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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010820020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901082002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901082002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
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Dienötag den 20. August 1901. Anzeigen-PreiS die S gespaltene Petitzeile >5 H. Reclam«» unter d«m R«daction»strich (»gespalten) 7K vor den Famtlienvach, richten («gespalten) SO H. Labellarischer und Ztsfernsatz entspr«chend höher. — Gebühr*» für Nachweisung»» »nd Off»rt»nannahm» 85 («xcl. Porto). <Srtra. Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgab«, ohn» Postbesörderung ull «0.—, mit Postbesörtxnmg 70.— Annahmeschluß für Anzeige»: Abend-AuSgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmtttag» 4 Uhr. Bet d»n Filiale» und Annahmestellen je eta- halb« Stund« früher. Laz eigen flud stet» au ht» Exprditio, zu richten. Dt» Lrpedlttou tst Wochentag« unuuterbroch«» geöffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. »ruck n»d v«rkag vo« E, Pol» tu Leipzig, 95. Jahrgang. FcrMleton. 83s Anzahl nicht minder einflußreicher und wirksamer akademischer Marchach» erhält. FUr den deutschen Klerikalismus ist eS ungemein be- bezcicknend, daß er über den Rücktritt de» Wcihbifchos» vr Marbach zu Ltratzbnra t. S nicht nur Ueber- raschung, sondern sogar schmerzliches Bedauern und Entrüstung zu erkennen giebt. Bekanntlich ist dieser Rücktritt durch die römische Curie veranlaßt worden. Mithin hätte unsere klerikale, dem Papste so ergebene Presse alle Ursache, bei der Kritik des ganzen Vorganges sicbZurückbaltungaufzuerlegen. Da aber der Rücktritt Or. Marbach's ein Strich durch die Rechnung der elsässischen Französlinge ist, so legt man auf klerikaler Seite seinen Empfindungen keinen Zügel an. Nachdem soeben erst triumphirend verkündet war, daß die Weigerung Or. Marbach's, als Weihbischof nach Metz zu gehen, sowohl die Besetzung des Metzer Bischofsstuhles mit dem deutschgesinnten Abte Benzler, als auch die künftige Besetzung des Straßburger Bischofssitzes mit dem an vr. Marbach's Stelle zu berufenden deutschgesinnten Weihbischof Zorn von Bulach enidgiltig aus der Welt ge- schafft habe, ist ja eine gewisse Ueberraschung der betheiligten klerikalen Kreise natürlich. Wenn man sich aber mit dem Aus drucke der Ueberraschung nicht begnügt, wenn man jammert, daß „Wünsche und Hoffnungen" zu Schanden gemacht seien, und wenn man — wie es im „Elsässer" geschieht — sich zu dem Aus rufe versteigt: „Solche Vorgänge zeigen in greller Beleuchtung die Machtgelüste des Staates und die besehls- haberische Art, mit welcher derselbe die Kirche zu be handeln gedenkt" —, wenn auch die „Köln. VolkSztg." Aufklärung betreffs der „Druckmittel" verlangt, die von staatlicher Seite in Rom angewandt seien, um eine solche Wendung herbeizuführen, so geht aus alledem auf das Klarste zweierlei hervor. Einmal zeigt sich dabei, daß einem großen Theile unserer Klerikalen die Wahrung der deutschen Interessen in den Reichslanden viel gleich- giltiger ist, als die Wünsche der klerikalen Französlinge; und dann zeigt sich, daß unsere Klerikalen auch vor einem Wider- soruche gegen Masin<i.i,men der Curie dann nicht zurückschreckcn, wenn das klerikale Parteiinteresse dergleichen nützlich erscheinen läßt. Die beliebte Unterstellung, als ob der Staat im vorliegen den Falle bei der Curie illegitime Einflüsse zur Geltung gebracht habe, ist einfach lächerlich. Es ist ein selbstverständliches Recht des Staates, zu beanspruchen, daß innerhalb seiner Grenzen nur solche Kirchenfürsten ernannt werden, deren nationale Gesinnung über allen Zweifel erhaben sei. Uebrigens dürfte der klerikale Groll über die „Opferung" deS I)n. Marbach durch die römische Curie nicht lange Vorhalten. Jede von römischer Seite gemachte Concession pflegt von Berlin mit mindestens eben so hoch zubewertbendenGegenconcessionen bezahlt zu werden. So wird es zweifellos auch in diesem Falle geschehen. Am wenigsten dürften die Gesinnungsgenossen des „Elsässer" Ursache zu der Besorgniß haben, durch die am schärfsten von vr. Marbach be kämpfte Errichtung einer katholisch-theologischen F a c u l t ä t an der Universität Straßburg, die nun vielleicht er folgt, werde der Pfleg« ultramontan-französischen Geistes in der akademischen Jugend Abbruch geschehen. Erinnert man sich, mit welchem Erfolge unter staatlichem Schutze theologische Lehr kräfte katholisch-theologischer Facultäten anderer Universitäten ihre Lehren dem übrigen Lehrkörper aufzudrängen und aufzu zwingen suchen, so wird man es für sehr möglich halten, daß Straßburg für den scheidenden Weihbischof vr. Marbach eine Im Orient, auf dem Balkan scheint sich etwa» anzu spinnen. Seit einiger Zeit kommen Nachrichten von der bulgarischen Grenze, die Wohl ernstlicher zu nehmen sind, al» die albanesischen Unruhen, dir jede» Jahr wiederkehren und die man gar nicht mehr entbehren kann. Der Albanesen Geplänkel mit ihren montenegrinischen Nachbarn sind In- ventarstücke der Türkei. Bor Kurzem wurde bekannt, daß Bulgarien die Zahlung seine« Tribut« von 200 000 türkischen Pfund an die Türkei mit der Bemerkung begleitet habe, das sei die letzte Zahlung, eine andere werde nicht mehr geleistet. Man hat auch die Erklärung hierzu abgegeben, daß die Finanzlage de« jungen Fürstenthum« eine Ordnung der Rück stände nicht erlanbe. Da diese finanzielle Kriegserklärung böses Blut machte, hat man sich bulgarischerseit« beeilt, zu erklären, daß die Bemerkung nicht so schlimm gemeint sei, daß sie nur eine Kennzeichnung der Finanzlage bilde und daß im Nebligen die Nichtzahlung nicht die Türken, sondern die Dette Ottomane treffe. Natürlich hat man vergessen hinzuzusügen, daß, wenn Bulgarien nicht zahlt, die Türkei für die Summe im Interesse ihres Schulden dienstes aufkommen muß. Als der russische Admiral und die maßgebenden bulgarischen Persönlichkeiten sich antoasteten, sah man mit Befremden, daß Fürst Ferdinand sich nicht unter letzteren befand. Wenn man seine Abwesenheit auch mit seiner früher projectirten Reise erklärt, so dürfte diese Reise vielleicht gerade aus Anlaß der Ankunft deS russischen Geschwaders erfolgt sein, denn ein noch unwidersprechendes Wort des Fürsten aus jüngster Zeit lautet, daß er sich in Bulgarien sehr über flüssig vorkomme und Wohl nicht wieder dabin zurückkebren werde. Wenn daS Wort auch nicht in dieser Fassung gefallen sein sollte, deS Fürsten Anschauung dürfte es wohl wieder geben. Tritt nun hierzu dic Thäligkeit des makedonischen ComitüS, die Posse des Protestes Sarafow, so kann man sich nicht verhehlen, daß die Meldungen, die schon von einem Feuergefecht zwischen bulgarischen und türkischen Truppen sprechen, nicht zu leicht zu nehmen sind. Ob MichaelowSky und Zonschew über Sarafow bei den Berathungen des makedonischen Con- greffeS den Sieg erringen, ist sehr gleichgiltig, nach der Freisprechung des letzteren war man Enropa ein wenig Maskerade schuldig. Die Chauvinisten in Bulgarien werden au« der siegreichen Flucht ihrer drei Mann starken Patrouille, die fünf Türke» von achtzig tvktete, schon Capital schlagen. Die Türken sollen die drei Bulgaren bis drei Kilometer weit über die Grenze verfolgt haben und schon sind zwei bulgarische Com pagnien von Philippopel abgegangen, um daS bulgarische KriezS-Ehrenschild wieder reinzuwaschen. Da« ist doch mehr als ein gewöhnlicher Zwischenfall. Man will in Bulgarien durch aus einen Putsch ,n Makedonien anzetteln. Die Makedonier sind darauf vorbereitet. AuS Monastir wird gemeldet, „daß die bulgarischen makedonischen Comit4s neuerdings die Einschmuggelung von Waffen lebhaft betreiben. Um sich gegen die Sendlinge der makedonischen Comitös und die bul garischen Räuberbanden zu schützen, hätten die Mohamedaner „ComiiöS" gebildet, welche allerlei zweifelhaftes Volk an werben, das nun weniger gegen die Räuber, al« vielmehr gegen die friedliche bulgarische Bevölkerung sich wende und Gewaltthätigkeiten verübe. Speciell in der Umgebung von Ochrida sollen geradezu anarchische Zustände herrschen." Nun, da hat man ja den besten Grund, einzuschreiten. Es herrschen anarchistische Zustände und die „friedliche" bul- Hausfrau in anerkennenswerth taktvoller Weise sofort wieder in Fluß gebracht wurde. Paul sah noch, wie Gisela, ganz als ob nichts vorgefallen Wäre, sich ihr Rothwcinglas füllen ließ und freundlich lächelnd mit ihrem Nachbar anstieß, so daß er durch diese Geistesgegen wart wieder einigermaßen mit dem kleinen Hersehen ausgesöhnt wurde. Anderseits verdroß es ihn ganz besonders, daß gerade Frau v. Alberts Augen- und'Ohrenzeuze dieser Scene gewesen, denn daß der Vorfall sofort unter die Leute gebracht und mit den entsprechenden Auslegungen versehen werden würde, dafür zeugte ihm das etwas geringschätzige, allerdings nur blitzartig zu bemerkende Emporziehen der Oberlippe seiner Nachbarin. Der Rest des Abends verlief ohne jeden Zwischenfall. Die Unterhaltung berührte neben persönlichen auch wirthschaftliche Verhältnisse der Garnison, wobei besonders in letzterer Be ziehung Frau Thaldorf mit praktischen, aus der Erfahrung ge schöpften Winken den beiden jüngeren Hausfrauen an die Hand ging, indem sie sichtlich bemüht war, daß von Frau v. Alberts mit Unterstützung Gallow's gerne auf das persönliche Gebiet ge spielte Gespräch in diese harmloseren und nutzbringenderen Bahnen zu leiten. Zu Hause angelangt, suchte Steinberg! in schonendster Weise den kleinen kaux pas Gisela's zur Sprache zu bringen, weniger um sie zu Hofmeistern, als um dre Unerfahrene vor einer Wieder holung solcher unbedachter Aeußerungen zu warnen. So sehr er die nach seiner Ansicht nothwendige Pille auch überzuckerte, indem er vorerst die Begrüßungsscene mit Frau v. Alberts lobend hervorhob, kam er doch schön damit an. „Ich konnte doch nicht ahnen, daß die „Verpflegung" — so sagt Ihr ja wohl? — eine so lächerlich bescheidene sem würde! Erst eine Fischmayonnaise, die alle Anzeichen des selbsteiaenen Machwerkes trug, und dann einen Kalbsbraten — zwei weiße Gerichte hintereinander! — dazu einen ganz leichten Rothwein, den Weißwein habe ich wegen seiner grünsauren Farbe über haupt nicht zu kosten gewagt; wenn das hier immer so ist, dann danke ich für die Geselligkeit." „Du vergißt, daß die Einladung eine „ganz freundschaftliche" war. Außerdem waren die Gerichte tadello« und auch Dir schien es ganz gut zu schmecken, denn mit Vergnügen habe ich gesehen, daß Du von dem KalbSrücken wenigsten» zwei Mal genommen hast." „Nun, ich hatte Hunger, und da ich merkte, daß das Souper zu Ende ging, so habe ich beim Braten zugegriffen — oder war das auch wiroer nicht recht?" „Grwiß, und zwar so sehr recht, daß ich mich für Dich sowohl, wie für unsere Gastgeber darüber gefreut hab«. Sieh, unsere Geselligkeit ist nun einmal eine viel einfachere, al» Du sie von liche Privatmeldungen gehen sogar so weit, zu behaupten, daß Natal sich augenblicklich in größerer Gefahr befindet, als dies noch vor zwölf Monaten der Fall war, da die in dieser Colonie vorhandenen Äesatzungstruppen anscheinend durchaus unzu reichend für die Sicherheit des Landes und der Verbindungs linien sind. Zum Ueberfluß kommt über Durban die Meldung, daß die Boeren nach der Einnahme von Bremersdorp (Swazi land) die frühere englische Besatzung dieses Ortes auf der Flucht doch noch so empfindlich schädigten, daß ein Dutzend Transportwagen mit reicher Beute, einige 40 Gefangene und ein Maximgeschütz den Burghers in die Hände sielen. Das sind also trübe Aussichten für die Sache der Engländer." blätter dagegen kritisirt aufs Schärfste den Hamburger Schieds spruch. Die endgiltige Entscheidung des Streitfalles soll auf dem Parteitage erfolgen; man darf daher sowohl dieser Ent scheidung an sich, als auch der Erledigung der Frage gespannt entgegensehen, ob auch hierüber hinter verschlossenen ThUren verhandelt werden wird. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. August. Auf dem diesjährigen socialdemokratische» Parteitage in Lübeck, den der Parteivorstand durch seinen schon erwähnten Bericht einleitet, wird bekanntlich unter blutiger Verhöhnung des demokratischen Princips über das Thema „Presse, Literatur, Colportagewesen" in geschlossener Sitzung verhandelt werden, um die Meinungsverschiedenheiten der „Genossen" in diesen Puncten vor der Oefsentlichkeit zu verbergen. Da tiefgehende Meinungsverschiedenheiten auch in Bezug auf die Hand elS- und Zollpolitik innerhalb der Socialdemokratie be stehen — man denke nur an die Art, wie auf früheren Partei tagen unter Anderen die Reichstagsabgeordneten Schippel und Calw er sich geäußert haben —, so läßt sich die diplomcn tische Parteileitung der „Genossen" die Geheimhaltung dieser Meinungsverschiedenheiten ebenfalls angelegen sein. In dem Bewußtsein aber, daß eine geheime Verhandlung der Zollssrage gar zu blamabel wäre, hat sich die Parteileitung zu dem Auswege entschlossen, die beregte Frage überhaupt nicht auf dse Tagesordnung des Parteitages zu setzen! Dabei wird es nach einer Ankündigung des „Vorwärts" sein Bewenden haben, obwohl mehrere socialdemokratische Blätter die Behänd- lung der Zollfrage durch den Parteitag energisch forderten. Der „Vorwärts" be?-w. dir hinter ihm stehende P r^ieileiti>n7, bedient sich aus diesem Anlässe der Ausreve, die Sr> itu^g oer Partei ^uc Zollfrage sei so klar und präcise, daß ihre Erörterung auf dem Parteitage überflüssig erscheine. Den wahren Grund, weswegen die Zollfrage auf die Tagesordnung des Parteitages nicht gesetzt wurde, verräth der „Vorwärts" in den Worten: „Je weniger bei dieser Gelegenheit geredet wird, um so wirkungsvoller wird der Eindruck der Demonstration sein." — In der That, die „Genossen" Schippel, Calwer u. A. würden durch ihre Befür wortung industrieller Schutzzölle Material genug zu Gunsten einer Erhöhung der Getrsidezölle beisteuern, um den Eindruck der Demonstration auf das Gründlichste abzuschwächen! Gelingt es der Parteileitung, die Zusammensetzung der Tagesordnung be treffs der Zollpolitik nach ihren Wünschen zu gestalten, so wird doch ein anderer Stein des Anstoßes von ihr nicht beseitigt werden können: der Streit nämlich, der zwischen der socialdemokra tischen Partei und den socialdemokratischen Gewerkschaften in Sachen der Hamburger Accor dm aurer ausgebrochen ist. Wie erinnerlich, sind jene „Streikbrecher" weder von dem socialdemokratischen Schiedsgerichte, noch von der Controlcom- mission aus der Partei ausgeschlossen worden. Nur «in kleiner r, Theil der Gewerkschaftspresse, z. B. die „Buchdruckerwacht", die englischen Truppen vom Organe des Buchdruckerverbandes als „Streikbrecherorgan" ' " " behandelt wird, hat sich mit dem Hamburger Schiedssprüche ein verstanden «rklärt; eine ganze Reihe anderer Ge'werkschafts- die scharfen, wenn auch, wie ihm schien, nicht ganz unzutreffenden Bemerkungen seiner Frau einzuwerfen. „Glaube meinem Blick, hier bereitet sich allerhand vor! Dein berühmter Hilling, von dessen gesellschaftlicher Gewandtheit und Unterhaltungsgabe Du soviel Rühmens gemacht, war heute ent schieden, nun sagen wir einmal, etwas voreingenommen, und wußte offenbar nicht, wem er seine Huldigungen widmen sollte. Ich meine natürlich nur Frau Thaldorf und Frau v. Alberts, denn von meiner Wenigkeit hat er, nach den nothwendigsten Höf lichkeitsphrasen, keine Notiz mehr genommen. Da lobe ich mir doch den so geschmähten Gallow, der hat schließlich, allerdings neben Hauptmann Thaldorf, die Kosten der Unterhaltung ge- tragen, und mit dem habe ich mich recht gut amüfirt. Was das Menu für unsere Geselligkeit anbetrifft", warf sie zum Schlüsse leichthin dazwischen, „so wirst Du hoffentlich mir als Hausfrau die Sorge überlassen; ich werde schon wissen, was ich zu thun habe — im Uebrigen gieb mir einen Kuß, denn Du gefällst mir doch von Allen am besten —" Mit dem Erfolge seiner Vorstellungen nur halb zufrieden, bequemte sich Paul zum Schweigen, da er das Unnütze ferneren Streitens einsah, war dabei aber fest entschlossen, seinem Willen, den er für den einzig richtigen hielt, unter allen Umständen Gel tung zu verschaffen. Jedenfalls wollte er sich den heutigen Abend nicht schon wieder verderben, wie so oft in der letzten Zeit, da Gisela nicht den leisesten Widerspruch vertrug und von einer Halsstarrigkeit war, die es ihm Wünschenswerth machte, jeder Differenz, wenn irgend möglich, aus dem Wege zu gehen. Zu dem, und darin lag der' Hauptgrund für sein Nachgebrn, hatte ihn der Hausarzt darauf aufmerksam gemacht, daß der Gesund heitszustand der jungen Frau die größte Schonung bedürfe und daß er eben diesem Zustande eine gewisse Reizbarkeit deS Nerven systems zu gute halten müsse. Paul dachte nur mit gemischten Gefühlen an die so baldige Erfüllung eines der späteren Zukunft vorbehaltenen Wunsches. Er konnte sich so gar nicht an den Gedanken der zu erwartenden neuen Würde gewöhnen, daß ihn die ganze Sache wie fremd an« muthete, während er anderseits sich sagen mußte, daß sein Ber- hältniß zu seiner Frau durch ein solches Band nur gewinnen könne, welches gleichzeitig Gisela » mehr auf Aeußerlichkeiten ge richteter. Lebensführung Inhalt und einen bestimmten — den schönsten — Pfltchtrnkreis geben würde. Der junge Ehemann hatte aber außerdem noch ander« Sorgen, und zwar gerade von jener Art, wie er sie durch seine Verhetrathung mit Gisela Friedland ein- für allemal von seiner Schwelle gescheucht zu haben wähnte. In dem Ehevertrage, den er im Bewußtsein, selbst mit völlig leeren Händen zu kommen, ohne Weitere» unterzeichnrt hatte, war Hause und in Euren großstädtischen Kreisen gewohnt bist. Mit der Zeit wirst Du finden, daß man auch so ganz vergnügt zu sammen sein kann, und wirst das Richtige einer solchen be scheidenen Lebensführung einsehen." „Nein — nein!" unterbrach sie ihn schmollend, „an diese Art der Gastlichkeit gewöhne ich mich nie und nimmer, und wenn ich auch gezwungen bin, in den anderen Häusern derartige unglaub liche Zusammenstellungen durchzukosten, so will ich doch an unserem Tisch zeigen, was man unter einem anständigen Souper versteht!" „Das kannst Du insofern thun, als Du vielleicht in der Speisenfolge — ich kenne, offen gestanden, alle diese Feinheiten zu wenig! — eine andere Ordnung bringst; aber hinsichtlich Anzahl und Auswahl der Gerichte — besonders nach ihrer Kostbarkeit — wirst Du Dich nach den Gebräuchen im Regiment richten müssen. Eine Uebertreibung oder auch nur ein „Mehr" von unserer Seite würde uns — und mit Recht — geradezu als Mangel an Tact ausgelegt werden. Im Gegentheil, wir können, wie ich Dir heute bei der Toilettenfrage schon angedeutet, gerade weil allgemein bekannt ist, daß Du aus einem wohlhabenden Hause brst und es Dir also leisten kannst, eher noch hinter dem Durchschnitte zurllckbleiben, als manche Andere, die weniger frei gestellt sind und die den Schein aufrecht erhalten müssen. Schließlich sind ja auch nicht die materiellen Genüsse, sondern die Art, wie sie geboten werden, und die Menschen die Hauptsache?" „Na mit Deinen Menschen — so weit ick sie bis jetzt kennen gelernt habe — ist es auch nickt so weit her! Unsere Gastgeber waren ja charmante Leute, besonders /»err Thaldorf, die Frau ist ja ganz niedlich, aber reichlich unbedeutend; außerdem hat sie sich kräftig sowohl von Hilling, wie von dem Premierleutnant Ile, so hieß doch wohl der andere Herr, wenn auch von letzterem nur L la Toggenbura, den Hof machen lassen! Und erst diese hochnäsige Alberts, die geborene v. BallerSheim! Hast Du ge hört, wie sie uns in langathmioer Rede ausein andersetzte, daß es eigentlich „BalderShain" oder noch besser „Baldurshain* heißen müsse? Ich be wundere nur, daß sic sich nicht gleich al» directen Wotanssprossen aufsptelte und die Walküre ihre Cousine nannte! Ihren Mann hat sie übrigens, trotz der Kürze der Ehr, schon reckt schlecht be handelt; dagegen hat sie mit Hilling, der wie da» bekannte Grau thier zwischen ihr und Frau Thaldorf saß, entschieden angefangen zu kokettiren. Gieb einmal Acht, die Beiden kennen sich besser, al» es den Anschein bat, ob sich da nicht etwa» anbandelt!" „Aber liebste Gisela, was Du nicht Alles siehst und Dir zu recht legst, nachdem Du kaum die flüchtigste Bekanntschaft ge macht", wagte Paul endlich halb ärgerlich, halb belustigt durch Am Geld. Roman von F. Ilex. NaSdruck verboten. Mit welcher Genugthuung hatte er gesehen, wie sie der auf ihren väterlichen Adel sehr eingenommenen Frau v. Alberts, die sich als Tochter eines Reiterobersten den übrigen Damen des Regiments entschieden überlegen dünkte, auf die etwas von oben herab gehaltene Begrüßung genau mit derselben, bis auf dt« Linie abgemessenen Verbeugung gedankt hatte. Ordentlich gehoben fühlte er sich durch dieses an der richtigen Stelle gezeiate Selbstgefühl seiner kleinen Frau, und wie freute er sich darauf, ihr diese seine Anerkennung nicht vorzuenthalten. Hatte er ihr schon Manches, und auch heute erst, sagen müssen, was noth- wendig, wenn auch nicht immer angenehm für sie war, so wollte er ihr doppelt gerne bei der ersten Gelegenheit auch sein uneinge schränktes Lob spenden. Was war es denn auch, womit sie manchmal anstieß? Kleinigkeiten, die sie nicht wissen konnte, und die auch lediglich Kleinigkeiten geblieben wären, wenn sich das Trotzköpfchen leichter etwas sagen ließe, und sich nicht immer für unfehlbar hielte. Nun, er wollte Geduld haben und es an Milde und Nachsicht nach jeder Richtung nicht fehlen lassen. Au» diesem Gedankenkreise wurde er abgezogen durch die Pflicht, seine Dame mit Wein zu versehen, wobei sein Blick ganz zufällig den ihm gegenübersitzenden Hausherrn streifte. Wie e» im Regiment allgemein und ganz besonders bei kleineren Abendgesellschaften üblich, waren nur zwei Sorten Wein — Weiß- und Rothwein — aufgestellt. Der Hausherr hotte eine Flasche Bordeaux in der Hand und fragte nach Frau Gisela gewandt: „Befehlen Sie roth oder weiß, gnädige Frau?" Durch einen Zufall war da» bi» dahin ziemlich laut und lebendig geführte Gespräch für einen kurzen Augenblick wir ab geschnitten, so daß nicht nur Paul, sondern auch der ganze Tisch die m völlig harmlosem Tone gegebene Antwort Gisela'»: „Ich danke, ich werde erst vom Champagner nehmen", deutlich ver nehmen konnte. Paul fühlte, wie ihm das Blut zu Kopfe stieg, während der in dieser Weise angesprochen« Gastgeber in der denkbar heitersten und unbefangensten Weise erwiderte: „Ja, meine gnädige Frau, Sie müssen schon mit unserer be scheidenen Bewirthung vorlieb nehmen . . ." Da» Folgende ging unter in der wieder neu rinsetzrnden Unterhaltung, dt« feiten» der Der Krieg in Südafrika. Man schreibt un» au» London unter dem IS. August: „Die Situation in der Capcolonie scheint sich für die Eng länder immer bedrohlicher und unerfreulicher zu gestalten, und eS liegen heute private Nachrichten aus Capstadt vor, wonach die officielle Depesche de» Lord Kitchener wie auch die officiellen Reuter-Meldungen über die angebliche schwere Niederlage, welche die Brigade Gorringe in ver gangener Woche dem General Kruitzinger nördlich von Steynsburg beigebracht haben sollte, ganz undgar nicht den Thatsachen entsprechen. Es hat allerdings ein größere» Gefecht zwischen Steynsburg und Ventersstadt zwischen einer Abtheilung deS Kruitzinger'schen Corps unter Commandant EraSmuS und der englischen Brigade des Obersten Gorringe stattgefunden, welches jedoch durchaus nicht die völlige Deroute der Boeren herbeiführte, wie es in der englischen Depesche heißt, sondern im Gegentheil von dem britischen Bri gadier al» aussichtslos aufgegeben werden mußte, da General Kruitzinger mit nur wentgen Streitkräften seiner angegriffenen Abtheilung zu Hilfe kam. Nachdem Mr. Balfour vor der Schließung der soeben ver strichenen Parlament-session im Hause der Gemeinen selbst offen zugestehen mußte, daß die Situation in der Capcolonie „unbefriedigend" sei, finden die „unbefriedigenden" Privat meldungen vom Süden deS Kriegsschauplatzes, die andauernd den schöngesärbten officiellen Depeschen widersprechen, allseit g mehr Glauben al» die letzteren, und selbst in der Tory- und Jingopresse werden wieder energische Vorwürfe gegen die Re gierung resp. das KriegSamt laut, weil durch die militärische Censur in Südafrika nach wie vor über die wichtigsten Ereig nisse und über die wirkliche Lage der Dinge nur kärgliche oder beschönigende Nachrichten durchgelassen werden. Die wenigen Privatmeldungen, welche über das Kabel hierher gelangen und den Publikationen des Kriegsamtes direkt widersprechen, kommen entweder auf Umwegen oder müssen wohl in einer an scheinend unverfänglicheren Abfassung der Wachsamkeit der überarbeiteten miiitärischen Preßcensoren entgangen sein. Außer bei Ventersstadt und Steynsburg machten die Boeren ich wieder einmal in der Nähe von Cradock den Engländern ehr unangenehm bemerkbar, indem sie in der Nachbarschaft >es genannten Ortes einen Transport Wegnahmen und circa 20 Gefangene machten, während sie gelegentlich der Einnahme von Vanrheynsdorp, wie sich jetzt herausstellt, große englische Vorräthe an Kriegsmaterial und Lebensmitteln erbeuteten. Wenn die Lage für die Engländer in der Capcolonie „un befriedigend" ist, so kann das Gleiche von der Natal- colo n i e behauptet werden. Seit mehr als 14 Tagen wurden wiederholt briefliche Nachrichten in der englischen Presse ver öffentlicht, wonach die Boeren in dem letztgenannten britischen Territorium sich im kleineren Maßstabe ebenso fest gesetzt haben müssen wie in der Capcolonie, und heute heißt es sogar schon, daß die Besatzung von Ladysmith, des berühmten Waffenplatzes der Engländer, bereits zweimal ausrücken mußte, um gegen ein paar kleinere Abtheilungen der Boeren, die bis auf vier englische Meilen argen die Stadt vorgerückt waren, sich aber vor der britischen Uebermacht rechtzeitig zurück- zoaen, zu Felde zu ziehen. Die beiden aus der früheren Kriegs geschichte bekannten Orte im Distrikte von Ladysmith, Wasch bank und Modderspruit, sind nach einander von Boeren in dunkler Nacht allerdings erfolglos angegriffen worden, und so sitzt also auch hier der Feind im Herzen der britischen Colonie, ohne daß es den Anschein hätte, als ob die englischen Truppen viel mehr thun könnten, als sich fast ausschließlich auf die Ver- theidigung der wichtigsten Plätze zu beschränken. Gewisse brief-
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