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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010810029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901081002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-10
- Monat1901-08
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iß ksvttu'a >mr ünt,,Sreüzbaäd durg. EgpedM«» dftse» Platt»» müglich. »rjchriat »m V,7 l di, tbe»d4lp»ga-e Vvch»«»»-» »m k 1 Rrdartißn,«d Lrve-itiovr S,ha»nt»-«ssi 8. Bezug--Preis ß» d« «de, den S» VtedS- Beztel «d d«, Vorort «n errichtet,» «us- d'b«st«ll„ odgitzoktr vt«rt»lj»hriich ^1» »0, b»l »w«tmatt,«r täglicher Hustellu»» in» HauZ ul b^0. Durch di» Post bezog», für Deutfchland ». vesterretch: »ierteljShrl. ul «. Men ,bo,«trt fern»» mit entsprechend»,» Poftmesschkag d^ de» P-ftanft-lten in d», Schweit, gt«li«^ Belgin,, Holland, Luxem« »*»«, Dä»»nu»rL «ch»»d», und Narwrge». R»ßl«rd, de, Donllfilltni, be, «uriptzische» Lürftj, Egypte». Für «kl» übrig»n Ltsqfta iß dsx.V«uanur »ntrr Krrüzband durch dtzr Filiale, r Tkftld Bl-n vpxm. v. Klemm'» Torsi» L»WerfltLt»ftri»ße - (Pguli»»M), Souls 8-sch«, K»th«bmistr. Ich »-M. »ud Ks»ig»pl«tz 7, Abend-Ausgabe. Mjp)igcr TagMM Anzeiger. ÄrnlsVlatt des Äönigtichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. M. Sonnabend den 10. August 1901. Anzeigett'Prei- die 6 gespaltene Pefftzette 8b Reklame, „ter dem Redactionsstrich ss gespalten) 7» vor de, FamcUeniuut» richten (S gespalten) 50 H. La bellarischer „d Kisserpsatz e»tspr»ch»,d höher. — Gebühren Nir Nachweisungen „d Offertenauuahm» 8b («xel. Porto). l,< »- «> Ertra-Beilagen (gefatzy, «ar mit der Morgen-AuSgab«, oha» PvstbesSrderuaa .^l S0—, mlt Postbesörderung ul 70.—. Annahmeschluß für Anzeige»: Abend-Ln»gah«; Lormittag» IO Uhr. jMorgeu-Ansgab«: Nachmittags L Uhr. Bet de» Filialen „d Annahmestelle, j, Mae Halde Stunde früh». Nchetge» stad stets an di« Expedition g> richten. Li« Lrprdition ist Wochentags „„terbroche, geöffnet vo, früh 8 hi» Abend« 7 Uhr. Druck „d Verlag vo, Pol» in Leipzig. 95. Jahrgang Kaiserin Friedrich ,D Hamburg v. d. Höhe, v. August. Der Kaiser ver weilte deut« den Tag über zumeist im Arbeitszimmer und erging sich am späten Nachmittag in Begleitung des Reichs kanzlers Graf v. Bülow im Schloßparke. (-) London, 9. August. Der König, die Königin, die Prinzessin Bietoria und Prinz Nicolaus von Griechenland sind Abend« 10 Uhr nach Cronberg ab gereist. * verli«, S. August. Da- „Marine-Verordnungs- blatt" veröffentlicht folgenden Marinebefehl: „Ich bestimme hierdurch, daß die Trauer um Meine innig geliebte Mutter, die in Gott entschlafene Kaiserin und Königin Friedrich Majestät, nach der von Mir für solche Trouersülle ge nehmigten Anweisung la der Weise von den Osficieren und oberen veamten Meiner Marine stattzufinden hat, daß in den letzten drei Wochen nur der Flor um den linken Oberarm getragen wird. An de« Fahnen der Eeebataillone werden während der sechs Wochen zwei lange herabhäugendr Flor« getragen, die unter der Spitze zu befestigen sind. Homburg v. d. Höhe, den 8. August I90l. Wilhelm." T Etrahburg t. Sls., 9. August. Dem Vorstande des Lande-au-schuffeS ist folgendes Telegramm Sr. Majestät des Kaiser« zugegangen: Homburg tz. d. H., 7. August. Ich spreche dem Vorstande des LandesausschußeS von Elsaß-Lothringen für die Beileidsknndgebung anläßlich de« Hinscheidens Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich Meinen wärmsten Dank au«. veileidsknndgebunge». (-) Posen, 9. August. Anläßlich des Ablebens der Kaiserin Friedrich fand hier eine Gedacktnißsitzung der St ad tverordneten Versammlung statt, nach welcher nachfolgendes Beileidstelegramm an den Kaiser gesandt wurde: Eure Majestät bitten die zu gemeinsamer Sitzung versammelten städtischen Körperschaften der Provinzialhauptstadt Posen aller- unterthänigst, den Ausdruck ihrer ehrfurchtsvollen Theilnahme und ihre- tiefen und aufrichtigen Schmerzes bei dem Hinscheiden Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich entgegennehmen zu wollen. Mit Eurer Majestät trauert PosenS Bürgerschaft um die hochgesinnte, edle Kaiseriu, deren unserer Stadt bewiesenes Wohlwollen, deren gütige Antheilnahme und hilfreiche- Eingreifen in Tagen schwerer Noth un« unvergänglich bleiben wird. Magistrat und Stadtverordnete der Provinzialhauptstadt Posen. (D Bukarest, 9. August. Für die Kaiserin Friedrich ist eine sechswöchige Hoftrauer angeordnet worden. ' * Potsdam, 9. August. Ueber die Beisetzungsfeier am DienStag wird noch gemeldet: Der Leichenconduct mit den Allerhöchsten Herrschaften trifft in Potsdam DienStag Vormittag voraussichtlich in der zehnten Stunde auf der Wildpark-Station ein und wird vom Fürsten-Bahnhof aus sofort nach dem Mausoleum überführt. Der Weg gebt nach den ueuen Bestimmungen über den Damm der Biktoria straße durch das Armbrüster'sche Thorzitter, die bekannte I Einfahrt der Allerhöchste» Herrschaften vom Bahnhofe aus I in den Sanssouci'Park hinein, hier den Kaiserweg entlang I bis zum Neuen Palais. Dieses links liegen lassend, wird der Hauptwcg eingeschlagen bis herunter zum Wicsenweg. Dieser, auch der Schräge Weg genannt, wird weiter verfolgt über die Schwarze Brücke bis zum Hofzarten-Directionsgebäude, den Pfarrweg entlang, an Billa Lignitz vorbei bis züni Friedrich Wilhelm IV. Portal. Durch dieses hindurch, das damals zur Beisetzung König Friedrich Wilhelm IV. in der FriedenSlirche errichtet und zu Lebzeiten der Königin Elisabeth stets verschlossen gehalten wurde, gelangt der Leichenzug in den Marly-Garten, bezw. zum Mausoleum bei der Fricdenskirche. Hier angelangt, wird der Sarg vom Leichenwagen gehoben und von 12 Unterofsi- cieren der Schwarzen Leibhusaren den Säulcnweg entlang, am segnenden ChristuS vorbei bis zur CnngangSlhür des Mausoleums getragen, von wo auS dann der Sarg von Kaminerherren bis zur Gruft übernommen wird. Die die Gruft bedeckende große Marmorplatte ist gestern bereits entfernt und die Gruft selbst auf Grundwafser — wegen der Angrenzung des Mausoleums an den Marly-See — untersucht worden, wobei sich heraus gestellt hat, daß die Sohle der Gruft vollkommen trocken ist. Hier wird Prediger Persius, der seit dem Jahre 1872 bis zum Tode Kaiser Frievrich's der Hauögeistliche und Religionslehrer sämmtlicher Kronprinzlicher Kinder war und der u. A. auch am Grün-DonnerStag dcS Jahres 1888 dem schwerkranken Kaiser Friedrich und der gesammten Kaiserlichen Familie im Charlottenburger Schlöffe das Hei lige Abendmahl reichte, ein Gebet sprechen und der feier liche Beisetzungsact somit ein Ende erreichen. Von einer besonderen Ausschmückung des Trauerweges verlautet nichts, eS ist auch nicht zu erwarten, daß in dieser Beziehung irgend wclcheBestimmungen getroffen werden,da die hohen alten Bäume deS Parkes den eindruckvollsten Trauerschmuck abgeben dürsten. — Nur der Altar im Mausoleum und der vor dem letzteren stehende Thorwaldsen'sch: Christus wird eine würdige Pflanzen decoration erhalten. Wie weit die Truppen der Garnison zur Spalierbildung und Begleitung des TrauerconducteS herange- zogen werden, wird erst am Montag bekannt gegeben werden. Daß der Trauerzug den Stadtkreis Potsdam, mit Ausnahme deS kurzen UebergangeS an der Victoriastraße, gar nicht be rührt und Park Sanssouci für den Fremdenverkehr hermetisch abgeschlossen wird, beruht darauf, daß hiermit dem letzten Wunsche der Entschlafenen Rechnung getragen wird. Di hohe Frau hat selbst bestimmt, ihre Beisetzung so einfach wie nur irgend möglich, „ohne Betherligung aller Fernstehenden", zu vollziehen. * Cronberg, 9. August. Hier wird für die nächsten Tage mit einem enormen Menschenandrang gerechnet. Von der Eisenbahn ist ein besonderer Fahrplan für Vor- und Nach züge aufgestellt worden. Fenster mit Aussicht auf den vor- überpassirenden Leichcnzug werden zu sehr hohen Preisen an geboten und vermiethet. Schloß FriedrichShof hat, wie es heißt, eine neue Besitzerin erhalten. Die Kaiserin Friedrich soll das herr liche Besitzthum ihrer jüngsten Tochter, der Prinzessin Margarete von Hessen, vermacht haben. Die Unter haltungskosten für das große Schloßgcbiet sind sehr bedeutend; ein starkes Personal ist zur Bewirthschaftung erforderlich. Prinz Friedrich Carl von Hessen, der Gemahl der Prinzessin Margarete, der selbst kein eigenes größeres Schloß besitzt, ist sehr begütert. Das Kürassier-Regiment „Königin" wird bei der Trauerfeier am 11. August in Cronberg auf Befehl de« Kaisers durch den Regiments-Commandeur Oberstleutnant v. Schwerin und einen Rittmeister (Gras (Keßler), zwei Leutnants (Frbr. v. d. BuSsche, Frhr. v. Maltzahn), durch einen Wachtmeister, einen Unterofficier, einen Kürassier ver treten sein. An den Trauerfeierlichkeiten am 13. d. Mt«. wird das gesammte Ofsiciercorps des Regiments sich be theiligen. Der Berliner Domchor trifft in Stärke von 30 Kin dern und 40 Herren in Cronberg ein. Der Krieg in Südafrika. Die schlechte Lage im Capland. Aus London, 7. August, wird der „Rhein.-Westf. Ztg." geschrieben: Außer den Kitchener'schen Wochenberichten, die gewöhnlich derartig abgefaßt sind, daß sie der Zuversicht und der schwachen HosfnungSfreudigkeit im englischen Publicum neue Kraft und Nahrung geben sollen, kommen nur noch wenige von den früher so zahlreichen sieghaften Meldungen von Südafrika nach England, und selbst die Correspondentcn der Tory- und Jingo-Blätter leisten mit jeder Woche mehr im Trübsalblasen, und es hat wenigstens jetzt den Anschein, sie kommen damit der Wahrheit und den wirklichen Thatsachen immer näher. Daß auch der famose Herr Wallace von der „Daily Mail" mit schmet ternden Fanfaren in das Lager der Unglückspropheten übergegangen ist und speciell über die Lage in der Capcolonie einen neuen, denkbarungünstigsten und fast verzweifel ten Bericht nach London sendet, kann heute nur wenig überraschen, wenn man die Behandlung in Betracht zieht, die ihm und seinem Blatte seitens des Kriegsamtes und des britischen Hauptquartiers in Südafrika zu Theil geworden ist. Mr. Wallace erklärt, daß heute unter den Bocren die Absicht, zu capituliren, in viel geringe rem Grade vorhanden ist, als zur Zeit des Wechsels im Ober kommando, und er hat inzwischen ausfindig gemacht, daß oie Boeren den Kr.cg so lange fortsetzen werden, als noch fünfzig Mann unter Waffen stehen. Seine Bekenntnisse gipfeln in dem bitteren Zugeständnis daß die britische Feldarmee heute schlim mer daran ist, als dies jemals zuvor der Fall war, und daß in den letzten 13 Monaten des Feldzuges nicht nur keine Fortschritte, auf englischer Seite gemacht worden sind, sondern mindestens ein allgemeiner Stillstand, wenn nicht ein thatsächlicher Rückschritt zu verzeichnen gewesen ist. Alles dieses ist natürlich nichts Neues, aber neu ist jedenfalls die Anwandlung auf Seiten der Jingos und ihrer officiösen Vertreter, die Wahrheit zu sprechen und den nackten Thatsachen gegenüber sich nicht länger wie bisher indiffe rent oder gar direct ablehnend zu verhalten. Ein Spion unter der Parlamentarflaßge. Londoner Blätter veröffentlichen folgendes Telegramm aus Graaf Neinet in Capland: * GraafReinet, 5. August. Ein junger Rebell, der kürz lich zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt worden war, wurde am 29. Juli freigelassen und von hier aus unberechtigt unterdem Schutze einer Parlamentärflagge mit Depeschen abgeschickt. Er wurde indessen von den Boeren aufgegriffen und in ein Lager in der Nähe von Spitzkop gebracht, wo ihn die Boeren wegen Spionage vor ein Kriegsgericht stellten und ihn zum Tode verurtheilten. Kommandant Theron bestand auf derAusführung des Urtheils, doch Commandant Lotter trat dazwischen und bewirkte eine Umwandlung der Todesstrafe in 17 Peitschenhiebe. Dann wurde der Gefangene entlassen, nachdem man ihm sein Geld, Proviant, Pferd und seine Stiefel abgenommen hatte. Man will offenbar durch diese Meldung den Anschein er wecken, als ob die Boeren in völkerrechtlicher Hinsicht sich ver gangen hätten. Indessen ist dem nicht so. Im Gegentheil ver fuhren die Engländer in keiner Weise correct, als sie einen Spion unter den Schutz der Parlamentärflagge stellten, welche die Boeren natürlich nicht anerkennen konnten. Denn ein Spion war dieser „Rebell", der für den Preis seiner Befreiung den Eng ländern versprochen hatte, Depeschen an ihre offenbar englische Adresse zu besorgen, wobei ihm die Kenntniß des Landes und der Gebräuche der Boeren und Eingeborenen von hohem Nutzen war. Die Boeren wären also im vollen Rechte gewesen, wenn sie das Todesurtheil ausgeführt hätten, und nur ihrer unbegreiflichen Milde verdankt der Spion seine Errettung. * London, 10. August. (Telegramm.) Die Morgen blätter besprechen die Proclamation Lord Kitchener's in Artikeln, die ihr als einer gerechtfertigten und vernünftigen Maßnahme vollen Beifall spenden. Wenn die Proclamation, was allerdings unwahrscheinlich sei, ihren Zweck verfehle, müßte nach der Meinung der Blätter zu noch strengeren Maß regeln gegriffen werden. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. August. Eine belgische Zeitschrift für Finanzwesen giebt ein« stati stisch« Uebersicht über die Entwickelung vcr Ltaatsschuldenvcr- pättniffe in den verschiedenen europäischen Staaten während der letzten 25 Jahre des 19. Jahrhunderts. Danach haben nur drei Staaten eine Herabminderung ihrer Schulden zu verzeichnen: Großbritannien, das seit 1875 seine Schuldsumme um mehr als ein Fünftel des ursprünglichen Betrages, nämlich von 19,38 Milliabven Francs auf 15,69 Milliarden Francs, ver ringert hat, die Türkei, 'welche 823 Millionen Francs, und Spanien, welches 744 Millionen Francs seiner Staats schulden getilgt hat. Doch muß hinsichtlich Großbritanniens be merkt werden, daß der Bericht mit dem Jahre 1900 abschließt, also die schweren finanziellen Nachwirkungen des südafrikanischen Krieges nicht mehr berücksichtigt. In dem gleichen Schuksver- hältniß, wie 1875, verblieben ist das Großherzogthum Luxem burg, während alle übrigen Staaten Europas ihre finanziellen Verpflichtungen in der erwähnten Periode bedeutend gest«igert haben. Unter ihnen zeigen Dänemark und die Schweiz mit 5, bezw. 53 Mill. Francs die niedrigste, Ruß land und Deutschland mit 10,03, bezw. 12,14 Milliarden Francs die größte Vermehrung ihrer Staatsschulden. Bei Deutschland stehen dieser Schuldencontrahirung jedoch die Er weiterungen des Staatsbesitzes, der Eisenbahnen u.s.w. gegenüber. Vor Rußland rangiren Oesterreich-Ungarn mit 6,8, F ra n k r e i ch mit 5,9 und Italienmit 3 Milliarden Francs Erhöhung ihrer Staatsschulden. Erheblich verschiebt sich das Bild, wenn man die europäischen Staaten nach der Gesammthjohe ihres Schuldbetrages gruppirt. Danach leben die Schweiz und Norwegen mit 84 bezw. 252 Millionen Francs in den günstigsten Verhältnissen, Deutschland nähert sich zwar mit Feritzllstsn. in Am Geld. Roman von F. Ilex. Nachdruck verkolm. Mit welcher Spannung wir der Entscheidung entgegen harrten, kannst Du Dir denken! Dieselbe sollte nicht lange auf sich warten lassen, denn nach kaum acht Tagen fand ich, vom Comptoir nach Hause zurückgekehrt, ein Schreiben auS dem Ca- binet vor, des Inhaltes, daß: „Seine Majestät mein Gesuch abzulehnen geruhten, da eine Wiederanstellung bei meinem vorgeschrittenen Lebensalter für mich selbst wenig Aussicht für die Zukunft bieten könne." Obgleich ich stets mit der Möglichkeit einer abschlägigen Ant wort gerechnet hatte, fühlte ich doch meine Knie unter mir wanken; doch gewann ich, der ich schon so viel Schweres durchgemacht, seit ich den bunten Rock abgelegt, meine Fassung bald wieder, die ich um so nöthiger hatte, als die Mama — ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit — sich yar nicht Lbxr diese erneute Enttäuschung be ruhigen konnte. Hatte ich damals freilich gewußt, was ich erst viel später durch einen Zufall erfahren sollte, daß gerade zu der Zeit, al- mein Gesuch zur Entscheidung vorlag, ein ungünstiges Gestirn den Schövser alles meines Unglückes, den Obersten von Loris, der sich, zum General befördert, melden wollte, hierher nach Berlin geführt hatte, und daß dieser, von dem Chef des Militär- eabinet» Über mich befragt, in so durchschlagender Weise gegen mich seinen Einfluß geltend gemacht hatte — ich hätte wohl ganz anders unter dem Gedanken gelitten, so dem unversöhnlichen Hasse dieses meines bösen Dämon« ausgesetzt zu sein! So trug ich wenigstens da» Bewußtsein in mir, Aller versucht »u haben, um eine Aenderung und Verbesserung unserer Lage hrrbeizuführen, und daß es nicht meine Schuld sei, daß dies miß lungen. Ja, da die Spannung der letzten Wochen mit der Ent- schkldung aufgehört, kam e» — Du wirst darüber staunen — so gar wie eine Art Ruh« über mich, die mich mit verdoppeltem Eifer an meinem Pulte im Comptoir arbeiten ließ; hatte ich doch jetzt kein andere» Jnterrffe mehr, als den hier errungenen Platz nach Kräfte» ausrufüllen und gegen all« Wechselfälle zu behaupten! Gegen all« Wechselfälle! Als ob das in unserer Macht läge! Es verginaen so eine Reih« von Jahren, di« keine wesentlich« Veränderuna in unseren Verhältnissen brachten. Du selbst warst damals langst von mir in» Ladettencorps ge bracht worden, dessen segensreiche Einrichtung für Fälle, wie den unserigen, gar nicht genug gepriesen werden kann, und hattest dasselbe seit einem Jahre als Officier verlassen, als „der Krach", jene große wirthschaftliche Krisis, eintrat, von dem Du — in ganz anderen Verhältnissen lebend — wohl bis heute noch nichts erfahren hast. Es war jene Zeit, wo die ältesten, sichersten Häuser lnS Wanten geriethen, wo mit dem plötzlichen Sinken aller Werthe ein solches Mißtrauen das ganze Publicum ergriff, daß auf die größeren Geldinstitute geradezu Sturm gelaufen wurde, um alle Einlagen so schnell wie möglich zurückzuziehen. Du bist nicht kaufmännisch gebildet und erfahren genug, um mich ganz zu ver stehen. Genug, eines Tages waren mit fo vielen anderen Bank- und Waarenfirmen auch Cohn L Co. zahlungsunfähig, und zwar ohne eigene Schuld, durch den Sturz anderer Häuser, die bis da hin das größte Vertrauen genossen hatten, mit in den allgemeinen Ruin gezogen. Das gesammte Personal, dem noch das Gehalt für den laufenden Monat gezahlt worden war, wurde sozusagen auf die Straße gesetzt und konnte sehen, wo es ein anoeres Unter kommen fand. Unser Chef, dessen Ehrenhaftigkeit Niemand an- gezweifelt, und dessen Unglück allgemeines Bedauern erregt hatte, uberleote den Verfall der Firma nicht lange, sondern starb wenige Wochen nach der Concurserklärung; mit ihm meine einzige Hoff nung, durch seinen Einfluß und Fürsprache eine ähnliche Stellung in einem anderen kaufmännischen Geschäfte zu finden. Durch den Zusammenbruch so vieler Firmen waren un zählige junge Kaufleute stellenlos geworden, deren Zahl sich noch dadurch nicht unwesentlich vermehrte, daß di« jene Krisis über- dauernden Häuser nicht nur ihr Personal aufs Aeußcrste be schränkten, sondern auch die bis dahin gezahlten Gehälter ganz bedeutend berabsehten. Es gab damals nicht wenige Buchhalter und Korrespondenten, die für ein Viertel ihres früheren Gehaltes die gleiche Arbeit leisteten, froh, nur überhaupt etwas zu ver dienen. Daß es mir unter diesen Verhältnissen, noch dazu bei dem Mißtrauen, welche» man mir als früherem Officier entgegen brachte, und welche« mir schon so oft hindernd in den Weg getreten war, unmöglich wurde — trotz aller Bemühungen —, wieder eine Stelle zu finden, wird Dich nicht wundern. So war ich denn wieder einmal wrack, und konnte den Kampf um» Dasein von Neuem und dazu unter viel ungünstigeren Um ständen aufnehmen. Ich studirte alle Blätter, antwortete auf unzählig« Annoncen, schriftlich, wenn e» verlangt war, unter Darlegung aller Ver hältnisse, stellte mich persönlich vor, wo die» Bedingung! Kurz, ich that das Menschenmögliche, um mir Beschäftigung und für die Meinen Brod zu verschaffen. Mit welchen Gefühlen ich jene Brief« schrieb, mit welchen immer ein Stück meines Innern fremden — und Gott weiß, welchen — Aug«n preisg,geb«n wurde, kann ich Dir nicht sagen! Und wenn diese Selbst verleugnung nur von Erfolg gekrönt gewesen wäre! — aber nichts von dem! Gewöhnlich kam eine Antwort, und wurde ich, waS ja wohl auch einmal geschah, zu einer persönlichen Vorstellung gewünscht, dann hatte ich höchstens eine neue Demüthigung zu den übrigen zu legen. War ich auch durch die bereits früher auf diesem Erbiete ge machten Erfahrungen etwas abgehärtet und nicht mehr so mimosenhaft empfindlich, wie in der Zeit unmittelbar nachdem ich den Abschied genommen, und hatte ich mich während meiner langjährigen Beschäftigung bei Cohn L Co. an die nicht be sonders höflichen Formen, mit welchen der Kaufmann überhaupt mit seinem Personal, den sogenannten „jungen Leuten", zu ver kehren Pflegt, gewöhnt, so fehlte mir doch anderseits die Elasticität der Jugend, die mir früher über Manches verhältnißmäßig rascher hinweggeholfen hatte, als dies jetzt der Fall war. Zu Hause halfen mir die Mama und die inzwischen heran gewachsenen Schwestern nach Kräften, und doch mußte gerade für die Letzteren — da Elisabeth dicht vor dem Examen stand — Alles aufgeboten werden, wollten wir nicht den Erfolg und die Hoffnung langer Jahre angestrengtesten Fleißes in Frage stellen. Aus denselben Gründen mußten wir Marianne in derselben, nicht ganz billigen, unsere Verhältnisse eigentlich übersteigenden Lehranstalt belassen. Wie die Mama, in Uebereinstimmung mit mir, stet» daraus gehalten, daß die Töchter auch äußerlich ihre Zugehörigkeit zu den gebildeten Ständen durch ihre Kleidung erkennbar machen sollten, so haben wir Eltern — ich kann eS ohne Uebertreibung sagen — oft geradezu gehungert, nur um daS Schulgeld aufzu bringen, um den sogenanten Schein aufrecht zu erhalten. Nach langem Bemühen war es mir gelungen, die Agentur eines Hamburger Hauses zu erhalten. Ich verdankte diesen glück lichen Umstand der Empfehlung eines meiner früheren Mit- arbeiter bei Cohn L Co., der mehr Glück als ich gehabt und in dem großen Hamburger Hause eine gut besoldete Stell« gefunden hatte. Als der hiesige Vertreter dieses Geschäfts plötzlich ge storben war, hatte mein alter College an mich gedacht und mich bet seinem Chef in Vorschlag gebracht. Gedeckt durch die Firma des Welthause«, und gut eingefübrt durch meinen verstorbenen Vorgänger, fand ich, wie man in solchen Fällen zu sagen pflegt, ein gemachte» Bett, und durfte hoffen, mich dauernd in der Stellung halten Zu können. Trotzdem ich so unter den scheinbar günstigsten Umständen meine neue Thätigkeit begonnen hatte, wollte die Sache nicht glücken. Sei es nun, daß der Geschmack d«r Abn«hmrr sich geändert, oder daß die von mir vertretene Finna diesen Geschmack nicht mehr traf, sei e» endlich, was ich nicht leugnen will, daß ich, trotz aller Mühe, die ich mir gab, da richtige Anpreisen der mir gesendeten Waarenproben nicht ver stand, kurz, das Geschäft wollte nicht recht gehen. Zwar erhielt ich Aufträge, allein nicht in dem Maße, wie man es erwarten durfte, und noch weniger im Hinblick auf die Bedürfnisse meiner Familie, die von den mir für jeden Abschluß bewilligten Procenten leben sollte. Ein oder anderthalb Jahre dauerte die Sache, dann wurde mir im letzten Frühjahre die Agentur entzogen, gerade zu einer Zeit, wo ich durch das Fälligwerden eines Wechsels in die größte Bedrängniß, aus der Du uns damals noch rettetest, gerathen war, denn, daß auch der kleine Rest unseres Vermögens nebst den geringen Ersparnissen der letzten Jahre unterdessen auf gezehrt worden waren, brauche ich nicht erst hexvor zu heben. Was ich in jenen Tagen empfand, als ich zufällig in einer Zeitung die Notiz las, daß das alte Gut unserer Familie für annähernd zweihunderttausend Thaler seinen Besitzer gewechselt, während ich e» seiner Zeit kaum zum halben Preise hatte ver kaufen müssen, kann nur der ermessen, dem, fo wie mir, die Mög lichkeit einer gesicherten, ja glänzenden! Existenz gewinkt und dem sie, einer Fata Morgana gleich, beim Zugrcifen plötzlich wieder entschwunden ist. Ich habe später, nach dem gezwungenen Verkauf, der, ab gesehen von meinen persönlichen Verhältnissen, in eine, auch für die gesammte Landwirthschaft sehr ungünstige Zeit gefallen war, von sachverständigen, ortskundigen Leuten gehört, daß das väter liche Gut in wirthschaftlicher Beziehung ganz ausgezeichnet im Stande gewesen sei, und daß ich, wenn ich nur irgend die Mittel besessen hätte, e» zu halten, bald wieder reine Bahn hätte schaffe» können. Der Vater war ein ausgezeichneter Landwtrth gewesen, noch dazu von einer ganz außerordentlichen Arbeitskraft, so daß er, ohne jene unselige Leidenschaft, uns ein mehr als ausreichendes Erb« hätte hinterlassen müssen. Vielleicht war eS gerade dies« Leidenschaft, dir man al» vererbt auch bri mir vorauSsetzte, di« dem einen oder den anderen der Nachbarn, die wohl hätten helfen können, di« Neigung benehmen mochte, ohne die nöthige Sicher heit — wozu in erster Linie überall die moralischen Eigenschaften des Schuldners gehören — dem unbekannten Sohn« beizu springen. Doch vorbei mit den unnöthigen Klagen, die Verlorenes doch nicht wiederbrinaen können!" „Ich habe Dir", fuhr der Vater nach einer kleinen Pause fort, „meine Erlebnisse in so ausführlicher Weis« mitgetheilt, um Dir einen genauen Einblick in unsere Lage und gleichzeitig den Schlüssel dafür zu geben, was mich veranlassen konnte, eine Stellung anzunehmen, deren bloße Erwähnung mir nur mit Widerstreben über die Livprn will. Und wenn es ai^ ehrlich ver dient,» »rod ist, was ich esse, so begreift ich doch vollständig
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