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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190011043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19001104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19001104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-11
- Tag1900-11-04
- Monat1900-11
- Jahr1900
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1900
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MpMerIaMalt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Nalizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Bezugs» Preis dl der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Lu». gabestelleu abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonnirt seiner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egnpten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese« Blatte« möglich Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag« um 5 Uhr. Re-action un- Lrpe-ition: JohanniSgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorn». O. Klemm'» Sortim. Umversitätsstraße 3 (Paulinum). Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. Aus der Woche. Die Erklärungen der Mächte zum deutsch-englischen Cbinaabkommen, über dessen Opportunität dem Unein geweihten heute so wenig wie vor einer Woche ein Urtbeil möglich ist, werden von der ossicivsen Presse mit einem Auf wande von Logik interpretirt, für den, wenn er von Gerichten getrieben wird, die „Nat.-Ztg." der hübschen Bezeichnung „Excesse des Scharfsinns" sich zu bedienen liebt. Auch wir konnten unS die Auslegung aneignen, wonach die Zustimmung der Mächte zu den beiden ersten Puncten des Abkommen« (Aufrechterhaltung der Handelsfreiheit, sowie insbesondere der Integrität des chinesischen Gebietes) den Punct 3, der etwas für den Fall der Nichtanerkennung jener Integrität ftipulirt, in Wegfall kommen läßt. Aber überhaupt in Wegfall. Nach weiteren ossicivsen Erklärungen soll Punct 3 noch immer eine Bedeutung haben und daS scheint auch die Auffassung der Mächte zu sein, die be kundeten, sich zu diesem Puncto nicht äußern oder gar in Bezug auf ihn freie Hand behalten zu wollen. Eine in Wegfall gekommene Frage kann, so sollte man meinen, nicht der Gegenstand einer ausdrücklichen Außerbetrachtlassung, geschweige eines Vorbehaltes sein. Wir weisen auf diese Unklarheit aus dem Grunde hin, weil der Punct 3 des Ab kommens es ist, der nationalen Blättern, auch solchen, die sich nicht ausschließlich vom Enzlandabscheu bestimmen lassen, nach wie vor Bedenken eiuflößt. Also, eine einheitliche, geschlossene Negierung, eine Politik der Stetigkeit wünscht der neue Reichskanzler. Daß er persönlich fest entschlossen sei, eine solche Regierung und Politik zu schaffen, ja, daß er auch nur an die Mög lichkeit ihrer Herstellung unter den herrschenden Um ständen glaube, daö scheint Graf von Bülow im Staats ministerium nicht gesagt zu baden. Vorerst hat er mit feinem Bestreben kein Glück gehabt, wenigstens in den Äugen derjenigen nicht, die der unerschütterlichen Ansicht sind, daß heute und noch für lange Zeit ein einheitliches Regiment eine einheitliche Ausfassung von dem Wesen Bismarck'« und seiner Politik zur Voraussetzung habe. Wie Graf v. Bülow über den ersten Kanzler als Vorbild denkt, darüber hat er sich wiederholt ausgelassen, einmal auch schon nach dem Eintritt in feine jetzigen Aemter. Zn Hildesheim hingegen ist abermals die Meinung bekundet worden, der Schmied des deutschen Reich« sei allein Wilhelm I. Die Stellen der dort gehaltenen kaiserlichen Rede, die vom ersten Kaiser bandeln, sind Umschreibungen der früher vorgetragenen Auffassung, daß Bismarck, wie auch Moltke und Roon, lediglich Werkzeuge Wilhelm's I. gewesen seien. Eine zeitgenössische deutsche Politik, die von dieser geschichtlichen Anschauung auSgebt, kann sich weder im Innern noch im Aeußern mit einer Politik decken, die von der vom Grafen von Bülow getheilten historischen Ueberzeugung geleitet ist. Der neue Kanzler wird sich also nicht politisch ausleben dürfen, sondern er wirv seine Haupt aufgabe in der Apologie deS Geschehenen und Geschehenden finden müssen. Daß ihm die Fähigkeit zu einer derartigen Ausfüllung jener Aemter im hohen Maße bewohnt, hat Graf von Bülow bereits als Staatssekretär bewiesen. Durch die l2VOO Mark-Geschichte scheint die Einigkeit in der Negierung nicht erschüttert werden zu sollen und wir für unseren Tbeil haben es auch keinen Augenblick für un abweisbar gehalten, daß Graf Posadowsky über sie straucheln müsse. Die an dieser Stelle ins Auge gefaßte Möglichkeit, der Staatssekretär deS ReichSamtS deS Innern habe von der ganzen Sache, als sie sich abspielte, und späterhin nicht gewußt, ist inzwischen von einem Münchener Blatt als Thatsache berichtet worden. Wenn man dieser Versicherung entgegenhält, eS zeuge doch von einer unglaub lichen Unordnung, wenn der Chef eines Ressorts von eioe- Untergebenen Schritte, wie ihn Herr v. Woedtke gethan, keine Kenntniß erlangt, so ist das Passende deS kennzeich nenden Hauptwortes nicht zu bestreiten. Da« gewählte Bei wort verräth ein geringes Maß von Beobachtungsgabe auf Seiten deS BeurthcilerS: Wer sich die Jahre her unsere öffentlichen Zustände angesehen hat, der darf nichts mehr unglaublich finven. Bleibt Graf Posadowsky unberührt, so kann doch der schwere Fehltritt nicht ohne Sühne bleiben. Herr v. Woedtke bat ohne alle Frage gegen die amtliche Moral verstoßen und zwar zum Schaden deS Amtes, dem er angehört, »nd zum Schaden deS Staates. Sein Ver halten bat Mißtrauen gegen die sociale Unparteilichkeit der zur Ausbildung und Ausführung der Socialpolitik berufenen Behörden bis weit in die Reihen der nicht social demokratischen Arbeiter getragen. ES ist ein bürger liches, sehr weit rechts stehendes Blatt gewesen, da bemerkte, nun sei durch eine That die Richtigkeit eine- Wortes dargethan, das der frühere Staats sekretär v. Bötticher in einem unglücklichen Augenblicke Arbeit gebern zurief und daS lautete: „Wir arbeiten doch nur für Sie". Wir sind durchaus nicht dieser Meinung. Jene Bemerkung war, wie die ihr folgenden Handlungen der Regierung unumstößlich darthaten, nicht ernst ge meint und die jetzt enthüllte häßliche Affäre ist ein vereinzelter Vorgang. Die Socialdemokratie weiß von keinem zweiten zu berichten und weil sie daS nicht kann, sucht ihre Presse die Anhänger durch confuse Andeutungen confuS zu machen. Sie kann weder durch weitere Angaben die Be hauptung von einem „Panama" rechtfertigen, noch vermag sie auch eine ungeheuerliche Deutung deS einzigen Falles daS Bestehen einer „Corruption" überzeugend nachzuweisen. Die Uebertreibungen haben ihren Zweck selbst bei den „Genossen", nicht erreicht. Sie sollten vor Allem dazu dienen, im 6. Berliner Wahlkreise dem Nachfolger Liebknecht's im Mandatsbesitze «ne unerhört imposante Mehrheit zuzusühren. Effect: ein Rückgang von vielen Tausenden von «limmen, und daS, obwohl der Freisinn auf eine Bewerbung verzichtet und Blätter dieser Richtung den Gesinnungsgenossen sehr deutlich die Abgabe socialvemokratischer Stimmzettel nahe gelegt batten. DaS Ausbleiben deS erhofften Erfolges ist den „Genossen" um so peinlicher, als außer der 12 000 Mark- Affäre auch die „Welt-Mordpolitil" in China als Zugmittel betrachtet und die Wahl an sich sozusagen al» eine praktische Sonntag den 4 Todtenfeier für den verstorbenen Führer gedacht war. Die Hetze gegen die China-Politik, die recht kläglich durch gar nichts be sagende unv beweisende Soldatenbriefe alimentirt ward, versagte und dem Leichenzuge Liebknecht'«, mit dem man so viel Reclame zu machen versucht hatte, wurde durch den Rückgang der socialdemokratischen Stimmen im Wahlkreise deS Verstorbenen der Kundgebungsglanz genommen. Liebknecht wurde an einem wunderschönen Sonnlagnachmittag begraben. Dazu fanden sich die „Genossen" ein. Der Aufforderung, den Tobten durch eine nie gesehene Stimmenzabl zu ehren, die so ein dringlich ergangen war, kamen sie nicht nach. Die Wirren in China. Zur pol lischt« und militärischen Lage. Der untrennbare Zusammenhang zwischen Politik und Kriegführung wird durch den Gang der Ereignisse in China von Neuem aufs Schlagendste erwiesen, trotz aller „theoretischen" Erklärungen und Vorbehalte, daß die in China im Gange be findlichen kriegerischen Unternehmungen in erster Linie localen militärischen Zwecken dienen sollen. Auf dem östlichen Kriegsschauplätze — der Mandschurei — haben sich von Hause aus die politischen wie kriegerischen Ziele Rußlands in Uebereinstimmung befunden und dieser Uinstand hat jedenfalls das Meiste dazu beigetragen, daß die dortigen Operationen in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu einem für Ruß land durchaus befriedigenden.Abschluß gekommen sind. Mit der militärischen Besetzung der Mandschurei einschließlich Kirins und Mukdens ist auch das politische Ziel Rußlands er reicht, und es kann, gestützt auf seine durchschlagenden militäri schen Erfolge im östlichen China, mit aller Ruhe der weiteren Entwickelung der politischen Dinge entgegensehen. Was den Kriegsschauplatz in Tschili betrifft, so ist dort durch das sachgemäße Eingreifen des Oberkommandos militärisch Alles erreicht worden, was erreichbar war. Die Hauptstadt Peking ist in einen Operationsplatz ersten Ranges für die Ver bündeten umgewandelt worden, das selbst für eine Winter campagne einen festen Stützpunct abgeben würde. Allerdings immer nur in Verbindung mit der Operationsbasis zur See auf der Linie Tatu-Ticntsin, die zwar vollkommen gesichert ist, aber doch an Werth verlieren müßte, wenn sich die Nachricht be stätigen sollte, daß der Theil der Bahnlinie Tientsin-Peking, welcher den Rusten zum Ausbau überwiesen worden war, sich noch in sehr unfertigem Zustande befindet. Daß die Vorstöße von Peking und Tientsin in westlicher und südwestlicher Richtung zu keinem nennenswerthen militäri schen Ergebnisse geführt haben, ist noch kein Beweis, dal; diese Vorstöße unnöthig gewesen seien. Jedenfalls haben sie zur Pacificirung der dortigen Gegenden beigetragen, und es ist nun mehr eine Zone in der weiteren Umgegend Pekings geschaffen worden, die, unter dem militärischen Einfluß der Verbündeten stehend, alle kriegerischen Ucberraschungen in jenen Gebieten ausschließt. Wenn cs den Chinesen wirklich Ernst ist mit der raschen Durchführung der Friedensverhandlungen, so kann jeden falls die Lage der Dinge in Tschili nicht mehr als Vorwand ge nommen werden für ein Hinausziehen der Verhandlungen. Auch die Besorgnisse Rußlands, daß Peking militärisch zu wenig gesichert sei, um als Ort für die Friedensvcrhandlungen zu dienen, haben sich vollständig als ungerechtfertigt erwiesen und ist deshalb die erreichte militärische Sicherung Pelins auch als politisches Verdienst des Obcrcommandos anzusehen. Endlich möchten wir es aber auch noch als ein solches be zeichnen, daß Graf Waldersee sich nicht darauf eingelassen hat, von Paotingfu aus in westlicher Richtung — wie das namentlich in der englischen Presse wiederholt gefordert wurde — weiter vorzustoßen, um auch noch Tai-juen zu besetzen. Der Generalfeldmarschall hat im Gegentheil den größten Theil der nach Paotingfu entsendeten Truppen wieder auf Peking-Tientsin zurückgezogen und man wird dieses vorsichtige Verfahren nur billigen können. Das Zusammenhalten der Streitkräfte ist eine der Hauptregeln einer umsichtigen Kriegskunst, und ein strategi sches Verzetteln derselben könnte auch in Tschili unter Um ständen bedenkliche Folgen zeitigen. Zumal man noch nicht weiß, inwiefern das Eintreten der ungünstigen Jahreszeit das Wiederaufleben localer Erhebungen der Boxer begünstigt oder nicht. Es geschieht außerdem zum ersten Male, daß europäische Truppen sich auf einen Winterfeldzug in China einrichten müssen, und da ist bis auf Weiteres besondere operative Vor sicht geboten. Man sieht aus Vorstehendem, daß das militärische Verhalten des Obercommandos in Tschili durchaus den politischen Auf gaben entspricht, welche der dortigen Kriegführung bis jetzt er wachsen sind, in erster Linie Pacificirung der Provinz einschließ lich der militärischen Sicherung Pekings, um einen ruhigen Ver lauf der Friedensverhandlungen sicherzustellen. Darüber hinaus sind vorläufig dem Obercommando leine besonderen Aufgaben gestellt. Es hängt nun von dem weiteren Verlauf der politischen Entwickelung in China ab, ob diese militärische Beschränkung sich aufrecht erhalten läßt oder nicht. Von entscheidendem Einfluß könnte hierbei möglicher Weise die weitere Entwickelung der Dinge im Dantsekiang-Thale werden, insofern sie es unmöglich machen sollte, die seitherige locale Be schränkung der militärischen Action auf Tschili — soweit dtc Verbündeten als solche dabei in Betracht kommen — weiterhin durchzuführen. * Berlin» L. November. (W. T. B.) Der Goiivrrueur von Kiautschau meldet: Am 1. November mußte ein 10 km nord- östlich von KaumiS gelegenes Dorf, das von Räubern und Boxern in Uniform hartnäckig vertheidigt wurde, ge- stürmt werden. Dabei wurde verwundet der Seesoldat Emil Walter und der Hornist Josef Staedele von der dritten Eoin- pagnie des dritten Seebataillons. Die Gegner haben beträchtliche Verluste. * Petersburg, 3. November. Wie die „Nowoje Wremja' be- richtet, ist in Südchina eine Bewegung zur Wiedereinsetzung der Wingdhnastie im Gang«. Der etwa 25jährige Prätendent Tiensuyan, der verborgen bleibe, habe in einer Proklamation zur Abschaffung de« von den MandschuS rinqesührten Zop st ragens aosgrfordert und ferner verlangt, die Fremden sollten aus dem Innern vertriebe», aber in deu Hafenstädten geduldet werden. . November 1900. * Petersburg, 3. November. Ein dem Generalstab zugegan- gencr Bericht über die Operationen am Zungari-Flusse bei Bojansanfu besagt, daß sich eine russische Colonne auf Schiffen flußabwärts gegen Sindjan bewegte und diese Stadt am 7. Oktober einnahm. Am 9. Oktober erfolgte der Weilermarsch nach Pirtschuan, last 40 Werst auf Wegen, die durch Regengüsse ausgespült waren. In der Nähe der Stadt wurden die Truppen durch die Ortsbehörden empfangen. Tie Ein fahrt der Artillerie und des TrainS in die Stadt war wegen de- schlechten Zustandes der über einen schlammigen Fluß sührenden Brücken äußerst beschwerlich, obgleich die chinesischen Truppen hierbei in jeder Hinsicht halsen. In der Stadt bezogen die Truppen Quartiere. * Hongkong, 3. November. (Neuter's Bureau.) Tie Behörden in Canto» sollen 4000 Dollars auf die Köpfe hervorragender Nn'.änger derNeformpartei ausgesetzt haben. Viele von ihnen sind nach Hongkong und Macao geflohen. (Wiederholt.) Der Krieg in Südafrika. „Tic Verbrennung Krüger'S." Aus London, 2. November, wird uns geschrieben: Für das am 5. November stattfindende Volksfest zum Gedenken an die Hinrichtung der irischen Parlaments-Attentäter werden ge waltige Vorbereitungen getroffen, da ein großer Boeren- Autodaf 6 veranstaltet werden wird. Das HauptanziehungS- stück wird die Verbrennung einer riesenhaften Figur sein, welche den Präsidenten Krüger darstellen soll. Man rechnet auf viele Hun'ocrttausende von Festtheilnehmern. Tie Gefangenen auf 2t. Hclcua. Ein junger Kaufmann aus Marseille, der als Freiwilliger auf Seiten der Boeren gekämpft hatte und von den Engländern als Gefangener nach St. Helena verschickt worden ist, schrieb seinem Lehrherrn an der Riviera einen Brief, aus welchem die „Voss. Ztg." Folgendes mittheilt: „Wir wurden zuerst nach Longwdod geschickt, dort zeigte sich aber unsere Ueberwachung als unzureichend, und darum kamen wir nach Deadwood, was so viel heißt, wie Todtenwald; es ist der trübseligste Ort der Welt, hat aber den Vortheil der weitesten Entfernung von James-Valley, der einzigen Landungsstelle auf der Nordwestseite der Insel; jeder Fluchtversuch ist hier von vornherein aussichts los. Für das Gemiith ist dieser Ort der Insel tief nieder drückend; dieses Gehölz, das einzige auf der traurigen Insel, besteht aus den Todtenbäumen: Cypressen, Eibenbäumen, Fichten, Trauerweiden. Wir Hausen in hölzernen Baracken; die unsere trägt die Nummer 135 und beherbergt außer mir einen Italiener, drei Holländer, 5 Preußen und etliche Boeren. Die Ver pflegung ist äußerst mangelhaft, die Behandlung grausam. Die Soldaten Cronje's lagern südöstlich von Longwood, ihnen geht cs noch schlechter. Das Klima ist nicht gesund. Gall, der Sohn von Felix Faure's Cabineischef, ist bei uns. Die Engländer haben ihn wegen eines kleinen Versehens aufs Unmenschlichste mißhandelt. Unsere Lage wird von Tag zu Tag unerträglicher, weil unsere Kerkermeister sich darüber erbosen, daß der Krieg kein Ende nehmen will." ^Bloemfontein,3 November. („ReutersBureau".) 300Boeren drangen am 26. Oktober in Neddersburg ein. Die aus zwei Leutnants und 30 Mann bestehende Besatzung ergab sich, wurde aber freigclassen. Die Boeren beschlagnahmten alle in de» Magazinen befindlichen Maaren und hinterließen in einem Magazine einen Check der Regierung Les Oranjc-Freistaats über 1660 Pfund. * BcntcrSburg, 1. November. (Reuter.) Der Ort ist von den Boeren zerstört worden. Westlich von Kroonstad stehen Schaarcn des Feindes, ebenso in der Umgegend von Lindley. Die Boeren sagen, daß sie im Distrikt von Ficksburg große Mengen Munition aufgehäust haben. Infolge der heftigen Regenfälle ist das Biwackiren sehr beschwerlich. * London, 3. November. Wie „Daily Expreß" erfährt, werde an amtlicher Stelle die militärische Lage in Südafrika in Folge Les fortgesetzt kräftigen Widerstandes der Boeren als ernst betrachtet und eine sechsmonatige Fort- dauer des Feldzuges für möglich gehalten. Inzwischen würden theilS aus moralischen, theils aus materiellen Gründen keine weiteren Truppen an- Südafrika zurückgezogen werden. Man fürchtet, Tcwet oder Botha werde an einem schwachen Punkte einen Streich auSsühren, der das Interesse Europas am Kampfe wieder beleben und den Eindruck erzeugen könnte, daß die Boeren nur nominell besiegt seien. (Voss. Ztg.) Deutsches Reich- L. Berlin, 3. November. (Zur Kritik der Ver elend u n g s t h e o r i e.) Nach dem jüngst veröffentlichten Berichte desenglischen Arbeitsamtes haben nicht weniger als 1175576 Arbeiter im Jahre 1899 ihren Lohn um insgesammt 2300000-^ wöchentlich (gegen 1900 000 c« im Jahre1898 und 900 000 im Jahre 1897) verbessert, während in den ersten 8 Monaten des laufenden Jahres rund 1 Million Arbeiter ihren Lohn um mehr als 3 Millionen Mark wöchentlich erhöht sahen. Diesem englischen Beitrage zur Kritik der Verelendungstheorie tritt ein weiterer aus Dänemark gleichwerthig an die Seite. Er wird geliefert von dem Chef des dänischen statistischen Bureaus, M. Rubin, der über die große Industriezählung in Dänemark vom Jahre 1897 eine Abhandlung herausqegeben hat. Einen Auszug aus ihr veröffentlichen die „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statt st ik", denen wir die nachstehenden Angaben entnehmen. Nach Rubin ist der Jahresverdienst der dänischen Arbeiter während der letzten drei Jahrzehnte um etwa 50 Procent gestiegen, und da gleichzeitig die Netto-Arbeitszeit pro Tag von durchschnittlich 11'4 auf 10 Stunden gefallen ist, so kann gesagt werden, daß der Arbeits lohn in der angegebenen Zeit um etwa 70 Procent stieg. Das Publicum hat lange Zeit nicht ohne Befriedigung gesehen, wie eine Arbeitergruppe nach der anderen ihren Lohn erhöhte. In dieser Auffassung beginnt aber jetzt ein Umschlag einzutreten. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Rec la men unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ./t 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je rin» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 94. Jahrgang. Die fortgesetzte Unruhe auf dem Arbeitsmarkte, welche die Streiks verursachen, die beständig steigenden, durch die Lohnerhöhungen motioirten Preise für alle Bedürfnißgegenständc, die Unzufrieden heit mit den Leistungen der Arbeiter und Aehnliches haben den Wunsch nach Ruhe und nach Aufhören der Preissteigerungen hervorgerufen. Auch eine so arbeiterfreundliche Persönlichkeit, wie Rubin, schließt seine Betrachtung über das Steigen der Arbeits löhne in Dänemark folgendermaßen: „Es ist ja möglich, daß nun in den kommenden Jahren ein vorläufiger Stillstand in der Steigerung eintrcten wird, die u. A. ihre Grenze darin finden muß, was die dänische Industrie an Unkosten tragen kann, wenn sie nicht zu ungünstig in der Konkurrenz mit dem Auslande ge stellt werden soll. Wird die Steigerung jedoch fortgesetzt, dann muß dies unter der Bedingung der vermehrten Production der Arbeit geschehen, durch noch größere technische Fortschritte, als die bisherigen, eine noch energischere und einsichtsvollere Leitung, als die jetzige, und, nicht zum Wenigsten, durch eine größere Leistung der Arbeiter per Arbeitsstunde, als die jetzt geleistet wird." 6. II. Berlin. 3. November. (Kein Streik der S ch a u e r l e u t e.) Mit großer Spannung verfolgte man in der letzten Zeit die Bewegung der Hamburger Schauerleute, weil bekanntlich der Riesenstreik der Hamburger Hafenarbeiter vor erlichen Jahren seinen Ausgang von der Bewegung der Schauer leute nahm. Das „Herz Hamburgs" zum Stillstand zu bringen, d. h. den Verkehr im Hafen vollständig zu unterbinden, gelang damals der Socialdemokratie nicht, aber die Agitatoren kündigten an, daß sie Revanche für die Niederlage nehmen würden. Und jüngst bereitete sich wieder eine große, Lohnbewegung der Schauerleute vor. Diese hatten einen neuen Lohntarif aus gearbeitet und ihn Anfangs Oktober ihren Arbeitgebern unter breitet; in den Begleitschreiben wurde gesagt, daß die Steige rung der Miethen und der Lebensmittelpreise eine Erhöhung der Löhne nothwendig mache. Die Arbeitgeber waren gezwungen, diese neuen Forderungen der Schauerleute zurückzuweisen; sie betonten, daß der jetzige Lohntarif, der erst vor 2 Jahren in Kraft getreten ist, den jetzigen Verhältnissen durchaus Rechnung trage und daß der große Andrang von Arbeitskräften den Be weis liefere, wie wenig gerade die Schauerleute über unge nügende Entlohnung zu klagen berechtigt seien. Die Schauer leute erklärten nun in einer Versammlung, daß sie die Antwort nicht erwartet hätten; allseitig wurde aber auch hervorgehoben, daß man jetzt nicht daran denken könne, in einen Streik einzu treten; die Konjunktur sei zu ungünstig. Fast einstimmig wurde eine Resolution angenommen, die zwar an den gestellten Forde rungen festhält, aber den Eintritt in den Streik verwirft. Vielleicht einigt man sich auf eine spätere Erhöhung; jedenfalls aber ist ein Ausstand, vcr leicht weitere Ausdehnung annehmen und Industrie und Handel auch des Binnenlandes schwer schädigen könnte, abgewendet. * Bcrlin, 3. November. Für Arbeitslosenzäh - lungen tritt der „Arbeitsmarkt" ein. Er stellt fest, daß die Arbeitslosigkeit, die in den ersten Monaten dieses Jahres durch den starken Kohlenmangel hervorgerufen, im März aber wieder fast gänzlich verschwunden war, im April sich mit neuer Kraft geltend gemacht und mit dem Niedergange der Conjunctur, der von Mitte April ab deutlicher erkennbar wurde, zugenommcn hat. Im T e x t i l g c w e r b e hat sie bis jetzt den größten Um- fang erreicht. In Krefeld herrscht die Befürchtung, daß in der kommenden Winterszeit die Arbeitslosigkeit sehr groß werden wird, da schon jetzt etwa 1300 Weber und Handwirker beschäf tigungslos sind. Die Arbeitslosigkeit erstreckt sich auch schon auf verschiedene andere Branchen, wie Eisen-, Metallwaaren- und Maschinenindustrie; das Baugewerbe, die Glasindustrie und das Schuhgewerbe werden von ihr zunehmend, wenn auch örtlich verschieden, ergriffen. Je mehr in der nächsten Zeit die Arbeiterorganisationen, die städtischen Verwaltungen und die parlamentarischen Körperschaften genöthigt sein werden, zur Frage der Arbeitslosigkeit Stellung zu nehmen, desto fühlbarer wird der Mangel von Arbeitslosenzählungen sich machen, da die annähernde Kenntniß der Zahl der Arbeitslosen die nothwendige Voraussetzung ist für die Wahl der Abhilfsmittel und die Beur- theilung von deren Durchführbarkeit. Da amtliche Zäh lungennichtangeordnet sind, müssen die Interessenten, in erster Linie also die Arbeiterorganisationen, die Zählung selbst in die Hand nehmen und sie zu einem Theil ihrer regelmäßigen Thätigkeit machen, insbesondere aber auch sie möglichst rasch ver öffentlichen. Einmalige Zählungen genügen aber nicht, vielmehr muß die Bewegung der Arbeitslosen innerhalb der einzelnen Branchen und Bezirke ständig verfolgt werden. Nicht wie die Arbeitslosigkeit zu irgend einem willkürlich herausge- riflenen Zeitpunkte gerade in die Erscheinung tritt, sondern, wie sic sich innerhalb eines längeren Zeitraumes entwickelt, das ist die Frage, deren Beantwortung ein praktisches und wirksames Ein greifen gegen die Arbeitslosigkeit ermöglicht. (-) Berlin, 3. November. (Telegramm.) Der Kaiser körte beute Vormittag die Vorträge des CbefS des General stabs Grafe» von Schliessen und deS Chefs des Militär- cabinetL von Hahnke. G Berlin, 3. November. Ans Hongkong, 2. November, ist folgendes Telegramm an den Reichskanzler Grafen von Bülow abgeschickt worden: „Bei dem Bekanntwerden des Wortlautes deS deutsch-englischen Abkommens erlaubt sich die deutsche Kaufmannschaft Hongkongs, ibrer Genug- thuung ehrerbietigst Ausdruck zu geben." (Wiederholt.) — Der BundeSrath batte ursprünglich die Absicht gehabt, zu Ehren seines langjährigen Vorsitzenden, deS Fürsten zu Hohenlohe, bei Lessen Rücktritt inS Privat leben ein AbsckieLSessen zu veranstalten. Da eS indessen zweifelhaft geworden ist, ob diese Absicht sich verwirklichen lassen wird, so bat der BundeSrath zunächst beschlossen, dem bisbexigen Reichskanzler durch eine besondere Deputation eine Abschieds-Avresse überreichen zu lassen. DaS soll bereits in den nächsten Tagen geschehen. (-) Rendsburg, 3. November. (Telegramm.) Die Petitionscommission der Landessynode hat bezüglich der An träge auf Einführung deS Dänischen als Unterrichts gegenstand in den Volksschulen von NordsckleSwig ein stimmig den Uebergang zur Tagesordnung beschlossen. * Lübcck, 2. November. Gestern Abend trafen die Königin Wilhelmina von Holland mit ihrem Verlobten, dem Herzog Heinrich vcn Mecklenburg, und der Königin-Mutter 582.
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