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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000926018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900092601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900092601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-09
- Tag1900-09-26
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Es war bekanntlich gemeldet wor den, daß der Schah von Persien den Sultan in Konstantinopel besuchen würde — was beiläufig wieder zweifelhaft geworden ist. Nun sollte jeder ruhig deckende Mensch annehmen, daß Deutsch land der Frage, ob der Schah nun nach Konstantinopel kommt, oder nicht, kühl bis ans Herz hinan gegenüberstehe; diese An nahme war um so selbstverständlicher, als man in Deutschland ja sogar die Thatsache, daß der beabsichtigte Besuch des persi schen Herrschers in Berlin unterblieb, mit sehr großem Gleich- muthe hingenommen hat. Anders aber die „Nowoje Wremja"; sie schreibt: „Wenn der Schah nach Konstantinopel käme, so wäre es nicht ausgeschlossen, daß man dort, einem Finger zeige aus Berlin folgend, den Schah dankbar auf klären könnte, welcher von den europäischen Herrschern der treueste Freund der Türkei und der 300 Millionen Muselmanen sei. Dann könnte Rußland auch imWestenAsienseiner Krisis gegenübergestellt werden, ähnlich der, die gegenwärtig im Reiche der Mitte sich abspiel t." Das wackere russische Blatt sieht Gespenster am Hellen Tage, oder vielmehr, es stellt sich an, als ob es welche sähe. Zunächst scheint es sich das Verhältniß der Türkei zu Deutschland absolut falsch vorzustellen. Die Türkei ist durchaus kein Vasallenstaat Deutschlands; weder fühlt sie sich als solchen, noch auch bemüht sich Deutschland, ihr diese Auffassung beizubringen. Wenn also die türkische Regierung einen Aufenthalt des persischen Herrschers in Konstantinopel ausbeuten wollte, so würde sie es sicherlich thun, umihre Interessen wahrzunehmen, und nicht die Deutsch lands. Zum Zweiten aber, worin bestehen denn die Interessen Deutschlands in Persien? Doch höchstens darin, in dem bei guter Verwaltung sehr entwickelungsfähigen Lande das bis jetzt noch sehr beschränkte Absatzgebiet für deutsche industrielle Er zeugnisse zu erweitern. Den russischen Interessen in Persien strebt Deutschland so wenig entgegen, daß bis jetzt noch jedes Symptom des Obsiegens des russischen Einflusses in Persien über den englischen von der deutschen öffentlichen Meinung wohl wollend ausgenommen worden ist. Nun mag es ja in Rußland Kreise geben, die es schon als eine Störung der russischen Zirkel arischen, wenn deutsche Industrielle ein paar Hundert Näh maschinen oder dergleichen nach Persien verkaufen. Aber selbst wenn die „Nowoje Wremja" aus der Seele dieser Kreise heraus schreibt, so ist es doch noch immer eine ganz ungeheuerliche Ueber- treibung, eine etwaige Erweiterung des deutschen Absatzes in Persien als eine „Krisis" für Rußlands Einfluß zu bezeichnen. Das angesehene russische Blatt aber beschränkt seine Ver dächtigung nicht nur auf die deutschen Absichten in Persien, son dern es dehnt diese Verdächtigung auch auf die deutsche China politik aus. Es stellt sich so an, als ob Deutschlands Vorgehen in China «ine Krisis für Rußland bedeute. Ja, was will denn Deutschland in China? Es will Sühne für ein Verbrechen, von dem weitaus am stärksten das deutsche Reich betroffen worden ist. Jeder billig denkende Mensch wird die jüngste Note des Grafen Bülow als höchst maßvoll bezeichnen müssen. Gesetzt, es wäre nur der deutsche Gesandte auf Be treiben der chinesischen Gewalthaber ermordet und gegen die anderen Mächte keinerlei Bruch des Völkerrechts verübt worden, so würde Niemand etwas darein zu reden haben, wenn Deutschland die strenge Bestrafung der Schuldigen, und zwar der wirklichen Schuldigen, durchsetzte. Dieses natürliche Recht Deutschlands kann doch unmöglich dadurch gekürzt werden, daß die chinesische Regierung auch anderen Mächten ein Unrecht zugefügt hat. Am allerwenigsten aber kann man von Deutsch land verlangen, daß es darum auf seinen begründeten Anspruch Verzicht leiste, damit Rußland der chinesischen Regierung gegen über die Rolle des Retters spielen könne. Manche russischen Kreise scheinen allerdings die Ansicht zu hegen, daß es sehr an genehm sei, aus anderer Leute Tasche wohlthätig zu sein. Deutschland hat sich Rußland gegenüber stets freundschaftlich gezeigt, und daß ein gutes Verhältniß zwischen den beiden Staaten gewissermaßen in Fleisch und Blut eines namhaften und hervorragenden Theiles der Bevölkerung übergcgangen ist, hat sich wieder bei der Waffenbrüderschaft der beiderseitigen Armeen in China documenkirt. Aber der einfache Gefolgsmann Rußlands ist Deutschland nicht, und die Zeiten, in denen Kaiser Nikolaus I. den Grafen Brandenburg anfahren durfte: „Ich habe meinen königlichen Schwager hierher beschieden ", sind vorüber. Es ist auch anzunehmen, daß die russische Regierung frei ist von dem Hochmuthe und dem Uebelwollen der russischen Zeitungen, die „päpstlicher sind, als der Papst". Die Wirren in China. Verschlimmerung der Lage. „Morning Post" berichtet au» Shanghai unter dem 24. September: Die Regierung ist vollständig in den Händen deS Prinzen Tuan; Kangji, sowie die Generale in der Provinz Nanking sind nur Werkzeuge des Prinzen. Die Gebeimgesellschaft „Kolatwai" wird eine Quelle großer Gefahr, der Einfluß dieser Gesellschaft ist größer, als derjenige der Boxer. Sendlinge des Prinzen Tuan arbeiten nachdrücklich in der Hoffnung, den Bicekönig von Nanking, der gegen die Fremden wohlgesinnt bleibt, zu beseitigen. Die Läge im Aangtse-Gebiete ist thatsächlick kritisch. Der „Köln. Ztg." wird officiöS weiter aus Berlin ge schrieben: Als bei Taku, Tiensin und Peking die verbündeten Mächte mit vereinigter militärischer Gewalt fest draus geschlagen batten, schrumpfte ter Mutb und die Zuversicht der Chinesen sehr schnell zusammen, und sie batten keinen andern Gedanken als den, um einen möglichst schnellen Friedensschluß zu bitten. Seitdem sind Ereignisse vor gefallen, die, namentlich bei der bei den Chinesen so beliebten Uebertreibung und Entstellung, ganz Wohl die Meinung Hervorrufen konnten, als ob das Einvernehmen der Mächte in die Brüche gegangen sei. Daß solche Nachrichten nur zu geeignet sind, den Trotz und den Hochmuth der Chinesen sofort zu erhöhen, konnte Jedermann ohne Schwierig keit voraussehen. Wir wissen nicht, welche Fabeln in den Kreisen der chinesischen Mandarinen erzählt werden mögen; wir würden uns aber nicht Wundern, wenn unter ihnen die Meinung verbreitet wurde, daß die „fremden Teufel" erst über sich selbst berfallen und sich zur größeren Ehre Chinas gegen seitig vernichten wollten. In den beschränkten weltfremden Kreisen, die die Kaiserin von China umgeben, Kreisen, die allem Anschein nach thatsächlich an die Unverwundbarkeit der Kaiserin geglaubt haben, müssen solche Gerückte einen fruchtbaren Boden finden und die chinesischen Machthaber verleiten, offen und rückhaltlos ihren barbarischen Charakter berauszukehren und sich abermals offen auf die Seite der Verbrecher zu stellen, so wie sie das während der Belagerung der Gesandtschaften getban habe». Die Lage, die dadurch geschaffen wird, ist sicherlich insofern sehr unerwünscht, als sie den Widerstand der Chinesen gegen die Bewilligung der gerechten Friedensforderungen der Mächte erhöhen und diese vor eine Aufgabe stellen kann, deren Bewältigung mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, als wenn man einmüthig bei der Politik geblieben wäre, die in der Einnahme von Taku, Tientsin und Peking ihren Ausdruck fand. Tic deutsche Note. Die „Nowoje Wremja" sucht nachzuweisen, daß es unmöglich sei, die deutsche Forderung auszuführen. So sei z. B. an die Auslieferung des Prinzen Tuan nicht zu denken. Durch den deutschen Vorschlag würden die Friedensverhandlungen nicht beschleunigt, sondern nur behindert werden. Die Vorwürfe, die man dem alten Li-Hung-Tschang mache, „der mit höllischer Tücke und teuflischer List die transoceanischen Diplomaten zu ent zweien suche", seien zum Mindesten unverdient, und als die am meisten Schuldigen könnten sich die Mitglieder des europäischen Concerts selbst erweisen. — Die „Peterburgskija Wjedomosti" sind durchaus gegen den deutschen Vorschlag und bemerken, je maßvollere Forderungen die Mächte stellten, desto rascher würden sie zum Ziel gelangen; harte Maßregeln könnten die Chinesen nur erbittern, „im Interesse der Gerechtigkeit" sollten die Mächte berücksichtigen, daß die Chinesen nicht die einzigen Schuldigen seien. Da die „Nowoje Wremja" für die Chinesen eintritt, so sind natürlich die „Nowosti" gegen dieselben, während die „Rossija" feststellt, daß Rußland gegenüber dem deutschen Vor schläge denselben Standpunct einnehme, wie die —Vereinigten Staaten von Amerika. Die „Birshewyja Wjedomosti" billigen dagegen die deutschen Forderungen. * Berlin, 25. September. (Telegramm.) Nach Blätter, nachrichten sind die Antworten Rußlands und Japans auf die deutsche Circularnote gestern eingcgangen. Rußland nimmt den deutschen Vorschlag mit principieller Zu stimmung an. Japans Antwort ist noch entschiedener in zustimmendem Sinne. Die amerikanisch--Presse kann nicht umhin, Mac Kinley's chinesische Politik gutznheißen. Die republikanischen Imperialisten drücken ibre Genugtbnung aus. Sie können nickt anders, weil sie während des Wablfeldzuges alle Hand lungen des Präsidenten unterstützen müssen; selbst die Ultra- Imperialisten geben diese politische Zwangslage zu und trösten sich mit der Hoffnung, daß der Präsident nach seiner Wiederwahl eine starke aggressive Politik verfolgen werde. Die antiimperialistischen Demokraten dürfen nichts gegen die Politik MacKinley's sagen, weil diese anti militärisch ist und den Krieg zu vermeiden beabsichtigt. Die Ab sendung von Kriegsschiffen nach China wird in verschiedener Weise ausgelegt. Einige fassen sie als ein Zugestäntniß an den Imperialismus auf; Andere sagen, die Landtrnppen seien thatsächlick auf den Philippinen notbwendig; Andere erfinden Sensationsnachrichten und behaupten, die Regierung befnrckte die Nothwendigkeit, sich auf einen Con slict mit Deutschland (?) vorzuberciten. Tbatsächlich bedeutet dies nichts weiter als einen wohlfeilen Beweis der Bereitwillig keit, die amerikanischen Interessen allen Möglichkeiten gegen über wahrzunehmen und die Missionskreise zu gewinnen. Im Ganzen ist die Politik Mac Kinley's von der Wahlcampagne vorgeschrieben und von diesem Standpunct aus, wie man zugeben kann, sehr „8mark" aus Kosten Deutschlan dS, das wiederum beschuldigt wird, auf den Krieg Hinzudräugen, um China aufzutheilen. (!) Prinz Tsching. Nach einer Shanghaier Meldung des „Daily Expreß" wäre durch den japanischen Gesandten an Li-Hung-Tschang eine dringende Depesche des Prinzen Tsching ergangen, die Li wegen seines unpatriotischen Verzugs tadle. Tsching er klärte, er werde nötigenfalls ohne Li-Hung-Tschang die Ver handlungen beginnen, wozu er durch seine Vollmachten berechtigt sei. Wie von anderer Seite verlautet, wäre Tsching in freund- lichem Einvernehmen mit Sir Robert Hart. Hier wird die Lage neuerdings wieder als höchst beunruhigend aufgefaßt. Peking und Nmgcgrnd Eine Pekinger Meldung der „Times" vom 13. d. M. enthält einige schon kurz erwähnte weitere Angaben über die mili tärischen Operationen. Die nach Norden abgegangene amerikanische Truppe ist nach Tungtschou (westlich von Peking) zurückgekehrt, nachdem sie eine Anzahl christlicher Flüchtlinge ge rettet hatte. Die aus Engländern und Amerikanern unter dem Befehle des amerikanischen Generals Wilson bestehende Truppe hatte die Aufgabe, sich der Tempel zu bemächtigen, die sich in der hügligen Gegendnordwestlich von Peking befinden. DerTempel, der der britischen Gesandtschaft als Sommerresidenz zu dienen pflegte, war von den Boxern besetzt. Die Colonne bemächtigte sich der Tempel, ohne auf Widerstand zu stoßen und Verluste zu erleiden, allein in Folge eines Mißverständnisses gelang es den Verbündeten leider nicht, dem Feinde den Rückzug abzu schneiden. Die fliehenden Boxer ließen zahlreiche Todte zurück. Die Colonne bemächtigte sich einer Anzahl Maulesel und anderen Viehes. An den Tempeln befanden sich Maueranschläge, auf denen verkündigt wurde, daß die Gebäude aufkaiser lichen Befehl zum Hauptquartier der Boxer bestimmt seien. Man wollte zur Strafe eine große, weiße Pagode zerstören, die in der Nähe der Tempel stand, zum Glück schlugen die Versuche, den Bau einzureißen, fehl, und der un- nöthige Vandalismus bleibt erspart. Demselben Blatt wird unterm 19. aus Peking telegraphirt: Man erwartet, daß der im Einvernehmen mit Rußland dem französischen Gesandten Pichon ertheilte Befehl, Peking zu verlassen, zurückgezogen wird. Der Befehl war vor der Ankunft des Prinzen Tsching und der Abreise Li-Hung-Tschang's nach hier ertheilt worden. Wir haben heute dem Versuch der Chinesen beigewohnt, in der Hauptstadt wieder eine scheinbare Ver waltung einzusetzen. Ein kaiserlicher Erlaß hat den Mandschu Schinhsin zum Generalgouverneur von Peking ernannt. Weitere Nachrichten. * Paris, 25. September. (Telegramm.) General Voyron telegraphirt an den Marineminister Lanessan aus Taku, den 22. Sevtember, daß er sein Hauptquartier in Tientsin aus geschlagen habe, und daß die französischen Truppen zwischen Peking und Tientsin Stellung nähmen. * Taktt, 24. September. („Reuter's Bureau") DaS Expe- ditionscorps bricht am 29. September nach Paotingfu auf. * Berlin, 25. September. (Telegramm.) „W. T.-B." be richtet aus Shanghai unter dem 24. September: Eine Schwadron indischer Cavallerie ist heute gelandet. * Petersburg, 25. September. (Telegramm.) Wie die „Nowoje Wremja" aus Odessa berichtet, ist dort eine Verfügung angelangt, nach der alle Freiwilligen, die in Odessa eingctroffen sind, um sich nach Ostasien zu begeben, heimzukehren haben. * Berlin, 25. Sevtember. (Telegramm.) Die Torpedo boote „8 90", „8 91" und „8 92" sind am 24. September in Hongkong eingetrosfen. Die Panzerschiffe „Kurfürst Friedrich Wilhelm", „Brandenburg", „Weißenburg" und „Hela" sind am 25. September von Shanghai nach Taku gegangen. Ter Kreuzer „Gefion" ist am 25. September von Shanghai nach Wusung gedampft. Der Kreuzer „Hertha" ist am 24. September in Chefoo eingetrosfen und an demselben Tage wieder abgegangen. Oer Krieg in Südafrika. Keine Intervention. Aus Peicrsburg wird der „Pol. Corresp." geschrieben: Der Gang der Ereignisse in Südafrika, die Ankunft der Voeren-Depuiation in Europa und auch die Ankündigung der europäischen Reise des Präsidenten Krüger vermochten nichts an den Gesichtspunkten zu ändern, unter welchen die russische Re gierung die südafrikanische Angelegenheit seit dem Ausbruche des Krieges betrachtet. Wie groß auch die Sympathien sein mögen, mit welchen die öffentliche Meinung in Rußland der Sache der Boeren cntgegenkommt, so stellen sich doch Interessen höherer Art jedem Schritte entgegen, der die Beziehungen zwischen den Cabineten von Petersburg und London alteriren könnte. Das russische Cabinet wird auch weiterhin bemüht sein, das Princip der Nichtintervention in einem Conflicte zu beobachten, der nach der Ansicht der Londoner Regierung -wen blos localen Charakter trägt. Das Londoner Cabinet steht auf dem Standpunct, daß sich aus der Ratification der Haager Acte keinerlei Consequenzen in Bezug auf die Transvaal-Frage ergeben, und die Politik Rußlands ist zu sehr von dem Principe be herrscht, das Einvernehmen zwischen den großen europäischen Mächten aufrecht zu erhalten, als daß nicht darüber jede andere Erwägung zurücktreten müßte, insbesondere in einem Momente, wo jenes Einvernehmen mit Bezug auf die Herbeiführung einer befriedigenden Lösung der chinesischen Schwierigkeiten noth- wendiger ist, als je zuvor. Tie englische Colonisation in den Boerenlanden. In Capstadt ist bereits die „Große Landcommission" in Thätigkeit getreten, welche die Ausgabe hat, für alle britischen Soldaten, welche die Absicht haben, sich in Südafrika anzusiedeln, Ländereien bereitzustellen. Die Commission wird schon in der nächsten Woche nach der „Oranje-Colonie" und der „Vaal- Colonie" abgehen, um geeignete Ländereien auszusuchen. In Wahrheit hat die Commission die Aufgabe, die Massen - Confiscation von Boerenfarmen vorzunchmen, um aus denselben britische Colonieloose zu machen. Jeder Boer, der den Ncutralitätscid gebrochen hat, soll grundsätzlich seiner Besitzungen für verlustig erklärt werden, und alle sonstigen Farmen, deren Besitzer, ohne Kriegsgefangene zu sein, nicht binnen einer auszuschreibenden Zeit zurückgekehrt sind, werden ebenfalls confiscirt; desgleichen alle diejenigen Farmen, auf denen er wiesenermaßen Gewehre, Kanonen, Schießbedarf oder sonstiges Kriegsmaterial vergraben wurden. Spanien nnd Portugal. Die spanische Presse führt eine immer feindseligere Sprache gegen Portugal, welches durch seine neueste Haltung gegenüber Krüger bewiesen habe, daß es aus Kriecherei vor England zu jeder Handlung des Verraths fähig sei. Danach müsse auch Spanien seine portugiesischen Nachbarn für fähig halten, daß sie im Falle eines englischen Angriffs auf die spanischen Küsten und Inselgruppen den Briten jeden geforderten Helfcrdienst leisten würden. * Lonreuco MarqueS, 25. September. (Telegramm.) Der an der Grenze befindliche Berichterstatter des „Reuter'schcn Bureaus" berichtet heute, daß am Sabie-Flusse, an der Grenze auf trans- vaalischem Boden, rin Gefecht geliefert worden sei. Deutsches Reick k Berlin, 25. September. (Die Sa cchari»beste ue- rung.) AuS einer Reibe von Verhandlungen, zu welchen die Frage der Saccharinbestcuerung in der verflossenen ReichS- tagSsession Anlaß gegeben bat, ist schließlich die Annahme einer von der Budgetcommission vorgeschlagenen Resolution hervorgegangen, welche die verbündeten Regierungen um einen GeseyeSvorschlag ersucht, der die „Besteuerung des Saccharins und ähnlicher Süßstoffe in einer der bestehenden Zuckersteuer und der Süßkraft der künstlichen Süßstoffe ent- sprcckenden Höbe" in Aussicht nimmt. Die Vorlage eines ent sprechenden Gesetzentwurfs wurde in der erwähnten Resolution bereits für den Anfang der nächsten Session gewünscht. Ob es nach dem Stande der auf Grund der Anregung des Reichstags im NeickSamt des Innern unternommenen Vor arbeiten und Untersuchungen in Bezug auf die Besteuerung des Saccharins möglich sein wird, den Reichstag schon so bald mit formulirten Gesetzesvorschlägen zu beschäftigen, er scheint nach unseren Informationen als fraglich. Es tommen bei der Regelung dieser Angelegenheit verschiedene Puncte in Frage, für deren Ordnung es bisher noch an einer genügen den Aufklärung gebricht. Es sei hier nur daran erinnert, daß bei Besprechungen der Saccharinfrage in der Budget commission in diesem Frühjahr auch der Antrag gestellt war — und zwar sowohl aus dem Centrum, wie von Seite eines Mitgliedes der Linken —, die Production von Saccharin überhaupt zu verbieten und seine Herstellung nur für Heil zwecke in besonders concessionirten Anstalten unter staatlicher Controle zu gestatten. Dabei wurde sehr eindringlich auf die Schädigungen hingewiesen, welche eine weitere Ver breitung des Sacckarinverbraucks gerade in den ärmeren Kreisen der Bevölkerung nach sich ziehen müßte. Daß diese Verbreitung eine wachsende ist, ergiebt sich schon aus der außerordentlich gesteigerten Production von Saccharin in den letzten Jahren. Während 1896 97 nur eine Erzeugung von Saccharin in Höhe von 34 000 Icg festgestcllt wurde, wies das folgende Jahr schon eine Production von 78 000 kg in fünf Fabriken auf, und im letzten Jahre ist diese Production auf 132 000 ßg gestiegen, obwohl das Gesetz, betreffend die Beschränkung künstlicher Süßstoffe, die Verwendung des Saccharins zur Herstellung von Bier, bei der es früher vielfach benutzt wurde, ausdrücklich ausschließt. Neben der Hauptfrage, ob die Verwendung von Saccharin noch weiter gesetzlich einzuschränken ist, an welcher Frage auch das Neicksgesundheitsamt betheiligt ist, stehen weitere Fragen zur Erörterung, die stcuerteckniscker Natur sind. Tie Schwierigkeit ihrer Lösung ergiebt sich, wenn man bedenkt, daß Saccharin ungefähr die fünshundertfache Süßkraft des Zuckers besitzt und daß es bei den in Betracht kommenden verhältnißmäßig geringen Mengen im einzelnen Falle schwer sein wird, eine genügende Controle auSzuüben. Aber wenn auch alle diese Schwierigkeiten nickt zu leugnen sind, so dürfte doch die Neichsregierung mit der Mehrheit der Volksvertretung darin übereinstimmen, daß Maßnahmen auf diesem Gebiete durchaus dringlich erscheinen, und zwar um so mehr, als andere Länder uns hier schon mit theilweise weitgehenden Anordnungen zuvorgekommen sind. /-.Berlin, 25. September. („C u l t u r d i e n st") Auf den Mainzer Socialistentag nochmals zurück zukommen, würde das überflüssigste Beginnen sein, wenn nicht die socialdemokratischen Blätter sich in Vcrbimmlungen deS Bonner Katholikentages durch die klerikale Presse zum Vorbild nähmen und wenn nicht so viele Mitläufer der Socialdemokratie, die sich nicht die Mühe geben, die lang- athmigen Berichte über die Socialistentage zu verfolgen, sich kritiklos von den nachträglichen Verherrlichungen dieser Tage blenden ließen. Zu einer der verblüffendste» Verherrlichungen versteigt sich der „Vorwärts", indem er einen die Ergebnisse des Parteitages zusammensassenden Artikel mit dem stolzen Worte „Culturdienst" überschreibt. DaS soll heißen, die socialistische Partei habe mit der Abhaltung ihres Congresses in Mainz der Cultur einen Dienst geleistet, oder, wie der „Vorwärts" sich wörtlich ausdrückt: „In mitten grauenhafter Verderbniß hat der Parteitag den Culturgcdanken leuchten lassen." Zunächst hat er dies gethan, indem er der gesunden Weiterentwickelung der be kanntlich so überaus cultursördernden „Destillen" kein Hinverniß in den Weg legte, denn er hat den Antrag, dem Älkoholmißbrauch cntgcgenzutreten, mit großer Mehrheit abgelebnt. Seine zweite Culturthat war die den polnischen Wünschen allerdings nicht völlig entsprechende, aber immerhin den Parteitag sattsam charakterisirende Kundgebung der Sympathie für die polnischen Bestrebungen; man weiß ja, daß der polnische Staat seiner Zeil an der Spitze dec Cultur marschirte, und cs ist nicht zu bezweifeln, daß ein neuer Polcnstaat mit Riesenschritten allen anderen Staaten gebilden auf dem Wege zu den höchsten Cultur- ziele» voraufschreiten würde. Tie dritte Culturthat bestand in der» Beschlüsse, durch Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen in die Agitation zu diesen Wahlen die selbe muntere Lebendigkeit und prügelfrenndliche Stimmung hineinzubringen, wie sie bei den Reichstagswahlen gelegentlich besteht. Die vierte und größte Culturthat endlich, auf die der Parteitag am allerstolzesten ist, bestand in dem mann haften Eintreten für das in allen kulturellen Fragen bekannt lich mit Siebenmeilenstiefeln vorauseilende Chinescntbum. Dieser Culturact wurde denn auch mit der nöthigen Weibe vorgenommen, wie sich Jeder überzeugen kann, der die die Weltpolitik brandmarkende — „brandmarken" war der mildeste von den dabei gebrauchten Ausdrücken — Resolution und die dazu gehaltenen Reden Singer'S und einiger anderer „Genossen" nachlesen will. Die Socialdemokraten scheinen Anhänger der Homöopathie zu sein. Der „Vorwärts" nennt die Weltpolitik eine „schmutzige Fluth, die Alles zu überfluthen drohe" — nun, der socialdemokratische Parteitag suchte das unglückliche deutsche Volk aus dieser schmutzigen Fluth durch eine Fülle schmutziger Redensarten herauSzuretten. -i- Berlin, 26. September. (Thu' Geld inmeinen Beutel.) Gegen die Parteileitung der freisinnigen Volkspartei waren Vorwürfe erhoben worden, weil sie nicht bekannt gäbe, womit der im October in Görlitz statt habende Parteitag sich befassen soll. Diese Vorwürfe wer den jetzt glänzend widerlegt, denn der geschäftsführende Ausschuß hat drei Anträge beigebracht. Sie lauteten alle drei: Thu' Geld in meinen Beutel. Antrag 1 verlangt, daß die Wahlkreise schon jetzt Gelder für die nächste Reichstagswahl ansammeln sollen; An trag 2 empfiehlt, bei Ersatzwahlen in benachbarten Wahlkreisen die Parteigenossen durch Geld zu unterstützen: Antrag 3 ersucht die Parteigenossen, möglichst viele wohlhabend» Parteigenossen
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