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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001011026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900101102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900101102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbefördernug 60.—, mit Postbesörderung 70.—. .Annahmeschluß für Anzeigen: Abend »Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags - Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen jr ei« halbe Stunde früher. Anreise« sind stets an die Hrprditio» zu eichten. Drink and Verlag von L Polz tu Leipzig 5l9. Donnerstag den 11. October 1900. 94. Jahrgang. Die Wirren in China. Im Vordergrund des Interesses an den militärischen Operationen in Tschili steht die Expedition nach Paotingfu. Paotingfu liegt, wie schon erwähnt, etwa 140 km süd westlich von Peking und ist der Cndpunct einer von der chinesischen Hauptstadt kommenden Eisenbahnlinie, die über Chingting einerseits nach Sinzanfu, andererseits nach Sian- gyang am Hankiang und Hankau am Hangtsekiang weiter geführt werden soll. Nach einer „Ämes"-Meldung aus Schanghai vom 8. d. M. hätten die Verbündeten Paotingfu schon besetzt, nach einer „Standards-Meldung auS gleichem Ort unter gleichem Datum wäre eine Abtheilung der Ver bündeten bereits dort angekommen. Diese Meldungen sind jedenfalls verfrüht, denn heute wird unS berichtet: * Tientsin, 10. October. („Reuter.") Ter Abmarsch der Expedition nach Paotingfu ist auf Freitag festgesetzt. Das Expeditionscorps ist 7000 Mann stark und aus Deutschen, Engländern, Franzosen und Italienern zusammengesetzt. Das Hauptcvntingent dürsten die Deutschen stellen. — Auch die Meldung, die Verbündeten bättcn keinen Wider stand gesunden, erschien nicht glaubhaft. Bei allen bisherigen Expeditionen längs der Bahn Peking-Paotingfu und von Tientsin in westlicher Richtung stießen die Verbündeten auf deftigen Widerstand. Außerdem wurde gemeldet, daß 12 000 Mann chinesischer Truppen in Paotingfu und ebenso viel auf der Straße von dort nach Peking stehen; ohne Weiteres werden diese HecreSkörper gewiß nicht das Feld geräumt haben. In Paotingfu sollen die eingeschlvssenen Fremden gerettet werden, ob die Stadt von den Verbündeten dann besetzt gehalten wird, ist noch zweifelhaft. Die „Franks. Ztg." meint: „WaS mit der Besetzung so weit obliegender Punkte erreicht werden soll, ist unerfindlich. Man imponirt damit weder dem kaiserlichen Hofe, der immer weiter in daS Innere zurückweicht, noch den Chinesen im All gemeinen, da sie nicht Stand halten und eS auf einen Kampf nicht ankommcn lassen. Auf der anderen Seite aber sind die europäischen Truppen nicht so zahlreich, nm sebr ausgedehntcVerkehrölinien schützen zu können,und eSift daher schon möglich, daß die Chinesen an diesem oder jenem Puncte plötzlich in großer Ueberzahl erscheinen und durch einen Ueberfall den Europäern Verlust: beibringen, die sonst hätten vermieden werden können. Die Haupt schwierigkeiten der InvasionStruppen liegen nicht in dem Kampfe gegen die chinesischen Soldaten, sondern in der Ueber- windung der durch die großen Entfernungen und den Mangel an Wegen verursachten Hindernisse. Es hätte einen Sinn, diese zu überwinden, wenn am Ende ein be stimmtes Ziel stünde, das zu erreichen der großen An strengungen werth wäre. Das ist aber, wie wir bereits bervorgehoben haben, nicht der Fall, denn der kaiserliche Hof kann auch von Singanfu noch weiter ziehen." Der wiederholt gemeldete Entschluß des kaiserlichen HofcS, nach Singanfu zurückzugehen, ist entschieden eine mißliche Wendung, und wenn jetzt an einigen Stellen behauptet wird, für die Verhandlungen sei die Anwesenheit des Kaisers in Peking ziemlich gleicbgiltig, so entspringt eine solche Auffassung offenbar dem Wunsche, mit den chinesischen Dingen möglichst schnell, wenn auch auf Kosten einer gründlichen und dauernden Regelung, fertig zu werden. Gerade angesichts dieser Wen dung sollte den bevollmächtigten Unterhändlern aufS Neue ein dringlichst zu Gemülhe geführt werden, daff sie mit allen Mitteln auf die Rückkehr des HofcS nach Peking zu bestehen haben, bevor von einer friedlichen Regelung die Rede sein könne, zumal, da schon die wirksame Durchführung des von allen Mächten gebilligten deutschen Vorschlags, der dahin geht, daß die diplomatischen Vertreter den Vollzug der vom chinesischen Kaiser verhängten Strafen controliren sollen, bedingt, daß die Bestrafung der Uebclthäter in Peking er folgt, diese also dahin zurückkehren. Die Mächte haben denn auch offenbar bis jetzt nachdrücklich auf der Forderung be standen, daß der Kaiser nach Peking zurückkehre, denn sowohl Prinz Tsching wie Li-Hung-Tschang sind in Denkschriften an den Thron dahin vorstellig geworden. Li soll sogar, wie der „Morning Post" auS Shanghai tclegraphirt wird, seinen Rath durch den Hinweis bekräftigt haben, daß die Ver bündeten in der Lage seien, die Zufuhr von Vorrnthen nach Scheust zu verhindern. Das ist, sagt die „Köln. Ztg.", ein sehr beachtenöwerther Wink, der vielleicht Eindruck machen wird und der geeignet ist, die Bedeutung der Zufuhrwege nach Singan vom Iangtsekiang aus, die gestern au dieser Stelle geschildert wurden, in einem neuen Lichte erscheinen zu lassen. Werden auch diese Wege nach Scheust wie die vom Norden und Osten, die in den Händen der Vecbündeten sind, ver legt, so könnte der chinesische Hof in Singan bald in dieselbe Lage gerathen, die ihn jetzt aus Schensi vertreibt, und er könnte durch das elementare Mittel einer Aus hungerung der Provinz, in die er sich geflüchtet, zur Rückkehr gezwungen werden. DaS sollen denn auch Auanschikai und die Vicekönige des Jangtse dem Hose vorgestcllt haben. Wie bekanntlich verschiedenen englischen Blättern übereinstimmend berichtet wird, hätten sie offenbar infolge dcS Befehls, den Tributreis und Lebensmittel nach Singan zu schicken, gemeinsam eine Denkschrift an die Kaiserin-Wittwe gerichtet, in welche sie jede Verantwortlichkeit für einen geregelten Transport von Lebensmitteln während dcS Krieges ablehnen, falls der Hof nach Singanfu verlegt w:rde, und außerdem erklärt, daß die Anwesenheit deö Hofes in Peking für die Friedens unterhandlungen eine Nothwendigkeit sei. Schon wird auch in chinesischen Kreisen darauf hingewiesen, daß die Provinz Schensi in Bezug auf Verproviantirung von deu südöstlichen Provinzen abhängig sei nnd daß die Zufuhr im Kriegs fälle oder in aufrührerischen Zeiten vollständig abgcschnittcn werden kann. Die Lage im Süden. * Hongkong, 10. Oktober. „Neuler'S Bureau" wird aus Samchun berichtet: Der Aufenthalt der Rebellen im Hinterlande ist nicht bekannt, man glaubt jedoch, daß sie zwei Stellungen etwa zehn Meilen nördlich der briti schen Grenze besetzt halten. Tausend Mann chinesische Truppen sind gestern in Samchun eingetrosfcn und weitere taufend Mann werden heute erwartet. — 10 000 Mann auS Indien werden noch nach Hong kong beordert werden. Die 16. bengalischen Lanzen reiter und daS Hongkong-Regiment sind hierher zurückgerusen worden. Alle Truppen, die aus Norden hierher zurückbeordert sind, werden am Ende dcö Monats eintreffen. Den Be hörden soll die Mitthcilung zngczangen sein, daß ein all gemeiner Aufstand in den südlichen Provinzen im November zum Ausbruche kommen wird. Die gegenwärtigen Anzeichen deuten auf die Wahrscheinlichkeit hin, daß die Lage sich ähnlich dem Boxeraufstande im Norden entwickeln werde. — Das französische Transportschiff „B ib o" und daS japanische Kriegsschiff „Asabi" sind hier eingetroffen. Tie französische Note. Eine formale Note, in der die Ansichten Amerikas über die verschiedenen Punkte der französischen Note auScinandergesetzt werden, ist dem Sekretär der französischen Botschaft Thiöbaut gestern Nachmittag zugestellt worden, lieber die Haltung bezüglich der Bestrafung der chinesischen Führer hat sich die Negierung schon erklärt. Die Aufrecht erhaltung des Waffeneinfuhr-Verbots ist die Negierung nicht in der Lage, zu einer nothwendigcn Vor bedingung der weiteren Verhandlung zu machen. Den Vor schlägen betreffs billiger En tschäv igungen und ständiger Wachen für die Gesandtschaften wird bereitwillig zugestimmt, dagegen ist die Negierung nicht bereit, so weit zu geben und die Schleifung der FortS von Taku zur unumgänglichen Bedingung zu machen. Der Krieg in Südafrika. Tie Fortsetzung des Krieges. Nachdem das für die englische Regierung günstige Ergebnis; der Wahlen gesichert ist, spricht man wieder offen über die Noth wendigkeit, den Krieg in Südafrika mit bedeutenderen Macht mitteln fortzuführen. Tie Rückkehr Lord Roberts' ist jedoch endgiltig beschlossen und dieser wird in den letzten Tagen des Octobors in Capstadt zur Einschiffung eintreffen. Dafür aber wird Lord Kitchener größer« Vollmachten erhalten und einen umfassenden Feldzug nach dem Norden Transvaals vorbereiten. Es steht fest, daß Botha und Steijn noch über mindestens 8000 Mann mit 25 Geschützen verfügen, und selbst optimistische Beurthe-iler der Verhältnisse ge stehen zu, daß der Kampf im nördlichen Transvaal noch vier bissechsMonate dauern wird. Ter Jahrestag der Kriegserklärung. Der 10. October ist der Jahrestag des Boevenu'ltimatums, das den südafrikanischen Krieg eröffnete. 12 Monate währt nun das Ringen der beiden Volksstämme dort unten, und wenn auch der eigentliche Krieg vorbei ist, indem die Einheitlichkeit der Führung auf boerischer Seite, die niemals sehr groß war, ganz aufgchört hat und heute nur noch zerstreute, schwache Guerilla banden gegen die Briten im Felde stehen, so hat doch das Kämpfen noch nicht sein Ende gefunden und wird auch allem An scheine nach noch einige Zeit dauern. Für den unvorein genommenen Zuschauer tonnte es nicht zweifelhaft sein, daß schließlich der kleine Boerenstamm dem mächtigen Albion unter liegen würde, wenn anders dieses den energischen Willen hatte, das Schwert entscheiden zu lassen. Aber daß der Kampf über ein Jahr würde in Anspruch nehmen, war bei der gewaltigen Machtentfaltung Englands nicht vorauszusehen. Schon das Versagen der ersten Vorstöße gegen die festen Stellungen der Boeren an den Grenzen in der ersten Periode des Krieges erregte Verwunderung, und erscheint heute noch wunderbarer, wo man die grenzenlose Desorganisation kennt, die bei den Boeren von Anfang an geherrscht hat. Dann brach mit der Ankunft des Feldmarschalls Roberts die zweite Periode des Krieges an. Die Verbesserung der Ober leitung und die Vervierfachung der Streitkräfte auf englischer Seite schien ein schnelleres Tempo des Krieges zu verbürgen. In der That wäre auch wohl das Ende schneller herbeigefllhrt wovden, wenn nicht in dem Klima und in den Verpflegungs schwierigkeiten den Boeren Bundq-genossen erstanden wären. Den Eilmärschen nach Bloemfontein und Pretoria folgten jedes Mal lange Ruhepausen, die den Boeren immer wieder Gelegenheit gaben, sich von den Strapazen des eiligen Rückzuges zu erholen und sich aufs Neue zu sammeln. So entging dem englischen Oberbefehlshaber regelmäßig die Gelegenheit, aus der Panik der gegnerischen Heerhaufen die Früchte seiner Strategie zu ziehen. Diese zweite Periode des Kampfes, in der es wenig zum Kämpfen kam, und die Beine die Entscheidung herbeiführten, ging mit dem Zurückweichen und Zersprengen der letzten geschlossenen Heeres- massen der Boeren bei Dalmanutta und Machadodorp zu Ende. Seitdem giebt es nur noch Guerillakämpfe, allerdings auf dem ganzen Gebiete, das die englischen Truppen besetzt halten. Die Engländer betrachten damit den eigentlichen Krieg als be endet. Lord Roberts rüstet sich, den Oberbefehl niederzulegen und die kriegerische Kleinarbeit Anderen zu überlassen. Ein Theil der Freiwilligen und der Colonialtruppen ist bereits heimgeschickt, und soeben hat die Regierung die Entlassung aller Miliztruppen angeordnet. Man versucht, durch Milderung der Uebergabe- bedingungen, vor allen Dingen durch Einstellung der Verschickung der Kriegsgefangenen die noch kämpfenden Boeren zu bewegen, die Waffen niederzulegen. Aber es wäre verfrüht, zu glauben, daß nun der Kampf schnell zu Ende geht. Haben sich doch in jüngster Zeit Boerenschaaren sogar wieder in den südöstlichen Oranjefreistaat gewagt, den man längst für beruhigt hielt, un) Rouxville, nicht weit von der Grenze der Capcolonie, einge nommen. Es wäre nicht undenkbar, daß jetzt, zu Beginn de- Sommers, wo das Campiren im Freien nicht mehr mit großen Beschwerden verbunden ist, der Widerstand besonders hartnäckiger Boeren zu einem neuen flüchtigen Aufflackern kommt. Wie die Boeren einen Eiscnbahnzug zerstörten. Ein Rotterdamer Blatt veröffentlicht eine Schilderung von einem Soldaten, der die Züge De Wet' s mitgemacht hat. Es handelt sich um die Einnahme eines Eisenbahnzuges in Roodc- val. Die Erzählung entrollt ein Bild von den schrecklichen Formen, die der Krieg in der letzten Zeit angenommen hat. Wenn die Kriegführung der Boeren in der naiven Schilderung ein wenig wild erscheint, so ist daran zu erinnern, daß sie den Krieg zu erst ritterlich geführt haben, und daß sie von den englischen Sol daten in der Kunst, Beute zu machen, unterrichtet worden sind. Ferner richten sich die Thaten der Boeren gegen die Dinge, sie haben einen Zug mit Kaufmannswaaren und Munitionen ver brannt, während die ihrer Gegner sich gegen Menschen und be wohnte Farmen richten. In der Erzählung heißt es: „De Wet hatte die Nachricht erhalten, daß ein von 240 englischen Soldaten escortirter Zug von 68 Wagen sich auf dem Bahnhof von Roode- val befand. Obgleich er nur 80 Mann bei sich hatte, umstellte er in der Nacht vom 5. bis 6. Juni mit seinen Leuten den Bahn hof, ohne vom Feinde bemerkt zu werden. Die „Rooineks" ahnten nichts. Beim ersten Morgengrauen fielen die Schüsse hageldicht auf sie, so daß die „Khakis" wie aufgescheuchte Hühner den Kopf verloren. Nach halbstündigem Kampfe wurde die weiße Fahne gehißt. Wir hatten weder Todte noch Verwunde::, während die Feinde 40 Todte und 60 Verwundete hatten. Nach dem die weiße Fahne gehißt war, kamen unsere Leute aus ihren Deckungen hervor und untersuchten die gemachte Beute. Ter Zug enthielt 30 000 vollständige Winteruniformen, 2000 Lyddit- bomben, 2000 Briefsäcke und eine ungeheure Menge Tabak, Cigaretten, Getränke und hundert andere Gegenstände. De Wet entwaffnete natürlich zuerst die Engländer, und dann ging's an die Plünderung! In einigen Augenblicken waren Hunderte von Kasten erbrochen und die 2000 Briefsäcke ausge schnitten. Die Briefe wurden erbrochen, nach Geld oder Bank- Feurlleton. Lj Der Lundschuh. Roman von Woldemar Urban. Nachdruck verboten. Die Leute lebten übrigens offenbar nicht schlecht. Es war von Allem da und von Allem in Hülle und Fülle. Veit hatte auf seiner ganzen Reise noch nie so gut und reichlich gegessen, wie hier, und doch war es ihm, als ob ihm jeder Bissen im Munde stecken bleiben müsse. Ihm war so erbärmlich und elendiglich zu Muth, daß er sich am liebsten auf und davon gemacht hätte. Er wollte nichts mit solchem verbrecherischen, lichtscheuen Ge lichter zu thun haben. Er wollte ein ehrlicher Spielmann werden und bleiben, der sich schlecht und recht mit seinen Liedern und Weisen durch die Welt bringt. Sein Gerechtigkeitsgefühl bäumte sich bei diesem sittenlosen Treiben auf. Er hatte einen guten Theil von Deutschland durchwandert und überall Anzeichen gesehen von der grenzenlosen Verwahrlosung, in der sich in seiner Zeit das arme — und auch das reiche Volk befand. Ueberall Verbrechen und Mord, Raub und Plünderung, überall Rohheit, Dummheit, Aberglauben und — rin wunderbares Zeichen der Zeit — eine scheinheilige Heuchelei. DaS StrauchrMerthum, das sich hier und dort der in vieler Hinsicht wohl gegründeten Bausrnbewcgung bemächtigte, prahlte, für Freiheit und Einheit des Volkes zu kämpfen, und füllte sich dabei in schamlosester Weise die Taschen, Bauernhaufen, oder richtiger Gesind-lhaufen, er schienen vor den Mauern der Städte, mit den Worten des Evan gelium- Einlaß begehrend, um schließlich, wenn sie gastfreien Einlaß erhalten, in Plünderung und Völlerei, Mord und Brand stiftung auszuarten. Und in des jungen Spielmanns Brust lebte eint ganz andere, schönere und duftigere Welt. Womit hatte er das grausame Schicksal verdient, mit dem zarten Herzen, dem empfindungs vollen, poetischen Sinn in eine solche wilde Zeit geworfen zu werden? Fand er denn Niemand, keine Seele, kein Herz, dem sich das seine hätte öffnen können, das ihn verstand und begriff, mit ihm sich freute und mit ihm litt? Er hielt es in der Gaunerherberge nicht mehr aus und lugte fleißig aus, wie er sich davonmachen könne. Das Zelt lag unter halb einer verfallenen, hier und dort durchbrochenen Mauer, deren Trümmer noch im Grase Herumlagen. Offenbar war es die Ringmauer der oben auf dem Hügel stehenden Burg. Wenn eS ihm gelang, über diese Mauer zu kommen, so verbarg diese ihn so lange, bis er wieder ungesehen auf die Straße gehen und seinen Weg nach Rappoltsweiler weiter verfolgen konnte. Unbemerkt schlich er also der Mauer immer näher und näher. Das fiel nicht auf, weil auch von den um das Feuer liegenden Männern einige von Zeit zu Zeit ihre Waffen nahmen und damit im Dunkel verschwanden. Veit wußte nicht, wohin, aber er dachte, daß er das auch so machen könne, wenn auch zu anderm Zweck. An einer Mauerbresche kletterte er also flink über die Steine hinweg und ging nun ziemlich rasch innerhalb der Ringmauer entlang, um zunächst aus dem Gesichtskreis der Gauncrherberge zu kommen. Plötzlich blieb er aber wieder stehen. An einem Thor, das sich in der Mauer befand, sah er einen Mann mit Eisenhut und Panzer, die Hellebarde in der Faust, neben zwei Pferden stehen. Zu gleicher Zeit hörte er Stimmen, und als er mit den Augen der Richtung folgte, aus der der Ton kam, ge wahrte er zwei weitere Männer, beide bewaffnet, der eine sogar mit Helmbusch und Harnisch, hohen Lederstiefeln mit Sporen, wie ein Ritter, der andere in einem Lederwamms und Barett auf dem Haupte, aber auch ein langes Schwert an der Seite. Was ging in dieser ruinenhaften Einöde hier oben vor? fragte sich Veit und trat mit angehaltenem Athem hart an die Mauer, um nicht gesehen zu werden. Die beiden Männer kamen kaum zehn Schritt von ihm vor über. „Muth haben heißt's, Junker", hörte Veit den Mann im Lederkoller mit etwas heiserer, aber energischer Stimme sagen, „kusch Dich nur noch in dieser Zeit. Seid Ihr um nichts und wieder nichts der Junker Neidhardt von Hohnack?" „Ganz wie Du sagst, Wolf, um nichts und wieder nichts", klang es spöttisch zurück. „Und weshalb das?" fuhr der Andere heftig und aufreizend fort. „Warum eine Staffage, eine Art besserer Troßknecht am Hof« der Rappoltssteiner Herren vorstrllrn, wenn man der Nach komme eines so alten Geschlechts ist, wie das der Herren von Hohnack, Junker? Die Herrschaft Hohnack gehört von Rechts wegen Euch." „Laß' mich mit Deinem Rechtswegen zufrieden, Wolf. Ich will mich lieber unter'm lichten Galgen mit dem Teufel um mein Recht raufen, als in Deutschland jetzt auf den Rechtsweg ver lass««. Zu dieser Zeit? Bist Du toll, Wolf?" „Eben darum sollt Ihr thun, was ich sage, Junker. Ich weiß es wohl und hab' es oft von meiner Großmutter erzählen hören, daß sich der alte Schmaßmann von Rappoltsweiler nur durch List in den Besitz von Burg und Herrschaft Hohnack gesetzt hat. Es ist eine Thatsache. Und einer solchen Thatsache gegenüber zögert Ihr, den Bauern «inen Eid zu leisten?". " „Einen Eid? Durchaus nicht. Wenn ich ihnen einen Eid leisten könnte darauf, daß ich sie am liebsten, sammt und sonders, baumeln sehen möchte, so würde ich lieber heute als morgen schwören. Aber den Eid, den sie von mir verlangen " „Ihr seid ein Kind, Junker, das seine Zeit nicht versteht", sagte Wolf mit einer verächtlichen Grimasse. „Es hat nichts auf sich, was Ihr beschwört, wenn Ihr nur schwört. Was kümmern Euch ihre zwölf Artikl? Beschwört sie immerhin. Es kommt nicht darauf an; die Hauptsache ist, daß Ihr den Bundschuh* *) Euch dienstbar und gefügig macht. Der Bundschuh ist eine Macht, die stündlich wächst, wie der Kürbis der Propheten. Fragt im ganzen Sundgau, im Ensisheim, im Rcmsthal, in ganz Schwaben nach dem Bundschuh, und man wird Euch zerstörte Schlösser und Klöster, eroberte Städte und Weiler zeigen. Und Ihr, dem man die Macht, oder doch einen Theil davon zu Diensten stellt, bedenkt Euch noch?" „Sie treiben's ja bunt, Wolf. Sie morden und sengen im Lande umher, daß cs eine Schande ist, besonders für einen Ritter, Wolf. Und ich bin ein Ritter, wenn ich auch ein armer Teufel bin." „Nun, so bleibt auch ein armer Teufel, Junker von Hohnack", fuhr der Andere hitzig auf, „und es ist nicht nöthig, daß wir weitergehen. Zieht heim, nach Rappoltsweiler, macht kusch kusch vor dem gestrengen Herrn Ullrich, und laßt Euch von seiner schönen Schwester als Dienstmann über die Achsel ansehen." „Komm weiter, Wolf; wir wollen hören, was sie sagen." „Ei, ich dachte, Ihr wäret ein Mann, Junker von Hohnack, Ihr seid aber nur ein . . . ." „Komm, Wolf. Rede nicht mehr von Edelindc von Rappolts- stein. Das verstehst Du nicht. Komm, Du sollst sehen, daß die Hohnacks keine sind." „Ei, zum Henker, auch. Ihr steht auf dem Puncte, Alles zu gewinnen, was einen Mann glücklich machen kann, eine schöne Frau, ein festes Schloß und eine reiche Herrschaft, und Ihr be denkt Euch? Was kümmert's Euch,, ob Ihr über die Quadrat schädel der Bauern hinwegschreitet, mit denen Ihr den Wall graben der Burg Hohnack auffüllt, wenn man Euch die Zugbrücke vor der Nase hochzieht? Wenn Ihr die Burg nur gewinnt. Ein mal drinnen, wird man schon sehen, wie es weiter geht und die Bauerntölpel wieder los wird. Vorwärts, Junker!" „Wißt Ihr nicht? Als der Alte, Wilhelm von Rappoltsstein, *) Bundschuh, nach dem Sprachgebrauch der damaligen Zeit eigentlich der gebundene Schuh der Bauern im Gegensätze zum Stiefel der Herren und Ritter, nannte man kurzweg die große Bauernverjchwörung im Elsaß, Schwaben und Mitteldeutschland. starb, hinterließ er etwa fünfzigtausend Gulden Schulden. Und sein Sohn, der jetzige kaiserliche Landvogt, der alle Schulden seines Vaters bei Heller und Pfennig bezahlt, gilt heute für den reichsten und mächtigsten Herrn im ganzen Elsaß." „Und Ihr bedenkt Euch, zuzugreifen? Hohnack ist nur ein kleiner Theil der Herrschaft Rappoltsstein, nur eins von den acht Rappoltsstein"schen Aemtern, aber greift nur zu. Es muß ein Anfang gemacht werden. Wenn er auch klein ist. Vorwärts, Junker. Aus Nichts wird Nichts." „Komm, komm, Wolf. Hören wir, was die plattschädlichen Dickköpfe sagen." Während dieses Gespräches waren die Leiden Männer den Burgberg vollends hinaufgestiegen und standen jetzt vor dem alten zerfallenen Gemäuer einer verbrannten Burg. Nur di: Ringmauern und der schon von unten sichtbare Thurm standen noch. Alles Andere war verwüstet und verfallen, wer wußte, wie manches Jahr schon. Als sie näher traten, zeigte es sich aber, daß das Gemäuer dort nicht so verlassen war, als cs den Anschein hatte. Aus einem Grasplatze innerhalb der Ringmauern, viel leicht dem früheren Burghofe, standen zwei Männer, die ein kurzes Schwert um die Hüften und einen Spieß in der Hanv trugen und sich als Wachtposten erwiesen. „Wohin?" fragte der Eine von ihnen, als Junker Hohnack mit seinem Begleiter den Burghof betrat, indem er ihnen die Pike vorhielt. „Was?" brauste der Junker von Hohnack empört auf, „Du willst mir den Spieß vorhalten, Du langhaariger Schuft?" Damit griff er blitzschnell mit beiden Händen nach der Waffe und stieß mit dem verkehrten Ende derselben den Bauer mit einem Rucke zu Boden. Sofort sprang aber auch sein Begleiter, Wolf Haßflug, herzu, um zu schlichten. „Um's Himmels willen, Ruhe, Ihr Herren", rief «r hastig, „kennt Ihr uns nicht? Wir kommen als Freunde. Wir sind Leute vom Bundschuh. Kein Wort. Laßt uns passiren. Sind die Abgesandten vom Sundgau schon da?" „Ihr müßt die Parole sagen, Herr", rief nun der ändert Bauer, während der zu Boden Gefallene sich wieder aufhalf. „Was für eine Parole?" fragte Wolf. „Die Parole: Gott segne den Bundschuh", antwortete die Wache. „Gut. Wir sagen: Gott segne den Bundschuh", erwiderte Wolf rasck, „und nun laßt uns weiter. Wo sind die Herren vom Sundgau?" _ „Dort unten. Geht nur die Treppe hinunter. Wenn Ihr
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