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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010906014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901090601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901090601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-06
- Monat1901-09
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Anzeigeu-PreiS die 6gespaltene Petitzeile SS Neelame« unter dem RedacrionSstrich (»gespalten) 7S Lp vor de» Familtennach» richten (S gespalten) »0 Tabellarischer nnd Ztffernsatz entsprechen» HSHer. — Gebühre» für Nachweisungen and Offerteaannayme LS (excl. Porto). lkrtra veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgab«, oha« Postbefürderuug 60.—, mit Postbesördernng ^l 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Lb«nd->a»gab«r vormittag» Ul Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet den Filialen and Annahmestelle» je «ins halb« Staude fmher. Anzeigen find fiel» au di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» uuuuterbrochen geöffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig Freitag den 6. September 1901. 95. Jahrgang. Aktenstücke über dir zweite Antersuchnngsliaft Hicket's. Von dem Vertheidiaer Hickel'S, Rechtsanwalt Horn in Insterburg, sind der „Nat.-Zlg." die auf die zweite Unter suchungshaft Hickel'S, welche nach seiner ersten Freisprechung in ungesetzlicher Weise angrordnet und aufrechterballen wurde, bezüglichen Aktenstücke zugegangen. Wir tbeileu diejenigen mit, welche für die unausbleibliche weitere Erörterung der An gelegenheit wichtig sind. Diesen Urkunden ist die Bemerkung vorauSzuschicken, daß in den Acten rin Befehl des Gcneral- leutnan» von Alten, Hickel nach der Freisprechung freizu lassen und demnächst vorläufig wieder festzunehmen, nickt vorhanden ist. Ebensowenig ist ein Befehl des NegimentS- commandeur», des Ob-rstcn von Winterfeldt, über die vor läufige Festnahme Hickel'S bei den Acten. Entweder sind diese Befehle nicht vorhanden oder die Acten sind unvoll ständig. Letzteres scheint jedock nickt sehr wahrscheinlich. Telegramm. Generalleutnant von Alten. AryS. Insterburg. 1901, den 4. 6. um 4 Ut>r 20 Mm. (Morgens). Excellenz bitte kriegsgerichtlich freigejprochenen Sergeanten Hickel Gumbinnen mittels drahtlichen BeiehlS aui freien Fuß zu setzen. Ablehnendrnfalls Drahtbejcheid. Rechtsanwalt Horn. Protokoll. Verhandelt Gumbinnen, 4. Juni 1901 (etwa 8 Uhr Nachmittags). Gegenwärtig: I) Oberlt. Roether als Gericktsofsicier, 2) Sergeant Conrad al» Militärgerichtsschreiber. Z. P.: Wie früher. Z. S.: Mir ist heute bekannt gegeben, daß der Gerichtsherr, Se. Excellenz Generalleutnant von Alten, gegen das gestern gegen mich ergangene sreijprcchende Urtheil Berufung eingelegt hat, und daß ich deshalb wegen der Gefahr der Verdunkelung des Thal bestandes vorläufig festgenommen bin. Hickel. Roether, Oberleutnant u. Gerichtsosficier. Conrad, Sergt. u. Militärgerichtsschreiber. Diese Verhandlung soll eine Vernehmung des Ange klagten gemäß tz l81 M. St. G- O. sein! Telegramm. Rechtsanwalt Horn. Insterburg. Rastenburg, 1901, den 4. Juni um 8 Uhr 13 Min. (Abends). Kann erst von Insterburg aus verfügen. von Alten. Ausweislich des vorstehenden Protokolls war diese Ver fügung bereits getroffen! Telegramm. Commandirender General. Königsberg. Insterburg, 1901, den 4. Juni um 9 Uhr 40 Min. (Abends.) Haftsache. Recktsbeschwcrde. Sergeant Hickel, Gumbinnen vom Kriegsgericht zweiter Division gestern von Anklage Mordes frei gesprochen. Gerichtsherr heute fünf Uhr Morgens drahtlich ersucht, gemäß 8 1?9 Strafqerichtsordnung Untersuchungshaft auszuheben, antwortet Abends 8 Uhr aus Rastenbnrg, könne erst von Inster burg ans verfügen. Bitte sofortige Freilassung veranlassen. Bertheidiger Rechtsanwalt Horn. Telegramm. 8. 8. Rechtsanwalt Horn. Insterburg. Königsberg. 1901. Den Sten 6. um 12 Uhr SS Min. (Mittais.) Rechtsbeschwerbe in Sachen Hickel aus Paragraph 179 noch Para graph 373 gesetzlich unzulässig. Generalcommando. Telegramm. Commandirender General. Königsberg. Insterburg. 1901. Den Sten 6. um 2 Uhr 30 Min. (Nach mittags). RechtSbeschwerde in Sachen Hickel in 8 !7S ausdrücklich zugelassen. Beschwerde nach Freisprechung eingelegt und begründet, weil nunmehr nach 8 179 Untersuchungshaft gesetzwidrig. Erhalte ich bis heute Abend 8 Uhr keine Nachricht von der Freilassung Hickel'», so werde ich Verfahren aus 8 239 Reichsstrafgesetzbuch wegen Freiheitsberaubung einleiten lassen. Rechtsanwalt Horn. Telegramm. Rechtsanwalt Horn, Insterburg. Königsberg, 1901 den 5. Juni um 7 Uhr (Abends). In Rechtsbeschwerde Hickel trifft 8 >7L nicht zu. Zuständig ist allein Gerichtsherr 2. Division, dessen Entscheidung noch gar nicht vorliegt. RechtSbeschwerde auch deshalb unzulässig. General-Commaudo. Die Entscheidung des Gerichtsherrn lag aber bereits nach dem obigen Protokoll vor! Am Morgen des 6. Juni bat NecktSanwalt Horn den Generalleutnant von Alten schriftlich um eine Unterredung in der Sache Marlen und Genossen und erhielt im Laufe de» Vormittages die schriftliche Nachricht, daß Herr von Alten ihn Nachmittag» um 3 Uhr erwarte. Die Unterredung fand um 3 Uhr Nachmittags statt. Eine Stunde früher sandte Generalleutnant von Alten folgende Depesche ab: Telegramm. Generalcommando. Königsberg. Telegramm aus Insterburg 1901, den 6./6. um 2 Uhr. In Unterjucbungssache wider Marten und Hickel vom Dragoner« Regiment Nr. II habe ich Berufung gegen das Urtheil de» Kriegs gerichts eingelegt. Unterofficier Marten, zu einem Jahr Grfängniß vernrtheilt, bleibt in Hast. Sergeant Hickel, der freigejprochen wurde, «st vorläufig festgenommcn. Erbitte Anordnung der Unter« suchung-hast gegen Hickel wegen Fortdauer de- Fluchtverdachts und EollnsionSgesahr. von Alten. Auf d«r Rückseite diese» Telegramm» befindet sich ein Aktenvermerk de» OberkriegSgerichtSrathS Meyer, der in sofern von Bedeutung ist, weil er den juristischen Standpuuct d«» Gericht-Herrn und de» OberkriegSgerichtS enthüllt. Darin heißt c» «. A.: Der Gericht-Herr I. Instanz hat nach vorseitiger Depesche Be- rasung eingelegt. Damit wird dos Gericht II. Instanz zuständig. Eine Wiederverhastung des p. Hickel rechtfertigt sich der Sachlage nach zunächst: 1) au- tz 176 1. 2. 4. (Verbrechen, Fortdauer der Fluchtgrfahr, Lollostoo) M. St. G. O. und ist hierauf die Verhaftung erfolgt. 2) ». au» § 179 Abs. 2 (neue Beweismittel) M. St. G. O. Es werden sämmtltche Unterossicter« und Mannschaften de» Regiment- über ihre Wtssnschaft zur Sacke (etwaige Kenntniß de» Thäter- p. p.X soweit sie diesrrhalb noch nicht vernommen sind, eidlich «t» Zeugen gedört werden. Ein etwaige» negative» Resnltat erhöht auch die Berdachttoründ« gegen Hickel und Marten. d. Rn» § 179 Abs. 2 (neue BerdachtSgründk) M. St. G. O. Der Grrtcht-Herr l. Instanz, Herr General-Leutnant und Division«. Eommandrur ». Alten, wird solche zor Sprache bringen »«» »«rüber «idlich al» Zeuge vernommen werden. Seiner Brr- nrlMuug steht jetzt nicht« mehr entgegen. Hier iß zu II 2d ausdrücklich gesagt: »Der General von Alte» »ird neu« V«r»»chi4grün»« zur Spruch« bringen*. Also ohne diese zu kennen, erließ der Gerichtsherr II: Instanz bereits am 6. Juni folgenden Haftbefehl: Königsberg, 6. Juni 1901. Der Sergeant Hickel der 4. Escadrou Dragoner-Regiments v. Wedel (Pomm.) Nr. II ist in Unteriuchungshast zu nehmen, weil er dringcnd verdächtig ist, sich der Tbcilnnbme an dem ain 21. 1. 01 zu Gumbinnen erfolgten Morde des Rittmeisters und Escadronchess v. Krosigk genannten Regiments, 8 2, 11, 47 ff. 73 R. St. G. B. (8 97 Milit. Sirofgesetzbucks) schuldig gemacht zu haben und weil I. er der Flucht verdächtig ist, und 2. Collusions« gesahr vorlieqt, sowie weil 3. ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet. — Seitens des Gericktshcrrn der 2. Division ist bereits Berufung gegen das sreisprechende Urtheil l. Instanz gegen Hickel eingelegt. Der Commandirende General Graf von Finckenstein. Die unrichtige Ansicht, gegen den Haftbefehl des comniau« direnden Generals sei RechtSbeschwerde an das Reichsmili- tärgerickt zulässig, ist dem Commentar von Koppmann zur M. St. G.O. entnommen. Koppmann hat nämlich auch beraus- gefunden, daß das Gesetz eme Beschwerte gegen einen solchen Haftbefehl nicht zulasse, weil über den commantirenten General eine Beschwerdeinstanz für diesen Fall nicht vorgesehen sei. Er meint aber, eine Beschwerde müßte es auch in diesem Falle geben und sie müßte naturgemäß an das Reichsmilitärgericht geben. DaS ist dieselbe Art ter Gesetzesverbesserung, die Generalleutnant von Alten bezüglich der Untersuchungshaft vorgenommen hat. Einen Inslanzenzug im Beschwerdeweg; vom commandirenden General zum Reicksmililärgerickt giebt es nach der M. St. G. O. nur in verein,elten Fällen und H 373 der M. St. G. O. verordnet ausdrücklich, die RechtS beschwerde finde nur statt, soweit sie iu diesem Gesetz aus drücklich zugelassen ist. Rechtsanwalt Horn richtete an den commandiren den General folgendes Gesuch um Haftentlassung HickelS: Euer Excellenz bitte ich als Vsrtheidiger deS Angeklagten Hickel ganz ergebenst, nunmehr den Haftbefehl vom 6. Juni 1901 auf- zuheben und den Angeklagten Hickel aus der Unteriuchungshast zu enilaffen. Am 18. und 19. Juli d. I. haben in Gumbinnen commissarische Zeugenvernehmungen stattgesunden, bei denen auch der Dragoner Skopeck uneidlich als Zeuge vernommen ist. Wie Euer Excellenz der Herr Oberkriegsgerichtsraih Meyer, welcher den Verhandlungen beiwohnte, bestätigen wird, hat Skopeck bei dieser Vernebmung bekundet, eS sei von Niemand der Versuch gemacht, ihn in seiner Aussage zu Gunsten der Angeklagten Marten nnd Hickel zu be. einslussen. Der Herr Oberkriegs.,erichtsrath hat Skopeck noch besonders danach gefragt, ob solche Versuche nicht von dem Gendarmerie. Wachtmeister Meltzer oder dem Vicewachimeister Schneider gemacht seien, Skopeck hat dieses ausdrücklich verneint. Die eidliche Ver- nehmung sämmtlicher Unterosficiere des Dragoner-Regiments hat keinen Anhalt dafür gegeben, daß die Vermuthung, die Unter, osficiere hielten zusammen, um die Angeklagten vor Bestrafung ztz schützen, begründet ist. Es hat sich damit herausgestellt, baß neue VerdachtSgründe oder Beweismittel, die allein den Erlaß des Haftbefehls gemäß 8 179 Absatz 2 rechtfertigen lönnten, nicht vorhanden sind. Die Bestimmungen Les tz 176 M. St. G. O. kommen für diesen Haftbefehl gar nicht in Frage. 8 176 M. St. G. O. zählt die Voraussetzungen der Hast vor dem Urtheil erster Instanz auf. 8 179 handelt von den Gründen der Haft nach Erlaß des ttrtheils erster Instanz. Diese- Gesuch wurde ohne Angabe von Gründen ab gelehnt. Daraus stellte Rechtsanwalt Horn folgenden Strafantrag: Insterburg, den 23. Juni 1901. An die königliche Staatsanwaltschaft, hier. Strafanzeige deS R-cht-anwolts Horn in Insterburg gegen 1) den Conimandeur der zweiten Division, Generalleutnant von Alten in Insterburg, 2) den commandirenden General deS ersten Armeekorps, General, leutnant Fink von Finkenstein (muß heißen: General der Infanterie Graf Finck von Finckenstein) in Königsberg wegen Verbrechen und Vergehen gegen §8 239, 341, 3S7 deS ReichSstrasaesttzbucheS, 88 115, 116, 118,1 >9, 120 des Mili- tärstrafgesetzbuches. Da mir kein anderes Mittel mehr zu Gebote steht, dem gesttz« widrig in Unteriuchungshast gehaltenen Sergeanten Hickel in Gumbinnen die Freiheit zu verschaffen, beamrage ich gemäß 8 1S6 der Strasprocrßordnung vom 1. Februar 1877. 8 151 A-satz 2, 8 IS3 der Militärstrasgerichtsordnung vom I. December 1898 und 8 4 de- Einführung-qefetzeS zur MilitärstrasgenchtSordnuuq vom 1. December 1898 bei der königlichen Staatsanwaltschaft zn Insterburg. Die Bestrafung der beiden Beschuldigten wegen Freiheits- beraubnng gemäß A 239, 341, 3S7 Les Retch-strasgeseybucheS und wegen der in Nb, 116, 118, 119 des Militärsirafgeietz- buche» mit Strafe bedrohten Handlungen. (Folgt Sachdarstellung, aus der nur folgende Sätze hier Platz finden mögen:) Auch diese durch Leu DivisionScomman« beur, also den Gerichtsherrn nnd Beschuldigten von Alten, erfolgte vorläufige Festnahme ist streng genommen eine inkonsequente Hand- lung, denn Hickel war ja gar nicht au- der Untersuchungshaft ent- lassen, also war bi« Festnahme überflüssig .... Sie (Vie An. geschuldigten) suchten den Anschein zu erwecken, al- dauerte dir uisvrüngliche UoterluckuogSdaft Nicht fort, sondern es lägen neue Maßregeln gegen Hickel vor. Aber die Festnahme und der neue Haftbefehl hätten nur donu einen Sinn, wie bereit« ouSgeführt, wenn der Gerichtsherr von Alten die Haftentlassung Hickel'S nach dessen Freisprechung befohlen hätte, denn ohne diesen Befehl dauerte dir frühere Untersuchungshaft fort. Nach 8 180 der Militärstraf. gerichtSordnung darf nur dann Jemand vorläufig fritgeiiommen werden, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft vor« liegrn. Daß diese Voraussetzungen bei einem Frrigesprochenen nicht vor- liegen,ist oben auSaefübrt. Wie -818l und 177unzw«ij»lhast ergeben,ist der Vorgesetzte nicht befugt, »tnrn Mann, der garnicht» Strafbare- be gangen hat, ohne Weitere- festzunehmen, denn rin Unschuldiger kann über „die Beschuldigung" (Z177) dock wohl kaum vernommen werdrn. Hickel hat nach seiner Aburtheiluna nicht da- geringste Ltraibare begangen. ... Dir Beschuldigten scheinen ihr Berholtea dadurch nchilertigrn zu wollen, daß sie behaupten, sich in einem Sonflict ihrer Pflichten befunden zu haben. Die Dlsciplin hab« di« Fort- dauer der Untersuchungshaft de» Freigrsprochenen gebieterisch ver- langt. Der Freigesprochenr wohne mit seiner Fron in der Lasern« und er dürfe, bevor eine rrchi-krästige Entscheidung gegen ihn nicht vorUegr, nicht in freien Verkehr mit den übrigen Soldaten treten. Dieser Uebelstaad hätte sich durch «ine Versetzung de« Hickel in «iu, ander« Garnison und «in andere» Regiment sofort Heden losten. (Als Recht»aowalt Horn diese» schrieb, wußte er von der Versetzung Skopeck« noch nicht«, er erhielt erst am 1. Juli Kennt, nttz von Ekooeck« Versetzung nach Llleastetn.) Auch ist Hickel, nachdem er zu Unrecht als Mörder angellagt ist, jeder- zeit bereit gewesen, Len Militärdienst sofort zu quittiren und mit seiner jungen Frau die Caserne zu verlassen. Hickel ist von Hause aus Kaufmann und besitzt einiges Vermögen, so daß er wegen seines Fortkommens sich keine Sorge zu machen braucht. Mit der Versetzuug oder Dienstentlassung Hickel'S war auch die Gesahr der VerdunkelUiig des Sachverhaltes mil einem Schlage beseitigt. Wie nun Jemand, der Kenntniß von der Art der gegen Marten, Hickel und Tom- ning geführten Untersuchung hat, von dec Gefahr der Verdunkelung deS Thatbesianbes sprechen kann, ist nicht recht verständlich. Hickel ist vom 2l. Januar bis zum 2. Februar auf freiem Fuß gewesen, er hätte während Lieser Zeit die beste Gelegenheit gehabt, den That- desland zu verdunkeln, wenn er dieses nöthig gehabt hätte. Es in auch nicht der geringste Verdacht vorhanden, daß Hickel iu dieser Zeit gleich nach dem Moide etwas zur Verdunkelung des That- bestandes gethan hätte. Jetzt ist durch die Voruntersuchung und die Verhandlung der ersten Instanz alles frstgelegt. Was soll Hickel jetzt noch ver uiikeln? Wie will man von Gefahr der Verdunkelung jetzt reden, da man nicht einmal behaupten kann, Laß Hickel früher, als er die beste Gelegenheit dazu hatte, etwas verdunkelt hätte'? Wenn also die Bescvuldigten die Sache so darstellen, als hätten sie sich in einem Conflict befunden, so ist ihre Behauptung, die Disciplin nnd die Gefahr der Verdunkelung hätten die stört- dauer der Untersuchungshaft geboten, nicht zutreffend. Der Psl cht des Gerichtsherrn und des Coinmandeurs stand aber au? der anderen Seite Las Gesetz gegenüber, das die Freilassung unbedingt forderte .... Ter Sckaden, den ein schlechter Soldat anrichten kann, ist gering gegenüber dem Sckaden, den ein ungerechter Richter annchtet, denn dieser erschüttert die Grundlagen Les Staats. Hierauf erging folgende Erwiderung des Ersten Staatsanwalts: Insterburg, 26. Juni 1901. Ihre Strafanzeige gegen den Herrn Conimandeur der 2. Division und den Herrn commandirenden General des I. Armee corps vom 23. Juni er. nebst zwei Anlagen, welche hier ain 21. Juni er. offen eingereicht und auf diese Weise erst heut« Bor« mittag zur vorgerückten Stunde auf dem geschäftlichen Umwege de- Sekretariates und der Decretnr zu meiner Kenntniß gekommen ist, sende ich Ihnen mit dem Eröffnen zurück, daß ich ungeachtet der Vorschrift des 8 153 Abs. I der M. St. G. O. mich bei dem Mangel eine« Immediatgesuches im Hinblick auf die für Begnadigungsgesuche bestehenden und hier der Bedeutunq nach zutreffenden Vorschriften aus formalen Gründen nicht für befugt erachten kann, dieselbe der Allerhöchsten Entscheidung Sr. Majestät Les Kaisers und Königs, dir meines Erachtens hier allein in Frage kommen kann, zu unterbreiten. Ihnen vielmehr überlassen muß, falls Sie es bei einer wiederholten Prüfung für angezeigt erachten sollten, von der Ihnen in 8 151 Absatz 2 Satz 2 a. a. O. gegebenen Berechtigung zur dirrclen Vorlegung bet der vorgesetzten Dienstbehörde Gebrauch zu machen. Hecht, Geheimer Justizrath. NecktSanwalt Horn richtete darauf folgende Beschwerde an den Oberstaatsanwalt in Königsberg: Insterburg, 27. Juni 1901. Euer Hochwohlgeboren bitte ich ganz ergebenst, die königliche Staatsanwaltschaft zu Insterburg anzuweisen, mit der anliegenden Strafanzeige so zu verfahren, wie dieses in 8 153 der Militär- strasgerichtsordnung vorgejchrieben ist. Ich kann die Gründe, aus denen der Erste Herr Staatsanwalt die Ueberreichung der Anzeige ablehnt, nicht als stichhaltig anerkennen. Der Oberstaatsanwalt erwiderte am nächsten Tage, daß er die Beicbwerde nebst deren Anlagen gemäß 8 153 der Militär- strafproceßordnung an das geheime Caviaet Seiner Majestät deS KaiierS und Königs für die Militärangelegenheitea ab. gegeben habe. Da» letzte Schriftstück in der Angelegenheit ist da folgende: General.Commando. XVII. Armee-Corps. Danzig, den 14. August 1901. An den Herrn Rechtsanwalt Horn in Insterburg. Auf Ihre am 26. Juni d. I. gegen den commandirenden General, General der Infanterie Grafen Finck von Finckenstein uud den Dioisivus-Coiiimandeur Generalleutnant von Allen an die Staatsanwaltschaft zu Insterburg gerichtete, durch den Oberstaats anwalt in Königsberg i. Pc. an das Militärcabinet überreichte Anzeige hat auf Allerhöchsten Befehl rin Ermitteluugs- verfahren stattgefunden. Da keinerlei Beweise vorliegen, daß die genannten Osficiere eine Verhaftung oder vorläufige Festnahme widerrechtlich vorgenommen haben, habe ich das gerichtliche Verfahren eingestellt. In dem am 6. Juni 1901 von dem commandirenden General Grnsen Finck von Finckenstein erlassenen Haftbefehle ist zwar von neuen Verkachtsgründen oder neuen Beweismitteln nicht die Rede, es sind aber thatsächlich neue, d h. dem Kriegsgerichte unbekannt gebliebene Beweismittel vorhanden, so daß auch die Voraussetzungen deS 8179 Abj.2 der Militärstraf- gcrichtsordnung gegeben sind. Der commandirende General. v Leotzr. Hierzu bemerkt RcchtSanwalt Horn: Dieser Einstellungs beschluß ist mir am Morgen deS 15. August, als die Ver- baiirlungkn vor dem Oberkrieg-geiickt in Gumbinnen be gannen, zogestellt. Es war auch höchste Zeit mit der Zustellung, venn die Verhandlungen des OberkriegSgerichtS ergaben, daß neue Berdacklsgründe und Beweismittel nicht vorhanden waren. Der 15. August war der letzte Tag, an welchem man da- Gegentdril allenfalls noch de- daupten konnte. Daß General von Lentze keinerlei Beweise gefunden hat, ist nicht zu verwundern. Aus den Acten ist nicht zu ersehen, daß er diese einqrfordert, geschweige denn eingesehen bat. Nun wird der Verletzt«, Hickel, sobald er auS dem Mililärverbande au-geschieden ist, denselben Straf antrag stellen. Ihm steht gegen einen solchen Einstellungs beschluß die Beschwerde an da« Reichs-Militärgericht zu. Der Krieg in Südafrika. Die „Tim«»" Kßer »en Sri«, »» Die ««nltnkntale Presse Man schrebit uns au- London, 4. September: „Mit Bezug auf die „ungeklärte Lage in der Capcolonie" ergehen sich die „Times" in allerhand ärgerlichen Betrachtungen, in denen sie zunächst constatiren, daß „die Guerillabanden der Boeren nach Banditenmanier in der Colonie umherstreifen und ihr Räuber handwerk betreiben, im klebrigen aber von den britischen Truppen unaufhörlich gehetzt werden* — um sich dann wieder einmal in kathrderhafter Weise dir cvntinentale Presse vor- zunehmen und dieselbe wegen ihrer ungerechtfertigten Nritikin über die englische Kriegführung in Südafrika tüchtig ab- zukanzeln. „Die Lehnstuhlkritiker auf dem Continent, die ihre Theorien sammt und sonders auf die Operationen regulärer Armeen in civilisirten Ländern aufbauen, geben immer neue Beweise ihres eigenen Dünkels und ihrer eigenen Mangelhaftig keit in wissenschaftlicher Einbildungskraft, indem sie unauf hörlich zu demonstriren versuchen, wie schnell und gründlich sie die Boeren an Hand der Principien ihrer eigenen Textbücher niedergeworfen haben würden — Principien, welche gerade in dem jetzigen Kriege sich als vollständig veraltet erwiesen haben. Die cvntinentale Presse verbirgt hinter solchen Aus lassungen ihren durch Bewunderung heroorgerufenen Aerger über die Leistungsfähigkeit Englands und seiner tapferen Armee (??), und wir sind dessen ganz sicher, daß keine andere Nation der Welt unter gleichen Verhältnissen auch nur an nähernd das hätte leisten können, was Großbritannien während dieses Feldzuges bereits geleistet hat. Trotz aller Schwierig keiten und Hindernisse fügt General French den in die Eap colonie eingedrungenen Feinden fortgesetzt schweren Schaden zu, und wenn erst der 15. September herangekommen ist, werden sich die Wirkungen der Kitchener'schen Proclamation bald er geben. Daß thatsächlich ein paar mehr Rebellen sich den Boerencommandos in der Kolonie angeschlossen haben, kann höchstens die Wirkung haben, daß die übrigen holländischen Colonisten, die loyal bleiben, noch mehr durch den Krieg leiden müssen. Diese loyalen Bürger der Colonie haben in letzter Woche sich wiederholt angeboten, Specialcorps bilden zu dürfen, um die Rebellen bekämpfen zu können." (??) Englische Scharfmachereie». Ein Theil der englischen Presse fährt fort, nach schärferen Maßregeln gegen die Boeren zu rufen. Bei Besprechung der letzten Angriffe der Boeren auf Eisen bahnzüge sagt die „Pall Mall Gazette", die Häufigkeit solcher Art Kriegführung fordere zu besonderen Mitteln, ihr zu be gegnen, heraus. Es sei sehr zu wünschen, daß die Briten mit den Boeren verführen, wie die Deutschen mit den Franzosen unter ähnlichen Verhältnissen verfahren hätten. Sie hätten die einfache Vorsichtsmaßregel angewandt, die angesehenste Person der Umgegend auf der Lokomotive des Zuges, auf den ein Angriff befürchtet wurde, fahren zu lassen. solcher Praxis liege nichts, das mit dem Kriegsbrauch unvereinbar sei; wahrscheinlich würde sie in Südafrika ausgezeichnete Ergebnisse haben. Die Boeren lachten über die englischen Proklamationen und wüßten, daß England für ihre Frauen und Kinder sorge. Alle am besten informirten Augenzeugen des Krieges seien sich darüber einig, daß die von den Briten zur Linderung der Kriegsschrecken angewandten Mittel den Widerstand der Boeren belebt hätten. Der Feldzug Lord Roberts' sei mit einer Milde geführt worden, die sich jetzt als fast thöricht erwiesen habe. Wenn jeder Mann, der nach der Besetzung von Bloemfontein die Waffen niederlegte, aus dem Lande ver bannt oder wenigstens an die Küste gesandt worden wäre, so würde der Widerstand der Boeren längst gebrochen sein. Es sei notorisch, daß Pretoria und Johannesburg selbst jetzt noch nicht genügend überwacht würden, während wenig Zweifel dar über bestehe, daß die Zufluchtslager von Spionen wimmelten, die sich unschwer mit ihren Freunden in Verbindung setzen könnten. Die Zeitung räth dann, daß nach dem 15. September das Eigenthum eines jeden Boeren, der noch im Felde stehe, confiscirt und als Sicherheit für den Unterhalt seiner Familie gehalten werden solle. Es sei jedoch unsicher, ob die Mehrzahl der noch kämpfenden Boeren überhaupt Land besitze das con fiscirt werden könne. Die Boeren sollen insgesammt für ihren eigenen Unterhalt verantwortlich gemacht werden. So lange nicht irgend welche drastischen Maßregeln ergriffen würden, die dem Boeren in seiner Tasche und an seiner Person fühl bar würden und ihn überzeugten, daß er durch Fortsetzung des Krieges nur verlieren könne, so lange werde man nicht zu Ende kommen. So das englische Blatt. Sein Versuch, deutsche Maßregeln aus dem Kriege 1870/71 zum Vergleich heranzu^iehen, muß entschieden als verunglückt bezeichnet werden. Tue oben er wähnte deutsche Maßregel gegen Gefährdung von Eisenbahn zügen wurde gebraucht in wirklich und wirksam occupirten Ge« bietstheilen, in denen kein regulärer Feind mehr stand! * Pretoria, 4. September. (Reuter'S Bureau.) Die Pro motion Lord Kitchener's hatte bisher keinen sehr nennenswerthen Erfolg. Inzwischen haben die Behörden den Frauen der noch im Felde stehenden Boeren er laubt, ihre Männer zu besuchen, um, wie sie selbst es verlangt haben, sie auf die Aussichtslosigkeit eines weiteren Widerstandes aufmerksam zu machen. * Eapftadt, 4. September. Ein Panzerzug wurde am 2. September bei der Einfahrt in die Station Taungs zum Entgleisen gebracht, da die Eingeborenen die Weichen falsch gestellt hatten. Es wird Verrath vermuthet, weil Boeren in der Nähe stehen. Die Engländer verloren drei Todt« und fünf Verwundete. Darunter einen Offerier. * Matjcsfantein, 4. September. Scheepers' Com ¬ mando, daß noch immer vom Oberst Alexander verfolglt wird, wandte sich nördlich und gab anscheinend den Zug in die südlichen Districte der Eapcolonie auf, da ScheeperS unter den boerenfreundlichen Afrikandern die erwartete Unterstützung nickt fand. THeron, welcher mit Scheepers operirt, wurde von 250 localen Colonialtruppen angegriffen und erlitt gering« Verlust«. Deutsches Reich. Leipzig, 5. September. (Socialdemokratir und Strafen.) Man weiß, wie oft die socialdemokratisch« Presse darüber jammert, daß Socialdemokraten vor Gericht be sonder» hart angefaßt würden. Nun berichtet die „Sachs. Arbeiterztg." über die Art und Weise, in der sieben jugendliche Arbeiter, die wegen Contractbruchs zu einer fünftägigen Haft strafe verurtheilt worden waren, ihre Strafe anzutreten für gut befunden haben. Sie schreibt: „Mit klingendem Spiel zogen gestern am Sedantage die contractbriichigen Glasmacher- lehrlinge auS Döhlen nach Drelden, um die fünftägige Haftflraf« anzutrMn . .. Wohlgemuth untir vorantritt »on
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