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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010902014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901090201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901090201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-02
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Montag den 2. September 1901. Anzeigen'Preis * die -gespaltene Petitzeile L5 Neelamen unter dem Redacrtou»strtq (4 gespülte») 7S vor den Familtennach» richten (Sgespalten) SO H. Tabellarischer und Ztfferusatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteaannahme SS H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), uur mit der Morgeu-Au-aab«, oha« Postbefärderung ^l SO.—, mit Postbesärderuag 70.—. Lunahmeschluß für Anzeigen: Abrud-LnSgab«: vormittag- 10 llhr. Morg«»-Au»gab«: Nachmittag« 4 Uhr. vet de» Filialen »ad Annahmestellen je ein;, halb« Stund« fmher. Anzeigen stud stet» -» di« Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» aumrterbrochea geäsfnet vou früh 3 bi» Abend» 7 Uhr. Druck uud lSerlag vou E. Polz tu Leipzig SS. Jahrgang. Am SedanLage! E» fliegt der Geist in alte Zeit Zurück in dieses Festes Stunden, Noch einmal wird die Herrlichkeit Der großen Lage frisch empfunden. Noch einmal tritt das Hrldenthum Bor un», geführt von Gottes Gnaden, Und wieder in der Väter Ruhm Soll unsre Seele jung sich baden. Bethesda» Fluthen thun sich auf, Die jedem Kranken Labe schenken, Wmn wir in Dieser Lage Lauf Der alten Sonnenzeit gedenken. Wie groß, mein Volk, warst damals du Wie stark in Stürmen und Gefahren; Ja, die Erinn'rung ruft uns zu: .Seid Männer, Vie'» die Väter waren!* Mit klarem Blick, mit freiem Muth, Go haben sie dereinst gestritten, Und Ämpfend für ein heilig Gut Den stolzen Opfertod erlitten. Der Lorbeer schoß auS ihrer Saat Und ward der Treue Geist zum Lohne; Ja, ManneSzucht und ManneSthat Errang sich kühn die SiegeSkronel Vergessen war der alte Zwist, Verweht im Lenz der Hauch der Grüfte, Der Eintracht Banner aufgehißt, E» rauschte jubelnd durch dir Lüfte. Da sah man ob den deutschen Gau'n Den Aar den Flug zur Sonne wagen; Ein ManneSherz voll Gottvertrau'n Mrd selbst im Sturme muthig schlagen! Und klagt ihr jetzt ob unsrer Zeit, Und wollt in Kleinmuth fast verzagen. Schaut auf die alte Herrlichkeit, Und waS die Väter einst ertragen! Der Mann erprobt sich nicht im Glück, Kraft muß im Sturm sich offenbaren; Denkt an die Heldenzeit zurück, Seid Männer, wie'» die Väter waren! Hermann Pilz. Fel-zeugmeister v. Lenedek und seine neueste Seurlheilung. V. L. Der neueste Beitrag vr. Friedjung's zur Biographie des Feldzeugmeisters v. Benedek*), vermag zwar das Urtheil, welches die fachmännische Kritik an der Donau wie an der Spree über die Thätigkeit des Obercommandanten der Nord armee im Feldzug« von 1866 gefällt hat, in seinen Grundzügen nicht zu altrriren; allein er bietet sehr interessante Aufschlüsse, die in einzelnen Punkten die Beurtheilung des Feldzeugmcisters nicht unerheblich modificiren und mildern. Bei der Besprechung der genannten Schrift werden jedoch Angriffe gegen den der Mitwelt nicht mehr angehörigen, unglück lichen Heerführer laut, di« bei aller Berechtigung der Verur- thcilung seiner Gesammtheerführung in Anbetracht der neuen Aufschlüsse der Friedjung'schen Schrift als unverdient gelten müssen, die aber durch die sie begleitenden sympatischen Aeuße- rungen für das tragische Geschick des Commandanten der Nord armee von 1866 nichts an Schärfe einbüßen. Sie er scheinen überdies in einem Zeitpunkte mindestens inopportun, wo bei unseren österreichischen Verbündeten sich infolge des Fried jung'schen Werkes in weiten, wenn auch nicht den höheren Fach kreisen «in Umschwung in manchen Punkten der Beurtheilung zu Gunsten des Besiegten von Königgrätz zu vollziehen beginnt, da das Geschichtswerk Friedjung's ihn in einiger Hinsicht entlastet. Diese Entlastung vermag selbstverständlich die schweren Fehler der Heerführung Benedek's, sowie seines Generalstabschefs, General Henikstein's, und des Chefs der Operationskanzlei, General Krismanic's nicht aus der Welt zu schaffen, und be absichtigt sie dies, oder etwa den Feldzeugmeister zu einem Feldherrngenie stempeln zu wollen, ebenso wenig wie wir. Das Friedjung'sche Werk hebt im Gegentheil hervor, daß Benedek offen die eigene Unzulänglichkeit, sowie auch die seines Heeres erkannt und bekannt habe. Allein ihm daraus einen Vorwurf machen zu wollen, wie das von anderer Seite geschieht, daß er, trotz dieser seiner Einsicht, das Kommando der Nordarmee übernahm, indem er sich, wie überdies zugegeben wird, „nur den gemessenen Befehlen seines Kriegsherrn fügte", und daß darin seine tragische, nicht unverdiente Schuld liege, haken wir für ungerechtfertigt. Die Stimmung und das Urtheil der Armee, sowie des Kaisers, der hohen Militärs und der Nation be zeichnete den bisher von Erfolg zu Erfolg geschrittenen Feld zeugmeister allgemein als den prädestinirten Führer der Nord armee, mit einem Worte als neben Erzherzog Albrecht den ersten Heerführer Oesterreichs. Der siegreiche Truppenführer von Mortara, Novara, Szöreg, Gdöw, Curtatone, Raab, Szegedin und noch im Krieg« von 69 als Befehlshaber des rechten öster reichischen Heerflügels bei Solferino über die italienische Armee bei San Martino war jedoch bescheiden genug, die Unzulänglich keit seiner Gaben und Vorbildung für die Führung einer großen Armee nicht nur selbst zu erkennen, sondern auch offen einzu *) Benedek's nachgelassene Papiere, bei Grllbel L Sommer latte, Leipzig. gestehen und das ihm vom Kaiser Franz Josef übertragen« Com- mando der Nordarmee anfänglich abzulehnen, dagegen hielt er sich der Aufgabe der Führung der Südarmee auf dem ihm sehr gut bekannten Kriegsschauplatz und dem ihm ebenso bekannten minderwerthigen Gegner gegenüber, für gewachsen. Allein der bestimmte Befehl seines Kriegsherrn rief rhn, ungeachtet seiner Weigerung, an die Spitze der Nordarmee, und er folgte als gehorsamer, treuer Diener seines Kaisers diesem Befehl. Wer aber hätte, wenn er, 'wie Einige für geboten hielten, bei seiner Weigerung verblieb^ an seine Stelle treten, ihn als tüchtigeren und überlegeneren General ersetzen sollen? Sowohl nach hervorragenden Leistungen im Kriege, wie auch, was ins Gewicht fiel, nach Anciennetät, war kein anderer öster reichischer General vorhanden, der, namentlich auch was das hochwichtig« Vertrauen der Arme« zu ihm betraf, Benedek zu er setzen vermochte. Weder Gablenz noch Ramming, noch Festelicz und Thun, noch Maroicic und die Uebrigen schienen dazu ge eignet, und der Chef des GeneralstabrS des Erzherzogs Albrecht, Generalmajor Baron John, Generalmajor Kuhn und Andere waren durch ihre Anciennetät davon ausgeschlossen. Das Haupt der habsburgischen Monarchie, Kaiser Franz Josef aber konnte offenbar, nachdem er selbst bereits 1859 als Heerführer eine der schönsten Provinzen seines Reiches, die Lombardei und Venetien, eingebüßt hatte, nicht abermals sich selbst oder «in hervorragendes Mitglied des Kaiserhauses, daS überdies damals noch nicht in dem Umfange in der Truppenführung bewährt und renommirt war wie Benedek, in die Lage versetzen, eventuell eine den Krieg entscheidende Niederlage gegen den gefährlichsten der beiden Gegmr zu erleiden. Erzherzog Albrecht wurde daher wohl aus diesen Gründen nach Italien auf den Kriegsschauplatz gesandt, wo Oest-rreichs Waffen unter Radetzky 1848—49 und, wie er wähnt, 1859 unter Benedek bei San Martino siegreich gegen die Italiener gewesen waren, und wo sich ihm zugleich die vortreff liche Stütze des Quadrilatero für die Operationen bot. Dem Feldzeugmeister, der, wie erwähnt, auf groß« mili tärische Erfolge zurllckzublicken vermochte, blieb daher unseres Erachtens nichts Anderes übrig, wie dem Befehle seines kaiser lichen Herrn zu gehorchen, da kein« andere geeignete Kraft ihn ^u ersetzen vermochte. Hätte er in einer so kritischen Lag« dem Vaterlande seinen Arm nicht geliehen, so hätte er dasselbe im Stich gelassen, und die Armee und die Kriegsgeschichte würden ihn deshalb verurtheilt haben. Hätte er jedoch statt seiner einen geeigneten Führer der Nordarmee dem Kaiser vorzuschlagen ge habt, so würde er dies unter den obwaltenden kritischen Um ständen wohl zweifellos gethan haben. Di« neuesten Angreifer Benedek's gaben selbst zu, daß er für die von ihm nicht gesucht« Stellung förmlich gepreßt worden war. Eine Weigerung aber hätte vielleicht den Kaiser Franz Jofef in die Lage versetzt, den Oberbefehl der Nordarmee selbst zu übernehmen, damit jedoch in dem damals erst 36jährigen, im italienischen Feldzuge vom Un glück und den Folgen von Fehlern verfolgten Monarchen jeden falls Wohl keine Benedek überlegen« und damals wohl nicht einmal gewachsene Führerkraft an seine Stell« gebracht, für di« eine persönlich erlittene, für den AuSgang d«S Krieges ent scheidende Niederlage von noch weit ernsteren Folgen und nament lich weit größerer politischer Tragweite werden mußte, wie eine solche des dem Herrscherhaus« nicht angehörenden Generals. Den Typus eines „Landsknechts", wie dies von einigen Seiten ge schieht, können wir daher infolge jener Nichtweigerung in Benedek nicht erblicken, sondern nur den eines gehorsamen, pflichttreuen Generals, der, als sein Kaiser befahl, vor di« Bresche trat, ob gleich er, seine Ungeeignetheit erkennend und Unheil ahnend, den ihm übertragenen Oberbefehl abgrlehnt hatte. Daß er jedoch dabei als letzte Hoffnung die auf sein altes Soldatenglück hegte,' kann ihm gewiß Niemand verdenken. Als General 'Goeben in der Schlacht von Gravelotte vom Führer der ersten Armee, General Steinmetz, den Befehl erhielt, mit seinem Armeecorps die formidable Stellung von Gravelotte, die schon sehr große Opfer erfordert hatte, auf dem Weg« über St. Hubert anzu greifen, remonstrirt« er, das Unmögliche deS Gelingens ein sehend, gehorchte jedoch schließlich auf den wiederholten, be stimmten Befehl des an seinen militärisches Gehorsam appelliren- den Armeecommandanten mit den Worten: „Nun, so werde ich denn auf diesem thörichten Wege vorgehen." Man könnt« darauf Hinweisen, daß dies angesichts der Feinde geschah, und daß deshalb «ine Verweigerung des Gehorsams für Goeben unmöglich war. Allein die politisch-militärische Ge- sammisituation der von der starken numerischen Ueberlegenheit zwei Gegner bedrohten österreichischen Monarchie war 1866 für daS Geschick des Kaiserstaates weit kritischer, wie der befohlene, tollkühne Angriff eines einzelnen Armeekorps in einer bis dahin erfolgreichen Schlacht, und Feldzeugmeister Benedek konnte auch in Anbetracht ihrer, unseres Dafürhaltens, seinem Kaiser den Gehorsam nicht verweigern. Daß strategische Chancen für den Sieg der österreichischen Nordarmee infolge der durch die Verhältnisse gebotenen Trennung der preußischen Streitkräfte vorhanden waren, hat die militärische Kritik in beiden Heeren überzeugend nachgewiesen, und den Feldzeugmeister und seinen Stabschef trifft der schwere Vorwurf, sie nicht ausgenutzt zu haben, indem er sich nicht mit weit stärkeren Kräften, wie dies geschah, auf die debouchirende Armee deS Kronprinzen warf, als dies noch möglich war, und weil er in einer verhängniß- vollen Phase des Feldzugs zwischen Offensive und Defensive schwankte und selbst die Offensive gegen die Jser zu spät er- griff. Wenn jedoch dem Heimgegangenen Feldherrn aus seiner im jugendlichen Thatendrange seine» heißblütigen nationalen Naturells mehr wie schwunghaft gehaltenen Motivirung seines Gesuchs um den Theresien-Ordrn nach dem Gefechte von Gdöw und auS der Zurückweisung des Diploms des Leopold-Ordens ein Vorwurf gemacht wird, so scheint dies auf ein« Einseitigkeit specifisch norddeutscher Beurtheilung dieser Vorgänge hinzu weisen, der für die Bemessung fremder Heeresgepflogenheitcn, Temperamente und Naturells der richtige Maßstab fehlt. Da schon in dieser Hinsicht an ein bekanntes Goethe'sches Wort er innert werden darf, und da das Temperament des ungarischen General» ein andere» wie dasjenige Moltke's war, so darf dieser Vorgang und daS überaus entwickelte Selbstgefühl Benedek's unseres Dafürhaltens um so weniger Anlaß zum scharfen Tadel über den FrldMgmeister bilden, als derselbe andererseits die Grenzen seiner Fähigkeiten sehr wohl kannte und auch offen be- Feuilleton. Der kürzeste Weg. Manöver-HumoreSke von Teo von Lorn. Nachdruck verboten. Wenn zwei Stämme der alten Deutschen miteinander Krieg führten, so schmückten sie sich mit Eichenlaub und gingen unter furchtbarem Gebrüll aufeinander los. War die Schlacht ge schlagen, so vertrugen sie sich wieder, tranken ungezählte Büffel hörner Meth, und wenn der Besiegte Glück hatte, so knobelte er dem Sieger die ganze Beute wieder ab. Befremdlicher Weise sind unsere Kriegshistoriker noch nicht darauf gekommen, in diesen Stammeskämpsen unserer Alt vordern die Uranfänge dessen zu sehen, wa» wir heute mit dem kerndeutschen Wort Manöver bezeichnen. Und das liegt doch so nahe. Bei dem stark ausgeprägten Nationalgefühl der blonden Recken ist e» ihnen mit den Kämpfen untereinander sicherlich rbenfo wenig ernst gewesen, wie heute der vierten Division mit oer Vernichtung der zweiten. WaS damals daS Eichenlaub war, daS find heute die weißen Helmkappen — und au» dem furchtbaren Gebrüll ist das mehr artikulirte Hurrah geworden. Nach der Schlacht verträgt man sich heute wie da mal», und zwischen Meth und Pilsener Bier bestehen doch eigentlich nur ganz unwesentliche brautechnische Unterschiede. Leutnant von Schremp brach seine Parallelen, an denen er sich und seinen Kameraden Bernstorfs auf der staubigen Land» siraß« zu begeistern versuchte, ab und machte einen kleinen Geitensprung. Waldemar von Bernstorfs hatte nämlich sein Schwert, wrlche» die müden Pendelbewegungen seiner Rechten ebenso müde mitmachte, plötzlich gezückt. „Pilsener —!" knirschte er dabei. „Herr, jetzt sagen Sie noch Spickaal — und Sie sind eine Leiche!" „Ja, lieber Freund", erwiderte Herr von Schremp trocken, Indem er einen Blick auf seinen in einer dichten Staubwolke »arschirenden Zug warf und sich dann wieder näherte, „wenn Ihre au»schweifende Phantasie Ihnen gleich wirkliches echte- Pilsener vorzaubert, dafür kann ich doch nichts. Ich wage ja kaum, mir ein Helles vorzustellen oder Soda mit Whisky »der —" „Nachbar, Euer Fläschchen!" „Nicht», vieledler KriegSgenoß kein Tropfen im Becher »ehr! Nicht so viel, um eine Mücke darin zu ersäufen, ge- schveige denn, zwei deutfche Dürste zu stillen, wie die unsrigen. Aber warten Sie, gleich kommt eine Abwechselung. Drüben am Waldrand« ist schon dir Mühle, welche wir mit Elan zu besetzen haben. Dort werden wir unfern Herrn Major begrüßen — und da» ist ganz gewiß eine Erfrischung." „Nlle Detter — wir sind faktisch so weit!' rief Leutnant Von Bernstorfs, indem er mit^ einem Schlage Durst und Müdig- Nit vergaß und durch seinen Krimstecher nach der Mühle hin- Iberschaute. Gleich daraus fuchtelte er mit seinem Schlacht- schwert« in der Lust und gab da» Eommando Halt! Leutnant von Schremp schloß sich mit seinem Zug« d«m H«rrn vor- Ah», an. Aufathmend standen die Leute mit Gewehr bei Fuß und suchten von dem spärlichen Schatten der Kastanienbäumchen zu profrtiren, welche die im Sonnenbrand weißleuchtende Chaussee flankirten. Wenn der Mensch vom Staube ist, so waren die Krieger wie neugeboren. Einige versuchten, ihre verklebten Augen und Nasenflügel wieder betriebsfähig zu machen, aber Leutnant von Schremp redete ihnen väterlich ab: „Erstens hat es keinen Zweck, Kinder, denn es backt doch gleich wieder Alle- zu, und außerdem —, dann seht Ihr nichts, dann riecht Ihr nicht», dann merkt Ihr nichts davon!" Alsdann traten die beiden Heerführer am Chausseegraben zu einer Berathung zusammen. „Wissen Sie, Schremp", bemerkte Bernstorfs nachdenklich, „daS ist eine ganz verfluchte Geschichte. Der Befehl lautet, sobald die Mühle gesichtet ist, dieselbe auf dem denkbar kürzesten Wege zu erreichen. Andererseits aber sollen wir auch keinen Flurschaden machen, und längs der ganzen Luftlinie, soweit man überhaupt sehen kann, wächst Raps —" „Oder Lupinen —" - „Nee, Raps — das sieht man doch!" „Schön, bleiben Sie bei Ihrem Raps. Was die Frage betrifft, wie wir da hiniiberkommen, so liegt die Sache meines Erachtens sehr einfach. Wir können das nämlich machen, wie wir wollen — auf alle Fälle machen wirs falsch. -Aber damit wenigstens Einer 'ne Chance hat, wollen wir uns trennen. Entweder suchen Sie den nächsten Feldweg und ich gehe durch die Lupinen —" „Raps! Zum Donnerwetter —" „Oder Sie gehen durch Ihren Raps, und ich mache den Um weg. Was wollen Sie nun?" »Ich ziehe es vor, dem Specialbefehl entsprechend den kürzesten Weg zu nehmen." „Lcm, also werde ich der Generalordre folgen und keinen Flurschaden machen. Aber waS Du thun willst, da» thue bald. Wenn die Leute drüben merken, daß wir uns hier häuslich niederlaflen, dann kriegen wir noch extra 'was reingewürgt. — Stiiiiillaestanden! DaS Gewehrrrrr üb'r. Ohne Tritt maa—rsch!" Leutnant von Schremp senkte in flottem Gruß den Degen und setzte sich an die Spitze seiner Heerschaaren. Während sein Zug alsbald in dem aufwirbelnden Staub« der Landstraße verschwand, zog Herr von Bernstorfs mit seinen wie Störche im Salat einherstelzenden Mannen quer über da» bestellte Feld. Major von Reinrodt war in der denkbar schlechtesten Laune. ES war die Laune eines ManneS, der seine glänzendsten Com binationen durch die Unzulänglichkeit subalterner Organe ge fährdet fleht. Wie Wellington bei Waterloo nach den Preußen auSschaute, so harrte er der Besatzungstruppen, die er nach der Mühle beordert. Er hatte erfahren, daß dieselbe vom Feinde besetzt werden sollte — wenn er ihm mit einer genügenden Macht zuvorkam, so war das eine glänzende Waffenthät, die manche» au»aleichen konnte, waS seine hohen und höchsten Vor gesetzten im Verlaufe diese» Manöver» schon „seeehr befremdlich gesunden hatten. Kamen die Truppen aber nicht rechtzeitig, so konnte r» ihm vassirrn, daß er vom Feinde gefangen ge nommen und damit in jenen bekannten Wurstkessel spedirt wurde, Ar di« Form eine» Lylinderhute» hat. Endlich! — Der Herr Major kochte vor Wuth und flehte bereits alle Strafen der Hölle auf das Haupt der Säumigen, als der Ersatz anrücktc — und zwar von drei Seiten zugleich. Soweit das seine Corpulenz gestattete, hastete der Major wie der Wind von seinem Auslug auf dem Boden der Mühle hin unter und hauchte den Führer der alsbald einmarschirenden ersten Colonne an. „Herr Hauptmann Keßler! Herr Hauptmann Keßler!! Ist das der kürzeste Weg!?" „Zu Befehl, Herr Major", erwiderte der zum Umfallen er schöpfte Häuptling, indem er salutirend den Degen senkte. „Der kürzeste Weg führte durch den Wald — leider sind wir durch Niederholz etwas aufgehalten worden, aber ich glaube doch, daß " „Was Sie glauben, Herr Hauptmann Keßler, das geht mich hier gar nichts an! Ihr Glaube mag Sie selig machen, mich nicht, Herr Hauptmann Keßler! Wenn Sie meinen, den kür zesten Weg gewählt zu haben, so müssen Sie unterwegs mit Ihren Leuten Heidelbeeren gesucht haben — anders kann ich mir die Bummelei nicht erklären! — Und wo kommen Sie her, Herr Oberleutnant Graf Bassingen!?' wandte er sich schnaubend an den Führer der eben einrückenden zweiten Colonne. „Zu Befehl, Herr Major — vom Standquartier zu Klein- Muchnow. Der kürzeste Weg führte meines Erachtens zwischen Wald und Chaussee am Ufer des Flusse- entlang, der die Mühle treibt." „Natürlich, Herr Graf!" höhnte der Major mit schier über schnappender Stimme. „Wo werden Sie diesen Weg nicht für den kürzesten halten! Der behaglichste ist er jedenfalls! Wie wandelt sich's herrlich am blumigen Ufer —! Vielleicht auch noch ein erfrischendes Bad genommen, Herr Graf, nicht wahr? Während ich hier auf'm Proppen sitze und laure! Na, ich kann Sie versichern aber was ist denn das!!? Heiliges Himmeldonnerwetter noch einmal! Herr Leutnant von Bern storff — reitet Sie der Deiwel!! Wie kommen Sie in den Buchweizen!?" Der kleine Bernstorff krähte mit der Stimme eine» kranken Hahne» ein heiseres Halt und riß dann seine morschen Knochen vor dem Gestrengen zusammen. Die Schuppenkette umrahmte ein Gesicht, da- kaum noch etwa» Europäische» hatte. Nament lich der Schnurrbart und die Partie um die Nase herum waren so schwarz eingepudert, daß e» ordentlich stäubte, al» er erwiderte: „Zu Befehl, Herr Major — ich habe den kürzesten Weg gewählt, sozusagen die Luftlinie, diese führte allerding» durch den Rap-, aber " Zwei Momente waren e», welche den Eifer de» Major» von Reinrodt nun zur Siedehitze entfachten. Einmal, daß ein Frechdachs von Leutnant e» wagte, etwa« al» Rap» zu be zeichnen, was er selbst für Buchweizen ansah, und dann be merkte er, daß von der vierten Seite der Windrose her eine Calvalcade hrransprengte, an deren Spitze er keinen Geringeren, als den Brigadegeneral erkannte. Da» erforderte seine ganze Schneid. Zweimal japste er auf wie ein auf den Sand ge- letzter Karpfen, und dann stäubte er den kleinen Bernstorfs ab, daß diesem zum Sehen und Riechen auch noch da» Hören ver ging. Je näher die Calvalcade kam, desto wilder wurde er. „Sie glauben mir dadurch zu imponiren, Herr Leutnant von Bernstorfs, daß Gir wie «kn ma»kirter PrscherSH au»srh«nt Mit Nichten, Herr Leutnant von Bernstorff, das imponirt mir gar nicht! Verstehen Sie — gar nicht!! Einsudeln kann sich Jeder! Mit Verstand eine Truppe führen, das ist schon eher ein Kunststück! Aber was kann man von einem Officier ver langen, der nicht einmal Buchweizen von Raps unterscheiden kann, der mit seinen Leuten über ein bestelltes Feld hüpft und dann behauptet, da» sei der kürzeste Weg. Sie sind natürlich haftbar für jeden Schaden — und alles Sonstige wird sich später finden! Jetzt sagen Sie mir noch das Eine: Wo haben Sir den Leutnant von Schremp gelassen?!' „Das kann ich Ihnen sagen, Herr Major von Reinrodt!" rief der General in seinem wie eine Posaune des jüngsten Ge richts gefürchteten Baß. Er hatte die letzten Sätze der weithin schallenden Philippika de» Majors gehört und parirte nun seinen Gaul dicht vor dem wetternden Bataillonscommandeur. Dieser hatte das Gefühl, seine Sache sehr gut gemacht zu haben. Auf dem Pflaster deS Mühlenhofes festwurzelnd, hob er tief- athmend das runde, rothe Gesicht mit den hervorstehendcn blauen Plötzaugen erwartungs- und vertrauensvoll zum Brigadier. „Vorerst, mein lieber Herr Major —", sagte der General mit seiner mörderischsten Freundlichkeit, „möchte ich mir die Bemerkung gestatten, daß das, was hier herum wächst, nicht Buchweizen, sondern Seradella ist — Ornitdopus sstivus, au» der Gattung de» Vogelfuß oder Krallenklee, ein Futter kraut, da» in sandigen Gegenden viel gebaut wird und als Vor frucht für Hafer sich vorzüglich bewährt. Ich freue mich, Herr Major, Ihre landwirthschaftlichen Kenntnisse nach der Richtung hin erweitern zu können — vielleicht werden Sie das noch 'mal brauchen. Man kann nicht wissen. Was Herrn Leutnant von Schremp betrifft, so bin ich ihm auf der Suche nach Ihnen unterwegs begegnet und erfuhr, daß ich das Vergnügen haben würde, Sie hier zu finden. Da es aber nicht gut angeht, daß die ganze erste Compagnie Ihres Bataillons sich hier auf Sommerfrische befindet, so habe ich den Herrn Leutnant be ordert, die richtige Mühle zu besetzen, welche etwa andert ¬ halb Kilometer westlich von hier liegt. So, Herr Major, — das wollte ich Ihnen nur bestellen, damit Sie nicht in Sorge sind. Im Uebrigen lassen Sie sich nicht stören, amllsiren Sie sich gut. Und wenn Sie es für angezeigt halten, von hier ab- zurücken, dann reiten Sie — auf dem kürzesten Wege, wenn ich bitten darf — nach Hause und empfehlen Sie mich Frau Ge mahlin unbekannter Weise. Mahlzeit!" , * , Als die Ofsiciere der ersten Compagnie am Abend diese» denkwürdigen Schlachttage» vor dem Hotel des nächstaelegenen Krei»stiidtchen» saßen, knuffte Leutnant von Bernstorff seinen Freund und Kriegsaefährten Schremp in die Rippen und sagte: „Mensch, Sie haben mehr Glück wie Ferdinand. Wie haben Sie e» blos angestellt, dem General in die Arme zu laufen?" „Lieber Freund", erwiderte Leutnant von Schremp, indem er sein mit einer wundervollen Mühe behaftete» GlaS Pilsener erhob, „merken Sie sich für alle Zeiten da» Folgende: Der kürzeste Weg ist immer der — andere; nie der, den man denkt. Prost!"
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