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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000821015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900082101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900082101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-08
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Juli, schreibt man der „Welt-Correspondenz": So lange gemäß der Berliner Acte eine unabhängige samoa nische Regierung bestand, mußte cs die natürlich-politische Auf gabe der Vertreter der in Samoa intereffirten Mächte sein, durch Unterstützung der jeweilig die Majorität innehabenden Partei der Eingeborenen geordnete Zustände in Samoa best möglichst aufrechtzuerhalten, obwohl jeder Kenner der samoa nischen Verhältnisse die Ueberzeugung hatte und haben mußte, daß die Samoaner zu einer auch nur im geringsten Maße ge deihlichen Selbstverwaltung vollständig unfähig sind. Die Ver gangenheit hat dies zur Genüge bewiesen, auch wenn man von dem verderblichen Einfluß, welchen die beständige Eifersucht der drei Vertragsmächte auf die Eingeborenen haben mußte, gänzlich absieht. Als daher im November vorigen Jahres die Nachricht eintraf, daß Deutschland die Verwaltung der Hauptinseln Samoas übernehmen werde, gleichzeitig aber auch, daß die Re gierung vor der Hand nicht beabsichtige, durch eine Verstärkung der maritimen Machtmittel in Samoa den noch in Kriegsauf regung befindlichen Eingeborenen zu imponiren, so blieben den mit den Geschäften interimistisch beauftragten deutschen Beamten nur zwei Wege übrig: entweder durch Anwendung aller Mittel der Diplomatie eine Aussöhnung der Parteien herbeizuführen und auf diese Weise die friedliche, wenn auch langsame Ent wickelung einer Selbstverwaltung der Eingeborenen unter Rath und Führung der dazu berufenen weißen Beamten anzubahnen, — oder aber offen Partei für Mataafa, den Führer der Majo rität der Eingeborenen, zu nehmen, und mit ihm durch Dick und Dünn zu gehen. Die Ansichten der Spitzen der Behörden über die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit dieser zwei grund verschiedenen Systeme gingen leider weit auseinander. Das Be streben des vr. Sols, damals noch Präsident des Municipal- raths und ohne die heutigen Machtbefugnisse als Gouverneur, ging dahin, zunächst eine Einigung der Parteien herbeizuführen, und einer gemeinschaftlichen Äerwaltung unter seiner Führung vorzuarbeiten. Daß dieses Bestreben im Anfang zweifellose Erfolge hatte, bewies das Auftreten der Tanu-Partei auf der letzten Kaisergeburtstagsfeier, als deren Sprecher Tuloa seinen Sprecherstab vor Consul Grünow niederleate, um anzuzeigen, daß er damit alle seine Aemter und Würden Seiner Majestät dem deutschen Kaiser zu Füßen lege. Von der Marine wurde aber ostentativ Partei für Mataafa ergriffen, ja, ein wirklicher Ma- taafa-Cultus betrieben. Die Folgen dieser, während es Inter regnums gleichzeitig eingeschlagenen, sich aber widersprechenden Systeme machen sich jetzt auf das Empfindlichste bemerkbar. Es ist schon wiederholt über die unberechtigten Ansprüche der 13 Häuptlinge der Mataafa-Partei berichtet worden, sowie über den Vorschlag. Mataafa zum Könige von Samoa zu ernennen, welchen der Gouverneur auf das Entschiedenste zurückzuweisen hatte. Aber die Schwierigkeiten nahmen immer mehr überhand, besonder» so weit die Einrichtung der Eingeborenrn-Verwaltung in Betracht kommt. Nicht nur wurden für die Besetzung der Stellen von Districthäuptlingen und Richtern einzig und allein Anhänger der Mataafa-Partei in Vorschlag gebracht, sondern einige derselben traten ihre Functionen an, ohne die Bestätigung des Gouverneurs abzuwarten. Ganz gegen die specielle An ordnung des Gouverneurs bildete Mataafa eine Leibgarde von 30 Mann und stationirte sie in Mulinuu. Seine Afioga versticg sich sogar so weit, Entscheidungen des kaiserlichen Richters in wenig artigen Schreiben einer Kritik zu unterziehen, aus welcher der Vorwurf: „Meine Freunde steckst Du ein, meine Feinde läßt Du laufen", deutlich zu entnehmen war. Bedenkt man die immense Arbeit, welche jetzt auf diesem einzigen weißen Richter ruht, und da» Geschick und die Unparteilichkeit, mit welchen es ihm gelingt, alle Schwierigkeiten zu überwinden, so muß man dem unerschrockenen, energischen und auf das Peinlichste ge rechten Vorgehen de» Richters Knipping gegen angesehene Häuptlinge, welche sich strafbare Uebergriffe zu Schulden kommen lassen, die vollste Anerkennung zollen. Der Gouverneur sah sich nunmehr veranlaßt, eine Versammlung der Häuptlinge einzu berufen, in welcher er denselben den Standpunct klar machte. Er erklärte, daß er dem Inkrafttreten der Selbstverwaltung der Ein geborenen in Mulinuu seine Genehmigung versage, so lange nicht auch angesehene Häuptlinge, wie Tamasese und Senmanu in dieselbe berufen würden. Er verordnete, daß die 30 Mann Leib garde entlassen und aus Mulinuu entfernt würden; daß ein vom Gericht verurtheilter Häuptling seine Strafe in Savaii abzubüßen habe, und daß ferner ungerechtfertigte Kritiken der Urtheile des kaiserlichen Gerichtes zu unterbleiben hätten. Die gleichen Puncte faßte der Gouverneur in einem deutlichen Schreiben an Mataafa zusammen, welches zur Folge hatte, daß Mataafa um Entschul digung bat und erklärte, er sähe ein, daß er den Vorschlägen des Gouverneurs zu folgen habe. Der Gouverneur ist wohl selbst davon überzeugt, daß die Eingeborenen unfähig zur Selbstver waltung sind, aber vor der Hand, bis mehr mit den Verhält nissen völlig betrauteWeißezuVerwaltungsbeamten ernannt werden, bleibt der einzige friedliche Weg: gegen die Majorität anzugehen und die obstinaten Häuptlinge durch Hinhalten zu ermüden, was der Engländer so vorzüglich mit dem Ausdrucke bezeichnet: Io tirs tdena out. * * * S. M. kleiner Kreuzer „Seeadler", mit dem Gouverneur Solf an Bord, war für gegen 10 Tage in Savaii, wo mehrere Häfen vermessen wurden. Wie ich höre, soll der Jva-Hafen, an der Ostkllste der Insel, durch Anlegung Von Barren besser für Segelschiffe zugängig gemacht werden, dagegen würde es vor der Hand zu viel Kosten verursachen, den Salelologo- oder Asan- Hafen durch Sprengungen u. s. w. für die Einfahrt von Kriegs schiffen zu eröffnen. Außer dem bereits berichteten komitß von sieben hier ansässigen leitenden Kaufleuten und Pflanzern zur Bcrathung über Handels- und Agriculturfragen, hat der Gou verneur nunmehr auch einen Gouvernements-Rath aus sieben Mitgliedern der verschiedenen Nationalitäten ernannt, um mit diesen von Zeit zu Zeit und je nachdem es die Umstände wün- schenswerth erscheinen lassen, über Verwaltungsfragen der Inseln zu berathen. Die erste Sitzung hat bereits einen befrievigenden Verlauf gehabt. Heute früh traf das englische Kriegsschiff „Pylades" im Apia- Hafen ein und salutirte beim Passiren von Mulinuu die Reichs flagge mit 21 Schuß, welche von S. M. S. „Seeadler" erwidert wurden. Der Zweck der Herkunft des Schiffes ist die Ueber- bringung eines Monumentes von 30 Tonnen Gewicht für die am 1. April vorigen Jahres bei Fagalii gefallenen und in Mulinuu begrabenen englischen und amerikanischen Marineofficiere und Mannschaften. Das Schiff wird voraussichtlich 14 Tage Aufent halt hier haben. Die Wirren in China. Peking. Au» Berlin berichtet, wie schon in einem Tbeil der Auf lage des gestrigen Abendblattes mitgetheilt worden, Wolff'S telcgrapbischeS Bureau: Der kaiserliche Consul in Tschifu meldet vom 20. d. M.: Die verbündeten Truppen be schießen den befestigteuKaiserpalast. DieKaiserin ist angeblich noch darin. — Wie e» in Shanghai heißt, wird ein Kreuzer der Zollbehörde nach Tientsin gehen, um die in Peking Befreiten an Bord zu nehmen. Nach Mittheilungen aus amtlicher chinesischer Quelle ist Li-Ping- Heng, der im Kampfe am 10. d. M. verwundet worden war, am 12. d. M. gestorben. Shanghai. Die Ausschiffung der englischen Truppen in Shaugbai ruft, so berichtet wenigstens das „Reuter'sche Bureau", keinerlei Erregung unter den Eingeborenen hervor. Etwa 100 MannfranzösischeTruppen wurden gelandet. Die Schlacht von Nanatsun Aus Uangtsun geht der „Londoner Kriegs-Corrsp." folgen der Bericht vom 6. August zu: Der Marsch hierher war ein an strengender, aber Alles ist von brennender Begierde erfüllt, die Belagerten in Peking zu befreien, und jedes der einzelnen Corps wetteifert mit dem anderen im Ertragen von Strapazen, Ent behrungen und an Ausdauer. Die ersten Befürchtungen, als könne es zu Reibungen zwischen den verschiedenen Truppencorps kommen, sind längst verschwunden und haben einer Kamerad schaftlichkeit Platz gegeben, die uns Allen die gestellte schwere Aufgabe leichter erscheinen läßt, als sie in Wirklichkeit ist. Auch die Bewegungen der einzelnen Kommandos greifen jetzt besser in einander, und die commandirenden Officiere bieten offenbar Alles auf, um durch rückhaltlose gegenseitige Unterstützung die Einheitlichkeit der Gesammtaction zu fördern. Wenn es trotz dem auch in dem heutigen Kampfe wieder zu bedauerlichen Mißverständnissen kam, so lag das an dem leidigen Fehlen einer tüchtigen Oberleitung der Gesammtoperationen, und der Schwierigkeit, genügend sprachkundige Estafetten zu erlangen. Dazu kommt allerdings noch die scheinbar ganz unzähmbare Kampfeslust der Japaner, die trotz all ihrer glänzenden Disciplin von ihren Officieren kaum mehr gehalten werden können, sobald sie den Feind einmal mit dem bloßen Auge er kannt haben. Auch heute nahmen sie den größten Theil der eigentlich Arbeit auf sich" und warfen sich mit einer Todes verachtung auf den Feind, welche diesen völlig aus der Fassung brachte und gar nicht zu Athem kommen ließ. Wir waren am 5. August um 4 Uhr Morgens aufgebrochen. Gegen 10 Uhr holten uns, als wir eben abgekocht hatten, die RuFen (4500 Mann Infanterie, zwei Batterien reitende Artil lerie und zwei Sotnien Kosaken, mit 5 Compagnien franzö sischer Infanterie und einer reitenden Batterie) ein. Wir hatten uns Uangtsun bis auf sechs Kilometer genähert und die Sonne stand bereits tief am Horizont, als unsere Avantgarde auf die chinesischen Vorposten stieß. Die japanische Kavallerie trieb jene rasch zurück und wir lagerten für die Nacht Angesichts des übrigens unsichtbaren Feindes. Heute früh brachen wir mit Sonnenaufgang auf, mußten aber wiederholt halten, um der Artillerie und den Munitionskolonnen Zeit zum Ueberwinden der außerordentlichen Tcrrainschwierigkeiten zu lassen. Ueber- dies war auch den Leuten eine Rast nach dem anstrengenden Frühmarsche um so nöthiger, als die Hitze schon um 8 Uhr Morgens fast unerträglich war, und wir am vorhergehenden Tage eine große Anzahl von Hitzfällen gehabt hatten. Gegen 9 Uhr stießen wir wieder auf den Feind, der etwa 3000 Meter vor uns quer über den Bahnkörper hinüber in einer Ausdehnung von fast zehn Kilometer sich verschanzt hatte. Seine Werke zogen sich in leichtem Bogen von Südwesten ge^en Nordosten und beherrschten so gleichzeitig beide Ufer des Pei-Ho, dessen Brückenköpfe, die Bahnlinie und die am rechten Ufer des Pei-Ho hinführende Landstraße. Hinter dem Bahnkörper sahen wir zuerst die Tartarencavallerie in gestrecktem Galopp auf unfern noch schwachen, vorzeitig entwickelten rechten Flügel losjagen und gleichzeitig Infanterie erscheinen, auf welche eine unserer Batterien vom rechten Flügcf sofort das Feuer eröffnete. Kaum war dies geschehen, als diese Truppe „Gut Freund" signalisirte, und es stellte sich heraus, daß wir eine Abtheilung russischer Infanterie für Chinesen genommen und beschossen hatten, welHe der Befehl zum Abkochen nicht rechtzeitig erreicht hatte und die so uns auf der Bahnlinie weit vorausgerllckt war. Zum Glück wurde der Jrrthum entdeckt, ehe viel Unheil angerichtet war. Aber die Russen liefen Gefahr, von den Tartarenreitern abge schnitten zu werden, als sich ihnen unsere bengalischen Lanzen reiter entgegenwarfen und sie in die Flucht jagten. Jetzt er öffnete der Feind aus einigen 20 Geschützen ein heftiges Feuer und wir mußten den Kampf ausnehmen, noch ehe unsere Auf stellung beendet war. Das Gelände aber war überaus günstig, der Boden war trocken und gut geackert, und wir konnten, durch hohe Sträucher und Buschwerk gedeckt, durch weite Hirsefelder fast ungesehen bis dicht an die chinesischen Schützengräben heran kommen. Der eigentliche Kampf und die Entscheidung des Tages lagen bei dem linken Flügel, obwohl das feindliche Feuer auf unser Centrum vom linken Flußufer aus gerichtet war. Die indische Infanterie in aufgelösten Schützenzügen voraus, gingen Engländer und Amerikaner in raschem Tempo vor, während 2000 Amerikaner mit 6 Geschützen den rechten Flügel und die britischen Regimenter mit 500 Amerikanern da» Centrum bildeten. Erst eine Stunde später trafen die Russen ein und operirten nun auf der Bahnlinie gen Wu-tsing entlang und machten dadurch fast kampflos die Landstraße gegen Taun-tse frei, während die Franzosen, gleichfalls erst gegen Mittag ein greifend, auf dem äußersten rechten Flügel und dem linken Pei-Ho-Ufer vorgehend, den Feind zur Räumung der die Brücken köpfe des Pei-Ho deckenden Stellungen zwangen. Die Chinesen schlugen sich mit Tapferkeit und während des ersten TheileS des Gefechts mit auffallender Ruhe und Kaltblütigkeit. So oft sich die Unserigen zeigten, empfing sie ein vernichtendes Feuer, aber die Treffsicherheit unserer Artillerie, deren Geschosse dicht und schwer mitten in die feindlichen Batterien einschlugen, brach schließlich deren Widerstand, und in den ersten Stunden des Nachmittags gingen die feindlichen Batterien fast auf der ganzen Linie zurück, aber noch hielt eine chinesische Batterie unsere rasch vordringende Infanterie auf. Da warf sich die japanische Ka vallerie plötzlich auf die feindlichen Geschütze. Wie eine Winds braut jagten sie auf ihren kleinen Pferden über die Ebene dahin, direct auf die feuerspeienden Schlünde zu, und Warrn bereits mitten in der Batterie, rechts und links die bezopften Kanoniere niedersäbelnd, ehe diese noch sich von ihrem Schrecken erholt hatten. Jetzt ging unsere Infanterie, von schwerem Artillerie- Feuer gedeckt, gegen die Schützengräben der feindlichen Infanterie vor — um dieselben leer zu finden. Der Feind war in vollem Rückzüge und warf sich in die Dörfer, um einen letzten Versuch zu machen, den Schlüssel zur Straße nach Peking, d. h. die Brückenköpfe und die Straßenkreuzung, zu halten. Wieder stürmten die Japaner vorwärts und nahmen zwei Dörfer auf dem rechten Flügel des Gegners mit dem Bajonett, während die französische Artillerie drei andere Dörfer zerstörte und die ame rikanischen und russischen Batterien drei weitere Ortschaften in Brand schossen und den Rückzug des Feindes in volle Flucht verwandelten. Leider konnte von einer Verfolgung desselben im wirklichen Sinne des Wortes keine Rede sein. Unsere ein zelnen Corps griffen nicht genügend ineinander, und überdies bedurften unsere übermüdeten Soldaten der Ruhe, sollten sie nicht vor Erschöpfung in der herrschenden glühenden Hitze zu sammenbrechen. Eben war zur Rast geblasen, als eine der letzten Bomben, welche dem schnell zurückgehenden Feinde galt, mitten in eine Abtheilung amerikanischer Infanterie fiel, welche eben die Gewehre zusammengestellt hatte, zwei derselben tödtete und sieben mehr oder weniger schwer verwundete. Während die Truppen ruhten, bombardirte unser rechter Flügel von der Eisen bahnstation aus noch die Dörfer längs der Rückzugslinie des Feindes, und kurz vor Sonnenuntergang konnten wir Uangtsun selbst besetzen. Hier erfuhren wir, daß der Vicekönig von Chili persönlich die Operationen überwacht habe, und die comandiren- den Generale Tung-fuh-siang, Ma und Sun-tsching, nach Anderen Li-ping-heng selbst, im Kampfe verwundet seien, als sie versuchten, ihre fliehenden Truppen zum Stehen zu bringen. Die kleine deutsche Abtheilung focht dicht neben den Fran zosen und mit den Russen aus dem rechten Flügel. Unsere Verluste beliefen sich auf 300 Japaner todt und 63 Verwundete (fast Alle fielen bei dem Bajonettsturm auf die von den Chinesen hartnäckig vertheidigten Dörfer), Engländer 10 Tode, 21 Verwundete, Russen 7 Todte, 19 Verwundete, Amerikaner 10 Todte, 64 Verwundete, Indier 65 Todte und Verwundete. Tas SriegShauS des Grafen Waldersee wird ganz aus Asbest bestehen, der bekanntlich vollständig feuersicher ist, gegen Hitze und Kälte isolier, allen Witterungs einflüssen widersteht und sich ferner durch leichte» Gewicht auszeichnet. Nachdem rS jetzt auch gelungen ist, dieses Material absolut wasserdicht herzustelleu und in einer Art, die alle Vorzüge, wie die Härte de» Schiefers besitzt, sich dabei aber wie Holz nageln und hobeln läßt, dürfte es, zumal bei seinem billigen Preise, vielfache und werth volle Anwendung in der Bautechnik, vorzugsweise bei Tropenbauten, finden. DaS A-bestbauS unsere« General- feldmarschalles wird sieben große, komfortabel ausgestaltete Räume und neben Audienz- und Arbeitszimmer, Schlaf- und Ferrrlleton» Laku, die russische Petroleum-Metropole. Von F. Roßmiihler, Leipzig. Nachdruck virdolrn. Vor vierzig Stunden hatten wir an Bord de» Petroleum» TranSportdampfrr» „Darwin" die an den Wolgamündungen gelegen« UmlaDestakion der Seedampfrr de» Kaspischen Meere» verlassen und näherten uns nun an einem sonnenklaren Morgen, kur- nach Sonnenaufgang, wieder so weit dem Ufer, daß am westlichen Horizont sich da» zackig« Profil der Dagrstanberge, zwischen Devbant und Kuba, deutlich erkennen ließ. Die mit ewigem Schnee und Ei» bedeckt«, 13 950 Fuß hohe Spitze de» Schach-Dagh erglänzte im rosigen Lichte über den auf niedrigeren Höhen wallenden Nebrln. Da» vor meinen Augen aufgerollte landschaftliche Bild war von entzückender Schönheit, aber leider nur verhältnißmäßig kurger Dauer, da da» mit vollem Damtzf nach Süden eilende Schiff un» rasch entführt«. Nach ungefähr zwttstüttdiger Fahrt hatten wir da» Ufer in der östlichen Spitze der Halbinsel Azfcheran dicht vor un». In einem engen Fahr wasser, zwischen dem Ufer unld der Insel Swjätcki-Ostrow, um schifften wir Apscheron, dessen aus einem hohen Felsen erbauter Leuchttchurm un» schon au» weiter Ferne sichtbar gewesen war uttd strebten dann, den südlichen Lur» mit dem westlichen ver- tauschend, der Bakufchen Bucht zu. Am südlichen Ufer der Halbinsel hinfahrend, tauchten dann vor un» di« Dem« auf, welch« den Wostrattd der Bucht umspannen, in welcher wir end lich, zwischen zwA kleinen felsigen Inseln durchfahrend, in der zehnten Morgenstunde arckamen- Die in ihrem Durchmesser ungesikhr sieben Kilometer weite Bucht erhält durch da» halbkreisförmige Westufer und die sich an dasselbe anschließende Südküste Apscheron» und die nach Osten vorgelagert«, langgestreckt« Jnfel Nargin ein beinah« krei». förmige» Ansehen. Mehrfach habe ich die Behauptung aussprechen hören, daß das Panorama, welches die Bakusche Bucht bietet, große Achn- kichkeit mit dem von Neapel besitzt, wozu die südlichste Uferspitz^ in der Form eines isolirt stehenden, ein spitzes Dreieck bildenden Berges, den man sich bei diesem Vergleiche als Stellvertreter des Vesuv» zu denken hat, viel beitragen mag. Im Ganzen ist das Bild, welches sich dem Auge des Reisenden vom Verdeck des Schiffe» au» bietet, so lange dasselbe noch in hinreichender Ent fernung vom Ufer ist, um einen Gesanrmtüberblick zu gestatten, ein sehr schöne», dem nur zu voller Schönheit der herrlichste Schmuck einer jeden Landschaft, nämlich der einer reichen Vege tation, fehlt. Die daS westliche Ufer der Bucht bildenden Berge, die bis dicht an daS Meer herantretenden östlichen Ausläufer de» Kaukasus, sind von recht beträchtlicher Höhe und abwechselungs reicher Gestaltung, sie bilden eine zusammenhängende Kette, welche am Nordend« der Stadt von der Küste weiter zurück- tritt, ihren östlichen Zweig bis an die Felsenspitze Apscherons ausstreckend. Am Abhang« knes«S Bergstockes zieht sich di« Stadt hin, die vermöge ihrer meistcntheilS nur kleinen Häuser, bei einer 100 000 übersteigenden Einwohnerzahl, einen sehr großen Flächenraum einnimmt. Den ganzen Rücken eine» kegelförmigen Vorberg«» bedeckt die alte Stadt, Krepost oder Festung genannt, während die neue Stadt sich noch in langer Ausdehnung an dem flachen Südufer der Halbinsel Apscheron hinzieht und erst in der „Schwarzen Stadt", den Petroleum fabriken, ihr eigentliche» Ende erreicht. Die alte Stadt trägt scharf ausgeprägten orientalischen Charakter. Auf dem höchsten Puncte thronen die umfangreichen, massiven Gebäude de» Palastes der ehemals hier residirenden Chane. Au» schweren Quadern erbaute Spitzkupprln und viele schlanke Minarell», von deren oberster Galerie der Mallah noch jetzt mit weithin schallender Stimme die üblichen Gebete d«n gläubigen Mcchamedanern zuruft, ragen an dielen Stellen empor. Mit Au»nahme der dem Meere zugewandtrn Seite, um geben hohe Festung»mauern mit Schießscharten die alt« Stadt. In dem autgefüllten Festungigraben der Südseite breitet sich d.. vor fünfzig Jahren angelegte und mit Sorgfalt gepflegte Stadtgarten aus. An der offenen Ostscite ist ein mächtiger Thurm mit scharfer Spitze, der Jungfernthurm, das alleinige Ueberbleibsel der alten Befestigungswerke. An dem Fuße des plumpen, jetzt hinter den Häusern der Alexander-Uferstraße stehenden Thurmek, brachen sich noch im Jahre 1860, als ich zum ersten Male .nach Baku kam, die Wellen des Kaspischen MeereS. Die engen Bazare mit ihren offenen Werkstätten der asia tischen Schneider, Posamentirer, Gold- und Waffenschmiede, Köche, Barbire u. s. w., und den vielen Verkaufsläden, wechseln in den winkligen Straßen mit Karawansareien und asiatischen Schulen ab, in denen der Mollah der männlichen tatarischen Jugend das Lesen und Schreiben lehrt, wobei Lehrer und Schüler mit untergeschlagenen Beinen auf Strohmatten sitzen und ihre Pantoffeln vor der offenen Thüre in bunten Reihen zurücklassen. Viele alte Bauten, zum Theil ruincnhaft zer fallen, zum Theil gut erhalten, mit in Steinplatten gemeißelten persischen Inschriften können in Gemeinschaft mit den oft aben teuerlich aussehenden Figuren der Straßenpassanten einem Maler reichen Stoff zu orientalischen Straßenbildern bieten, deren eigenartiges Leben einen besonderen Reiz für den Abendländer hat. In den meist breit angelegten Straßen der Vorstadt stehen in regellosem Durcheinander kleine, nach ostasiatischer Sitte oft auch nach außenhin fensterlose Häuschen, die Armeniern oder Tataren al» Einzelwohnung dienen, neben zweietagigen Mieth- Häusern, die alle ohne Ausnahme, flache Dächer und zahlreiche Balcon» nach der Straße, und auf der Hofseite die ganze HauS- länge einnehmende Galerien haben. Die Pflasterung der Straßen hat mit dem rapiden Wachsen der Stadt nicht Schritt halten können, sie ist eine nur theilweise und schlecht au»geführte. In Folge diese» Uebelstande» sind die Straßen im Sommer mit dickem Staub bedeckt, und im fast frostfreien, aber reg- nerischrn Winter in einer Weis« schmutzig, daß da» Passiren der selben eine schwer» Ausgabe ist. Da da» Begießen der Straßen mit Wasser zur Zeit des langen und außerordentlich heißen Sommers nutzlos ist, ersetzt man in Baku zum Sprengen der Straßen das Wasser mit den schwarzen Desiillationsrückständen der Petroleumfabriken. Dieses Verfahren bietet neben vielen Unannehmlichkeiten, welche die Damen mit ihren langen Klei dern am schwersten zu tragen haben, den Vortheil, daß die Petroleumrückstände, selbst im heißesten Sonnenschein, vermöge ihres hohen Siedepunktes, nicht verdampfen können; sie binden den Sand und Staub auf lange Zeit, bilden sogar mit dem selben eine Masse, welche allmählich asphaltartig wird, im frischen Zustande jedoch äußerst lästig ist. Der Verkehr in den Straßen Baku» ist ein reger und bunter, er wird, ähnlich wie in Tiflis,von den Repräsentanten der kau kasischen Volksstämme, sehr vielen Persern und hier lebenden Russen und Westeuropäern unterhalten, allerdings in andrrer Form, d. h. weniger in den Kreisen der Aristokratie, sondern mehr in denen des Handels, der in seinem Gefolge ein« An zahl Arbeitsuchender, Perser, Russen u. s. w., hat. Wie von Alters her, so ist auch noch jetzt daS asiatische Element in der Bevölkerung Baku» vorherrschend, leider jedoch durch den Zu fluß außerordentlich vieler persischer Arbeiter moralisch ver schlechtert, im Vergleiche zu der Zeit, in welcher der kaukasische Tatar fast den alleinigen Bestand dir hiesigen Mohamedaner ausmachte. E» macht einen schönen Eindruck, w«nn man in d«r schönen Alexander-Uferstraße, deren östliche Linie direkt von d«n Wellen de» Meere» bespült und bei windigem Wetter von den sich an der Mauer brechenden Woaen überspritzt wird; prachtvoll« Pla». candelaber, Straßenbahn und aridere Errungenschaften des modernen Grotzfiadtlebens besitzt, den mehr halbnackten ak» von Lumpen bekleideten Hambol (Lastenträaer) unter der Ducht einer mächtigen Ballen» transkaspischer Baumwolle, oder kn Fellen eingenähter, persischer, getrockneter Frücht» einherschrriten sieht, — oder auch wohl beobachten kann, wie ein anderer, auf offener Straß», am Rande de» Trottoir» hockend, sich den Kopf rasiren läßt, oder gar au» seinem Hemd d»n bekannten Blut-
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