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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001126018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900112601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900112601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-11
- Tag1900-11-26
- Monat1900-11
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Und hastig, mit einer instinktiven Be wegung, zerknitterte er den Brief und barg ihn in der Tasche, ehe er mit einem gezwungenen Lächeln antwortete: „Ja, der Bries enthält äußerst iwichtige und unangenehme Nachrichten. Kurz und gut: morgen, 'Sonntag, muß ich nach New Port zurück. Ich komme nicht wieder. Wir müssen uns Adieu sagen." Bemerkte er das plötzliche Zittern ihrer Lippen? Vielleicht. Aber er sah sie nicht an. Und sie schwieg lange, eh« sie achsel zuckend und mit ruhiger Stimme antwortete: „Schade. Doch schließlich muß jedes Vergnügen mal ein Ende nehmen. Da gäb' es heut' also unsere letzt- Jagd! Und wenn wir rechtzeitig am Ziel eintreffen wollen, Mr. Mordaunt, müssen wir gehen." „Das Ziel ist ?" fragte er. „Farmingdale", sagte sie mit derselben Ruhe. — Lärm und Gelächter empfing die Beiden, als sie in Farming dale anlangten. Die Jagdpferde waren schon am frühen Morgen hinausgebracht worden, in ihrer Mitte O'Rourke, das wildeste und schönste. Violet Easton, die heute Alles durch ihre Liebens würdigkeit entzückte, bestieg es, und dann ging es vorwärts mit Halloh und Huffah. 'Die Jago verlief glänzend. Am Schlüsse derselben trieb Jack sein Pferd neben das von Miß Easton, und gemeinsam traten sic den Heimweg an. Die Anderen mochten schneller, mochte» vielleicht auch langsamer reiten — kurz, auf dem halben Wege schon befanden sich die Beiden allein. Der Abendwind trieb durch die Kronen der Bäume, die im röthlichen Strahl der untergehenden Sonne standen. Rings um sie her Alles einsam — kein Mensch weit und breit zu erblicken. Und jetzt kam das letzte Stückchen Weges. Noch zwanzig Mi nuten, dann mußte das Hotel vor ihnen auftauchen, und die kleine Farce, Komödie oder Tragödie — was es nun sein mochte — war zu Ende! ritten sie, Jeder mit den gleichen Gedanken be schäftigt, dahin, bis ihnen diese unheimliche Stille unerträglich ward. ...Sie war eS, die zuerst sprach: „Und nun heißt es also wirk lich, Abschied nehmen?" Lange Zeit gab er keine Antwort, sondern starrte in die Weite. .. sagte er endlich, „eS heißt Abschied nehmen. Und «I war« besser gewesen, wenn dieser Abschied schon vor drei Wochen erfolgt wäre." „Warum?" Er trieb sein Pferd ein wenig an und 'wiederholte mechanisch das Wort. „Ja, warum?" „Ach, ich weiß es nicht." Wieder schwiegen sie Beide. „Biolet" .... zum ersten Male nannte er ihren Namen. Violet Easton wandt« sich im Sattel und sah ihm gerade ins Gesicht. Augenscheinlich versuchte sie, aus seinen träumerischen Augen etwas herauszulesen. Er begegnete ruhig ihrem Blicke. „Warum nennen Sie mich Violet?" „Weil . . . weil ..." Er athmete kurz und hörbar und zögerte. „Weil . . ." Sie sah ihn forschend an. „Fragen Sie mich nicht; bitte, fragen Sie mich nich. Ich glaube, ich bin verrückt." Wieder ruhten ihre Augen ernst auf ihm. Er wandte sich fort und ritt ein wenig zur Seite. Nach einigen Minuten sprach sie wieder. „Ist das Alles, was Sie zu sagen haben, besonders .. . besonders . .sie hielt einen Augenblick inne, als ob sie nach Worten suche, „besonders, wenn dies das Ende ist?" Er wandte sich ihr wieder zu und sah sie an. Ihre Pferde gingen jetzt dicht nebeneinander. Er nahm ihre Hand und versuchte, sie an sich zu ziehen. „Nein, nein, das nicht. «Bitte, daS nicht." „Warum Nicht?" „Begreifen Sie denn nicht ... «verstehen Sie denn nicht . ..? Sie und ich stehen im Begriff, uns zu trennen ... heute noch ... und . . . und . . . O, bitte, thun Sie es nicht!" Er achtete wenig auf das, was sie sagte, sondern zog sie naher zu sich hinüber. Das Blut stieg ihr in die Wangen. Näher und näher zog er sie, bis ihre Lippen halb trotzig, h.ilb willig, den seinen begegneten. Es war nur ein Augenblick und Alles war vorüber. Sie setzte sich wieder im -Sattel zur-cht, und das Blut wich aus ihrem Antlitz, bis «S ganz blaß war. Zwei Thränen stiegen in ihre großen blauen Augen und rannen über die Wangen. „Ach, warum thaten Sie das? Sonst hätten wir doch Freunde bleiben können. Aber jetzt..." und sie sah ihm frei in« Gesicht, während ihre Worte langsam und deutlich herauskamen, „jetzt gehörst Du mir, denn Du bist der «inztge Mann, der je mals meine Lippen geküßt hat." Ihm durchfuhr ein Schauer bei diesen Worten. Er vermochte sich da« «Gefühl nicht zu erklären. Am nächsten Morgen fand Miß Easton auf ihrem Früh« stiicksteller einen großen Strauß rother Rosen. Dabei lag eine Karte, auf der «in einziges Wort stand: „Lebwohl!" HI. Einen Monat später saß Violet Easton in ihrem Wohns zimmer am Schreibtisch. Die Ellenbogen hatte sie auf den Tisch gestützt, und der Kopf ruhte in den Händen. Helle Thränen standen in ihren Augen und rollten unablässig über ihr Gesicht. Vor ihr lag «in Brief, den sie wohl schon zum zwanzigsten Mal: gelesen hatte. Es war dem Aeußeren nach «in höchst «infacher Brief unlk schien es gar nicht werth zu sein, solche Gefühle hervorzurufen. Er zeigte «ine männliche Handschrift und lautete folgendermaßen: „Meine liebe Miß Easton! Da ich mich erinnere, daß Sie die Absicht hatten, noch diese Woche nach New Uork zurückzukehren, so bitten meine Frau und ich Sie, uns am Donnerstag Nachmittag zum Essen die Ehre Ihres Besuches zu Theil werden zu lassen. Wenn Sie einoerstanden sind, könnten wir dann später da/' Theater besuchen. Wie geht es O'Rourke? Ist er noch immer so feurig wir sonst? Ergebenst I. Mordaunt." - Endlich ward sic unter gewaltsamer Anstrengung Herrin ihrer Thränen, trocknete sich Vie Augen, nahm einen Briefbogen zur Hand und begann zu schreiben. Die ersten drei Bogen flogen zerrissen in den Papierkorb. Der vierte jedoch schien sie zu befriedig«». Er lautete: „Mein lieber Mr. «Mordauntk Vielen Dank für die freundliche Einladung von Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin. Ich habe meine Plane geändert und beabsichtige nicht mehr, nach New Uork zu kommen. O'Rourke ist «in Freund, wie ich mir einen lieberen Nie« mals «wünschen kann. Sehr ergebrnst - Violet Easton." Sie las den Brief noch einmal sorgfältig durch, faltete ihn und steckte ihn in ein Couvert. Dann schrieb si« den Namen von Jack Mordaunt Esq. und die Adresse darauf, klingelte und gab ihn dem Diener zur Besorgung. Lange nach Mitternacht saß sie noch da und -starrte inS Leer» - IV. Jack Mordaunt sah «inen Augenblick prüfend d«n Kalender an, der vor rhm über dem «Schreibtisch hing. In großen Zahlen war 17 darauf gemalt und darüber der Manat März leAstrirt. Der Zusammenhang -er Legrabnißfeierlich- keiten mit -en Ansichten der Völker. - Von E. Glaser. Nachdruck »erdeten. Zwischen den religiösen Vorstellungen und den Bestattungs gebräuchen der Völker herrscht ein bestimmter Zusammenhang. Diejenigen Vorstellungen, auf welche es hier anlommt, betreffen den Glauben an ein Leben nach dem Tode und den Glauben an die Wechselwirkungen, welche die Geister der Abgeschiedenen und die Lebenden aufeinander auszuüben im Stande sind. Wenn wir die Religion der verschiedenen Völler betrachten, so begegnet uns di« Lehre von der zukünftigen Existenz der S«el« als all gemeiner Glaube. Als Geister dachte man sich die Seelen der Verstorbenen «in neues Leben führen, sei es, daß man sie an den Aufenthaltsorten während ihres fleischlichen Lebens und an den Bestattungsstätten Hausen, oder daß man, was das Gewöhnlichste ist, sie zu «in«m besonderen Geisterreich, das bald auf der Erde, bald unter ihr, bald im Himmel gesucht wurde, vereinigt sein ließ. Den niederen Raffen, «den Wilden, flößten die abgeschie denen Seelen oft Furcht und Grauen «in, seltener scheinen li: ihnen zum Schutze, häufiger zum Schaden der Zurückgebliebenen von ihrer Macht Gebrauch zu machen, und nicht etwa werden blo-, die Geister der Feinde und der Fremden als quälende Stören friede gefürchtet, sondern selbst die der eigenen Verwandten. So redet ein Tschuwasche seinen Heimgegangenen Vater mit den Worten an: „Wir beehren Dich mit einem Feste, hier hast Du Brod und verschiedene Speisen, Alles hast Du vor Dir, beun ruhige uns aber nicht und komme nicht zu uns." Auf der polynesischen Insel Rarotonga (Australien) betete dec nächste Verwandte des Tobten, nachdem man auf den völlig ge schmückten Leichnam ein gebratenes Schwein und vegetabilische Speisen gelegt hatte: „Ich habe Dich im Leben lieb gehabt, ich habe Deine Krankheit zu heilen gesucht; nun bist Du todt, nimm Deine Mitgift, geh', gewinne Dir damit den Zugang zu Tiki's Haus — so hieß das Paradies, dessen Gott Tiki war — und komm' nicht wieder, uns zu quälen." San suchte deshalb die Geister «der Verstorbenen (die Seelen) durch Opfer, Feste und andere Ehrenerweisungen zu erfreuen. Als ein solches Besänftigungsmittel wurde auch die feierliche Be stattung der Gebeine «des Entschlafenen betrachtet. In der Ver nachlässigung der Bestattung glaubte man den Geistern der Ver storbenen einen gerechten Anlaß zum Zorn zu geben, und an dererseits glaubte man bei gewissenhafter und ehrender Be stattung eine Gewähr und Sicherheit für die Ruhe der Geister zu besitzen. Wir finden Spuren dieser Vorstellungen im klassischen Alter- thum. Luican erzählt im „Lügenfreund", daß zu Korinth im Hause «des Eubatid«s der unbeerdigte Besitzer so lange spukte, bis der Pythagoräer Arignotus ihn bannte und das Gerippe am nächsten Tage ausgraben und bestatten ließ. Auch christliche Legenden berichten von Heimsuchungen durch Unbestattete, nur bedürfen dies« armen Seelen einer Bestattung in geweihter Erde, der «Seelenmessen und der übrigen von der Kirche vorgeschrittenen Cremonien. So erzählt noch 1881 der Jesuitenpriester Rosignoli in seiner in Paderborn in deutscher Bearbeitung erschienenen Schrift: „Erbarmet Euch der armen Seelen im Fegefeuer", daß in Ferrara «in Palast in Folge nächtlichen Lärmes, der sich regel mäßig wiederholte, und dessen Ursachen trotz aller Nach forschungen nicht entdeckt werden konnten, unbewohnbar wurde. Ein Student erbot sich, in dem Hause zu wohnen, wenn man ihm für 10 Jahre ein Zimmer ohneMiethe einräumen wolle. Nachts kam ein grauenhaftes, an Händen und Füßen gefesseltes Gespenst, daS beim ersten Tagesgrauen hinausging. Dec Student folgte ihm mit «iner geweihten Kerze bis in «den Keller, wo es ver schwand. Man grub dort die Erde auf und fand einen Leichnam. Derselbe wurde unter den gebräuchlichen Ceremomen begraben und mehrere Messen für den Verstorbenen gelesen. Leitdem hör : man in dem Palaste nichts wieder. Diele Volksvorstellungen von dem Umgehen der Geister be ruhen auf dem Zusammenhänge der Seele und ihres Eigenthums auf der Erde. So haben z. B. die Geizhälse keine Ruhe rm Grabe, ihr Grabhügel stürzt ein, sie müssen immer wieder zu ihrem Eigenthume zurückkehren, so lange dieses noch an seiner Stelle steht. Hat ein Geizhals selbst seinen Schatz versteckt so daß er fern von ihm begraben und der Schah nicht gefunden wird, so bildet dieser den Anlaß zu einem unglückseligen, fried losen Fortleben des Geistes, der immer wieder aus dem Grabe zu seinem Schatze muß, so daß endlich erst die Auffindung und Hebung des Schatzes dem Tobten Ruhe bringt, ihn erlöst. Um sich vor dem Wiedererscheinen der Geister zu schützen, sucht man den Ausgang, durch den di« Leiche zur Bestattung ge führt war, festzuzuschließen. Hieraus erklärt sich die Sitte, die Todten nicht durch die Thür, die täglich geöffnet wurde, sondern durch ein eigens zu diesem Zwecke gemachtes Loch fortzuschaffen. Diese Weise der Fortschaffung von Leichen, besonders mit dem Zwecke, die Wiedergänger dadurch fernzuhalten, findet sich noch jetzt namentlich bei «den Leichen der Verbrecher und Selbstmörder z. B. in Schwaben, wo die Leichname Erhängter unter der Haus schwelle durch oder durch eine hinausgeschlagene Riegelwand ent fernt werden, damit -der Selbstmörder nicht geiste. Die Haus schwelle war heilig und «durfte nicht entweiht werden. Als man aber später Fenster zu haben anfing, die leichter als in den Wänden oder unter der Erde gemachte Löcher und auf ebenso dauernde Weise den Wiedergängern geschloffen werden konnten, so führte man auch die Leiche durch das F«nster. In Island glaubt man, wenn dabei die Fensterhaut verkehrt wieder ein gesetzt wird, so ist damit eine um so stärkere Abwehr des Wieder gängers ausgedrückt. Schleicher (Volksthümliches aus Sonne berg) erzählt, «daß vor nicht langer Zeit in Thüringen Selbst mörder durch's Fenster fortgeschafft wurden, da bei diesen das Geisten ganz besonders gefürchtet wird. Sterben mehrere Kinder, so muß in Ostpreußen die Leiche durch Las Fenster hinaus geschoben werden. Die Bänt« Und Stühle, aus denen die Leich- gestanden, müssen umgekehrt und die Hausthür sofort bis zur Rückkehr der Leichenbegleitung verschlossen werden, -damit der Gestorbene nicht wieder erscheine und Jemand nachhole. Wäre die Thür nicht verschlossen, so müßte der Erste, der hineingeht, sterben. Es konnte jedoch den Geistern der Weg zu dem früheren Wohnsitze noch auf andere Weise, nämlich durch Wasser, verlegt werden. Das Wasser bildet die Grenze zwischen Leben und Tod; weil ihm nach allgemeinem Glauben «ine reinigende Kraft innewohnt, kann es von den Todten, welche gemäß «iner erst vom Christcnthum principiell überwundenen Vorstellung als unrein und verunreinigend gelten, nicht überschritten werden. Bei einem wendischen Begräbnisse nehmen die Leichenbegleiter den Rückweg vom Kirchhof stets Lurch «in fließendes Wasser, ein Brauch, den man so strenge einbält, Laß auch im Winter die Brücke nicht be nutzt, sondern Las Eis aufgehackt wird, damit der Trauerzug durchwaten kann. Einzelne Rechtsbücher und Chroniken in der Schweiz bestrafen die Leiche des Selbstmörders mit Aussetzung im Gewässer. Schon die Sag« läßt des sterbenden Königs Dagobert Seele von Teufeln in «in Schiff gesetzt, des Selbst mörders Pilatus Leiche in den Pilatussee, andere Verbrecher in den rothen See gebannt werden. In Len Schweizer Städten wurde des Selbstmörders Leiche in ein Faß geschlagen, dieses aus beiden Seiten mit der Aufschrift versehen: „Laß rinnen!" unv so den Strom hinabgeschickt. In einer Schweizersage wird der Geist einer Wöchnerin durch «das am Hause vorbeifließende Wasser abgehaltcn, zu ihrem Säugling zu kommen, weshalb man einen Steg über den Bach legte. Es war ein allgemeiner Glaube, daß die Bestattung des Körpers die Bedingung für den Eintritt der Seele in das Geister reich sei; nur wenn die irdischen Ueberrefte aus die von der Sitte jedes Volkes geforderte Weise bestattet sind, wird die Seele im Jenseits der Ruhe theilhaftig, im anoeren Falle aber ist sie von dem allgemeinen Todtenreich ausgeschlossen. Aus diesem Ge sichtspunkte erscheint vie Bestattung nicht blos als eine Ehre, die den Verstorbenen erfreut, sondern als ein Dienst, dessen er zur Aufnahme in die andere Welt bedarf. Bei Len Griechen uno Römern war es fester Glaube, daß die Schatten in das Todten reich nur erst dann zugelassen würden, wenn die Bestattungs- ceremonien erfüllt waren. Deshalb bittet die Seele des Elpenor, welcher betrunken von dem Hause der Circe gestürzt war und dabei den Hals gebrochen hatte, den Odysseus: Wenn Du von hier aus dem Hause des Hades fortgegangen bist und wieder zur Circe kommst, wünsche ich, daß Du Dich meiner erinnerst. Laß mich bei Deinem Weggehen nicht unbeweint und unbegraben zurück, damit ich Dir nicht eine Ursache des Zornes der Götter werde. Die Bestattung der Todten galt in Griechenland für eine der heiligsten Pflichten, durch deren Vernachlässigung man sich nicht blos an diesen selbst, sondern auch an den Göttern aufs Schwerste versündigte. Die athenische» Gesetze sprachen die Kinder, die in der Jugend von ihren Eltern zur Unzucht angehalten waren oder nicht die nothwendigste Erziehung zum ehrlichen Erwerbe er halten hatten, von jeder Pflicht gegen die Eltern los, mit Aus nahme dieser einen, für die Bestattung nach dem Tode zu sorgen. Es galt als allgemeine Menschcnpflicht, einen Unbeerdigten wenigstens mit Erde zu bedecken. In einem Eddaliede wird «dem Siegfried von der Walküre Brünnhilo «tngeschärft: Das rath' ich zum Neunten dir: raff' ihn auf, wo den Todten im Felde du findest, sei er gestorben siech, in der See, oder vom Eisen getroffen. Schütt« den Hügel dem Hingeschied'nen und wasch' ihm Haupt und Hände; er ruh' in der Kiste gereinigt, gekämmt, und selig s«i ihm der Schlummer. Das Nichtbegraben, wobei der Tobte, z. D. die Königin Jsebel, gewöhnlich den gefräßigen Hunden oder den wilden Thieren zur Beute wurde, galt als der Gipfel alles Unglücks und Schimpfes. Deshalb begrub Tobias mit Lebensgefahr die erschlagenen Landsleute. Ein Beispiel -oer rührenden Mutter liebe findet sich 2. Sam. 21,1—14: Der König Saul hatte unter den heidnischen Gibeoniten, um seinen Eifer für Israel zu be weisen, ein Blutbad angerichtet. Als Sühn« verlangen diese Gibeoniten von dem Könige David sieben Männer aus dem Hause Saul's, um sie aufzuhängen. David lieferte sieben Söhne der beiden Weiber Saul's (Müha und Rispa) aus. Diese sieben Söhn« werden aufgehängt, und Rispa breitet auf dem Felde das Leichentuch über ihre Söhne und verscheucht den ganzen Sommer hindurch, Tag und Nacht, die wilden Thiere von den Leichnamen. Als David dieses hört, läßt er die Leichen be graben. Man Pflegte auch dem Todten in das Grab dasjenige mitzu geben, was ihm im Leben theuer und werth war, näm lich Waffen, Handwerkzeuge, Schmucksachen, Trinkhörner, Würfel, Glasbecher u. s. w. Als der nordische Wiking als See könig den Ocean auf seinen Barken durchfurchte, da bedurfte er des Schiffes auch nach dem Tode. Di« Funde von Tune und Gokstad in Norwegen, wo sich in mächtigen, über zwanzig Meter langen Schiffen neben dem mit fürstlicher Pracht umgebenen Häuptlinge Sklavengebeine, Pferde-, Hunde- und Falkenskelette erhalten haben, sprechen für die Echtheit der späteren Quellen, die Gleiches berichten. Und solche alte Sitte hat sich bis zur Gegenwart erhalten. Noch in diesem Jahrhunderte legte man in Schweden den Todten Tabakspfeifen, Handmesser, ja selbst die gefüllte Branntweinflasche in den Sarg. Wie im skandi navischen Norden, so war es auch in Deutschland. Die Gräber funde bestätigen auch hier die Thatsache, daß man dem Todten in das Grab gab, was er während des Lebens gebraucht hakte. Auch hier hat sich bis heute noch die Sitte erhalten, sie läßt sich durch die Jahrhunderte verfolgen, sie ist gewandelt mit der Cultur des Volkes und hat deren Gewand angezogen, bis man endlich so weit gekommen ist, Lem Todten Regenschirm und Gummi schuhe mit ins Grab zu legen (Mogk, Germanische Mythologie). Zum Andenken wurden auch dem Todten dir eigenen Haare geweiht. Ueberstreut war ganz mit geschorenen Locken des Patroklus Leichnam (Ilias 23, 133). Achilles beschnitt abgr- wendet von dem Gerüste sein Haupthaar und sprach: Laß dieses mich dem Patroklus mitgeben zu tragen, uno legte dasselbe in die Hände des trauten Freundes. Wie die Griechen ihren Todten den Obolos als Fährlohn für Charon gaben und die alten Preußen die Verstorbenen mit Zehrgeld versahen, um auf der mühevollen Reise Erfrischungen kaufen zu können, so begraben deutsche Bauern bis auf den heutigen Tag eine Leiche mit einem Geldstück im Munde. Diese Sitte hat üch bis in die neueste Zeit erhalten. In der preußischen Altmark steckte man oer Leiche ein Sechserstück unter die Zunge, in der Neumark ein Viergroschen stück. In Thüringen erhielt sie die übrig gebliebenen Medika mente mit in Len Sarg, um die Cur in der anderen Welt fort» zusetzen, und dazu wurde noch, wie in Groß-Keula, ein Pfennig unter die Zunge gelegt. An der böhmischen Grenze, der Ober Pfalz, gab man ihr drei Pfennige ihres eigenen Geldes, im säch sischen Erzgebirge etwas Geld und Brod, in Altenau einen Dreier, in der Oberlausitz so viel, als sie dem Pfarrer und Küster beim ersten Kirchgänge geopfert haben würde, nämlich 2 Groschen und 2 Kreuzer mit in das Grab. Oft entzieht sich der Brauch unserer persönlichen Wahrnehmung, ohne deswegen schon auf gehört zu haben. Nachdem Cantor Hille in Liepc bei Rathenow seit 18 Jahren daselbst im Amte gestanden und ein aufmerksamer Beobachter dieses Volksbrauches gewesen war, konnte er erst nach dieser Z«it, und zwar zufällig, diese Sitte unter der Bevölkerung seines Dorfes entdecken. Dieses Mitgeben eines Fährgeldes hat sich im Beginne des Christenthums in eine Peterssteuer verwandelt, die vom Ver storbenen dem Thorwart der Himmelspforte entrichtet werden mußte, und dauerte nun in dieser Gestalt Jahrhunderte allgemein fort. Daher findet man iit Christengräbern zu Trier, und zwar in solchen des dritten Jahrhunderts, wie in anderen, die noch dem 15. Jahrhundert angehören, Schädel, rn deren Mundhöhlen kleine Silbcrmünzen liegen, in einem Schädel stak ein Geldstück mit der Inschrift: Iriduturu?etri. Kleinen Kindern gab man Blumensträuße und vergoldete Ükpfel in die Hand, damit sollten sie im Paradiese aus der Wies« spielen. Das fränkische Todten lager zu Selsen in Rheinhessen ergab Schädel, aus deren unterer Kinnlade Lindenschmrdt vier Mal Münzen entnahm, darunter eine mit der griechischen Christuschiffre in einem Palmzwrige. Die Todtenmünze wird mit der Zeit zum Trinkgeld«, der Ober pfälzer sagt: Die Todten müssen all« im Nobistruge, d«m Wirthshause der Unterwelt, zusammenkommen und -dort ihren letzten Sechser verzehren. Das römische Gesetz verbot, den Todten Gold mitzugeb«», wobei jedoch die Ausnahme galt, wer mit Gold befestigte Zähne hatte, konnte damit begraben oder verbrannt werden. Man har berechnet, daß von den Obolosmünzen, die den Todten mit gegeben wurden, viele Milliarden in der Erde liegen. Auf «dem Petersberge bei Halle fand man im Jahre 1827 ein von vier Porphyrplatten zusammengesetztes Grab und in demselben einen begrabenen menschlichen Körper, welcher in dem Grabe von Norden nach Süden lag. Bei dem Leichnam lagen über 250 Stück kleine Perlmutterscheiben mit Löchern, gegen 20 Stück Amulette von Schweinszähnen, gegen 8 Stück von schmalen Kupferftreifen, länglich gerollte Korallen zum An- Ferrilletsii. Die Vergeltung. Eine räthselhaste Geschichte von H. W. Mc Lickar. Autorisirt« Uebersetzung von P. Jacobsen. Nachdruck »erboten. I. Aus der Terrasse des Curhotels saß seit Stunden ein junger Mann von vielleicht dreißig Jahren uno ließ sich behaglich von der Sonne bescheinen. Es war ein 17. März, aber warm wie ein Junitag. Der junge Mann hatte ein glattrasirtes Gesicht, und bis auf das nervöse Zucken, das manchmal um die Lippen flog, blieb er unbeweglich. Plötzlich aber ward er lebendig. Von dem kleinsten aller Grooms gelenkt, erschien ein hübscher Korbwagen vor dem Hotel, und daS feurige Thier scharrte ungeduldig den Boden. Bald daraus trat rin« Dame auS dem Portal, ging langsam die Treppe hinab und stand einen Augenblick still, um dem Pferde ein Stück Zucker zu reichen. Der junge Mann konnte 'sie genau betrachten. Sie war nicht eigentlich schön, aber sehr chic und graciöS. Wie sie das Kleid aufnahm, den Wagen bestieg, die Zügel ergriff und davonfuhr — das Alles zeigte eine eigcnt'hümlichc Vornehmheit. „Weißt Du, wer sie ist?" fragte «r einen Freund, der eben auf die Terrasse trat. „Gewiß! Miß Violet Easton aus Washington. Schwärmr für Pferde, hält eine Meng« Jagd-Pferde. Reich wie Crösus natürlich. «Möchtest «Du sie kennen lernen?" „Ja", sagte Jack Mordaunt. H. Drei Wochen später. Jack Mordaunt hatte inzwischen Miß Eckston kennen gelernt, war mit ihr zur Jagd gefahren, war schl-ießlich tagtäglich mit ihr zusammen gewesen. Die Leut« nannten die beiden Namen schon ständig zusammen. Eines Morgens lehnte Jack nachlässig am Schreibtisch des Lesezimmers. Vor ihm lag «in Brief. Die tiefe Falte auf seiner Stirn deutete an, daß der Inhalt wenig erfreulich war. Eben wollt« er die Epistel zum drittln Male lesen, als eine Stimme neben ihm sagte: „Sie schein«» ja sehr v^tiest in Ihren Brief zu sein, Mr.
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