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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001110015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900111001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900111001
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- LDP: Zeitungen
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Änttsvldtt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes -er LLadt Leipzig. 573. Sonnabend den 10. November 1900. Anzeige« »Preis die 6 gespaltene Petitzeile LS H. Reclamen unter dem Redactionsstnch (»gespalten) 7b H, vor den Familiennach» richten (S gespalten) SO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme LS H (excl. Porto). Extra'Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au»gabr, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbesörderuug 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end .Luögabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filiale» und Annahmestelle» je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expeditton ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 94. Jahrgang. Die nationalliberale Partei in -er parlamentarischen Pause. Am 11. November, wenige Tage vor dem Wiederzusammen tritt de» Reichstag», hält der Centralvorstand der national- liberalen Partei eine Berathung ab, um die politische Gesammtlage zu erörtern und den Bericht des geschäfts führenden Ausschusses für die fünf Monate entgegenzunehmen, die seit der letzten Sitzung dcS Centralvorstandes am 10. Juni 1900 verflossen sind. Wenige Tage vor dem Abschluß der NeichStagösitzungen war damals der Centralvorstand zusammengetreten und hatte drei bemerkenSwerthe Beschlüsse gefaßt. Zunächst gab er nach einem Anträge Basscrmann gemeinsam mit den Fraktionen deS Reichstags und des Abgeordnetenhauses der Genuzthuung über die Verabschiedung des neuen Flotte ngesetzes Aus druck und der Hoffnung, daß die mit der Verstärkung der Schlachtflotte gesickerte Macktstellung Deutschlands zur See dem deutschen Ansehen in aller Welt und den überseeischen Interessen deS deutschen Gewerbefleißes den erwarteten Nutzen bringen werde. Im Anschluß daran aber wurden sogleich für die Aufgaben des kommenden Winters im Reich und in Preußen die Ziele gesteckt. Nach einem Anträge vr. Hammacher sprachen „die Mitglieder der Fractionen des Reichstags und des Landtags mit dem Centralvorstaud die bereits vor zwei Jahren zum Ausdruck gebrachte Ueberzeugung erneut aus, daß bei der bevorstehenden Feststellung deS Zolltarifs und dem Abschluß künftiger Handelsverträge die Interessen der Landwirtbschafl durch einen höheren Zollschutz für landwirtbschaftliche Er zeugnisse besser gewahrt werden müßten als bisher." Nach dem gleichfalls einmüthig angenommenen Antrag v. Eynern gab darauf die Vertretung der Partei erneut ihrer Ueber zeugung Ausdruck, „daß die Herstellung neuer Wasser- straßen einem dringenden wirthschaftlicken Bedürfnis ent spricht und die Partei den dahin gerichteten Bestrebungen ihre energische Unterstützung »»gedeihen lassen werde." Die seither verflossene» Vorgänge haben den Beweis er bracht, daß die Führung der nationalliberalen Partei nickt nur richtig, sondern auch klug gehandelt, von vornherein diese Absichten der nationalliberalen Politik sichtbar und hoch über alle Verschleierungsversuche in präcisirten Be schlüssen festzustellen. Zwar sind, wie bei jeder großen Action der nationalliberalen Partei, bei Conservativea und Freisinnigen auch diesmal die mißvergnügten Versuche nicht ausgeblieben, die Klarstellung der nationalliberalen Politik zu verzerren und zu diScreditiren. Die frei sinnige Kritik arbeitete mit der Verdächtigung, daß der Be schluß der nationalliberalenParteileitung einen handelsvertrags feindlichen Charakter trage; aus der Freisinnigen Vereinigung wurde sogar der 35-Mark-Zoll zu einem Inventar deS Liberalismus gemacht, und mit mehr Geräusch als positiven Unterlagen, mit einem Seitenblick auf die Nationalliberalen, di; Notdwendigkeit proclamirt, eine besondere Organisation zum Schutze der bisherigen allein liberalen Zollsätze zu be gründen. Gleich ehrlich war das Vorgehen der der conser- vativen Parteiführung nahestehenden Organe, die der national liberalen Parteiführung dreist die Redlichkeit ihrer Absichten zu bestreiten versuchten. Alle diese Verdächtigungen haben, wie sich sehr bald er wies, kurze Beine gehabt. Die Verdächtigungen der Abkehr der nationalliberalen Partei von einer stabilen und auS- gleichenden Handelspolitik ließ sich auS dem einfachen Grunde nicht halten, weil die neue Forderung der Erhöhung der Getreidezölle in Anknüpfung au die Parteideclaratioa vom 7. März 1898 erhoben worden war. In dieser Declaration hatte die Partei ausdrücklich erklärt, daß bei dem Abschluß künftiger Handelsverträge die Interessen der Landwirthschaft besser gewahrt werden müßten als bisher, andererseits aber auch, daß den Bedürfnissen der Industrie und deS Handels nach Handelsverträgen mit längerer Geltungsdauer Rechnung getragen werde. De» conservativen Bemühungen konnte «ntgegengehalten werden, daß die Beschlüsse nicht gefaßt waren, um irgend eine andere Parteiführung über die Absichten der Nationalliberalen zu unterrichten, sondern daß ausschließ lich und allein die gebotene Rücksicht auf die Bedürf nisse des landwirthschaftlichen Berufes und daS ge- sammte StaatSwohl das Leitmotiv jener Beschlüsse ge wesen war. In Folge dessen habe» sich denn bald die Welle» dieser Auseinandersetzung gelegt, und die nationalliberale Partei hat im verflossenen Sommer, unangefochten wie seit langen Jahren nickt, sich der Aufgabe hingeben können, die Organisation der Partei weiter auSzubauen und an den verschiedenen Reichstags- und Landtagsersatzwahlen sich mit dem Erfolge zu bethätigen, daß im Abgeordneten. Hause der Besitzstand um zwei Mandate verstärkt und in den ReichStagsersatzwahlen der Besitzstand au Man daten behauptet wurde, während eine nicht geringe Zu nahme der nationalgesinnten und gemäßigt liberalen Stimme» bekundete, daß der in, Jahre 1898 bei den letzten Haupt wahlen in Erscheinung getretene Aufschwung der Partei fort dauernd an halte. Ein besonders werthvoller Beweis für da» gefestigte Vertrauen im Volke war vor wenigen Tagen, daß die im Westen und in Süddeutschland begründeten Vereine der nationalliberalen Jugend, die die Schulung deS nationalgesinnten Nachwuchses im staatsbürgerlichen Pflichtbewußtsein sich zur Aufgabe gemacht, zu einem Reich-- verbände bereit- zusammengeschloffen werden konnten. Beklagt wurde in der gemeinsamen Sitzung der Fraction und deS Centralvorstandes vom 10. Juni die verworrene parteipolitische Lage im Innern und die offenkundige Unsicherheit in der Regierung. Die Verwirrung in den Parteiverhältnisseu bat sich in den Sommermonaten nicht vermindert. Die Annäherung im conservativen Lager au da- Centrum, mit Rücksicht auf die Aufgaben im preußischen Landtag, hat einen noch ausgesprocheneren Charakter erhalten und im Reiche haben die Jnteressenkämpfe bisher mehr eine Verschärfung als einen Ausgleich der Gegen sätze ergeben. Ja der Regierung ist allerdings inzwischen die leitende Stelle im Reiche und in Preußen neu besetzt worden, und wenn den verheißungsvollen programmatischen Erklärungen die entsprechenden Thaten folgen, dann darf man hier wenigstens wieder darauf rechne», daß die Traditionen Preußens und deS Reiches, die eine ge schlossene, führende und vorbeugende Regierung ver- langen, wieder den Ehrenplatz erhalten, der ihnen von dem Fürsten Bismarck und den um die Wiedererstarkung Preußens und die Begründung und Einheit deS Reiches ver dienten Führern der Nation geschaffen worden ist. Damit ist die Richtschnur der Berathungen deS CentralvorstandeS der nationalliberalen Partei am kommenden Sonntag gegeben: in Weiterfübrung der bisherigen Entschlüsse zu be kunden, daß die nationalliberale Partei unabhängig nach Oben und nach Unten und unbeirrt ihre alten nationalen und liberale» Grundsätze im Reiche zur Geltung bringen will und daher auch unbekümmert um abgünstige und übel wollende Kritik, von vornherein bestimmt die Wege umschreibt, die nach ihrer Auffassung im Interesse res Reiches und unter Zusammenfassung der Kräfte des Volkes beschritten werden muffen. Die NuWcirung Persiens. - Aus Teheran, 8. October, schreibt man der „Welt- Correspondenz": Die Reise des Schahs geht ihrem Ende entgegen, und alle Welt ist hier gespannt, welchen Eindruck die europäische Cultur auf ihn gemacht hat, und welches wohl die nächsten Er gebnisse dieser Reise in Bezug auf Reformen im Innern und auf die allgemeine Politik sein werden. Kenner der Verhältnisse geben sich in erster Beziehung keinen vergeblichen Hoffnungen hin; außer einigen geringfügigen Aeußerlichkeiten bleibt voraus sichtlich Alles beim Alten. Für gründliche Aenderungen zum Besseren ist es allem Anschein nach schon zu spät. Ein Mann, der mit weitausschauendem Blicke und fester Faust Regierung und Volt aus ihrer Lethargie aufzurütteln im Stande wäre, existirt augenblicklich in Persien nicht. Die wenigen einsichts vollen Patrioten, die weiter als an den folgenden Tag zu denken vermögen, haben nicht die Macht, sich dem Verhcingniß entgegen zustellen. Wenn es auch im Allgemeinen nicht im Charakter des Persers liegt, sich über die Zukunft Sorgen zu wachem so ist doch die fatalistische Ergebung in das unvermeidliche Schicksal des Landes noch nie in dem Grade in allen Schichten der Be völkerung zum Ausdrucke gekommen, wie gerade jetzt. Die Mittel aus der Anleihe sind bereits erschöpft, während die Theuerung aller Lebensbedürfnisse ohne jede zwingende Ursache, lediglich durch Spe- culation derReichen.in einem Maße zunimmt, das für die nächste Zukunft zu ernsten Besorgnissen Anlaß giebt. Die Rückkehr des Schahs wird wohl noch manche Ueberraschung in politischer Beziehung bringen, der ungewöhnlich glänzende Empfang in Petersburg giebt zu denken. Als eine weitere Etappe auf dem Wege der Russificirung Persiens, die jetz: wohl ein beschleunigteres Tempo annehmen dürfte, ist der Abschluß einer neuen Anleihe von einer Million Pfund Sterling zu bezeichnen, welche dazu dienen soll, die Häfen am Persischen Meerbusen zu befestigen. Eine officielle Bestätigung dieser An gaben steht zwar noch aus, doch hat die Nachricht alle Wahrschein lichkeit für sich, ebenso wie das Gerücht, daß ein Theil des Be trages dieser Anleihe in Form von Waffen gezahlt werden soll. In diesem Falle würde wohl auch der russische Armeeinstructeur nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dies Alles fügt sich ganz folgerichtig in die zielbewußte russische Politik ein. Wäh rend bis jetzt die Ansicht vorherrschte, Rußland suche Alles zu verhindern, was einer Stärkung Persiens ähnlich sieht, so scheint es jetzt, als ob Rußland nunmehr, wo es seines Einflusses un bedingt sicher ist, selbst an der militärischen Kräftigung Persiens mitarbeitet, damit im Falle des zu erwartenden Zusammenstoßes russischer und britischer Interessen am persischen Golf die Küste nicht schutzlos einem Einfall von Indien her ausgesetzt sei. Man muß Rußland das Zeugniß ausstellen, daß es in den letzten zehn Jahren eine bewunderswerthe Politik Persien gegenüber verfolg: hat. Es hat verstanden zu warten, zu drängen, zu helfen und seine Macht fühlen zu lassen, Alles zu seiner Zeit. Dasselbe hat auch England häufig versucht, aber immer im unrichtigen Augenblick und mit ungeeigneten Mitteln. Der Schah hatte aus Paris befohlen, daß sofort zehn junge Leute aus guten Familien zur Ausbildung nach Europa geschickt werden sollten. Diese, meist Söhne von höchsten Staats beamten, find bereits abgereist und werden dem Schah in Baku vorgestellt werden, wo er nähere Bestimmungen über sie treffen wird. Die Hälfte der Erziehungskosten trägt der Staat. Es ist nicht zu leugnen, daß die Regierung in neuester Zeit Manches für den öffentlichen Unterricht gethan hat. In Teheran sind zehn Schulen errichtet worden, welche der Jugend «ine bessere Bildung geben können, als es die jämmerlichen Mollahschulen im Stande sind. Es werden dort außer den ge- wöhnlichen Unterrichtsgegenständen unserer 'Mittelschulen noch fremde Sprachen gelehrt, besonders Französisch und Russisch. Eine Schule zur Vorbereitung für den diplomatischen und Consulardienst und eine Ackerbauschule sind die neuesten Er rungenschaften auf wissenschaftlichem Gebiete. Wenn diese Schulen nicht auS Mangel an Bethciligung gleich wieder ein- gehen, so könnten sie viel Nutzen stiften, namentlich wenn man die jungen Leute später auch in dem Fache beschäftigen würde, welches sie stüdirt haben. — Bezeichnend für die Denkweise der Perser ist die Thatsache, daß, wie nach jeder früheren Schah- reise nach Europa, so auch jetzt sich hartnäckig da» Gerücht er- hält, deutsche Instrukteure seien für die Armee ge- Wonnen. Nach den Erfolgen der japanischen und türkischen Waffen zweifelt man keinen Augenblick daran, daß deutsch: Lehrmeister das Wunder vollbringen könnten, da« verwahrloste Persische Heer in «ine modernen Anforderungen entsprechende Truppe zu verwandeln, eine Aufgabe, di« bis jetzt noch keiner der vielen vorhergegangenen Militärmissionen hat gelingen Die Wirren in China. Die Fricdc>.Svcrhandlungkn. Dem „Daily Expreß" wird aus Shanghai vom 8. November berichte:: Li telegraphirt, daß er gänzlich an dem Zu standekommen deS Friedensschlusses verzweifle; es wäre nutzlos, von dem chinesischen Hofe zu erwarten, daß er zur Hinrichtung Nuhsieus ober TungsuhsienS seine Zu stimmung gebe. Da die Mächte andererseits ihre Forderungen nicht mäßigen wollen, treffe der Hof Vorbereitungen für eine weitere Flucht nach Szechwan im Westen deS Re:ches. Eine Armee von 14 000 Manu wurde organisirt, um den Rückzug deS Kaisers zu decken. * London, 9. November (Telegramm.) Ein Telegramm deS Shanghaier Berichterstatters der „Daily News" vom 7. November besagt, er habe amtlich erfahren, daß die chinesische Regierung den Bicekönigen im Aangtse-Thal« in aller Form die Zusicherung gegeben habe, der Taotai von Shanghai wrrde seines Postens nicht enthoben werden. — Die für die Niedermetzelungen io Paotingfu verantwortliche» Beamten sind dort am Montage erschossen worden. — In den chinesischen Blättern heißt es, der kaiserliche Hof habe auS Furcht vor einer Expedition der Verbündrlen nach Singanfu und Tschangtafu chinesische Truppen beordert, um dort einem etwaigen Vor marsche der Verbündeten entgegenzutreten. Tie militärische Action Man kann nicht wissen, wie weit die Streifzüge der fremden Truppen ausgedehnt werden sollen. China zu erobern ist jeden falls nicht beabsichtigt. Als wahrscheinlich ist anzunehmen, daß die innere große Mauer nicht überschritten werden wird. Sic wird auch nicht überall erreicht werden sollen. Die weitesten Puncte, deren Besetzung bis jetzt gemeldet wurde, oder zu deren Besitzung Truppen entsandt worden, sind nach einer Ueberficht oer „Köln. Ztg." im Süden, südwestlich von Paotingfu, die Städte Wau und Tang, letztere 50 Kilometer von Paotingfu entfernt. Dorthin ist eine gemischte Truppenabtheilung unter wegs. Ferner befindet sich eine russische und eine englische Ab teilung zwischen Tientsin und Paotingfu, wahrscheinlich nicht weit südlich der Sümpfe des Tschungtinghö. Im Westen wurde Tsekingwan von der Colonne v. Normann (Deutsche und Engländer) genommen. Der Punct liegt, wie erwähnt, an der großen Mauer. Meldungen von Nachschüben für diese Truppen scheinen zu beweisen, daß die dauernde Besetzung der hier von Peking über Jtschou und die westlichen Kaisergräber führende Straße nach Schansi beabsichtigt ist. Die deutschen Truppen dec Colonne v. Normann haben Marschbefehl nach Peking; von dort sind französische und italienische Abteilungen in der Stärke von gegen 3000 Mann in der Richtung auf die Kaisergräber ab- marschirt. Nördlich von Tsekingwan giebt es nur noch eine bessere Straße über die westlichen Gebirge, den von Peking nord westlich über Tschangping, Nankou, Schangwan und Tsing- lingkian nach Hwailai und Hsiienhwa führenden Weg. Es ist bisher nicht gemeldet worden, an welchem Puncte dieser Straße die Vortruppen der Befatzungsarmce jetzt stehen. Zwischen beiden genannten Straßen führen noch einige kleinere Wege über das Gebirge, deren Besetzung sich im Laufe der Zeit als nötig er geben muß. Für den N o r d e n fehlen Angaben darüber, welche Linie als von den fremden Truppen besetzt zu betrachten ist. Wir haben nur erfahren, daß mehrere Puncte der Straß: Schanhaikwan-Dunping-^Peking von den Verbündeten besetzt sind. Im Osten ist die Küste von der Mandschurei bis Taku für die Verbündeten gesichert. Die Stellungen der Russen in der Man dschurei sind hierbei nicht in Betracht gezogen. — Innerhalb des von den Verbündeten besetzten Gebietes, das kn der Form eines verschobenen Parallelogramms in die Provinz Tschili hinein greift, sind die Boxerbanden noch keineswegs ganz beseitigt, wie der vor Kurzem gemeldete Angriff von 70 Mann auf eine russische Thorwache von Tientsin und der Versuch einer anderen Bande, in Tuliu Pulver zu stehlen, be weisen. Das Vorgehen der verbündeten Truppen hat natur gemäß sowohl den Zweck, die Hauptstellung Peking und seine Verbindungen mit dem Meere zu sichern, um ungestörte Be ratungen der europäischen Vertreter zu ermöglichen, als auch die naheliegenden Boxernester, wo notorisch Verbrechen gegen Fremde und Christen begangen wurden, zu züchtigen, und die als Hauptschuldige Genannten den Kriegsgerichten zu über liefern. An diesen Grundsätzen wird kein billig deutender und für die Zukunft vorsorgender Mensch etwas zu bemängeln haben. EebtctSanncrion RrifflandS in Tientsin k DaS „Reutcr'sche Bureau" batte bekanntlich gemeldet, General Lenewitsch habe durch Vermittelung deS russischen ConsulS in Tientsin den Consuln der übrigen Mächte amtlich mittheilen lassen, daß Rußland das gegenüber der britischen und der deutschen Niederlassung auf der andern Seite deSPeibo liegende Gebiet kraft deS Rechtes der Eroberung annectirt habe. Der Inhalt dieser Meldung steht im Widerspruch nicht bloS mit der bisher von Rußland in der chinesischen Frage beobachteten allgemeinen Haltung, sondern auch mit von ihm abgegebenen ausdrücklichen Erklärungen. Vor kaum drei Wochen veröffentlichte der Generalgouverneur des Amur- gebieteS, General Grodekow, eine Mittheilunz deS Krieg«- Minister«, wonach der Zar zum Zweck der Wiederher- stellung freundschaftlicher Beziehungen mit Cbina an ordnete, den russischen Besitzungen keinen Theil chinesischen Gebiete» einzuverleiben. Bald darauf trat Rußland dem Abkommen bei, worin Deutschland und England die wieder holten Versickerungen der betheiligten Cabinette, die gegen- wärtige Krisi« in Cbina zu keinerlei GebietSerwerbungen benutzen zu wollen, ihrerseits in bindender Weise festlegten. Andererseits hat Rußland im Einklang mit den übrigen Mächten bisher an der Fiction festgehalten, daß e» mit Cbina nicht im Kriegszustände lebe, vielmehr die chinesische Regierung bei der Unterdrückung einer revolutionären Be wegung unterstütze. Russische Gebietsaneignungen in China mit Berufung auf daS Reckt der Eroberung würden dem- »aH eine» völlig«» Frontwechsel Rußland- sowohl den Mächten wie Cbina gegenüber bedeuten. Obwohl ein solcher natürlich im Bereich der Möglichkeit liegt und die obige Meldung deshalb nicht ohne Weiteres als apokryph betrachtet werden kann, so muß sie doch mit Vorsicht ausgenommen werden und bedarf, um als authentisch gelten zu können, zuverlässiger Bestätigung. DaS ist auch schon mit Rücksicht auf die englische der Tendenziosität und da in dem fraglichen Gebiet England speciell interessirt ist, der Entstellung verdächtige Quelle der Fall. Ein Theil der englischen Regierungspresse erblickt in dem angeblichen Vorgehen Rußlands eiue Heraus forderung an die Adresse Großbritanniens. Dem „Berliner Loc.-Anz." wird darüber auS London, 8. November, be richtet: Der „Glvbe" sagt, der Bahnbesitz in dem von Ruß land annectirten Theil von Tientsin gehöre England, die An leihe darauf von 2 300 000 Lstrl. ist von britischen Actionären gezeichnet unter der Garantie der britischen Negierung, daß die Bahn unter keinen Umständen in die Hände einer fremden Macht übergehen solle. Rußlands Action ist daher eine directe Herausforderung au Großbritannien. Der Krieg in Südafrika. Sine Niederlage der Boereu. -p. Wir haben schon in einem Theil der Auflage deS gestrigen Abendblattes daS Telegramm deS „Reuter'schen BureauS", nach welchem bei Bothaville 23 Boeren ge- löbtet und 30 verwundet wurden, mitgetheilt. 100 Boeren gerietben in Gefangenschaft. Die Engländer erbeuteten 7 Geschütze. Die Verluste auf englischer Seite betrugen 3 Ofsiciere und 4 Mann. — Die Nachricht wird durch folgende amtliche Meldung leider bestätigt: * London, 9. November. (Telegramm.) Eine Depesche von Lord Roberts auS Johannesburg vom 8. d. Mts. meldet: Oberst Legallais überraschte die Streitkräfte der Boeren am 5. November südlich von Bothaville und brachte ihnen eine vollständige Niederlage bei. Wir erbeutete» einen Zwölfpsünder, einen Fünfzehnpfünder, vier andere Kanonen und ein Maximgeschiitz mit der gesammten Munition. 100 Boeren wurden gefangen genommen, 25 getödtet, 30 verwundet. Auf britischer Seite wurden drei Ofsiciere, darunter der Oberst Legallais nnd 8 Mann getödtet, sieben Osficiere und 26 Mann verwundet. Präsident Steijn und General De Wet, die sich auf dem Kampfplatze befanden, zogen eiligst ab. Der englische Sieg ist nach dieser Depesche theuer erkauf: Wahrscheinlich hat die officielle durch daS Londoner Kriegs amt gegangene Version nicht unerhebliche Abstriche an den englischen Verlustzahlen vorgenommen. Jedenfalls batten die Streitkräfte deS Obersten Legallais sich außer Alhem ge siegt, daß sie an eine Verfolgung der retinrenden Boeren nicht denken konnten. Immerhin sind die Verluste der Letzteren schwer. * Bloemfontein, 8. November. (Reuter.) Die Boeren über- fielen und besetzten gestern zwölf Meilen von hier zwei Farmen. * Haag» 9. November. (Telegramm.) Die Boeren- mission begiebt sich am Dienstag nach Frankreich, um mit dem Präsidenten Krüger zusammenzutresfen. Eine englische Gcwaltthat gegen russische Untcrthancn in Transvaal. Die „Birshewyja Wjedomosti" veröffentlicht folgende Zu schrift über die Mißhandlung von Russen in Transvaal: Freitag, am 13. Juli, arretirte in Johannesburg ein englischer Officier mit einem Trupp von 200 Sol daten in den Straßen und Häusern alle Leute, die ihnen unter die Hände kamen. Man st eilte an uns keine Fragen, sondern befahl uns nur, mitzugehen. Das geschah in der Nacht und Niemandem wurde gestattet, Kleider oder Wäsche zu wechseln. Nach Verlauf von fünf bis sechs Stunden waren 400 Personen, darunter 39 russische Unterthanen, auf die Johannesburger Festung geschafft und in einer Art von Käfigen, acht.Personen in jedem, eingeschlossen. Keiner wußte, weshalb man ihn in die Gefangenschaft gesetzt hatte. Jeder von uns besaß einen vom Johannesburger Gouverneur ausgestellten Paß, der uns die volle Freiheit garantirte. In drückender Atmo sphäre, hungrig und in völliger Unkenntniß über unser Schicksal, verbrachten wir einen Tag und zwei Nächte. Am Sonntag-Morgen erschien ein englischer Officier in der Festung; er sprach mit uns kein Wort, ließ auch Niemanden von uns in seine Nähe, sondern gab nur den Soldaten, die ihn begleiteten. Befehle. Man brachte uns unter starker Bedeckung zum Bahn hof, wo wir in offene Waggons, die zum Viehtransport dienen, gesteckt wurden. Keiner durfte ein Wort sprechen; auf dem Perron gingen englische Ofsiciere geschäftig hin und her. Der Zug fuhr ab und wir hatten noch keine Ahnung darüber, was unser Schicksal sein wird, und wußten nur eines, daß in Johannesburg die Resultate unserer jahrelangen Mühe und Arbeit dem Zufall preisgegeben waren. Wir kamen auf der Station East London an. Hier wurden wir je nach der Nationalität gesondert. Die Franzosen und Amerikaner wurden, wahrscheinlich auf Ver anlassung der Consuln, freigelassen; wir 33 Russen mußten uns auf eine Bark setzen, die uns zum Dampfer „Hawarden Castle" brachte. Hungrig, gepeinigt und geistig niedergedrückt, waren wir kaum im Stande, uns zu bewegen, weshalb englische Soldaten uns in Körbe setzten, in welchen wir mittels Windemaschinen auf das Schisfsdeck her aufgewunden wurden. — Erst aus der offenen See erfuhren wir, daß man uns nach Blissingen bringt. Wir beschlossen, vom Schiff nicht ans Land zu gehen bevor man erklärt hatte, weshalb wir arretirt und au» Transvaal entfernt wurden. Als wir in Blissingen eintrafen, befahl der Capitän uns, das Schiff zu verlassen, und bot Jedem von unrein SratiSfahrbillet nach der Hrimath und ein Pfund Sterling an. Wir Alle schlugen daS
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