Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001112019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900111201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900111201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-11
- Tag1900-11-12
- Monat1900-11
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis fn der Hauptexp«dttton oder den im Gtadb bezirk und den Vororten errichteten Aus- gavestellen 'bgrholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hous5.50. Durch dir Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rügland, den Donaustaatrn, der Europäischen Türkei, Egnpten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expeoition dieses Blatte» möglich. Die Moraen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Uedarlion und Expedition; JohanniSgasse 8. Filialen: Alfred Sahn vorn,. O. Klemm'» Sortim. Umversitätsstraße S (Paulinum), LouiS Lösche, Katharinenstr. 14, part. und König-Platz 7. 578. Morgen-Ausgabe. U ttpngcr T agMatt Anzeiger. Ämlsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Natyes und Volizei-Nmtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis Ne ögespaltene Petitzeile SS H. ' Neelamen unter dem RedarNonsstrich (4gespalten) 75 vor den FamilienneU^ richten (S gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen »ad Offertrnaanahm» 85 H (excl. Porto). Extra-Veilagea (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbefördernng 80.—, mit Postbesördernn- 70.—. Iinnahmeschluß für ^«zei-eu: Abend-Ausgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen nnd Annahmestellen je eine halb« Stund« früher. Anzeigen sind stet» au di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» uauaterbrvche» geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 12. November 1900. 94. Jahrgang. Zur Entwickelung der sächsischen Finanzen. IV. Mit der Zeit der Johann George fängt die finanzielle Be- drängniß SachsenS an, die sich unter den polnischen Königen zu einer Noth steigerte. Schon unter Christian II. und seiner kostspieligen Bormundschaft wurden die von Vater August hinter lassenen Schätze angegriffen und so ziemlich verbraucht, und die Kammer machte eine Menge Schulden, die der Landtag durch Bewilligung neuer Steuern oder Erhöhung alter tilgen mutzte. Bekanntlich bestand seit 1537 die unter Georg dem Bärtigen eingeführte Schocksteuer. Das war eine Steuer, ursprünglich als Beihilfe zum Bau der Mauern von sechs Städten bestimmt, die auf dem Vermögen lastete, und zwar nicht nur auf dem Grundbesitz, sondern auch auf der Baarschaft. Das Vermögen wurde nach Schockgroschen geschätzt, und danach die Steuer in Pfennigen (Pfennigsteuer) eingehoben. So lange die Währung gleich blieb, läßt sich die procentuale Steigerung leicht verfolgen, als aber die Münzverschlechterung eintrat, als Kipper und Wipper ihr Wesen trieben, als ferner die Silberausbeute zunahm, Gold eingeführt wurde, die Industrie und das Gewerbe zu nahmen und die Groschen selbst in der Einteilung der Pfennige wechselten, da verlor auch die Schocksteuer ihren vergleichenden Charakter, und die Steigerungen, die eintraten, müssen immer mit Rücksicht hierauf betrachtet werden. Sie sind daher nicht ganz so schlimm, wie die Zahl der erhobenen Pfennige darthut, freilich hoch genug, um das Land an den Rand des Abgrundes zu bringen. Von 1550 ab wird die Schockstcuer auch Landsteuer genannt. Die Reform August's war nicht durchgreifend ge wesen, und die Johann George waren aus anderem Holz ge schnitzt, als ihr grosser Vorfahre. Die ganze staatliche Finanz verwaltung blieb ein Zwitterding. Auf der einen Seite war die Kammer, deren Verwaltung ganz vom Kurfürsten abhing, und die für Land- und Hofbedürfnisse gleichzeitig sorgen mußte, auf der anderen Seite war die Steuer, mit dem Steuercollegium, die von der Landschaft bewilligt und zur Tilgung der Schulden der Kammer benutzt wurde. Es wurde die Steuer sonach nicht direct zur Befriedigung der staatlichen Erfordernisse erhoben, sondern zwischen die Abgaben und den Verbrauch drängte sich eine Verwaltung, die nach Willkür vertheilte, und wobei dir Verwalter gewöhnlich nicht schlecht wegkamen. An den Fingern der Finanz beamten aus jener Zeit, Ende des 16. bis Mitte des 17. Jahr hunderts, blieb mancher Gulden kleben, und manche Familie be reicherte sich auf Kosten der armen, ausgesogenen Bewohner des Landes. Die Hof- und Staatsbedürfnisse wuchsen ins Unendliche. Um 1600 schlug man das Einkommen aus den Aemtern, also das Staats- oder Kammereinkommen, auf 250 000 Gulden an, 1612 überreichte man dem Landtage ein Verzeichnih der Kammer schulden, das die Mitglieder völlig bestürzt machte, und der Re gierung Christian's, der 1611 starb, ein schlimmes Zeugniß auS- stellte; aber schon 1622 wurden die auf Johann Georg I. ge setzten Hoffnungen zu Nichte gemacht, denn ein Verzeichnis; der Kammerschulden von diesem Jahre ergab 3 300 000 Gulden, und sechs Jahre später betrugen diese Schulden 7 100 000 Gulden. Johann Georg erklärte diese Schuldenlast mit der großen Auf wendung für das Heer, für die Tagfahrten, die Convente und die Gehalte, die von 1611 biS 1629 von 123 000 Gulden auf 180 000 Gulden gestiegen waren. Daß er für sich für eine Million Gulden Güter, Kammergüter, gekauft hatte, verschwieg er. Der Landtag freilich wußte darum, und zog den kurfürstlichen Revers von 1601 an, wonach der Kurfürst ausdrücklich versprochen hatte, eigenmächtige Erwerbungen zu unterlassen. Aber 1628 war nicht mehr 1601. DaS Beispiel der französischen Könige fand Nach ahmung, und als die Landstände sich mit der Vorlegung des Verzinsungsstandes der Kammerschulden nicht mehr begnügten, sondern wissen wollten, „wodurch diese so große und zuvor in diesen Landen ganz unerhörte Schuldenlast eigentlich entstanden Fettilleton. Aus dem Leben eines Journalisten. i. Ende der sechziger Jahre sah die Südwestecke unseres Markt platzes ganz anders als heut« aus. Damals existirte das alte Thomasgäßchen noch, und das Eckhaus, in dem sich seit un denklichen Zeiten «ine Wachstuchhanvlung befand, war noch nicht dom Bismarckhaus abgelöst, dar Steckner'sche Haus hatte ein anderes Gesicht, und dort, wo sich jetzt da» stolze Gebäude des „Cafe national" erhebt, stand rin kleine» alterthümliches Haus, dessen erste» Stockwerk übrrhing und dessen Balkrnconstruction man in ihrer Baufälligkeit bewundern konnte. In diesem Haus« war eine kleine winklige Treppe mit ausgetretenen Stufen, sie führte in niedrige Räume, die an den Fenstern noch Tritte hatten, um bequemer das Leben und Treiben auf dem Markte beobachten zu können. Trat man in die Stuben des ersten Stockwerkes em, so zog einem ein wunderbarer Duft in die Nase, Kaffee und Tabak vereinigten ihre lieblichen Gifte und versetzten uns In die anheimelnde Atmosphäre des alten „Cafö national". Um Mittag war hier eine Art Nachbörse und um di« vierte Stunde erschienen die Schachspieler und Zeitunglleser und «in Gewirr von allerhand Sprachen erfüllte dann den Raum, denn eigentlich war da» Taf6 national rin Caf6 inter national. Die studirendcn Au»lclnder gaben sich hier ein Stell- dichein und zwischen die slawischen und ungarischen Laute mischte sich di« zart« höfliche Sprache der Franzosen. Hier, auf einem kleinen Tischchen, hab« ich zum ersten Male eine Zeitung gesehen, die dir ganz« Welt in Athem hielt, die gesucht und be gehrt von Hand zu Hand wanderte und deren Artikel gewöhn lich mit dem Ausrufe de« Entzücken» halblaut gelesen wurden. Dtts« Zeitschrift war ein klein«», ziegelrothe» Heftchen und kam au» Brüssel, sie hieß „1^ lauterns" und ihr Titelblatt bekam dadurch etwa» Pikante», datz Ihre Buchstaben I, und X durch einen herabhängrnden Ttrtck verbunden waren. Außerdem war di« Zeitschrift noch dadurch bemerken»nxrth, daß ihr Umschlag abfärbte und jeder Leser von ihrer Lectüre rotbe Fingerspitzen bekam, eine Färbung die sich auch auf sein politischer Slauben»- bikenntnttz bezog. Damal» sprach alle Welt von der „I-nn- sei", erklärte Johann Georg am 28. Februar 1628 ausdrücklich, daß er sich zur Rechnungslegung an die Landschaft nicht für ver pflichtet halte, vielmehr „gehe ihr Suchen ihrer kurfürstlichen Durchlaucht etwas nahe und wolle dem schuldigen Respect zu widerlaufen". Das war eine seh: ungnädige Nase. Schließlich blieb nicht Anderes übrig, als neue Summen zu bewilligen. Die Schocksteuer betrug von 1600 4 H, 1601 6 H, 1605 8 H, 1612 12 H, 1622 18 H, 1628 22 In 28 Jahren erhöhte sie sich um 18 H, oder um 550 Procent, mit anderen Worten: das Vermögen wurde 1600 mit etwa Procent und 1628 mit über 3 Procent besteuert, das Einkommen aus dem Vermögen, aus der Arbeit, von Grund und Boden, blieb hierbei unberücksichtigt. Zur Landsteuer trat die Tranksteuer, 1605 ver doppelt und auf 40 Gr. vom Faß Bier erhöht, die Weinsteuer auf 5 Groschen vom Eimer gesteigert. Im Jahre 1628 wurde noch ein Mahlgroschen gefordert. Er wurde nicht bewilligt, dafür aber eine Fleischsteuer mit einem Pfennig auf das Pfund Fleisch eingeführt. Zugleich theilte man die Landsteuer. Die werbende Baarschaft und das Einkommen besteuerte man mit 1 Procent, das unbewegliche Vermögen wurde nach Zehnten weiter besteuert, allein die jedesmalige Schätzung hörte auf, und die Schätzung von 1628 wurde als Fundamentalkataster beibchalten. Die immer höher steigenden Bedürfnisse zu decken, war damals die vorzüglichste Aufgabe der kurfürstlichen Kammer, welche des halb als eine der wichtigsten Staatsbehörden erschien. In ihrer Mitte hatte sie einen Mann, der, wie Gretschel erzählt, jene Kunst und die Plusmacherei im höchsten Grade verstand, dabei in der Wahl der Mittel nicht allzu gewissenhaft war, und über dem Interesse der Fürsten das eigene nicht vergaß. Or. David Döring, der nach einem Befehle vom 3. December 1621 als Kammerrath den Sitz nach dem Kammerdirector und in dessen Abwesenheit die Unterzeichnung haben sollte, war Vielen furcht bar und den Meisten verhaßt, und selbst die Kurfürstin Magda lena Sybilla empfand gegen den listigen Mann, der, mit Hoe von Hoenegg verwandt, den Gemahl beherrschte, die tiefste Abneigung, die sie besonders zur Zeit des Prager Friedens, an welchem Döring eifrigst mitwirkle, aussprach. Schon im Jahre 1615 machte Döring mit seinen Collegen, den Kammerräthen, Vor schläge zur Vermehrung der Kammereinkünfte, die von dem Ge heimen Rath« und dem Obersteuercollegium nicht zum Besten aus genommen wurden. Denn in einem Bedenken vom 5. Januar 1615 erklärten sich die Mitglieder dieser Behörden auf das Offenste gegen die Einführung eines Mahlgroschens von jedem Scheffel Ge treide und gegen die Gestattung des Vorkaufs der Wolle an ge wisse Personen gegen Entrichtung eines gewissen Geldes. Nach drücklich wurde der Kurfürst an seinen Revers erinnert, und in dem man nach gesünderen Finanzgrundsähen auf das Nachtheilige solcher Auflagen hinwies, erklärte man ausdrücklich: „daß, wenn die Landstände nicht in Gutem zu dergleichen Vorschlägen zu ver mögen wären, e» hernach mit der Eintreibung schwer hergehen würde und man nicht einsähe, wie und auf was Matz sie mit Gewalt dazu angehalten werden könnten." Doch gerietst man in demselben Jahre 1615 auf den unglücklichen Gedanken, die nach Leipzig ein- und von da weiter gehenden in- und aus ländischen Maaren mit einer Kammerabgabe zu belegen; ein Mittel, das man bald wieder aufgeben mußte. Doch schien man auch das von den Gebeimen- und Steuerräthen vorgeschlagene Mittel der höchstmöglichen Sparsamkeit nicht in Anwendung zu bringen und der Kriegszustand der Jahre 1620 und 1621 brachte neue Verlegenheiten, welche auch durch die Einkünfte aus neu erworbenen Besitzungen nicht alsbald aehoben wurden, deren An kauf, eine Hauptspeculation Döring's, der ein gewandter Güter händler war, die Summe von 1087 520 Fl. 6 Gr. 5*/? Pf. kostete. — Als sich nun auf dem Landtage 1628 die erwähnte große Finanznoth herausstellte, griff ein großer Thcil der Mitglieder von Ritterschaft und Städten den Kammcrrath Döring in einer heftigen Klageschrift an, deren förmlicher Endschlutz seine Ver waltung in das schlechteste Licht stellte. „Denn — sagten die I terns" und ihrem Herausgeber Rochefort, der durch sie von einer l Pariser zu einer Weltberühmtheit geworden war. Mit Gier wurden seine Angriffe gegen Napoleon verschlungen, und das wenig kritisch veranlagte Publicum, das ja noch mit einem Bein in der bürgerlichen Revolution von 1848 und in den italieni schen und polnischen Freihcitskämpfen steckte, genoß die ge pfefferte Speise des großen Journalisten stets mit tcitikloscm Enthusiasmus. Zu jener Zeit galt die Feder noch etwas, denn es war noch keine Massenproduction vorhanden, es wurde nicht nur das Bild, die Photographie, das Clichs bewundert, man zollte auch dem Stil, dem Gedanken und der Gesinnungstüchtigkeit einige Anerkennung. Heute ... ach, wer spricht von heute! Man kann sich heute gar keine Vorstellung machen, wie da mals dir Rochefort'sche „I^anterus" auch im Ausland« wirkte, wie sie den Haß gegen Napoleon groß zog und wie sie gerade in Deutschland durch da» Echo in der Presse die Popularität des Kriege» von 1870 mit vorbereitete. An der gewaltigen Er hebung des deutschen Volkes zu jener Zeit hat Rochefort'S „läu terns" einen kleinen mittelbaren Antheil, und dieser Antheii möge es rechtfertigen, daß wir hier auf ein Buch zu sprechen kommen, dessen Verfasser unter dem Strich eigentlich nichts zu suchen hat. Wir wollen auch mit dem politischen Rochefort hier nichts zu thun haben, und wa» er von sich in seinen „Abenteuern au» m«inem Leben" *) Uber seine Wirksamkeit in der Politik erzählt, mag hier unbeachtet bleiben, obgleich er viele» Neues bringt und sein Stil immer noch so frisch ist wie vor dreißig Jochren. ES ist ja auch manche» Anspruchslose in dem Buche zu finden, aber e» liest sich gut und die Freunde zeitgeschichtlicher Memoiren werden in ihm eine Fülle des anregendsten und pikan testen Stoffe» finden. Durchgemacht hat er ja gerade genug. Wir wollen hier nur di« Anfänge de» Journalisten Rochefort betrachten, auch sie haben diel Lehrreiche» in sich, sie zeigen uns, wi« sehr verschieden der Werth de» «inzelnen Journalisten zu jener Zeit in Pari» mit Gold abgewogen wurde, und daß da mal» die Feder auch ohn« Capital etwa» galt, heute ... wir sprrchen nicht von heute. Jedermann weiß, daß Rochefort einem alten AdelSaeschlecht« entstammt. Geboren ist er am 31. Januar 1831. Sein Groß vater war natürlich vor der Revolution geflohen und hatte seine *) Abenteuer meine» Leben» von Henri Rochefort. Deutsch von Heinrich Conrad. Verlag von Robert Lutz, Statt- gart. Zwei Bande. Stände — wer 1) des Kurfürsten Reputation nicht allein in ge bührende Obacht nehme, sondern dieselbe in vieler Wege zu mindern sich untersteh:, 2) die kurfürstlichen Reverse nicht achte, sondern ihnen zuwiderhandle, 3) sowohl den Kurfürsten in den eigenen Kammergefällen, als auch die Unterthanen an ihrem ohnehin geringen Vermögen durch allerhand böse, schändliche Praktiken und Partiten bcvortheile und beschädige, 4) die Fun- dationen der Schulen zerrütte und die Güter derselben sich selber zu eigne, 5) durch seine schändlichen Actionen die Nffection der Unter thanen verringere u. s. w. und 6) durch Geschenke sich bestechen lasse und die Justiz umzustoßen sich bemühe, de: sei ein recht-, ehr- und pflichtvergessener Mann. Da nun I)r. David Döring alles dieß gar vielfältig grübet und köstlichen begangen; tu-xo so sei er ein recht-, ehr- und pflichtvergessener Mann." — Vor nehmlich waren es vier Hauptbeschwerden, auf welche die Stände jene Äußerungen und zugleich das Berlangen stützten, daß Dö ring abgesetzt, verhaftet und seine Güter confiscirt werden sollten. Man warf ihm zuvörderst vor, daß er als Mitglied der Com mission, welche das Schuldenwesen der Stadt Leipzig zu unter suchen gehabt, diese um ihren Credit gebracht habe. Allein der Leipziger Rath selbst suchte ihn in besonderen Ausführungen von dieser Anschuldigung zu befreien und trat daher jener Klageschrift nicht bei, was auch vier Adelige wegen ihres besonderen Verhält nisses zum Hofe und ihrer Theilnahme an der Ausführung des Gerügten nicht thaten. Dann gab man ihm Schuld, daß er wider die die Jagd betreffenden kurfürstlichen Reverse gehandelt habe; doch mußt» die Landschaft auch diesen Klagepunct fallen lassen, weil Johann Georg I. selbst erklärte, den Angeschuldigten deshalb vertreten zu wollen. Drittens warf man Döring vor, die Güter der Fürstenschulen wider einen Revers des Kurfürsten Christian II. an sich gezogen zu haben, und endlich sollte er in dem der Landschaft übergebenen Verzeichnisse der Kammerschulden eine Menge schlechter und geringer Posten angesctzt haben, die, um die Reputation des Fürsten zu schonen, hätten ausgelassen wer den sollen. Zwar legte Johann Georg I. seinem Kammerrath eine Vertheidigung auf, in welcher derselbe auch die ihm vorgeworfene Untreue gänzlich ableuanete, sich wegen dessen, was er gethan, auf erhaltene Befehle bezog und die Fertigung des getadelten Schul- den-Verzeichnisses dem Kammermeister unterlegte; allein während der Kurfürst den öffentlichen Vortrag dieser Vertheidigungs- schrift in der Versammlung der Landschaft verlangte, widrigen falls er andere Mittel zu ergreifen wissen werde, schlug er auch in zwei Erklärungen (vom 2. und vom 12. März 1628) das Ge such der Landschaft, einen Jnquisitionsproccß gegen Döring er öffnen zu dürfen, ab, wenn er ihr gleich erlaubte, vor der mit Commission versehenen Landesregierung zu Dresden eine ordent liche Klage wider den Kammerrath anzustellen. Zur Führung dieses Protestes wurden Syndici aus jedem Stande und Kreise ernannt. Doch sprach sich der Kurfürst auf das Ernstlichst? gegen das Beginnen der Ritterschaft aus, als der zu dem vor liegenden Zwecke auf jedes Ritterpferd gelegte Thaler auch von den Rittern eingetrieben werden sollte, die das Syndikat nicht mit unterzeichnet hatten. Döring aber seinerseits klagte nicht nur gegen Einzelne der Landschaft, sondern reichte auch gegen seine Kläger von Ritterschaft und Städten, überhaupt bei der Landes regierung, eine Jnjurienklage ein. Nachdem das Appellations gericht bereits mehrere Male in dieser Angelegenheit gesprochen, wurden auf Veranstaltung des Kurfürsten bei der Landesregierung mehrere Derzleichsverhöre gehalten, in deren Folge endlich am 3. Rovember 1630 ein Vergleich zu Stande kam, durch welchen Döring seinen Proceß glücklicher beendigt sah, als es vor Zeiten dem unglücklichen Crell der Landschaft gegenüber gelungen war. — Döring aber blieb nach wie vor in der Gunst seines Herrn, wenn auch später noch mitunter der Beweis versucht wurde, daß cr ihn bei Geschäften bcvortheile. Im Jahre 1629 reichte er in Gemeinschaft mit dem Kammerrath von Brandenstein dem Kur fürsten einen von diesem genehmigten Haushaltungsplan ein, wo großen Güter im Stich gelassen. Als ihm, dem Flüchtling, in Koblenz die Wiedereinsetzung des Königthums zu lange dauerte, verkaufte er sein« Güter für etwa zehn Millionen, und diese zehn Millionen wurden ihm von den schlauen Käufern in Assignaten auSgezahlt. Natürlich waren diese sehr bald werth los. Das war b:i verschiedenen RcfugiöS der Fall. Als ruhi gere Zeit.n wiederkamcn, bildeten diese großen Landbesitzthümer den Grundstock zu dem Vermögen der Perier» und Anderer. Rochefort's Vater lebte recht und schlecht vom Vaudevilledichten, und di« Familie Rochefort's lebte noch einen Grad schlechter als der Hausherr. Als Rochefort seine Schulzeit hinter sich hatte, wollte er Journalist oder Dichter werden. Das war damals genau so natürlich wie heute, wo die jungen Geister, denen das JuL oder die Medicin, die Math«matik, Philologie und Theo logie zu langweilig wird und die da» Verdienen nicht erwarten können, glauben, daß nur sie fehlen, um den verrotteten Zu- stättdrn den Garaus zu machen, mit kritischer Sonde die Eiter beulen veralteter Dichtkunst auSzuschneiven und mit journa listischen Geistesblitzen dem führerlosen deutschen Volke den Weg zu weisen. In der That, diese Schwärmer sind noch nicht ausgestorben. Sie hoffen auf einen Glllcksfall, der sie an die breite Oeffeutli hkrit bringt. Auch Rochefort hat das gethan, und eine kleine Anekdote, die er von d'Ennery erzählt, hat ihn in dieser Hoffnung bestärkt. Er erzählt darüber: Ich habe ebenfalls als Kind in unserem Hause zum ersten Mal d«n berühmten Bühnenschriftsteller Adolf d'Ennery ge sehen, dessen Gestalt heute noch ebenso schlank und dessen Geist ebenso aüfg«, eckt ist, wie damals vor sUnfundfiinfzig Jckhren. (Inzwischen ist d'Ennery zu Attfang des Jahre» 1899 gestorben.) D'Ennery erinnert mich oft an jene Zeit, und wenn wir nach dem Essen zusammen Piquet spielen — wobei er mir vorwirft, daß ich mogele, war natürlich eine schändliche Verleumdung ist — sagt er mir mit heuchlerischem Zorn: „Und vabei habe ich Jhr«n Vater gekannt und habe Sie gesehen, al» Sie noch ganz klein waren." D'Ennery, dessen Memoiren ohne Zwekfel interessante: wären, alS die meinigen, und dem an Kenntniß der Theater geschichte seiner Zelt Niemand gleichkommt, setzte mir erst vor Kurzem auseinander, ein« wie große Rolle für den Erfolg eines Stücke» und die Laufbahn «ine» Schriftsteller» der günstige oder böse Zufall spielt. Ziemlich im Anfänge seiner schriftstellerischen Lbätigkeit spazirrt« er an einem jener heißen Tag«, wo das Lsphaltpflaster dunstet und di« Lh«at«r leerstehen, auf dem nach im Jahre 1630 die Einnahme 853 029 Fl. 13 Gr. 4 Pf., di- Ausgabe dagegen 780 731 FI. 20 Gr. 2s^ Pf. betragen sollte. Die rückständigen Besoldungen, welche damals zu 145 510 Fl. veranschlagt wurden, sollten durch die lausitzec und andere Reste abgetragen werden. Ter schöne Staatshaushaltplan hielt nicht lange vor. Schoa 1631 brauchte der Kurfürst eine außerordentliche Geldhilfe, was auch kein Wunder war, da dreizehn Jahre der Dreißigjährige Krieg wüthete. Man verwilligte ihm noch 2 Groschen vom Schock in drei Terminen, eine Kopfsteuer wurde abgelrhnt. Dann wurve die Landsteuer revidirt. Man verwilligte als festen Satz 16 Pf.,, wvvon 4 Pfennige zur Kammer entrichtet werden, die anderen zur Deckung der Schulden verwendet werden sollten, außer dem festen Satz bewilligte man noch 6 Pfennige zur Erhaltung der Miliz, diese überschießenden Theile nannte man jetzt Pfennigsteuer, die Fleischsteuer wurde auf 2 Pfennige für alles auf den Bänken seil gehaltene und zu Hause geschlachtete Fleisch, mit Ausnahme des in den ritterschaftlichen Haushaltungen geschlachteten, erhöht. Von Bedeutung war hierbei und es zeigt, wie großes Mißtrauen man in Vic Berwaltung der Kammer setzte, daß diese Fleischsteuer ausdrücklich zur Besoldung gewisser Beamten dienen sollte. Um sich ein Bild von dem Drucke der Besteuerung zu machen, sehen wir hier die Preise für die besteuerten Nahrungsmittel her. Um das Jahr 1600 kostete ein Ochse, von denen viele aus Polen kamen, 12 Thaler, ein Kalb U/o Thaler, ein mageres Schwein 12/2, ein gemästetes 9 Thaler, ein Schöps I'/« Thaler. Nach Pfunden war de: Preis ungefähr: das Pfund Rindfleisch 7—9 Pfennige, Schöpsfleisch 9—10 Pfennige, Schweinefleisch IP—15 Pfennige, Kalbfleisch 6—8 Pfennige, das Faß Bier 4—9 Thaler nach der Qualität, der Eimer Landwein etwa 5 Thaler, Rheinwein 8 Thaler. Die starke Besteuerung des Bieres gegenüber dem Wein fällt in die Augen. Der Weinbau ging schon damals in Sachsen zurück. Die Anfänge der reformirten Gemeinde Leipzigs. Nachdruck v«rb«ttii. In dem geistigen Leben unserer Großstadt, da», von un zähligen Impulsen bewegt, in rastlosem Fortschritt begriffen ist, nimmt der stille, an der Oberfläche der Erscheinungen nur wenig bemerkbare, aber darum um so steter und sicherer dem Ziele zu strebende Entwickelungsproceß, den die reformirte Gemeind- Leipzigs durchlaufen hat, einen achtunggebietenden Platz ein. Wer das bei aller stilvollen und durch kirchliche Tradition vor- geschriebenen Einfachheit doch vornehme, ja imposante Gotteshaus der Reformirten, das seit zwei Jahren an der Ecke der Löhrstraße und der Ringpromenade sich erhebt, im Aeußeren und Inneren schon bewundert hat, (und w>« Viele auch aus anderen Confessionen haben schon unter ver schönen Kanzel andächtig den beredten Worten der refor mirten Pastoren gelauscht) — der hat ja ein sichtbares, weithin leuchtendes Zeugniß dafür, was die Gemeinde Zwingli's und Calvin'- im lutherischen Leipzig bedeutet, welch' b«achtrnswerth-:r und ansehnlichen Factor im religiösen Leben der Gesammthe« sie bildet. Als am 9. September 1898 die Glocken aufgewundcn waren, erklang zum ersten Male vom Thurme einer evangelisch-resoc mirten Kirche im Königreich Sachsen festliches Geläute und fand freudigen Widerhall auch in den Herzen Derer, die zu Luther und Melanchthon halten, und als dann am 12. März 1899 der Tag der Einweihung kam, da fehlten die Spitzen der hiesigen Reichs-, Staats- und städtischen Behörden nicht, der Präsident des evangelisch-lutherischen Landesconsistoriums, Leipzig» geist voller Superintendent, Vertreter der Leipziger evangrlisch-lutheri scheu Kirchenvorstände und viele ihrer Geistlichen nahmen an der Festfreude der Schwestergemeinde gern und aus freiem Antriebe Boulevard, als er von dem Director de» Galtstheater» ang«r«det wurde, der ihn mit folgendem Borschlage überrascht«: „Mein großes Stück, für das ich prachtvolle Dekorationen machen lasse, wird erst in anderthalb Monaten fertig sein. Mein j«tziges Stück bringt keinen Sou mehr Herrin. Wollen Sie mir einen Gefallen thun, für den ich mich später «rkenntlich zeigen werde? Pappen Sie mir in acht Tagen ein recht kräftige» Drama zu sammen. Man wird eS sofort in die Proben grben. Liider wird es mir aber unmöglich sein, es Ihnen läng« al» drei Wochen spielen zu lassen." D'Ennery, der sich nichts Besseres wünscht«, al» zu arbeiten, suchte auf der Stelle nach irgend «in«m Stoff; plötzlich hörte er eine Drehorgel die Melodae der „Oraae äs Divu" leiern, dir da mals gerade in der Mode war. Diese Romanze, deren Musik von Lo'isa Puget, und deren Text von Gustav Lemoine ist, schien ihm sofort geeignet, in so viele Acte rurechtg«schnrid«rt zu werden, als sie Strophen hatte. Er suchte Lemoinr auf, und acht Tage später wurde „Gotte» Gnade" von den Schauspielern gelesen. DaS Drama hatte fünfhundert Aufführungen hinter einander, da« „große Stück", wofür der Director die verblüffen den Dekorationen hatte malen lassen, wurde für zwei Jahre zu» rückaestellt und fiel dann übrigen» mit Glanz durch. Al» Rochefort au» der Schule war, dichtet« «r, doch könnt« er davon nicht leben, und «r, mehr noch feine Mutter, di« ihn nicht gerade für einen hervorragenden Geist hielt, war heilsfroh, als ec eine magere Anstellung im Rathhaus« al» Schreiber erhielt. Während seiner Hungerpcriode hatte er ost das Hotel Drouot, daS KimstauctionShau», besucht, und dort Gemälde all«« Art kennen gelernt. Außerdem hatte ihn ein sehr tüchtiger Vemiild«- restaurator in die Geheimnisse der Malerei und der Mal«r- zeichen eingckwciht, so daß er sich ein nicht gewöhnlich«» Kunst» verftändniß anetgnet«. Auf diese Kunstkenmrschaft ist er h«ute noch sehr stolz. St« führte «inen Wendepunkt in s«tn«m Leben herbei. Einmal im Leben, sagt man, reicht Jedem das Glück die Hand, man mutz nur zugreisen. Rochefort wurd« einmal um sein Kunsturthetl gefragt, er gab e» ab and rettete damit den Eigentümer einer größeren Gemäldesammlung vor dem Ruin. Dieser zeigte sich ihm erkenntlich und bracht« chn b«i» „(thari. vari" unter. Von jenem Lage an wurde Rochefort Journalist.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite