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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190109084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010908
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010908
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-08
- Monat1901-09
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1901
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Bezug-»Preis der Hauptexpedition oder den im Stadt- bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich ^l 4 SV, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus S.bv. Durch die Post bezogen sür Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. -ck 6. Man abounirt ferner mit entsprechendem Postanfschlag bei den Postanstalten in der Schwei», Italien, Belgien, Holland, Luxem- bur-, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaatrn, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di« Expedition diese» Blatte» möglich. Die Morgen-Au-gab« erscheint um '/,? Uhr, die Abrnd-AuSgabe Wochentags um b Uhr. Nedattiou und LrpeLitiou: Iohannisgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sortim. UuwersitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, -art. und KSnigSplatz 7. Nr. W. MMer TilgMalt Anzeiger. ÄmksvM des Lönigtichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeige«-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechens höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossrrtenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschlub für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» tu Leipzig. Sonntag den 8. September 1901. S5. Jahrgang. Aus -er Woche. Potsdam genügend, Basel eine tiefe Beschämung. Die- da» fast einstimmige Unheil selbst in denjenigen un abhängigen Kreisen, die eine Niederlage ihrer Regierung nach sorgfältiger Prüfung nicht einmal sich selbst, geschweige denn Anderen, gern eingestehen. Man hat in diesen Kreisen an Olmütz erinnert. Fürst BiSmarck, der die Abmachung in der mährischen Stadt anders und günstiger beurthcilte al- die Zeitgenossen, hätte den Vergleich schwerlich gelten lassen, er hätte aber vielleicht als Achtziger geldan, was er unter schweigender Unterstützung seiner Gemahlin in jüngeren Jahren zurEntladung ungeheuren Zornes über heimische politische Fehler übte: nämlich Porzellan zerbrochen. Die Welt lächelt uud die Cbinesen lachen kräftig. Sie sind, auch wenn ihnen schließlich in Potsdam nichts von dem, wozu sie sich von Anfang an verstanden hatten, erspart wurde, auS dem Baseler Ringen, von einer verschwin denden Kleinigkeit abgesehen, in der Tbat als Sieger hervorgegangen. Man hat, daran ist kein Zweifel möglich, in einem Augenblicke, wo schon die Legalität von Mehr forderungen zweifelhaft war, dort übermäßig viel verlangt und gar nichts erzielt als Spott. Es giebt ein Dipto- matenglück, wie eS ein Feldberrnglück giebt, und selbst verständlich von Beidem das Gegentbeil. Aber wenn ein General mit einem Haufen Unbewaffneter eine Armee an- greift und wenn ein Diplomat ohne jede Gewähr des Er folges sich in ein Abenteuer einläßt, das auch im Falle des Gelingens weder Ruhm noch Vortheil mit sich brächte, dann spricht man nach dem unvermeidlichen Aus gange nicht mehr von Glück, sondern von etwas Anderem. Die »Berliner Börsenzeitung" ist noch sebr höflich, wenn sie schreibt: „Es ist selbst für die beschränkte UrtheilSkraft eines Laien unerfindlich, wie eS möglich war, daß zünftige Diploma>en sich so gründlich in eine Sackgasse verrennen konnten." Und die „Natwnalztg.", rin Blatt, das die deutsche auswärtige Politik heraushaut, wo sie nur kann — sie that daS auch vor der Besiegelung der Baseler Niederlage —, bemerkt zur Ansprache des Prinzen Tschun, das ist nämlich bje einzige Baseler „Errungenschaft": „Weniger konnte in der Thal kaum geschehen." Bei aller Eitelkeit leugnet man io China nicht, bei der Abwehr der improvistrten deutschen Forderung europäische Unterstützung genossen zu haben, und die „Times" weisen auf den Zaren hin. Es muß dahin gestellt bleiben, ob gerade Rußland sich bemerkbar gemacht bat. Aber jedenfalls ist China wahrend der Dauer des Zwischenfalls nicht iwlirl gewesen, und daß eS das nicht sein würde, hätte selbst ein DiplomatenlehrbursL vorauSiehen müssen. Schon wegen der handelspolitischen Eifersucht gewisser Staaten, von deren Existenz man doch lelbst inmitten deS Berliner politischen PhäakenlebenS einige Erkcnntniß erlangt haben wird. Die öffentliche Meinung Deutschlands ist in diesen Tagen eben zweimal gröblich mißverstanden worden. Zuerst deutete man die allgemein laut gewordene Mißstimmung über di« dem Sübneprinzen zugedachlen außerordentlichen Ehrungen als den Wunsch nach einer, außerordentlichen De- müthigung CbinaS, seines Kaisers und des Bruders seines Kaiser». Daran aber hatte kein Mensch im Volke gedacht. Mau verfiel, wie wir vor acht Tagen leider mit Grund vermutheten, in das andere Extrem; und da sich dem starker Widerstand entgegensetzte, veifiel man wieder in ein Extrem und begnügte sich mit dem, womit man sich bei dem Haltrufc in Basel nicht begnügen zu können erklärt hatte —, einEnde, das, nachdem einmal angesangen war,vie öffentliche Meinung ebenfalls nicht gewünscht batte. Das Haschen nach leerem Prestige zog eine starke Minderung an politisch inhaltsvollem Ansehen nach sich. Der Baseler Vorgang ist übrigens nur ein besonders scharf in die Augen springendes, keineswegs ein neues Kennzeichen unserer Politik. Zu Beginn der letzten kretischen Wirren, bei der Umschreibung der Bedeutung der chmesiscden Expedition und des Ausganges, den man ihr geben wollte, und noch in anderen Fragen, ' die mehrfach für Deutschland keine Fragen waren, hat Berlin dasselbe Veihalten beobachtet und dasselbe oder eia ähnliches Schicksal erlitten. Die neue deutsche Politik, auch die innere, bewegt sick nach Art der Echternacher Springprocession, nur mit dem Unterschied, daß die Pilger zwei Schritte vorwärts und einen Schritt rück wärts thun, während man bei unS bäufig einen Schritt vorwärts und zwei rückwärts macht. Da ist es kein Wunder, wenn daS deutsche Ansehen und nicht dieses allein den Krebs gang geht. Den Krebsgang unter Siegesfanfaren. Die Officiösen sind schon jetzt unverfroren genug, nicht etwa nur den Sühne act, nein, auch den AuSgang der Baseler Campagne höchst befriedigend zu nennen. Noch ein paar Mal vierundzwanzig Stunden, und unsere „zielbewußte und tbatkräflige Regie rung wird ein neues Ruhmesblatt in die Geschichte Deutich- lanbS geflochten" haben. DaS Treiben dieser Leute während der Baseler Affaire ist an dieser Stelle schon gekennzeichnet worden. Wir haben wenig hinzujzuseycn, müssen aber unsere Bermutbung abschwächen, daß die Ossi» eiösen in-grsammt ohne Informationen gearbeitet hätten. Sie werden wohl nicht alle Schuld an der im größten Maßstab«, dabei aber nicht ohne Albernheit betriebenen Fopperei, die diesen Zwischenfall begleitete, allein zu tragen haben. Rath- losigkeit führt leicht zu — nicht substantiirten Behauptungen. Und rathlo» war may. DaS Stärkste, wa« geleistet wurde, möchten wir nunmehr am wenigsten auf gefällige Reporter phantasie »nrückfübrea: die Angabe, bei der „Festhaltung" der Sübuemisflon in Basel spreche die Absicht mit, den Prinzen nicht eher z« empfangen, al» bis China da» Frieden»- vrotokoll unterzeichnet habe. In dem Wahne, dir Unterzeichnung über Nacht erreichen zu können,hat man sich an gewissen Stellen in der Tbat «inen Taa und vielleicht noch länger gewiegt. Doch da» ist vorbei. Aber heute wird schon angedeutet, die deutsche Reaieruna hätte da» wirklich machen können, wenn sie ge wollt hatte; ihrer Würde würde e» nicht geschadet Haden, weun die Mission noch länger in Basel hätte sitzen müsse«. Gerade aber diese Reiseunterbrechung und die umstände mit denen sie begann und sich forisente, baden dem Reich« Gpatt eingetragen. Und »en« di« Mission «ich» in Basel geblieben, sondern nach Paris und London gefahren wäre und sich dort hätte setiren — und in ihrem Wider stande bestärken lassen? Ober wenn sie überhaupt nicht nach Deutschland gekommen wäre? Da Prinz Tsckun und seine Begleiter, obwohl sie dicht an der Grenze waren, daS deutsche Bundesgebiet gänzlich unangegriffen gelassen batten, so winde es zur KiiegSerktärung an China der Zustimmung de» Bundesraths bedurft haben und dieser hätte kaum marschiren lassen. Die „Germania" zeigt sich ungehalten, weil daS Ministe rium von Mecklenburg-Schwerin die Genehmigung zur Veranstaltung eine Collecte sür die Los von Rom-Bewegung in Oesterreich ertbeilt hat. Sie ruft nach der Polizei, d. h. nach der Reichsregierung, die so etwas nicht dulden dürfe. Ungemein kennzeichnend für den Ultra montanismuS. Er beklagt sich darüber, daß die katholische Kirche in Mecklenburg nicht AUeS thun darf, waS sie möchte, und so lange angebliche oder wirkliche Unter- drückungsvorsckriften nicht abgeschafft sind, will er den Evangelischen in diesem Lande verboten wissen, für die Ausbreitung ihres Glaubens ein Scherslem zu opfern. Selbst verständlich wrrb die religiöse Bewegung in Oesterreich als „antityuastisch und hochverrälherisch" benuncirt, und ebenso selbstverständlich geschieht dies unter Berufung auf die Autorität deS Erzherzogs Franz Ferdinand. Bei uns im deutschen Reiche kommt aber einem deutschen BnnbeSfürsten eine größere Autorität zu al» einem ausländischen, vielleicht mehr durch große Gläubigkeit als durch scharfe Beobachiungsgabe auS gezeichneten Prinzen und Gemahl einer tschechisch-national gesinnten Dame. Der „Germania" kann ihr «Sprüchlein nicht sonderlich verargt werben, sie ist eben uitramontan. Abe, oie „Köln.Ztg." ist ihr vorangegangen und hat die mecklen burgische Reglerungsenlschlicßung zum Theil in Wendungen kritisirt, den schäi fslen Wiberipruch beraussordern. DaS Blatt hak den Muth, bieSammtung in Mecklenburg auf eine Stufe zu stellen mit den „sogenannten Scclenerrettungen", die von katho lischer Seite „mit Mitteln, die nicht zu billigen sind", versucht und durchgefüdrt werden. Wir Haden erst dieser Tage über bi- Natur dieser Rettungen und der dazu verwandten Mittel durch einen Fall ,m Hannöverschen wieder einmal Aufschluß er halten. Ein katboiischer Priester hat durch zwei Manipula iionen, die moralisch nichts Anderes als Urkundenfälichungen waren, ein protestantisches Kind dem Religionsunterrichte seines Glaubens entzogen. Mil derartigen Handlungen eine offen gegebene Unterstützung zn vergleichen, ist ein Unter fangen, daS an Schamlosigkeit grenzt. Die „Köln. Ztg." appellirt auch — an die Furcht vor Oesterreich und seiner Regierung. Für Lobsinger der Kraft und Selbstständigkeit des neuen Curses eine gute Leistung. Sie wird aber säst noch in den Schatten gestellt durch die Behauptung der Köln'rin, Sachsen mache mit Mecklenburg von allen deutschen Staaten insofern eine Ausnahme, als hier die Katholik n .nicht mit demselben Maße wie die Protestanten gemessen würden und deshalb mit Recht sich beklagten. Neu ist diese Behauptung allerdings nicht, denn sic wurde im Reichstage bei der Beratbung des „Toleranzantrages" des Centrums von klerikalen Rednern ausgestellt. Sie ist aber auck miede, holt so gründlich widerlegt worden, daß man ihre Wieber aufwärmung durch ein liberales Blatt, das die „Köln. Ztg." doch sein will, kaum begreift, am wenigsten dann, wenn man sich er innert, daß dieses selbige Blatt erst kürzlich durch einen be schimpfenden Ausdruck einen Proceß provocirt bat, um erweisen zu können, daß es von dem Beschimpften gröblich verleumdet worben sei. Man verdenkt eS der „Köm. Ztg." nicht, daß sie sich einer sicheren Veruribeilung wegen Beleidigung aussetzie, um sich von einem ehrenrührigen Verdachte rein zu waschen. Um so mehr aber hätte man von dem „Weltblatte" erwarten dürfen, daß eS sich hüten würde, seinerseits einen deulschen Staat zu verdächtige» und pcüfungSloS klerikale Verdächti gungen nachzuleiero. Man muß an sich halten, um nicht nach dem Schimpflexikon der „Köln. Ztg." zu greisen und auS ihm den paffenden Ausdruck sür «ine derartige Handlungsweise zu entlehnen. Attentat auf Mac Kinley. Ueber das Attentat und die damit zusammenhängenden Vorgänge liegen folgende Telegramme vor: * Buffalo, 7. September. Nach einem heut« früh 6 Uhr über das Befinden des Präsidenten Mac Kinley ausgegebenen Bericht hat er die Nacht gut verbracht, Temperatur 102, Pul» 110, Athmung 24. * Buffalo, 7. September. Unmittelbar nach Beendigung de» HarmoniumvortragrS wurde der Mordversuch aus Mac Kinley auSgesührt. Obgleich der Präsident sorgsam von Beamten der Geheimpolizei bewacht war, war er doch gerade derartigen Angriffen vollständig auSgesetzt, da er am Rande eine» erhöhten Platze» stand. Die Menge drängte sich in den verschiedenen Eingängen der Halle und jeden Augenblick wurde da« Gedränge stärker. Mac Kinley war augen scheinlich über diesen Brwei» von Anhänglichkeit erfreut. Der Präsident der Ausstellung, Milburn, stand zu feiner Rechten, sein Privatsekretär Eortelyou zu feiner Linken, al» der Mörder sich im schwarzen Anzuge näherte. Seine Hand verhüllte «ine Binde oder «in Tofchentuch. Er bahnte sich »inen Weg durch dir Wenge bi« ans zwei Fuß zum Präsidenten, der sich lächelnd ver beugte und die Hand au»strecktt. Plötzlich wurden Revolver» schüfst gehört, völlige Stille folgt«. Der Präsident blieb noch mit unsicherem «nd verwirrtrm Blick stehen; dann trat er einen Schritt zurück; Bläffe überzog sein Antlitz; er wandt» sich, ging sich«, zn seinem Sessel und fetzte sich. Darauf nahm «r seinen Hut ab und barg fein Gesicht in den Händen. Sein« Weste wurde schnell geöffnet. Mac Kinley bat inzwischen di« Umstehenden, ruhig zu bleiben und nicht besorgt zu fein. „Aber Li« sind ja verwundet" sagte sein Sekretär; worauf Mac Kinley erwiderte: „Nein, ich glaub« nicht, daß ich schwer grtrossea bin." Nach eioer Weil« fügt« er Hinz«: „Uebertreibt nicht, wenn Ihr meiner Fra« von dem Vorfall Mittheilung macht." Der Still« in der Holle folgte unterdessen diegrößteAufregung. Zwei Beamte der Geheimpolizei stürzten sich auf den Mörder, warfen ihn zu Boden, fesselten ihn und suchten ihm die Waffe zu entreißen. Der Mörder machte aber trotzdem einen Arm wieder frei und versuchte nochmals auf den Präsidenten zu feuern. Mac Kinley selbst entfernte die eine Kugel, die sein Brustbein getroffen hatte, obgeglitten und in der Haut sitzen geblieben war. Ec sagte dabei zu den Polizeibeamten: „Ich glaube, ich habe noch eine andere Kugel im Leibe." Dann kam es in dem Gebäude, in dem sich eine ungeheure Menschen menge zusammengefunden hatte, zu schrecklichen Auftritten. Es erhob sich ein fürchterliches Schreien und Toben. Die Männer rangen und suchten sich zu dem Mörder einen Weg zu bahnen, die Weiber und Kinder schrieen uud weinten. Erst nach und nach legte sich die Panik. * Washington, 7. September. (Reuter's Bureau.) Es sind Vorkehrungen getroffen worden, um die Fortführung der Executive zu sichern, da es sich herausgestellt hat, daß der Präsident Mac Kinley längere Zeit unfähig sein wird, seine Amtspflichten zu erfüllen. Man erwartet, daß die Mitglieder des Cabinets sich schleunigst nach Buffalo be geben werden. Der Cabinetsrath wird über die Ausübung der Executive sür die nächste Zukunft entscheiden. — In Cleve land sind zwei Leute verhaftet worden, weil sie zu dem Mord versuche in Beziekungen stehen sollen. Einer von ihnen soll der Polizei versprochen haben, mehrere Mitschuldige deS Uebelthäters ausfindig machen zu wollen. Die Polizei glaubt, daß das Complot in Cleveland geschmiedet worden sei. Die Anarchisten Chicagos stellen in Abrede, daß es sich um ein Anarchistencomplot handele. (Wiederholt.) * New Kork, 7. September. Sämmtliche Blätter geben ihren tiefen Ab scheu über die That des Leon CzogloSz Ausdruck und verlangen eine entsprechende Strafe, wenn nicht erwiesen werde, saß der Uebeltdäter irrsinnig sei. „Sun" sagt: Der Samen, der hier zur politischen Mordthat gereift ist, ist nicht allein auf die Saat von außerhalb zurückzuführen. Er wird täglich ouS- qestreut in den Bereinigten Staaten und nicht immer fällt er aus steinigen Boden. Lasset die Amerikaner sich selbst am Lager ihres geliebten Präsidenten fragen, wie lange dieses Teuselswerk der Anarchie und Mordthaten in Amerika noch fortdaurrn soll. 0 3. Berlin, 7. September. (Privattrlegramm.) Die amerikanische Botschaft und daS Generalconsulat werden von Amerikanern geradezu gestürmt, um neue Nachrichten zu erhalten, dort aber ist nichts Neues bekannt. Auf dem internationalen Anarchisten-Congreß in Paris sind die Amerikaner ganz besonders stark vertreten, das gilt alS Beweis für die Stärke deS Anarchismus. — Es haben in dieser Woche zahlreiche Haus- iuchungen bei Anarchisten in verschiedenen Städten Nord- und Süddeutschlands slattgefuudeu. Verhaftungen sollen aber nicht vor gekommen sein. * Berlin, 7. September. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Der fluchwürdige Mordanschlag aus Mac Kinley erfüllt unS mit innigem Mitgefühl für den auch in Deutschland hochgeachteten Präsidenten wie seine schwer getroffenen Angehörigen und mit Herz, licher Theilnahme an dem Schmerze des befreundeten ameri- konischen Volkes. Möchte es der ärztlichen Kunst gelingen, das Leben des verehrten Staatsoberhauptes der großen Republik zu erhalten und von der amerikanischen Beschichte den Flecken eines neuen Präsidentenmordes abzuwenden." — Der Staatssekretär de» Auswärtigen, Frh. v. Richt Hofen, erschien heute auf der amerikanischen Botschaft, um persönlich den Gefühlen leb- hastrr Theiluahm« der Regierung Ausdruck zu geben. Deutsches Reich. Berit«, 7. September. (Die Sterblichkeit im höheren Lehrerstand.) Zu lebhaftem Kampfe, auch mit statistischen Zahlen und den au« ibncn gezogenen Schluß folgerungen, bat die Schcöder'sche Schrift: „Der höhere Lebrerstand in Preußen" Anlaß gegeben. Dort war über Lebensdauer und Aktivität der Directoren und der Ober lehrer eine Statistik aufgestellt, in der Schröder zu dem Er- gebniß kam, daß die Oberlehrer ihrer Herkunft nach zu den Schichten der Bevölkerung gekörten, die einer durchschnittlich höheren Lebensdauer sich erfreuen; sie hätten bei ihrer AmtS-Anstellung bereits einen AuSlese-Proceß durchgemackt und wären Unfällen am wenigsten auSgesetzt. Aber weil trotzdem nach den Untersuchungen Schröder'» die Oberlehrer nur ein verhältnißmäßig genüge» ActivitatSalter erreichen, so schloß er gerade hieraus, daß der Dienst der Ober- lebrer ein überaus schwerer sei« müsse. Eine Denkschrift veS königl. Preußischen Statistischen Amt» vom 13. Februar lSOO über die Alter»- und Sterblichkeitsverbältniffe der Oberlehrer wich von den Schröver'schen Zahlen und deren Schlußfolgerungen ab. Die schon von unS besprochene neue, im Auftrag des CultuSministerinmS verfaßte Denkschrift über dieselbe Frage gelangte im Wesentlichen zu demselben Er- gebniß, wie Schröder, aber die amtliche „Berliner Corre- spondenz" versuchte im Gegentheil die Zahlenergebniff« dieser neuen Denkschrift so darzustellen, als ob sie den vollgilnge« Beweis lieferte«, daß alle jene von Schröder ausgestellten Behauptungen über die Schwere deS Dienste« der Oberlehrer glänzend widerlegt wären. Diese An sicht der halbamtlichen Corresponbenz war sofort vom „Pädagogischen Wochenblatt" zurückgewiesen worden und jetzt kommt ,a derselben Zeitschrift brr Mathematiker Oberlehrer Dr. Mell mann aus diese Frage zurück, um auch in einer statistischen Gegenüberstellung nachzuweisen, daß die Schröder- schen Zahlen, obwohl sie von ganz anderer Unterlag« aurgeben, al» die neue Denkschrift, doch denen der Denk schrift sehr nahe kommen. Der Versuch der „Berliner Corresponbenz". hi« Sache so darzustellen, al» ob durch di« neueste Denkschrift dargrthan sei, daß di« Unter suchungen Schröder'S und die auS ihnen gezogenen Schluß folgerungen absolut falsch seien, ist auch nach den genauen Nachprüfungen Mellmann'S als gescheitert zu betrachten» Schröder's Folgerungen auS seinen Zahlen über die Schwere des Lehrer-Bcrufs sind im Ganzen und Großen durch die neue Denkschrift bestätigt und nicht, wie die „Berliner Corresp." meint, widerlegt ivorden. Aber selbst wenn das Erstere zuträfe, heißt eS im „Pädagogischen Wochenblatt", daS Verdienst, welchcs Schröder um den höheren Lehrer stand sich erworben hat, würde dadurch nicht geschmälert werden. Verdankt man eS doch seiner selbstlosen, unermüd lichen Kampfesarbeit, daß endlich einmal die Lage der Ober lehrer genau untersucht ist und, wie zu erwarten steht, in nächster Zeit mit anderen amtlichen Berufen von akademischer Vorbildung verglichen werben wird. Erst dann kann sich klar und deutlich zeigen, ob die Klagen aus Oberlebrerkreisen über Ueberbürdung begründet sind und ob die Forderung der Oberlehrer, den Richtern gleichgestellt zu werben, berechtigt ist oder nicht. I-. u. k. Berlin, 7. September. Die Hauptergeb nisse einer neuen Statt st ik über die deutschen Gewerbegerichte sind vom Bürgermeister Cuno in Hagen i. W. zusammengestellt worden und werden dem Ver bände deutscher Gewerbegerichte, der in diesem Jahre in Lübeck zusammentreten wird, vorgelegt werden. Gegen die letzten Er hebungen vom Jahre 1896 weist die neue Statistik wieder einen Fortschritt auf. Es sind 43 Gewerbegerichte neu begründet worden, nämlich: 12 in Preußen, 8 in Bayern, 4 inSachsen, 3 in Württemberg, 2 in Baden, 4 in Hessen und in den übrigen Bundesstaaten. Zwar stehen diesen 43 neuen 12 eingegangene gegenüber, doch verliert diese Zahl an Bedeutung, wenn man die einzelnen Fälle betrachtet. Im Ganzen gab es am 31. Decrmber 1900 316 Gewerbegerichte, die im Jahre 1900 zusammen 84 164 Sachen zu behandeln hatten. Auch ihre Thätigkeit al» Einigunosämter war reich. Sie wurden in solchen Angelegen heiten 80 Mal angerufen. 28 Vereinbarungen wurden von ihnen geschlossen. Doch steht diese wichtige Thätigkeit noch in den Anfängen. Die Zahl der von den Gerichten abgegebenen Gutachten betrug 50 — ebenfalls ein, wenn auch mäßiger Fortschritt. * Berlin, 7. September. (Eine Eisenbahnver ordnung.) Die königliche Eisenbahndireckion Kattowitz bat an sämmtliche Bahnhofswirthe ihres Bezirks eine Verfügung erlassen, der die „Kölnische Zeitung" folgende Stelle entnimmt: „Um dem übermäßigen Genuß von Branntwein zu steuern, seben wir unS veranlaßt, zu bestimmen, baß Branntwein nur noch in Gläsern von '/«o Liter Inhalt und zum Preise von 5 Pfennigen für das GlaS verkauft werden darf. Gleichzeitig untersagen wir allgemein den Verkauf von Spirituosen jeg licher Art in der Zeit von 10 Uhr Abends bis 8 Uhr Morgens in den Warteräumen 3. und 4 Classe, und zwar unterschiedslos an Reisende oder Nichtreifende." — Dazu bemerkt das genannte Blatt mit Recht: Wenn man auch vollauf mit allen Maßregeln einverstanden sei» kann, die dem übermäßigen Genuß von Branntwein steuern wollen, so ist doch diese Verfügung eine Bevormundung des Publikums, wie sie nicht schlimmer gedacht werden kann. Es wird sehr ost vorkommen, daß ein auf der Fahrt durchfrorener Reisender das ebenso dringende wie berechtigte Bedürfniß empfindet, sich durch einen Schnaps zn erwärmen. Noch viel weniger aufrecht zu erhalten al» die Verfügung im All gemeinen ist die besondere Bestimmung, daß das Schnapsverbot sich nur auf die Warteräume 3. und 4. Classe erstrecken soll, während es den Reisenden 1. und 2. Classe nach wie vor freigestellt wird, alko holische Getränke in beliebigen Mengen zu sich zu nehmen. Die Verwaltung wird dabei von dem Gedanken auSgegangen sein, daß man bei gebildeten Reisenden, die ja zumeist die höheren Wagenclassen benutzen, weniger mit Triukexcessen zu rechnen hab», eine Annahme, die im Allgemeinen richtig sein wird. Trotzdem ist die Eiienbahnverwoltung nicht berechtigt, den Reisenden der 3. und 4. Classe ohne Weiteres das Zeugnis der Neigung zur Trunksucht auszustellen. Besonders die 3. Ctasse wird von wohl erzogenen, anständigen BevölkerungSkreisen benutzt und eS giebt viele Reisende dieser Kreise, die je nach der Gelegenheit, oft ab wechselnd, 2. oder 3. Classe fahren. Das allein zeigt schon, wie uahallbar eine solche sociale Trennung ist, di« übrigen» auch für die Reisenden der 4. Classe durchaus nicht am Platze ist. (-) Berlin, 7. September. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Die Berichte von einer angeblichen Ausstandsgcfahr im Ktlimandscharo-Gcbtele, die dieser Tage durch die Presse gingen, gaben dem Coionialamt de» Aus wärtigen AmtK Anlaß zu einer Anfrage bei dem Gouvernement von Deutsch-Ostasri ka. Der Gou verneur Graf Götzen antwortete darauf am 6. September au» Dar-eS-Salaam, daß am Kilimandscharo alles ruhig sei. L. Berlin, 7. September. (Privattelegramm.) AuS Hamburg wird berg „Nat.-Ztg."Kgeschrieben: „Die Be drohung deutscher Interessen in Columbien hat die am dortigen Handel betheiligten Hamburgischen Firmen veranlaßt, an den Reichskanzler eine Eingabe zu richten, worin sie bitten, den deutschen Gesandten in Bogota mit dem nachdrücklichen Schutz der deutschen Rechte zu beauftragen. Die Eingabe hebt hervor, daß der Einfuhr- wie der Au-fuhrbandel de» Lande» überwiegend in deutschen Händen rubt, und daß die deutschen Interessen vielfache Schädigung erfahren haben. Die Schifffahrt auf dem oberen und dem unteren Magdalruenstrom ist durch die aufständischen Banden bebildert, resp. von der Regierung gesperrt, wodurch die für deutsche Rechnung verladenen Waarr« Verzögerungen und Beschädigungen erleiden. Ferner hat unter« 18. Juli die columbische Regierung «in Decret erlasse«, wodurch die Gouverneure ermächtigt werden, ZwangSaoieihen aufzunehmen auch bei Privaten. Dadurch wird sowohl deutsche», al» den Deutschen verpfändete» Eigenthum betroffen. Unterzeichnet ist die Eingabe von 24 hamburgischen Firmen, u. A. auch der Hamdurg-Amerika-Linie, dem Bereu» Hamburger Affe- curadeur« und der Hamburger Filiale der Deutschen Bank,*
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