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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001103019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900110301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900110301
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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rv38 Wir unserrrsritS geben die Anschuldigungen de» Grafen Walvsteiu nur unter der grüßten Reserve wieder, denn sie machen den Eindruck von in Kriegszeiten üppig* ins Kraut schießenden Lagerklatsch. Selbstverständlich giebt eS jetzt, wo die Sache der Bveren verloren ist und die Hoffnungen dahin sind, die Manchen an ihre Seite gelockt hatten, viele Enttäuschte, Geärgerte und llnznsricdcnc, die ihren Gefühlen nun in den schärfsten BerdamniungSurthcilcn Ausdruck geben. Mancher auch hat theure Angehörige, oder Hab und Gut oder beides verloren und redet nun die bittere Sprache des Verzweifelten. Von Joubert ist nur bekannt, daß er, fortschrittlicher gesinnt als Krüger, England etwas freund licher gegenüberstand. Einmal aber davon überzeugt, daß eS diesem nur darum zu tbun war, die beiden Republiken ihrer Schätze willen zu annectiren, trat er schlag- und kampfbereit an Krüger'S Seite. Sein geharnischter Appell an die Königin Victoria, der zu Beginn des Krieges in Form einer Broschüre verbreitet wurde, ist viel zn wenig beachtet worden. Zn diesem Schriftstück, anö welchem die ungeheuchelte lleber- zeugnng eines ehrlichen Mannes spricht, sagt er der Oucen ungeschminkt die Wahrheit und geberdct sich nicht, wie ein heimlicher Parteigänger Englands. Ter Nachfolger Lord Roberts' Aus London, 1. November, schreibt man uns: Von unter richteter Seite wird versichert, daß sich in den leitenden Re gierungskreisen verschiedene Ansichten über die Nachfolge des Lord Roberts' geltend machen. Man befürchtet an manchen Stellen, daß Lord Kitchener als Öderan führer gegen die Bveren einen Vernichtungskrieg be ginnen werde, wovor selbst Lord Salisbury einigermaßen zurück schreckt. Es wurde deshalb vorgeschlagen, Sir Alfred Miln er schon jetzt als Gouverneur einzusetzen; doch dürften sich dadurch sofort Reibungen ergeben, da die Generäle und be sonders Kitchener sich weigern würden, sich unter den Oberbefehl des Nicht-Militärs Milner zu stellen. Deittstht's Reich Bcrlin, 2. November. (Eine nothwend ige Aende - rung des StrafgesetzbuchS.i Den „Vorwärts" hat es natürlich erbittert, das; am 26. October die lOO. Wiederkehr des GeburlStages Moltke's in weihevoller Erinnerung vom ganzen deutschen Volke begangen wurde und daß Wohl auch so mancher Anhänger der Socialdemokratie, der trotzdem als alter Krieger sich gern der glorreichen, unter Moltke's Leitung errungenen Siege erinnert, an der Feier Les großen Tobten theilgenommen hat. Boller Ingrimm leistet sich deshalb das socialistische Blatt nahezu eine Woche nach dem GcLeiik- lage einen Artikel „Nationalhcros Moltke", in dem, wie der Artikel selbst sagt, „Moltke's Inneres" enthüllt wirb. Das; dieser Artikel in ber schiefsten Weise über die Beschießung von Paris und über Moltke's Auffassung über den Krieg aburtheilt, kann nicht verwundern und ebensowenig kann eS überraschen, daß das Hauptorgan der internationalen deutschen Socialdemokratie sich für bie Beurtheilung beider Fälle fran zösischer Gewährsmänner bedient. Wollte der Artikel über haupt nur Moltke verkleinern, so konnte man mit einem Achselzucken darüber hinweggehen, denn weder jetzt noch in Zukunft wird ein wirklicher Historiker sich um das von dem „Vorwärts" dem Feldmarschall errichtete „historische Denk mal" — so nennt in bekannter Bescheidenheit daS sccialistische Blatt selbst seinen Artikel — kümmern. Wenn aber der Artikel darüber hinausgeht und Moltke's Andenken beschimpst, so kann man sich das nicht gefallen lassen. Jedes deutsch empfindende Herz muß sich empören, wenn da gesagt wird, Moltke habe sich „zum Mitschuldigen an dem Ver brechen der Emser Depesche" gemacht, und an anderer Stelle, „Moltke habe glänzende Geislesgaben culturwidrig verwandt". Die Beschimpfung des Andenkens Mollke's ist der eklatanteste Beweis für die Mangelhaftigkeit des von der Beschimpfung des Andenkens Verstorbener handelnden tz 189 3k.-2tr.-G.-B. Moltke's Andenken könnte in noch viel schlimmerer Weise beschimpst werden, als eS hier ge schehen ist, und doch wäre nach dem bestehenden Gesetze keine Möglichkeit vorhanden, dagegen einzuschreiten. Denn Absatz 3 bcS 8 l8!) lautet: „Die Beschimpfung tritt nur auf Antrag der Eltern, der Kinder oder des Ehegatten der Verstorbenen ein." Danach konnte also bereits un mittelbar nach Moltke's Tod sein Andenken ruhig beschimpft werden, denn seine Eltern waren viele Jahrzehnte vor ihm gestorben, seine Gattin war bereits im Jahre 1869 dahingeschiedcn und Kinder hinterließ er nicht. Im Falle Moltke's ist also überhaupt von vornherein eine Straf verfolgung ausgeschlossen, aber auch da, wo ideell die Mög lichkeit vorliegt, wird sie praktisch nicht vorhanden sein. Niemand wird von der betagten Großherzogin von Baden verlangen, daß sie Strafanträge gegen socialistische Hetz blätter, die das Andenken Kaiser Wilhelm's I. beschmutzen, stelle; aus leicht begreiflichen Gründen wird man vielmehr zu verhindern suchen, daß sie solche, sic auss Tiefste ver letzende Aeußcrnngen überhaupt zu Gesicht bekommt. Der Gedanke, von dem das Gesetz mit seiner durch Absatz 3 ge gebenen Einschränkung ausging, liegt ja klar zu Tage. Man war eben der Ansicht, daß nur die nächsten Angehörigen durch die Beschimpfung des Andenkens ihrer Verstorbenen verletzt würden und daß deshalb nur sie ein Interesse daran besäßen, die Beschimpfung strafrechtlich zu verfolgen. Auf die große Mehrzahl der Mensche» trifft dies auch zweifellos zn, Männer aber, wie der alte Kaiser oder Bismarck oder Moltke gehören auch nach dem Tode nicht nur ihrer Familie, sondern auch dem ganzen deutschen Volke an. Wenn ihr Andenken beschimpft wird, so wird dem Empfinden des ganzen Volkes ins Gesicht geschlagen, und eS muß eine Möglichkeit gegeben sein, für die freche Beleidigung Sühne zn heischen. Deshalb sollte dem 8 189 noch ein vierter Absatz angcfügt werden, der etwa zu lauten hätte: „Liegt aber ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung vor, so entfällt die in Absatz 3 enthaltene Bestimmung". Wir rnfen gewiß nicht gern nach dem Staatsanwalt, aber wir halten die Beschimpfung eines 'Mannes, der sich nicht mehr wehren kann, für eine ganz besondere Gemeinheit. Will die Socialdemokratie an nationalen Gedenktagen nicht theilnehmen, so ist daS ihre Sache. Die weihevolle Stim mung der Anderen aber durch freche Beschimpfungen gegen Denjenigen, dessen Andenken gefeiert wird, zu stören, dazu ist sie nicht berechtigt, und wenn sie eö dennoch thut, so muß man ihr auf die Finger klopfen. Berlin, 2. November. (Der Gesundheitszu- stand in Kiautschau.) Das Berliner socialdcmo- kratische „Central-Organ" sah sich vor einigen Tagen ver anlaßt, unter prahlerischem Hinweis darauf, daß der bekannte „günstige Wind" einem anderen Genossenblatte genauere Kennt- uiß über den Gesundheitszustand in Kiautschau verschafft habe, in der der socialdemokratischen Presse eigenthiimlichen Art Vie dortigen Verhältnisse einer Kritik zu unterziehen und einer „Hungertyphusepidemie" Erwähnung zu thun. Der Schlußsatz des betreffenden Artikels: „In dieser Fieber- und Hungri ge g e n d müssen deutsche Soldaten ihren Dienst thun zur höhe ren Ehre des Vaterlandes", bezweckte allem Anschein nach, glauben zu machen, daß auch jetzt in Kiautschau ungünstige ge sundheitliche und Ernährungs-Verhältnisse bestehen. Zur Steuer der Wahrheit ist festzustellen: Daß im Jahre 1899 in Kiautschau mehrfach Flecktyphusfälle — Hungertyphus und Flecktyphus ist mcdicinisch dasselbe — vorgekommen sind, ist zu treffend, aber auch dem Reichstage und damit Jedermann durch die „Denkschrift, betreffend die Entwickelung des Kiautschau- Gebictes in der Zeit von Oktober 1898 bis October 1899", be kannt gegeben. Die gesundheitlichen Verhältnisse Kiautschaus haben im Reichstage 1899 eingehende Erörterung gesunden, ebenso die Maßregeln, die zu einer Verbesserung derselben er forderlich erachtet wurden und in der Durchführung begriffen sind. ES bedurfte daher keines „günstigen Windei", um irgend Jemand mit bekannten Thatsachen vertraut zu machen. Hierauf hinzuweiscn, unterläßt der „Vorwärts", hebt dagegen das Wort „Hungertyphus" mehrfach in Sperrdruck hervor. Des Weiteren sei festgestellt, daß, wie auch di', oben erwähnte Denkschrift auf Seite 20 deutlich sagt, der Flecktyphus durch Chinesen, welche aus anderen Distrikten eingewandert waren und diese Krankheit bezw. deren Krim von dort mit sich brachten, eingeschleppt worden ist, nicht aber etwa, wie der „Vorwärts" durch die Art der Fassung seine-: Commentars onzudeutcn be liebt, die ungünstigen Ernährungs-Verhältnisse an Ort und Stelle den Ausbruch der Cp'o-mi- verursachten. Bon Euro päern erkrankten im vorigen Jahre überhaupt nur fünf, und zwar nur solche, die iu Folge E"es Berufes mit erkrankten Chi nesen in Berührung kamen und sich so inficirtcn, darunter von deutschen Soldaten ein einziger, der Dienste als Polizeiunter- ofsicier versah. Alle fünf Europäer wurden geheilt. Den zugewanderten und erkrankten Chinesen wurde im deutschen Pachtgebiete die Wohlthat der Behandlung durch europäisch ge schult: Aerzte zu Theil. Ein großer Theil von ihnen wurde in Folge dessen geheilt. Die sofort getroffenen sanitären Vorsichts maßregeln beugten dem Umsichgreifen der Epidemie auch unter der chinesischen Bevölkerung vor, so daß sie Ende September 1899 als erloschen betrachtet werden tonnte. Im laufenden Jahre sind bisher — wie zuverlässige Erkundigungen ergeben haben — keine Flecktyphuserkrankungen r^rgekommen. Die Absicht des „Vorwärts", neue „Enthüllungen" zu bringen, dürft: angesichts dieser Thatsachen als mißglückt anzusehen sein; freilich wird das „Centralorgan" auch dafür sorgen, daß Richtigstel lungen seinem Anhang unbekannt bleiben, oder erst bis zur Un kenntlichkeit entstellt vorgefllhrt werden. -a- Brrli»» 2. November. Einen köstlichen Bei trag zur „Verelendung der Massen" liefert die Geschäftsstelle der socialdemokratischen Partei in Berlin durch folgende, auf dem Umschläge des von ihr herausgegebenen Protokolls des Mainzer Parteitages in fetter Schrift angebrachte Anpreisung: Porträts Bebel, Liebknecht, Singer (n 1,50 ck?, auch Kllnstlerdcucke auf Japanpapier je 10 c//. alle drei zusammen 25 -//); Porträts Marx und Engels in K u p f e r r a d i r u n g (das Paar 5,50 c//, Künstlcrdruäe 10 r/Z das Stück); Photographien von Liebknecht's Vegräbniß (50 C,); Liebknecht a u f d e in Sterbe bette (60 H), Liebknecht - Postkarten. (Als Frei schärler. Bei der Arbeit. Auf dem Sterbebett. Sein Grab.) Gruppenbild der R e i ch s t a g s f r a c t i o n. (60 H). — Ganz abgesehen von dem hier getriebenen Personencultus, gegen den auf dem Mainzer Parteitage ungehört ein Einzelner mit dem Hinweise protestirte, daß es doch eine social-revolutio näre Partei entwürdige, wenn sogar mit Ansichtspostkarten vom Leichsnbegängniß Liebknecht's Hausirhandel getrieben würde, muß die socialdrmokratische Partei- und Geschäftsleitung im Gegensatz zu ihren sonstigen Behauptungen von der Verelendung der Massen von der finanziellen Leistungsfähigkeit eben dieser Massen eine sehr hohe Meinung haben, wenn sie nicht zögert, ihr Künstlervrucke zu 10 das Stück anzubieten. Hoffentlich sind die „Genossen", auf die hier zur Füllung und höheren Ehre der Parteicasse durch eine recht hohe indirecte Steuer spcculirt wird, so verständig, ihr Geld für nützlichere Dinge, als für die papiernen Reproduktionen ihrer Parteigötze? aus zugeben. D Berlin, 2. November. (Telegramm.) Der Haupt verband der deutschen Flottenvereine im Aus land e theilt mit: Seine Majestät der Kaiser hat aus dem seiner Bestimmung unterliegenden Vermögen des Haupt verbandes des deutschen Flottenvereins im Auölande die Summe von l 5 000 .L der Gesellschaft „TccmauuShauS" zur Verfügung gestellt. Die von dem Hauptverbande gesammelten Gelder belaufen sich zur Zeit auf mehr als eine Viertelmillion Mark. (D Berlin, 2. November. (Telegramm.) Wie die „Germania" meldet, antwortete der Kaiser auf die Ansprache dcS Bischofs von Hildesheim bei der Besichtigung des Domes mit folgenden Worten: „Schon von meinem Großvater und von Meinem Vater habe Ich viel Gutes von Zbnen gebürt und habe den herzlichen Wunsch, daß der liebe Gott einen so verdienten und würdigen Prälaten, der immer ein Muster für andere gewesen ist, noch lange am Leben er halte." Kurz vor der Abreise beauftragte der Kaiser den Regierungspräsidenten v. PhilipSborn, persönlich dem Bischof den Kronenorden I. El affe zu überbringen und dabei zu erklären, dem Kaiser sei die Ansprache deö Bischofs tief zu Herzen gegangen. Er glaube im Sinne seines Großvaters zu handeln, wenn er dem Bischof diese besondere Aus zeichnung verleihe. (-) Berlin, 2. November. (Telegramm.) Die „Täg liche Rundschau" batte daS vom „NeichSanzeiger" und von der „Nordd. Allgem. Ztg." veröffentlichte Dementi gegen die Behauptung, cs beständen irgend welche geheimen Clunseltt zn Scm dcntsch-cngltschen NotcnauStansch, mit der Vcrmuthuug angezweifelt, daß diese amtliche Berichtigung von diplomatischen Rücksichten eingegeben sei. Dem gegenüber erklärt heute die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung", sie könne, da auch diese Angabe völlig unbegründet sei, dem dunkleu GewährSmaune des Blattes den Vorwurf leichtfertiger Flunkerei nicht ersparen. — Aus Anlaß der heutige» Wiederkehr deS TodeStageS Kaiser Alexander's III. von Rußland fand Vormittags 11 Nhr in der russischen BolschastScapelle feierlicher Gottesdienst statt, an dem der Botschafter Gras v. d. Osten-Sacken mit Gc- mablüi, das gesamiiite Personal der Botschaft und zahlreiche Mit- glicder der russischen Colonie theilnabmen. Zur Erinnerung an dir Thronbesteigung Kaiser Nikolaus' ll. findet morgen Vormittag ebenfalls großer Gottesdienst statt und nach demselben FrühstückS- tafcl bei Lein Bolschasterpaare. (-) Hamburg, 2. November. (Telegramm.) Die russische Regierung hat die Hamburg-Amerika-Liuie mit der Rückbeförderung russischer Truppen aus Ostasieu nach Odessa beauftragt. Zu diesem Zwecke werden einige der Dampfer, auf denen daS deutsche Expe- ditivnScorpS nach Cbina befördert worden ist, Verwendung finden. Der Dampfer „Batavia" ist bereits auf dem Wege von Moje nach Wladiwostok, um dort 2500 Mann an Bord zu nehmen. * Csscn, 1. November. Die Schneider-Zwangs innung für Essen und Alteudorf hat sich aufgelö st. Von den in der Generalversammlung anwesenden 77 selbstständigen Schneidermeistern stimmten 73 für die Auflösung. Sodann wurde eine freie Innung gegründet, in die sich 44 Schneider meister aufnehmen ließen. 1b. Weimar, 1. November. Nach den jetzt über die Land tagswahlen vorliegenden Nachrichten haben die Liberalen den hart bedrohten Kreis Apolda-Land gegen den social demokratischen Ansturm behauptet, so daß die Wiederwahl des Bürgermeisters Gröschner in Stadtsulza sicher ist. Ein Theil der Freisinnigen hat, der Parole der Parteileitung entgegen, mit den Nationalliberalen gestimmt. Kaltennordheim- Ostheim haben die Freisinnigen, wie jetzt fcstgestellt wird, nicht aus eigener Kraft, sondern mit Hilfe der Nationalsocialen gewonnen, die hier in Folge langer Agitation einigen Anhang besitzen. In Weida-Münchenbernsdorf wird der bisherige Vertreter, der conservative Rechtsanwalt Schöne mann - Jena, nicht wiedcrgewählt, sondern durch den liberalen Kandidaten Alan der ersetzt werden. Für die Liberalen wird so der Verlust eines Mandates wieder ausgeglichen. Endlich ist auch das Ergebniß der Wahlmännerwahl für den Landtag in dem Bezirk Jena-Land, zu dem di« Ortschaften Bürgel, Dornburg, Lobeda u. A. gehören, bekannt geworden. Auch in diescm Bezirk hat die Opposition eine Zunahme ihres Anhanges zu verzeichnen, sie ist aber auch hier in der Minderheit geblieben, so daß man auf die Wiederwahl des Rentners Knüpfer in Dorndorf rechnen kann. Eoblirg. 1. November. Der gemeldete erste Fall der Wahl eines Socialdemokraten in den Coburger Landtag erregt nicht geringes Aufsehen. Bei der Urwahl in dem in Frage gestandenen 9. Wahlkreise (Mönchröden-Fech- heim) hatten die Socialdemokraten von 23 Wahlmännern nur 11, also nicht die Mehrheit, durchgebracht. Von agrarischer Seite war aber die Wiederwahl des bisherigen freisinnigen Abgeordneten Florschütz abgelehnt worden. Bei der gestrigen Wahl des Abgeordneten erhielt im ersten Wahlgang der social demokratische Kandidat Walter 11, der Agrarier Eckardt 10 und Florschütz 2 Stimmen. Bei der Stichwahl gaben die beiden freisinnigen Stimmen den Ausschlag, und so wurde Walter mit 12 gegen 11 Stimmen gewählt. Die Freisinnigen haben den Socialdemokraten für das „kleinere Nebel" er achtet. (Magdb. Zig.") s Tarmstadt, l. November. DaS Anschreiben dcS Ober- consistoriums an die evangelischen Pfarrämter des Landes, in dein die Verordnung über die Verlegung des Todten- festeS znrückgeuommcn wird, lautet: „Im Interesse deS kirch lichen Friedens und in Würdigung der verschiedenartigen örtlichen Verhältnisse sehen wir uns, vielseitigen Wünschen entsprechend, veranlaßt, zu uiisercui Ansschreiben vom 20. October mit allerhöchster Genehmigung zu verfüge»: Wenn wir auch an unserer Meinung, daß daS Zusammen treffen beider Feier» (Geburtstag des großherzoglichen Paares und Todtenfest) den» Ernste der Tvdtenfeicr uachlheilig sei, seslhalten, so ermächtigen wir doch diejenigen Kirchenvorstände, die für ihre G-'meinden einen derartigen Nacktheit nicht be fürchten, die Todlenfeier am 25. November zu belassen." " Mct;, 1. November. Zur Besetzung deö Bischoss- stuhlcS wird der „Rh. W. Ztg." geschrieben: In Kreisen der hiesigen katholischen Geistlichkeit bringt man die kürzlich gemeldete Nomreise des Erzbischofs Sim ar in Köln mit der endlichen Besetzung des diesigen BischofSstuhlcs in Ver bindung. Wenn wir auch geneigt sind, in erster Reihe in dem Vorhaben des Erzbischofs eine 'Reise all limiua öancli ?etri zu sehen, wie im Kurialstile die Vorstellung der neu ernannten Bischöfe genannt wird, so gewinnt die hier ver breitete Ansicht davon einige Wahrscheinlichkeit durch die herz liche Begrüßung deö Kölner DvmpropsteS vr. Berlage durch den Kaiser in Altenhof bei Essen. Der Dompropst Berlage, der seinerzeit von dem Statthalter Frhrn. v. Mauteusfel als Ober- schulrath in daS elsaß-lothringische Ministerium berufen wurde, war neben dem Trierer Dompropst Schensfgen als all deutscher Eandidat für den BischosSstuhl bcS Oefteren genannt worden. Da nun die Eandidalur des Barons Zorn v. Bulach auf immer größeren Widerstand seitens der Eurie zu stoßen scheint und auch diejenige des Trierer DvmpropsteS nicht mehr in Frage kommt, so liegt eS nahe, daß man, um endlich der nun schon über ein Jahr daueruven SediSvacauz ein Ende zu machen, auf Berlage zurückgegrisfeu hat. Wenigstens wirb die Audienz, die ihm der Kaiser kürzlich gewährte, in kirchliche» Kreisen so gedeutet. Berlage ist eiu angehender Sechziger und im Müusterland geboren. Er leitete von 1880 bis 1889 das elsaß-lothringische katholische Schul- und Kirchenwesen, soweit letzteres der Regierung unterstellt ist. Er ist somit mit den hiesigen Verhältnissen durchaus ver traut und die eingewanderlen Kakholiken würden seiner Elnennung zum Bischof mit Befriedigung entgegensetzen. * Karlsruhe, 1. November. Die Landesversammlung der kirchlich-liberalen Vereinigung Badens, die hier unter dem Vorsitz des Stadtpsarrcrs Honig aus Heidelberg tagte, beschloß auf Antrag des Pfarrers Holdermann aus Rütteln die Mißbilligung der Absetzung Pfarrers Wein- gart in Osnabrück und verlangte den Zusammenschluß aller freigesinnten Protestanten Deutschlands, damit derartige Maß regelungen nicht mehr Vorkommen könnten. Frankreich. DiScipltn im Heere. * Paris, 2. November. (Telegramm) Der zur Dis position gestellte Eommauceur der Artillericschule in Fon tainebleau, General Perpoyre, richtete an die Officiere der Anstalt ein AbschiedSschrcibeu, in dem er erklärt, daß seine Haltung stets correct gewesen sei, und daß er daher seine 'Maßregelung für ungerechtfertigt halte. Niederlande. Vermählung Vcr Königin. * Haag, 2. November. (Telegramm.) Uebec den Zeitpunkt der Vermählung der Königin, der einem Morgenblatte zufolge auf Ende Februar festgesetzt sein sollte, ist noch nichts beschlossen. Die endgiltige Festsetzung des Termins ist erst nach dec Rückkehr der Königin aus Oldenburg zu erwarten. Großbritannien. Ttc ncncn Männer. * London, 2. November. (Telegramm.) Die Um formung deS EabinetS, so weit sie vollzogen ist, weckt, selbst in den Spalten regierungsfreundlicher Blätter, nicht viel Begeisterung.. So wirst „Standard" die Frage auf, iu wie weit die bisherigen Veränderungen die Stellung der Negierung befestigt haben. Das conservativr Blatt ant wortet sreimütbig, daß daS Ansehen der Negierung dadurch wenig oder gar nichts gewonnen habe. Es frage sich, ob das Ergebnis; der Wahlen ganz dasselbe gewesen wäre, wenn daS jetzige Nachspiel hätte vorauSgeschen werden können. Die liberalen „Daily News" schreiben: Tie Ernennungen von LanSdownc, Brodrick und SelSborne sind alle beachteuöwerth genug, aber keine wird das öffentliche Verlangen nach einem belebenden Strom neuer Ideen und Methoden im Berwaltungswcsen befriedigen. Eö giebt nur einen Weg, neue Maßregeln zu erlangen, und das ist, eine neue Negierung zu bekommen. Aufgabe der liberalen Partei für die nächsten paar Jahre müsse sein, daS Publicum zu überzeugen, daß sie Material für eine starke, gleichartig zusammengesetzte Negierung auf breiter nationaler Grundlage besitze. Inzwischen murren die Wähler, die der alten Negierung ein neues Mandat gegeben haben. (Voss. Ztg.) Spanien. KarlistischcS. * Madrid, 1. November. Die Negierung steht der Katatonischen Bewegung mit Optimismus gegenüber. Nack dem heutigen Ministerrathe erklärte der Kriegsminister, die Kar list en müßten sehr schwach sein, da sie sich bislang den sie verfolgenden Truppen nicht entgegengestellt hätten, vielmehr stets geflohen seien. Trotzdem werden neue Ver stärkungen bereit gehalten. (Voss. Ztg.) Schweden nnd Norwegen. Miiitstcrkrtse. * Christianta, 2. November. (Telegramm.) Wie da» Blatt „Verdens - Gang" erfährt, haben die Staatsräthe Lüchen, Holst und Thie lesen dem Kronprinz-Regenten den Wunsch mitgetheilt, aus dem Ministerium aus zutreten. Da» Portefeuille der Finanzen ist dem Bürger meister Aretander angeboten worden, der aber abgelehnt hat. Dagegen hat sich der ehemalige Staatsrath Konow bereit erklärt, das Ackerbau - Ministerium zu übernehmen. — Die Negierung beauftragte den Generalsekretär für den aus wärtigen Handel, Sigurd Ibsen, eine Darstellung des Verhältnisses des Consulatswesens zur Diplomatie aus- zuarbeiten. Orient. * Konstantinopel, 2. November. (Telegramm.) Kamp Höven er Pascha ist der Großcordon dcS Mcdjibie- OrdenS mit Brillante» verlieht» worden. Marine. G Berlin, 2. November. (Telegramm.) Mitthelluaa deS Kriegsininislecinnis über die Fahrt der TriippentranSportschlffe: ,, Not and" 30. Oktober in Taku ingekommen. Laut telegraphischer Mittheilnng ist S. M. S. „Vineta", Commandant Capitän zur See da Fconseca Äollheiin, am 1. November in Europas eingetroffea und beabsichtigt am 3. November nach La Guayra iu See zu gehen. S. M. S. „He la", Commandant Corvetten-Capitän Rampold, ist am 1. November von Taku nach Tsingtau gedampft. S. M. S. „Gefion", Commandant Fregatten-Capitäu Rollmann, will am 3. November von Hongkong nach Whampoa in See gehen. Der Dampfer „Köln" mit den abgelösten Mannschaften der Schisse de» KcenzergeschivaderS an Bord, LranSportführer Oberleutnant zur See Petzel, ist am 1. November iu Hongkong eingetroffen. Das neue KrystM-Palali-Theater. Emsiger, monatelanger Arbeit hat es bedurft, um die ehe malige „Nene Halle" des Krystall-Palastes im Zusammenhänge mit der Palmenhalle dieses Etablissements zu jenem stattlichen, schönen nnd vornehmen Variö töthcater umzuwandeln, als welches uns heute der völlig veränderte Bau erscheint. Um sich einen Begriff von dieser in die alten architektonischen Ver hältnisse dieses Etablissements tief einschneidenden Metamor phose zu machen, ist es nöthig, sich vollständig von der Er innerung an das frühere Variölätheater zu trennen, denn das neue, hier vollendete Wert bedeutet auch eine vollständig neue Erscheinung, die mit dem Dagewesenen in durchaus keinen Zu sammenhang mehr gebracht werden kann. Volle Bewunderung wird den Besucher erfüllen, wenn ec das in seinen Dimensionen gewaltige Theater betritt: ein mächtiger, hoher, gewölbter Raum thut sich vor ihm auf, überspannt mit einem breiten Oberlicht, dessen groß angelegte, teppichactige Muster in ihrer male rischen Wirkung einen wirksamen' Abschluß des freundlichen dekorativen Elements im Innern bilden, weite Balkons an beiden Längsseiten des Saales legen sich zur Hälfte des letzteren vor, und ein großer weiter Zuschauerraum, mit Bogen, Sperrsitzen und Tischen besetzt, breitet sich vor der nach Norden liegenden großen Bühne aus, welche die ganze Schmalseite des Theaters ein nimmt. In der That, hier ist ein Theater großen Stils ge schaffen worden, dessen Einrichtungcn durchweg mustergiltig ge- uanut werden dürfen, denn in dieser neuen Vergnügungsstätte gehen die für die Zuschauerwelt geschaffenen Annehmlichkeiten einerseits mit allen erprobten technischen Neuerungen zn Gunsten des künstlerischen Betriebes andererseits Hand in Hand. Dabei ist Platz siir rund 1800 Besucher vorhanden. Bei der Umgestaltung der ehemaligen Halle in ihre heutige freundliche Form hat der hiermit betraute Architekt, Herr Civil- ingenicur Ranft, eine Reihe großer Schwierigkeiten zu über winden gehabt; die diesem Bau eigene starre Eisenconstruction mußte ihre dominircnde Nolle aufgeben und sich vollständig dem rein architektonischen und malerischen Elemente unterordnen. Tas ist denn auch in vollendeter Weise erreicht worden, so daß das Krystall-Palast-Theater heute als ein schön geschlossenes anmuthendcs Ganze erscheint, befreit von allem störenden Bei werk kalter, nüchterner Säulen und eiseugrauer Nippen und Vogen. Der nach einer Concurrenz unter einer Anzahl von Be werbern mit der inneren Ausschmückung des Theaters betraute Künstler, Herr Dekorationsmaler Richard Hesse, legte von vornherein den Schwerpunkt seiner Kunst auf eine möglichst anheimelnde, freundliche Wirkung des iu seinen Verhältnissen so imposanten Raumes, indem er durch die crömefarbige, mit Gold behandelte Abtönung des zum Theil noch vorhandenen Eisenwerkes diese ebenso elegant wie luftig erscheinen ließ und die neu cingefügten großen Wandflächen der Längsseiten farben freudig belebte. Die hinter den Baltonlogcn liegenden Abschluß wände leuchten in brillantem Goldgelb auf; sie werden in interessanter Weise durch das zarte Violett des Rabitzgewölbes hcrausgehoben, das zum Theil ein zartes Kranzornament mit luftigen Linien, zum Theil Festons mit stilisirien Weintrauben aufweist, während am unteren Thnle der Wandflächcn zur halben Höhe der Wände ein kräftiges modernes Ornament einsetzt. Die weit ausladenden Balkons tragen in schöner Stuckarbeit ein viel fach verschlungenes Bandornament, das, mit Gold abgesetzt, crömefarbige Tönung erhalten hat und nun ansprechend mit der Farbenstimmung des Gesammtraumes harmonirt. Gleich der ebenfalls von Rich. Hesse entworfenen plastischen ornamen talen Umrahmung der Bühne, läßt es in seinen Details eine Reihe von Glühkörpern aufleuchten; hier bunte Rosetten, dort au dem Bogensaum der- Vühue schillernde Krystalle, als ver ständlichen Hinweis auf den Namen des Hauses. Hervorragend schön in seiner malerischen Wirkung giebt sich das gewaltige Oberlicht, das, den Scheitel des Theaters von Norden nach Süden durchlaufend, mit seinen bunten, flotten Ornamenten, mit seinen blau und roth abgetönten, stilisirten Beerenbüscheln und mit seinen interessanten Linienzüqen das freudige Spiel der Farben im Raume erhöht. Es wird Abends durch besondere Reflektoren erhellt. Zu diesem, wie ein großer Teppich sich ausbreitende Oberlicht, dessen Schimmer in die Deckenmalerei übergeht, treten weitere anmuthende Elemente der Kunst; dazu gehört ein oberhalb des Eingangs von Richard Hesse geschaffenes Wandgemälde, das den „Jungbrunnen" ver sinnbildlicht. In anmuthiger Bewegung umkreisen acht Grazien den emporsprühenden Quell am goldbebuschten Lorbeerhain. Gegenüber, als Bühnenabschluß, wird später der Genius der Kunst erscheinen. Es liegt ein flotter künstlerischer Zug in dem Ganzen, das völlig im modernen Sinne gehalten ist. Was die moderne Linie als -Ornament bedeutet, das weiß Richard Hesse in den Aufgängen zu den Balkonlogen in frappanten Bei spielen von verblüffender Wirkung darzuthun; in den mit außer ordentlich künstlerischem Geschick ausgestalteten Erfrischungs räumen neben diesen Logen verwendet er sogar das^aoldene Fadengewirr der auf apartem, zartviolettem Himmelsgrunde aufsteigenden kleinen Ballons als Ornament, ebenso die flammen artig züngelnde Linie. Und doch bei aller Einfachheit eine be stechende Wirkung! Man sieht überhaupt, wie überall die Malerei tragend, verbindend, zierend zur Architektur einsetzt und dieser sich anpaßt. Dieser einheitlichen künstlerischen Durchbildung und Aus schmückung des Theaters entspricht durchweg seine technische Ein richtung. Die Bühne, welche die ganze nördliche Schmalseite des Theaters füllt, ist 20 Meter breit und besitzt eine Höhe von etwa 15 Meter und eine Tiefe von 11'/-, Meter. Ihre Ver senkung beträgt 4 Meter. Stein und Eisen haben bei ihrer Errichtung mitgcsprochen, wie auch sonst alle bühnentechnischen Errungenschaften in Bezug auf Maschinen- und Beleuchtungs wesen nach dem Vorbild bewährter Anlagen ihre Anwendung gefunden haben. Von der Bühne finden die auf ihr beschäftigten Künstler bequeme Zugänge zu den hinter den Längsseiten des Theaters im Obergeschoß liegenden Garderoben. Das Orchester erscheint verdeckt vor der Bühne, deren rein dekorative Ausschmückung mit Vorhang und Theaterdecora- tioncn in der künstlerischen Hand des Herrn Theatermalers Grügcr gelegen hat. Alles wird den Anforderungen an eine moderne Bühne gerecht; selbst der eiserne Vorhang ist vor handen. Wie aus der Gestaltung und Einrichtung des Zuschauer raumes ersichtlich wird, hat hier «in erfahrener Blick das Richtige in der ganzen Anordnung getroffen; es ist sowohl für Uebersichtlichkeit als für einen bequemen Aufenthalt Sorge getragen worden: hier doppelte Balkonreihen zu je sieben Logen, dort zu ebener Erde auf dem parkettirten Fußboden wiederum Logen, dann daran gefügt eine große Anzahl von Parquetsihen, und endlich der weite Zuschauerraum mit zahlreichen zierlichen Längstischen, an denen je sechs Personen Platz finden können. Acht Bogenlampen werfen außer zahlreichen aufleuchtenden Glüh lampen ihren Hellen Schein über den Zuschauerraum, der durch große Zugang« wiederum mit dem daran liegenden Foyer in Verbindung steht. Für die Beleuchtung der Bühne selbst ist noch ein großer Scheinwerfer am Plafond, wo eine symbolische Glasmalerei Feuer, Wasser, Luft nnd Erde symbolisirt, an gebracht. > Wie aus einem Gusse erscheint nunmehr das neue Krhstall-
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