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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010813017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901081301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901081301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-13
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Morgen-Ausgabe tOoLvur» Druck «sd Verlag von L. Pol- i» Leipzig» 95. Jahrgang M Dienstag den 13. August 1901 l»iien xar.vL7:— !. - s. Feuillvtsn Dann steigen ihm Zweifel auf. - 6. - 6. - u. ktttelc Ilik 0. L . froo«t HO» m.vp.63 Der Krieg in Südafrika. Kilchener'S neueste Proklamation. In der „Köln. Ztg." lesen wir: Man hatte geglaubt, daß die Engländer auf der Leiter der Gewaltmahregeln, mit denen sie den unbeugsamen Widerstand des steinen Boerenvolkes wähnten zerschmettern zu können, bereits die oberste Staffel erreicht hätten, als sie dazu übergingen, das Land in Streif zügen abzusuchen, alle Farmen, wenn nicht nicderzubrennen, so dock von allen Hilfsmitteln kriegerischer wie friedlicher Thätigkeit zu „säubern" und alles Volk, das sie auf ihnen vor fanden, Männer, Frauen und Kinder, in sogenannte Concen trationslager zusammenzupferchen. Es war eine lange Leiter, welche die Engländer bis zu dieser Staffel emporgeklommen waren. Mit äußerster Milde fing es an; man ließ sich die Gewehre abliefern und einen Revers unterschreiben, in dem der Betreffende Neutralität gelobte. Aber die listigen Bauern gaben ihre alten Schießprügel aus der Zeit der Kaffernkriege her und unterzeichneten die Neutralitätserklärung mit der re?orvatio rnontalis, daß man ein erzwungenes Versprechen nicht zu halten brauche; und wenn die Engländer den Rücken gewandt hatten, nahmen sie ihre Mauser aus den Verstecken, schwangen sich auf ihre Gäule und waren im Nu wieder bei dem nächsten Commando. Oder wer ein zarteres Gewissen hatte oder des Krieges wirklich satt war, dem machte ein De Wet, wenn nöthig, mit der Nilpferdpeitsche das Nationalgefllhl wieder lebendig. Nun dachten die Briten, sie würden das Zurückläufen der Boeren zu den Kommandos verringern, wenn Gewalt zu unterdrücken und an Stelle eines nationalen Patrio tismus die Pflege eines internationalen Ultramontanismus mit all' seinen fanatischen Engherzigkeiten einzuführen und zu über wachen. Diese nationale Gefahr aber wäre dann aufs Engste ver bunden mit der Unterdrückung eines jeden freien Gedankens in Lehre und Wissenschaft. Niemals kann und darf der Ultramon tanismus einem Kant oder Goethe, geschweige denn einem Bis marck oder Luther auch nur annähernd gerecht werden. Der Index, das kirchliche Bücherverbot, besteht auch heute noch, und wehe dem, der nicht zur rechten Zeit eine „löbliche Unterwerfung" dcmüthig ankündigt. Doch man müßte die ganze mittelalterliche Weltanschauung mit all' den entsetzlichen Verirrungen eines systematisch geknebelten Menschengeistes heraufbeschwören, wollte man im Einzelnen zeigen, was unter einer ultramontanen Schul aufsicht „gelehrt" werden würde. Man sage nicht, das seien ver altete Dinge; der Ultramontanismus bleibt immer derselbe. Was einer seiner begeistertsten Anhänger gelegentlich der großen Ber liner Leo-Feier vom Papstthum sagte, das gilt ebensosehr vom Wesen des Ultramontanismus überhaupt: eS kann sich, es wird sich, und es will sich nicht „mausern". Wer die Schule hat, der hat die Zukunft. Jede Nachgiebig keit ultramontanen Ansprüchen gegenüber ist also auf diesem Ge biete doppelt verhängnisvoll. Man sehe sich einmal die politische oder wirthschaftliche Lage von Ländern an, wo der Ultramon tanismus seinem Ideale immer näher kommt; man schaue auf Oesterreich, Belgien oder Spanien, und man wird verstehen, wes halb die Abwehr gerade dieser ultramontanen Aspirationen staatserhaltend genannt werden muß. —ü— - 6. - O. c> s. o 6. - L. - 6. 5 L >0 S. L L - 6. 5 ü. Ladeleben. Skizzen von Georg Hiller. Nachdruck verboten. Altramontane Schulaufsicht. So oft man in den deutschen Parlamenten, die Centrums obgeordnete zu ihren Mitgliedern zählen, zur Cultusdebatte gelangt, so oft öffnen sich die Schleusen ultramontaner Beredtsamkeit, und immer wieder kommen die alten Klagen, daß man die Kirche so gut wie gänzlich aus der Schule ver drängen wolle. Wer die Geschichte des Ultramontanismus nur einigermaßen kennt, der wird bald merken, was man im letzten Grunde will, wenn man über die „Verweltlichung" des deutschen Schulwesens raisonnirt. Es ist auch hier das alte Lied: Rom will überall herrschen, und wo das nicht so ohne Weiteres geht oder ausdrücklicher Einspruch dagegen erhoben wird, da klagt man über Mangel an Parität. Was man von dem Ideal einer ultramontanen Schulaufsicht zu halten hat, wie es übrigens auch staatlich sonst loyal gesinnte Katholiken mit einer merkwürdigen Verkennung aller Consequenzen den römischen Fanatikern nachsprechen, darüber aufzuklären ist eine staats erhaltende Thätigkeit. Ein Hauptzweck aller auf eine rein geistliche Schulaufsicht gerichteten ultrampntanen Bestrebungen liegt in der einfachen Erwägung, daß man auch auf dem Gebiete der Schule eine Ge legenheit finden möchte, die staatlichen Interessen sphären denen der Kirche, selbstverständlich der römisch- katholischen Kirche, schlechterdings unterzuordnen. Hoensbroech hat seiner Zeit viel gerade über diesen Punct ge schrieben, und wenn er als Abtrünniger auch deswegen mit einer Fülle wüster Schimpfereien überschüttet worden ist, so ändert das nichts an den positiven Thatsachen, die er anfllhrt. Da sich der Ultramontanismus in allen seinen Ansprüchen immer und ewig gleich bleibt, höchstens einmal aus kluger Rücksicht nahme auf die Zeitverhältnisse dies und jenes eine Weile zurückstellt, so sind die ultramontanen Aussprüche betreffs der Schulaufsicht, von denen Hoensbroech eine kleine Blüthenlese giebt, auch heute noch als höchst actuell anzusehen und vor Allem zu bekämpfen. Da schreibt der Jesuit von Hammer stein: Volksschulen, Gymnasien, Cadettenhäuser (!), Universi täten, kurz, das gesammte staatliche Schulwesen, gehöre „direct in religiöser und sittlicher Beziehung, indirect in weltlicher Hin sicht" völlig zu den „Vollmachten der Kirche"; nur der letzteren komme im Princip die Gründung und Leitung irgend welcher Schulanstalten, die Universitäten eingeschlossen, zu. Der ge nannte Jesuit entblödet sich nicht, dies Alles als „ein souveränes Recht" zu fordern, „unabhängig von jegilcher staatlichen Ein mischung oder Oberaufsicht; weder Gesundheitspolizei noch Pflege des nationalen Geistes vermag dem Staat irgend einen Vorwand der Einmischung zu verleihen gegen den Willen der Kirche". Das ist deutlich genug. Nur die alte mittelalterliche Theorie soll noch Geltung behalten, die von dem „weltlichen Arm" spricht, den der Staat auf einen klerikalen Wink hin der Kirche zu leihen habe; die logische Folgerung für die Schule zieht Hammerstein mit wünschenswerther Offenheit: „ ... so daß dem Staate nichts erübrigt, als der Kirche hilfreiche Hand zu leisten". Schon das Eine, daß der Staat nicht einmal das Recht haben dürfe, einen nationalen Geist in seinem Schulwesen kräftig zu pflegen, sondern daß er sich auch hier ganz den Wünschen einer schwarzen Internationale beugen solle, schon das ist ein Verlangen, dessen Erfüllung thatsächlich einen Selbst mord des Staates bedeuten würde. Darum muß sich der Letztere tapfer seiner Haut wehren, und es kommt wenig auf s s. s «. ü s. - 6. t. i. r. > <r. > n. s. > 6. > o. > v. > 6. > u > o. > a. Anzeigen »Preis die Sgespaltene Peützeile LS Reelam«« unter demRedacrtonsstricy (Sgespaltro) 7L vor den Famtlteanach, richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer and Ztsfernsa- entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen and Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, oha» PostbefSrderung ÜO.—, mit Postbesördenmg ^l 70.—. sie auch die Pferde confiscirten. Aber die Pferde schienen wie Pilze immer von Neuem aus dem kärglichen südafrikanischen Boden aufzuschießen: wenn man die Summen der Pferde schaaren addirt, welche die englischen Truppen seit anderthalb Jahren im Oranje-Freistaate und in Transvaal zusammen getrieben haben, so kommt man auf eine ganz gewaltige Zahl, und noch immer ist der Pferdevorrath der Boeren nicht er schöpft. Auch dieses Mittel versagte also, und die Hoffnung der britischen Heeresleitung, sich auf diese Weise den Rücken freizuhalten, zerrann rasch. Vielmehr machte ihnen der nie rastende De Wet das Leben gründlich schwer. Da that man den nächsten Schritt: der Befehl zum Niederbrennen der Farmen wurde gegeben. Zunächst galt er nur den Farmen der Führer. Aber als der Widerstand der Betroffenen dadurch nur noch heftiger wurde, erweiterte man ihn auf alle Farmen, aus denen ein feindlicher Schuß fiel oder die im Umkreise von 10 eng lischen Meilen (16 Kilometer) um einen Punct lagen, wo ge fochten oder wo die Eisenbahn gesprengt worden war, oder deren Bewohner kämpfenden Boeren Unterkunft oder Auskunft ge geben hatten. Bei Ausführung dieses Befehls hat die „nöthige Schneid" nicht gefehlt, und da doch immer an recht vielen Stellen gekämpft wurde, gingen recht viele Farmen in Flammen auf. Und der Erfolg? Es wurde weiter gekämpft, freilich auf boerischer Seite mit immer kleineren Schaaren, da Tod, Ver wundung, Krankheit und Fahnenflucht an ihnen zehrten, aber von diesen winzigen Häuflein mit um so größerer Erbitterung, so daß die Kriegsarbeit der englischen Truppen sich nicht ver minderte. Nun hieß es auf englischer Seite: wir müssen den Gegner aushungern, wir müssen das Land in eine Wüste ver wandeln, um dem Gegner jede Lebensmöglichkeit zu nehmen. Und dieses brutale Mittel fand seine Verwirklichung in den Streifzügen, die schon beinahe ein Jahr lang durch alle Bezirke der beiden Republiken zwischen dem Oranje und der Linie Mafeking-Aeerrust-Pretoria-Delagoabai-Bahn, hin und wieder auch nördlich davon, veranstaltet werden. Alle Farmen werden gesäubert von lebenden und todten Hilfsmitteln und von Menschen, da sie ja sonst verhungern müßten, und diese letztern in Lager zusammengebracht, wo sie von englischen Truppen bewacht und angeblich mangelhaft ernährt werden. Doch nach beinahe Jahresfrist müssen sich die Engländer gestehen, daß auch dieses Mittel, das einen sehr bedenklichen Eingriff in die Rechte der Selbstbestimmung und des Privateigentums darstellt, an der Unbeugsamkeit der Boeren abprallt, wie der Pfeil an einem Stahlpanzer. Nur noch wenige Wochen, und die schlimme Zeit des flldafrikanischen Winters ist abermals vorüber, der Früh ling kehrt wieder und mit ihm die Möglichkeit, die Pferde und Zugthiere mit dem Grase der Steppe zu nähren und im Freien zu nächtigen: der dritte Sommer des südafrikanischen Krieges steht vor der Thür. Aber welches Mittel bleibt den Engländern nun noch übrig, das Ende des Krieges in dem von ihnen ge wünschten Sinne zu beschleunigen? Die Scharfmacherpresse jenseits des Canals schien es schon lange gefunden zu haben. „Daily Mail" und ihre kleineren Trabanten verlangten, man solle die noch kämpfenden Boeren schlankweg für Rebellen, Landstreicher, Räuber und Mörder und daher für vogelfrei er klären und ihre Habe confisciren. Diese eigensinnigen Ge sellen, die nicht einsehen wollen, daß England Herr in Trans vaal und im Oranje-Freistaat ist, nachdem es das der Welt einmal verkündet hat, sollten, da man ihrer nicht habhaft werden kann, auf diese Weise wenigstens aus der Ferne bestraft werden. Diese Bearbeitung der öffentlichen Meinung hat ihre Wirkung auf die englische Regierung nicht verfehlt: Chamberlain kündigte Ärmahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Lu-gab«: vormittag- 10 Uhr. Morg«»-Lu-gaL«: Nachmittag- 4 Uhr. Bet de» Filialen and Annahmestelle« je eine halb« Stund« früher. Anzeigen find stet» an di« Expedition zu richte«. Di« Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Erdgeschoß, aber die Fenster gehen in den Frühstückssaal. Bei einer anderen Stube muß man eine halbe Treppe koch, dann wieder eine halbe Treppe heruntersteigen. Wunder liche Bauart! Im inner» Hanse tönt schon dem Ruhe bedürftigen lautes Kindergeschrei der kleinen Curgäste entgegen oder der Duft von Fett und Kaffee lagert über der Wohnung. Je länger die Wahl, desto länger die Qual. Noch einmal geht er die Straße auf und ab, und wieder fällt ihm ein bescheidenes Haus auf. Das war schon erst der Fall, aber er hatte allerlei daran auSzusetzen. Schließlich bleibt nichts andere» übrig. Nun bat der Curgast seine Stube, sein Heim, in dem er sechs Wochen lang Hausen soll. DaS Sopha ist bart und ungeschickt. Mit Hilfe eines guten Trinkgeldes wird ein be quemeres gebracht. Der Tisch wackelt, noch eine Mark und es erscheint ein neuer. Ueber das Waschbecken entspinnt sich eine längere DiScussion, bis auch bier die nöthige Größe erreicht ist. Am andern Morgen räkelt der Curgast seine Glieder, eS ist ihm durchaus nicht so Wohl wie zu Hause, der Schlaf war nicht erquickend, vielfach unterbrochen und Alle» thut ihm Weh. Er schiebt eS auf die Neuheit der Umgebung. Dann steigen ihm Zweifel auf. Nack der langen Eisenbahnfahrt hätte er dock sehr fest schlafen müssen. Er untersucht das Bett. Kein Wunder. DaS sind eigentlich gar keine Federbetten und eine Matratze ist da- auch nicht. Klingling, klingling . . . DaS Stubenmädchen erscheint und fragt in freundlichstem Tone wie der Herr geschlafen hat und was ihm beliebt. „Wo ist die Frau?" „Die Frau? sie schläft noch!" „WaS . . was — um sieben Uhr?" „Sorgen Sie dann dafür, daß ich beute ein anderes Bett bekomme, hier kann ich nicht schlafen". Marit ergeht sich in Betheuerungen, daß sie die Sache in Ordnung bringen werde. Sie hätte e« gleich gesehen, daß dem Herrn da- Bett nicht ansteben werde: e« seien auch noch Matratzen auf dem Boden, sif werde Alles zur Zu- sriedenbeit besorgen. Dabei ist sie so geschäftig, dabei ist sie so höflich, so lieben-würdig, sie verspricht so viel, daß wirklich nichts andere- übrig bleibt, als in Erwartung der großen Tbaten Mari«'» noch rin« Mark zu spendiren. Di« Wäsche wird in die Commode gepackt, der Schrank voller Kleider gehängt, Schreibmappe und Bücher auf den Tisch gelegt. Da» Zimmer siebt wohnlich au». Die Fenster auf! Di« frisch« Waldluft strömt in- Zimmer. In tiefen Zügen saugt er sie «in. Ach wie das Wohl thut. Da- Ver trau«« zum Bad, zum Ort steigt. Hier muß man gesunden. Und mit dieser Zuversicht, die allein schon die halbe Eur bedeutet, geht der Eurgast da- erst« Mal zum Brunn««. drei Minuten hält der Omnibus. Jetzt wird dem Reisenden klar, warum die Anderen gingen. Sie sparten den Wagen. Am ankeren Morgen bezieht sich der Curbedürftige zum Arzt. Er überreicht die Krankheitsdarstellung des heimischen ArzteS und wird von Neuem untersucht. Mit ängstlicher, ge spannter Miene verfolgt er die Percussion und Auscultation, jede Bewegung, die er bei seinem Hausarzte nicht gesehen hat, macht ihn stutzig, er bohrt seine Augen in das Gesicht des ArzteS. Endlich ist dieser mit der Untersuchung fertig. „Na, Herr Doctor?" „Ja, za, eS ist so, wie Ihr Arzt eS sagt. Sie leiden an . . . Nun wollen wir zuerst das so und so machen." „Aber Herr Doctor ... Zu Hause habe ich das so und so gemacht." „So? Auch gut. Wir machen daS hier aber so!" DaS Gezentheil. Und nun bekommt der Kranke ein Oräre 6e datsills von verschiedener Länge. Dieser Oräre äe bataills und Ver haltungsmaßregeln enthalten so ziemlich alle Gesundheits regeln seit Huseland und alle möglichen Verbote. „Wo wohnen Sie?" „Im Hotel . . ." „Es ist jedenfalls besser, Sie nehmen sich ein Privatlogis." „Gewiß." „Kommen Sie, bitte, morgen wieder!" „Und das Honorar, Herr Doctor?" Mit der süßläckelndsten Miene von der Welt, al» ob eS sich um die lumpigste Kleinigkeit handelte: „O bitte, das hat Zeit." Wohnungssuche! Eines der interessanten Cavite! für die, bi« darüber hinaus sind. Wer aber sechs Wocken lang sich ganz seines Ich- begeben soll, wer eine Maschine, ein Uhr werk in der Hand deS Arzte-, der Badedirrction und seiner Pension-mutter wird, für den ist das Wohnungssuchen etwas Schreckliche-. Ein paar Bequemlichkeiten wie zu Hause will man doch auch haben. Der Curgast wandert durch die Straßen de» Ort». An jedem Hause hängen Schilder: Zimmer zu vermiethen. Er sieht sich die Häuser von hinten und von vorn« an. Aha, da ist «in», da- wird passen. «Ist noch ein Zimmer frei?" „Gewiß mein Herr!" Der Eurgast steigt «ine Treppe, noch eine Tnppe, noch.. „Ja lieber Gott da- Hau- hat doch nur «in« Etage, wir steigen ja immer höher." .Ich bitte, wir sind gleich da!" Ei« Mansardenzimmer, er schaudert, wie kalt,wenn e- regnet, wi, beiß, wenn die Sonne scheint! -Ich komm« wieder." Er ist froh, wenn er die gastlichen Räume hinter sich hat. Ein anderes einladende-Hau» birgt nur noch eine Stube im Bezugs-Preis k« d»t Hauptexpedttto« oder den lat Stadt bezirk ««d den Vororten errichtete« Au»- gabestelle« abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung irö HauS 5.50. Lurch dir Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. ^4 S. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postauffchlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatt«» möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint «m >/,7 di« Abeuo-AuSgabe Wochentag» «m 5 Nedactlon und Expedition! Johanni-gasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'- Sortim. UuwersitätSstraße S (Paulinum), Lvui» Lösche, Katharinenstr. 14, purt. und K-nlg-vlatz 7. alberne jesuitische Redensarten an, die über „Verweltlichung" schreien und z. B. das preußische Schulsystem, wie es Hammer stein in seiner unverfrorenen Art thut, als „das Grab für Treue, Glauben und Sittlichkeit der Jugend und des gesammten Volkes" bezeichnen. Auch der Schweizer Jesuit Cathrein hat es für gut befunden, sich in Dinge zu mischen, die ihn nichts angehen und die er nicht versteht, vielleicht besser gesagt, nicht verstehen will. Wie könnte er sonst schreiben: „In Preußen sind die katholischen Eltern gezwungen, ihre Kinder in einen Religionsunterricht zu schicken, für dessen Richtigkeit und Zuverlässigkeit gesetzlich absolut keine Bürgschaften gegeben sind. Ist das nicht ein unerträglicher Gewissenszwang?" Der jesuitisch-ultramontanen Auffassung nach ist „schon der bloße Begriff eines Ministers der geistlichen und Unterrichts angelegenheiten" gleichbedeutend mit einer „Kriegserklärung gegen die katholische Kirche". Diese von Hammerstein vertretene Ansicht wird von seinem Collegen Cathrem noch überboten, der den Rath giebt: „Wir müssen uns den Bestrebungen der Regierung, die daruaf ausgehen, in größeren Schulsystemen die Oberaufsicht den Hauptlehrern oder Rectoren zu übertragen, mit allen gesetz lichen Mitteln entschieden widersetzen." Ob hierbei die maßlosen Hetzereien des Ultramontanismus gegen jede selbst ständige Regung des Staates in Schulsachen wohl auch zu den „gesetzlichen Mitteln" gehören? Nur der Curiosität wegen nennen wir noch eine im Jahre 1897 mit oberhirtlicher Druck- erlaubniß zu Mainz erschienene anonyme Schmähschrift, die den recht bezeichnenden Titel trägt: „Der Zerstörungsgeist der staatlichen Volksschule". Der bibelfeste Verfasser wendet darin u. A. auf den das staatliche Schulwesen leitenden Cultus- minister das Wort an: „Es wäre ihm besser, wenn ein Mühl stein um seinen Hals gelegt und er in das Meer geworfen würde." Neben dieser persönlichen Liebenswürdigkeit leistet sich der kirch lich gedeckte Anonymus den Satz: „Der moderne Moloch der staatlichen Zwangsvolksschule zwingt alle christlichen Eltern, ihre Kinder ihm in seine ehernen Arme zu legen, damit dieselben leiblich und geistig dem liberal-atheistischen Staats götzen zum Opfer fallen." Man könnte einwenden, es seien hier nur die Forderungen einzelner Fanatiker wiedergegeben, die für das Ganze nicht von Belang sein könnten. Leider ist es nicht so; vielmehr ist es der Ultramontanismus als solcher, der aus jenen Expectorationen spricht. Wie weit Roms Forderungen, glücklicherweise nicht bei uns, bereits berücksichtigt worden sind, dafür mag nur das österreichische Concordat von 1855 angeführt werden. Da heißt es in Art. V: „Die Bischöfe leiten Kraft ihres Hirtenamtes die religiöse Erziehung in allen öffentlichen und nichtöffentlichen Schulen, sie wachen sorgsam darüber, daß bei keinem Lehrgegenstande etwas vor komme, was der katholischen Religion widerspricht." Art. VIII: „Die Volksschullehrer in katholischen Schulen sind der kirch lichen Beaufsichtigung unterworfen. Die Diö- cesan-Schuloberaufseher ernennt der Kaiser aus den von dem Diöcesan - Bischof Vorgeschlagenen. Dem Bischof steht es frei, falls in den Schulen für den Religionsunter, richt nicht genügend gesorgt ist, einen Geistlichen dafür zu er nennen." Diese wenigen Proben ultramontaner Schulideale, wie sie Hoensbroech zusammengestellt hat, werden zur Genüge den Be weis erbracht haben, daß alles Centrumsgerede von einer Ver- kirchlichung der Schule zuletzt darauf hinausläuft, die staatliche „Gott bewahre, Sie müssen nach Z." Dabin hatte er natürlich nicht gewollt. Alles Reden hilft nichts. Er muß nach Z. Er sitzt endlich im Zuge. Der große Reisekorb ist auf gegeben und kostet beinahe so viel Frackt, wie der Fahr schein seines Besitzers selbst. Träge windet sich der Zug in daS Gebirge. Zum hundertsten Male bat der Kranke sein Curöbuch vorgeholt und die Ankunftszeit nachgeseben . . . immer noch eine halbe Stunde. Er blickt gelangweilt. Von „Gegend" ist sehr wenig zu spüren. Im Nebel hinten einige Berge, zur Seite der Bahn Hügel. „DaS ist eine öde Gegend", jammert er. DaS Jammern ist ihm schon zur Gewobnbeit geworden. So blickt er leeren AugeS immer hinaus. Plötzlich hält der Zug. Die Tbüren werden aufgerissen. Z. ist erreicht. Nock einmal streckt er seine zusammengerackerten Glieder, dann steht er aus. Er zählt seine Sachen: Hutschachtel, Handkoffer, Plaid, Regen schirm, Sonnenschirm, Stock, Tasche, Mantel, Opernglas. Ein», zwei, drei . . . neun, stimmt. „Gepäckträger!!!" Er ist nicht der Einzige, der eS ruft. Viele wollen ibn haben und eS sind nur ihrer zwei vorhanden. Endlich sind die Sachen bis zur Sperre gebracht, der praktischen Erfin dung des Teufel-, um in sein Reick durch einen Fluch zu gelangen. Nachdem er mit dem Stocke einem Manne bei nahe ein Auge au-gestoßen, mit dem Schirme sich in da» Kleid einer Frau verhakt hat, nachdem er au- der innersten Tasche sein Fahrscheinheft bervorgeholt und damit wie die Andern die Sperre ungebührlich verlängert hat, geht er hinaus i« Vie Ankunftshalle. „Goldner Stern, Blaue- Lamm, Grüner Baum, Zum Schwein, Post, Kaiserhof, Curhau» . ." tönt r- ibm von sämmtlichen Hausdienern entgegen. Ach wie funkeln die goldenen Treffen an den Mützen! Rathloü st«ht er einige Sekunden da. „PrivatlogiS, schöne- Privatlogis" drangt sich eine ärm liche Frau an ihn heran und schon will sie ibm den Schirm und die Hutschachtel entreißen. Ungeduldig stampft der Ge peinigte mit dem Fuße. Noch einmal läßt der Augekommen« sein« Blicke über die Gesichter und Hände der Diener schweifen. Dem mit dem ehrlichsten Gesicht und rrinlichsten Händen v«r- travt er sich an. Wenn di« GasthosSbesitzrr wüßtr», von wie viel Zufälligkeiten sich ein Reisender leiten läßt. Plötzlich befindet sich unser Reisender in einem Hotelomnibu», sein R«isekorb wird auf da- Verdeck geworfen und im schlanken Trabe fährt der Wagen davon. Auf einen Augenblick stecken die anderen Han-diener di« Köpfe zusammen, dann fahren sie davon. Nur noch in einem Omnibus sitzt ein Fahr gast, dir andere« sind leer, aber da» Gepäck führen sie. Nach In» Vatz. Die glücklichen Leute, die es wissen, daß ihnen im Sommer Ferien beschicken sind, greifen schon wenn die ersten Lerchen singen, zum Bädeker oder Meyer, lesen aufmerksam die dickleibigen Bücher durch und ergeben sich in den aus schweifendsten Phantasien über alle dir Gegenden, in denen sie ihre zwei, drei oder vier Wocken zubringen werden. Be kannte und Freunde werden um Ratb gefragt, die AuSkunftS- stellen der Bahnen müssen ganze Fahrpreisbudget« aufstellen und in jeder freien Minute wird der Bleistift bervorgeholt und ein Reiseplan mit der nöthigen Kostenberechnung gemacht. Die oben geschilderten Leute sind entweder Neulinge im Reisen, oder sie machen jede» Jahr eine andere Tour, um aus diese Weise interessante Vergleiche der Gastwirthe und Biere, der Fichtenwälder, Roggenfelder, Seewässer oder Bergspitzen ziehen zu können. Die phlegmatischen Sommerfrischler suchen ihr alte» Quartier auf und wenn sie auch hoch und heilig sich verschworen haben, niemals wieder da» „Lock" zu betreten, weil gar nichts lo» sei, so denken sie doch an die Bequemlichkeiten, die ihnen die Frau Wirthin bereitete, an ihre gute Küche, an daS Bier des Wirths, an seine grobe Höflichkeit, an Caro, de« ihnen vertrauten Hund, an die Liese, die Kuh im Stalle und an die befreundeten Bürger des „Loches", mit denen eS sich so gut zecken und erzählen läßt, und da zieht sie ihr Herz wieder hin, denn auS Gemeinem ist der Mensch gemacht und die Gewohnheit nennt er seine Amme. So die Gesunden. Ander» die Kranken, mögen sie schwer, mögen sie leicht krank sein. Mit größter Heimlichkeit, ohne ihren Arzt zu fragen, studirrn sie da» Bäderlexikon und die Anzeigen in den Zeitungen, in denen sich die Bäder anpreisen, die für alle« oder geaeu alle- — wie man will — gut sind. Endlich sind sie mit sich einig. Ausgerüstet mit der ganzen grdiegeveo Kenntniß eine- Laie» treten sie vor den Arzt: „Herr Doctor, wie wird'- diese- Jahr mit mir?" „Sie müssen in'- Bad!" Erleichtert athmen Patient und Arzt auf, der Eine, weil er seinen Wunsch erfüllt sieht, der Andere, weil er einen lästigen Patienten lo- wird. Und nun rückt der Patient mit seinem Wunsch heraus. „Wa» m«ioe« Sie zu A.?" Stttvtc 6. S. - 0. tWMr.TüMatt Anzeiger. Ämtsölatt -es königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Anthes und Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig.
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