Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010905011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901090501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901090501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-05
- Monat1901-09
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-.PretS t» der Havptexveditto» oder de» im Et»dp beeirk und de» Vororte» errichtete» Lu» «abestelle» abgeholt: vierteljährlich 4 KO, bei zweimaliger täglicher Zu stell»»- i-S Haut ^l K.KO Durch di» Post bezog«» für Deutschland u. Oesterreich: vierteljührl. »l 6. Mau abonutrt ferner mit eutiprechendem Postaufschlag bei de» Postanstalteu t» der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rügland, den Douaustaaten, der Europäische» Türkei, Egypten. Für all» übrigen Staate» ist der Bezug nur unter Kreuzband durch dta Expedition diese« Blatte« möglich. Di« worgn,.«n«gabr erscheint n« '/,7 Uhch di« Lbend-«u«gab« Wochentag« nm L Utzk. Ne-action und LrvedMon: Jvhannt-gasse 8. Fittairn: Alfred Hahn vorm. lv. Klemm'» Sorttn». Üuwersität-straße 3 (Paultuum), Louis Lösche, MMmttnenftr purt. und Künia«vlatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMer. TaMM Anzeiger. Ämtsölatk des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 5. September 1901. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile L5 «rrlomen anter dem Redaeno»«ftria» (»gespaltea) 7b vor den Familie»nach» richten (S gespalten) KO Tabellarischer and gissernlah entsprechend höher — Gebühre» für Nachweisungen und Offertenanaahm» Lk H (excl. Porto). Ertra-iveilagk« (gesalzt), an, mit der Morgeu-AuSgad«, ohne Poftbrförderung 60.—, mit Postdesördernag 7V.—. ^nnakmeschluk für Anzeige«: Abead-Ail-gabe: vormittag« tv Uhr. Margen-Uu-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei de» Filialen and Annahmestelle» je et« halbe Stund« früher. Anzeigen find stet« au di, Expedition z» richte». Dir Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 95. Jahrgang. Vas Einkommen in Sachsen. n. Es ist von uns darauf hingewiesen worden, daß der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahr« auch das Einkommen der ärmeren Classen ganz allgemein gesteigert und ihre Lebenshaltung gebessert habe. Im Jahre 1894 hatten von 1496 566 Eingeschätzten nicht weniger als 265 755 — 17,76 Procent nur bis zu 400 -F Jahreseinkommen. Dies« Zahl war 1896 auf 217 964 — 13,78 Procent gesunken und hatte sich 1900 auf 188988 --- 10,82 Proccnt gemindert. Die Zahl ist immer noch hoch genug, namentlich, wenn man berücksichtigt, daß eS sich bei diesen Personen mit geringstem Einkommen keineswegs allein um Jnvalrven und Dienstboten, sondern auch um, wohl besonders Hausindustrien - thätrge Familienvater handelt, die Kinder zu ernähren haben. Immerhin ist die Minderung dieser Gruppe der Mindesteingeschätzten eine erhebliche. Auch die Zahl der wenig bemittelten Eingeschätzten mit über 400 bis 1100 Mark hat sich seit 1896, zwar nicht absolut, wohl aber procentual, von 65,70 aus 68,64 Procent verringert. Weit erheblichere Stei gerungen weisen allerdings die mittleren und die höheren Steuer- claffen seit 1896 auf. ES betrug nämlich die Zahl der Einge schätzten mit über IMS I9M 1100 bis 2 200 Einkommen 216 247 311188 43,9 2 200 s 8 300 s s 92 656 115108 24,2 8 300 s 26 000 s s 12 414 15 405 24,1 26 000 s 100 000 s s 2 805 3 678 31,1 100 000 0 300 000 n s 334 477 38,1 300 000 L 600 000 - 46 81 76,1 600 000 s 1000 000 s 8 16 100.0 1000 000 - B 6 9 50,0 Im Jahre 1896 bezogen von allen Eingeschätzten 79,48 Pro- cent nicht mehr als je 1100 Jahreseinkommen und nur 0,02 Procent über 100 000 Diese letzteren 0,02 Procent -hatten aber einen höheren Steuerbetrag zu entrichten, als jene 79,48 Procent der untersten Einkommensclasien. Im Jahre 1900 kamen rluf die Eteuerzruppe» Bon je IM Sin- Din je IM Ml. Bo -te IM Ml. gkschijyvn Capital Stcucrn bis 1100 Einkommen 74,46 36,99 11,22 über 1100 - 2 200 s 17,82 20,66 13,83 2 200 - 8 300 6,59 19,19 26,02 8 300 - 26 000 - » 0,88 9,45 17,18 26 000 - 100 000 s s 0,21 7,49 16.16 100 000 s 0,04 6,22 15,59 In wesentlich rascherer Progression, als daS Gesammtein- kommen der sächsischen Bevölkerung gestiegen ist, haben sich die Steuerbeträge erhöht. Während daS steuerpflichtig« Einkommen in den Jahrzehnten 1880 bis 1900 von 982 451967 auf 2 214 069 000 c^, das ist um 120 Procent, gestiegen ist, hat sich der Steuerbetrag von 12116 044 auf 35 242 597 also um 190 Procent, erhöht. DaS verhältnißmäßig stärker« An wachsen der Steuerbetrages ist als ein günstiger Zeichen zu be trachten, weil e» auf eine beträchtliche Erhöhung deS Einzelein- kommenS und der Durchschnittseinkommen zurückzuführen ist. Die Zahl der kleinen Einkommen hat sich relativ vermindert, die Zahl der mittleren und großen ist absolut und relativ nicht unbe trächtlich gestiegen. In den Tabellen der Veröffentlichung des königlich sächsischen Statistischen BureauS sind die Steuerbeträge für die ErhebungS- jahre 1880 bis 1900 «inerse-t- getrennt für Städte und Dörfer, andererseits mit Unterscheidung zwischen physischen und juri stischen Personen aufgefllhrt. Die Steuerbeträge der Gtädteund Dörfer beliefen sich 1880 1800 Mart M.» in den Städten auf 7 821 958 25 490 392 in den Dörfern 4 294 086 9 752 205 in den Städten u. Dörfern 12116 044 35 242 597 In dem ganzen zwanzigjährigen Zeiträume betrug also die Zunahme der Steuerbeträgc in den Städten 17 668 434 gleich 225,9 Procent, in den Dörfern 5 458119 --- 127,1 Procent, zusammen 23126 553 — 190,0 Procent. Nach dem sächsischen Einkommensteuergesetz sind auch die „juristischen Personen", daS heißt solche Gemeinschaften und Per sonengruppen steuerpflichtig, denen in Bezug auf DermögenS- erwerb und die Fähigkeit, gewisse Rechte auSzüüben und Verbind- litbkeitrn einzugeben, die Eigenschaften von Einzelpersonen zu erkannt sind.. Nach dem für 1900 noch zutreffenden Gesetze vom 2. Juli 1878 waren steuerpflichtig 1) die Gemeinden und die übrigen Personen der öffentlichen Rechte», ebenso di« mit dem Rechte d«S VermögenSerwerbeS auSgestatteten Stiftungen, An stalten und Personenvrreine hinsichtlich de» Reinerträge» ihre» in Grundbesitz, in einem gewerblichen Betriebe oder sonst werbend angelegten Vermögen», abzüglich der Zinsen der von ihnen aufgenommenen Anleihen; L) Aktien - Gesellschaften, Eommandit - Gesellschaften au Aktien, Bergwerklaesellsöbaften und Erwerbs« und Wirtschaft-- genoffenschaften hinsichtlich der Ueberschüffe, die als Actien- zinsen oder Dividenden, gleichviel, unter welcher Benennung, unter die Mitglieder verteilt oder zur Bildung von Reservefonds oder zur Schuldentilgung verwendet werden; 3) liegende Erb schaften und andere, mit dem Rechte de» vrmögen»erw«rb» auS- aestattete DermögenSmaffen hinsichtlich ihrer gesammtrn reinen Ertragnisse. Alle diese Vereinigungen und vermögen»mosfen werden in der vorliegenden Steuerstrrtistik de» königlich sächsischen Statistischen Bureau» schlechthin al» juristisch« Personen be- zeichnet. Sin vergleich der physischen mit diesen juristischen Personen ergiebt Folgende«: In der Zeit von 1880 bi» 1900 Ist di« Zahl der physischen Personen um 623 543 56 Procent, dir Zahl der "juristischen aber um 3319 — S1F Procent ge- stiegen. Gleichzeitig hat sich da» Einkommen der Ersteren um 1170 215 737 oK --- 123 Procent, da» der Letzteren um 61401396 ^ -- 197,7 Procent erhöht. Da» verhiiltniß jwtschm de« Steuerleistungen der physischen und der juristischen Personen ergiebt sich auS folgenden Zahlen. ES betrug daS Steuersoll 1S80 ism Mark Mark der Physischen Personen 11289 076 31 841 684 der juristischen Personen 826 968 3 400 913 der physischen und juristischen Personen 12116044 35 242 597 ES erhöht« sich also innerhalb deS zwanzigjährigen Zeit raumes der Steuerbetrag der physischen Personen um 20 552 608 Mark 182 Procent, jener der juristischen Personen um 2 573 945 — 311 Procent, zusammen um 23126 553 oder 190 Procent. Man sieht deutlich aus diesen Zahlen, wie gewaltig di« Steuerkraft des sächsischen Volkes am Aus gange deS 19. Jahrhunderts gestiegen ist. Auch in der Steuer wmmt eS zum Ausdruck, daß besonders Großbetriebe, deren lnternehmer Gesellschaften oder WicthschastSgcnossenschaften ind und die meist mit großen Capitalien arbeiten, verhältniß- mäßig stark an dem wirihschaftlichen Aufschwünge der letzten Jahrzehnte betheiligt gewesen sind. Besonders im letzten Jahr zehnt haben die Einnahmen der juristischen Personen eine starke Zunahme erfahren, die auch RegierungSasscssor vr. Wächter in seiner Bearbeitung der sächsischen Einkommensteuerstatistik, zum Theil wenigstens, auf die abgeschlossenen Handels verträge zurückführt. Der genannte Statistiker bemerkt: „Gerade die Zeit ^der Wirksamkeit dieser Handelsverträge ist besonders für das industriereich« Königreich Sachsen durch «inen wirihschaftlichen Aufschwung charakterisirt, wie ihn das Land vorher niemals durchgemacht oder kennen gelernt hat." Der Zahl nach haben die Gemeinden und sonstigen juristischen Personen dek öffentlichen Rechtes am meisten zuzenommen, näm lich um 2719 oder 94,9 Procent, während die Zunahme dec Aktiengesellschaften nur 530 oder 84,4 Procent beträgt. Aber auch die starke Zunahme der juristischen Personen des öffentlichen Rechtes steht mit der günstigen industriellen und kommerziellen Entwickelung des Landes im engsten Zusammenhänge, denn es ind Sparcassen, von Gemeinden verwaltete Legate, Vermächtnisse und Stiftungen, öffentliche Speisean st alten, Kinderbewahran st alten und onstige gemeinnützige Einrichtungen, durch velch« die Zahl der juristischen Personen -es öffentlichen Rechts o erheblich zugenommen hat. DaS Einkommen der Gemeinden und sonstigen juristischen Personen deS öffentlichen Rechts hat in den beiden letzten Jahr zehnten eine Zunahme um 11327 846 — 117,1 Procent er ¬ fahren, das Einkommen der Aktiengesellschaften u. s. w. aber eine Zunahme um 50 095 574 -L --- 238,22 Procent. Die haupt sächlichste Steigerung der Einkünfte der Aktiengesellschaften ist seit dem Jabre 1890 eingetrcten; während des letzten Jahrzehnts haben sich diese Einkünfte verdoppelt. Wir konnten hier nur das Wichtigste aus der neuesten Ver öffentlichung des königlich sächsischen statistischen BureauS hervor heben. Wer die Structur der sächsischen Einkommensverhältnisse näher kennen lernen will, der muß die vortreffliche, mit zahl reichen Tabellen auSgestattete Arbeit deS NegierungSasscssors vr. Wächter selbst zur Hand nehmen. Auch im Uebrigen zeichnet sich das neueste Heft der amtlichen Zeitschrift der ge nannten königlichen Behörde durch werthvolle Abhandlungen von vr. Ganzenmüllcr und Assessor Or. Lommatzsch auS, auf die wir vielleicht gelegentlich zurückkommen. Der Empfang des Sühneprinzen. ES liegen unS folgende Depeschen auS Wolff'S Bureau vor: (-) Potsdam, Neue- PalaiS, 4. September. (Tele gramm.) Um >2 Uhr begab sich Prinz Tschun von dem Orangerie-Gebäude nach dem Neuen PalaiS. Der Prinz fuhr in einem offenen Zweispänner mit einem kaiser lichen Jäger auf dem Bock. Neben ibm saß der neue chine sische Gesandte, auf dem Rücksitz Generalmajor v. Höpfner. In vier weiteren königlichen Wagen folgten die chinesischen Würdenträger. Bor dem PalaiS hatte die Schloßgarde unter Oberstleutnant Freiherrn v. Berg Aufstellung ge nommen, ebenso eine Abteilung GardeS du Corp». Im Muschelsaale, wo rin Tbron errichtet war, empfing ver Kaiser, den Marschallstab in der Hand, den Prinzen. Bei der Audienz waren zugegen Prinz Eitel Friedrich, die übrigen hier anwesenden Prinzen, di« anwesenden Hofchargen, der Staatssekretär deS Aus wärtigen, Freiherr v. Richtbofen, die Staatsminister, daS allerhöchst« Hauptquartier, die CadineiSchefS, die Generalität und die RegimentScommanbeure. Der Prinz verlas da» Schreiben de« chinesischen Kaisers, daS auf gelbe Seide geschrieben und ebenso ringe- Kunden war. Inzwischen hatte auf der Terrasse vor dem Neuen PalaiS eine Ehrencompagnie des Lehrinfanterie- bataillonS mit Fahne und Musik Aufstellung genommen; zur Seite war eine Schwadron Leibgardedusaren aufgeritten. Als der Prinz auS dem PalaiS hrrau-trat, präsentirte die Ehrencompagnie und die Musik intonirte den Präsentir- marsch. Der Prinz schritt, von Generalmajor v. Hodpsner begleitet, dir Front der beiden Truppenabtbeilungen ab, indem er nach chinesischer Art mit gefalteten Händen salutirte. Der Kaiser empfing in einer beute Mittag statt gehabten Audienz aus den Händen de« Prinzen Tschun ein Schreiben d«S Kaiser« von China, in dem dieser in feierlicher Weise sriuem tiefsten Bedauern über vie Ermordung des deutschen Gesandten Frei- derrn v. Ketteler Ausdruck giebt. Die bei diesem Anlaß vom Prinzen Tschun gebaltene Anrede hatte, inS Deutsche übertragen, folge» vro Wortlaut: Im Auftrage de« große» Kaiser«, mria«S allergnädigstin Herrn und Gebieter«, hab« ich di« Ehr«, allerhSchstdefle» Schreiben in Eurer Majestät kaiserliche Hände zu üb«rgeb«a. Nach den im vergangenen Jahre in China eiageireteaea aufständische» Bewegungen fühlte dec kaiserlich« Hof au« «ig«oe» Antrieb« nicht wenig» al« ans verlangen der «Rächt, di« verpstichtaug, durch «in« b«s»nd«r« Mission nach D«utschland E«r» Majestät «1» aufrichtig»« Bedauern ttbu düs vorkommntß, t»»b«so»drre üb« den Vorfall. d«m Enn Majestät au-gezeichneter Gesandter Freiherr v. Ketteler zum Lpser .gefallen ist, ouszudriicken. Um die Aufrichtigkeit diese- Bedauerns über allen Zweifel zu erheben, bestimmte Seine Majestät der Kaiser seinen nächsten Blutsverwandten für die Mission. Ich bin in der Lage, Ew. Majestät zu versichern, daß der Kaiser, mein aller« inädigster Herr, Liesen Wirren, die großes Unglück über Chinaund fürDeutschlandverluste undSorgen gebracht haben, im vollsten Sinne des Wortes fern gestanden hat Tennoch bat nach einem seit Jahrtausenden bestehenden Gebrauche der Kaiser von China die Schuld dafür auf seine eigene geheiligte Person genommen. Ich habe daher den Aus- irag, die innigsten Gefühle des Kaisers, meines erhabenen Herrn, für Ew. Majestät bei der Ueberreichung diese- LchrcibenS zum Ausdruck zu bringen. Auch bei Ihrer Majestät der Kaiserin und der ganzen kaiserlichen Familie bin ich beauftragt, der Dolmetsch dieser Gesühle des großen Kaisers von China zu sein und den Wunsch auszudrücken, daß Ew. Majestät Haus blühe und Gesundheit, Yliick und Segen in vollstem Maße genieße. S. M. der Kaiser Chiaas hofft, daß die Ereignisse des vergangenen Jahres nur eine oorübergehende Trübung gewesen sind, und daß, nachdem oaS Gewölk nunmehr der Klarheit des Friedens gewichen, die Völker Deutschlands und Chinas sich gegenwärtig immer bess r verstehen und schätzen lernen mögen. Dies ist auch mein auf richtigster Wunsch." Hierauf richtete der Kaiser nachstehende Antwort an den Prinzen: „Nicht ein heiterer, festlicher Anlaß, noch die Ersiillung einer einfachen Höflichkeilspflicht haben Ew. kaiserliche Hoheit zu Mir geführt, sondern ein tiestrauriger, hochernster Vorfall. Mein Gesandter am Hofe des Kaisers von China, Freiherr v. Ketteler, ist die auf höheren Befehl der erhobenen Mordwaffe kaiserlich chinesischer Soldaten in der Hauptstadt Chinas erlegen, ein unerhörtes Dcr- -rechen, das durch das Völkerrecht und die Sitten aller Nationen gleich sehr gebrand markt wird. AuS Eurer Kaiserlichen Hoheit Munde habe ich soeben den Ausdruck des aufrichtigen und tiefen Bedauern- des Kaiser- von China über Las Vorkominniß vernommen und Will gern glauben, daß Ew. Kaiser!. Hoheit kaiserlicher Bruder persönlich dem Verbrechen und Len weiteren Grwaltthaten gegen unverletzliche Gesandtschaften und friedliche Freunde fern ge st an den haben. Um so schwerere Schuld trifft seine Nathgeber und seine Regierung. Diese mögen sich nicht darüber täuschen, daß ihnen die Entsühnung und Verzeihung sür ihr Verschulden nicht durch die Sühnegesandtschast allein ausgewirkt werden kann, sondern nur durch ein späteres Verhalten gemäß den Vorschriften des Völkerrechts und der Sitte civilisirter Nationen. Wenn der Kaiser von China die Negierung deS großen Reiches für erhin streng im Geiste dieser Vorschriften führt, wird auch seine Hoffnung sich erfüllen, daß die trüben Folgen der Wirrsale deS ver gangenen JahreS überwunden werden und zwischen Deutschland und China wieder wie früher dauernd friedliche und freundliche Beziehungen herrschen, die beiden Völkern und der gestimmten Civilisation zum Lege» gereichen. In dem aufrichtigen, ernsten Wunsche, daß dem so sein möge, heiße ich Eure Kaiserliche Hoheit willkommen." Die authentische Meldung deS „Reicksanzeigers" berichtigt die erste Wvlfs'scke Depesche auS Potsdam insofern, als fest gestellt wird, daß Prinz Ttchun nicht den Brief deSKaisers von China verlesen, londern nur übergeben, aber außerdem eine Ansprache gehalten hat. Ihren wesentlichen Inhalt erfährt man durch die kaiserliche Antwort, die erfreulicher Weife der Besoigniß, daß der „Sübneprinz" über das gebotene Maß hinaus geehrt und dadurch dem ganzen Acte in den Augen der Chinesen ein seinem Zwecke widersprechender Charakter werbe ausgeprägt weiden, ein gründliches Ende bereitet. T Potsdam, 4. September. Ter Kaiser hat heute Nach mittag 3 Uhr dem Prinzen Tschun in der Orangerie einen Besuch abgestaltet. Der Untergang der „Wacht". Die Herbstmanöver der Marine haben ein schweres Opfer gefordert — der kleine Kreuzer „Wacht" ist nach einem Zu sammenstoß mit dem Panzer „Sachsen" gesunken. Zur Stunde liegt noch nicht! Nähere- über das Unglück vor, außer der lakonischen Depesche, die wir hier für unsere auswärtigen Leser wiederholen: (-) Berlin, 4. September. (Telegramm.) Der Ches der Herbstübungsflotte meldet auS SastrUtz: Der kleine Kreuzer „BZ acht" ist nach einem Zusammenstoß mit dem Dampfer „Sachsen" in der Nab« von Arcona ge« funken. Verluste au Menschenleben sind lonhrschetul ich nicht ,« beklagen. Hoffentlich bestätigt sich der letzte Satz deS Telegramms, dann braucht man den Verlust deS Schiffes wenigstens nicht allzu tragisch zu nehmen. Der kleine, ungeschützte Kreuzer (Aviso) „Wacht" ist 1887 vom Stapel gelaufen, 80 Meter lang, 9,6 Meter breit, hat 4 Meter Tiefgang, ein Deplacement von 1250 Tonnen, ist armirt mit 4 Schnellladekanonen (Caliber 8,8 Centimeter), 2 Maschinengewehren und 3 Torpedolancirrinrichtungen (davon 1 unter Wasser). Seine Maschine zeigt 4000 Pferdekräfte an, seine Fahrgeschwindigkeit beträgt 19,0 Knoten. Die Be satzung besteht normal au« 141 Mann. Der Krieg in Südafrika. Vromanry und Bocre». * Die „Daily Mail" veröffentlicht einen Brief, der die Ge schichte eines Nachtangriffs auf ein Boerenlager in der Nähe von Harrismith giebt. Der Brief ist von einem Soldaten an Freunde in England geschrieben worden und lautet folgendermaßen: Die Angriffsabttzeilung, bestehend aus 300 Mann der 35. Compagnie der Rcichs-Icomanry und no Mann von den Harrismith Light Horse, verließ das Lager am Morgen des 28. Juli kurz vor Sonnenaufgang. Die Abteilung war ausgezeichnet beritten. Nachmittags gegen 3 Uhr kamen drei Mann auf das Lager zu und wurden von den Posten angehalten, es stellte sich dann heraus, daß es drei Leute von den am Morgen abgerückten Mannschaften waren, die ihren Weg verloren hatten und es dann für das Beste gehalten hatten, wieder in das Lager zurückzutehren. Den ganzen Nachmittag über kamen dann noch mehr zurück, gewöhnlich zu zweien oder dreien. Schließlich kam es heraus, daß die Aromen in eine ihnen vom Feinde gestellte Falle gegangen waren. Sie verloren einen Officier, der fiel, drei Verwundete und dreißig Gefangene. Einer der Zurückkehrenden erzählte dem Briefschreiber, was sie erlebten. Die Boeren nahmen ihnen Alles weg. Hüte, Bandeliers, Gewehre, Röcke, und sagten ihnen, das Klügste für sie wäre, nie wieder nach Harrismith zurückzutehren. Am meisten aber freuten sich die Boeren über die Pferde, die sie erbeuteten; sie streichelten die Thiere immer wieder und sagten: Das ist gerade, was wir brauchen können. Die oben angeführten Verluste wurden, wie die „Daily Mail" hinzufügt, Anfang August vom Kriegsministerium veröffentlicht, aber ohne die Gefangenen zu erwähnen. Tie Bocrcn in Madagaskar. ?. 6. Die Nachricht, daß in Diego Suarez auf Mada gaskar in jüngster Zeit eine Anzahl von Boeren angekommen ist, welche bleibenden Aufenthalt auf der Insel nehmen und Colonien anlegen wollen, hat die französischen Colonialkreise sehr be friedigt, da man überzeugt ist, daß diese im Landbau und in Geschäften erfahrenen Ansiedler viel zur Hebung der Coloni- sirung Madagascars beizutragen vermöchten. Die „Döpöche Co loniale" giebt dieser Auffassung in folgender Weise Ausdruck: Die Besiedelung der großen afrikanischen Insel kann durch die Anwesenheit und die Rathschläge der Nachbarn aus dem Trans vaal nur gewinnen, da beide Länder in vielen Beziehungen ein ander ähnlich sind. Da die Boeren zumeist Viehzüchter sind, werden ihre Rathschläge in allen Fragen der Viehzucht, die auf Madagascar die günstigsten Erfolge verspricht, von Werth sein. Auch in montanistischer Beziehung zeigen beide Länder große Aehnlichkeiten, so daß man nur mit Befriedigung der Ansiede lung von Arbeitern entgegensetzen kann, die für Bergwerksunter nehmungen befähigt und geeignet sein werden, die bestehenden Betriebe wcilerzuentwickeln. Abgesehen von dem unmittelbaren Werth, welckem diese Einwanderung in Bezug auf die Ver mehrung der Arbeitskräfte innewohnen würde, käme auch das ausgezeichnete Beispiel in Betracht, das sie den Eingeborenen geben würden, welche die Bczirkscommandanten zu den verschiede nen Bodenbearbeitungen heranzuziehen suchen. Es wäre dem nach nur zu wünschen, daß die vom afrikanischen Festlande aus- wcindcrnden Boeren Madagascar sich zum neuen Wohnsitz wählen. Der greise englisch« Feldmarschall Sir Ne ville Chamberlain hat mit Bezug auf di« Einrichtung der „Concentrations-Lager" in Südafrika ein Schreiben an den „Manchester Guardian" gerichtet, in dem es heißt: „Die englische Armee Hai niemals einen Act so wahnsinniger und vollständiger Verwüstung begangen. Die Todesfälle in den ConcentrationS-Lagern betrugen im Monat Juli 187 Frauen von 31225 und 1117 Kinder von 44 594. Da muß man die Verse des schottischen Dichters BurnS anrufen, der sagt«, das Unglück der Frauen und Kinder könnte selbst Steine erweichen." Der verhaftete frühere Boerenbeamte vr. Kraus« befindet sich seit mehreren Monaten in England und soll, nachdem er seine Zugehörigkeit zur britischen Krone erklärt hatte, heimlich Informationen von Wichtigkeit an die Boeren in Südafrika ge sandt haben. Seine Verhaftung soll mit der Mcrriman's auf seinem Gute in der Capcolonie in Verbindung stehen, und man glaubt, daß Krause zur Verhandlung nach Südafrika auSgeliefert werden soll. Weitere Verhaftungen dürften folgen, da die eng lische Regierung die Mißerfolge in Südafrika letzt mit angeb lichem Verrath beschönigen möchte. Deutsches Reich. u Berlin, 4. September. (Die Schuld an den Betriebsunfällen.) Di« socialdcmokratische Presse liebt es, die Schuld für die Unfälle, welche in den Betrieben Vorkommen, hauptsächlich den Arbeitgebern zuzuschieben, und be harrt bei diesem Verhalten, obschon die Unfallstatistiken deS ReichS-DersicherungSamteS, sowohl die für 1887, wie die für 1897, nachgewiesen haben, daß die Arbeitnehmer bei der Veranlassung von Unfällen weit größere Schuld, als die Arbeit geber trifft. Wie oft die Arbeiter gegen UnfallverhütungSvor- schriften verstoßen, geht auch aus dem neuesten Berichte der Rheinisch westfälischen Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft her vor. Danach sind dem Genoflenschaftsvorstand« im Jahre 1900 nicht weniger als 346 Bestrafungen von Arbeitnehmern wegen Nichtbeachtung gegebener Unfallverhütung-Vorschriften zur Kenntniß gekommen. Diese Bestrafungen sind zum Theil durch dir Werke selbst und zum Theil auf Antrag des Genossenschafts vorstandes durch die Krankenkassen verfügt. Man ersieht darau», wie notwendig «S ist, bi« Arbeiter auf die möglichste Vermeidung der Betriebsgefahren immer von Neuem aufmerksam zu machen. Da die Socialdemokralie stets nur den Arbeitgebern die Schuld an den Unfällen zumißt und die Arbeiter selbst niemals über die ihnen zustehcnden Pflichten aufklärt, so wird eS um so not wendiger, daß die Arbeiter durch Bestrafungen an ihre Pflichten erinnert werden. ES ist nur zu wünschen, daß bas Beispiel, welches dir Rheinisch ^westfälische Hütten- und WalzwerkSberusS- genoflenschaft gegeben hat, in anderen BerufSgenoflenschaften befolgt wird; den Interessen der Arbeiter selbst wird damit am besten gedient werden. Daß die Arbeitgeber die Pflicht haben, auch ihrerseits der Instandhaltung der UnfallverhütungZvorrich-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite