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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010927010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901092701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901092701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-27
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Nr. 493. Freitag den 27. September 1901. Anzeige«-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 85 H. Reklamen unter dem RedacriouSstrtch (»gespalten) 78 vor de» FamUtennach- richten («gespalten) 50 Tabellarischer »nd Ztffrrnsay entsprochend Häher. — Eebühren für Nachweisungen «d Offertenannahmr L5 (excl. Porto). (Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefärderung SV.—, mit Postbesärderung ^l 70.—» Aauahmeschluß fiir Anzeige«: Abaud-AuSgab«: vormittag« lO llhr. Morgen-AaSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Bet de» Flltalen and Annahmestellen fr eins halb« Stunde früher. Anzeigen stad stet« a» di« Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geäffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» t» Leipzig 95. Jahrgang Die mandschurische Eisenbahn. V. 8. Die mandschurische Eisenbahn, auf welche Rußland für seine Machtstellung in Ostasien große Hoffnungen setzt, geht ihrer Vollendung entgegen. Nach Meldungen Petersburger Blätter ist der Bahnkörper auf der südöstlichen Strecke, von Charbin nach Port Arthur und von Charbin nach Nikolsk, so gut wie fertig und dem Maaren- wie Personenverkehr bereits übergeben. Nur an der Brücke über den Sungari bei Charbin wird noch gearbeitet, so daß die Reisenden genöthigt sind, zu nächst sich über den Strom setzen zu lassen, bevor sie den Zug nach Nikolsk oder Port Arthur benutzen. Aber auch dieses Hinderniß wird vermuthlich in einigen Monaten beseitigt sein. Die östliche Strecke von Charbin bis an die Grenze der Provinz muß dagegen zum Theil mit Schienen belegt werden. Hier wird jetzt mit dem größten Eifer gearbeitet, um im Laufe dieses Herbstes den Bahndamm so weit zu vollenden, daß der An schluß an die große sibirische Linie Thatsache wird. Die offi- cielle Eröffnung indeß dürfte vermuthlich noch lange auf sich warten lassen, weil die zahlreichen Stationshäuser, die Schuppen und manche Flußübergänge Jahre in Anspruch nehmen müssen, bevor sie ihrem Zwecke dienstbar gemacht werden können. Aber auch wenn zunächst nur einzelne Züge in langsamem Tempo auf der mandschurischen Linie verkehren, so ist für Rußland da mit ungeheuer viel gewonnen und steht es nach den verschiedensten Richtungen wesentlich gestärkt und gefestigt da. Man wird da her in absehbarer Zeit mit einer bemerkenswerthen Machtver schiebung und Veränderung der Verhältnisse in Ostasien rechnen müssen, die vor Allem dem Zarenreiche zu Gute kommen. Die politischen und militärischen Vortheile, welche Rußland durch die mandschurische Bahn erwachsen, liegen auf der Hand. Es gewinnt vor Allem die Möglichkeit einer raschen Truppen- beförderung aus Europa nach China. Dadurch würde die große Abhängigkeit des letzteren vom Zarenreiche eine abermalige bemerkenswerthe Höhe erreichen, und cm Norden Chinas wären russische Diplomaten und Generale die wirklichen Herren des Landes geworden. Da Rußland gleichzeitig energisch an der Vervollkommnung seiner Armee und Flotte arbeitet, so wäre es im Stande, seiner Politik gegen Japan und Korea einen ogres- siveren Charakter zu geben. Der letztere Staat würde vermuth lich rasch genug der zarischen Macht zufallen, und, was Japan anbetrifft, so könnten die Russen mit stärkerem Nachdruck beim Jnselreiche ihre ostasiatischen Forderungen zur Geltung bringen. Wie Japan sich dann dazu stellen wird, dürfte hauptsächlich vom Stande seiner Kriegsmacht abhängen. Die mandschurische Bahn wird indeß nicht nur Rußlands politische Stellung in Ostasien festigen, sondern sie wird ihm gleichzeitig wichtige wirthschaftliche Vortheile bringen. Die Mandschurei ist ein reiches, im Aufblühen begriffenes Land, dessen Schätze meistens ungehoben sind, und das erst seit Kurzem die Aufmerksamkeit der Unternehmer auf sich zieht. Die an grenzenden Chinesen haben in der Mandschurei verhältnißmäßig rasch aus dünn bevölkerten Steppen fruchtbare Aecker geschaffen. Die Bodenerträge sind sehr bedeutend, namentlich so weit Hirse, Hülsenfrückte, Bohnen und Mohn in Frage kommen. Hirse liefert die besten Ergebnisse. Die Ernte beträgt manches Mal das 45—3I2fache der Aussaat. Fast ebenso günstig sieht es bei Hülsenfrüchten und Weizen aus, von denen die ersteren das II—37fache, der letztere das II—28fache der Aussaat ein bringen. Daneben finden sich in der Mandschurei zahlreiche Minerale, unter denen Gold und Steinkohlen an erster Stelle stehen. Endlich ist auf den Holzreichtum und den trefflichen Wildbestand hinzuweisen, die in letzter Zeit ebenfalls zur Ver wertung zu kommen beginnen. Der Handel der Mandschurei ist bisher nur wenig ent wickelt. Er leidet unter der Willkür der chinesischen Beamten, die weniger an den Fortschritt im Lande, als an den Nutzen ihrer Tasche denken. Soweit aber der Güteraustausch über haupt besteht, kommt er vor Allem dem benachbarten Zaren reiche zu statten. Der Tauschhandel an der russisch-mandschu rischen Grenze wurde durch Verträge aus den Jahren 1858 und 1860 völlig frei und abgabenlos. Im Jahre 1881 wurde alsdann insofern eine Einschränkung festgesetzt, als nur 50 Werst nach der einen und anderen Seite diese Steuerfreiheit bestehen sollte. Die russische Bevölkerung am Argun-Flusse — an der Westgrenze der Mandschurei — hat sich übrigens daran nicht viel gekehrt, sondern dem Tauschhandel eine weit größere Aus dehnung gegeben. Gegenwärtig kommen für den russisch-mand schurischen Handel hauptsächlich die Städte Blagoweschtschensk und Chabarowsk in Betracht. Die Ausfuhr in die erstere Stadt hatte im Jahre 1895 einen Werth von 1361000 Rubel und bestand vornehmlich aus Getreide und Vieh. Beides findet vorläufig hauptsächlich in den Amurgegenden Verwendung, ohne indeß einen Einfluß auf die Bedürfnisse der Bevölkerung im westlichen Sibirien auszuüben. Auch nach Chabarowsk werden in erster Linie landwirthschaftliche Producte geschafft, die im Jahre 1894 nur 2 686 300 Kilogramm betrugen, während ste im darauffolgenden Jahre die Höhe von 3177 700 Kilo gramm erreichten. Von großer Bedeutung für das Zarenreich ist der fernere Umstand, daß zahlreiche Goldfundstellen sich auf dem russisch-mandschurischen Grenzstreifen, ebenso im Bassin de« Sungari-FIüsses, sowie auf der Halbinsel Liaotung befinden. Dadurch wird die Ausbeutung dieser werthvollen Gruben fast von selbst in die Hände der Russen gelegt. Nicht minder gilt daS vom Eisen, dem Silber und Blei, sowie den Kohlen, die sich alle in Gebieten befinden, über welche der Einfluß des Zarenreiches reicht. Bisher konnte durch die mangelnden Verkehrsmittel nur wenig nach dieser Richtung geschehen. DaS wird sich natürlich alsbald ändern, wenn erst der Schienenverkehr auf der ganzen Strecke eröffnet ist. Schon die Sicherheit deS Handels verkehrs, die bis jetzt recht häufig von den räuberischen Chuachusen gefährdet wurde, dürfte in Zukunft gewährleistet sein. Die Unternehmer welche sich in der Mandschurei nieder lassen, werden nicht mehr zu fürchten brauchen, von den wilden Eingeborenen um die Früchte ihrer Arbeit gebracht zu werden. Dafür werden schon die russischen Truppen, die da« Eisenbahn material zu „schützen" haben, zu sorgen wissen. Die Ausbeute wird sich in Ruhe vollziehen, die Industrie wird aufleben und die Landwirthschaft wird sich günstig entwickeln. Außerdem wird Rußland Sorge tragen, daß es in der Mandschurei »inen Markt für die Erzeugnisse seiner europäischen Fabriken gewinnt. Bisher ist nämlich die Einfuhr aus dem Zarenre:che sehr ae- ring und beschränkt sich eigentlich nur auf Petrol-um, Tuche, Zündhölzer und Eisenblech. Für Rußland ist also die Er öffnung der mandschurischen Eisenbahn ein Ereigniß von wirk lich großem Werthe. Aber auch für die übrigen europäischen Staaten wird die Erschließung der Mandschurei nicht gleich- giltig sein. Denn von diesem Zeitpuncte an wird man Ruß land als Concurrenten auf handelspolitischem Gebiete betrachten müssen, und zwar als Concurrenten, der sein Interesse mit größter Rücksichtslosigkeit zu verfolgen versteht. Der Krieg in Südafrika. Englische Mahrcgelu und ihre Wirkungen. Aus Pretoria, 25. August, schreibt man uns: Vor Kurzem bot sich den Einwohnern Pretorias das seltsame Schauspiel, daß ein ganzer Trupp Leute in englischer Uniform unter starker Bedeckung als Kriegsgefangene durch die Stadt transportirt wurde. Es waren dies etwa 50 Boeren, welche in englische Dienste als „Diehhirten" getreten waren. Der Grund zu ihrer Gefangennahme lag darin, daß sie sich geweigert hatten, einen von feindlichen Boeren besetzten Hügel zu stürmen! Schon früher ist auf das ekelhafte System hingewiesen worden, Boeren gegen ihre eigenen Landsleute zu bewaffnen, und der Befehl, einen Hügel zu stürmen, zeigt genau, was unter dem unschuldigen Namen „Viehhirten" von den Engländern ver standen wird. — Zur Ehre der englischen Nation sei es übrigens gesagt, daß es hier viele Engländer giebt, welche solche An werbungen mit ebensoviel Widerwillen und Verachtung ansehen, als der Ausländer. Seit dem Erscheinen der „berühmten" Proclamation über die Ergebung bis zum 15. September ist bereits eine neue Idee aus geheckt worden, welche ebenfalls den Boeren im Felde die schleu nige Ergebung nahe legen soll. Es ist nämlich bestimmt worden, daß alle Frauen und Kinder von solchen Boeren, die nicht bis zum 15. September die Waffen niedergelegt haben, an dieKüstetransportirt werden sollen; dadurch hofft man einen weiteren Druck auf die kämpfenden Boeren auszuüben, da es bekannt ist, daß die Boeren vor weiten Reisen großen Abscheu haben und ihr eigenes Land sehr ungern verlassen. Bezeichnend ist, daß diese Maßregel den feindlichen Heer führern nicht, wie die erwähnte Proclamation, officiell bekannt gegeben wurde, sondern man verläßt sich ganz auf den geheimen Nachrichtendienst der Boeren, wobei man, nebenbei bemerk» ruch kaum fehlgehen dürfte. Für den lange schmachtenden „Refugee" (früheren Einwohner von Transvaal, der bei Ausbruch des Krieges das Weite suchte oder von den Boeren hinauscomplimentirt wurde) hat Vie Maß regel eine sehr erfreuliche Kehrseite; es heißt nämlich, daß so viele der „Refugces" zurückkehren dürfen, als Frauen und Kinder nach der Küste gesandt werden. Es dürften also in den nächsten Monaten einige Tausende der früheren Bewohner zurückkommen; das ersehnte und erträumte „Dorado" werden sie hier allerdings nicht finden, denn der Handel liegt noch ganz bedeutend dar nieder. Hoffentlich wird bei der Auswahl der Zurückkehrenden darauf gesehen werden, daß dieselben entweder genügend: Existenz mittel oder eine feste Stellung besitzen, andernfalls steht es schlecht um sie. Fast alle Geschäftshäuser röduciren zur Zeit ihr Per sonal, denn die Versorgung der Stadt mit Maaren ist heute schlechter, als sie vor 6 Monaten war. Die Verhältnisse in den Lagern, in denen die Boeren, sowie deren Frauen und Kinder eingepfercht werden, liegen noch immer sehr im Argen. Die Sterblichkeit der Kinder speciell ist so enorm, daß in manchen „Kamps" fast gar keine Kinder unter 6 Jahren zu finden sein sollen. Die Schuld wird theil- weise auf Nahrungsmangel geschoben, obwohl die englischen Behörden immer wieder versichern, "daß die ausgetheilten Rationen im Gegeirtheil übermäßig reichlich sckien. Auf jeden Fall ist aber darüber nicht hinwegzukommrn, daß die den Leuten gegebenen Zelte bei dem diesjährigen strengen Winter absolut ungenügend waren, und daß dies allein genügte, um die furchtbare Sterblich keit unter den kleineren Kindern hervorzurufen. — Der Kinder mord des Herodes scheint eine menschenfreundliche Procedur ge wesen zu sein im Vergleich mit dieser Engelmacherei der frommen Engländer. Anläßlich des Todes der Frau des Präsidenten Krüger taucht in der Presse wieder daS alte Ammenmärchen auf, daß nach Regenwetter die Vögel sich in dem Hute des Standbildes des Präsidenten baden, welcher Hut auf besonderen Wunsch von Frau Krüger oben hohl gemacht worden söi. Das ist ja sehr rührend, aber als wahrheitsgetreuer Chronist muß ich hier ein für alle Male erklären, daß es weder hier noch irgendwo anders im Transvaal ein Standbild des Prä sidenten Krüger giebt! Der bekannte südafrikanische Millionär Marks, der dem Präsidenten allerdings viel „Dank" schulden soll, stiftete zwar 10 000 Pfund für die Errichtung des Standbildes, der Sockel ist auch bereits auf dem hiesigen Kirch platze aufgestellt, aber Vie Statue fehlt; man sagt, ste liege wohl verpackt in Delagoabav. Ob die Engländer, welche fönst mit solchem Eifer nach „Staatseigenthum" fahnden, schon Schritte zur Erlangung des Standbildes gethan haben, hat bisher noch nicht verlautet. * LsnVo«, 26. September. (Telegramm.) Ao« Lissabon wird der „Tentral New«" gemeldet, daß der britische Botschafter am Sonnabend die Aufmerksamkeit der Regierung auf den Wassenschmuggel in Lourenyo Marque« lenkte und bündige Versicherungen verlangte, daß die portugiesischen Behörden unver züglich strenge Maßregeln zu dessen Unterdrückung ergreifen würden. Rach Abhaltung »ine« Ministerrath« wurde der britische Vertreter verständigt, daß alle« Mögliche gethan werde» würde, um de» Wunsch England« zu erfüllen. — Eine Brüsseler Drahtmeldung der „Daily Mail" znfolge empfing Krüger Berichte, daß der Aufstand der Lapholländer um sich greife und daß derelt« 15,000 Rebellen in Waffen stehe». Lapstädter Drahtmeldung«» verschirdener Londoner Morgenblätter bestätigen dir« gewissermaßen. Der Washingtoner Berichterstatter de« „Daily chroaicle" will wissen, daß, wenn Krüger ein« Sondergesaudtschast an Roosevelt schickten sollt», diese durchau« keine Wirkung haben würde; Roosevelt sei ent schlossen, di, Haltung strenger Rentralität keineSweg« aufzugeben; Krüger könne kein» Unterstützung feiten« der vereinigten Staaten erwarten. (Voss. Ztg ) Deutsches Reich. -s- Berlin, 26. September. (Jesuitismus und Kritik.) In dem Jesuitenorgan „Stimmen aus Maria Laach" hat bekanntlich der Jesuitenpater Lehmkuhl Ein spruch dagegen erhoben, daß die politische Presse an der Be handlung der katholischen Moraltheologie durch die Kirche Kritik übe. Nachdem selbst führende Centrumsorgane, wie die „Köln. Volksztg." und die „Germania", gegen diesen Einspruch Lehm- kuhl's remonstrirt, kommt Letzterer im Septemberheft der „Stimmen aus Maria Laach" auf die Angelegenheit zurück. Lehmkuhl beharrt selbstverständlich auf seinem Standpunkte. Den Einwand, daß aus dem Rechte und der Pflicht katholischer Zeitungen, die kirchlichen Einrichtungen gegen feindliche Angriffe zu Vertheidigen, auch ein Recht und eine Pflicht freier Kritik eben derselben Einrichtungen gefolgert werden müsse, thut Lehmkuhl mit den Worten ab: „Aus dem Rechte und der Pflicht, Jemand zu Vertheidigen, folgt noch nicht das Recht und die Pflicht, ihn an zugreifen." — Das ist ebenso kurz und bündig gesagt, wie vom hierarchischen Standpunkte aus bequem gedacht! Aber Lehmkuhl begnügt sich mit solchen herrischen Aussprüchen nicht; er seht aus einander, aus welchen Gründen der Katholik an kirchlichen Ein richtungen keinerlei Kritik üben dürfe. „Die Gemeinde, die Laien, das Publicum, das katholische Volt", so schreibt Lehm kuhl wörtlich, „hat in den Dingen, welche der Regierungsgewalt der Kirche unterstehen, gar nichts zu bestimmen, sondern hat sich den Anordnungen der kirchlichen Obern zu fügen. Auch die Geist lichkeit hat nur nach den Weisungen des Episkopats zu handeln, selbst die einzelnen Bischöfe unterstehen der Obergewalt des römischen Papstes in derselben Weise, wie ihr die einfachen Gläubigen unterstehen. Diesbezügliche Anordnungen und Einrichtungen unterliegen nicht der Kritik des Publicums. . . . Diese Unterwürfigkeit unter die gottbestellten kirchlichen Obern, welche Christus selbst unter seine besondere Obhut und Leitung genommen hat, diese Abhängigkeit ist der Ruhm der Katholiken, weil sie von Christus gewollt ist und auf ihr die Hoffnung des ewigen Heils beruht." — Der Katholik hat nach Lehmkuhl's weiteren Ausführungen jene „Unterwürfigkeit" nicht nur auf dem Gebiete zu bewähren, wo die kirchliche Autorität mit dem Vorrecht der Unfehlbarkeit auftritt. Zum Beweise hier für citirt Lehmkuhl das anläßlich der Münchner Gelehrten-Ver- sammlung ergangene Schreiben des Papstes Pius IX. vom 21. December 1863 und Nummer 13 des Syllabus. Lehmkuhl gelangt hiernach zu dem Ergebnisse, daß es keine jesuitische Spe- cialität, sondern „einfachhin katholisch" ist, wenn der politischen Presse das Recht zur Kritik der katholischen Moraltheologie ab gesprochen wird. Nichtkatholiken werden von diesem jesuitischen Nachweis katholischer Unterwürfigkeit mit dem gleichen Interesse wie davon Kenntniß nehmen, daß selbst führende Centrums organe nicht mehr in der Lage sind, „einfachhin katholisch" unter allen Umständen zu sein. /x Berlin, 26. September. (Die preußische Ober lehr e r f r a g e.) Von der höheren Lehrerschaft aller deutschen Bundesstaaten ist, wie schon gemeldet, dem Vorkämpfer für die Interessen des Oberlehocrstandes, Herrn Or. H. Schröder in Kiel, eine Ehrenspende im Betrage von rund 100 000 c/( über reicht worden als Ausdruck des Dankes für Schröder's muthvolle Initiative und tapferes Ausharren im Kampfe gegen die ab günstige Stellungnahme der preußischen Regierung gegenüber der Oberlehrersrage. Leicht erklärt sich die Anerkennung und Be geisterung Ves preußischen Lehrerstandcs für Or. Schröder; daß seine Bestrebungen und Arbeiten aber auch in SLd - deutschland gewürdigt und geschätzt werden, beweist unter Anderem eine soeben erschienene Schrift des Oberlehrers Dr. E. Schwarz in Mainz: „vr. H. Schröder und die preußische Oberlehrersrage: eine Ehrenschuld Preußens" (Verlag von C. Kannengießer, Schalke i. Wests.). Diese kleine Schrift be zeichnet als „unvergängliches" Verdienst Schröder's, die schon vielfach von berufener Seite als „unhaltbar", als „trostlos" be zeichneten Zustände auf dem Gebiete des höheren preußischen Schulwesens auf ihren Urgrund, auf die bittere Ungerechtigkeit, mit welcher die preußische Regierung bisher ihre Oberlehrer be handelte und noch weiter behandelt, zurUckzefiihrt und zugleich die tiefe Berechtigung der alten Forderung der preußischen Ober lehrer. nämlich die Gleichstellung mit den Juristen, am ein dringlichsten dargethan zu haben. Hatten vor ihm ferne College» mit richtigem Empfinden und mit richtiger Schätzung der Be deutung ihres Standes stets um Gleichstellung gebeten, und der eine oder ander« sie auch begründet — so war Or. Schröder doch der Erste, der diesen Gedanken für die Allgemeinheit auf eine klare mathematische Formel gebracht und in seiner ganzen Tiefe erschöpft hat. Obwohl anfänglich Vie Schröder'sche Statistik auch von amtlicher Seite als „an sich im Ganzen be gründet", Anerkennung fand, wurde voch bald darauf gerade von amtlicher Stelle eine Statistik veröffentlicht, welche die Schröder- schen Angaben wilderlegen sollte. Aber dies« Versuche endeten schließlich mit einem unbestreitbaren Siege Schröder's. Im preußischen Abgeordnetenhaus- kam bekanntlich am 8. und 9. März die Oberlehrerfrag« zur Erörterung, wobei Kultus minister Studt „das Verlangen nach mechanischer Gleichstellung der Gehälter der höheren Lehrer mit den Richtern wegen der zweifellos vorhandenen Ungerechtigkeiten" als ein nicht berechtigtes zurückwies und die besseren und besonneneren Elemente des höheren Lehrerstandes vor einer Agitation zur Durchführung seiner Wünsch« dringend warnte. Noch schärfer trat der Finanzminister v. Miquel auf, der ziemlich unverblümt mit Disciplinar- Maßregeln wegen der Oberlehrer-Agitation drohte und sarkastisch meinte, die Agitatoren seien im gewaltigen Jrrthume, wenn sie die SbaatSregieruny und daS Abgeordnetenhaus mit Papierkuqrln umwerfen zu können glaubten. Die Haltung des Kultusministers Studt rm März dieses Jahres mußte um so mehr befremden, als er in der Schulreformconferenz im Juni des vorigen Jahres wenigstens durch sein Stillschweigen die Forderungen der Ober lehrer, die damals d« Herren vr. Krvpatschek und vr. Hinz- peter aufs Wärmst« vertheidigten — Letzterer äußerte unter An derem: die Gleichstellungsfrage sei heute überreif — und sie durch Anträge begründeten, als durchaus berechtigt anzuerkennrn schien. Der Umschwung seiner im März zu Tage getretenen Auffassung mag sich vi«lleicht durch schwrrwiegende Argument« des Finanzministrrs v. Mquel vollzogen haben. Jetzt steht ein anderer Mann an der Spitze der preußischen Finonzverwaltung, von dem zu hoffen ist, daß bei ihm nicht die finanziellen Kosten das alleinige ausschlaggebende Moment bilden, das der Er füllung der gerechten Wünsche der Oberlehrer hindernd in den Weg tritt, sondern daß er baldigst eine Ehrenschuld der preußi schen Regierung einlöst, zu welcher sie sich schon vor 30 Jahren verpflichtete, als sie in den Motiven zum Normaletat 1872 an kündigte: „Die künftige Gleichstellung der Besoldungen der Gymnasialdirectoren und Oberlehrer mit den Besoldungen der Directoren und Richter bei den Gerichten erster Instanz recht fertigt sich dadurch, daß beiderseits die Betheiligten Universitäts studien gemacht haben müssen, sowie durch die in jeder Beziehung gleiche amtliche und sociale Stellung." Dieser Erklämng schlossen sich inhaltlich die Kultusminister v. Goßler am 15. April 1885, Graf v. Z ed l i tz - T r ü tz s ch l e r am 9. März 1892 und I)r. Bosse am 6. März 1896 an. Der Tag wird hoffentlich nicht mehr fern sein, an dem Cuktusm'iniister Studt seine am 8. März dieses Jahres gesprochenen Worte zurücknimmt und damit nur dem Vorbilde folgt, welches andere deutsche Bundesstaaten, wie Bayern, Baden, Sachscn-Weimar, >die beiden Reuß, Lippe-Detmold und in gewissem Sinne auch Hessen durch das sogenannte Assessorengesetz gegeben haben. Berlin, 26. September. (Nichtherausgabe der Jnvalidenkarte und Schadenersatzpflicht.) Da die Klagen auf Schadenersatz wegen Vor enthaltung der Jnvalidenkarte nicht selten sind, die Nichtherausgabe der Jnvalidenkarte an sich aber noch keine Schadenersatzpflicht begründet (Urtheil des Gewerbegerichts Berlin, Kammer 5, vom 25. Juli d. I.) ist der Commentar von Interesse, mit welchem der Gewerberichter vr. Schalhorn das citirte Urtheil in der „Socialen Praxis" begleitet. Die Klage auf Schadenersatz muß gewöhnlich, wie vr. Schalhorn ausführt, schon deshalb ganz oder doch im Wesentlichen ab gewiesen werden, weil der Kläger seinerseits nichts gethan hat, um den Schaden abzuwenden, sei es nun, daß er Tage lang auf die — ihm vielleicht in Aussicht gestellte — Zusendung der Karte unthätig gewartet hat, sei es, daß er es unterlassen hat, die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. (Vergl. § 254 B. G.-B.) In solchen Fällen kann er — ein Verschulden des Beklagten vorausgesetzt — Ersatz für entgangenen Arbeits verdienst nur bis zu dem Zeitpuncte fordern, in dem er bei rechtzeitiger Inanspruchnahme der Hilfe der Polizei die alte oder die neue Quittungskarte erhalten haben würde. Den ferner erforderlichen Nachweis, daß ein Schaden entstanden sei, wird man schon dann als erbracht anschen können, wenn Kläger im Allgemeinen glaubhaft macht, daß er sich um Arbeit redlich be müht habe. Denn es hat die Einführung von Krank-ncassen- buch und Jnvalidenkarte die Nebenwirkung gehabt, daß der Ar beitgeber diese Papiere als Legitimatiottspapiere ansieht und deshalb in der Regel den Arbeiter nur einstellt, wenn letzterer im Besitz von Kassenbuch und Karte ist. Der Arbeiter, dem die Papiere fehlen, hat daher von vornherein die Vermuthung für sich, daß er nur schwer neue Arbeit erhalten kann, daß ihm also ein Schaden erwächst. Da die Vorschriften der preußischen An weisung, betreffend die Ersetzung von Quittungskarten, nicht genügend bekannt zu sein scheinen, seien sie hier im Wesentlichen mitgetheilt: „XVIII. ... Ist die Quittungskarte . . . zerstört oder ... zur weiteren Verwendung unbrauchbar geworden, so ist der Inhaber berechtigt, die Ersetzung . . . durch eine neue Karte zu beanspruchen (H 136 des Gesetzes). XXXV. Fehlt einem Versicherten die Karte, weil sein Arbeitgeber die bis herige noch verwendbare Karte widerrechtlich einbehalten hat, so ist eine neue Karte . . . auszustcllen und durch Vermittelung der zuständigen Polizeibehörde dafür Sorge zu tragen, daß dem Arbeitgeber die Karte abgenommen wird." — Neben der In anspruchnahme der Polizei wird der Arbeiter in vielen Fällen gut thun, auch schleunigst einen Antrag auf Erlaß einer einst weiligen Verfügung beim Gewerbcgerichte zu stellen, um so die einstweilige schleunige Herausgabe der Quittungskarte eventuell im Wege der Zwangsvollstreckung und noch vor Erledigung des Rechtsstreites zu erreichen. T Berlin, 26. September. (Telegramm.) DaSKriegS- minisierium theilt mit: Da bei dem auf dem Dampfer „Batavia" heinigekehrten Transport ostafiatischcr Truppen einzelne TyPhnSfälle vorgekommcn sind, und auch der Transport auf dem Dampfer „Neckar" nicht gänzlich frei von solchen ist, sollen diese Transporte von den später ein treffenden getrennt gebalten werben. Don den Letzteren werden daher die Transporte auf den Dampfern „Alesia", „Silvia", „König Albert", „Pisa" und „Tukerman" aus dem Truppenübungsplätze Lockstedt in Holstein und da über Wien zurückkehrcnde Bataillon Förster auf dem UebungSplatze Lamsdorf in Schlesien aufgelöst werden. Für die Ende Öctober zu erwartenden Transporte auf den Dampiern „Bahia", „Wittekind" und „Krefeld" stehen die AuflösungSorte noch nicht fest. Die Begrüßung der aus Ostasien heimgekehrten Truppen durch ihre Angehörigen ist jedoch auch auf den neu bestimmten Plätzen ebenso wenig zulässig, wie in Bremerhaven und Münster. 8. Berlin, 26. September. (Privattelegramm.) Die „Berl. Böri.-Ztg." schreibt: Der Aufenthalt des Prinzen Tschnn in Deutschland ist nur noch kurz bemessen, wie durch die Umgebung deS Prinzen verbreitet wird, weil auSCbina der Besebl zur Rückreise eingetroffen sei. Nack, uns zugegangenen Informationen stimmt da- nicht ganz. Der Prinz beabsich tigte, noch weitere Exkursionen durch Deutschland zu machen, deutscherseits sah man aber eine weitere Aus dehnung dieser Reisen durchaus nicht gern, da sie sich augenscheinlich, wie zur Zeit Li - Hung - Tschang'S, zu Triumph zügen auSzuwachsendrohten. General Hoepfn er» Commando beim Prinzen war bereits abzelausen und ist nur bis zum heutigen Tage verlängert worden. Der für DienStag inS Auge gefaßte Besuch von Coblenz ist unter blieben/obgleich bereits Alle« für den Empfang vorbereitet war, ebenso bat man auf eine Dampferfahrt nach Bingen und weitere Ausflüge von Saarbrücken aus verzichten müssen. G Berlin, 26. September. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiqer" meldet: Dem Rechtsanwalt und Stadtrath Basser- mann in Mannheim ist der Lronen-Ordrn dritter Staff« ver liehen worden. — Die nächste Tagung deS Vorstande« der deutschen Colonialgesellschaft ist auf Sonnabend, den 30. No vember 190l, festgesetzt und findet in Berlin statt. — Für Tanzunterricht unter Leitung eine« katho lischen Tanzlehrer« sucht die „Germania" ihre Leser zu gewinnen, indem sie über einen solchen CursuS de« Läuaeren berichtet. Sie leistet sich dabei folgenden hübschen Satz: „Der erste Tag diese« Unterricht« zeigte, wie Schreiber dieses
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