Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190108115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010811
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-11
- Monat1901-08
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1901
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8. c»It.aL> s. 6. 8. 8 6. 8. 8 8. 6. cwOooco») Bezugs »Preis kn der Hauptexpedition oder den im Stadt- bezirk «ad dea Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hans./l 5.50. Durch die Post bezogen sür Deutschland n. üesterretch: vterteljährl. ^l a. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem» bur« Dänemark, Schweden und Norwegen. Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur «uter Kreuzband durch die Expedition dieses Blatte» möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/«7 Uhr, die Abeuo-AuZgave Wochentag- um 5 Uhr. Re-action und Expedition: Johauni-gaffe 8. Filialen: LIsted Bahn vorm. O. Klemm'- Sortim. UmversitätSstraße 3 (Paulinum), Koni- Lösche, Katharineustr. Ich Part, und KSnig-platz 7. keWMr.TagMM Anzeiger. ÄmtsAatt des Königlichen Land- nnd Ämtsgerichtes Leipzig, -es Rothes nnd Volizei-Ämleo der LtadL Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (S gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernjah entsprechens höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannayme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 80.—, mit Postbeförderung 70.—. Ilnnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgea-Au-gabr: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig wartet prompt der Münchener Correspvndent de» Blatte». Er bestreitet nicht die Bedrängniß der Kleinstaaten, aber „Bayern glaubt doch auch mit Fug und Recht verlangen zu können, daß die Malrlcnlarbelträge niemals höher seien, al» die Ueberweisungrn des Reiches. Bei dem der nächsten LandtagSlefsion vörzulegenden Budget ist, wie verlautet, auf eine etwaige Erhöhung der Matricularbriträge gar kein« Rücksicht genommen, trotzdem aber ist, wie wir bereits erwähnten, der au-glrichende Abschluß nur mit Ach und krach hergestellt worden. Wie nun aber, wenn trotzdem die Matricularbriträge sich erhöhen? . . . Daß sich auch die maß gebenden Kreise Berlin- dieser Erkenntnis nicht verschließen, dasür zeugt allein schon dir Thatsache, daß im Grunde genommen die Verhandlungen oder, besser gesagt, die Besprechungen über eine Reichsfinanzreform niemals geruht haben. Die Schwierigkeit liegt keineswegs bei irgend einer Regierung, sondern einzig und allein beim Reich»tagr und namentlich beim Centrnm." ES ist tröstlich, daß Bayern nicht damit zurückhält, daß auch eS der Schuh drückt. Gegen das Centrum kann eS sich Hilfe bei — dessen Wählern verschaffen. Eine amerikanische Centrumspartei. Man schreibt unS: Unter den Katholiken der Vereinigten Staaten von Amerika ist seit geraumer Zeit eine Bewegung im Gange, die einen Zu sammenschluß der Katholiken zum Ziel hat. Die Frage ist aber, wie dieser Zusammenschluß beschaffen sein soll. Ein Lheil denkt daran, sich auf die Veranstaltung großer Versammlungen und Umzüge zu beschränken, weil derartige Demonstrationen dem Amerikaner imponiren; ein anderer Lheil dagegen strebt die Bildung einer politischen Partei nach dem Muster des deut- schenCentrumsan, weil nur sie dem Congreß und der Re gierung Zugeständnisse abnöthigen könne. Weshalb solche Zu geständnisse überhaupt erfolgen sollen —, das zu erfahren ist wegen der verfassungsrechtlichen Regelung de» Verhältnisses zwischen Kirche und Staat in der Union ungemein lehrreich. Bekanntlich besteht in den Vereinigten Staaten tatsächlich und rechtlich volle Religionsfreiheit; bloß als Cor poration sind die Kirchen, wie H. v. Holst in seinem „Staatsrecht der Vereinigten Staaten" anmerkt, der Gesetzgebungsgewalt der Einzelstaaten, namentlich in vermögen-rechtlicher Hinsicht, unter geordnet und ihrer Polizeigewalt unterstellt. Dieses „Freiwillig- teitssystem", das die Kirche nicht anders als einen Schachclub, die Priester vor Gericht nicht anders als einen Eisenbahndirector be handelt, hängt mit der Staatsauffassung der Amerikaner innig zusammen. „Da dort", schreibt hierüber Heinrich v. Treitschke treffend, „der Staat mehr eine freie Gesellschaft als eine zwingende Staatsgewalt ist, so ist die Consequenz, auch die Kirche als freie Privatgenossenschaft zu behandeln, leicht gezogen. Die radicalen englischen Sectirer, welche die Begründer der Union geworden sind, faßten selbst die Kirche als einen Privatverein auf. Diese Gedanken lagen gleichsam in der Luft, und als sich das junge neue Staatssystem entwickelte, war die Staatsgewalt in sehr enge Schranken eingepreßt. So mußte das Leben dieses Staates sich in der Gesellschaft vollziehen, in unzähligen Vereinen und Versammlungen freier Bürger. Dem entspricht auch das kirchliche Leben. Wo Alles durch freie Privatvereine besorgt wird, kann auch die Kirche diese Stellung einnehmen. Eine derartige Gleichstellung mit den sonstigen Corporationen genügt den amerikanischen Katholiken jetzt nicht mehr: jetzt soll ein amerikanisches Centrum der katholischen Kirche Privilegien erkämpfen! In einem langen Plaidoyer der Berliner „Germania" für die Bildung eines transatlantischen Centrums treten diese Tendenzen offen hervor. Das Gewand, in da» sie sich einhüllen, ist daS bekannte Trauerkleid, das der Klerikalismus immer anlegt, wenn er hierarchische Zwecke ver folgt. „Der Katholik ist nur geduldet im Lande der Freiheit", klagt die „Germania", „ein Recht auf Existenz hat er dort nicht. Nirgends auf Gottes weiter Erde schwirrt die Luft so voll von Vorurtheilen und Lügen gegen die katholische Kirche." — Und über die angebliche Verletzung, die den ^heiligen Rechten" der Kirche angethan werde, heißt eS weiter: „Man bestreitet ihr das Anrecht auf die Erziehung ihrer Kinder, man zwingt sie zur Beisteuer für die religionslose öffentliche Schule, man bestreitet ihrenKindern denZutritt zu öffentlichen Aemtern — kein Katholik kann, obgleich c» kein geschriebenes Gesetz in diesem Puncte giebt, Präsident (!!) der Vereinigten Staaten werden —, man dringt in vielen anderen Beziehungen auf die Kirche ein; und die Katho liken müssen sich dies Alles und noch viel mehr ruhig gefallen lassen." Merkwürdig! Als im November deS vergangenen Jahres der „Toleranzantrag" des Centrums im Reichstage einge bracht war, empfahl ihn die klerikale „Köln. Volks ztg." mit dem Hinweise, daß man in den Vereinigten Staaten Alles besitze, wa» jetzt vom Centrum gefordert werde. Also: volle Freiheit d«S religiösen Be kenntnisses (um nur die wesentlichsten Puncte jenes Antrages herauszugreifen), freie und öffentliche Ausübung des Cultu», un gehinderten Verkehr mit den Oberen, Freiheit in der Errichtung von Gemeinden und Aemtern, sowie kn der Verwendung au», wärtiaer Religionsdiener, Freiheit für alle Missionen, religiösen Genossenschaften und Vereine — all' die» besitzt die Union nach klerikalem Zeugniß, und trotzdem solche Klagen der „Germania", trotzdem der Ruf nach einer amerikanischen Centrumspartei! Daß aber letztere für die Freiheit der ReltgionSllvung in der Union nicht erst einzutreien braucht, ist ebenso einleuchtend, wie eS mit Händen gegriffen werden kann, daß die Klagen der „Ger mania" den Stempel klerikaler Culturkampfgeliiste tragen. Zum Ueberfluh beweist die» der bittere Hohn, mit dem die „Germania" diejenigen amerikanischen Priester und Bischöfe überschüttet, die den Gedanken an di« Gründung eine» amertka- Nischen CentrumI bekämpfen. Unter offener Anspielung auf die Erzbischöfe von St. Paul und Baltimore fragt schließlich di« „Germania": „Wird man muthtg genug sein, öffentlich zu be kennen, daß man in erster Linie ein Kirchenfllrst, ein Erzbischof ist, und erst in zweiter Linie ein amerikanischer Bürger, der-immer geneigt ist, ein Aua« oder auch zwei zuzudrücken, wenn die Kirche nicht zu ihrem Rechte kommt?" Ob auf solch« Einschüchterung-Versuch« die amerikanischen Kirchenfürsten eine — deutsche oder eine amerikanisch« Antwort geben werden, muß man abwarten. Fällt die Antwort im Sinne der „Germania" au», dann ist der Union ein Culturkampf gewiß. Der Krieg in Südafrika. Uebcr den Goldschatz »es Präsidenten Krüger waren die seltsamsten Gerüchte verbreitet, die von Delagoabai ihren Ausgang nahmen. Darnach sei Capitcin Crowe, der britische Consul in Delagoabai, zur Kenntniß gelangt, daß der Goldschatz des Präsidenten Kruger, der ungefähr auf zwei Millionen Pfund Sterling zu taxiren, an Bord eines Schiffes am Flusse verborgen sei. Darauf habe Crowe einen notorischen Vagabunden gedungen, sich des Schatzes zu bemächtigen. Die Schiffsmannschaft habe hiervon Wind bekommen und habe zu nächst den Schatz in den Fluß versenkt und denselben schließlich mit Hilfe des amerikanischen Konsuls Hollir und eines ameri kanischen Capitäns von Delagoabai nach einem fremden Hafen in Sicherheit bringen lassen. Die abenteuerliche Geschichte wurde von dem irländischen Deputaten Davie» im britischen Unterhause zum Gegenstände einer Anfrage an die Regierung gemacht, die Visconet Cranborne mit der Erklärung beant wortete, daß die Regierung von der Sache absolut nichts wisse, daß Delagoabai portugiesisches Territorium sei und daß weder Capitän Crowe noch irgend ein englischer Functionär das Recht hätte, daselbst einen Goldschatz zu saisiren, ob derselbe Mr. Krüger oder sonst Jemandem gehöre. Ihrer Majestät Regierung habe übrigens keine Ursache, zu glauben, daß das von der portu giesischen Negierung erlassene Goldausfuhrverbot aus Delagoa bai durch amerikanische Hilfe und auf amerikanischen Schiffen verletzt worden sei. Standrechtliche Erschießungen. Man schreibt uns aus London, 9. August: Lord Kitchener muß wieder eine officielle Meldung über eines der üblichen „Malheurs" nach London senden, und es ist wiederum das berüchtigte Freiwilligencorps des früheren öster reichischen Officiers und jetzigen britischen Colonialoberstcn Steinaecker, welches in einem nuen Scharmützel mit den Boeren zu kurz gekommen ist. Eine Abtheilung dieser Truppe, die sich aus den schlimmsten Elementen verschiedenster Nationen zu sammensetzt, wurde von den Boeren am Sabiflusse in früher Morgenstunde überrascht und nach kurzem Gefecht zur Capi- tulation gezwungen, nachdem sie 1 Officier und 7 Mann an Tobten und 19 Verwundete verloren hatte. Der Rest von I Officier und 30 Mann mußte sich den Burghers übergeben, welche dieses Mal von dem bisherigen Gebrauche abgingen und ihre Gefangenen nicht in Freiheit setzten. Es hat über haupt den Anschein, als ob die Boeren sowohl im Transvaal und Freistaate, als auch selbst in der Capcolonie in den letzten Wochen mit der Freilassung ihrer Kriegsgefangenen nicht mehr so schnell bei der Hand gewesen sind wie zuvor, denn die offi cielle Summirung des Londoner Kriegsamtes aller bisherigen Verluste der britischen Feldarmee in Südafrika zeigt über raschender Weise einen Posten von 7 Officieren und über 500 Unterofficieren und Mannschaften als vermißt und gefangen. Allein im Monat Juli wurden drei Officiere und 66 Mann gefangen genommen und nicht wieder freigelassen, und dies dürfte seinen Grund darin haben, daß den Boeren darum zu thun ist, für alle Fälle G e i se l n in der Hand zu behalten, um eventuell den Engländern auf die Hinrichtung gefangener Capholländer durch Pulver und Blei oder durch den Strang mit der einzigen richtigen Maßregel anworten zu können, wenn Noth an den Mann geht, d. h. ebenfalls zum Zwecke der Ab schreckung und der Revanche englische Gefangene, besonders wenn sie sich, wie dies so häufig vorgekommen ist, Ausschreitungen haben zu Schulden kommen lassen und dabei in die Hände der Boeren gefallen sind, kriegSrechtltch vom Leben zum °Tode zu befördern. Es hat sich jetzt herauSgeftellt, daß cs nicht nur vereinzelte Fälle waren, in denen die Bevölkerung ganzer Ortschaften in der Capcolonie gezwungen wurde, der Hinrichtung gefangener „Rebellen" durch den Strang beizuwohnen, sondern diese grau same und durch nichts gerechtfertigte Maßregel scheint all mählich sogar von den entsprechenden britischen Militär behörden zur Regel gemacht zu werden. In der letzten Woche kamen nicht weniger als vier derartige Fälle vor, und zwar in Dordrecht, in Cradock, in Middleburg und in Eraaf Reinet, wo die holländischen Einwohner zur fest gesetzten Stunde zusehen mußten, wie einige ihrer Landsleute, die für die Boerensache zur Waffe gegriffen hatten, wie ganz gemeine Räuber und Mörder am Galgen aufgeknüpft wurden. Zum Ueberfluß wird sogar noch von Capstadt berichtet, daß die betreffenden Standgerichte, welche solche Todesurtheile fällen und zur Ausführung gelangen lassen, sich gewöhnlich mit den allergeringsten Beweisstücken begnügen und wie auf Be stellung ihr Urtheil abgeben, welche« verschiedenen Mitmenschen auf die entehrendste und grausamste Weise da« Leben kosten soll. Bei der kurzen Verhandlung gegen den bekannten „Rebellen" Johann«» Petru» Coetzee wurde diesem nicht einmal ein Dertheidigrr gegeben oder gestattet, und die ganze Bewei»- führung gegen diesen Capholländer nahm kaum mehr als eine Viertelstunde in Anspruch. Man hat sich eben im britischen Hauptquartier in Südafrika immer noch nicht davon überzeugt, daß mit solchen drakonischen Maßregeln die Freunde der Boer«n in der Capcolonie nicht nur nicht abgeschreckt und ein geschüchtert werden können, sondern daß im Gegcntheil dadurch der Zorn und der Haß und die Kampfeswuth auf Seiten der Burghers und der „Rebellen" erst recht angefacht und ver größert wird. Gegen solche Thatsachen scheint das Hauptquartier und das Londoner Kriegsamt hartnäckig und eigensinnig die Augen zu verschließen, und die Folgen werden daher auch fernerhin von England getragen werden müssen. Die Boeren werden eS nie mals vergessen und drraeben, daß die britische Regierung sie nicht mit ehrlichen Waffen bekämpft, sondern auch im wahren Sinne des Wortes mit dem Strick durch ihre Soldaten auf dem Krtegtschauplatze HrnkerSdienste verrichten läßt. * London» 10. August. Lord Kitchener meldet au» Pretoria u»t«r d«m 9. August: Da» Blockbau» in der Nähe von Brand fort ist in der Nacht vom 7. zum 8. August nach einem hesttqen Kampfe genommen worden. Di« Verluste der Snglönder find: et» Lodter und drei verwandet«. * London, 10. August. Ein« Depesche der unzuverlässigen „Daily Mail" au» Lourenyo Marqne» meldet, Leutnant Bailey und Gemeiner Lohen von Steinacker'» leichter Reiterri, welche einen borrtschen Depeschenreitrr Namen» Scholtz erschossen, wurden auf etn«m jaugste» Treff,a mit vo«ren gefangen ge- nommen und aus Rache für Scholtz' Tod kaltblütig nieder geschossen. (Boss. Ztg.) Deutsches Reich. — Berlin, 10. August. Die Verhältnisse in den Bergwerksbezirken und die Löhne der Bergwerks arbeiter haben sich von jeher der besonderen Aufmerksam keit der Socialdemokratie zu erfreuen gehabt. Glaubte und glaubt sie doch heute noch, hier ein ergiebiges Feld für ihre agitatorisch-zersetzende Thätigkeit zu sehen und arbeitet sie doch still und unentwegt darauf los, die auf verhältniß- mäßig engem Raum zusammengedrängten, in schwierigem Berufe tbätigen Arbeitermassen al» willenloses, ge fügiges Werkzeug in die Hand zu bekommen. Daß diese Arbeit nicht erfolglos ist, haben die verschiedenen Bergarbeiterstreiks bewiesen, bei denen noch immer social demokratischer Einfluß an leitender Stelle in verderblicher Weife thätig gewefen ist. Wie wenig dieser, eigene Macht zwecke verfolgende Einfluß in den Verhältnissen begründet ist, geht auS dem Steigen der Löhne gerade der Bergarbeiter hervor. Hierzu liefert der Jahresbericht der Bochumer Handelskammer für daS Jahr 1900 einen neuen Beleg. Die Arbeitslöhne sind hiernach im genannten Jahre zuerst noch etwas gestiegen, so der durchschnittliche JahrcSlohn aller Bergarbeiter von 1255 auf 1332 oder 6,14 Procent. Geringere Steigerungen sind in den anderen Industrien er folgt. Al» Beispiele können die Ziffern des Bochumer Verein» gelten. Hier ist der durchschnittliche Lohn aller Arbeiter von 1898/99 bis 1899/1900 (das Geschäftsjahr schließt am 30. Juni) von 1250,96 ans 1280,64 gestiegen, also um 2,4 Procent. Gegen Schluß des Jahre» 1900 und im laufenden Jahre sind im Bergbau wie in der übrigen Industrie unter dem Druck der rückläufigen Conjunctnr Lohnherabsetzungen erfolgt, so daß; namentlich unter Berücksichtigung der mannigfachen Feierschichten der Jahresverdienst der Arbeiter 1901 wahrscheinlich unter den von 1899 fallen wird. DaS ist nun allerdings in An betracht deS schlechten Geschäftsganges der Industrie und im Vergleich zu den Vorjahren immer noch ein reichlicher Lohn, andererseits ist aber zu berücksichtigen, daß seit 1899 die Preise vieler Lebensbedürfnisse wie auch die WohnungSmiethen, soweit die Arbeiter nicht in Colonien wohnen, gestiegen sind. Die Arbeiterverhältnisse bezeichnet der Bericht als im Allgemeinen zufriedenstellend, nur wird über die Abnahme der Leistungen der Arbeiter geklagt, und die Zahl der arbeits unwilligen und untüchtigen Leute sei größer wie früher ge wesen. Die vorgenommenen beschränkten Entlassungen hätten zu einer Ausmerzung der weniger guten Arbeiter geführt. 6. U. Berlin, 10. August. („Gespenster in den T a u n u s w ä l d e r n.") Unter dieser eigenartigen Ueberschrist gicbt das Centralorgan der socialdemokratischen Partei die Mel dungen von Verhaftungen von angeblichen Anarchisten bei Hom burg wieder. Hat es sich auch in dem er wähnten Fall vielleicht nicht um Anarchisten ge ¬ bandelt, so ist doch die Thatsache nicht aus der Welt zu schaffen, daß die anarchistische Bowegung zur Zeit sehr lebhaft-, ist. Man vergegenwärtige sich nur, daß die deutschen Anarchisten als erste Rate für die spanischen Anarchisten in Bar celona 490 o// absenden konnten; es befinden sich darunter Posten aus Städten, die, wie Mainz, doch gerade nicht sehr entfernt von Homburg liegen. In Mannheim ist für Mittwoch, 14. August nach der Centrälhalle eine große anar chistische Versammlung anberaumt. Die Anarchisten von München wollten sich vor acht Tagen „behufs Meinungsaus tausch" im Müllerbad, Hans Sachsstraße 8, treffen. Eine große Rührigkeit der süddeutschen Anarchisten ist also nicht zu be streiten; desgleichen muh doch immerhin die Thatsache über raschen, daS sich neben dem „Neues Leben" ein zweiter An archistenorgan: „Freiheit, Organ der deutschen Föderation revolutionärer Arbeiter", halten kann. Während anarchistische Clubs bisher nur in den Vororten Berlins („Heine" in Rixdorf u. s. w.) bestanden, ist jetzt auch Berlin mit einem anarchistischen Club „beglückt" worden, dieser Club „Nord" wird in der Stralsunder Straße 63 tagen. Außerdem haben sich die Anarchisten Berlins einen neuen Stiitzpunct in dem Verein der freiheitlichen Socialisten Berlins und Umgegend geschaffen. Mit der anarchistischen Bewegung in Deutschland ist eS also leider immer noch nicht zu Ende, und cs kann deshalb nur vollste An erkennung finden, daß die Behörden auf die Anarchisten scharf Obacht geben; das schreckliche Verbrechen in Monza wäre vielleicht verhütet worden, wenn die italienischen Sicherhcitsorgane besser auf dem Posten gewesen wären. * Berlin, 10. August. Das Ergeb»iß der Volks zählung vom 1. Dccember 1900 liegt nunmehr vollständig vor. Nach dem statistischen Jahrbuch für daS Deutsche Reich, herauSgegeben vom Kaiserlichen Statistischen Amt, waren im Deutschen Reiche 475 Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern vorhanden; dieselben zerfielen in 392 Stadt gemeinden und 85 Landgemeinden, Marktflecken und Flecke». — An erster Stelle steht Berlin mit 1 888 326 Einwohnern, dann folgt Hamburg mit 705 738 Einwohnern und an dritter Stelle befindet sich dann München mit beinahe einer halben Million, nämlich 499 959 Einwohnern. Uiber 400 000 bi» 500 000 Einwohner haben ferner noch die Städte Leipzig mit 455 089 und Breslau mit 422 738. Nun folgen zwei Städte mit mehr als 300 000 bis 400 000 Einwoynern, nämlich Dresden mit 395 349 und Köln mit 372 229. — Mehr als 200 000 bis 300000 Einwohner haben dir Städte: 1) Frankfurt a.M. 288 489, 2) Nürnberg 261 022, 3) Hannover 235 666, 4) Magdeburg 229 663, 5) Düsseldorf 213 767, 6) Stettin 210 680, 7) Chemnitz 206 584. — Die Zahl der Orte mit mehr als 100 000 bis 200 000 Einwohnern beträgt IS, und zwar Eharlottenburg 189 290; Königsberg i. Pr. 187 897; Stuttgart 176318; Bremen 163418; Altona 161507; Elberfeld 156 937; Hallea.d. Saal« 156611; Straßburgs. E. 150 268; Dortmund 142 418; Barmen 141 947; Danzig 140 539; Mannheim 140 384; Aachen 135 235; Braunschweig 128 177; Essen 118 863; Posen 117 014; Kiel 107 938; Crefeld 106 928; Cassel 106 001. Demnach bleiben sür die Spanne: 10 000—100 000 noch 442 Orte übrig. Ja Tausenden aus gedrückt waren nach der Volkszählung vorhanden: im Deutschen Reiche im Jahre 1816; 24 833 OVO Einwohorr; im vor«) W.Op.63 5. V. 6. U. 6. L cs. 6. o. u. c-t. K.U. d»ti- d» U. U. U. o. L O. v. O. (t. ü. ü. U. O. V. x.r.v.81:— 6 O. 6. S. U. 101,108. S. s. 6. S. O. 5. L. u.se,bvc>. 6. ü. 0. 6. - S - s. s 6. -u. - o. - 6. ou. 0 6 - 6. - ti. - N. - 8. 406. Aus -er Woche. Das schmerzliche Ereigniß vonFriedrichShof bat die Woche beherrscht, die theilnahmSvollen Kundgebungen des In- und Auslandes flössen auS aufrichtig trauernden Herzen, und dem Gemüth, dem Geiste der verblichenen Fürstin ist Gerechtigkeit widerfahren. Die politischen Gesinnungen der Verstorbenen haben in der Presse zu mancherlei Be- trachtungen und sogar zum Austausch von Meinungen Anlaß gegeben, insbesondere ist auch daS Verbältniß zum Fürsten Bismarck Gegenstand mehrfacher Erörte rungen gewesen. Wir haben die Beziehungen zwischen der ersten Anwärterin auf den neuen deutschen Kaiser thron und dem Zimmerer dieses Hochsitzes im Nachrufe flüchtig gestreift und sehen uns nicht veranlaßt, näher darauf einzugehen. Man spricht von Reibungen, di« stattgefunden hätten und gewiß ist weder die schleswig-holsteinische, noch Vie in den sechziger Jahren Oesterreich gegenüber beobachtete Politik nach dem Herzen der Kronprinzessin Victoria gewesen, letztere nicht, weil die verhältnißmäßig noch nicht lange in Preußen lebende hohe Dame außer Stande war, die Kräfte der großen alten, geographisch compacten Habsburger Monarchie und des weit kleineren, durch andere Länder ge gabelten Preußen richtig gegeneinander abzuschätzen. Daß die Meinungsverschiedenheiten zu Reibungen geführt haben, ist nicht erwiesen und nicht wahrscheinlich. Jedenfalls yat die Kron prinzessin die Pläne Bismarck's niemals durchkreuzt, noch auch zu durchkreuzen versucht, kleine Einwirkungen, wie z. B. dir Verzögerung des Bombardement» von Paris im Jahre 1870 ändern an dieser Feststellung nicht». Bismarck selbst hat niemals einer ernsten Beschwerde über politische Inter ventionen der Verstorbenen Ausdruck gegeben. Und Bismarck getraute sich, über höchstgestellte Damen scharf zu urtheilen. Er ist der bereitwillige und, wie man glauben darf, woblbedankte Beistand der Kaiserin, in ihrer schwersten Zeit, der des Regiments ihres mit dem Tode ringende» Gemahls gewesrn. Wir waren nicht di« Einzige», die den Wunsch nach möglichst schlichten Formen bei dem Empfang de» Grafen Waldersee äußerten. Andere nationale Blatter hatten die gleiche Erwartung nachdrücklicher und mit weit schärferer Begründung erhoben. Die Erwartung ist nicht ganz in Er füllung gegangen. DeS Feldmarschalls erste Rede ist reichlich ausgefallen. Nach Beendigung der unvergleichliche», daS Reich heraufführenden Kriegsfahrt haben die Heroen der Feldzüge, dir Mollke, Roon, Blumenthal, Gäben, AlvenSleben — von den fürstlichen Heerführern ganz zu schweigen — zusammen nicht so viel gesprochen. Wieder holungen wären um so mehr zu bedauern, als die antinationale Presse schon am Werke ist, nicht ein- wandsfreie Arußerunaen zum Ausgangspunkte eines dem ganzen chinesischen Unternehmen abträglichen Protestes zu machen und die nationale Press« sich außer Stande sieht, das Ungeschichtliche zu Geschichtlichem zu stempeln. Wenn das deutsche Volk das Gruseln jetzt nicht lernt, so wird eS daS nimmermehr lernen. Die Freihändler geben sich alle erdenkliche Mühe, eS ihm, den fürchterlichen Zolltarif in der Hand, beizubringen. Es giebt kein Unheil, daS ihm nicht al« vor der Thüre stehend bezeichnet wird, und schon der Versuch, über «inen solchen Tarif in BundeSrathSberathung einzutreten — um etwas anderes handelt eS sich noch nicht — Wird als strafbar und bereits bestraft hingestellt. So hat Witte seine Beauftragten in Deutschland gewissermaßen ihre Pässe verlangen lassen, England rüstet bereits zu furcht baren Repressalien, Rußland ist durch den Tarif zu einem Verbot der Preußenaängrrei bewogen worden. Was letztere Maßregel angeht, so wird mitgetheilt, daß der östliche Nachbarstaat sie lange in Erwägung gezogen hatte, ehe der Zolltarif auch nur auSgearbeitet war. Wird zu ihr gegriffen, fo geschähe es lediglich im Interesse und unter dem Drucke deS russischen Grundbesitzes, die sich daS Arbeitsangebot nicht mindern lassen möchten, sie wäre also eine rein „agrarische" Maßregel. Und eine solche durchzusühren, legt man von deutscher, antiagrarischrr Seite der fremden Regierung nahe. Selbstverständlich fahren die Freisinnigen mit den in der handelspolitischen Frage ihnen Nach betenden fort, alle günstigen ausländischen Urtbeile über de» Tarif zu unterdrücken. Und doch sind selbst von Organen der österreichischen Preßindustrie, ja selbst von amerikanischer Seite ruhig urtheilende Stimmen laut ge worden. Weit schlimmer aber ist, daß daSWolff'schehalb- amtliche Telegraphenbureau (W. T. B.) abfällige Urtheile und fremdländische Drohmeldungen, auch solche, die den Stempel der Erfindung an der Stirn tragen, verbreitet, und dies in sensationellster Form. Dieser Er scheinung kommt mehr als nur wirthschaftSpolitische Bedeutung zu. Man hat deshalb für sie nach allen möglichen Er klärungen, durchweg haltlosen, gesucht. ES ist nur »weierlri möglich. Entweder begnügt flch Graf Bülow mit einer Fuuetioa, die an da« fünfte Rad am Wagen erinnert, also das „W. T. B." gehorcht einer anderen, dem Reichskanzler entgegenarbeitenden Stelle, oder: Graf Bülow spielt ein Doppelspiel. Ein Drittes läßt sich kaum coustruiren. Äst die erstere Annahme die richtige, so wird der Ber- saffer der von uns schon erwähnten Betrachtung der „Köln. Zetta." Über die Reichsfinanzreform wenig Glück haben mit seinem Wunsche, daß der ReichSfinanzvrrwaltung ^gegen über so mächtigen RessortSches» wie dem Kriegs- und Mariaemiuister «ine starke Stellung" eingrräumt werden möge, was nur geschehen könnt, wenn der Reichskanzler sich diesrr Aufgabe thatsächlich unterziehe. Im Uebrigen sind wir der Erfüllung der Zusage, auf die Kölner Darlegungen noch mal- eingehend zurückzukommen, durch Andere enthoben worden. DaS rheinische Blatt hatte, wir schon gemeldet, ausgeführt, sür Bayern sei wegen seine» Eisenbahnbesitzes, „sowie durch di« unendlich ergiebige Bierquelle" die Lage »ock erträglich, mit Sachsen stände «G schon ander- und die Kleinstaaten wären auf da- Urbelstr daran. Darauf ant- Sonntag den 11. August 1901. 95. Jahrgang.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite