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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010913024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901091302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901091302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-13
- Monat1901-09
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Di» Moraen-AuSaabe erscheint um '/,? Uhe^ di« Abend-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr^' Nedaction «nd LrpedMoa: Johannt-gasse 8. Filialen: Tlsted Lahn norm. O. Klemm'» Sorti«. UmversitätSstraße S (Peultaom), Louis Lösche, Katharinenstr. Ich pari, »ad KSai-bplatz 7. ja, BezugS-PrelS« At der Hmlptexpedttion oder den N» Stadt» bezirk und den Bororten errichtete» Aus gabestellen abgeholt: viertestährlich s 50, bet zweimalige: täglicher Zu stell unz in« Hau« ^l L.LO. Durch die Post bezogen sür Deutschland u. Oesterreich: virrteljährl. S. Man abonntrt serner mit entsprechendem Postaufschlag bet den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, dir Europäischen Türket, Egypten. Für alle übrigen Staate» ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese« Blatte« möglich. Aberw-Arrstzave. KlMgkr. TllgMatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen »Preis die bgespaltrne Petitzeile SS H. Reklamen unter dem RedactionSstrich («gespalten) 75 H, vor den Familiennach» richten («gespalten) 50 Ls. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Offertenannahme 2b H («xcl. Porto). Grtra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördrrung «0—, mit Postbesörderung X 70.— Znnahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen and Annahmestellen je ein« halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet« au die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» tu Leipzig. Nr: (88. Freitag den 13. September 1901. 95. Jahrgang. ZUM Mental auf Mac Linley. Bor acht Tagen wurde da» Attentat auf Mac Kinley unternommen und während dieser Zeit lauteten die Berichte über den Verlauf der Krankheit und des HeilungSproccsscs recht günstig. Vielleicht ist in diesen ofsiciellen Depeschen nicht Alles wahr dargestellt worden — wenigstens waren Privattelegramme einzelner Zeitungen pessimistischer gefärbt — denn sonst kann man es sich kaum erklären, daß jetzt plötzlich ein so großer Rückschlag eingetreten ist, demzufolge taö Leben des Präsidenten bedroht ist. Die eingegangenen Telegramme lauten: * Buffalo, 12. September. (Telegramm.) Das heute Nachmittag 3ZH Uhr ausgegebene Bulletin über das Befinden des Präsidenten Mac Kinley besagt: Der Zu st and ist ganz derselbe wie heute Morgen. Der Präsident beklagt sich nur über Mattigkeit. Er nimmt weiter genügend Nahrung zu sich. Puls 126, Temperatur 100,2. * Buffalo, 12. September. Das Bulletin von Abends 8^ Uhr lautet: Der Zu st and des Präsidenten ist nicht durchaus gut. Die aufgenommene Nahrung wurde nicht gut verdaut, eine Entleerung konnte nicht erfolgen. Der Puls ist unbefrie digend. Indessen hat sich der Zustand seit zwei Stunden ge bessert. Die Wunde hat rin gutes Aussehen. Schlaf ruhig. Temperatur 100,2, Puls 128. * Buffalo, 13. September. (Telegramm.) Reuters Bureau meldet: Alle Aerzte am Krankenlager Mac Kinleys ertheilten nm 3 Uhr früh die Ermächtigung zu der Bekannt gabe, daß der Präsident bedenklich krank sei. * London, 12. September. In Londoner Anarchistenkreisen wird der That des Czolgosz keine politische Bedeutung bei gelegt. Fürst Krapotkin erklärte, sie sei ein gemeines Verbrechen und werde als solches behandelt werden; Czolgosz sei ein aufgeblasener Mensch, der von der Natur und den Wir kungen seiner That keine Ahnung habe. Malatesta meinte, in einem Lande, wie Amerika, sei keine raioou ci'etrs für ein solches Verbrechen vorhanden. (Frkf. Ztg.) Der Krieg in Südafrika. Man schreibt uns aus London unter dem 11. September: „Die wöchentlichen „Schlächterrechnungen" des Lord Kitchener, in denen er mit peinlicher Genauigkeit die getödteten, gefangenen, verwundeten und capitulirten Boeren, sowie die gewaltsam von den Farmen entfernten Angehörigen der Burghers nebst den un gezählten Pferden und Stücken Vieh aufzählte, waren schon immer auf den speciellen Geschmack der Jingos und ihrer kriegs- wüthigen Presse zugeschnitten und erregten denn auch in ihrer Abfassung und Veröffentlichung stets den größten Jubel und Beifall im Lager der Chamberlain'schen Gefolgschaft. Man rechnete auf Seiten der Regierung und im Londoner Kriegs amte eben mit den rohesten Gefühlen, welche einen gewissen Theil des englischen Volkes beherrschen, und ließ es in diesem Sinne denn auch nicht an beliebigen Uebertreibungen und den alther gebrachten Entstellungen fehlen. Die größte und abscheulichste Rohheit, die aber jemals seit Ausbruch des Krieges in einer offi- ciellen Veröffentlichung enthalten gewesen ist, findet sich in dem letzten Wochenrapporte des englischen Oberbefehlshabers, der vom 9. September ab Pretoria datirt ist, und in welchem es wört lich heißt: „Seit dem 2. September haben die verschiedenen eng lischen Colonnen wiederum vorzügliche Resultate erzielt — „total dax 681 Loses". — Diese sportliche Meldung, daß die „Total-Jagdbeute" (bas gleich Rucksack oder Strecke) 681 Boeren betrug, wird von der Regierungs- und Jingopresse mit un geheurem Behagen und cynischem Wohlgefallen wörtlich wieder gegeben, natürlich mit den entsprechendenRandbemerkungen, wobei dem Lord Kitchener und seinen „Jägern" fernerer guter „Jagd erfolg" gewünscht wird. Nur wenige liberale und radikale Blätter haben den Tact und den Muth, diese officielle Rohheit beim rechten Namen zu nennen und dieselbe auf das Schärfste zu verurtheilen. Außerdem erscheinen bereits zahlreiche „Ein gesandts" in der Presse, in welchem viele Männer in hervorragen den Civil- oder Militärstellungen dagegen protestiren, daß die Boeren officiell wie wilde Thiere behandelt und ihre Verluste, die sie in ehrlichen Kämpfen erleiden, vom britischen Generalissimus in Südafrika und vom Londoner Kriegsministerium L la Sports man behandelt und rapportirt werden, weil eine solche erbärm liche Gefühlsrohheit auf die ganze englische Nation zurückfällt und sowohl die Boeren wie die ganze übrige civilisirte Welt erst recht gegen Großbritannien und seine südafrikanische Politik ver bittern muß. Es kann einem Heerführer ßewiß unbenommen bleiben, daß er sich über die mehr oder weniger belangreichen Erfolge seiner Truppen persönlich freut und dieselben anerkennt, aber er darf denn doch wohl niemals vergessen, daß in der modernen Krieg führung die Principien und Gesetze der Menschlichkeit unter allen Umständen zu beobachten sind, — und dies ganz gewiß nicht in letzter Linie in den officiellen Telegrammen, in welchen der Ober befehlshaber seiner Regierung und seinem Lande pflichtgemäß über seine Kämpfe gegen einen ehrenhaften Feind berichtet. Wenn die Boeren einen militärischen .Eisenbahnzug zum Entgleisen bringen und angreifen, auf dem sich gegen alles Kriegsrecht weib liche Passagiere befinden, von denen dann bedauerlicher Weise eine Frauensperson leicht verletzt wird, so entrüstet man sich in England officiell, officiös und privatim über eine solche „un christliche Schurkerei" und „banditenmäßiges Betragen" des Feindes und verlangt mit wüthendem Rachegeschrei die schärfsten Bestrafungen und Repressalien, indem man derartige un vermeidliche Vorfälle als willkommene Veranlassung hinstellen möchte, die noch im Felde stehenden Boeren als vogelfrei zu be zeichnen und ihnen jedes Kriegsrecht zu entziehen. Wenn aber Lord Kitchener vergißt, daß er als Officier und Gentleman auch dem Feinde gegenüber niemals zu würdelosen und rohen Be zeichnungen sich hinreißen lassen darf, so erregt das den lauten Jubel der Jingos und ihrer gelben Presse in einem Maße, daß anständige und christlich denkende Engländer sich veranlaßt sehen müssen, im Namen der britischen Nation und der civilisirten Welt gegen ein solches unanständiges Gebühren zu protestiren. Dieser brutale „total das" des Lord Kitchener bildet neben dem übrigen alten Schmutz einen unauslöschlichen Schandflecken auf dem Schilde der britischen Waffenehrc." * Loudon, 12. September. Die „Times" melden vom 12. September aus Pretoria: Bei einer Zusammen kunft zwischen General Blood und dem Boeren- führerViljoenin Lydenburg am 25. August schlug Blood dem Boerengeneral vor, ein Concentrationslager zu besuchen, damit jeder Zweifel der Boeren über die Ver waltung der Concentrationslager und die Principien der Eng länder bei der Kriegführung beseitigt würde. Viljoen lehnte für seine Person die Einladung ab und beauftragte seinen Adjutanten, Leutnant Malan von der Staatsartillerie, mit der Besichtigung. Malan erschien am Mittwoch im Lager von Middelburg, wo 7000 Männer, Frauen und Kinder concentrirt sind. Er führte die Besichtigung ohne Be gleitung aus, befragte so viele Flüchtlinge, als er nur konnte, und erklärte dann, er habe Alle zufrieden gefunden, den Flüchtlingen fehle nichts Besonderes. Die einzige Klage habe das Fleisch betroffen; es sei aber dasselbe wie dasjenige der englischen Garnison und der Bewohner von Middelburg; frei lich sei es minderwerthig, da für das Vieh kaum Weide vor handen sei. Malan erklärte, er sei angenehm überrascht, und kehrte am Nachmittag nach Belfast zurück, um sich zu Viljoen zu begeben. (Man darf nicht vergessen, daß diese Mittheilung aus englischen Quellen kommt.) — Ein anderes „Times"- Telegramm aus Pretoria besagt: Die Boeren waren in der vergangenen Woche in Osttransvaal sehr thätig. Sie concentrirten sich am Chrissie-See und um Amsterdam, offenbar um in Natal einzufallen. * Kapstadt, 12. September. Die „South African News", ein Afrikanderorgan, sagen in einer Besprechung der Proklamation Lord Kitchener's vom 7. August: Die Bürger der beiden Republiken kämpften noch heute um ihre Unabhängigkeit, wie sie es 23 Monate hindurch gethan hätten. Dieser Kampf sei indessen, soweit das Auge in die Zukunft dringen könne, von ihrem Standpunkte aus hoffnungs los; ein Erfolg ihrer Waffen sei unmöglich, eine Intervention des Auslandes ausgeschlossen. * Mafcking 12. September. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus".) General Methuen hatte ein ernstes Gefecht mit Delarey's Streitmacht in der Nähe von Zeerust am 5. d. M. Nach mehrstündigem Kampfe zogen sich die Boeren zurück, mit einem Verlust von 20 Todten, einschließlich General Lemmer und Feldcornet Joubert, 17 Verwundeten und 44 Gefangenen. Erbeutet wurden 300 Wagen, 1500 Stück Vieh und 6000 Schafe. Die Verluste der Engländer betrugen 15 Todte und 30 Verwundete. * Lourenc» MarqucS, 12. September. („Reuter's Bureau" ) Der portugiesische Küstendampfer „Limpopo", der den Fluß Limpopo befährt, wurde unter dem Verdachte angehalten, daß er K r i e g s c o n t r e b a n d e mit sich führe, doch wurde ihm nach einer Durchsuchung seitens der portugiesischen Be hörden gestattet, weiterzufahren. Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. September. Die Osnabrücker bentrumSparade, genannt „Katholiken- tag", scheint auf die Katholiken Deutschlands weniger Eindruck gemacht zu haben, als auf die Protestanten. Zunächst haben die unerhörten, häufig mit dem Gewände banalster Witze umkleideten Angriffe der Osnabrücker Parade redner auf die evangelische Kirche und Glaubenslehre, wie auf deutsche Männer, die zu dieser Lehre sich bekennen, die gesammte evangelische Bevölkerung Osnabrücks in tiefe Erregung versetzt, die auch auf andere hannoversche Städte sich ausdehnen zu wollen scheint. Zunächst äußerte sie sich durch eine bereits mitgetheilte, von den Kanzeln der evangelischen Kirchen zu Osnabrück ver lesene Protesterklärung und dann dadurch, daß die evangelische Bevölkerung von dieser Erklärung sich noch nicht befriedigt fühlte und stürmisch die Veranstaltung großer Versammlungen forderte, in denen die Taktlosigkeiten der Centrumsredner, die in so herausfordernder, den konfessionellen Frieden störender Weise das ihnen bereitwilligst gewährte Gastrecht verletzt hatten, beleuchtet werden sollten. lieber die am Dienstag abgehaltene erste Versammlung ist bereits in unserer heutigen Morgenaus gabe berichtet, heute liegt uns über die zweite, am Mittwoch veranstaltete, ein eingehender Bericht vor, der den Beweis liefert, daß die Redner gerade dadurch, daß sie sich streng auf die Abwehr der Angriffe der Centrumsredner beschränkten, den Beifall ihrer Hörer entfesselten und daß diese mithin nicht im Geringsten die ihnen und ihren Glaubensgenossen in Deutschland angedichtete Sehnsucht nach einem neuen Kultur kämpfe empfinden, aber auch fest entschlossen sind, jede Ver unglimpfung energisch zurllckzuweisen. Die würdige, aber ein dringliche und Uberzeugungsvolle Sprache aller Redner, namentlich die der Herren Prof. I). Z i l l e r, Pastor Weidner und Pastor vr. Pfannkuche, standen in wohlthuendem Gegensätze zu der unangemessenen und unwürdigen Art, in der der Abg. Gröber sein Thema:„Die eine heilige katholische und apostolische Kirche" behandelt hatte. Herr Gröber hatte allerdings den Erfolg davongetragen, daß sein Vortrag 16mal durch schallende Heiterkeit unterbrochen wurde, was den Rednern der Protestversammlungen nicht begegnete. Aber um so tiefer und nachhaltiger war der Eindruck, als vr. Pfannkuche, um zu zeigen, auf welcher Seite die Kampfeslust vorhanden ist und vorhanden sein muß, aus den obersten Glaubenssätzen der katho lischen Kirche nachwies, daß die römische Kirche intolerant ist und intolerant sein und bleiben muß, während aus der evange lischen Glaubenslehre sich das Gebot der Toleranz gegen Andersgläubige von selbst ergiebt. Und Prof. v. Ziller er weckte tausendstimmigen Zuruf durch die versöhnlichen, echt tole ranten Worte: „Wir erkennen auch innerhalb des heutigen römischen Katholicismus echt evangelische Frömmigkeit, und die wollen wir nicht nur dulden, sondern achten und lieben und uns anzueignen suchen in der freudigen Aussicht auf die zunehmende Einigkeit im Geiste, trotz aller Verschieden heit der im Buchstaben festgelegten Konfessionen." — Tiefen Eindruck rief I)r. Pfannkuche auch durch die Mittheilung hervor, daß das angeblich unparteiische, in einem evangelischen Verlage erscheinende „O s n a b r. T a g e b l." alle die von römischer Seite ausgegangenen Angriffe und Verunglimpfungen in ausführ lichster Weise wiedergegeben, „aus Rücksichten" aber sich geweigert habe, irgend eine von evangelischer Seite ausgegangene Abwehr und Richtigstellung aufzuixhmen. Schlagender konnte wohl nicht nachgewiesen werden, mit welchen Waffen die Kreise, die das Blatt zur „Rücksicht" zwangen, für „Wahrheit, Freiheit und Recht" kämpfen! — Beide Versammlungen nahmen natür lich die von den Kanzeln verlesene Protestkundgebung einstimmig an. So wird denn voraussichtlich der Osnabrücker „Katho likentag" für die evangelische Welt Deutschlands eine weit nach haltigere Rückwirkung üben, als auf Diejenigen, für welche diese Heeresschau berechnet war. Die polnische Presse legt e» sichtlich darauf an, ihre Leser an den Gedanken des Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu gewöbnen. So veröffentlicht der polnisch-ultramontane „Kuryer", indem er einen jüngst ver handelten Proceß in willkürlichster Weise zum Vorwande nimmt, folgende Einsendung: Unter Hinweis auf die Dobrzycaer Affaire fragt ein Leser de» Mattes: „Ist vom gesetzlichen Gesichtspunkte aus folgendes Ver- halten unseres Volkes in Bertheidigung der Heiligthümer des Herrn gestattet? Im Falle eines drohenden gesetzwidrigen An falles auf eine katholische Kirche (!) würde sich der örtliche Kirchen vorstand, fowie die gelammte Ortsbevölkerung und nach Möglichkeit auch die aus der Umgegend, die Frauen und Kinder nicht ausgeschlossen, in geschlossenen Reihen um die Kirche herum ausstellen. Um rin rechtzeitiges Sich« sammeln des Volkes zu ermöglichen, würden bei den bedrohten Kirchen Wachen sungiren, dir aus Landleuten aus der Umgegend bestehen und die Angesichts der sich nähernden Gefahr bei Tag wie bei Nacht sofort die Bevölkerung avisiren würden. Natür lich müßten sofort die Kirchenglocken geläutet werden. Die versammelte Bevölkerung würde auf die Knie fallen uud unter dem Singen frommer Lieder den Angriff abwarten. In ihrer Mitte stünde vor der Kirchthür der Geistliche mit dem allerheiligsten Sakrament. Für den Fall, daß die Angreifer weiter Vordringen sollten, würde man ihnen keinen aktiven, dagegen den kräftigsten Fenillotsn. n Arbeit. Von Eva Treu. ktoLdnick verbctei. (Schluß.) Endlich, im Herbst, war es so weit, daß sie Berlin verlassen wollt«. Morgen in der Früh« wollte sie abreisen. Eben kniete sie vor dem fertig gepackten Koffer, um ihn cbzuschließen, va brachte Frau Schramm ein« Karte. „ES sei «in Herr draußen, der sie zu sprechen wünsche." „Jetzli" sagte Life, ohne die Karte noch onzusehen, „aber liebe Fran Schramm, Sie wissen doch, daß ich jctzt keine Zeit habe." Sie hatte eS kaut sagen müssen, um sich der alten Frau ver ständlich zu machen, und so mochten die Worte wohl durch die nicht ganz geschlossene Thür bis auf den Flur hinaus gedrungen sein, denn draußen sagte eine Stimme: „Ich bitte auch nur um wenige Minuten, Fräulein Ohle." Nun erst sah sie aus die Karte, die sie achtlos bei Seite gelegt hatte, denn dir Stimme kam ihr bekannt vor. „Ach, Sie sind eS, Herr Pastor!" rief sie dann laut, so daß er «S draußen hören konnte. „Wollen Sie mir etwa Grüße von vr. LukaS bringen? Ja, wenn Sie mit einer ganz verkramten Stube fürlieb nehmen und eine Minute warten wollen, möchte ich doch gern einen Augenblick mit Ihnen sprechen." Dabei räumte sie schon klink ein paar Kleinigkeiten, die störend umhrrstanden, bei Seite; oaS Zimmer sah wohl ungemüthlich, aber nicht unordentlich au«. „Es kann ja auch Jedermann gleich sehen, daß ich reisen will", dachte sie, öffnete die Thür und ließ Pastor Gildemanu herein. „Eie kommen sicher, um mir Grüße von Ihrem Onkel zu bringen", sagte sie, ihm die Hand entgegenstreckend. Er nahm sie und hielt sie fest. „Gruße von ihm kann ich Ihnen allerdings sagen, da ich mir durch ihn Ihre Adresse hab« geben lassen, ich komme aber doch nicht eigentlich deswegen. Ich bin in eigener Angelegenheit hier." ,Ach, Eie Laben in Berlin -u thun? Bitte, nehmen Sie Platz", und st« deutete auf dal hart« Eopha. „Zu thun?" wiederholte er, „ja, aber nicht im übrigen Berlin, nur hier." „Hier bei mir?" sagte Lise und sah ihn sehr verwundert an. Nun wurde er doch verlegen; sie kam ihm auch so gar nicht entgegen, und er hatte doch gemeint, sie würde ihn gleich verstehen. „Sie sehen so ganz erstaunt aus, Fräulein LiSbeth, — können Sie sich denn gar nicht denken, warum ich gekommen bin?" „Nein", sagte Lise ganz ehrlich. Sie konnte es sich wirklich nicht denken. „Und ich meinte — ja, es hat eigentlich keinen Sinn, erst viele Umschweife zu machen, Fräulein Lisbeth. Ich habe Sie im Sommer sehr lieb gewonnen. Es würde mich sehr, sehr glück lich machen, wenn Sie meine Frau werden wollten. Das war es, weshalb ich kam." „Ich", rief Lise und rückte von ihm fort, „aber —" „Ich weiß kein Mädchen, daß mich so völlig beglücken könnte", sagte er, ihre Hand nehmend. Lise zog sie fort. „Aber es kann nicht sein!" rief sie. „Ich kann es nicht, Herr Pastor, es ist unmöglich. Es thut mir leid, wenn mein Benehmen Ihnen Ursache gegeben hat, zu denken — nein, es hat mir ganz fern gelegen, nicht ein Gedanke daran ist mir je gekommen!" „Aber jetzt, wo ich Ihnen den Gedanken nahe lege, Fräulein Lisbeth? Es sind nun Monate vergangen, seit wir uns trennten. Ich bin dessen ganz sicher, daß ick Sie sehr lieb habe, und ich würde Alles thun, was ich kann, um Sie glücklich zu machen." „Aber ich kann es nickt, ich — ich habe Sie ja doch Nicht lieb", sa^te Lise unter heißem Erröthen, aber ihm ehrlich in da» Gesicht Einen Augenblick wurde es ganz still. „Sind Sie dessen ge wiß?" sagte der Mann dann leise. „Ja." Sie schwieg eine kurze Weile. „Sie sind mir lieb und werth, Herr Pastor", fuhr sie dann ernsthaft fort, „wie sehr, da» habe ich bis zu dieser Minute selbst kaum gewußt. Aber eben deshalb kann ich Sie doch nicht belügen. So lieb, wie ich meine, daß eine Frau ihren Mann haben soll, hab« ich Sie nicht und werde ich Sie auch nie gewinnen, — niemal», — nie!" Er sah vor sich hin. Mit einer freudigen und sicheren Hoff nung war er hierher gekommen, und ihre Antwort traf ihn hart. „DaS können Sie mit solcher Bestimmtheit doch nur sagen, wenn Sie schon verlobt sind, sagte er endlich. „Nein, ick bin e» nickt, und ich werde e» nie sein. Ich bin ganz fest entschlossen, meinen Weg allein zu gehen." Und dann, al» er st« ungläubig ansah, fuhr sie nach einem kleinen Zögern fort: „Sie haben mir das Beste geboten, was Sie haben, und ich will Ihnen dafür das Einzige wiedergeben, was ich habe: mein Geheimniß. Ich habe einmal Jemand sehr lieb gehabt, aber eS war ein Jrrthum von mir, er machte stch aus mir nichts. Ich hatte Alles auf die eine Karte gesetzt, und die hat nicht ge wonnen." Sie sprach es ganz schlicht, und ihre dunklen, tiefen Augen blickten an ihm vorüber wie in weite, weite Ferne. Wie sie da saß mit dem stillen Gesichte und dem relnen Glanze in den Augen, iiebte er sie mehr, als je zuvor. „Und — ist das schon lange her?" fragte er vorsichtig. „Nein", sagte Life. Ihre Lippen zuckten leicht, und in die Augen kam es wie ein dunkler Schatten. Da nahm er noch einmal ihre Hand. „Fräulein Elisabeth", sagte er herzlich, „Sie sind noch so jung, — noch nicht ganz dreiundzwanzig, nicht wahr? Wie können Sie wissen, was das Leben Ihnen noch bringt? Wir viele Menschen giebt cS denn, denen sich der erste Jugendtraum verwirklicht? Die» wird vorübergehcn. Ein Mädchen wie Sie wird nicht auf alles Lebensglück verzichten um einer gescheiterten Hoffnung willen. In Ihrem Alter geht man doch an einem solchen Jrrthum nicht zu Grunde." Da wendete sie den Kopf ihm zu und sah ihm in die Augen. „Nein", sagte sie, und um ihren Mund ging jenes hübsche, ernste Lächeln, das er so an ihr liebte, „ich gehe nicht zu Grunde, da haben Sie Recht, ich werde arbeiten. Ich gehe jetzt auf einige Monate als Volontärin in ein kunstgewerbliches Atelier nach England, dann in gleicher Eigenschaft nach Pari». Einer meiner Lehrer hat mir das vermittelt. Meine Lehrer sind alle sehr gütig geben mich gewesen. In einem Jahre trete ich al» Theilhabrrin nnt meinem kleinen Capital und meiner Arbeitskraft in ein Atelier für künstlerisches Frauengewcrbe in München ein. Sie sehen, mein Leben-plan ist vorgezeichnet, — zu Grunde gehe >ch nicht, nein!" Er schüttelte den Kopf. „Und Sic meinen, die» sollte für Sie auSreichen und Sie befriedigen, Sie, so jung, so schön und liebenSwerth? E» sollte Ihnen mehr sein, al» ein eigene» Heim, und eine» treuen Manne» Liebe? Nein, Lisbeth!" „Mehr', sagte sie leise, „nein, dal nicht. Wenn ich den Mann lieb hätte, so wie man soll, so wollt« ich tausend« — tausendmal lieber rin eigene« Heim haben. Meinen Sie, ich weitz nicht, daß e» da» Rechte ist? Aber nicht für Jeden ist da« Beste bestimmt, und ich bescheide mich. E» gab wobl eine Zeit in meinem Leben, da war ich so einsam und unglücklich, daß ich nach einer solchen gütigen und liebevollen Hand, wie die Ihrige es ist, vielleicht mit tausend Freuden dankbar ge griffen hätte, auch ohne die rechte Liebe in meinem eigenen Herzen, blos, um aus dem Elend einer unbefriedigten Existenz herauszukommen, ja, es hätte vielleicht nicht einmal eine so gute Hand zu sein brauchen, wie die Ihrige, ich hätte mich doch an sie geklammert in meiner Rathlosigkeit. Aber die Zeit liegt weit hinter mir. Jetzt denke ich anders. Ich bin wohl einsam, aber ich bin nicht elend und rathlos mehr; ich kann auf eibenen Füßen stehen. Und darum brauche ich Sie, der Sie mir so hoch stehen, nicht zu betrügen mit irgend einem Nothbehelf für Liebe — ich kann auch ohne das nützlich und — ja, schließlich auch glücklich sein — zuletzt doch gewiß einmal auch glücklich! Ich kann nach meiner bescheidenen Kraft, wenn ich auch nur eine Handwerkerin bin, durch meine Arbeit das Leben Anderer schöner und reicher gestalten, ich kann —" sie wollte noch etwas sagen, aber plötzlich wallte ein Schluchzen in ihr empor, und sie drückte das Gesicht in die Hände. „Ich kann arbeiten", sagte sie dann noch einmal ganz leise, „und das will ich." Der Mann stand auf. Er hätte, er wußte selbst nicht waS darum gegeben, wenn er die schlanke Gestalt hätte an sich ziehen dürfen. Dieses ehrliche, ernsthafte Mädchen wurde ihm theurer mit jedem Worte, das eS sprach. Aber es durfte nicht sein. „Fräulein Lisbeth", sagte er, „ich geh« jetzt. Ich sehe, daß es vergebens sein würde, etwas von Ihnen zu erbitten, wa» sie jetzt nicht geben können. Aber ich lasse Sie nickt. Ich habe Sie so lieb, daß ich meine, es muß Sie dercmst be zwingen. Ich werde Ihnen Zeit lassen. Vielleicht erwächst nach und nach in Ihnen, woran Sie jetzt nicht glauben wollen, und sollte e« Jahre dauern." Sie sah ihn an und sprach nichts, aber in ihren Augen stand ein Nein. - Und der Mann, der die Welt kannte, ging ernsthaft und ent täuscht, aber nicht ohne eine stille, feste Hoffnung im Herzen. „Geduld!" sagte er unwillkürlich leise vor sich bin, indem er die Treppen hmabstieg, „Geduld — Zeit bringt Rosen, und ich will ei!" DaS Mädch«n aber, an da« er dachte und da« sich selber kannte, stand indessen mitten im Zimmer, blickt« auf die Thür, di« sich hinter ihm geschlossen hatte, und leis« den Kopf schüt telnd, sagt« si« fest: „Nirl^
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