Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 27.04.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190004278
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19000427
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19000427
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-04
- Tag1900-04-27
- Monat1900-04
- Jahr1900
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 27.04.1900
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
machen. Wenn Jack «inen Werth ans Seid legte, würde er nicht halb so ost in die Patsche gerathen." ,Lch freue mich, dies aus Ihrem Munde zu hören. Sie haben mich nur in meiner eigenen Ansicht bestärkt." Jetzt trat die Kammerzofe ein, um Bertha beim Ankleiden zu helfen. Drusilla sagte noch rasch: „Ich habe so Vieles mit Ihnen zu besprechen. Jetzt ist keine Zeit dazu, — vielleicht morgen. Auf Wiedersehen bei Tisch, liebe Bertha! Sie werden Mama sicherlich gefallen, Mama liebt stolze, kühl« Naturen." Bertha zweifelte gar nicht, daß sie Mama gefallen würde. Mit dem Awgchchlick, da sie sich entschlossen hatte. Laue- Gattin zu werden, nahm sie sich auch vor, alle Schwierigkeiten, die sich ihr in den Weg sttllen sollten, zu überwinden. Ls war ihr sehr angenehm, daß Drusilla sie zur Vertrauten erkoreu. Das könnte ihr für die Zukunft von großem Nutzen sein. Bor Allem mußte sie dafür sarge», beim ersten Diner so vorteilhaft als möglich aus- zusehen. Sie errang denn auch an jenem Abend allgemeine Be wunderung. Ihre haheiwvolle Erscheinung, ihre stol^ Schönheit, ihr vornehmes, elegantes Benehmen gefielen «rhemncheuttich, und ei»'Bruder Däne- wunderte sich im Stillen darüber, wie dieser den Much gesunden, um sie zu »erben : „Sie sieht aus, wie wenn sie eine Herzogin von Geburt wäre, und ein Vermögen wie Rothschild besäße!" Ehe Drusilla am nächste» Morgen Gelegenheit fand, mit ihn« zukünftigen Schwägerin eiue vertraulühe Aus spräche zu Haben, traf Lord Dane in Begleitung Jacks et». Ra» fa»d es siübstverstäadlich daß er, von Berthas Ankunft verständigt, sofort nach Haufe eilte. Jacks Stim- unmg »ar keine rosige. Der Aermfte sah in Bertha seine einwge Hoffnung. Wenn sie ihm nicht Helsen konnte oder wallte, »ar er verloren, — es blieb ihm nichts übrig, als sich eine Kugel vor den Kopf zu schieße». In Wirklichkeit war er nie von ernstlichen Selbstmord-Gedanken heim- gefvcht worden. Dazu liebte er Has Leben und seine Freuden zu sehr. Er fetzte feine Hoffnung aus Bercha, weil er glaubte, daß sie schon aus bloßem Selbstinteresse Mch» austiete» »eche, chm diesmal aqs der Patsche zu helfen. Er war aber auch darauf gefaßt, daß sie ihm die Wiche möglichst schwer machen werde, den» sie liebte es, sich auf die strafende Gerechtigkeit htnauchzufpielen. Ma» kann sich lebhaft vorfiellen, daß er »ater den obwaltenden Umstünden gedrückter Stimmung war, was Lädst. Dtusilla denn auch sofort bemerkte. Sie zog Bertha »ach Tisch in eine Fensternische und fragte: „Was fehlt Ihrem Bruder?" Bertha war nicht gewohnt, diesem viel Beachtung zu schenken, und erwiderte daher: „Ich weiß es nicht!" „Durch «ine hingeworfene Bemerkung Danes glaub« ich Pt «rächen Sie müssen nämlich wissen, Bertha, da- bei Harburton stark gespielt worden ist." „Menn da» der Fall iA dann hat Jack sicherlich wieder viel verloren," entfuhr es ihr; aber sie hielt sofort inne «ch biß sich auf die Lippen. Sie durste sich ja hier nicht gehe» lassen. „Suchen Sie » zu «fahren und sagen Sie es mir," bat Drusilla eindringlich. „Ich habe einen bestimmten Grmtd, weshalb ich «S wissen möchte — bald wissen möchte!" ,Lch will chun, was ich kann," entgegnete Bertha bestürzt. Sie konnte aus Drusilla noch immer nicht Sag werden. Obgleich Jack fest entschlossen war.sich Bertha anzu- U«tra»en, «ging e» ihm wie einem feurigem Roß, das -ßgert, ehe eS einen gefährlichen Sprung unternimmt. Wr verschob das peinliche Geständniß von Stunde zu Stunde, aber schließlich mußte es geschehen. Am nächsten Morgen, nach dem Lunch, bat er Bertha um eine Privat unterredung. „Schwester, ich habe Dir etwas mitzutheilen, bitte, be gleite mich in den Park!" Einen Spaziergang mit Jack hätte sie unter andern Umständen als einen unnützen Zeitverlust betrachtet, aber sie bemerkte wohl, daß es sich um etwas sehr Wichtiges handle, und dann dachte sie auch an das Drusilla ge gebene Versprechen. Sie eilte ans ihr Zimmer, um sich rasch in ein Promenadencostüm zu werfen. Eine halbe Stunde später promenirten die Geschwister Arm in Arm im Park. Als sie an eine einsame, vom Schlosse ge nügend entfernte Stelle gelangten, ließ sich Bertha, die nicht gern spazieren ging, auf einem Baumstumpf nieder: „Run, Jack, was soll's? Faß' Dich kurz, ich habe heute noch Verschiedenes vor!" „Ich stecke schon wieder in einer argen Patsche!" stammelte er, seine ausgegangene Cigarre anstarrend. „Es handelt sich wohl um neue Spielschulden?" fragte Bertha verächtlich. „Ja!" rief Jack, froh, daß das schwere Bckenntniß endlich heraus war. „Du bist ein unverbesserlicher Thor! Bom Vater hast Du auf keine Rettung zu hoffen " „Das weiß ich, und deshalb wollte ich Dich bitten —" .Mich?" rief Bertha höchlichst erstaunt. „Was kümmern mich Deine unsinnigen Spielschulden?" „Du mutzt mir Helsen!" „Ich? Wie kann ich das, und weshalb sollte ich es auch?" „Weil ich das Geld Dane schulde!" . „Dane!" rief Bertha empört. „Wie viel?" „Fünftausend Pfund!" Sie starrte ihn sprachlos an. „Und das Geld muß bezahlt werden, denn es handelt sich um eine Ehrenschuld," fügte Jack düster hinzu. „Das weiß ich; aber was ist da zu thun?" „Ich habe reiflich darüber nachgedacht und nur einen Ausweg gefunden," stotterte Jack. „Du hast et» Privatpermögen . . Könntest Du es nicht heben? Ich hätte Dich unter andern Umständen nicht darum gebeten, da es sich aber um Dane handelt , verlierst TM ja eigentlich nichts dabei " Bertha erhob sich von dem Baumstumpf, maß Jack verächtlich vom Kopf bis zum Fuß und sagte kurz, ab« bestimmt: „Du irrst Dich, wenn Tu glaubst, daß ich Deiner Spiel schulden wegen mein Vermögen opfern werde. Du mußt Dir schon einen andern Ausweg suchen. Auf meine Hilfe rechne nicht!" Ohne seine Antwort abzuwarten, kehrte sie ihm den Rücken und schritt eilig ins Schloß zurück. Jack blickte ihr wie versteinert nach Das hatte er nicht «wartet. Sollte er das Schicksal wirklich schon zu stark herausgesordert haben? Ein Sturm von Entrüstung wogte in Berthas Busen, während sie durch den Park eilte. Sie glaubte, ver ständig gehandelt zu haben, wenn sie ihrem leichtsinnigen Bruder ihre Hilfe verweigerte. Wen» er kein Geld hatte, durfte « auch nicht spielen, namentlich da er sein Wort »«pfändet, keine Karte anzurühren. Und das wollte ein Mann sein! Plötzlich blieb sie mitten im Wege stehen, ihre von sittlich« Entrüstung gerötheten Wangen «bleichten es dämmerte ihr nämlich auf, daß die Situation auch für sie keine angenehme sei, ja, daß dieselbe ihre Zukunft gefährden konnte. Sie mußte also die Sache in die Hand nehmen. Auch begann sich ihr Familienstolz zu regen, und das Blut stieg ihr vor Scham heiß in die 8 0» >2 D s «» «7 Wangen, als sie daran dachte, daß ihr Bruder das Geld dem Sohue von Leuten schulde, die sich für viel bess« hielten als sie und ihre Familie. Ihre Verlobung mit Dane betrachtete sie rein als Geschäftssache. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte sie wohl daran gedacht, mit ihrem Verlobten über die unselige Spielschuld Jacks zu sprechen und ihn ver anlaßt, irgend einen passenden Ausweg zu finden. Auf diesen einfachen Gedanken kam sie aber nicht, und so stand sie denn der Sache gerade so hilflos gegenüb« wie ihr -Bruder. In geschäftlichen Dingen war sie erfahren« als Jack, und sie wußte sehr gut, daß selbst wenn sie ihr persönliches Vermögen opfern wollte, dies ohne Genehmigung ihres Vaters nicht geschehen konnte. Dieser aber durfte ja von der Sache nichts «fahren. Auf keinen Fall, denn « wäre im Stande, ohne Rücksicht auf ihre Zukunft, Jack zu ent erben, und dieser Skandal mußte vermieden werden. Ihre Gedanken irrten verzweifelt in ein« Sackgasse umher, stießen aber immer auf eine feste Mauer, ohne einen Ausweg zu finden. Zum erstenmal in ihrem Leben sah sich Bertha vor^ einer ernsten Sorge. Sie hätte sich das Haar ausraufen möge», während sie sinnend mitten auf dem Wege stand. Mit einemmal erinnerte sie sich, daß eine Reihe von Fenstern auf jenen Platz sah, und daß man sie beobachten könnte; sie raffte sich daher auf und suchte unbemerkt rhr Zimmer zu erreichen. Doch gelang ihr dies nicht, denn sie hatte wirklich eine scharfe Be obachterin gehabt. Lady Drusilla kam ihr lächelnd ent gegen, schlang vertraulich ihren Arm in denjenigen Berthas und bat: „Gehen Sie noch nicht auf Ihr Zimmer! Der Tag ist so herrlich, wir wollen ein wenig in der langen Allee spazieren gehen, wenn es Ihnen recht ist!" Bertha befand sich zwar durchaus nicht in Plauder stimmung, aber sie fügte sich ohne Weiteres dem Wunsche Drusillas, denn sie hatte eine unbestimmte Ahnung, daß diese ihr vielleicht aus der Verlegenheit helfen werde. Das verbitterte Schloßfräulein schien überdies etwas auf dem Herzen zu haben, was sie ihr anvertrauen wollte. Viel leicht handelte es sich um irgend ein Familien-Geheimniß, das ihr — Bertha — Macht verleihen und das sie aus nutzen konnte. Don diesen unbestimmten Empfindungen beherrscht, hörte sie nur mit halbem Ohr auf das nervöse, gleichgiltigc Geschwätz ihr« Begleiterin. Als sie jedoch mitten in der Allee waren, entzog ihr Drusilla den Arm und sagte ernst: „Sagen Sic mir nun, was Ihren Brud« quält. Sie hatten vorhin eiqeUnterredung mit ihm, und er wird es Ihnen anvertrautyabcn. Ich bitte Sie, Bertha, seien Sie aufrichtig, vielleicht kann ich helfen!" Sie stieß diese Worte sehr hastig, wie von ein« inner» Aufregung bewegt, hervor, und Bertha sah sie be stürzt an. Sie überlegte rasch, wie sie sich verhalten solle, und kam zu dem Entschluß, daß es vorsichtiger sei, sich nicht in die Hände Drusillas zu liefern, ehe sie diese zu einer offenen Aussprache veranlaßt. Sie richtete daher ihre Augen mit «heuchelt« Verwirrung auf ihre Be gleiterin, that sehr hilflos und verlegen, brachte ab« kein Wort hervor. Wie Bertha vorausgesetzt, unterbrach Drusilla, von Ungeduld getrieben, das peinliche Schweigen. „Sie werden mich wohl für sehr neugierig und zu dringlich, ja für ungezogen halten, mich, die man seit meiner bittern Erfahrung stets nur zurückhaltend und un nahbar gefunden! Ich habe seit damals Niemand ge liebt, alle Menschen verachtet; selbst meine Angehörigen waren mir gleic^iltig . . . Mit einemmale ist es anders geworden . . . Ich weiß nicht, wie es kam . - - ab« ich will mein Leben nicht läng« vertrauern . . ." Sie schien mehr mit sich selbst als mit Bertha zu sprechen, doH plötzlich ergriff sie deren Hand, sah ihr flehend in dH Augen, während sie fortfuhr: „Ich bitte Sie, Bertha, mir zu vertrauen! RiD Neugier treibt mich. Glauben Sie mir. Sie handeä klug, wenn Sie eS thun! Ich betrachte Sie als mein« Schwester, meine vernünftigere Schwester, der ich mein Herz erschließen möchte!" Bertha überlegte rasch, daß Lady Drusilla, obgleich durch ein trauriges ErlÄniß verbittert, schließlich ein« edle, vornehme Natur war, die nicht darauf ausging, fit em Vertrauen zu erschleichen, um es hinterh« zu miß brauchen. Vielleicht war es wirklich klug, sie theilweis« ins Vertrauen zu ziehen. ! „Nehmen Sie mir meine Zurückhaltung nicht übel, Lady Drusilla! Nicht aus Mangel an Vertrauen zögere ich. Ihnen zu sagen, was meinen Bruder verstimmt^ sondern nur, weil es mir schwer fällt, darüber zu spreche«. Es handelt sich . . . es handelt sich — das Wort will mir garnicht von der Zunge — um eine Spielschuld!" „Das dachte ich mir!" rief Lady Drusilla fast freudig. „Sagen Sie mir, wie hoch sicy dieselbe, besäuft? Zöger« Sic nicht, - ich frage nur im Interesse Ihres Bruders!" Bertha nannte die Summe, und Drusilla versank tttz tiefes Sinnen. Sie fragte garnicht, wem Jack das Geld schuldete, was Bertha sehr angenehm war. Als sie ab blickte, bemerkte sie Dane auf d« Terrasse, wie er spähend seine Blicke umherschweifen ließ. Jetzt sah « die beide« Damen in der großen Allee »ehe» und lenkte seine Schritt« dahin. „O weh!" rief Bertha. „Dane wird mir böse sein! Ich habe versprochen, mit ihm auszufahren, und nun Ist die bestimmte Stunde längst vorüber!" „Da kommt « eben. Lassen Sie sich nicht weit« stören, ab« ich hab« noch Viele» und Wichtiges mit Ihnen zu besprechen! Wann und wo soll ich Sie auf suchen? " „Ich werde mich heute früher als sonst zurückziehen und Sie in meinem Schlafzimmer erwarten!" „Seit einer Stunde suche ich Sie bereits, Bertha", sagte Dane vorwurfsvoll, sich den Damen näherNb< „Wollen wir heute nicht aussahren?" „O doch! Ich habe mich bei meinem SpaztergaNtz mit Lady Drusilla etwas verspätet. Jetzt stehe ich gaich zu Ihr« Verfügung!" Das prächtige Phaeton ihres Bräutigams stand bereit- vor dem Thore, zwei Vollblutpferde in silbernem Seschtr« wären davor gespannt, und Berthas Augen leuchtete» be friedigt auf, als sie sich von Dane auf den Sitz hebe« ließ. Jedes andere Mädchen hätte sich auf dies« Spazier fahrt furchtbar gelangweilt, denn die Verlobten wechsäte* nur selten eine Bemerkung. Eine antmirte Unterhaltung kam zwischen ihnen niemals in Fluß. Sie waren H grundverschieden« Natur, daß sie sich nicht» zu sage« hatten. Dane genügte es, das stattliche, elegant gekleidet» und schöne Mädchen an seiner Seite zu wissen, währe«- « seine geliebten Rappen kutschirte, und Bertha ivar stz sehr in eigenen Gedanken vertieft, daß sie ganz froh wcch, aus denselben nicht aufgestört zu werden. Ein glücklichtU Brautpaar das! VIII. Lilli Barton ging wie gewöhnlich ihren Pflichten nach Kein Wort d« Klage entschlüpfte ihren Lippen, ab« ihr« Gedanken beschäftigten sich Tag und Nacht mtt Jack. Der Schlaf floh sie. Sinnend lag sie auf ihren weiße» Kiffe* und blickte durch das kleine, rebenumsponnene DachfenMd zu den Sternen empor. Jeden Morgen erhob sie sich bleich und matt von ihrem Lag«. Lady AgneS, die sie Sonntags in d« Kirche vo*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite