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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010904019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901090401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901090401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-04
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M. Mittwoch den 4. September 1901. Anzeige« «Preis die 6gespaltene Petitzeile LS Neelam«, «Mr de» NedacN»n«strich («gespalten) 7K vor de» Famtlieu»at> richte, («gespalten) 80 L). Tabellarischer and Htfiernsatz entspr»chei»r höher. — Gebühren für Nachweisungen Mts Offerteaauuahm« LS (excl. Porto). Extra »Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgab«, ohne Postbeskrdernng ^l SV.—, «tt PostbesSrderuug ^g 70^. Aaaahmeschlaß fiir Aiyei-e«: Abe» d-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morge»-Aa«gabe: Nachmittag« 4 llhr. Bei den Filialen »nd Annahmestelle, je riss halb« Staude früher. Anzeige» st»d stet« a» di« Expedttto» j, richte». Dte Erpeditio» ist Wochentag« nnmüerbroche» geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 llhr. Druck uud Verlag do» E. Polz t» Leipzig. 95. Jahrgang, Lirche und AalionaMSt. Die „Köln. DolkSztg." berichtet über zwei klerikale Ver sammlungen inLeitmeritz und Kremsi«r und klagt dar über, daß gleichzeitig in Leitmeritz eine deutsch-radikale, in Krem- sier eine tschechisch-radicale Protestversammlung gegen die be treffende Katholikenversammlung stattgefunden habe. Inter essant ist das folgende Eingeständniß des klerikalen Blattes: „Daß den Katholiken Oesterreichs eine große Arbeit obliegt, er zielst sich schon aus der im Vergleich zu den beiden Katholiken tagen weit stärkeren Theilnahme an den beiden Protestversamm lungen." Diese Mittheilung ist zutreffend, bedarf aber noch der Er gänzung. Die deutsch-nationale Versammlung in Leitmeritz verfiel, da die österreichische Polizei bei allen Kundgebungen deS nationalen DeutschthumS in Oesterreich eine sonst bei ihr un gewohnte Energie entwickelt, dem Schicksale der Auflösung. Die unmittelbare Folge dieses polizeilichen Heldenstücks war der Uebertritt von IÄ) Besuchern dieser Versammlung zum Pro testantismus. Die Los von Rom-Bewegung hat überhaupt in der letzten Zeit außerordentliche Fortschritte gemacht. Im ersten Halbjahr 1901 sind in Böhmen 1700 Personen vom KatholiciS- muS zum Protestantismus übergetreten, nahezu ebenso diel, als im ganzen Jahre 1900. ES ist also anscheinend nicht da» Schick sal dieser Bewegung, wie so viele andere Bewegungen mit einem großen Erfolge einzusetzen und nachher völlig abzuflauen, sondern sie greift umgekehrt immer mehr um sich. Die „Köln. DolkSztg." hat also von ihrem Standpunkte auS ganz Recht, wenn sie sagt, „den Katholiken Oesterreichs liege eine große Aufgabe ob". Nur scheint eS, als ob die österreichischen Klerikalen oen denkbar verkehrtesten Weg einschlügen, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Mit der verleumderischen Bezeich nung der deutsch-nationalen Kreise als „Hochverräther", mit dem Einfangen des österreichischen Thronfolgers für klerikale Zwecke, mit der Veranstaltung demonstrativer Processionen in Wien und dergleichen ist et offenbar nicht gemacht; dies wird eben deutlich durch den Fortschritt der LoS von Rom-Bewegung bewiesen. Aber die Klerikalen haben «» gegenwärtig nicht nur mit den nationalen deutschen Parteien zu thun. Ueber die tschechischradicale Versammlung in Prohnitz bei Kremster berichtet daS rheinische Blatt: „Hier wurde gegen die versammelten tschechischen Katholiken getobt alS gegen Mitverschworene der Deutsch-Klerikalen — in beiden Fällen, nämlich in Leitmeritz und Proßnitz, gab also da nationale Moment den Vorwand ab, um die Katholiken anzu greifen " Wir stimmen zu, nur möchten wir an die Stelle de» Wortes „Vorwand" daS Dort „Anlaß" setzen. Denn wenn hier die Deutschen, dort die Tschechen gegen den KlerikaliSmuS Front machen, so bildet lediglich daS nationale Moment den Anlaß. Böhmen ist zu 96 Procent katholisch und nur zu 4 Procent, die sich in nahezu gleichem Maße auf Lutheraner, Reformirte und Juden Vertheilen, andersgläubig. In einem solchen Lande mit so gewaltigüberwiegender katholischer Bevölkerung kann nur daS nationale Moment den Anlaß zu einem mit einiger Aussicht auf Erfolg zu führenden Kampfe gegen die katholische Kirche bieten. Und wenn die „Köln. VolkSztg." betont, daß in dem einen Falle die Klerikalen als Deutsch-Feind«, in dem anderen als Freunde der Deutschen angegriffen werden, so hat sie, wenn sie damit etwa beide gegnerische Parteien »6 absurckrun führen will, Unrecht. ES geht den Klerikalen eben nicht ander-, als den übervorsichtigen Leuten, die sich zwei Stühle zum Sitzen reserviren und sich dann zwischen die beiden Stühle setzen. In einem Lande, in dem sich zwei Nationalitäten auf dar Leidenschaftlichste bekämpfen, heißt e» Farbe bekennen. Denn der KlerikaliSmuS die deutschen Katholiken bei der deutschen und die tschechischen Katholiken bei der tschechischen Fahne ließe, was daS Richtige und Natürliche wäre, so würde der KatholiciSmuS in diesem Kampfe keinen Schaden leiden. Der KlerikaliSmuS bemüht sich aber, die Katho liken unbekümmert um ihre Nationalität zusammenzuhalten. Er hofft durch eine solche geschloffene Phalanx seine Macht zu stärken, aber die nationalen Gegensätze zerreißen eben di« Phalanx und die Macht deS KlerikaliSmuS wird dadurch geschwächt. Wir erleben ja, wenn auch in abaeschwächter Form, gerade jetzt in Deutschland etwa» Aehnliche». DaS Centrum und die CentrumSpresse sind jederzeit mit einem einer besseren Sache würdigen Eifer für daS Polenthum eingetreten: wie in Oesterreich ist auch hier die Confesston über die Nationalität ge stellt worden. Der Mißerfolg ist der nämliche. In deutsch nationalen Kreisen ist dem Centrum sehr mit Recht seine polen freundliche Haltung verdacht worden und in polnischen Kreisen machen sich Mißtrauen und Abneigung gegen daS Centrum mehr und mehr bemerkbar. Bevor Herr Lieber sich Liber schreibt, wird er von den Polen nicht al» voll angesehen werdrn. Die im 19. Jahrhundert machtvoll einsetzende nationale Be wegung ist mit in daS 20. Jahrhundert hinübergenommen wor den. Sie hat die weltliche Macht deS Papstthum» hinweg geschwemmt, sie wird seine geistige Macht, wenn nicht Hinweg schwemmen, so mindestens auf» Aeußerste erschüttern, sofern nicht die katholische Kirche ihr Rechnung trägt. Ob sie freilich zwischen dem UniversaliSmu» und Jnternationali»mu», der ihre Doraut- setzung bildet, und dem Nationalismus eine Verbindung her- pellen kann, ist eine andere Frage. Der Lrieg in Südafrika. * Lonbo«, S. September. Kitcheuer telegraphirt, nach den von den einzelnen britischen HeereStheile» eingegaugen«n Berichten sind seit dem 28. August neunzehn Boeren getödtet, drei verwundet, 212 gefangen genommen worden, 127 haben sich ergeben. Erbeutet wurden: 1S4 Gewehre, 25 780 Patronen, 144 Wage», 1700 Pferde, 7500 Stück Lieh uud viele vorräthe. * L«nb««, 8. September. Der Wege» verdacht» der Spionage verhaftet« frühere Boerencommandant Vr. Krause erschieu heute vor dem Vowstreet-Polizeiaericht. Die Verhandlung wurde auf »ine Woche vertagt. Dre von Krause augrbotene Cautioo für seiar Freilassung wurde ab- gelehnt. * La«»«», S. September. Die Anklage gegen de» früheren Voerencommandanteu Kraus« lautet auf Hoch verrat-, begangen j» Transvaal. Al» ihm gesteru Abend der Haftbefehl vorgeleseu wurde, bezeichnete er die Niklag« al» uusiuuig. * Pari«, 3. September. (Privattelegramm.) Der Chemiker Prister, der Bomben für das gegen den Frldmarschall Robert» in Johannesburg geplante Complot fabricirt haben soll» hat «in Schreiben an die „Agence HavaS" gerichtet, in dem er sich gegen die wider ihn erhobene Anklage energisch verwahrt. Gleichzeitig tbeilt er darin mit, daß er, um gegen seine ungerechtfertigte Ver haftung zu protestiren, der in London tagenden Entschädi- zungS-Commisston eine Entschädigungsforderung habe unter- Breiten lassen. * London, 3. September. Im Verlaufe der gestrigen Sitzung der EntschädigungS-Commission führte der Regierungsvertreter Ardagh zahlreiche Präcevenzfälle an, um u zeigen, daß Fremde, die bei AuSbruch eine« Krieges auf dem Kriegsschauplatz bleiben, sich den mit dem Kiieg ver bundenen Unzuträglichkeiten unterziehen müssen. Auch dir britische Regierung habe auf Klagen britischer Untertbanen, die ähnlich den jetzt verbandelten waren, regelmäßig erklärt, daß sie kein Recht zur Intervention habe. Arbagh machte Autoritäten dafür namhaft, daß Fremde, die in Feindesland Handel oder Gewerbe treiben oder sich dort zu dauerndem Aufent- balt niederlassen, dadurch feindlichen Charakter annäbmen. Nach dem deutsch - französischen Kriege habe die fran zösische EnlschädigungS-Commission dahin entschieden, daß die auf Befehl von Militärbehörden erfolgte Beiseite schaffung von Mobiliar eine indirekte Schädigung sei, die die Besitzer desselben nicht zu einer Schadloshaltung be rechtige; die britischen Ansprüche bätten damals zwei Millionen Pfund Sterling betragen, eS seien aber nur 65 000 Pfund bewilligt worden. Der Earl of Granville habe zu jener Leit in einer Depesche erklärt, die britischen Staats» angehörigen könnten keine Entschädigung für Krieg-verluste erwarten, die die Franzosen in gleicher Weise erlitten bätten. Auch Fürst BiSmarck habe eS abgelehnt, die Ansprüche der in Frankreich lebenden Angehörigen neutraler Mächte zu unterstützen, und dir nach der Beschießung von Alrxandna eingesetzte internationale Commission habe die Entschädigung ür Verluste un Geld, Pretiosen, Werthpapirren und für Erutrschäden versagt. Deutsches Reich. -4- Berlin, 3. September. („Reformkatholiciz- mu».") Der bekannte klerikale österreichische Politiker und Prälat vr. Scheich er hat in Wien auf dem ersten öster reichischen Kleruttage eine Rede gehalten, in der er den Reform- katholicismuL auf den Schild erhob. Den gegenwärtigen Zustand rn der katholischen Geistlichkeit bezeichnete er als nicht dem Evan gelium entsprechend. Das Verhältniß von Vorgesetzten und Untergebenen sei entschieden nicht das evangelische, da der Ge- ruchvonByzanz hier und da durchschlage, wie Redner selbst zu beobachten Gelegenheit gehabt habe. Es müsse eine Refor mation an Hauptund Gliedern eintreten, denn ein Verhältniß von Herr und Knecht, von Gebieter und Ministranten schaffe jenen Nährboden, den die Anti-Romhetzer zu düngen bemüht seien. Dem niederen KleruS hat vr. Scheicher sicherlich auS der Seele gesprochen, denn die niedere Geistlichkeit befindet sich so wohl materiell wie ideell in einer gedrückten Lage. Die materielle elende Lage der niederen Geistlichkeit hat, wenn auch nicht in Oesterreich, so doch in Spanien ja schon eine direkt revolutionäre Gesinnung hervorgerufen. Noch drückender muß jedem Geist lichen, in dem das Selbstbewußtsein noch nicht ganz erloschen ist, die Abhängigkeit von dem Wohlwollen oder Uebelwollen der Bischöfe erscheinen, eine Abhängigkeit, die sich beiläufig nicht nur auf daS religiöse Gebiet erstreckt. Wir möchten in dieser Hinsicht nur an das schneidige Vorgehen deS Erzbischofs von Posen gegen den Pfarrer von KrzinSki erinnern, der sich unterstanden hatte, eine Candidatur gegen den polnischen Bewerber im Wahlkreise Meftritz-Bomst anzunehmen. Solche scharfe Rüffel muß der katholische Geistliche einstecken, falls eS ihm nicht noch schlimmer gehen soll. Daß er aber nicht sehr davon erbaut ist und inner lich weiter rebellirt, ist nur zu natürlich. Prälat vr. Scheicher sagte denn auch: „Leugne man eS nicht — denn eS ist vergebens — daß auch viele Unzufriedenheit im prie st er lichen Gewände vorhanden ist; Geist und Begeiste rung lassen gerade darum zu wünschen übrig. Würden die Gym- nasialabitunenten finden, daß wirklich« Liebe zum Berufe, Heiter keit d«S Geiste» und Zufriedenheit in allen Priesterherzen wohnten, sie brauchten keine künstlichen Apparate zur Aus- brütung von Priestercandidaten." vr. Scheicher mag den besten Willen zur materiellen und ideellen Hebung des niederen PriesterstandeS haben, aber auch hier dürfte ein weiter Weg vom Wollen zum Vollbringen sein. Die Bischöfe fühlen sich im Besitze ihrer großen Macht und ihrer reichen Einkünfte recht wohl und dürften kaum geneigt sein, zu Gunsten deS niederen KleruS von beiden abzugeben. ES würde dem Wesen der katho lischen Hierarchie auch widersprechen, wenn ein die niedere Priesterschaft befriedigender Ausgleich stattfände. Unzweifel haft beruht die Macht der katholischen Kirche zum guten Theile auf der glanzvollen, auch dem Andersgläubigen int Auge fallen den und unleugbar in gewissem Maße imponirenden Stellung der hohen Geistlichkeit. Welcher evangelische hohe Geistliche könnte beispielsweise über einen annähernd so prunkvollen Amts sitz verfügen, wie der vropst zu St. Hedwig in Berlin? Diesem SandsteinpalaiS gegenüber nimmt sich freilich da» Pfarrgebäude erne» katholischen Dorfgeistlichen im Posenschen oder West preußischen schäbig genug auS, aber der katholischen Kirche kommt eS viel weniger darauf an, den ohnehin gutgesinnten — vom katholischen Standpunkte au» natürlich — Dörflern in Posen oder Destpreußen zu imponiren, al» den .Leidnischen" Berlinern. Der wunderbare Glanz, den die katholisch« Kirch«, wo e» ihr angemessen scheint, zu entfalten weiß, hat auch nüch terneren Leuten al» dem Mortimer in Schiller'» .Maria Stuart" den Kopf verdreht oder ihnen zum Mindesten Respect vor der großartigen Organisation dieser Kirche einaeflößt. DaS mate rielle und da» ideelle Elend der niederen Geistlichkeit bildet ebenso den Rever» der Medaille, wie etwa da» Elend der französischen Landbevölkerung zu den Zeiten Ludwig» XIV. und Lud wig'» XV. Die die Könige und die Großen in Frankreich frei- willig nicht» hergaben, so werden auch die Cardinale und di« Bischöfe freiwillig nicht» herautrücken. Die Bevölkerung Frank reichs griff zur Revolution. Will vr. Scheicher die österreichischen und dre ungarischen Dorfpfarrer graen die Tardinalspalaste in Oftuütz und Gran zum Sturme sühnen? Berlin, 3. September. (Polnische Agitation.) Die heißblütigen Bestrebungen der Polen zur Losreitzung von Preußen reden eine immer deutlichere Sprache. Die Wiederaufrichtung de» Polenreiches fordert ein soeben rm Auf trage der polnisch-national-demokratischen Partei erschienenes Heft unter dem Titel: „Eine Nation — ein Ge danke", welches direct hochverrätherische politische Tendenzen verfolgt. Abgesehen von der fanatischen Hetzerei gegen das preußische Militär, die in der Aufforderung liegt, den m den polnischen Distrikten einquartierten preußischen Soldaten jeg liche Gastfreundschaft zu versagen, predigt eS unter Anderem die Wiederherstellung Polens in folgenden Worten: „Die Zu gehörigkeit der Polen zu den TheilungSmächten bildet für sie nur eine äußerliche, rein formelle Sache — der Inhalt ihres Daseins ist die Zugehörigkeit zur polnischen Nation. Die Ge setze und Anordnungen der Behörden befolgen die Polen nur deshalb, weil sie sie befolgen müssen. Die Polen halten ihre eigenen Ideale und ihre eigenen Ziele, die zu erreichen sie un ermüdlich bestrebt sind, ohne Rücksicht daraus, ob es den Herren Preußen, Moskowitern oder Oesterreichern gefällt oder nicht. Die Polen glauben an die politische Auferstehung des polnischen Volkes. Der Glaube an ein freie- und unabhängiges Polen reich ist der Leitstern, der die Polen von der Wiege auf begleitet. Der Glaube an ein freies unabhängiges Polenrcich bildet den einzigen Gedanken eines jeden Polen. Wozu sollte man lügen? Die polnische Frage muß immer klar und deutlich gestellt werden, denn durch eine Politik der Falschheit wird daS Volk nur demoralisirt und irregeleitet. Dreist und entschieden soll deshalb allüberall verkündet werden, daß nur eine Nation und ein Gedanke existirt." * Berliu, 3. September. ArbeitSlosenzäblungen, besonders in den Großstädten, vorzunebmen, rätb dringend die von vr. I. Jastrow herauSgegebene Halbmonatsschrift „Der Arbeitsmarkt". Nach der Entwicklung der Lage des Arbeitsmarktes in den verflossenen Monaten sei mit einer erböhten Arbeitslosigkeit im kommenden Winter zu rechnen. Um die Communalvcrwallungen zu vorbeugenden Maßregeln gegen die andringrndr Fluth socialer Notb zu bestimmen, sei «S nothwrndig, daß die Arbeiterorganisationen ziffer mäßige Nachweise über den Grad der Arbeitslosigkeit er bringen. ES habe schon im letzten Winter nicht an zahl reichen Versuchen seitens der Centralorganisation und der GewerkschaftScartelle gefehlt, die Zahl der Arbeitslosen durch Zählungen festzustellen. Dabei habe sich herauSgestellt, daß 1»' geeignetste Organ, die Zählungen vorzunebmen, die ört- lichen GewerkschaftScartelle seien, zumal im Hinblick auf di« Verwrrthiing de« ZäblungSergebnisse», da nur sie eine rasche Aufarbeitung des Materials ermöglichten, während bei den Zählungen von Centralorganisationen die Fest stellung des Ergebnisses so lange Zeit erfordere, daß darüber der augenblickliche Werth der Zahlung verloren gebe. Die Zählungen sollten sich auf die Mitglieder beschränken, da au« der Arbeitslosigkeit unter den Organisirten ein Rückschluß auf den Grad der Beschäftigungslosigkeit sämmtlicher Arbeiter am Ort zulässig sei. Die Zählungen seien im letzten Winter fast überall nur einmal vorgenommen, waS ein Nacktheit sei, da jeder Maßstab über die Bewegung der Arbeitslosigkeit fehle. ES wird deshalb vorgesck,lagen, mindestens in allen Großstädten monatliche Zählungen der Arbeitslosen vorzunebmen, die auch den Vortheil böten, daß man» wenn die Zahlungen sich erst auf verschiedene Iabre erstreckten, leicht feststellen könne, wie sich die Arbeitslosigkeit im Vergleich zu derselben Zeit deS voraufgegangeneu Jahre verhalten habe. (-) Berlin, 3. September. (Telegramm.) Der Kaiser nahm gestern Morgen bei der Ankunft in Tempelhof die Meldung deS Generalleutnants a. D. Brogowsky anläß lich der Verleihung der Uniform de- 1. Garde-Dragoner- RegimentS an denselben entgegen und später auf dem Manöverfelde die Meldung deS englischen Obersten Grierson. Zur Nbendtafel waren keine Einladungen ergangen. — Heute Morgen unternahm da» Kaiser paar einen Spazierritt in die Umgebung deS Neuen PalaiS. Ferner hörte der Kaiser Vormittag» die Vor träge de» CbefS de» Militärcabinet» und deS CbefS de» AdmiralstabeS. Um 12 Uhr empfing der Kaiser in Gegenwart der Staatssekretäre v. Ricktbofen und v. Tirpitz, de» Generaldirektor» de» Norddeutschen Lloyd Wiegand und deS GeneralrirectorS der Hamburg-Amerika- Linie Ballin die D over - Harb ona - Baa rd - Depu tation, die Pläne der in Dover im Bau befindlichen Hafen anlagen vorlegte. (-) Berlin, 3. September. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgrm. Zig." schreibt: Tie Abbestellung der Herbftvarabe de« Gardecorp» am 2. September ist in der Presse mit Rücksichten der anSlvärttgen PoUtlk in Verbindung gebracht worden. Wir möchten feststellrn, daß diese Auslegung irr- thümlich ist. Die Gründe de» Ausfall» der diesjährigen Herbstparade liegen auf sauttärem Erbiete. Eine Ver legung der künftigen Herbstparade auf einen Zeitpunkt vor dem 2. September ist nicht in Aussicht genommen. (-) Berlin, 3 September. (Telegramm.) Prinz Tfch» ist Nachmittag kurz nach halb vier Uhr mittels Sonderzuge» in Potsdam eingetroffen. Im Zuge befanden sich außer den chinesischen Würdenträgern General Hopfner »nd Major v. Lüttwid. Zum Empfange waren erschienen: der Commandant von Potsdam, Generalmajor v. Moltke, der Platzmajor Hauptmann v. Schwerin und der Polizeidirector Graf v. Bernstorff. Nach gegenseitiger Vorstellung bestieg der Prinz mit einem chinesischen Würdenträger und dem General Hopfner den Wagen zur Fahrt nach dem neuen Orangeriegebaude. Da« Gefolge begab sich ebenfalls in Wagen dorthin. — Die „Nat.-Zia." knüpft an die Meldung der Ankunft de» Prinzen die folgende, augenscheinlich auf amtlicher „Information" beruhende Auslassung: „Die Rückkehr de» Reichskanzler« Gras Bülow nach Norderney, sein« Ntchtanw«s«nhett bei dem demaächstigea Empfang de» chtnrstsche» Prinzen läßt erkennen, daß diesem Empfang keines wegs eine groß« politisch« Bedeutung beigemessen wird. Der Reichskanzler dürste aber während seiner Anwesenheit in Berlin darauf hingewirkt habe», daß bei dem Empfang d«< chinesischen Abgesandten der Zweck seiner Mission »tt der erforderliche. Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. Die» wird namentlich in der Ansprache deS Prinzen Tsckun au den Kaiser grlcheheu; d?r chinesische Entwurf derselben, in welchem kaum eia Bedauern über die Ermordung Le» deutschen Gesandten au-gedrückt war, ist wesentlich verschärft worden. Wie unS bestätigt wird, «mpsäng der Kaiier lediglich Len Prinzen Tschuu, der von seinem Dol metscher begleitet wird;.daS Gefolge deS Prinzen, daS sich iu Baiel durch Interview», z. B. mit dem Bertreter de» Pariser „Matin", wichtig gemacht hat und anscheinend dazu bestimmt mar, der Mission einen imposanten Zug zu verleihen, wird beim Kaiser überhaupt nicht vorgelassen. Daß der Reich»kanzler nicht anwesend sein wird, erwähnten wir schon; ein Vertreter de» auswärtigen Amtes dürfte dem Empfang aber beiwohnen, doch scheint noch nicht bestimmt zu sein, wer al» solcher anwesend sein wird. Prinz Tschun und seine Begleiter werden in der Orangerie nur zwei Tage wohnen und alsdann die für sie von chinesischer Leite in Berlin gemiethete Privatwohnung beziehen. Unter Leu vielen falschen Nachrichten, welche durch do» allzu intensive Interesse mancher Blätter für diese Affaire her- vorgerusen worden, befand sich auch «in« Meldung, wonach ein Herr von Bülow, eia „erblindeter Bruder des Reichskanzler»", der nach den Einen in Nizza, nach den Anderen in Lugano seine» Wohnsitz hat, in Basel brhus» Verhandlungen mit den Chinesen an wesend war. Dieser Herr von Bülow ist kein Bruder, sondern ein entfernter Verwandter de« Reichskanzlers, uud er hatte mit den Verhandlungen, die mit den Chinesen stattfanden, nicht- zu schaffen; er war nach Basel gekommen, um den Neffen de« Grasen Watdersee, den Leutnant von Rauch, zu besuchen, der mit den Chinese» ein getroffen war." — Durch die Ernennung de» bisherigen Landratb» Graf Bernstorff zum Polizeipräsidenten in Pot-dam, ist dessen Landtagsmandat für 1. Potsdam (West-Ostprirgnitz) er loschen, da er ein mit höherem Range und Gehalt ver bundene» Amt übernommen hat. * Grauvenz, 2. September. Am 8. September wird hier bekanntlich ein Deutscher Tag abgebalten. Der Ost- marken-Berein batte die Danziger Eisenbahn-Directioa gebeten, für diese Feier Rückfahrkarte» zum einfache» Prrise au-zugeben. Ueber die ertheilt« Anlwort berichtet der „Gesellige": „Der bescheidene Wunsch, daß im Eisenbahn- DirectionSbezirke Danzig für Sonntag, 8. September, vo» sämmtlichen Stationen nach Graudenz SonntagS-RÜckfahk- karten 3. Cl. zum einfachen Preise auSgrgeben werden möchten, wodurch in der einfachsten nuv bequemsten Weise für die Bahnverwaltung die Beförderung der Festtheilnebmrr zu regeln war, ist abgelebnt worden, e» sei „nach den neuer dings ergangenen Bestimmungen unzulässig." Auf diese Weise wird freilich nicht das Deutschtbum gefördert, ebenso wenig z. B. dadurch, daß im engherzigen fi-caUschrn Interesse vom 1. October ab die billigen Rückfahrkarten nach Marien burg einzeden, nach jener Hochburg de» DeutschthumS, von der Kaiser Wilhelm II. im September 1894 im Sieben- Pfeiler-Saale des HockschlosseS gesagt hat, er „möchte der Provinz von Herzen wünschen, daß sie die Marienburg stet» als ein Wahrzeichen de» DeutscktbumS anseben möge." * Bochum, 2. September. Durch den Rückgang der Conjunctur ist eine große Zahl von Arbeitern überzählig geworden. Viele Zechen und industriell« Werke sind zwar auch heute noch nach besten Kräften bemüht, Arbeiter entlassungen durch Einlegen von Feierschichten oder Lohn- reductionen vorzubeugen, nichtsdestoweniger aber mehren sich von Woche zu Woche die überzähligen Arbeiter. In erster Linie werden von den Kündigungen die ausländischen Arbeiter, Polen, Italiener u. s. w. betroffen, die in den Tagen der Hoch konjunktur in Hellen Schaaren in das Goldland an der Ruhr zogen, wo sie Verwandte und Freunde hatten, die ihnen die Zustände im westfälischen Jndustriebezirke in den lachendsten Farben schilderten. Nun aber macht sich ein Zurückfluthen der auS dem Süden und Osten zu un- gekommenen Arbeiter be merkbar, die ihre Ersparnisse im Jndustriebezirke, wo alle Lebensbedürfnisse sehr theuer sind, nicht wieder aufzehren wollen. Die Bahnhöfe bieten daher in diesen Tagen ein bunt- bewegteS Bild. (-) Köln, 3. September. (Telegramm.) Der Kron prinz traf Mittags au« Dlissingen hier eia und reiste nach kurzem Aufenthalte nach Bonn weiter. ch Eisenach, 2. September. Der diesjährige Sedantag batte für di« Wartburgstavt eine ganz besondere Bedeutung. Auf der aussichtsreichen Höbe de» Watenberge», dort, wo einst bei Gelegenheit de» denkwürdigen BurschenschaftS- feste» 1817 der Landsturm hochflackernde Siegesfeuer anzüa- deten und die Burschenschafter Insignien deutscher Schmach in die Flammen warfen, wurde am heutigen Vormittag der Grundstein <zu einer BiSmarcksäule gelegt. Zu der Feier waren Bertreter der Militär-, Staat»- und Civil- bebörden und ein zahlreiche» Publicum erschiene». Auch der Schöpfer deS preisgekrönten BiSmarckthurm-Entwurf- „Götter dämmerung", Architekt KreiS-Dre-den, sowie Bertreter der deutschen Studentenschaft und zahlreicher Vereine mit ihren Fahnen, in Eisenach zufällig weilende schwedische Officiere rc. waren anwesend. Den Höbepunct der Feier bildete die Fest rede de» OberpfarrerS v. Kiefer. tk. Au« Thärtngen, 3. September. Auf Befehl de» Großherzog» von Weimar soll de» verewigten Prinzen Hermann in sämmtlichen Schulen de» Lande» morgen, am Tage der Beisetzung, oder an einem folgenden Tage durch eine Ansprache oder auf andere geeignete Weise gedacht werden. — Der herzogliche Hof von Altenburg legte für den verstorbenen Prinzen Hermann von Sacksen-Weimar Trauer auf zwei Wochen an. — Für die berzvglichen Höfe in Meiningen und Coburg ist Trauer auf eine Woche -"gesagt. Altenburg, 3. September. Der Schulvorstand von Meuselwitz ist zu dem Entschlüsse gekommen, der durch die »euere Gesetzgebung sehr erweiterten Haftpflicht der Lehrer dadurch ihre Härle zu nebmen, daß er sämmtliche Lehrer der Stadt bei der Gesellschaft „Wilhelm»" in Magde burg gegen Haftpflicht versichert. Andere Städte dürfte» diesem Beispiele folge».
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