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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190109297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010929
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 6920-6923 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-29
- Monat1901-09
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1901
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Bezug-»Preis 1» der Hauptexpeditton oder den tm Stadt bezirk nud de» Vororte» errichtete» AuS- aabestrlle» abgeholt: vierteljährlich 4.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. S. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalte» in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bur-, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, de» Donaustaateu, der Europäischen Türkei, Egypten. Für all« übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di« Expedition diese» Blattes möglich. Li« Morgea-Lnsaab« erscheint um '/,? Uhr, di« Lbenv-AnSgaoe Wochentag» um 5 Uhr. Ledartio« und Lrpe-itto«: JohanniSgaffe 8. Filialen: Alfred Pah» vorn». O. Klemm'» Sortim. UuwersitätSstraße 8 (Paulinum), Loui» Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und KäuigS-la- 7. ripMer TaMaü Anzeiger. Ämtsölatt -es königlichen Land- nnd Ämlsgerichtes Leipzig, -es Nüthes «n- Nolizei-Ämles -er Lta-L Leipzig. Anzeige«.Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaction»strich (4 gespalten) 7b H, vor den FamUiennach» richten (6 gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Ziffrrnsatz entspreche»» höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesördernug 60.—, mit Postbesörderung 70.—, Ännahmrschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet» an di« Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz irr Leipzig» Nr. 497. Sonntag den 29. September 1901. 95. Jahrgang, Rarrftfche Gasse 6 Herr Lrleür. klsoker, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr v. Luxelmanii, Colonialwaarenhandlung, Schützenftrahe 5 Herr ^ul. 8oltünt1clien, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr ll. Vlttriok, Cigarrenhandlung, Aorkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. Llvlr, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 0. Orütrwairn, Zschocherschc Straße 7», - Reudnitz Herr VV. LnKwann, Marschallstraße 1, . - Herr 0. 8eüwiüt, Kohlgartenstraße 67, - - Herr Leruü. IVedvr, Mützengeschäst, Gabelsbergerstraße 11, - Thonberg Herr L. Mntsoti, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdors Herr 6eor§ Alemann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das IV. Vierteljahr 1901 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 SV mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S SV durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn v In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedttion: Johannisgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Umversitiitsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr Lrleär. Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 21 Herr ^Iieoä. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 0. L. 8okubvrt'8 Xaokkolxvr, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Llautsoküv,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Ltluarä ÜetLer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. ^Idrveüt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr L. LrleüvL, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfer Straße 6, - Connewitz Frau Llsokvr, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Rodert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Rodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr Udert Lindner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr Raul LueL, ^nnoneen-Lxxedttion, Eisenbabnstraße 1, in Naunhof Herr Lonrad Lelrgode, Buchhändler. Aus der Woche. Zum ersten Male seit dem Inkrafttreten de» Wahlgesetzes von 1896 haben sich in der abgelaufenen Woche die Social» demokraten an den Wahlen der Wahl männer i'n Sachse« betheiligt. Sie bofften auf große Erfolge, indem sie die Urwähler zu einem „flammenden Proteste" gegen vieseS Wahlgesetz aufforderten, und hatten deshalb nicht weniger al» 22 Eaadidateu ausgestellt. Aber nur in der dritten Ab» theilung brachten e» diese Candidaten zu unverkennbaren Er folgen; in die Zweite Kammer wird nicht einer von ihnen einziehen, und da die Mandats der letzten vier socialdemo kratischen Abgeordneten erloschen sind, so werden von nun an in der Zweiten Kammer die Ordnungsparteien „unter sich" sein. Gewünscht hat man daS bei der Aenderung deS Wahl rechts nicht, und das wird Denen, die eine Revision deS Wahlgesetzes befürworten, Anlaß geben, auf eine solche Re vision zu dringen. Ob daS schon in nächster Zeit fruchtet, ist freilich sehr fraglich, denn mit dem Verschwinden der Socialdemokratie au- der Zweiten Kammer geht Hand in Hand deren völlige Beherrschung durch die Confer» vativen, die nunmehr über die Zweidrittelmehr heit verfügen. Aber gerade daS eröffnet der jetzt unterlegenen Socialdemokratie Aussicht auf spätere Erfolge, sofern die herrschende Partei in der Ausübung ihrer Macht nicht überaus vorsichtig zu Werke geht. Die erste Probe wird sie bei der Frage der Steuerreform zu bestehen haben. Je weniger sie es bei dieser Gelegenheit versteht, den Interessen aller Claffen gleichmäßig gerecht zu werden, um so stürmischer wird der Ruf nach Revision des Wahl rechts werden und um so aussichtsvoller werden bei späteren Wablen die Aussichten der Socialdemokraten sich gestalten. Prinz Tschun verläßt Deutschland früher als er gewollt und später als er gesollt. Man hätte ihm alsbald nach Erledigung seiner Mission zu verstehen geben sollen, daß die deutschen Thüren nach außen sehr leicht aufgehen und er der m Basel bezeigten Abneigung gegen einen Aufenthalt in unserem Reiche nun unbedenklich folgen könne. Der Grund, weshalb dem Bruder des SobneS des Himmels Winke dieser Art gegeben wurden, ist für da- deutsche Publicum nicht schmeichel haft. „Seine Reisen schienen sich zu Triumphzügen auS- zuwachsen", und das gefiel merkwürdiger, aber erfreulicher Weise auch höheren Ortes schließlich nicht mehr. Eine Klage über da- Anhochen des kleinen Prinzen wurde schon vor längerer Zeit in der „Köln. Ztg." erhoben. DaS Blatt la bet der Gelegenheit denen von Danzig und Umgebung — die hatten nämlich ««gefangen — gehörig und unter vielem Beifall die Leviten. Inzwischen aber hatte der Prinz einen der böchsten preußische» Orden, einen weit höheren als Freiherr v. Ketteler besaß, erhalten und das scheint bei dem schrcibedürftigen Gafferthum da- bischen Nationalgefühl wieder mit Asche bedeckt zu haben. Es besitzt eben nickt ein Jeder, der Zeit zum Spazierengehen bat, da- Verständniß für die feineren Unter schiede zwischen Ehrungen und Ehrungen. Hoffentlich bringt der Prinz denrothenAdler glücklich nach Hause. Der schwarze,derdem Bruder verliehen war,ist bekanntlich dem alsvAuSgezeichnrten ab handen gekommen und späterhin, akademisch gesprochen, „ver- kümmelt" worden. Daß auch andere Sacke» schon dem Kaiser — au- seinem Privateigenthum, die Instrumente der Pekinger Sternwarte werden hüben und drüben als Staats gut aufgefaßt — entwendet worden seien, hat man nicht gehört. Jedenfalls legen die Chinesen auf europäische Orden Wenig Werth, weshalb man sie deutscherseits vielleicht bester durch Beschenkung mit Kunstsachen, die nach höheren Ent würfen angefertigt sind, «»-zeichnete. Da» Intereste für die deutsche Kunst braucht übrigen» nicht gehoben zu werden, wenigstens im Augenblicke nicht. Man spricht von keiner Angelegenheit so viel, wie von dem Verbote deS Kaiser-, drei von Ludwig Hoffmann ge zeichnet« Brunnen in einem Berliner städtischen Parke ausstellen zu lasten. Begründet ist, wie schon mitgetbeil», dir vorläufige Nichtgenehmigung unter ästhetischen Gesichtspunkten. Solche sollten derartigen Projekten gegenüber auch allein maß gebend sein und sie waren auch, wie Jeder, der in der letzten Zeit Berlin besuchte, sehen konnte, vornehmlich bei der Aus schmückung derdortigen SiegeSallee, sowohlwaSGesammtanlage, als wa-Einzelheiten betrifft, allein bestimmend. Der Erbauer de« Reichsgerichts wird sich nicht beklagen können, um so weniger, als Wilhelm II. selbst ausübender Künstler ist. Jeder Vergleich dieser kleinen Differenz mit der Angelegenheit der Führung der Straßenbahn über die „Linden" wäre ein gezwungener. Nützlichkeit--, NothwendigkeitSerwägungen kommen bei dem jüngste» der Berliner „Fälle" nicht in Betracht, e- handelt sich offenbar nur um die Absicht, der reichshauptstädtische« Kunst der Epoche einen möglichst einheitlichen und die Zeit möglichst kennzeichnenden Stempel aufzudrückea. Von diesem Wunsche sind viel« regierende Förderer der Kunst — so die Medici, die Papste Paul und Leo X., Ludwig XIV. — beseelt gewesen, wenn eS auch vielleicht nicht jedem von ihnen mit voller Klarheit zum Bewußtsein gekommen war. Da eS offenbar eine falsche RechtSausfaffuna ist, daß der Kaiser und König auf die Genehmigung der Aufstellung von Kunstwerken in städtischen Gärten Berlins verzichten wüste — er kann eS —, so bietet die Brilnnenavgk.cgenb. st der politischen Betrachtung keine Fläche, und Stadtbaurath Hoff mann braucht nicht zu fürchte», daß seine Stellung mit der de« Frhr». v. Wangenheim in dessen Eigenschaft als Prä sident de- Bundes der Landwirthe verglichen werden wird. Beim Oberbürgermeister von Berlin und seinen naive» Audienzgelüsten liegt die Sache natürlich ganz anders. „Ein wenig spät", meint die „D. Tageszeitung" zu dem bevorstehenden Zusammentritte deS BundeSrathS. Das Blatt denkt natürlich an den Zolltarif, der Ausschüssen dieser Körperschaft am 8, October überwiesen werden soll. Dies ist allerdings nicht früh, aber wenn sonst Alles glatt geht, an Zeit wird eS nicht fehlen. Die Verhandlungen deS Vereins für Svcialpolitik haben die Angelegenheit unsere- Erachtens gefördert. Es war doch einmal der gediegenen Erörterung eine Stätte bereitet und auch die Verrannten gaben sich, theilweise freilich vergebens, Mübe, objectiv zu erscheinen. Wenn dabei von zollgegnerischer Seite auseinander gesetzt wurde, die deutsche Landwirtbschaft passe sich mehr und mehr der industriellen Entwickelung Deutschlands durch Bevorzugung der tbienschen Production an, so ist das, da die deutsche Erzeugung auch und hier erst recht von dem billiger züchtenden und fütternden AuSlaude bedroht ist, ein vorzügliches Argu ment für die Erhöhung deS Zolles für Vieh, Eier, Butter und ähnliche Produkte; eS ist so lange kein Grund gegen die Erhöhung der Getreidezölle, als nicht nachgewiesen ist, daß der deutsche Körnerbau überall oder auch nur ganz überwiegend durch andere Erzeugungen ersetzt werden könne. Die Land- wirthschaft kann mit den Münchener Berathungen recht zu frieden sein und die Industrie nicht minder. Die letztere wird es, nach Urtheilen zu schließen, die man während des Berliner ConfectionSstreik» gerade von Industriellen zu hören bekam, nicht Übel nehmen, daß wieder einmal auf die „parasitären" Industrien hingewiesen wurde, d. h. auf solche Gewerbe, die ihre Arbeiter undArbeiterinnen mit elenden Löhne» abspeisen, vielleicht abspeisen müsse», wenn sie existiren wollen. Wir gehen auf diese letztere Frage hier nicht näher ein, möchten aber bei dieser Gelegenheit wieder holt hervorheben, daß im jetzigen Streite kein Industriezweig auch nur annähernd so wild und gehässig gegen den landwirth- schaftlichen Zollschutz toben läßt, wie die Confection durch ihr Organ, den „Confectionär", und daß eS auf der anderen Seite kein Iuteresseotenorgan aiebt, da« lauter nach Erhöhungen und zwar sehr beträchtlickeu, über die Sätze deS veröffentlichten Tarifs hinauSgehenden Erhöhungen, natürlich für Artikel der eigenen Branche ruft, al- eben dieser „Confectionär". DaS Treiben grenzt, wegen der ihr zu Grunde liegenden grenzen, losen Selbstsucht, an Schamlosigkeit, und man fühlt sich schon beinahe in eine reinere Atmosphäre versetzt, wenn man Fräulein vr. Anita AugSpurg in einer Berliner freisinnigen Alarmversammlunz mit olympischer Bestimmtheit versichern hört, der landwirtbschaftliche Zollschutz de- neue« Tarif zwinge jeden Arbeiter, eine» Monat im Jahre für die Groß grundbesitzer zu arbeiten. DaS ist zwar auch eine auf Irr- thum beruhende Behauptung, aber da- Fräulein, eine wobl- situirte Dame, ist an der Nichterhöhung der Getreivezölle pecuniar so gut wie nicht interesstrt. Sie will „nur" die Arbeiterfrauen an die Fahne ihrer Frauenbewegung fesseln. In der erwähnten Berliner Versammlung ging e» auch sonst hoch her, wa» Niemand verwundern wird, der erfährt, daß ein Hauptredner Herr Blell au- Brandenburg gewesen, derselbe Tuckhaudler, der in Dänemark brieflich um Verzeihung bat, als Herr v. Köller aufing, nicht mehr jede dänische Unverschämtheit im deutschen NordschleSwig zu dulden. Der Mann ist natürlich besonder- geeignet, deutsche und fremde Interessen ruhig und würdig gegen einander abzuwägen. In diesem Puacte sind ihm aber doch noch Berliner Blatter über, dir nach einer Eorrespondenz von ungeheuerlichen neuere» Chikanirungen deutschrr Industrieller durch die amerikanischen Zollbehörden erzählen — eS handelt sich um Federbalter — und die Erzählung mit den Worten rinleiten: „Wa- vom AuSlande zu erwarten ist u. s. w." Die Geschichte wird nicht zum LuSgau-Spunct« eine« Proteste» gegen die amerikanisch« Bedrückung deutscher Arbeit genommen, sondern gegen denZoll- tarif auSgebeutet. Wir denken: umgikehrt. Wenn unS Amerika jetzt, sozusagen mitten im Frieden, wo wir ihm die Be günstigungen der Handelsverträge von 1892/94 gewähren, in derart dreister Weise plackt, so müssen wir, und zwar gerade für und wegen Amerika, einen autonomen — also nicht gebundenen — Tarif mit „blutig" hohen Sätzen haben, um da- Land künftig wores lehren zu können. Der Krieg in Südafrika. Man schreibt uns aus London vom 27. September: Der Correspondent des „Daily Chronicle" telegraphirt auS Washington, er könne versichern, daß eine eventuell aus Holland gesandte Boeren-Abordnurvg von dem neuen Präsidenten Roosevelt nur in ganz privater Form (wie die vorige Ge sandtschaft durch Mac Kinley) empfangen werden würde. Drob' großer Jubel in den kriegsbegeisterten Kreisen Englands, die sich eines gewissen unbehagilichen Gefühls nicht hatten erwehren können, als sie davon vernommen, welch' große Hoffnungen in der Umgebung Krüger's in ihre Sache gesetzt wurden. Doch dieser Jubel dürfte nur ein vorübergehendes Ausflackern des im Großen und Ganzen immer kälter werdenden Kriegsenthusiasmus Eng lands werden. Wenn auch die „Times" in ihrem heutigen Leit artikel ihre Genugthuung darüber zu erkennen giebt, daß durch die heute bekannt gegebene Verbannung von 10 Boeren- führern Lord Kitchencr und die Regierung bewiesen haben, daß sie nicht beabsichtigen, die vielbesprochene und viel getadelte Proklamation des Höchstcommandirenden in Südafrika als tödten Buchstaben zu betrachten, so muß sie jeooch weiter unten ein gestehen, daß sie sich keinen Illusionen betreffs der Stimmung hingiebt, welche die Nachricht dieser Maßregeln auf dem Eontinent Hervorrufen wird. Ein neuer Entrüstungsschrei, meint sie, wird durch Europa hallen über die „Barbarei", Guerillaführer zu ver bannen. Die „Times" dürfte mit ihrem Prognostikon nicht fehl gehen, und die moralische Entrüstung über das Vorgehen der Engländer wird, wenn es überhaupt noch möglich ist, zunchmen; den Boeren wird jedoch nicht viel mit dieser platonischen Sym pathie geholfen sein. Sie scheinen sich aber selbst am besten zu helfen. Aus allen Blättermeldungen der liberalen Presse, welche in dieser Hinsicht doch wohl die wahrhriisgctreuesten Berichte grebt, kann man nur entnehmen, daß die Boeren nicht im Ge ringsten durch die Kitchener'sche Proklamation erngeschüchtert sind. Im Gegentheil, feit langer Zeil waren di« Nachrichten über den fortwährenden Nachschub, den die Boeren durch die in den von ihnen durchquerten Provinzen angesiedelttn Farmern eühalten, mit solcher Häufigkeit in der Presse erschienen. Auch im Weiteren sind die MÄdungen über den 'Krieg nicht derart, daß sie Anlaß zu irgend welcher Befriedigung in kriegsfreundlichen Kreisen geben könnten, und es dürfte somit die Freude über Roosevelt's Haltung nur eine vorübergehende sein. Der militärische Mit arbeiter der „Daily News^ schreibt, daß noch niemals während des Krieges das Volk so systematisch im Dunkeln über di« wahre Lage der Dinge gelassen worden ist. Auf seine trockene Art meint er, daß man, wenn man die officicllen Berichte liest, nicht um hin kann, sich darüber zu wundern, daß wenn von dem Verluste von Kanonen gemeldet wird und nachher von deren Wieder eroberung, die Zahl der Geschütze nachträglich zugenommen hat. Dies meint er, sei ein allzu merkwürdiges Symptom. Und wir können ihm hierin nicht unrecht gebens ebenso ist es ein sonder bares Ding mit der oft besprochenen „beinahigsn" Gefangen nahme der Boerenführer. Man sollte denken, daß nachgeräde dies Mittel, um das erwartungsvolle Publicum zu befriedigen, nicht mehr ziehen sollte. Aber nein, nachdem Bötha und De Wet un zählige Male „beinahe" gefangen worden sind, kam gestern Abend — Variatio ckeleotat — di« Meldung, daß Dclarey endlich „bei nahe" gefangen genommen worden sei. Fast würde es zum Lachen reizen, diese verzweifelten Hilfs, mittel zu beobachten, zu "welchen gegriffen werden muß, um künst. lich die Stimmung zu erhalien, wenn nicht zugleich die Gedanken zu den brutalen Repressivmaßregeln zurückkekrten, di« jene Miß erfolg« bei den englischen Behörden Hervorrufen und die dem heldenhafttn Vvlk« der südafrikanischen Republiken die ärgsten Qualen auferlegen. Deutsches Reich. -s- Berlin, 28. September. (Der Congreß der Deutschen Rechtspartei.) DaS Organ der Deutschen Rechtspartei glaubt daS verehrliche Publicum in seiner Abonnementseinladung zum Abonnement dadurch animiren z« können, daß eS di« Deutsche Rechtspartei „berufen" nennt, „Deutschland zu retten". Ist dieser Hinweis auf den Beruf der Rechtspartei!« schon an sich ergötzlich genug,so wird er angesichts der Verhandlungen deS soeben abgehaltenen 6. CongresseS der Deutschen Rechts partei noch viel belustigender. Die erste der be schlossenen Resolutionen erklärt eS für eine Ver sagung deS dem Herzogtum Braunschweig vom Reiche ge schuldeten Rechtsschutzes, daß der BundeSrath den Herzog von Cumberland durch Beschluß vom 20. Mai 1885 von dem Antritte der braunschweigischen Erbschaft ausgeschlossen hat. Bekanntlich gründet sich jener Beschluß de» BundeSrathS auf den ideellen Kriegszustand, in dem der Herzog von Cumber land sich gegen Preußen befindet, und auf die Ansprüche des Herzogs betreffs Hannover-. Hätte der Bunde-- ratb gegenüber dem Herzog von Cumberland eine andere Anschauung zur Geltung gebracht, so würde er gegen jene Sätze der Neichsversassung verstoßen haben, die auSsprecken, daß die deutschen Fürsten und freien Städte einen ewigen Bund „zum Schutze des Bundesgebietes und deS innerhalb desselben ziltigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohl fahrt deS deutschen Volkes" schließen. Der Schutz deS geltenden Rechtes erforderte die Ausschließung eines Thron prätendenten, der Ansprüche aus eine Provinz deS führenden Bundesstaates crbob; und die Wohlfahrt des deutscken Volke- ließ nicht zu, daß in Braunschweig der fürstliche Hof zum Herde welsischer Umtriebe gemacht wurde. Die Deutsche Rechts partei kann die ausschlaggebende Bedeutung dieser Gesichts punkte nur desbalb verleugnen, weil sie den Staat als fürst lichen Privatbesitz ausfaßt, dessen Jnkereffen alle anderen sich unterordnen sollen. Wenn die vom rechtsparteilichen Congreß beschlossene Resolution ferner die Einsetzung deS Herzogs von Cumberland in Braunschweig als eine Lebensfrage für die moralische Existenz und Selbstständigkeit der deutschen Fürsten bezeichnet, so tritt auch in dieser anmaßend-lächerlichen Behauptung jene Auffassung des Staates als eines fürstlichen Privatbesitzes zu Tage. Die deutschen Fürsten haben sich zu ihrem eigenen Wohl von solchen Anschauungen längst frei gemacht. Sie in Bezug auf Braunschweig wieder aufleben zu lassen, dazu batten die deutschen Fürsten um so weniger Veranlassung, als daS unter Herzog Wilhelm am 16. Februar 1879 zustande gekommene Regent- schaftSgesetz den besten Maßstab zur Beurtheilung der braunschweigischen Ansprüche des Herzoges von Cumber land darbot. — Die zweite vom rechtSparteilischen Congreß angenommene Resolution wehklagt darüber, „daß die be rufensten weltlichen und geistlichen Vertreter. . . des Rechts in der alten und neuen Welt selbst zu Trägern und Werk zeugen der Revolution geworden sind." Inmitten deS „Gottesgerichts", welckeS die Rechtspartei im angeblichen Niedergange der der Revolution dienstbar gewordenen Völker, d. h. also der gestimmten alten und neuen Welt, erblickt, erstrahlt allein in fleckenloser Reinheit die — Deutsche Rechtspartei. Und ihre Aufgabe ist eS, die Zeit genossen über die Entwicklung der Gegenwart, ihre falschen und ihre wahren Ziele zu „orirntiren." In der allgemeinen Sintfluth der rettungslos der Revolution ver fallenen alten und neuen Welt werden sich die Steuerleute auf der Arche der Deutschen Rechtspartei vergebens abmühcn, den politischen Kompaß für die gesammten Völker und Staaten einzustellen: dazu fehlt ihnen die intellektuelle und die sittliche I Kraft. Welcher Leistungen aber die RechtSparteiler in anderer »Richtung fähig sind, dafür legt eine Rede deS Grafen jo. d. Schulenbura-Oeft ein beredte« Zeuzuiß ab. Der Herr Graf begnügte sich nickt damit, die „Unrecht-Politik", natür lich in erster Linie wohl die von 1866, für die socialistische und die anarchistische Gefahr verantwortlich zu machen, sondern er verstieg sich auch dazu, rem deutschen Volke Inkonsequenz vor zuwerfen, weil es die preußische Politik deS Jahre» 1866 nicht ebenso beurtheile wie die euglischePolitik in Südafrika. Es fehlte nur noch, daß Graf v. d. Schulen- burg-Oest Preußen beschuldigte, im Jahre 1866 gegen die Hannoveraner Kafiern bewaffnet zu haben. Doch der Herr Gras hat sür seine Ergüsse Anspruch auf mildernde um stände: er hielt seinen Vortrag nach der Frühstückspause de» CongresseS, und in Braunschweig wird bekanntlich außer der Mumme noch mancher gute Trcpfen verschänkt. Vertin, 28. September. Den Toleranzantrag deS Zentrum- behandelt im 2. Heft der Bibliothek für Politik und VolkSwirthschaft (Berlin, Verlag von W. Barnsch) der ReichStagSabgeordnele Prof. vr. Hieb er und wirst dabei die Frage auf, welche Motive die CentrumSpartei bewogen Haden mögen, statt de« Anträge« aus Aufhebung de- Iesuitengesrtze» vom Jahre 1872, der im Reichstag«
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