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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010920021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-20
- Monat1901-09
- Jahr1901
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Abend-Ausgabe 0L. mb 160.— Druck Mld Verlag vou E» Polz « Lei-jiz» Jahrganz Nr. ^81 Freitag den 20. September 1901 » Feuilleton Ä 2828 4028 400 1330 2280 IVO 1275 1800 213,80 88^35 218,20 27» 280 ISSO 2100 2180 1680 78 18000 000 2475 200 11280 200 728 278 1200 1878 778 1800 2100 1878 40 89 28 97,78 14300 4/50 3500 25 10200 13600 9700 11400 2000 2500 4100 425 1380 2300 180 1350 1850 1800 13600 1025 400 — ! 2V 3350> 3425 3450> 4675 —15 0000 13400 7500 90,10 161.75 45,80 178.75 274,50 158.75 140.75 152,— 150 40 112,40 112,30 eincr offen 136.25 135.25 249,— 100.75 147.— 134.50 116,— 81.— 155.50 207.25 146.75 39 — 85,25 ssuod, 0,ubx wr. tvit. »Id. )»t großen Colonien besiegelt war, da endlich wurde man kleinlaut und dem größten Staatsmann Englands seit Olivier Cromwell, dem greisen William Pitt, war es Vorbehalten, seiner Nation über die tiefe Demüthigung hinwegzuhelfen, die diese große Niederlage für England bedeutete. Es war, wie heute, kurz nach Erlaß einer der Kitchener'schen gleichen Proclamatio n, als William Pitt (der ältere) folgende bedeutsame Rede im Ober hause khielt: „Noch gestern", so sprach der Earl of Chatham, „konnte England einer Welt die Stirn bieten, und heut ist keiner so arm, daß er ihm Achtung erwiese! Es ist eine schmachvolle Wahrheit, daß nicht blos die Macht und Stärke dieses Landes dahin schwindet, sondern daß auch sein wohlverdienter Ruhm, seine wahre Ehre und Würde geopfert werden. Mylords, der verzweifelte Stand unserer Waffen da draußen ist zum Theil bekannt. Niemand denkt höher, als ich über ihre Ehre; ich liebe und bewundere die englischen Truppen, ich kenne ihre Vor züge und ihre Tapferkeit; ich weiß, sie können Alles thun, außer Unmöglichkeiten, und ich weiß, daß die Eroberung von Amerika eine Unmöglichkeit ist. Mylords, Sie können Amerikq nicht erobern; wie steht es denn jetzt dort? Wir wissen wahr scheinlich das Schlimm sie noch nicht, aber so viel wissen wir: daß wir in drei Feldzügen nichtserre icht und viel ge litten haben. Unsere Anstrengungen sind für immer dazu ver dammt, hohl und eitel zu bleiben. Wie kann man unsere Geg ner im Felde den feilen Söldlingen, den Söhnen des Raubes und der Plünderung überantworten, indem man sie und ihre Habe der Raubgier und Grausamkeit von Miethlingen preisgiebt? Wenn ich ein Amerikaner wäre, wie ich ein Engländer bin, würde ich nie die Waffen niederlegen, nie, nie, nie! Und wer, Mylords, ist der Mann, der zur Schändung un seres Heeres es angeordnet oder nur erlaubt hat, daß sich unseren Waffen der Tomahawk und das Skalpmesier der Wilden zu gesellt? Wer wagt es, unsere Allianz mit den wilden und un menschlichen Rothhäütcn zu verantworten? Wie kann man die Vertheidigung strittiger Rechte den erbarmungslosen Indianern anvertrauen und die Schrecken einer solchen barbarischen Krieg führung gegen unsere christlichen Brüder loslassen? Mylords, diese Ungeheuerlichkeiten schreien nach Abstel lung und Strafe. Wenn sic nicht sofort gänzlich aus der Welt geschafft werden, so werden sie ein Schmutzfleck auf unserem nationalen Charakter sein. Es ist nicht das geringste unserer Mißgeschicke, daß die Haltung unseres Heeres durch Alles dies verderbt Wird. An g e st e ck t durch den feilen Geist des Raubens und Plünderns, vertraut geworden mit den entsetzlichen Scenen der Grausamkeit von Wilden, kann sich unser Heer nicht länger der männlichen und ritterlichen Grundsätze rühmen, die den Sol daten adeln — oder wäre militärisches Ehrgefühl vereinbar mit Rauben, Brennen und Morden? Die Amerikaner befinden sich nicht in dem Zustand ver ächtlicher und verzweifelter Rebellen, wie man diesem Lande vorzutäuschen sucht. Sie sind keine wilden, vogelfreien Banditen, die nichts zu verlieren haben. Viele von ihren Führern setzen bei diesem Kampf Großes aufs Spiel. Und wenn ich all dies erwäge, so muß ich die sinnlose Härte unserer Strafandrohungen beklagen, unsere Proklamation, die die Gegner als Verräther und Rebellen erklärt, mit all den oerhängnißvollen Folgen, wie Kriegsgericht und Gütereinziehung! Sie können Amerika durch die bisherigen Maßnahmen nicht bunruhigen, Sie können es weder durch Ihre gegenwärtigen noch durch irgend welche andere Maßregeln unterweisen — was also können Sie thun? Sie können Befürchtungen und Bangigkeit nur für den Augenblick einlullen — wo die Sprache der Wahrheit vor Allem nöthig wäre. In einem gerechten und nothwendigen Kriege würde ich, um die Ehre und das Recht meines Vaterlandes zu vertheidigen, mir das Hemd vom Leibe Grtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung ^4 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—, Nr 0»mdure- Lttk»dn »r. 7ÜS >»u»okitr', Lnn». »Nr SawNnrr- üipllU.) LUK»d» ziehen lassen, um ihn zu unterstützen; aber zu einem solchen Kriege wie dieser, unger echt in seiner Grundlage, unge schickt in seiner Durchführung und verderblich in seinen Folgen, werde ich auch nicht eine Anstrengung, noch einen einzigen Schilling beitragen!" Wenn man statt Amerikaner: Boeren, statt Rothhäute: Kas- fern setzt, so könnte diese Rede am 15. September 1901 gehalten sein! Äunahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen nnd Annahmestellen je ein» halbe Stunde früh«. Anzeigen find stets au die Expedition -a richten. Die Expedition ist Wochentags nuuutrrbroche» geöffnet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20/September. einem Artikel über die deutschen Gewerkschaften wir unlängst auf die große Zunahme der social- am OSLO 90,20 88,30 OK,50 102,25 72,— 72.— 68,50 60,78 71^00 In wiesen ... demokratisch organisirten Gewerkschaften hin, die am Schlüsse des Jahres 1900 680 427 Mitglieder zählten. Kurz darauf hoben wir aber auch hervor, daß die am Ende des Jahres 1900 bemerkbar gewordenen Anzeichen einer heran nahenden wirtbschaftlichen Depression zweifellos einen Rück schlag auch auf die weiteren Zunahmen dieser sogenannten neutralen, aber im Grunde doch rein socialdemokratisch geführten Gewerkschaften auSüben müßten. Thatsachlich sind von dem rund 89 000 Mitglieder betragenden Zu wachse deS Jahres 1900 bereits viele wieder verloren ge gangen; besonders im Textilarbeiterverbande machte sich die Mitgliederflucht im Laufe dieses Jahres bemerkbar. Und dieser Abfall wird um so größeren Umfang annehmen, je mehr die von Gewerkschaften inscenirten Streiks sich häufen, die zu einer Niederlage der Arbeiter führen. Der Streik- Kriegsfonds der centralisirten Gewerkschaften verausgabte im vorigen Jahre an Streikunterstützungen 2 625 642 Eine große Anzahl der Streiks verlief im vorigen Jahre für die Arbeiter günstig; deshalb wurden diese Kosten ohne Murren getragen. Jetzt, inmitten der wirthschaftlich schweren Zeit, tritt baS Gegentheil ein. Als typisches Zeichen für diesen Umschwung kann der am 1. August vorigen Jahres begonnene und als Generalstreik prvclamirte Streik der Flaschen arbeiter gelten Die socialdemokratischen Organe stimmten noch bis zum letzten Augenblick Siegeshymnen an und er- muthigten die Streikenden durch Zusage von Unterstützungen zum Ausharren. Aber plötzlich versiegte die Quelle der Unter stützungen. An demselben Tage, da die „Sociale Praxis" in einem Berichte über diesen Generalstreik zu melden wußte, daß die Unterstützungen noch reichlich flössen, verkündete der Vor stand deS Gewerkschaftsverbandes der Glasarbeiter, daß der Generalstreik in Folge deS Mangels an Unterstützungsgeldern aufgehoben werden müßte. Ueber ein Jahr lang hat dieser für die Gewerkschaften so bedeutungsvolle Streik ge dauert und nun hat er doch mit einer Niederlage für sie geendet! 460 000 .L an Streik-Unterstützungsgelvern sind nutzlos geopfert; in die Millionen werden sich die für die streikenden Arbeiter verloren gegangenen Löhne belaufen. Die Lage der Glasarbeiter ist nach dem nunmehr aufgehobenen Ausstand eine sehr schlimme. Denn abgesehen davon, daß bei der verschlechterten Geschäfts- Eonjunctur nicht sämmtliche Glasarbeiter wieder eingestellt werden können, so vergehen für die übrigen Arbeiter noch mindestens 3 Wochen, ehe sie die Arbeit wieder aufnehmen, da die Glasöfen erst allmählich angefeuert werden müssen. Für die socialbemokratischen Gewerkschaften ist gerade dieser Streik, der mit so großer SiegeSgewißbeit unternommen ward, eine bittere Lehre; bitter auch deshalb, weil bei dieser Gelegenheit wieder einmal zu Tage tritt, wie suns um Mac Kinley -j-. * Canton (Ohio), 19. September. Heute erfolgte die feier liche Beisetzung der Leiche Mac Kinley's. Im Hause wuvde eine kurz« Trauerfeier abgehalten und sodann der Sarg nach der Methodistenkirche, wo Mac Kinley zu com- municiren Pflegte, übergeführt. Im Zuge befanden sich der Präsident Roosevelt, die Minister, Abordnungen von Veteranen und Vereinen. Generale und Admirale schritten zur Seite des Sarges. Präsident Roosevelt s panamerikanische Politik. Man schreibt uns: Der neue Präsident der Vereinigten Staaten hat in Rede die Grundzüge der Politik, die er verfolgen will, dargelegt. Am interessantesten und bedeutungsvollsten will uns derjenige Theil der Rede erscheinen, >der sich auf die — zunächst freilich friedliche — Eroberung des ganzen amerikanischen Conti- nents bezieht. Präsident Roosevelt freilich hat das Wort: „Eroberung" nicht ausgesprochen, er hat nur gesagt, daß dir.'cte Schifffahrtslinien zwischen den Vereinigten Staaten und den beiden Küsten von Mittel- und Südamerika geschaffen werden sollten, daß die Handelsmarine gestärkt und Schiffe gebaut werden sollten, die unter amerikanischer Flagge und mit amerikanischer Mannschaft sichren, und daß endlich der mittclamenkanische Canal so bald als möglich fertiggestellt werden sollte. Präsident Roosevalt spricht von „amerikanischen" Schiffen, „amerikanischer" Mannschaft, „amerikanischem" Gelbe u. s. w., und wenn ihn ein Brasilianer oder Peruaner fragen wollte, was er darunter verstehe, so würde er gewiß antworten, er habe die Interessen ganz Amerikas im Auge, das ganze Amerika solle sich emancipiwn. Das klingt sehr schön, aber die Mittel zu all' den großartigen Maßnahmen, an die Präsident Roosevelt denkt, besitzen nur die Vereinigten Staaten, und darum werden sie auch die einzigen sein, die den Vortheil davon haben. Die Vereinigten Staaten sind das Heimathland der „Ringe", d. h. der Vereinigung große apitali st ischer Gesellschaften, die die Schwachen durch ihre Uebermacht todtdriicken und die ehemals wirthschaftlich Freien zu wirthschaft lich Unselbstständigen machen. So wird es auch den ntittol- und südamerikanischen Staatsgebilden ergehen. Von dem Auf schwünge, den Roosevelt plant, und den er mit seiner Energie wohl durchsetzen mag, werden sie nichts profitiren, sondern sie werden sozusagen zu Angestellten der Vereinigten Staaten herab sinken. Sie werden zwar noch den Luxus eigener Präsidenten und eigener „Heere" besitzen, 'in denen jeder zweite Mann ein „General" ist, aber sie werden die Einnahmequellen ihres Landes in die Taschen der New Porter Milliardäre gleiten sehen. Eine Etappe auf dem Wege zur Herstellung eines unter dem Sternenbanner stehenden amerikanischen Tontinents ist auch in dem nunmehr zwischen der nvrdamerikanischen und der dänischen Regierung perfect gewordenen Ankäufe der dänisch westindischen Inseln zu erblicken. An der Annahme dieses Vertrages 'durch die gesetzgebenden Körperschaften der Ver einigten Staaten ist natürlich nicht zu zweifeln. Ob der Kauf sich materiell als Vortheilhaft für die Vereinigten Staaten Heraus stellen wrvd, wird die Zukunft lchren. Darauf kommt es ja in dessen auch den Nordamerikanern viel weniger an, als auf die Stärkung ihrer Position im westindischen Archipel. Abgesehen aber von dieser speciellen Bedeutung, zeigt 'der Ankauf generell Zweierlei: erstens die Absicht der Nordamerikaner, die curo- Lv. ^r. -d. 8«<I »soll >edt. Ut»r .-VV LllK. -kdr. >ddl. päischen Staaten nach und nach aus Amerika herauszugraulen, zweitens selbst die Hand auf ganz Amerika zu legen. Wir können der „Kreuzztg." nur bcipflichten, wenn sie in einer Besprechung dieser ja auch für Europa und speciell auch für Deutschland so wichtigen Angelegenheiten darauf hinweist, daß sich in der amerikanischen Politik in den letzten Jahren insofern ein Umschwung vollzogen hat, als man nicht mehr an eine Welt politik in allen Meeren und Himmelsrichtungen denkt, sondern an eine Expansionspolitik auf dem amerika nischen Continent selbst. Die „Welt-Correspondenz" hat auf diese Absicht der Vereinigten Staaten an der Hand ihrer Berichte aus Mexiko, Porto Megre, Buenos Aires u. s. w. seit Jahr und Tag hingewiesen. Ihre Mitarbeiter in diesen Ländern haben diesen wiederholten Hinweis in der Erkenntniß für ihr- Pflicht gehalten, daß diese Wandlung ein« Gefahr auch für das deutsche Heimathland bedeutet. Denn wenn erst die Nordamerikaner die wirthschaftliche Präpo tenz in Mittel- und Südamerika besitzen, so werden sie schon den deutschen Handel mit diesen Staaten auf ein Minimum einzu schränken wissen, nicht sowohl aus Deutschenhaß, als um ihres eigenen Vortheiles willen. Rücksichtsvolle Behandlung der Con- currenz gehört nicht zu den Gewohnheiten des Pankees. Das Programm Roosevelt's unterscheidet sich ja nur wenig von dem von Mac Kinley kurz vor seiner Ermordung proclamirten Programm. Der Unterschied ist nur der, daß Roosevelt noch mehr der Mann ist, es durchzu führen, als Mac Kinley; er ist ein halbes Menschenalter jünger, kern gesund, voll Thatkvaft und in mancher Hinsicht auch selbst ständiger, als Mac Kinley, der sich von seinen „Drahtziehern" lenken ließ. Dazu kommt, daß seine Landsleute ihm außer ordentlich viel zutrauen. Das Vertrauen aber ist bereits der halbe Weg zum Erfolge. 27,80 20,28 112.25 135,50 96.— 02,90 10950 05.— 100.25 121,— 201.75 166.75 138,10 i«r «Illk»1rotl«r ,8»t»vt«' <I»/V) l» v (M/S) I» 8 »VI», Voile, ickori»' (I8/V) tu >««o»tov». (18/9) von «»«tri»" (1S/S) von (Ib/S) Om- S«r 4- t» 8»»»»», >lr Io 1-»Ip»>», Io H«»p»I (I8Ö) ckriek <t»r üro«—", lo vr«o»»rd»v»a I» Vd»r«»t»' voo Uck»wpt»r »LU«" I») Sodoelwmootdr oto« <18/9) «Soll»-, ; voo 8 vkr 4k»o4») ^4,10 VNe Vorwg (schreibt die überraschende der vmerika- endenwollendcn S', Frau Rentamtmann, ich hab' nicht gewüßt, daß an einem Dienstag die Visiten verboten sind!" „Aber ich bitt' Ihnen, Frau Commerzienrath, von einem Verbot ischt ja gar keine Red'!" „Na, dann ist es doch gleich, an welchem Tag man zu Be such kommt! Die Hauptfach' ist ja doch das der Toilette zu trägliche schöne Wetter! Wenn man auch Commerzienrath ist, man möcht' doch ein Kloadl (Kleidchen) nicht wegen einer — bald hätt' ich gesagt „lumpeten" — Sie verzeihen mir schon da harte Wort — Bisite ruinirt sehen!" „Aber natürlich! Wir leben übrigens ja auf 'm Land zur Erholung! Es ischt auch ganz gleich, ob man an einem Feiertag oder Werktag Besuche macht! Jesses, da seh' ich grad, daß die dumme Gans, das Dienstmädel, die Wäsch' im Salon aufgehängt hat. Nehmen S' nur diese Dummheit nicht übel! Wissen S', auf 'm Land ischt es halt ein Gfrett! Daheim kommt so was natürlich nicht vor! Also, Sie sind da, Frau Commerzienrath, und Fräulein Tochter auch, ganz die Blume, von der ein Dichter, ich weiß nur nicht gleich, wie er heißt, singt: Du bischt wie eine Blume, so nett und fein . . ." Die kupferschmiedene Tochter lispelte: „O, Frau Rentamt mann sind zu gütig! Sie meinen den Heine Heincrich, das ist ein Dichter, der im Institut ausdrücklich verboten wurde!" „Was Sie nicht sagen! Warum denn?" fragte überrascht Frau Vergmaier. „Genau kann ich das nicht sagen; die Lehrerin für Literatur im Institut hat nur angedeutet, jener Heinerich hätte gar nichts Klösterliches gehabt; es genüge, wenn man nur weiß, daß er gedichtet und in Paris lüderlich genug gelebt habe." „So so! Na ja, es kann nicht Jeder in einem Kloster leben!" Während Frau Bcrgmaier sich zu einem elegischen Seufzer ent schloß, erklangen von den am Berg gelegenen Bauernhäusern die Eßglocken, deren Tönen Frau Äergmaier die Kochobliegen heiten in vitalste Erinnerung brachten. Bestrebt, den Damen auf „zarte" Weise die Abkürzung des lästigen Besuches nahe zulegen, sprach sie: „Ich glab' gar, die hungrigen Bauern weiber in Berg läuten schon zum Essen! Ischt gar keine Ord- ung mehr in der Welt; sonst läutet man am Land und im Gcbirg', wenigstens in meiner Heimath im Zillerthal, schon um elf Uhr zum Essen, und jetzt wird es wohl schon zwölf Uhr sein, und Dienstag ischt auch noch dazu!" Die Commerzienräthin zirpte: „Was haben S' denn nur mit Ihrem Dienstag, Frau Rentamtmann? Sie machen mich wirklich neugierig! Reden S' doch, uns preffirt es gar nicht. Sie wissen ja, wir speisen erst um ein Uhr, wie eS ja in allen Die Nähe anderer Villen führte dazu, daß deren Bewohner nach städtischem Gebrauch sich gegenseitig Anstandsbesuche ab statteten. Die Bergmaierschen hatten sich gleich nach Ankunft beeilt, diese immer lästige, doch unvermeidliche Besuchspflicht zu erfüllen, worauf der Rentamtmann völlig freie Hand und Zeit für seinen Sport bekam. Die Gattin aber harrte von Sonntag zu Sonntag der Gegenbesuche, angethan mit dem besten Kleid, das man überhaupt aufs Land mitnimmt; doch die Visitier ließen sich Zeit, nach Frau Bergmaier's Meinung „unverschämt viel Zeit", denn es vergingen vier Sonntage, ohne daß auch nur eine Besuchspartei sich hätte in der Fischer- Villa sehen lassen. Auf eine Visite an einem Werktage rechnete Frau Bergmaier nicht, weil das etwas ganz Ungewöhnliches, ja Unerhörtes wäre. An einem Dienstag gegen 12 Uhr Mittags aber rückte ein Besuch, eine kreisstädtische Commerzienräthin mit Tochter, an und rauschte seidenhaft in das vom ländlichen Dienstmädchen plump genug geöffnete „Gutzimmer", welches momentan als Raum zur Trocknung kleiner Wäsche benutzt war. Dann sprang der vor Aufregung krebsrothe dienstbare Geist in die Küche, um der Frau Rentamtmann die erfreuliche Mittheilung vom eingelassenen Besuch zu erstatten. Frau Bergmaier, mit Embonpoint und einem Satthals reichlich gesegnet, hat in ruhigen Zeiten schon mit Athemnoth zu kämpfen; in Momenten plötzlicher Ueberraschungen steigert sich dieses Uebel zu gefährlicher Athemlosigkeit. Kaum ver mochte die Frau das Dienstmädchen eine „dumme Gans" zu nennen, weil das alberne Ding die Herrschaft nicht verleugnet habe. Dann freilich trat mit hochgradiger Athemnoth eine gewisse Fassungslosigkeit ein, die begreiflich erscheint, denn ein mal weiß die „dumme Gans" gar nicht, wer die Besucher sind, und zweitens ist Frau Bcrgmaier in einer Toilette, die allen falls für die Küche genügt und da nur für die Augen der Dienstboten, niemals aber zum Empfang von Honoratioren aus der Kreisstadt. Eine heillose Verlegenheit! Frau Berg maier schleppte sich ins obere Stockwerk zur Garderobe, um so rasch als möglich eine Toiletteverwandlung vorzunehmen, die einen Besuchsempfang gestattet. Eine halbe Stunde verfloß immerhin, bis die Frau im Salon erschien und die Damen be grüßen konnte. Von Athemnoth war nichts mehr zu merken, der Wortschwall zur Begrüßung ließ aber auf das Gegentheil schließen, ein Meer von Convrntionslügen ergoß sich von den Lippen der Gnädigen. „Nein, diese Freud'! Dir Damen dürsen es glauben, ich bin aufs Angenehmste überrascht, wenn es heute auch ein Dienstag ischt!* Die Commerzienräthin, Gattin eines Kupferschmiedemeisters mit Großgrundbesitz, antwortete etwas tziquirt: „Verlauben Anzeigen »PretS die 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem RedacttonSstrich (-gespalten) 7S H, vor den Fanüliennach- richten (»gespalten) SO H. Tabellarischer und Ztffrrusatz entsprechen» höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofserteuannahme 25 H (excl. Porto). feineren Familien der Brauch ist! Legen S' nur los: was ist es mit vem Dienstag?" „Da ischt nicht viel zu sagen und loszulegen! Sehen S', Ihr Besuch freut mich ganz außerordentlich! Alles wär' recht. Alles wär' schön, aber daß Sie grad' heut' kommen —" „Sie machen mich aber schon wirklich neugierig! Was ist denn heute los?" „Ja, Dienstag ischt bei uns, seit ich verheirathet bin, der — Knödeltag!" Einstimmig und enttäuscht riesen die commerzienräthlichen Damen: „Ach so!" „Thun S' nur nicht so! Am Dienstag haben wir Tiroler Knödel, und die wollen sorgsam behandelt sein und zur rechten Zeit ins siedende Wasser kommen." Wiewohl nun die Commerzienräthin versicherte, nicht länger stören zu wollen, blieb sie boshafter Weise ungenirt sitzen, und lenkte das Gespräch, zum helllichten Aerger der Gefolterten, auf die erhofften Wirkungen der Landluft. „Frau Rentamtmann sind ja, was man so sagt, eine halbe Doctorin; was meinen Sie: was wäre das beste Mittel gegen Abzehrung? Ich fürchte, meine Tochter hat sich in letzter Sa—i—son zu viel an gestrengt und bekommt mir die Abzehrung!" Geschmeichelt ob des Lobes vergaß Frau Bergmaier ganz auf den Knödeltag, und ging bereitwilligst auf das Thema ein. „Wissen S', Frau Commerzienrath, für solche Zustände thut es eine Menge Mittel geben, von denen die Aerzte gewöhnlich nichts wissen, sic halten auch nichts darauf, weil der Glaube fehlt." „Na, auf sogenannte Sympathiemittel halte ich auch nicht viel, mir wäre schon etwas Reelles für meine Tochter lieber. Was wäre nach Ihrer Meinung das sicherste und beste Mittel, Frau Rentamtmann?" „Ja, da kann ich schon dienen; das beicht' für die Ab-» zehrung ischt allweil die kuhwarme Geitz milch!" „Das läßt sich hören; ich bin Ihnen wirklich sehr verbunden und dankbar für solchen Rath, ich werde mich gleich nach einer Bezugsquelle solcher Geißmilch erkundigen. Apropos, da fällt mir auch grad ein: am nächsten Samstag ist ja Damenabend mit Picknick auf der Hinteralm. Sie thun doch anch mit?" „Ich glaube nicht! Mein Mann, der Herr Rentamtmann, kommt vom Fischen nicht los, und allein kann ich doch nicht auf die Alm hinaufkraxeln!" „Keine Ausflüchte! Ohne Sie heißt die ganze Geschichte nichts!" „Ah so wohl! Sie sind zu gütig, Frau Commerzienrath!" „Aber freilich! Es ist ausgemacht, daß die Sommer frischler-Damen für die Unterhaltung sorgen, die Herren da, gegen für Atzung, Wein und Bier.' Themis im Gebirge. Zwei Erzählungen aus dem Allgäu von ArthurAchleitner. Nachdruck vkrd>. tcn. Der Bergbach, auch Stampfen- oder Lohbach genannt, voll führt etwa ein Halbstündchen Weges flußabwärts eine durch Erlenauen führende Krümmung, durchrinnt hierauf ein be waldetes Terrain, um sich dann durch langen Moorgrund in den Weitsee zu ergießen. Das von Fichten gruppenweise be stockte Terrain ist vor Jahren Speculationsobject durch Er bauung einiger Waldvillen geworden, die ob würziger Waldluft und der Nähe der Eisenbahn bei erträglich naher Vcrprovian- tirungsmöglichkeit gerne von Sommerfrischlern aus der Kreis stadt bewohnt werden. Eine von Fichten hübsch umsäumte Villa mit schmuckem Vorgärtchen liegt hart am Lohbach und heißt die Fischer-Villa, weil dem Miether derselben das Recht zum Forellenfischen eingeräumt ist. Gemicthet wurde die Fischer-Villa für diesen Sommer vom Rentamtmann der nahen Kreisstadt, der eifriger Sportsman auf rothgetupfte Bergbach bewohner ist und seine Ferien stets der Forellenfischerei widmete. Wenn Or. Bergmaier im Juli dann als Angler anrückte, konnte auch ein scharfes Auge an ihm nichts von einem Städter, ge schweige von einem Steuermenschen erkennen; eher mochte man den gestiefelten, verwahrlost gekleideten Mann für einen — Fischdieb halten, der etwas frech am Hellen Tage mit der Angel ruthe und Lage! zum Raub ausrückt. Und dem Sport oblag Vr. Bergmaier schier zu jeder Stunde des Tages unter Aus nützung aller günstigen Umstände, wozu selbstverständlich nahendes Gewitter zu zählen ist, weil Forellen bei großer Schwüle und drohendem Unwetter am liebsten beißen. Oft genug ward auf solche Weise die Mittagsstunde versäumt zum größten Aerger der Frau Rentamtmann, die, eine gebürtige Zillerthalerin, hübsch langsam ist, viel Zeit zu allen Obliegen heiten des Lebens benöthigt, ihre Lebensaufgabe in Führung einer guten Hausmanns-Küche erblickte, und sehr erpicht darauf ist, daß die Mahlzeiten zu altgewohnten bestimmten Zeiten ein genommen werden. Kommt der „Herr" zu spät zu Tisch, giebt eS regelmäßig Vorwürfe; wenn aber die „Gnädige" nicht zur rechten Stu»de fertig ist, darf der Gatte bei Leibe nicht etwa Bemerkungen machen. Denn das ist etwas Anderes und außer dem ist es dem Magen nur zuträglich, wenn ihm frisch bereitete Speisen zugeführt werden. u «7» ! 1125 . 1800 . 728 200 8. an L»UM»rtk«2 > Naedtr»»» kUr »uUr» 0L»»»I. » «nck Nsrlln.) Somawrdimder W2b 8., 2400 S., «I» 6., 10 00618., 0, Lider» 837b, > »tM, Ssävtr,- 0, 8«rd»cd 8L00, U»k«»4. L«dl«n- »Iöd«r, 1806 Der Krieg in Südafrika. Nicücrmctzcluug verwundeter Engländer? Das Londoner Kriegsamt veröffentlicht die Zeugenaus- . agen, welche von britischen Soldaten unter ihrem Eid ab gegeben wurden über die von den Boeren verübte Niedcr- metzelung von den bei Dooen River am 27. Juli ve rwun - detcn Soldaten, von den Soldaten, die sich am 6. Juni bei Graspan ergeben hatten und von den bei Vlakfontein am 29. Mai verwundeten Soldaten. General Kitchener hat am 20. August dem General Prinsloo einen Brief geschrieben, in dem er ihm für dessen Behandlung der verwundeten Ge fangenen seine Anerkennung zollt und hinzufügte, daß diese Be handlung völlig abweiche von derjenigen, die die britischen Sol daten letzthin durch die in dem langen Krieg demoralisirten Boeren zu Theil wurde. General Kitchener hat diesen Brief den oben erwähnten Zeugenaussagen beigefügt. — ^uäiatur ot altera pars! Eine Rede vorn Jahre 1777, Sic heute gehalten sein könnte. Schon des Ocfteren wiesen wir „Rhein!. - Wests. Zeitung") auf Parallelen hin, die sich dem Kenner nischen Geschichte angesichts 'des nicht Krieges in Südafrika mit jener Zeit aufdrängen, da ähnlich wie heute England den fruchtlosen U n t e r w e r f n n g s- krieg gegen seine nordamerikanischen Colo nien führte. Trotz aller Mißerfolge redete man hochmiithig nur von Sieg, der gar nicht ausbleiben könnte, bis zum äußersten Moment, wo der Zusammenbruch unvermeidlich, der Verlust der .1. »t» »r» it« Uü m8 10 (. 3 ad. äa. Io» s 104,50. 07 — 8,80 I8SI0 30,75 117,75 112,— VezugS-Prek- der Hauptexpedttiou oder de« 1» Stadt- bezsxk und de« Bororte» errichtete« LuS- ,»bestellen abgeholt: vierteljährlich 4 50, "«stell«»» tnS Zost bezogen für «tschlaud ». Oesterreich: vierteljährl. 6. Ma» aboallirt ferner mit entsprechendem Posta»sschlag bet de» Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- Sara, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, de» Donaustaaten, der Europäischen Tüöket, Egypten. Für alle übrigen Staaten Ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese- Blatte- möglich. Di« Morgen-AuSgabe erscheint nm '/,7 vhr, Hs» Lbe»d-Aa-gab« Wochentag- am 5 Uhr. Wakion usd LrvEo«: Johannttgaffe 84 /Malen: Alfred Lahn vorn». O. Klemm'- Gortt» LnwersitütSstraße 8 (Peuliuum), Louis Lösche, Lathartnevpr. Ich psrr. u«d Kvnig-platz 7. »wir >xck rw «0 - Lsrledte.) v«it«r wLtt. tts bz,, LUsi- odLdu 3^roc. :dt Über Ver- ^Ursi>. r. u.U»»«u/LuNe mdr". verdat»«.) j 0«1<t 1 Lrist tdlt rnd. Udtr ,l»d« e-n. «« >»lkb. ld»I> tau» r» n»t» 8 1. >Q»t« 8 1«. ML«. cko. Lsw Sodvaod. Vis« «Ivid »r » j<w d«a MpMcr.TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Nolizei-Änttes der Ltadt Leipzig.
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