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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010924013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901092401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901092401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-24
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Amtsblatt -es Königlichen Land- und Äintsgerichtes Leipzig, des Nattzes und Volizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Anzeige«-Prei- dte 6 gespaltene Petitzeile LS Reklame» unter dem RedacNon«strich («gespalten) 7b H, vor den Familieuuach» richte» (Sgespalteu) bv Tabellarischer uud Ztffernsa- entsprechend Häher. — Gebühre» für Stachweisunge» »ed Ofsertenauuahmr 2b (rxcl. Port»). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Marge».Ausgabe, ohne Poftbesörderuug 60.—, mit PostbrsSrderuug ^4 70.—» Annahmrschlnß fir Auzeigeu: Ab «ad-Ausgabe: Vormittag« lv Uhr. Morge»-Au«gab«: Nachmittag« 4 Uhr. Bet de» Filiale» und Annahmestelle» je ein halb« Stand« früher. kl»zeige» stad stet« a» di« Expedition pi richten. Die Expedition ist Wochentag« unauterbrochea geäsfnet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck uad Verlag vo» E. Pol« t» LeipziA Dienstag den 21. September 1901. 95. Jahrgang, Rückblicke auf das Laisermanöver. ii. n. Seit langen Jahren haben sich Vie Kaisermanöver nicht unter so ungünstigen Witterungsverhältnissen abgespielt, wie es diesmal der Fall war, wo der Verlauf der Hebungen durch einen unvorhergesehenen, eingeschobenen Ruhetag unterbrochen werden mußte. Aber auch noch niemals hat eine Betheiligung von Ma - rinetruppen an den Manövern des Landheeres, wie dies mal, stattgefunden, wo der neuernannte Admiral Prinz Heinrich von Preußen mit den vom Geschwader gelandeten Marinemann schaften, die übrigens auch zum ersten Male mit dem Heere an der Kaiserparade Dheil genommen hatten, im Gefechte zur Ver wendung gelangte. Dieser Theilnahme der Marinetruppen an den großen Manövern an Land ist ohne Zweifel die größte Be deutung an den diesjährigen Kaisermanövern beizumessen; sie scheint eine Folge des Auftretens unserer Marine an Land in China gewesen zu sein, wo unsere Matrosenabtheilungen, nament lich bei der Seymour'schen Expedition, in größerem Verbände zu fechten hatten und trotz des Mangels an Uebung große Erfolge erzielten. Das „Iko gsrmans at Uis front/' ist allein dem thatkräftigen Eingreifen unserer Blaujacken zu danken, deren Offi- cieren der Kaiser nun Gelegenheit gegeben hat, bei den Friedensübungen im Rahmen von Armeeabtheilungen Erfah rungen zu sammeln und zur weiteren Ausbildung im Gefecht an Land beizutragen, die bei allen colonialen Unternehmungen immer in den Vordergrund treten wird. Die Flotte als solche hat aber, wie man es vermuthet hatte, an den Manövern nicht theilgenommen. Die Verwendung der Infanterie ist diesmal keine so umfaßende gewesen, da das Manöver einen Tag unterbrochen wurde und eine völlige Aenderung der Dispositionen nöthig wurde, was dem Generalstabe und der höheren Truppenführung den Ruhetag zum kritischen Arbeitstag erster Ordnung machte, denn die Abtrans porte der Truppen mit der Eisenbahn am letzten Manövertage waren festgesetzt und konnten mit Rücksicht auf den Betrieb der Bahnen nicht geändert werden. Neue Kampfformen für die In fanterie traten auch nicht zu Tage; interessant dagegen war die Verwendung der Cavallerie, die im großen Körper der selbstständigen Division zusammengezogen war. Bei der Aus führung der Aufklärung vor der Front der Armeen war sie auch als Schlachtencavallerie thätig, d. h. es wurden große Reiter angriffe von Cavallerie auf Cavallerie ausgeführt. Hierbei griffen nun die neuen M a sch i n e n g e w e h r - Abtheilungen mit ihrem hämmernden Scrienfeuer ein, bei dem an einem Vormittag rund 12 000 Patronen verfeuert wurden; das hätte im Ernstfälle recht ansehnliche Verluste ergeben, es ist daher sehr zweifelhaft, ob die Attacken von Cavallerie gegeneinander noch möglich sind, so lange die Maschinengewehre in Thätigkeit sind. Von mancher Seite wird dies bereits heute verneint und verlangt, daß die Maschinen- gewehr Abthcilungen erst von der Fcldartillcrie zum Schweigen gebracht werden müßen, denn in solchem Vleihagel lasse es sich nicht reiten. Jedenfalls werden die Maschinenwaffen einige Aenderungen in der Tactik der Cavallerie zur Folge haben, denn die Technik macht schließlich der Tactik doch die Vorschriften. Cavallerie gegen unerschlltterte Infanterie ist schon immer als ein Unding bezeichnet worden; aber auch gegen erschütterte In fanterie wird ein Reiterangriff zweifelhaft, wie die Schießfertig keit der Boeren im südafrikanischen Kriege lehrt, und die Schieß fertigkeit unserer Infanterie dürfte derjenigen der Boercn kaum nachstehen. Die Feldartillerie entsprach bei ihrem Auf treten in Maße allen Anforderungen und Erwartungen; bei ihr ist freilich das Treffen die Hauptsache, das man im Manöver nicht darstellen kann. Aber von höchster Wichtigkeit ist doch die Beweglichkeit der Feldartillerie für das Auffahren in Batteriestellung, was dem ersten Schuß und ersten Treffer doch stets vorausgehen muß. In dieser Be ziehung haben sich unsere Feldgeschütze über jedes Lob erhaben gezeigt; an aufgeweichtem Boden hat es wahrlich nicht gefehlt, und auch nicht einmal hat eine Batterie oder ein einzelnes Ge schütz beim Auffahren versagt. Die französischen Feldgeschütze mit ihrer schweren Rohrrücklauf-Constrüction und den Panzer schilden, welche das Gewicht des Geschützes ungebührlich steigern, Würden ohne Weiteres in solchem wahrhaften Sumpfboden stecken geblieben sein. Aber nicht mir unsere Feldkanonen, sondern auch die neuen Feldhaubitzen haben in allen Fällen die unerläßliche Be weglichkeit bewiesen, so daß die militärischen Geschütznörgler sich zufrieden geben können. — Was die technischen Truppen betrifft, so fanden eigentlich nur die Pioniere beim Brücken schlägen und in der Anlage von befestigten Stellungen eine ausreichende Verwendung. Die Ausnutzung des Ge ländes wird bei der Wirkung der modernen Feuer waffen immer mehr zur Nothwendigkeit und der Ge brauch des Spatens beim Angreifer wie beim Vertheidiger ist nicht mehr zu umgehen; wenn auch oie Wirkung stets der Deckung Vorgehen wird, so bleibt letzterer immerhin ein bedeut- sanier Platz eingeräumt. Von den übrigen technischen Truppen kamen wohl nur noch die Telegraphentruppen auf ihre Rechnung; die Eisenbahn truppen waren wegen einiger Typhuserkrankungen nicht mit ausgerllckt, und für die Luftschiffer war das Wetter zum Aufstieg, wie zur Beob achtung in gleicher Weise ungünstig, so daß irgend welche Er fahrungen nicht gesammelt werden konnten. Dies gilt auch von der drahtlosen Telegraphie, die wohl kaum eine Verwendung im Feldkriege finden wird, wie von den Auto mobilen für den Heeresdienst, zumal die Zeit für ausführ liche Versuche mit den letzteren viel zu kurz bemeßen war. — Soweit sich die Gelegenheit dazu bot, war es den höhnen Truppentiihrern ermöglicht, sich in der Leitung großer Heerts- maßen weiter auszubilden, aber die Ungunst der Witterung brachte auch hierin mancherlei Beschränkungen mit sich. Den Truppen selbst wurden aber ausnahmslos große Anstrengungen zuqemuthet, di« durchweg gut ertragen wurden; auch bei den größten Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit blieb die Mannszucht eine tadellose und hierbei war das schlechte Wetter ein vortrefflicher Prüfstein. Der Krieg in Südafrika. AnnexionSplüne. bi London, 23. September. (Privattelegramm.) Aus Capstadt, 22. September, verlautet verbürgt, die Boeren beab sichtigten nach erneuter Invasion die osficielle Annectirung der Capcolonie und Natals zweck« Durchführung des bevorstehenden, sorgfältig vorbereiteten allgemeinen Holländeraufstandes. Kruitzinger, Dewet und Botha führen gleichzeitig den Vormarsch nach Natal und der Capcolonie au«. Schiedsgericht. * Haag, 23. September. (Telegramm.) Die Besprechung de« Ministerpräsidenten Kuyper mit den Boerendepu- tirten Wessels und WolmaranS diente dem Zwecke eines ersten amtlichen Zusammentreffens des neuen Cabinetschess mit de» anerkannten Vertretern der südafrikanischen Republiken. Bezüglich des von den Vertretern der Boeren dem ständigen Verwaltungs- rathe des internationalen Schiedsgerichts unterbreiteten Ersuchens um Herbeiführung eines Schiedsspruches wird in gut unterrichteten Kreisen als sicher angenommen, daß diese Körperschaft, die eine bloße Verwaltungsbehörde ist, sich werde alS unzuständig erklären müssen. Briefe von Bocrensraue». Der „Tägl. Rundsch." wird eine Anzahl von Auszügen auS Briefen zur Verfügung gestellt, die sämmtlich von Boerenfrauen stammen, die in den englischen Feldlagern gefangen gehalten werden. Wir geben dieselben wieder, ohne etwas Weiteres zu bemerken, als daß diese Briefe von der Censur durchgelassen wurden; man kann sich nach dem Lesen dieser Auszüge eine Vor stellung von dem machen, was diese Frauen schreiben würden, falls ihnen die Censur Freiheit ließe, was in sehr beschränktem Maße der Fall ist. Spricht doch auch schon aus den folgenden Bruchstücken einerseits das herzzerreißende Elend uud anderer seits ein unverwüstliches Vertrauen auf den endlichen Triumph der guten Sache. 9. Juli. (Von einer Mutter mit sechs Kindern.) Wir leiden Alle an schwerer Erkältung. Die Zahl der Todesfälle ist außerordentlich groß, siebzehn und mehr täglich. Wirklich, das Elend ist unbeschreiblich. Wir dürfen nichts schreiben, aber einst wird Alles offenbart werden. Hendrik van den Berg, seine Frau und sein letztes Kind sind jetzt todt und viele Andere von unseren Bekannten und Nachbarn. 16. Juli. (Von derselben.) Wir hätten Vieles zu schreiben, aber wagen es nicht. Ach, das Elend in den Lagern ist so groß! Aber immer noch glaube ichfest.daßwirfreiwerden, und was werden wir uns dann Alles erzählen. Sonntag war ich in einem Zelt. Dort lagen zwei von unseren Leuten; der alte 77 jährige Vater lag in den letzten Zügen; die alte 79 jährige Mutter war so schwach, doß sie sich nicht mehr umdrehen konnte. Sie lagen neben einander auf einer Decke auf dem harten Boom. Vor gestern hat man hier einen neuen Kirchhof angelegt. Gestern sind dort schon 30 Menschen beerdigt worden und heute liegen hier im Hospitalzelt schon wieder 20, und wie viel mehr im Lager noch, ist mir unbekannt. Aber wenn die Noth am höchsten, ist Rettung am nächsten, und so glaube ich auch, daß Rettung und Erlösung sehr nahe ist. 16. Juli. (Von einer der Töchter). Wir werden genöthigt, englisch zu lernen, aber wir glauben fest, daß es nicht lange mehr dauern wird. Dann werden wir wieder frei sein, das Englische fortwerfen und wieder holländisch lernen. Ach wir leiden so viel. Von unserer Schwester Jakoba hören wir nichts. Auch nichts von unserem lieben Bruder, der auf Commando ist. Hier giebt es Viel Neues. Wir wagen cS aber nicht zu schreiben. 17. Juli. (Von einer Mutter.) Unsere Leute draußen (auf Commando) haben eine schwere Aufgabe. Die hiesigen Engländer sagen, sie hätten keine Kleider mehr und einige trügen schon Feldhasen. Sind aber unsere Männer und Söhne etwa besser als unsere Ahnen? Und diese haben doch auch Feldhosen getragen, und sie haben uns befreit. (Zur Erklärung des Ausdrucks „Feldhasen" diene die Bemerkung, daß in den ersten Tagen der Republik die Hosen oft aus selbstgegerb ten Häuten der Äntilopen und zahmer Böcke angefertigt wurden. D. R.) 24. Juli. (Don derselben.) Gott sei Dank, >da draußen geht es den Unsrigen gut. Sie sehen gut aus. Der Herr sorgt für sie. Wir wagen es nicht, Alles zu schreiben; sie sind aber voll Muth. 24. Juli. (Von der Tochter.) Ich komme gerade vom Hospital. Dort sind fünf von unseren verwundeten Bürgern zurückgeblieben. Unter ihnen giebt es einen jungen 14—15jährigen Bürger. Er ist in den Eisendraht ge ritten und darauf ins Hospital getragen worden. 25. Juli. (Von der Mutter.) Es ist wieder ein Haufe Frauen aus Utrecht eingebracht wor den von einer großen Colonne Engländer. Mit Ochsen- wagen sind sie 16 Tage unterwegs gewesen. Schwester Jakoba ist wieder hier. Sie ist überall herumgefiihrt worden. Nach Carolina, Ermelo, Standerton. Von dort wieder nach Barberton und jetzt wieder hier in Middelburg. Wer könnte es glauben! Das Elend ist jetzt so groß in den Lagern. Gestern waren hier seit demMärzschon 570 Menschenge- st o r b e n. 25. Juli. (Von einer 79jährigen Großmutter.) Mein Kind, es ist traurig. Alles zu sehen und zu hören. Aber man sucht uns Alles zu verheimlichen, und nach der Wahr heit zu schreiben, getrauen wir uns nicht. Es kommt aber der Tag, daß der Schleier wird gehoben werden und Alles ans Tageslicht treten wird. Meine Kinder sind überall zerstreut. Die des Johannes sind hier, Annie und die klebrigen auch. Ach Du, es sterben hi er so viele Menschen, 20, 22, 29 und mehr täglich. 30. Juli. (Don einer Mutter.) Ich muß Dir eine traurige Nachricht schicken. Bruder Stefanus ist hier als Kriegsgefangener eingebracht worden. Er sagt, daß Bruder Piet der Krankheit erlegen sei. Wir hören, daß ihre Frauen sich in Balmoral befinden. Das Elend unter den Frauen und Kindern ist hier sehr groß. DieMütter müs sen ihre Kiflder selbst nach dem Kirchhof tragen, der eine Stunde weit ist. Es giebt einen Leichenwagen, wenn wir aber denselben benutzen wollen, müssen wir 3 Lstrl. (36 Gulden) Miethe zahlen. Und wir haben selbst keinGeld , Nahrung für unsere Kinder zu kaufen. Frau Janson aus Suikerboschkop ist auch mit ihren Kinderchen in einem jener scheußlichen Zelte. Ihr jüngstes Söhnchen ist schon vor Elend gestorben. Weinen uns Thränen giebt es hier Tag und Nacht, nur Weinen uüd Thränen. Deutsches Reich. -r- Berlin, 23. September. (Das „selbstgeschrie bene Testament ".) Vor einiger Zeit wurde berichtet, daß die Familie eines in Breslau verstorbenen Buchdruckereibesitzers keine Erbbescheiniguna erhalten konnte, weil das vom Erblasser selbst geschriebene Testament von den Gerichten nicht anerkannt wurde. Die Giltigkeit sollte nämlich dadurch ausgeschlossen sein, daß der Testator einen Geschäftsbriefbogen benutzt hatte, auf dem die Worte „Breslau, den . . ." vorgedruckt waren, und daß er diese Worte nicht ausgestrichen und dann persönlich wieder niedergeschrieben hatte. Nunmehr wird aber noch auf eine andere Schwierigkeit bei dem „selbstgeschriebenen" Teftamenie hingewiesen. Es soll nämlich zwar statthaft sein, daß das Datum von dem Erblasser erst später hinzugefügt wird, aber in jedem Falle muß das Datum richtig sein, d. h. es muß das in dem Testament angegebene Datum auch wirklich an dem Tage geschrieben worden sein, der als Datum angegeben wird. In dieser Forderung liegt durchaus keine Chicane, sondern das Datum ist thatsächlich von großer Rechtserheblichkeit. Es ist ja beispielsweise der Fall denkbar, daß Jemand in Geistesumnach tung stirbt und daß man ein von ihm selbst geschriebenes Testa ment vorfindet. Ergiebt nun das Datum einen Zeitpunkt, in dem er zweifellos noch im Vollbesitze seiner geistigen Fähigkeiten war, so wird das Testament als giltig anzusehen sein — vor ausgesetzt, daß das Datum richtig ist, d. h. daß es wirklich an dem Tage, den es bezeichnet, niedergeschrieben worden ist. Wird nun in einem solchen Falle die Richtigkeit des Datums von Jemand, der sich durch.das Testament geschädigt glaubt, an gefochten, so liegt der Beweis der Richtigkeit demjenigen ob, der aus dem Testamente Rechte herleitet. Dieser Beweis wird sich aber, wofern das Testament nicht vor Zeugen geschrieben ist, oder sofern nicht aus anderen Umständen klar hervorgeht, daß das Datum thatsächlich an dem betreffenden Tage nieder geschrieben worden ist, oft genug nicht führen lassen. Wir haben an dem Breslauer Falle gesehen, daß die Zufälligkeit, daß Jemand die gedruckte Ortsbezeichnung nicht ausgestrichen hat, das Testament ungiltig machte; wir sehen hier, daß selbst im Falle der eigenen Niederschrift des Testaments doch noch Zweifel entstehen und Beweise beansprucht werden können, die nicht zu führen sind. Aus alledem ergiebt sich, daß die „Wohlthat" der Einführung des „selbstgeschriebenen" Testaments doch ihre starken Schattenseiten Hai. Gewiß ist es angenehm, Forma litäten oder Kosten zu ersparen, aber diese Nachtheile fallen doch gar nicht ins Gewicht gegenüber der Möglichkeit der Ungiltigkeit eines Testaments. Schließlich ist ja doch das Testament un gleich wichtiger als irgend ein einzelner Vertrag, und wenn man schon bei einem Vertrage, auf dessen Unanfechtbarkeit man Werth legt, Unbequemlichkeiten und Kosten nicht scheut, so sollte man es beim Testament erst recht nicht thun. 6. II. Berlin, 23. September. (Krankenversickerun'g der Hausgewerbetreibenden.) Tie Frage der Kranken versicherung der Hausgewerbetreibenden für Berlin dürfte nun bald zu einem befriedigenden Abschlüsse gelangen. Der Oberpräsident der Provinz Brandenburg bat folgendes be- merkenswerthe Schreiben an den Magistrat von Berlin gerichtet: Das Ortsstatut über die Ausdehnung der Krankenversicherung auf die selbstständig Hausgewerbetreibenden ist einer eingehenden Prüfung unterzogen worden. Die Absicht, die Wohlthaten der Krankenversicherung aus diesen Theil der Berliner Bevölkerung, welcher mit vielfachen wirthschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, ouSzudehnen, verdient volle Billigung, nicht minder die Heranziehung der Arbeitgeber der Hausgewerbetreibenden zur Tragung der Lasten der Versicherung. Nicht unbedenklich erscheint es freilich im Hinblick auf die Fassung des 8 54 des Kranken versicherungs-Gesetzes, daß die Arbeitgeber einen Zgeitragsantheil auch in den Fällen zahlen sollen, in welchen die Zwischenpersonen, die die Arbeitsvermittlung zwischen den Großgewerbetreibenden, den eigentlichen Arbeitgebern, und den Hausgewerbetreibenden über nehmen, nicht selbst Hausgewerbetreibende sind. Derartige Fälle, in welchen die betreffenden Zwischenmeister gleichzeitig unter 1500 .//l gewerbliches Einkommen besitzen, werden aber voraussichtlich nicht häufig eintreten. Mit Recht ist in der Denkschrift der dortigen Gewcrbe-Deputa- tion über das Orlsstatut vom Jahre 1896 betont worden, daß die Hausindustriellen nicht mit Opfern für die Versicherung ihres Per sonals belastet werden dürften, weil ihre wirthschastliche Lage im Allgemeinen nicht günstiger als die ihres gewerblichen Hilfspersonals sei, daß daher daS für dieses Personal zu entrichtende Arbeitgeberdrittel der Beiträge dem Arbeitgeber des Hausgewerbetreibenden, dem sogenannten Unter nehmer, aufzuerlegen sei. Dieser Gedanke ist indessen, soweit ich es übersehe, in dem Lrtsstatut nicht zur vollen Durch führung gelangt. Die Unternehmer werden hiernach zur Tragung eines Beitragsantheiles nur verpflichtet, wenn die von Hausgewerbe, treibenden beschäftigten Personen selbst Hausgewerbetreibende sind. Für die von Hausgewerbetreibenden beschäftigten unselbstständigen Arbeiter und Heimarbeiter verbleibt die Beitragspflicht dem Haus gewerbetreibenden. Sachlich erscheint die Beitragspflicht der eigent lichen Unternehmer hinsichtlich dieses Hilfspersonals der Hausgewerbe treibenden nicht minder begründet. Auch auS den dortigen Berichten wird nicht ersichtlich, weshalb die Heranziehung der Unternehmer zu Beiträgen für das Hilfspersonal der Hausgewerbetreibenden ungleichartig geregelt werden soll. Die Folgen der Ausdehnung der Krankenversicherung auf die Hausgewerbetreibenden im Hinblick aus die Organisation der Krankenversicherung in der dortigen Gemeinde lassen sich schwer übersehen. Erst di« Praxis wird Klarheit schaffen, ob die Bestimmungen de- OrtSstatut» genügen, um die Zugehörigkeitder versicherungspflichtigen Personen zu den verschiedenen Classen stets mit Sicherheit zu erkennen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Schwierigkeiten hinsichtlich der Zugehörigkeit zu Jnnungs-Kranken- cassen entstehen werden. Ich verweise auf die Vorschrift deS 8 100 k. der Gewerbeordnung, nach welcher Hausgewerbetreibende durch Statut ter Innung zu Jnnung-mitgliedern erklärt werden können, und gleichzeitig auf die Ausführungen bei von Woedtke zu 8 73 LeS Krankenversicherungs-Gesetzes über die verschiedenen Auffassungen der Frage, ob solche Mitglieder unter Austritt auS anderen Kranken- raffen der Jnnungs-Krankencasse anzugehören haben. Tiefe Erwägungen haben mich aber nicht veranlaßt, dem OrtS statut die Genehmigung zu versagen. Als Tag de« Inkrafttretens ist der 1. October d. I. bezeichnet. Sollten sich der Durchführung der erforderlichen Vorarbeiten bis zu diesem Zeitpuncte praktische Schmierigkeiten entgegeustellen, so ersuche ich, das Ortsstatut nicht zu veröffentlichen, sondern an mich zu berichten. Das Gleiche gilt auch für den Fall, daß der Magistrat sich auf Grund der Aus führungen dieses Erlasses noch zu Aenderungen des Ortsstatut« entschließen sollte. Sofern letzteres nicht zutrifft, wolle der Magistrat jedenfalls die Frage der Heranziehung der Arbeitgeber der Haus gewerbetreibenden zu Beiträgen für das von diesen beschäftigte Hisspersonal unselbstständiger Arbeiter und Heimarbeiter Nachtrag- lich prüfen und mir über das Ergebniß berichten. Der Magistrat hält die Bedenken des Oberpräsidenten für begründet, wird das Ortsstatut vorläufig nicht veröffent lichen und bat nach eingehender Prüfung beschlossen, der Stadtverordneten-Versammlung eine Abänderung der Satzung dahin zu empfehlen, daß in den Fällen, in denen der un mittelbare Arbeitgeber selbst der Versicherungspflicht unter liegt, die Beiträge und Eintrittsgelder für alle von ihm be schäftigten versicberungSpflicktigen Personen, gleich viel ob Hausgewerbetreibende oder unselbst ständige Arbeiter, derjenige zu zahlen hat, für dessen Geschäftsbetrieb jene Personen durch ihn, den unmittelbaren Arbeitgeber, beschäftigt werden. * Berlin, 23. September. Zu der Ruhrepidemie im Döberitzer Barackenlager veröffentlicht die „Deutsche Brau-Industrie" einen Artikel, der einiges Aussehen machen dürfte unv hoffentlich bewirkt, daß die gerügten Nebelstände, falls es sich mit ihnen so, wie behauptet, verhält, beseitigt werden, und zwar radical. Die positiven Angaben des Be- schwerdeartikelS besagen: „Wie in der Tagespreise hervorgehoben, dürste die Entstehung der Ruhr im Barackenlager zu Döberitz auf de» Genuß gesund heitsschädlichen Weißbieres zurückzuführen sein. Dies ergiebt sich aus dem Umstande, daß für 3 ./L 75 Flaschen Weißbier geliefert wurden, der Einkaufspreis pro Flasche also nur 4 betrug. Dies als Tbatsache vorausgesetzt, muß vom fachmännischen Standpunkte zugestandeu werden. Laß weder Brauer noch Bicrverleger ein ge sundes, trinlbares, bekömmliches Weißbier für einen solchen Spott preis liefern können, und auch, daß diese eS wissen mußten. Der Soldat bat für solches Weißbier, wie man hört, 10^ bezahlt, der Kantinen Pächter also 6.i^ an der Flasche verdient. Demnach ist der Lieferant berechtigt, mindestens 2 an der Flasche zu verdienen. Von den übrig bleibenden 2 gehen aber noch die nicht un bedeutenden Nebenabgaben für Reinigung der Flaschen, Bruch, Transport u. s. w. ab, welche mit 1 pro Flasche Weißbier nicht zu hoch veranschlagt sind. Demnach verbliebe für den trink baren Inhalt der Flasche selbst nur 1 -H. Jeder Fachmann weiß, daß mau nicht im Stande ist, für einen solchen Preis ein Weißbier zu liefern, welches als Nahrungs- und Genußmittel an gesprochen werden kann uud Haltbarkeit besitzt. Der Cantinenpächter dürfte sich wohl auch davon überzeugt haben, daß jenes Weißbier in ganz kurzer Zeit verdarb, sauer und damit gesundheitsschädlich wurde. Trotzdem wurden in diesem heißen Sommer täglich circa 10030 Flaschen dieses Gesöffes, da- die Bezeichnung Weißbier nicht einmal verdient, an die Soldaten ausgeschänkl." Als letzte Ursache dieser Zustände sieht die „Br.-Jnd." daS jetzige Cantinenpacktiystem an. „Früher gab eS in Barackenlagern nur Eantinenwirthe, die es sich zur Ebre rechneten, bei einem bescheidenen Gewinn stets gute Waarcn zu liefern. Heute verpachten die Militärkommandos diese Eantinen an kapitalistische Gesellschaften, welche die einzelnen Eantinen Unterpächtern überlassen; eS existiren demnach nur Cantinenpächter", die freilich höhere Pachtsummen zahlen. Auf diese Cantinenpachl- gesellschaflen ist man schon früher einmal aufmerk sam geworden, besonders wegen ihrer Verbindungen mit GesellschastSschichten, die sonst traditionell den Haudel nicht recht für voll estimiren, von dieser Einschätzung aber „zu Gunsten" der Soldaten eine Ausnahme gemacht zu haben scheine». Glücklicherweise sind einige Handhaben in der modernen Gesetzgebung vorhanden, um mit etwaigen Schuldigen zu rechten. Sämmtliche Beschädigte sind nämlich nach den §8 l2, 13 und 14 des NahrungSmittelgesetze« berechtigt, wegen Körperverletzung gegen den Cantinen pächter und die Lieferanten Strafantrag zu stellen, ja die Hinterbliebenen der an der Ruhr verstorbenen Soldaten könnten den Strafantrag sogar auf schwere Körper verletzung ausdehnen. — DaS citirte Organ schließt mit einem Appell an Reichstag und Landtage, damit das moderne Eantinenwesen abgeschafft werde. S Berlin, 23. September. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Der Kaiser Hörle gestern früh in Eadinen den Vortrag des Vertreters deS Auswärtigen Amtes, deS Gesandten v. T'chirschky und Bögendorsf. Mittags verließen beide Majestäten Cadinen und trafen Abends 7 Uhr im Jagdschlösse Romintrn ein. — Wie verlautet, ist zum Nachfolger des vr. Edmund Jörg in der Leitung der katbolischen „Histortich-politische n Blätter" der Professor Frhr. v. Hertling auserfehen. Ter Reichstags- abgeordnrtr für Illertissen wird daS Unternehmen voraussichtlich möglichst reformkatholisch halten, in dem Sinn seiner bekannten Proteste gegen die „geistige Rückständigkeit der deutschen ttalho- liken" und seiner Vorschläge zu deren Beseitigung. Aber sein ver-
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