tobt auf dem Platze blieben". Unter solchen Umständen konnte von «iner wahren «u»bildung be» Gemüthlleben» nicht die Rode s«tn, zumal ein« Mutter fehlt«, di« sich nach dieser Richtung hin deS Knaben angenommen hätte. Der lückenhafte, oft unter brochene Unterricht fesselte den stürmischen Prinzen wenig. 'Ge rade während seiner wichtigsten Entwickelungsjahre aber war Markgraf Georg mit Rechnungen und finanziellen Schwierig keiten aller Art so in Anspruch genommen, daß er sich nicht so eingehend um die Erziehung seines Mündels kümmern konnte, wie er sonst wohl gern gewollt hätte. Als Herzog Albrecht den dreizehnjährigen Knaben dringend ermahnt«, recht fleißig zu lernen, da schrieb dieser «inen hübschen Brief zurück, der zeigt, daß der junge Graf recht verständige Regungen haben konnte. Fraglich ist freilich, ob er dieses Antwortschreiben ganz allein oder mit Hilf« seiner, Alles leicht beschönigenden Lehrer ent worfen hat. Es heißt in diesem Briefe: Der Oheim möge entschuldigen, wenn er noch nicht so tief den Werth des Studiums bedenke, . . . „wie ich vermerke, daß dasselbe allererst die Er fahrung geben muß" . . .; gegen Schluß schreibt er: „Gott wolle seine göttliche Gnade und Segen dazu geben, daß ich mein angefangen Studium zu seinem göttlichen Lobe, Ehre und Preis fortführen und zu selbigem Ende führen möge." (Mit- getheilt bei Joh. Voigt, Markgraf Albrecht AlcibiadeS von Brandenburg-Kulmbach.) Noch mehrfach hat der jung« Graf seinem Oheim in lateinischen Briefen die besten Vorsätze und Betheuerungen ausgesprochen; es mochte auch Wohl im Augen blicke ernstlich und gut gemeint sein, aber eS fehlte die straffe Zucht «ine» Vaters und eines rechten LehrerS. Jagen, Reiten, Saujagden besonders waren dem angehenden Jüngling lieber, als daS Stillesitzen mit Büchern. Für die lateinischen Klassiker gewann er eine gewisse Vorliebe, doch kam er hierbei mehr zu einem gewandten Lateinschreiber, als zu tieferem Eindringen. Eine frühzeitige Leidenschaft für Trunk und mancherlei Ausschweifung rüttelt« oft an seiner Gesundheit. Bei jener Hochzeftsfeier, bei der sein Präceptor sich so wenig zu be herrschen wußte, trank und tanzt« der Fünfzehnjährig« so maß los, daß er ein ganzes Jahr siech wurde. Die Hofleute be trachteten, wie Lang berichtet, den Grafen „als einen verlorenen Menschen" . . . „der durch seine Rohheit untauglich zur Regierung, durch seine frühzeitigen Ausschweifungen des Trünke» unfähig eine» längeren Leben» sein würde." Uebelsten Einfluß müssen dabei vor Allem zwei Männer au»grübt haben: Kanzler Vogler, der Jenem „Höllenscenen von Verrätherei und Betrug vormalte" und Wilhelm von Gcumbach, der die niederen Leidenschaften schürte, „beide Männer warfen sich den Prinzen wie «inen Ball zu". (Bei Lang, Gesch. de» Fürstenth. Baireuth.) Herzog Albrecht von Preußen, der mit banger Sorge dir Ent wickelung de» Knaben verfolgte, versprach sich für einen günstigen Umschwung viel, wenn der stürmisch« junge Herr erst die Witten berger Universität bezogen hätte und dort einem geordneten Studium obläge. Ander» dachte Markgraf Georg, drr nicht viel vom Wittenberger Studentenleben hielt. Gegen den Plan Herzog Albrecht» sprach auch ein Gutachten de» prtnzlichen Gou- verneur» Wiesenthau, der deutlich genug warnen mußte: „Ich l besorg», daß r» bereit» mit dem jungen Herrn so weit gekommen sei, daß seines Studirens nicht viel mehr sein wird." Ein neuer Hofmeister, Herr von Podeck, konnte, wie seine Vorgänger, keine Macht über den jungen Mann gewinnen. Bezeichnend für die Auffassungsweise damaliger Zeit ist der seltsame Gedanke, den Clemens VII. hegte, Albrecht könnte sich später vielleicht ein mal dem geistlichen Stande, also ganz den Interessen der katholischen Kirche widmen. Markgraf Georg ward es in Folge dessen nicht schwer, einige gute Pfründen seinem Mündel aus zuwirken. Es ist ja richtig, dem evangelischen Glauben, den Georg in die fränkischen Fürstenthümer gebracht hatte, war Al brecht nicht von Herzen zugethan, aber „ebensowenig auch dem katholischen". Vielmehr bewegte es ihn, ganze Tage lang in Wäldern und Bergen umherzuschweifen und in wilden, tollkühnen Jagden sein Denken und Sinnen aufgehen zu lassen. AlS er einmal Nürnbergische Kaufleute aufgreifen und ausplündern ließ — auS Rache dafür, daß die Nürnberger einige ferner Jagd gesellen hatten aufheben lassen, wäre eS beinahe zum Kriege ge kommen. So von wilden, kriegslustigen Gedanken beseelt, nie mals gewohnt, strenge Selbstbeherrschung zu üben, allezeit schwachen Lehrern, üblen Berathern und einem anderweitig zu viel beschäftigten Vormund untergeben, dem er immer recht kühl gegenüber stand; ohne jemals die liebevoll leitende Hand einer Mutter verspürt zu haben — Letztere, Namens Susanna, war bereit» 1529 eine zweite Ehe mit Pfalzgraf Otto Heinrich ein gegangen und kümmerte sich nicht mehr um ihr Kind — so also, unter den traurigsten Umständen für ein Fürstenkind, übernahm er al» Neunzehnjähriger die Regierung des Bayreuther Landes. Großer Thatendurst mit einem noch ungefestigten Charakter, das konnite und mußte verhängnißvoll werden. Nicht mit Unrecht gab man ihm den Beinamen AlcibiadeS, „weil er dem griechischen Jüngling an Tugend und Lastern geglichen," wie Jäger im Archiv de» historischen Vereins deS Untermainkreises (I) treffend bemerkt. Unstät, wie seine Jugend, ist sein ganze» Leben gewesen. Sinnlose Kriegswuth brachte ihn um alle Eroberungen, sogar um seine Stammlande und deren Herz, die Plassenburg bei Culmbach. Et ist nicht unwahrscheinlich, daß dem Geächteten, überall durch eigene Schuld Au-gestoßenen, in der nothge- drungenen Verbannung, die er sich auflegen muhte, manche längst entschwundene, evangelische Regung wieder auftauchte. Man hat eS bezweifelt, aber sollte nicht gerade au» solcher Stimmung hrr- au» da» Lied erklungen sein, dessen wir am Anfänge gedachten? Möchte e» un» doppelt ergreifen, wenn wir an da» tragische Schicksal seine» unglücklichen Dichter» denkrnl —
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