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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010819011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901081901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901081901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-08
- Tag1901-08-19
- Monat1901-08
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Lurch dir Post bezogen für Deutschland a. Oesterreich: viertrljährl. S. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstaltea in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden «nd Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäische» Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staate» ist der Bezug uur unter Kreuzband durch di« Expedition diese- Blattet möglich. Di« Morgen-klutgabe erscheint nm »/.7 Ubep di« Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Urdlutiou »nd LrpedMonr Johannisgaff« 8. Filialen: Alsted Lahn vorm. O. Klemm'- Sortir». UuivrrsitätSstraße 8 (Paultnum), «out» Lösche, Oathariuenpr. !4» purt. und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. MMerTaMM Anzeiger. AmksvM -es Königlichen Land- und Äintsgerichles Leipzig, -es Nathes nnd Volizei-Ämles -er Lla-l Leipzig. Nnzekgett'PreiS die Sgespaltene Petitzeile LS Reclame» unter dem Redacriontstrtch (sgespaltea) 75 Vor den Famtltennach. richte» (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Atffernsatz entsprechend höher. — Gebühre» für Slachweisungen und Offertenannahme L5 (excll Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgeu-AuSgabe, ohne Postbeförderung «0.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Ab«»d-A»sgader vormittags 10 Uhr. Morgill-AuSgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet de» Filiale» and Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Anzeigen find stets a, di« Expedition zn richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Druck und Verlag vo» E. Pol- t» Leipzig. M. Montag den 19. August 1901. 95. Jahrgang. Das Sier im alten Leipzig. Bon G. Wustmann. 2. Die vurgkellerfreihett des Raths. Schluß. Eine besondere Ausnahmestellung war seit alter Zeit der Universität ringeräumt. Ich habe hierüber schon vor Kurzem in den Aufsätzen „Rath und Universität in alter Zeit" (Tageblatt vom 17. Februar u. fg.) ausführlich Mittheilung gemacht, so daß ich hier Wohl darauf verweisen kann. In der Hauptsache blieb eS bei den Abmachungen des IahreS 1445, wonach jedem der damaligen drei Collegienhäuser der Universität eine bestimmte Menge auswärtiges Bier — „NaumburzischeS oder ander Bier, welche- ihnen allerbequemst sei" — zugestanden worden war, dem großen Collez jährlich 152 Faß, dem kleinen 80, dem Fraucncolleg 48 Faß. 1471 beschloß der Rath nochmals ausdrücklich, von diesen Mengen nicht abzugehen; kein Bürgermeister, weder jetzt noch in Zukunft, sollte die Macht haben, mehr zu erlauben. Nur zum Doctorat und zum pranäium ^ristotolis (Doctorschmauß) sollte der jeweilige Bürgermeister bis auf Weitere- erlauben dürfen, eine Fuhre Bier besonder» einzuführen. An diesen Bestimmungen wurde auch festgehalten. Den Collegiaten deS FürstencollegS wurde einmal nn März 1506 eine Fuhre Bier ausnahmsweise vergönnt, weil sie sich das Jahr zuvor „in der Bicrfuhre versäumt" hatten. Als die Collegiaten deS Frauencollegs 1512 eine Erhöhung versuchten und sogar den Herzog zur Fürsprache bewogen hatten, schlug es ihnen der Rath rund ab, um keine „Einführung zu machen"; lieber wollte er ihnen „an Ziegel oder an Geld eine Steuer thun", und als im Mai 1548 die Collegiaten des großen Collegs angeblich kein Viertel hatten bekommen können, dafür ein Faß gekauft und damit die ihnen zustehende Zahl um ein Viertel überschritten batten, mußten sie sofort einen Revers ausstellen und sich besonders dafür bedanken, daß ibnen das nachgelassen wurde. Was den Ausschank in den Collegien- häusern betrifft, so schickte der Rath noch 1533 kurz vor AmhrosiuStag (4. April), wo gewöhnlich die Einfuhr begann, den Stadtschreiber und einen Rathüherrn herum und ließ die „Pröbste", die Vorsteher der Collegienhäuser, „ihrer Brief und Sieael erinnern", daß st» verwandte ihr Bier ablassen dürften. Als sich die WohnungSverhältnifse der Universität änderten, Professoren und Studenten nur noch zum Theil in den Collegienhäusern, zum großen Theil in den Bürgerhäusern wohnten, kamen auch einzelne Professoren und beanspruchten für sich Ausnahmen von dem Burgkellerprivileg, und zwar wandten sie sich deshalb gewöhnlich unmittelbar an den LanveSherrn, bei dem sie auch Gehör fanden. Aber der Rath verhielt sich auch diesen Versuchen gegenüber, wenigstens anfangs, sehr ablehnend. Der erste, der eS beanspruchte, war der spätere Ordinarius der Iuristenfacultät vr. Breitenbach. Er verschaffte sich sogar 1515 deshalb ein Privileg beim Herzog. Darauf beschloß der Rath, ihn zunächst zu bitten, selber von dem Privileg abzustehen; wenn er das nicht thäte, wollte man den Herzog um Rücknahme bitten, „denn wo eS ihm nachgelassen, so würden sich andere DoctorcS des auch befleißigen". Der Ausgang ist unbekannt. Aber noch dreißig Jahre später wurde es selbst dem großen Camerarius abgeschlagen. Erst al» auch dieser sich an den Herzog Moritz wandte und dieser dem Rathe schrieb, sie möchten sich doch gegen „solche vortreffliche, gelehrte Leute, die er Gotte zu Lobe und zu Beförderung guter Lehre von fremden Oertern I nicht ohne Unkosten zu seiner Universität bringe", billig und I entgegenkommend zeigen, erlaubte ihm der Rath, jähr lich 24 Eimer Wein und 7 Faß fremde Biere zu seinem Tischtrunk einzulegen. Später wurde auch andern die Erlaubniß ertheilt. Alle aber mußten einen Revers auS- stellen und erklären, daß sie das nicht als Gerechtigkeit, sondern al» bloße Vergünstigung ansehen wollten. Außer den Professoren kamen aber nun auch einzelne vornehme Studenten und verlangten, fremdes Bier frei ein führen zu dürfen. Für manche scheint die Errichtung eines eigenen Kellers geradezu Bedingung gewesen zu sein, ehe sie Leipzig mit ihrer Gegenwart beehrten. So wandte sich Graf Hoyer von Mansfeld 1534, ehe er seine drei Söhne nach Leipzig schickte, an Herzog Georg und dieser sich wieder an den Rath, daß ihnen gestattet würde, „ihr eigen Ge tränke für sich und ihre Diener einzulegen". Es scheint ihnen denn auch bewilligt worden zu sein, denn die Herren kamen und ließen sich immatriculiren. Von den verschiedensten Seiten wurden noch ähnliche An sprüche erhoben. 1512 hatten die Mönche des Klosters Neuwerk (Nauenwerk) bei Halle in Leipzig ein Haus gekauft. Auf ihre Bitte und auf Fürbitte des Erzbischofs von Magde burg gestattete ihnen der Rath zunächst ein mal, 6 Faß Höllisches Bier — aber nur solches! — „ohne Un geld" einzulegen; was sie darüber einführen wollten, sollten sie wie andere Bürger versteuern. Auf wiederholtes Betteln versprach ihnen der Rath noch, wenn sie sich „redlich hielten", wolle er sich auch „der Billigkeit gegen ihnen halten". Sie rubten aber nicht eher, als bis ihnen der Rath insoweit unbeschränkte Erlaubniß gab, als sie „auf ein Kerb (lrerp) anschreiben" sollten, wieviel sie einführten, damit sich über sehen ließe, wieviel sie jährlich brauchten. Im Mai 1558 ließen die Herren von Schönburg in Glauchau, die Wohl zum Markte nach Leipzig kommen wollten, durch ihren Obcrhauptmann und noch einen andern Edel mann darum nachsuchen, so lange sie in Leipzig wären, für sich und ihr Gesinde sremde Bier und Wein „ohne Ent richtung des UngeldeS" einlegen zu dürfen. Der Rath er widerte den Abgesandten, der Weinzehnte gehöre dem Kur fürsten, dem könnten sie davon nichts vergeben. Was aber h-tr-ffr, so versehe sich der Rath, Ihre Gnaden wirrdüt nichts wider des Ratb» Privilegium einführen wollen; wenn eS aber die Herren wünschten, wollten sie alle drei Räthe zusammenrufen. Dieser Weg scheint ihnen denn doch etwas umständlich erschienen zu sein, sie erwiderten, sie „könnten dem Rath hierin keine Maß geben", und „nahmen ihren Abschied". Wie mit den Stadtbewohnern, so hatte der Rath aber auch mit den Dörfern in der Umgebung Leipzigs um seines Privilegiums willen seine liebe Noth. In einer ganzen Reihe von Ortschaften um Leipzig — eS werden namentlich genannt: Wachau, Holzbausen, Zöbicker (6ridker), Städteln (Lteäel), Gautzsch (Lut8cüicr) und Dölitz — hatten die Schenkwirthe im 15. Jahrhundert angefangen, selbst zu brauen, auch fremdes Bier, aus andern Städten als Leipzig, kommen zu lassen und zu verzapfen. Das hatte schon lange zu „Irrthum und Zwietracht" zwischen dem Rath und den Besitzern der genannten Dörfer geführt, bei Wachau z. B. mit dem Abt deS Klosters Buch, bei Holzbausen mit dem Probst des ThomaSklosters, und dieser Streit wurde 1459 durch kurfürstliche Räthe beigelegt und der darüber ab geschlossene Vertrag von Kurfürst Friedrich ll. bestätigt. In diesem Vertrage wurde festgesetzt, jeder „Kretschmar" innerhalb einer Meile Wegs um die Stadt sollte jährlich ein Bier nach Leipziger Gewohnheit brauen und „aus dem Zappen schenken" dürfen. Reiche dies nicht bis Pfingsten auS, so sollten sie den weitern Bedarf in Leipzig holen. Nur von Pfingsten bis zu Mariä Geburt (8. Septbr.) sollten sie fremde Biere verzapfen dürfen. Ihr Malz sollten sie sich entweder selbst machen oder in Leipzig kaufen; sie sollten eS aber auch nur für sich machen, nicht für andre, „es wäre denn ihren Herren zu Hvfegetränkc". Die Bestätigung deS Kurfürsten machte noch den wichtigen Zusatz, daß innerhalb einer Meile Wegs ohne Willen deS Raths keine neue Schenke er richtet und in keinen andern als in den genannten Dörfern fremdes Bier geschenkt werden dürfe. Der kurfürstliche Amtmann in Leipzig erhielt Befehl, den Ratb fest bei diesem Vertrage zu schützen. Mit dem slawischen Worte „Kretsch mar" bezeichnete man damals noch allgemein um Leipzig den Schenkwirth auf dem Dorfe. Das Wort war einer der wenigen letzten Reste aus der slawischen Sprache, die sich bis ins 16. Jahrhundert erhalten haben. Daß man aber nicht mehr recht damit umzugehen wußte, geht daraus her vor, daß viel häufiger als der Wirth die Schenke selbst als „Kretschmar" bezeichnet wurde, die doch im Slawischen „Kretscham" heißt. Der Vertrag von 1459 nützte aber auch nicht viel. Schon in der „Willkür" (Polizeiordnnng) der Stadt vom Jahre 1463 heißt eS, wer auö der Gemeinde erführe, daß in den „Kretschmarn" oder Dörfern sremde Biere geschenkt würden „wider der Stadt Freiheit", solle es dem Rathe zu wissen thun, damit es verhindert werden könnte. Auch Dorfschaften und Dorfbesitzer, die in dem Vertrage von 1459 nicht in begriffen waren, nahmen sich heraus, Schenken anzulegen, Bier zu brauen, fremdes Bier kommen zu lassen. 1498 mußte mit dem Bischof von Merseburg verhandelt werden, um die Schenke „abznthun", die unbefugter Weise in Linden thal anfgethan worden war. 1499 wollten die Eutritzscher zum Fronleichnamsfest Torgisches Bier trinken und mußten genöthigt werden, sich mit Leipzigischem zu begnügen. 1503 mußte den Thiimmeln in Schönefeld angedroht werden, wenn sie daS Schenken nicht ließen, würde ihnen da» Bier weg genommen werden, und erst nach längeren Verhandlungen, ci denen sich der Rach erbot, ihnen jährlich zwei Faß fremdes Bier „der Kirchen zu Gut" zu gestatten, wurde ihnen 1504 erlaubt, jährlich drei Faß zu schenken, eins zu Cyriaci (8. August) und zwei zu Laurentii (10. August); sie sollten daS aber jedes Jahr beim Ratb „gütlich ersuchen", und Heinrich Tbümmel mußte einen Revers ausstcllen, daß er und seine Erben „solches Schenkens ganz und gar beraubt und entsetzt sein" wollten, wenn sie die bewilligte Zahl über schritten. 1515 hatte „das fremde Birrschenken zu ringest um die Stadt" so überhand genommen, daß der Rath be schloß, von nun an gar keine Ausnahme mehr zu machen, sondern sich streng an den „fürstlichen Schied" von 1459 zu halten. Ein besonders unbequemer Nachbar für die Stadt war Georg von Haugwitz in Klceberg. Er hatte sich ein Brau- und MalzbauS bauen lassen und fünf Jahre lang Bier ge braut, ohne daß ihn der Rath daran batte hindern können. Die benachbarten Edelleute waren selbst aufgebracht darüber und drohten gegen ihn vorzugeben, wenn e» der Rath nicht tbäte. 1524 sollte er 90 Bit'» geb'raxf und an jedem 10 Gulden gewonnen haben, obniobl der Kretschmar in Holz hansen sagte, er könne von dxm Kleeberger Bier nur wenig verschenken. Da Verhandlungen im Jahre 1525 erfolglos waren, ging der Streit an das Oberhofgericht, und dies ent schied, daß.Haugwitz zwar Bier brauen, aber außer in Klee berg nur noch an den Kretschmar in Cröbern verkaufen dürfe. Der Rath beruhigte sich aber nicht dabei. Eine Episode auS dem Streite spielte noch 1527. Zwei junge Grasen von Stolberg, Heinrich und Albert, die seit 1525 in Leipzig studirten, baten 1527, ein Viertel KleebergischeS Bier einlegen zu dürfen. Darauf ließ ihnen der Bürgermeister sagen, sie könnten einlegen, so viel sie brauchten, nur jetzt nicht, wo der Rath mit Haugwitz des Kleebergischen Bieres wegen „im Rechte liege". Da» sahen die Grafen denn auch ein und standen von ihrer Bitte ab. Der Tborwärter verrieth aber demBürgermeister, das Bier sei schon da, Cunz Keller (ein Nathsherr!) habe den Grafen die Erlaubniß gegeben. Darauf ließ Cunz Keller daS Bier heimlich in sein Haus bringen. Dort ließ es aber der Rath sofort wegholen und schenkte es ins Barfüßerkloster. Noch 1529 war der Streit mit Haugwitz nicht zu Ende; noch damals beschloß der Rath, „eine Läuterung einzubringen". Im Mai 1536 wurden auf dem Gute in Stötteritz zwei Faß FreibergischeS Bier und zwei Faß Rastrum, daS man zu „feilem Kaufe mit AuSsteckung eines Wisches oder Bier- zeichenS" hatte schenken wollen, vom Rathe mit Hilfe deS Amtmanns weggenommen und in die Klöster und Spitäler vertheilt. Dagegen wurden den Thümmeln, die sich wohl seit 1504 folgsam bewiesen hatten, ihre drei Faß Torgischen Biers 1537 verdoppelt, doch bei den beiden Tagen Cyriaci und Laurentii sollte eS bleiben. 1543 wurde bei dem Kretschmar in Kleiuwiederiysch (Cleyn WederiS) fremdes Bier ertappt. Er kam noch gnädig weg; was er hatte, durfte er ausschenken, für die Zukunft aber wurde eS ibm bei Strafe verboten. Uebrigens wurde ihm bei dieser Gelegenheit zur Pflicht ge macht, „Leipzigisch Maaß zu haben". In Möckern gerieth der Rath mit den Pflugken zu sammen, die in Windorf und Zschocher saßen. Obwohl schon 1527 einmal einem Möckernschen Bauer zwei Faß fremdes Bier weggenommen worden waren, hatten die Pflugke doch in den vierziger Jahren einem ihrer Leute in Möckern gestattet, fremde Biere einzulegen und zu „ver- pfentnatvrehki'" Nts der Rath davon hörte, kam cS sofort zum Streit, dir herzoglichen Räthe entschieden aber 1549 genau nach dem Schied von 1459; nur bei besondern Ge legenheiten sollten die Einwohner fremdes Bier einlegen dürfen: zur Kirmeß, zu einem Gerichtstag und bei einer Hochzeit ein Faß, bei einer Kindtaufe rin Viertel. Die Möckernschen kehrten sich aber auch jetzt nicht daran, und der Rath sah sich bald darauf genöthigt, auch in Möckern einen „Einfall" zu thun, worüber die Pflugke als Gerichts herren des OrteS in großen Zorn geriethen. Es kam zu neuem Streit, der noch durch andere Dinge Nahrung erhielt und erst im December 1550 durch einen Vertrag beigelegt wurde. Der Rath bewilligte, daß die Pflugke in Möckern „einen Nachbar daselbst ordnen" sollten, der Bier ein legen und schenken und bei dem sich „die andern Nachbarn um» Geld Bieres zu ihrer Nothdurft zu erholen" haben sollten. Von Trinitatis bis zu Mariae Geburt sollte „derselbige Mann" fremdes Bier schenken dürfen, die übrige Zeit aber nur Leipziger Bier. Dagegen sollte auch bei Kirmessen, Hochzeiten, Kindtaufen und beim Pfingstbier nur Leipziger Bier verzapft werden. Bei ihrem Iahrgericht sollten es die Pflugke halten, wie sie wollten. Mit diesen Zugeständnissen sollte aber nicht etwa die Er- Fereilletsn. Der Hofnarr. Novellette nach dem Ungarischen von Armin Ronak. ^achdruik veiboic». Der König, Märchenlands greiser, weißbärtiger Be herrscher, saß auf seinem Throne, neben ihm sein junges, thau- frisches Weib, die Königin. Es war zur Zeit unmittelbar vor dem Diner. Der ganze Hofstaat war im Thronsaale anwesend, die Hofdamen, die Ritter und die Pagen. Der Hofnarr, ein überaus ernster, würdevoller Mann, saß auf den Stufen dcS Thrones und fing Fliegen. Es war Sommer. Die rosigen Strahlen der unter gehenden Sonne drangen in den Saal und von draußen her hörte man das Rauschen der Meereswogen, die sich in ewigem Hasten und Jagen an den Marmorquadecn des Schlaffes brachen. Die Damen im Thronsaal fächelten sich mit schönen Pfauen, federn und horchten gespannt auf den Grafen Estragon, der, in der Mitte des Saales stehend, wieder einmal seine kleinen Geschichten zum Besten gab, mit seiner einschmeichelnden, heiteren, etwas weinseligen Stimme, der Niemand widerstehen konnte. Seine Geschichten erzählten alle von Jugend, Lenz und Liebe, sie waren auch ein klein wenig gewürzt mit zarten Andeutungen und süßen Heimlichkeiten. Nicht Jeder verstand Alle», was er sagte. Aber wer et fassen konnte, der war im höchsten Grade amllsirt und voll des Lobes für den geistreichen, entzückenden Erzähler, Graf Estragon. Der König, Märchenlands weißbärtiger Beherrscher, bracht« den Geschichten des Barons volle- Verständnis ent gegen, seine Gemahlin nicht minder, Groß war also da» Ansehen Estragon's, dessen er sich vor dem Konigspaare zu er freuen hatte und unermeßlich auch die Liebe und Verehrung, mit der ihn der ganze Hof umgab. Nur ein Mensch liebte ihn nicht. Nur ein Mensch am ganzen Hofe haßte ihn mit der glühendsten Eifersucht. Das war Marquis Pick, der Hofnarr de» König». Marquis Pick war in seinen jungen Jahren ein überaus kustiyer Geselle gewesen, eine Zierde seines Standes, eine Berühmtheit unter allen Hofnarren, di« je dazu berufen waren, die Grillen ihrer Herren zu verscheuchen. Man könnte Vänd« füllen mit seinen witzigen Einfällen, humoristischen Sentenzen und heiteren Geschichten. Leider steht die Zeit auch im Märchenland« nicht still, und Marquis Pick wurde allmählich alt. Erin weißer, langer Bart war beinahe so weiß und beinahe so lang, wie der des Königs selbst. Auf der Nase trug er eine Brille, und auch mit dem Sprechen ging es schwer, denn es fehlte ihm die Mehrzahl seiner einst so guten Zähne. Seine Hauptbeschäftigung war jetzt das Fliegenfangen, und so saß er dort immer an den Stufen des Thrones mit furchtbar ernster Miene. Es schien ihm nichts mehr rechte Freude zu bereiten. Der König Märchenlands, der — eine Seltenheit unter den Herrschern dieser Welt — mit Dankbarkeit jener lustigen Stunden und Tage gedachte, die ihm Marquis Pick mit seinen Einfällen einst bereitet hatte, schickte seinen Hofnarren nicht in Pension, um ihn nicht zu kränken. Er verzichtete lieber darauf, die wichtige Stelle des Hofnarren mit einer jüngeren, unver brauchten Kraft auszufüllen. Seitdem Graf Estragon an seinem Hofe weilte, fühlte der König auch kein Bedürfniß nach anderen Erheiterungen. Der Graf wußte ja so unterhaltend zu erzählen, und die Stunden flogen dabei so kurzweilig dahin .... .... Eben hatte Graf Estragon wieder eins seiner lustigen Histörchen beendet. Der alte König begann laut zu lachen, und die Königin versteckte ihr Gesicht, holdselig er- röthend, hinter ihrem Fächer, welchem Beispiele sämmtliche Hofdamen, mehr oder minder erröthend, folgten. Die Ritter lächelten still in sich hinein und zwirbelten an ihrem Schnurrbart herum. Nur die Pagen blickten ernst und unschuldsvoll vor sich hin. Sie durften ja die verfäng lichen Stellen gar nicht verstanden haben, und sie thaten auch so. Freilich sah man es Manchem an, wie schwer ihm das wurde. In diesem Momente öffneten zwei Htverge die mächtigen Thürflügel, ein riesenhafter Neger erschien und meldete, sich bis zum Boden verneigend, daß die Suppe aus dem Tische stehe. Der König erhob sich, reichte der Königin den Arm und führte sie durch die Reihen der sich demuthsvoll krümmenden Hofschranzen in den Speisesaal. Der ganze Hof folgte nach. Zum Schluß kam Graf Estragon lustig einhergetänzelt. Hinter ihm schritt finsteren Blickes Marquis Pick. Als Gras Estragon den Saal betreten wollte, klopfte ihn der Marqui» auf die Schulter. Der Graf drehte sich um. Eben wurde auch schon die Thür zum Speisesaal geschlossen. Die beiden Herren waren allein. Graf Estragon wußte sehr gut, welche Gefühl« der Mar quis für thn hegte. Sein erster Gedanke war daher, an den Degen zu greifen, doch Pick fiel ihm in den Arm und sagt« mit malitiösem Lächeln: „Ich seh«, Sie verstehen mich, Herr Graf, seien St« jedoch beruhigt — so weit sind wir noch nicht." Der Gras verbeugte sich höflich. „In der That, Herr Marqui», ich weiß, Sie hassen mich." „Hassen? Pfui, welch' gräßliches Wort! Nein, nein — ich liebe Sie nur nicht. Ich bin schon zu alt, um noch hassen zu können. Lieben und Hassen, Beides sind Vorrechte der Jugend." „Ja, was wünschen Sie denn von mir?" „Sie werden mich gleich verstehen. Denn, bin ich auch zu alt, um zu hassen, so bin ich doch nicht alt genug, um eitel zu sein. Die Eitelkeit ist nicht an ein bestimmtes Alter gebunden. Nun, sehen Sie, Graf, meine Eitelkeit ist verletzt. Um den berühmten Marquis Pick, der sechzig Jahre lang von Allen hier im Schlosse vergöttert worden ist, kümmert sich heute Niemand mehr. König und Hofschranzen, Pagen und Lakaien, Alles lauscht nur noch ihren Worten, Graf Estragon." „Aber, lieber Marquis", beschwichtigte der Graf, ,,dc>» ist doch so der Lauf der Natur: die Alten müssen den Jungen Platz machen, und das gute Neue verdrängt das abgebraucht« Frühere — das ist immer so gewesen." „Aber ich bin nicht verbraucht", rief der Alte jetzt trotzig, „ich habe nur geschwiegen, gekränkt durch den schnöden Un- dank, den ich hier gefunden. Nun habe ich genug, und ich fordere Sie zum Zweikampf heraus ... oh, erschrecken Sie nicht, edler Graf, nicht auf Degen . . ." „Sondern?" Marquis Pick lächelte geheimnißvoll. „Die Sache Ist ganz einfach. Wir werden unsere An- giZegenheit vor den König bringen. Jeder von uns erzählt vor versammeltem Hofe eine Geschichte. Wer den größten Bei fall findet, behauptet das Feld. Der Andere zieht von hinnen und schwört, nie wieder seinen Fuß in dieses königliche Schloß zu sehen.' „Es gilt", rief der Graf ohne Zaudern, und die Beiden schüttelten sich in vollstem Einverständniß die Hände. Sie brachten ihre Sache sofort vor den König. Und da der greise Beherrscher Märchenlands sehr gut dinirt hatte und dementsprechend ausgezeichnet bei Laune war, gab er den Be fehl, das Tournier sofort auszutragen. Marquis Pick verbeugte sich tief vor dem König und be gann zu erzählen. Seit einem halbe Jahre hatte er sich über diese Geschichte den Kopf zerbrochen. Er legte in seine Erzählung Alles hinein, was nur «in menschlicher Kopf an aulgelassenem Humor und wirksamem Witz zu ersinnen vermag. Die geistreichen DonmotS spriidcleten nur so von seinen Lippen. Es war »in leibhaftige» vrillantfeuerwerk von Witz, Geist und Laune. Aber der Marquis mochte sprechen und sagen, wat er wollte, nicht« vereng. All« schienen sich zu langweilen. Der Köniz blickte stumm vor sich bin, die Königin Halle bereit» ein mal versteckt gepahnt, und die Hofdamen schäkerten in einem fort mit den Rittern. Auf die Geschichte achtet« Niemand. Als Pick zu Ende war, winkte ihm der König gnädig zu. „Gut, out, mein lieber Marquis! Nun wollen wir aber den Grasen Estragon hören." Mit einem Male verstummte jegliches Geflüster im Saale. Alles sah gespannt nach dem Grafen, der nun vorrrat und sich zierlich nach allen Seiten verneigte. Aber sonderbar, er, der berühmte Causeur, der flotte Erzähler, war heute ein wenig in Verlegenheit. Jetzt gerade wollte er etwas außergewöhnlich Packendes erzählen, und jetzt gerade, in diesem entscheidenden Momente, fiel ihm absolut nichts ein. Sonst standen ihm hundert Historien jederzeit zur Verfügung, heute wußte er keine einzige Die Situation begann für ihn ziemlich peinlich zu werden. Der König war bereits sichtlich ungeduldig, und auch die Königin warf ihm erstaunte Blicke zu. Auf einmal schien ihm ein prächtiger Gedanke gekommen zu sein, eine kühne tolle Idee. Und ganz fröhlich und wohlgemuth begann er dieselbe Ge schichte zu erzählen, die der Marquis Pick gerade eben zum Besten gegeben hatte. Er besaß ein gutes Gedächtnih, lein Wort war ihm entgangen, keine Redewendung hatte er ver gessen. Wort für Wort, wie sie Marquis Pick erzählt hatte, trug sie nun auch Graf Estragon vor. Aber Himmel, welcher Erfolg! Ein so dröhnendes Lachen war in diesen Sälen wohl nie vorher gehört worden. Der König hielt sich seine allerhöchsten Seiten, und die Königin flehte ihn mit emporgehobenen Händen an, endlich einmal ein zuhalten. Die Hofdamen lagen nur so in den Fauteuils und wanden sich vor Vergnügen. Marquis Pick wollte einige Male etwas dazwischen rufen, aber er kam nicht zum Wort. Endlich, als der Graf fertig war, stürzte er vor und rief in tiefster Entrüstung: „Aber, das war ja meine Geschichte!" „Oho", rief Alles auf einmal, und man schimpfte laut über die Frechheit des alten Hofnarren. Selbst der König, Märchen lands weißbärtiger Herrscher, sagte in nachsichtsvollem Ton«: „Ich glaube, lieber Marquis, das ist ein Irrthum." Dem armen Marqui» wurde schwarz vor Augen. Er drehte sich um und stürzte aus dem Saale. Zur selben Stund« noch verließ er da» Schloß, und Niemand sah ihn wied«r. Spater hörte man, daß er sich in eine Waldhöhle zurück gezogen und bis an sein Ende darin gelebt habe. Dort büßte er dafür, daß er so lange ein Narr gewesen. Gras Estragon blieb beim Hofe und unterhielt noch lang«, lange Zeit Märchenlands weißbärtigen Herrscher, di« jung« Königin und dir schönen Hofdamen mit seinen lustigen Er zählungen. Und wer nun glaubt, daß diese Geschichte rin« ernste Moral enthält, d«r hat da» Richtig« getroffen.
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