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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001013010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900101301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900101301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-10
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Wenn die „Deutsche Tageszeitung" annimmt, der Beschluß der Fortschrittler im 6. Wahlkreise sei ein Liebesdienst für die Socialdemokratie und solle den Dank für den socialdemokratischen Beschluß, sich künftighin an den Landtagswahlen zu betheiligen, zum Ausdrucke bringen, so befindet sich das Blatt sicherlich in einem Jrrthume. Denn man darf viel eher annehmen, daß die Socialdemokratie für diesen Beschluß herzlich wenig dankbar sein wird. Sie bedarf zum Siege im 6. Berliner Reichstagswahl kreise ganz und gar nicht der fortschrittlichen Stimmen und muß befürchten, der Beschluß der Freisinnigen werde ledig lich zur Folge haben, daß nunmehr auch weniger socralistische Wähler zur Urne schreiten werden. Der 6. Berliner Wahlkreis aber ist eben deshalb der socialistische Renommirwahlkreis, weil er derjenige Wahlkreis im Reiche ist, in welchem sich die gewal tigste Stimmenziffer auf den Candidaten einer Partei vereinigt. Sind d bei den letzten Wahlen nicht weniger als nahezu 50 000 Stimmen für den alten Liebknecht abgegeben worden. Diese harmlose Freude also wird der Socialdemokratie durch den freisinnBeschluß möglicher Weise etwas verkümmert. Von einer Dankesverpflichtung der Socialdcmokratie also kann nicht die Rede sein. Viel natürlicher erscheint die Erklärung, daß die Fortschrittler sich scheuen, den Rückgang an Stimmen, den sie in Berlin fortgesetzt zu verzeichnen haben, nun auch noch bei einer Ersatzwahl zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. Der 0. Wahlkreis in Berlin hat sich in einer ganz ungeheuren Weise vergrößert. Ist doch die Zahl der Wahlberechtigten allein vom Jahre I8L0 bis zum Jahre 1898 von 104 000 auf 142 000 ge stiegen. In der Natur der Sache lag es, daß dieser Zuwachs an Wahlberechtigten in erster Reihe der Socialdcmokratie zu Gute kam. Immerhin aber haben auch die nicht dem Arbeiterberufe angehörcndcn Bevölkerungsclassen einen, wenn auch viel ge ringeren Zuwachs erfahren, und demgemäß hätte auch die Zahl der freisinnigen Stimmen zunehmen müßen, wenn auch in viel bescheidenerem Maße, als diejenige der Socialdemokraten. Das Umgekehrte ist aber der Fall gewesen: die Zahl der fortschritt lichen Stimmen hat a b g e n o m m e n. Im Jahre 1878 wurden 20 900 fortschrittliche Stimmen abgegeben, 1881 18 900, 1890 14 200, 1893 12 600 und 1898 10 600, also genau nur noch die Hälfte derjenigen Stimmenzahl, die zwanzig Jahre vorher auf einen fortschrittlichen Bewerber entfallen war. Die Social demokraten haben, wie schon erwähnt, in demselben Zeiträume ganz ungeheuer an Stimmen gewonnen, und die Conservativen, die bis 1881 so gut wie gar keine Rolle in dem Wahlkreise ge spielt haben, haben seitdem eine, wenn auch im Verhältniß zur Socialdcmokratie geringe, Stimmenzunahme aufzuweisen, denn 1881 brachten sie es nur auf rund 9000 Stimmen, 1884 auf 12 300 und bei den Wahlen von 1893 und 1898 auf je über 15 000 Stimmen. Daraus ergiebt sich, daß die Fortschrittspartei einen guten Theil ihrer Anhänger der Hauptsache nach an die Socialdemokratie, zum Theil aber auch nach rechts abgegeben hat. So stellt sich die Fortschrittspartei, wenn sie nun mehr überhaupt nicht mehr einen eigenen Candidaten zu nomi- niren wagt, ein Armuthszeugniß erster Classe aus. War doch Berlin früher eine der ersten Hochburgen des Fortschritts und haben doch noch im Jahre 1881 die Fortschrittler sammtliche 6 Wahlkreise innegeha!?:. Wenn sie heute in einem Wahlkreise, der ihnen noch vor 19 Jahren gehörte, kampflos das Feld räumen, so beweisen sie damit nur, wie wenig Anspruch sie auf den Namen einer „Volkspartei" zu erheben haben. Der Beschluß der freisinnigen Volkspartei ist aber nicht nur vom Standpunkte dieser Partei aus, sondern überhaupt vom bürgerlichen Standpunkte zu bedauern. Wenn in der Haupt stadt des deutschen Reiches die Socialdemokratie den größeren Theil der Reichstagswahlkreise in ihrem Besitze hat, so ist dies zwar bedauerlich, aber durch die Thatsache, daß Berlin eine In dustriestadt par oxeollenoe geworden ist, einigermaßen erklärt. Wenn aber eine bürgerliche Partei aerade in der Reichshaupt- smdt einfach die Flinte ins Korn wirft und sich dem socialistischen Sieger auf Gnade und Ungnade ergiebt, so wird damit das denk bar schlechteste Beispiel gegeben. Es giebt Fälle, in denen es keineswegs eine „heroische Dummheit", sondern ein Gebot der Selbstachtung ist, zu kämpfen, auch wenn man vorher weiß, daß man im Kampfe unterliegen wird. Kriegerische Vorbereitungen in Afghanistan. Ans Kalkutta, 18. September, schreibt man der „Welt- Correspondenz": Aus Afghanistan kommen allerlei beunruhigende Gerüchte, die trotz aller officiösen Vertuschungsversuche doch an die Öffentlichkeit dringen. Man braucht darum noch nicht all' den wilden Erzählungen Glauben zu schenken, die von den Eingeborenen in den Bazars an der Nord-Westgrenze colportirt werden; so viel steht aber fest, daß in Afghanistan eine unge wöhnliche militärische Thiitiakeit herrscht, und es kann weiter nicht geleugnet werden, daß Emir Abdurryaman seine Cavalieri e und Artillerie mobilisirt. Es wird ferner behauptet, daß er größere Truppenmasfen nach der russischen Grenze vorschiebe; auf der anderen Seite kann aber ebensowenig abgestritten werden, daß stärkere An sammlungen afghanischer Truppen bei Cha- man concentrirt wurden. Die Bedeutung dieser That- sachen wird man dann erst richtig zu würdigen wissen, wenn man im Auge hält, daß New Chaman die letzte Station der Eisen bahnlinie Indus—Quetta—Afghanische Grenze ist. Dieselbe liegt auf der westlichen Seite des Khojak-Paffes, bereit» auf afghani schem Boden, und von hier au» kann die Eisenbahn ohne jede Schwierigkeit in der kürzesten Zeit nach Kandahar verlängert werden. Da» hierfür nöthige Material, Schwellen und Schienen, ist bereit« seit längerer Zelt in Quetta und New Chaman auf gespeichert. Eine Concentrirung afghanischer Truppen gegenüber dieser Grenzstation würde somit darauf hindeuten, daß der Emir einen Vorstoß englischer Truppen in der Richtung aufKandahar erwartet. Jedenfalls treffen diese Symptom: auffällig mit den bereits früher von mir gemeldeten Maßnahmen, nämlich der Marschbereitschaft der Regimenter in den Nordwest- Provinzen und im Pandschab, sowie der Concentrirung deS Eisenbahnmatericrls der North Western Railway, zusammen. Aus all' dem geht hervor, daß esdurchausnichtsofried- lich an der Nordwest-Grenze Indiens zugeht, wie es den Anschein hat. Man wird jetzt auch verstehen, warum die indische Regierung sich mit solcher Entschiedenheit gegen eine weitere Schwächung der regulären Armee durch Absendung von Truppen nach China gewehrt hat und warum in den Zeitungen so entschieden auf den Rücktransport des südafrikanischen. Contin- gentes nach Indien gedrungen wird. Charakteristisch für die latente Besorgniß eines ConflicteS an der Nordwestgrenze ist eine Bemerkung des „Pioneer" über das 40. Pandschab-Jnfanterieregiment. Dieses Regiment, das mit Ausnahme eines kleinen Detachements in Dera Ghazi (einer früher bedeutenden Grenzstation am Indus) in Amritsar steht, recrutirt sich ausschließlich aus Pathans, d. h. Angehörigen der Grenzstämme, Afridis u. s. w. Ueber die militärischen Quali täten dieses Regiments, das eines der tüchtigsten ist, kann kein Zweifel sein, aber, so meint der „Pioneer", man thäte bester daran, dieses Regiment nach China zu senden; an der Nord-West- grenze könne es doch nie Verwendung finden, denn wohin man es auch immer sende, sicherlich würde irgend einer der Sepoys Ver wandte in jenen Gegenden haben. Zum Schluß sei noch bemerkt, daß die seiner Zeit mit so großem Lärm verkündete Zurückziehung der regulären Truppen aus den Territorien der Grenzstämme mehr oder weniger zum Stillstand gelangt ist. Auch dies kann nicht gerade als ein sonder lich friedliches Symptom aufgefaßt werden. Allerdings wird in der officiösen Presse obigen Vorgängen jede Wichtigkeit abgestritten; da aber die Thatsache der militäri schen Vorbereitungen des Emirs nicht aus der Welt geschafft werden kann, so werden solche damit erklärt, daß seit der Voll- enduirg der russischen Eisenbahn nach Kuhsk der Emir in Vc sorgniß eines russischen Angriffes die Stärke seiner Armee erhöht habe. Wie aber damit das Verbot des Getrcideexportes, sowie das gleichfalls kürzlich erlassene Verbot der Pferdeausfuhr nach dem angeblich befreundeten Indien, das nunmehr zur Ergänzung seiner Remonten fast gänzlich auf Australien angewiesen ist, stimmt, wird nicht erklärt. Die Wirren in China. bin japanisches Urtheil. Von der japanischen Gesandtschaft in London wird vor allzu großer Leichtgläubigkeit hinsichtlich der chinesischen Meldungen gewarnt. So sei es z. B. lächerlicy gewesen, als man von chine sischer Seite das Mitleid der Mächte für die Kaiserin-Wittwe wachrufen wollte und erzählte, dieselbe habe in bettelartiger Kleidung und in schlechtem Gefährt aus Peking flüchten müssen, und habe während ihrer Reise kaum di« allergeringste Nahrung gehabt. Demgegenüber wurde aus Tokio hierher gemeldet, die Kaiserin habe ihre Flucht in bester Werse vorbereitet und habe dieselbe in China als eine Art „Triumphzug zur Täu schung und Verspottung der fremden Teufel" ausposaunen lassen. Auf japanischer Seite sieht man daher auch die neuesten Strafedicte des Kaisers Kwangsü entweder als nicht echt, oder als völlig gegenstandslos an, da nach den neuesten, über Tokio eingetroffenen Meldungen Prinz Tuan nach wie vor in seiner einflußreichen Stellung verharrt. Die Einnahme MukdenS. Der russische Generalstabsbericht vom 11. Ociober meldet weiter: Ueber die Operationen des Generals Subbo titsch gegen Muk den wird berichtet, daß die Truppenabtheilung des Generals am 26. September in drei Colonnen die chinesischen Truppen in der stark befestigten Stellung bei Anschanschan an griff und in die Flucht schlug. Die Stellung des Feindes befand sich auf ein«r sieben Werst langen Gebirgskette in Kuppelform, und es war schwierig, sie von der Front aus anzugreifen, da sie durch Verschanzungen für die Artillerie und durch Schützengräben verstärkt war. Die rechte Flanke endigte an einem befestigten Hügel, die linke an einem befestigten Tempel. Die Mitte des Höhenzuges bildete den taktischen Schlüssel der Stellung. Zur Sicherung des Erfolges wurde aus Alt-Niutschwang eine Colonne unter General Fleischer abgesandt, um die rechte Flanke des Feindes zu umgehen. Dieselbe bestand aus 6 Bataillonen und 10 Geschützen mit 1'/» Sotnie Kosacken und einer halbenEompagnie Sappeure. Um die linke Flanke und den Rücken des Feindes bei der Station Anschanschan zu umgehen, wurden eine fliegende Colonne unter dem Oberst Mischtschenko mit zwei Compagnien Infanterie und zwei Schwadronen der Eiscnbahnschutzwache mit 4 Geschützen abcommandirt. Gegen die Aront operirte die Colonne d«S Obersten Artamonow mit 5 Bataillonen Infanterie, 26 Ge schützen und einer halben Schwadron Kosacken und griff die feindliche Position an. Die Colonne des Generals Fleischer hatte die auS Alt-Niutschwang sich zurückziehenden chinesischen Truppen vor sich und rückte in stetem Kampfe vor. Fast zu derselben Zeit wurde der Kampf auf der rechten Flanke vom Obersten Mischt schenko eröffnet. Das Centrum nahm das Feuer um 9 Uhr Vormittags gegen das feindliche Centrum auf, und man be merkte alsbald, daß die Chinesen ihre Stellung verließen und sich mit ihren Flanken vereinigten. General Fleischer ging indessen so energisch vor, daß «S d«n Chinesen unmöglich wurde, ihre Positionen auf den Höhen zu behaupten. Der Feind beschoß unsere Truppen nur von seinen äußersten Flanken. Aus den vorderen Stellungen wurde er verdrängt vom 11. ostasiatischen Schützenregiment, einer halben Batterie, der sibirischen Schützendivision und Kosacken, und zog sich nordwärts zurück. Die Colonne des Obersten Mischtschenko rückte ebenfalls rasch vorwärts und begegnete anfangs schwerem Widerstande; jedoch um ^1 Uhr Mittags zeigte sich der Feind an der rechten Flanke in einer dichten Kette mit Artillerie, und zog sich erst nach hartem Kampfe nach Norden zurück. Unser Verlust ist nicht nennenlwerth. Die Colonne de« Obersten Artamonow, welche Generalleutnant Subbotitsch gegen die Anhöhen, welche der Feind besetzt hielt, dirigirte, unternahm zuerst, unterstützt durch Actillcriefeuer, eine Recognoscirung, und rückte, fast ohne Wider stand zu finden, vor. Sie hatte keine Verluste. Am Abend war Anschanschan von den Colonnen Fleischer's, Mischtschenko's und einem Thcile der Artamonow'schen Truppen eingenommen. Am 27. September wurde der fliehende Feind gegen Ljas-jan-tschou hin verfolgt. An der Spitze marschirte die fliegenve Colonne des Obersten Mischtschenko; es folgte die Vorhut des Obersten Artamonow. Der Colonne des Generals Fleischer, welche durch den dreitägigen forcirten Marsch und beständigen Kampf ermattet war, wurde an demselben Tage ein Rasttag ge geben. Die Truppen bewiesen überall Energie, Ordnung und musterhafte Haltung. Der Marsch und die Fortbewegung waren sehr schwierig wegen der unwegsamen Gegend; namentlich wegen des dichten, hohen Grases. Die Abtheilung des „Rothen Kreuzes" erwies sich als von großem Nutzen, und nur ihr ist es zu danken, das; die Truppen des Generals Subbotitsch mit allem Noth- wendigen in sanitärer Hinsicht reichlich versehen waren. * Washington, 12. October. (Telegramm.) In der Antwort Amerikas auf die Note des französischen Ministers deS Aeußcrn, Telcassd, wird mit Bezug auf den Vorschlag Ruß lands, die Entschädigungssrage im Falle von Meinungsverschieden- Heiken dem internationalen Schiedsgericht im .Haag zu unterbreiten, noch erklärt, der Präsident sei der Ansicht, daß dieser Vorschlag der Aufmerksamkeit der Mächte wcrth sei. * London, 12. Oclobcr. (Telegramm.) „Morning Post" berichtet aus Shanghai unter dem 10. October: Die Vice- könige der Provinzen Les Jangtse.Thales notificirten I dem Consul von Shanghai, daß sie, falls die Verbündeten einen! Einfall in Schantung zu unternehmen beabsichtigten, dieses Vorgehen mißbilligten, da yan-ichi-kai in der Unterdrückung der Ruhestörungen in seiner Provinz viel Thatkraft gezeigt habe. — Gutem Vernehmen nach ist von einem Einfälle in Schantung nicht die Rede. (Redaktion des „Wolfs'schen Telegr.-Bureaus".) * Washington, 12. Oclobcr. (Telegramm.) Wu-ting- faag, tnr chinesische Gesandte, erklärte, die Nachrichten von ernsten Boxeraufständen in Südchina seien unzutreffend und mit der Absicht in Umlauf gesetzt worden, in Amerika den Eindruck hervorzurufen, cs bestände eine ernste Gefahr, die ein militärisches Vorgehen der Verbündeten erfordern. Der Gesandte fügte hinzu, in Südchina gebe es keine Boxer. * London, 12. Lctober. (Telegramm.) Wie die Zeitungen aus Washington vom 11. October melden, theilte General Chaffee dem Kriegsdepartement au« Peking telegraphisch mit, Li-Hung-Tschang habe als Vertreter der Provinzialregierung in Tientsin die Zurückerstattung der Kriegsbeute im Werthe von 278 000 Dollars verlangt, welche die amerikanischen Truppen bei der Zerstörung Les kaiserlichen Schatzes „in der kaiserlichen Bank in Peking" (?) an sich genommen haben. Die Depesche des Generals wurde an Las Staatsdepartement übermittelt, wo man nicht glaubt, daß die Beute jetzt wieder den Chinesen ausgehändigt wird, ober nicht daran zweifelt, daß der Betrag bei der cndgiltigen Regelung der Dinge in China gutgeschrieben wird. * Petersburg, 12. October. (Telegramm.) Nach einem von dem „Negicrungsboten" veröffentlichten Telegramm des Vice- Admirals Alexejew aus Port Arthur vom 2. Lctober ist das ruf fische Torpedoboot Nr. 207, das infolge eines DesecteS an der Maschine Halt gemacht hatte, in der Nähe von Shan-hai-kwan von dem Torpedoboote Nr. 204 angerannt worden und gesunken. Drei Personen sind leicht verletzt, das Torpedoboot Nr. 204 ist unbedeutend beschädigt! * Paris, 12. October. (Telegramm.) General Bouguie wird den Befehl über die französische Marine-Jnfan- teriebrigade in China übernehmen, deren bisheriger Com- mandcur, General Frey, aus Gesundheitsrücksichten seine Ablösung verlangt hat. (Voss. Ztg.) Wie die Ttraferbeditio» nach Hsung-Fung mißlang. Eine hübsche Illustration der Schwierigkeit«--, mit denen die alliirten Streitkräfte in China zu kämpfen haben, unter dortigen Verhältnissen, liefert ein Bericht aus Tientsin, den 7. October, „Unsere Expedition ist das Opfer chinesischer Verschlagenheit und der herrschenden allgemeinen Corruption wie der hier zu Lande herrschenden verwirrten Verhältnisse geworden. Alles war zum Aufbruch fertig, nur der chinesische Führer, welcher zur Leitung der Colonne auf besondere Empfehlung des Taotai an genommen war, fehlte. Er erschien erst am nächsten Morgen, wohlauSgerllstet mit einem Krankheitsattest der chinesischen Be hörde, welchem der britische Commandeur den Glauben nicht versagen zu dürfen meinte. Das Schicks al des Expeditionscorps blieb deshalb der Ehrlichkeit deS amtlich empfohlenen Chinesen anver traut, und wir können nur Gott danken, daß die gesammte Truppe von ihm nicht einfach in einen Hinterhalt geführt wurde. Zum Glück waren jedoch weder kaiserliche Truppen noch Boxer in der Nähe, und so blieb das Schlimmste abgewendet; statt dessen begegneten uns 5 Kilometer vor der Stadt die Honora tioren derselben, denen Pikenträger einige dreißig frisch abgeschlagene langbezopfte „Boxerköpfe" vorantrugen. Eine Abordnung von Aeltesten warf sich dem Commandeur zu Füßen, flehte um Verschonung der Stadt, und erklärte, die Einwohnerschaft habe die Boxer verjagt und bringe hier die Häupter aller schuldigen Führer. Wir waren auf gesandt, um da» Boxernest Hsung-Fung auszunehmen und die Stadt, bekannt als einckr ihrer Hauptstützpuncte, niederzu brennen. Angesichts der „Thatsache", daß die Einwohner selbst bereits daS geplante Strafgericht vollzogen, blieb un» nichts weiter übrig, al« unverrichteter Dinge zurückzukehren. Fünf Tage später erschien zur allgemeinen Ueberraschung eine neue Deputation derselben guten Stadt Hsung-Fung, um bei unserem Commandeur bitter darüber Klage zu führen, daß sie „durch einen Dieb hinter da» Licht geführt und betrogen sei", und nun kam Folgende« an» Tageslicht: Unser vom Tootai empfohlener plötzlich erkrankter Führer war lediglich unwohl geworden, um di« Bewohner von Hsung-Fung von der bevorstehenden Straf- Expedition zu benachrichtigen und 40 000 Taels als Belohnung dafür zu verlangen, daß er die Zerstörung der Stadt und die Bestrafung der wirklich Schuldigen hintertreibe. Er erhielt wirklich 10 000 Taels baar. Der Mandarin ließ 40 der ersten besten Kulis enthaupten und deren blutige Köpfe der folgenden Tages anrückenden Strafcolonne als Boxerfllhrer-Köpfe feierlich entgegenscnden. Sobald aber die Strafexpedition unverrichteter Dinge umgekehrt war, gereute den Hsung-Fungianern das schöne, viele Geld und sie weigerten sich, die restlichen 30 000 Taels zu zahlen. Diese aber waren bereits einem Mittels- und Vertrauensmann? ausgehändigt worden, und dieser weigerte sich nun seinerseits, die betreffende Summe zurückzuerstatten, warnte vielmehr den betrügerischen Führer der Colonne, verhalf ihm zur Flucht und erklärte dann, er habe Jenem die ganzen 40 000 Taels ausgezahlt, und so kamen schließlich alle diese ehr lichen Chinesen zum General, um sich gegenseitig des Betruges und der Unterschlagung anzuklagen. Sie wurden sämmtlich dingfest gemacht und bis auf Weiteres hinter Schloß und Riegel gebracht." Humor im chinesischen Kriege. Nus Shanghai, 3. September, wird der „Welt-Corr." geschrieben: Obgleich täglich neue Jnvasionstruppen chinesisches Gebiet betreten, ist bisher formell der Krieg nicht erklärt worden, äußer lich herrscht zwischen China und und dem Auslande Frieden. Hierdurch werden zahlreiche köstliche Vorkommnisse gezeitigt, die wohl verdienen, ausgezeichnet zu werden. Als bald nach dem Sturm auf die Taku-Forts das amerikanische Flaggschiff „Ore gon" auf einen Felsen lief, wurde es durch ein chinesisches Kriegs schiff abgeschleppt, das gleich darauf beim Vorbeipassiren eines englischen Kreuzers die englische Nationalhymne spielte. Ein anderer chinesischer Kreuzer, der durch die „Gefion" durch Fort- nahme der Geschütz-Verschlüsse kampfunfähig gemacht worden war, wurde von einem anderen fremden Kriegsschiff salutirt, und da es nicht in der Lage war, diesen Salut zu erwidern, zur Rede gestellt. Eine Besichtigung der verschlußlosen Geschütze klärte dann den Grund der vermutheten Unhöflichkeit auf. Da der General-Gouverneur Changchihtung kein Geld mehr hatte, um seine vielleicht zum Kampfe gegen das Ausland bestimmten Truppen zu bezahlen, hat ihm die Hongkong- und Shanghai-Bank unter Garantie der englischen Regierung die nöih:gen Summen geliehen. Ein Theil dieser selben Truppen ist auf einem unter der Flagge einer anderen Nation fahrenden Passagierdampfer nach Nanking befördert worden. Ein im Dienste der Seezoll verwaltung und damit der chinesischen Regierung stehender Arzt zeigte das größte Interesse für die Gesundheit der am 26. August mit der „Preußen" in Shanghai angelangten Officiere und Mannschaften des Vorcommandos unserer Expeditionstruppe, durch eingehende Untersuchung überzeugte er sich von dem Wohl befinden der deutschen Krieger. Nicht ohne inneren Humor ist auch Folgendes: Prinz Tuan und seine Helfershelfer haben sich gewiß nicht träumen lassen, daß zu den Ergebnissen ihrer Ver brechen die Erfüllung eines lange von den Reformfreunden ge hegten Wunsches gehören würde; die Kaiserin-Regentin und derKaiser sind nämlich dazu gebracht worden, daserste Mal mit der Eisenbahn zu fahren. Bei der Flucht aus Peking hat der kaiserliche Hof die früher dem Betriebe über gebene, dann von den Boxern zerstörte Theilstrecke der Hankow- Peking-Bahn bis Paotingfu benutzt, nachdem sie eiligst wieder hergestcllt worden war. Da keine Locomotiven zur Verfügung waren, mußten die Wagen durch Kulis gezogen werden. Unser Marinclazareth in Yokohama. Yokohama liegt am Eingänge der Bucht von Tokio und an einem wesentlich nach Osten offenen, halbrunden Hafen. Die untere Geschäftsstadt der Fremden und die eigentliche Stadt der Japaner wird allseits von buschigen und bewaldeten Hügeln ein gefaßt, welche auf der Südseite und hier eine Strecke dem Strande folgend, ihre größte Höhe in dem sogenannten Bluff erreichen. Hier befinden sich die Wohnplähe der Fremden. Gärten und Villen krönen die Hügel und deren Abhänge, und fruchtbare, meistens von Japanern bewohnte und bebaute Thäler ziehen zwischen ihnen zum Meere. Diese Thäler bilden die natürlichen Wege für die Seebrise, welche auch den vom Strande weiter ent fernteren Wohnplätzen labende Kühlung im heißen Sommer zutragen kann. Auf einem dieser Hügel liegt das deutsche Ma- rinelazareth. Im letzten Jahrzehnt ist es zu ganz besonderer Geltung ge kommen, seitdem ein ständiges deutsches Geschwader in den ost asiatischen Gewässern stationirt ist, und seitdem Tsingtau deut sches Gebiet wurde. Reconvalcscenten von Ruhr, Typhus, Ma laria und anderen Krankheiten, denen der Seemann und Colo- nist ausgesetzt ist, gehören jetzt zu den ständigen Gästen des Lazareths. Gegenwärtig ist dasselbe selbstverständlich in erhöhtem Maße in Anspruch genommen, insofern die in den ostastatischen Kämpfen Verwundeten zum großen Theile nach dort übergeführt worden sind. So haben auch die Helden de» „JltiS", unter ihnen Capitän Lans, im deutschen Lazarethe von Yoko hama Aufnahme gesunden. Es muß vorauSgeschickt werden, daß die Bauart der einzelnen Gebäude des Lazareths leicht ist und zum größten Theile aus Fachwerk mit Mauerung besteht, weil die häufigen Erdbeben eine massive Bauart nicht gestatten. Am Eingänge befindet sich links ein einfaches, japanisches Häuschen, in welchem der Thiir- hüter untergebracht ist, und rechts ein einstöckiges, mit einer Ver anda umgebenes Haus, in welchem der Lazarethinspectvr wohnt und das Verwaltungsbureau Platz gefunden hat. Das Doctorhaus ist das einzige zweistöckige Gebäude in der Anlage und schaut sehr freundlich zwischen BoSquetS von Azaleen, Rosenstöcken, Palmen und anderen Zierpflanzen auf Gärten und die umliegenden Villen herab. DaS eigentliche Lazarett, besteht auS zwei Fachwerkbaracken, die in der Richtung von Süden nach Norden erbaut sind und an ihrem nördlichen Ende durch einen gedeckten Tang verbunden lind. Dem Haupteingange zu beiden Baracken am nördlichen Ende ist je ein massives Blockhaus vorgebaut. In dem einen befinden sich die Wohnstube der Lazarethgehilfen, die Baderäume zwei Zimmer für die 1. Verpflegung-klasse; im Erdgeschoß die Küche, in dem anderen da« Operationizimmer, Baderäume und ebenfalls zwei Zimmer für die 2. DerpflegungNlasse. Zwischen beiden Blockhäusern steht dal Brunnenhäulchen, vor ihnen au»
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