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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010809010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901080901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901080901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-09
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ES wird unS geschrieben: Der wirthschastliche Rückgang, der auch die großen und kleinen Drtailgeschäste nicht verschont, läßt immer mehr einen Uebelstand des Handelsgesetzbuches in die Erscheinung treten, dessen Abschaffung bei der Umgestaltung deS Gesetzes sehr leicht gewesen wäre. Damals wurden jedoch gegenüber dem scharfen Eintreten der Gehilfensachverständigen in der Commission zur Vorbereitung desHandelsgesetze« Einwendungen erhoben, die die Mehrheit der Commission zur Beibehaltung der Concurrenzclausel bestimmten. Es fügt sich eigenthümlick, daß der Hauptvertreter der Erhaltung der Concurrenzclausel ein hoher Beamter aus Hamburg war, eines Staates, dessen großer kaufmännischer Verein jetzt sich ^enöthigt sieht, den Principalen, die die Concurrenzclausel anwenden, seine Stellenvermittlung zu verschließen. Der ander« Befürworter der Concurrenzclausel, unser verstorbener Commerzienrath Georgi-Mylau, dessen Entgegenkommen gegenüber deu sonstigen Wünschen der Handlungsgehilfen ihm nachgerühmt werde, hielt an der Tradition fest und brachte verschiedene historische Momente und einige praktische Gründe für ihre Beibehaltung bei. Di; Vertreter de- Leipziger Verbandes Deutscher Handlungsgehilfen und des Verbandes kaufmännischer Vereine gaben sich, unterstützt vom jetzigen Senatspräsidenten beim Reichsgericht vr. Bolze, die größte Mühe, die Clausel zu beseitigen, allein sie blieb bestehen. Schon damals wies man auf die schnelle Ent wickelung des modernen Handels hin und — eS sind kaum fünf Jahre verflossen — die Gegenwart giebt den damals aus gesprochenen Befürchtungen Recht und die Concurrenzclausel macht eine Menge Handlungsgehilfen, noch mehr Gehilfinnen, von Rechtswegen brodloS. Man muß sich nur vergegenwärtigen, was eine solche Concurrenzclausel besagt. Sie kann besagen, daß der Hand lungsgehilfe (Reisender, Buchhalter, Lagerist, Verkäufer) nicht nur an dem Orte seiner derzeitigen Stellung, sondern auch in der Branche des Geschäfts für einige Zeit leine andere Stellung annehmen darf. Wenn, um einen Fall anzuführen, ein Commis der Rauchwaaren- branche in Leipzig eine solche Concurrenzclausel eingegangen ist, so kann ihm unter Umständen verboten werden, zwei Jahre nach Austritt auS seiner Stellung in ein Rauchwaaren- geschaft Leipzigs oder Berlins einzutreten. Das bedeutet für ihn, der seine Waarenkenntnisse verwerthen muß, oft den wirthschaftlichen Ruin. Solche und noch krassere Fälle wurden s. Z. in der Handelsgesetzgebungscommission angeführt, z. B. da- Verbot, daß ein ColonialwaarencommiS nach Verlassen seiner Stellung in Berlin dort keine neue mehr annehmen solle, da- Verbot, daß ein Buchhalter für sein ganzes Leben nicht mehr in der Manufacturbranche thätig sein dürfe; und gegenüber diesen Fällen, bei denen eS sich nock um hohe Conventionalstrafen handelt, kam man zu dem Beschluß, die Freiheit der Concurrenzclausel wenigstens etwas ein zuschränken. So entstand der tz 74 deS Handelsgesetzes, nach dem „die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand die Grenz« nicht überschreiten darf, durch welche eine unbillige Erschwerung des Fortkommens der Handlungsgehilfen auS- gesckloffen wird." Damit glaubte man den billigen Forderungen der Ge schäftsinhaber auf Wahrung ihrer Interessen und der Gehilfen auf das Recht ihres Fortkommens Genüge geleistet zu haben. Wie jetzt aber die Zeiten und die Geschäfts verhältnisse sich gestaltet haben, muß festgestellt werden, daß die Gegner der Concurrenzclausel, die deren völlige Abschaffung wünschten, Recht behalten haben. Als es feststand, daß ihre For derung nicht durchdrang, traten sie dafür ein, daß wenigstens die Clausel nur bei dem selb st gewählten Abgang deS Gehilfen in Kraft bleiben sollte; allein auch dieser Wunsch wurde nicht berücksichtigt, und nun stehen wir jetzt, bei dem Rückgänge der Geschäfte, bei der starken Entlassung der Angestellten, vor dem damals vorausgesagten Falle, daß Gehilfen, die ent lassen werden, weil das Geschäft, in dem sie angestellt sind, sie nicht mehr brauchen kann, in einem anderen Geschäft, waS sie vielleicht gut verwenden könnte, keine Anstellung finden können, weil dem die von ihnen eingegangene Concurrenz clausel wiederspricht. Sie sind Kraft des Gesetzes brodloS. DaS ist ein Zustand, der in einem Rechtsstaate verwunderlich ist, ganz verwunderlich, wenn man sich erinnert, daß man durch das beabsichtigte „Zuchthaus- und Streikbrechergesetz" den Arbeiter gegen durch Arbeiter selbst herbeigeführte Brodlosigkeit schützen wollte. Nun ist eS allerdings der freie Wille jedes Einzelnen, eine Concurrenzclausel einzugehen, indessen zwingt oft genug die Noth, die Nothwendigkeit, eine Stellung zu erhalten, dazu und leider wird in Principalskreisen von der Clausel immer mehr Gebrauch gemacht. Durch die Einführung der Beschränkung der Clausel im Handelsgesetzbuche, durch die öffentliche Besprechung sind erst weile Kreise aus diese Fassung der Clausel aufmerksam gemacht worden. Wenn der klardenkende Georgi wieder käme, würde er sich gewiß "nicht mehr für die Clausel er wärmen. Ueber die Vermehrung der durch die Clausel ge bundenen Anstellungsverträge macht I. Silbermann in der „Socialen Praxis" einige Mittheilungen, die sich mit unfern Erfahrungen decken, ja nicht weit genug gehen. „Waren eS früher, sagt er, nur einzelne Firmen, die sich die Con currenzclausel unterschreiben ließen, und geschah dies nur gegenüber solchen Angestellten, die tatsächlich in anderen Stellungen wirksame Concurrenz zu bereiten in der Lage waren, so wenden heute ganze Branchen gegenüber An gestellten allerlei Art diese Clausel an. Kaufmännische Praktiker und die rechtsgelehrten Syndici der Branchen vereine wetteifern in der Austüftelung beschränkender Vertragsbestimmungen. In erster Linie haben darunter von jeher die „Reisenden" zu leiden gehabt, d. h. die jenigen Angestellten, die die Kundschaft, Kleinkausleute und Privatleute aufsuchen und sie zur Aufgabe einer Bestellung veranlassen. Der Reisende kann allerdings als Concurrent unbequem werden, denn er kennt den Kundenkreis in be stimmten Gegenden und die Preise ganz genau. Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, daß er nicht nur alte Kunden zu besuchen, sondern neue zu gewinnen hat. So wohl die Erhaltung der alten Kundschaft wie die Gewinnung neuer Abnehmer ist das Verdienst seiner kaufmännischen Kenntnisse und Fähigkeiten. Ist ihm die Möglichkeit ge nommen, innerhalb des ihm bekannten Gebietes und inner halb seiner Branche für sich oder für andere thätig zu sein, so bedeutet das nichts anderes als eine außerordentliche Erschwerung der Selbstständigmachung oder für längere Zeit die Unmöglichkeit, eine besser bezahlte Stellung einzunehmen. Damit ist der Gesammtheil des deutschen Handelsstandes wahrlich nicht gedient. Neuerdings haben insbesondere die Eisenwaarenhandler unter dem Einfluß des von ihnen gegründeten Verbandes die Concurrenzclausel in den An stellungsvertrag mit Gehilfen aller Art ausgenommen, und andere Branchen scheinen ihnen nachzufolgen. Als schlimmster Auswuchs muß aber das Verhalten zahlreicher, vor allem Berliner, Waarenhäuser, bezeichnet werden. ES ist bekannt, daß in den Waarenhäusern, von den obersten Stellen abgesehen, die fast durchweg weiblichen Gehilfen nur wenig qualificirte Arbeit leisten, daß sie recht einseitig dressirte Theilarbeiter sind. Humanerweise ist ihnen in den Verträgen wenigstens nicht verboten, ein eigenes Waarenhaus zu gründen. Von diesen Laden- und Conkorgehilfen ist eS ganz ausgeschlossen, daß sie Geschäftsgeheimnisse verrathen, denn sie besitzen keine, sie sind als Concurrenz nicht gefährlicher als irgend ein Fabrikarbeiter in Essen dem Geh. Commerzienrath Krupp. Wenn hier die Concurrenzclausel angewandt wird, so kennzeichnet sich das einfach als einen Mißbrauch, der lediglich dazu dient, sich billige Kräfte jahrelang zu sichern. Interessant ist die Vorgeschichte der Einführung der Con currenzclausel durch die Waarenhäuser. Vor mehreren Jabrcn wurde in Berlin ein neues Waarenhaus eröffnet, dessen Geschäftsleiter bis dabin eine hervorragende Stellung in einem anderen sehr bekannten und bedeutenden Waarenhaus einnahm. Durch größere Gehaltsversprechungen veranlaßte er einen großen Tbeil deS „eingearbeiteten" Personals, ihm in das neue Geschäft zu folgen, und die Firma, der er vorher seine Dienste geweiht hatte, befand sich in einer schwierigen Lage; denn neue Arbeitskräfte schnell zu erhalten war schwer, weil die intelligenteren Handlungsgehilfinnen im Interesse ihres weiteren Fortkommens Stellung in Waarenhäusern nickt gern annehmen. Um derartigen Vorkommnissen für die Zukunft vorzubeugen, wurde die Concurrenzclausel eingesührt. Begierig griffen dies die meisten anderen Waarenhäuser auf, und so wurde diese beschränkende Bestimmung fast allgemein. Allein in Berlin unterliegen mehrere Tausend weiblicher Gehilfen dieser Freiheitsbeschränkung, welche Mädchen härter trifft als junge Männer, da diese immerhin in anderen Städten Unterkommen suchen können, während dies für Mädchen auS gesellschaftlichen und wirthschaftlichen Gründen recht schwer ist." Diese Zustände drängen zu einer Reform des Gesetzes hin. Hoffentlich wird diese bald eingeführt, die Verhältnisse fordern sie unbedingt. Kaiserin Friedrich (-) Cronberg, 8. August. (Telegramm.) Heute früh wurde die Leiche der Kaiserin Friedrich eingrsargt; die Verlöthunz des Sarges erfolgt voraussichtlich im Laufe deS Tages. (-) tkronbcrg, 8. August. (Telegramm.) Der Kaiser wird heute Mittag 12 Uhr den Bischof von Ripon empfangen. (-) Bremerhaven, 8. Augnst. (Telegramm.) Prinz Adalbert ist mit der „Charlotte" hier eingetroffen und vom Officiercorps empfangen worden. Er reiste sofort nach Homburg weiter. (-) Cronberg, 8. August. (Telegramm.) Weitere Beileidstelegramme sind eingegangen von der deutschen Colonie in Livorno, vom deutschen Veteranenverein in Antwerpen, von den Deutschen Odessas, vom deutschen Turnverein von 1873 in Brüssel, von den Deutschen in Port au Prince und in Birmingham, von der deutschen Colonie in Malaga, vom Mayor von Cardiff, von dem Grafen und der Gräfin von Eu, von der Königin Isabella von Spanien, von dem Herzog und der Herzogin von Cumberland, von der Königin-Wittwe von Hannover, vom Fürsten Neuß ä. L., vom Fürsten Metternich und vom Groß herzog Ferdinand von ToScana. (-) BrcSlan, 8. August. (Telegramm.) DerMagistrat und die Stadtverordneten sandten an Se. Majestät den Kaiser nachstehende Beileidsdepesche: „Euere Kaiserliche und Königliche Majestät bitten wir ganz gehorsamst und unterthänigst, den Ausdruck tiefsten Schmerzes und innigsten Mitgefühls beim Hinscheiden der unvergeßlichen, hohen, edlen Kaiserin-Mutter allergnädigst entgegennehmen zu wollen." (-) Wien, 8. August. (Telegramm.) Für die Kaiserin Friedrich wurde eine 18(ägige Hoftrauer angeordnet. (D Paris, 8. August. (Telegramm.) Am 13. August, dem Tage der Beisetzung der Kaiserin Friedrich, findet in der hiesigen deutschen protestantischen Kirche ein Trauer- gotteSdienst statt. 0. II. Berlin, 8. August. (Privattelegramm.) Wahr scheinlich veranlaßt durch die Anwesenheit des Königs Eduard sind die Bestimmungen über die Beisetzung der Kaiserin Friedrich abgeändert. Der Trauerzug wird daS Stadtgebiet Potsdam überhaupt nicht berühren, die Trauerfeierlichkeit wird in dem aufs Strengste abgesperrten Park von Sanssouci abgehalten werden. Der Krieg in Südafrika. Das englische Kriegsamt veröffentlicht eia« Statistik -er englischen Verluste im Boerenkriege bis zum 6. Juli. Danach sind gefallen oder ihren Verwundungen erlegen: 786 Officiere und 15 933 Unter- officiere und Mannschaften. Vermißt werden 8 Officiere, 558 Mannschaften. Nach der Heimath zurückbesördert unto dort ge storben sind 5 Officiere und 379 Mann. Als kriegsunfähig nach der Heimath zurückgcsandt wurden 3292 Mann. Campbell Bannerman hielt am Mittwoch vor den Liberalen von Süvlondon in Peckham eine Rede, in der er das liberale Programm für die Regelung der Zustände in Südafrika eniwickelte. Er betonte nach einem Telegramm der „Mgdb. Ztg." die Nothwendigkeit eines versöhnlichen Entgegenkommens und be fürwortete den Erlaß einer allgemeinen Amnestie am Schluffe des Krieges. Nach einer kurzen Periode der Verwaltung als Kroncolonie sollten beide Boecenstaaten die vollkommene Auto nomie erhalten. Sehr scharf kritisirte der Redner die jüngste Rede Chamberlain's. Er meinte, das britische Volk würde nie mals Repressalien dulden, die auf einen Vsrnichtungskrieg hinausliefen; nur die unerträgliche Arroganz Chamberlain's könnte solche abscheulichen Maßregeln befürworten. Tie Sasfcrnfrage. Die Rede Chamberlain's über die Lage in Süd afrika ist an ihrer entscheidensten Stelle, da, wo er von der Verwendung der Kaffern spricht, durch die telegraphische Ueber- mittelung verstümmelt worden. Nach dem Parlamentsberichte der „Times" sagte Chamberlain: Es scheint die Meinung vorhanden zu sein — ich weiß nicht, ob sie auf der anderen Seite (der Opposition) existirt —, daß wir zu einer Art Einvernehmen mit den Boeren darüber gekommen sind, daß Eingeborene in diesem Kriege nicht verwendet werden sollen. Ein solches Einvernehmen ist nicht vorhanden. Es besteht für die Boeren keine Verpflichtung oder Einvernehmen dieser Art uns gegenüber. Es besteht für uns keine Verpflichtung oder Einvernehmen dieser Art gegenüber den Boeren. Der Grund, weswegen wir Eingeborene nicht verwendet haben, ist nicht, weil wir nicht glauben, sie würden tapfere Soldaten sein und könnten füglich in das Feld selbst gegen civilisirte Nationen gestellt werden, sondern weil wir, unter den besonderen Umständen in Südafrika glauben, es würde eine schlechte Politik sein. (Bei fall.) Wir haben gar keinen Zweifel über die Moralität ihrer Verwendung, aber wir sind überzeugt, daß es unter den Um ständen eine schlechte Politik wäre. Ich sage das, weil ich es (das Nichtverwenden der Eingeborenen) nicht so verstanden wissen will, als ob wir einen Präcedenzfall schüfen, der uns in irgend einem anderen Kriege beeinflussen würde. Wir würden nicht zaudern, unsere trefflichen indischen Truppen zu verwenden; wir würden nicht zaudern, jene prächtigen Soldaten zu verwenden, die jüngst in Aschanti fochten, vorausgesetzt, daß sie in Uebcreinstimmung mit den Bräuchen civilisirter Krieg führung föchten — d. h. wenn sie gehörig von britischen Offi- cieren beaufsichtigt würden. Wir würden berechtigt sein, sie in jedem Kriege zu verwenden. (Dillon: In Europa?) Ge wiß, in Europa oder sonstwo. (Dillon: Das ist skandalös, eine Schande! Mac Neill: Wir werden Ihnen darin Trotz bieten! Beifall der Nationalisten.) Für diesen ganzen Krieg haben wir Weisungen gegeben, daß Eingeborene nicht als Combattanten (bellixerentg) verwendet werden sollen. Wir haben unzweifelhaft dadurch ein großes und unmittelbares Opfer gebracht. Wir hätten, wenn wir nur den kleinen Finger gerührt hätten, 20 000 Basutoreiter in der Flanke der Boeren und eine große Streitmacht von Swasi und Kaffern in der Capcolonie und sonstwo haben können. Aber wir haben auf jeden unmittelbaren Vortheil, den uns das verschafft haben würde, entschieden verzichtet, weil wir glauben, daß es für die dauernde Wohlfahrt Südafrikas eine schlechte Politik sein würde. Wir sind soweit gegangen, daß wir die Eingeborenen, die uns bcistehen wollten, verhindert haben, in dem Kriege Partei zu ergreifen. Unsere Weisungen an die Militärbehörden haben bestimmt gelautet, daß sie nicht verwendet werden sollten als be waffnete Soldaten. Es ist gesagt worden, daß wir ihnen ge stattet haben, sich zu bewaffnen, und sie bewaffnet haben in Fällen, wo sie in ihrem eigenen Territorium waren, in der be stimmten Erkenntniß, die ich meine glaubwürdig dargelegt zu haben, daß sie diese Waffen niemals gebrauchen würden außer zu ihrer eigenen Vertheidigung, wenn sie in ihrem eigenen Lande angegriffen würden Aber als offensive Krieg ¬ führende sind die Kaffern, so viel ich weiß, nicht verwendet worden. Andererseits . . . sind sie allgemein bei den Boeren für alle und jede Arbeitszwecke gebraucht worden. Sie haben Gräben ausgehoben, ihre (der Boeren) Waffen getragen, ihre Ponies gehalten und haben Kundschafterdienste für sie gethan, und wir erachten, daß wir berechtigt sind, sie genau zu denselben Feuilleton. Line Weissagung. Novelle von Maurus Jokai (Pest). Nachdruck verd»t«n. I. Zur Zeit des Könias Karl von Ungarn schloffen zwei Ritter bei Hofe innige Freundschaft: sie hießen Rafael Doria und Simon Barothy. Beide waren gleich stattlich, gleich tapfer und stets un zertrennlich. Als daher eines Tages Barothy seinem Freunde erklärte, er wolle hrirathen, entschloß sich Doria sogleich, dasselbe zu thun, da, wie er sagte, zwischen Verheiratheten und Un- vrrheirathrten eine Freundschaft nicht rathfam sei. Und so geschah es. Beide hielten an einem Tage Hochzeit. Während aber Barothy mit seiner jungen Frau seine Burg am Plattensee bezog, blieb Doria bei Lose zurück. Nach einem Jahre trafen sich die Freunde vor der Kontgsburg. Herzlich begrüßten sie sich, und ihre erste Frage war: „Wo ist Deine Frau?" Der Eine konnte die feinige nicht mitbringen, der Andere muhte sie nach Ofen schicken. Beide hatten wichtige Gründe dazu. .Da» ist schön", sagte Barothy, „wir sind an einem Tage glückliche Ehemänner geworden und werden vielleicht an einem Tage noch glücklichere Väter werden." ^lch möchte nur wissen", begann Doria, ob es ein Bube oder rin Mädchen sein wird/ „Das möchte ich für meinen Theil auch gern wissen." „Hier in der Näh« wohnt eine Wahrsagerin, die dergleichen zu saaen versteht." „Dummheiten ., „Wir hallen als Junggesellen größere Dummheiten gemacht; also fragen wir sie." Und die beiden Männer gingen wirklich zu der Wahrsagerin, um sich die Zukunft prophezeien zu lassen. Die Frau sagte zu Doria: „Das Kind, das Deine Gattin zur Welt bringt, wird als ein Mann sterben." Und zu Barothy gewendet: „Das Kind Deiner Frau wird als eine treue Kinds magd leben." „Schau, Du bekommst ein Mädchen", scherzte Doria, während Barothy's Stirn sich verfinsterte. „Das Beste wäre", tröstete ihn der Freund, „wir verhei- ratheten unsere Kinder gegenseitig." „Recht so!" rief Barothy erleichtert, „dann haben wir Jeder einen Sohn und eme Tochter." „Wir erziehen sie gemeinsam." „Den Sommer bringen sie bei mir auf dem Lande zu —" „Und den Winter behalten wir sie bei Hofe und lassen sie von den Mönchen unternchten." So war der Pact geschloffen, und die Freunde trennten sich lachend. — Nach zwei Wochen trafen sie auf derselben Straß« wieder zusammen. Beider Stirn war verdüstert. „Schau", sagte Doria, „es ist doch nicht gut, die Zukunft zu befragen. Ich träumte schon, daß aus unseren Familien ein bi» ans Ende der Welt reichender Stamm hervorgehen würde, und nun hat die Wahrsagerin falsch prophezeit. Soeben traf Nach- richt aus Ofen ein. Ich habe auch nur ein Mädchen bekommen." Da lachte Barothy fröhlich auf: „Das ist kein Schaden, denn ich bekam dafür einen Buben." Nun war die Freude groß, und die beiden Freunde fielen sich zum Staunen der Vorübergehenden mitten auf der Straß« um den Hal» und küßten sich. H. Wie die Freunde beschlossen hatten, geschah es. Ilona und Balint wurden wie Geschwister erzogen und waren bald ebenso unzertrennlich, als die Väter es gewesen. Die Jahre vergingen. Aus den Kindern wurde ein schöner, kraftvoller Jüngling und eine blühende Jungfrau, und noch immer glaubten sie sich wie Bruder und Schwester zu lieben. Da geschah es, daß ein römischer Ritter Filippo Crfrani mit seinem Sohne Enrico und seiner Tochter Pelinetta bei Hofe ein trafen. Enrico, ein stattlicher Jüngling von zwanzig Jahren, warf seine Augen auf Ilona, die damals schon am Hofe des Königs verkehrte, und beschloß, das schöne Mädchen für sich zu gewinnen. Obwohl er das Verhältniß der Familien Doria und Barothy kannte, stellte er sich doch, als hielte er Ilona und Balint für Ge schwister. Daher wartete er eines Tages die Zeit ab, wo der Jüngling, der zur Leibgarde des Herrschers gehörte, im Palast Dienst hatte, und bat dann Ilona unbefangen, den gestickten Gürtel ihrem Bruder abzugeben, den Pelinetta ihm für das nächste Turnier angefertigt habe. Ilona erbleichte bei dieser Botschaft, doch nahm sie ihre Kraft zusammen und fragte: „Hat sich Balint selbst den Gürtel von Pelinetta erbeten?" Enrico hielt es nur für eine kleine Lüge, „ja" zu sagen. „So werde ich ihn meinem Bruder geben", entgegnete sie, den Gürtel in den Kasten steckend. Don diesem Augenblicke an kannte Ilona den Unterschied zwischen Geschwistern und Liebenden. Ihr« Unbefangenheit war verschwunden; sie mied den Bruder und sehnte ihn doch herbei; sie plauderte mit ihm, wenn er fern von ihr, und hatte kein Wort für ihn, wenn er nahe war. Bald siel dies Balint auf, und er forschte, warum sie zürne. „Ich zürne nicht , entgegnet« daS Mädch«n, „sondern hab« Dir im Segentheil eine freudig« Mitteilung zu machen. Eine schöne Dame, für di» Du nächstens Deine Lanze brechen willst, schickt Dir diesen Gürtel." Balint glaubte natürlich, Ilona spreche von sich und wollte ihr mit linem Kusse danken, doch sie stieß ihn heftig von sich und rief weinend: „Du weißt ganz gut, daß Pelinetta ihn Dir schickt." Darüber gerieth Balint in heftigen Zorn. „Wer sagt das?" schrie er die Schwester an. Im ersten Schrecken entschlüpfte ihr der Name Enrico's, was sie aber sogleich bereute, als sie die Wirkung dieses Geständnisses bemerkte. Schäumend vor Wuth, zerriß Balint den Gürtel in kleine Stücke und schwor, die Fetzen Pelinetta vor die Füße zu werfen, den Bruder aber für seine Lügen exemplarisch zu be strafen. Vergeblich stellte ihm Ilona vor, daß es doch kein Unglück sei, von einem schönen Mädchen »in Geschenk zu erhalten. Er ließ sich nicht beruhigen, sondern eilte zum Hofmeister und erklärte, mit Enrico auf Tod und Leben kämpfen zu müssen. Die Sache kam auch vor den König, und dieser rief die Väter und Söhne zu sich und fragte, worin die Beleidigung bestände. „Er hat mich verleumdet", erklärte Balint, „denn er erzählte, ich hätte seine Schwester um einen Gürtel zum Turnier gebeten." „Ist das eine Beleidigung?" „Ja, denn eS ist eine Lüge, und die Hauptsache ist, wen er belogen hat." „Nun, wen denn?" Balint senkte das Haupt, die Neugier des Königs kam ihm ungelegen. „Meine Schwester Ilona." Der König lächelte. „So gehe, mein Sohn, wir werden un» über die Angelegenheit entscheiden." Als er gegangen war, sagte der Vater ärgerlich: „Mein Herr Sohn ist närrisch geworden." „Nein, er ist nur in Ilona verliebt", entgegnete der König, „und es wäre gut, sie bald zu verheirathen."
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