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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.11.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001129016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900112901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900112901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-11
- Tag1900-11-29
- Monat1900-11
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Volksztg." einen Bescheid mit, den da» katholische geistliche Consistorium im Königreich Sachsen auf eine Petition in Wechselburg und Umgebung lebender Katholiken ertbeilt hat und au» dem sich ergab, Ma die königliche Regierung au- eigner Initiative, ohne jede- Zuthun deS Apostolischen VicariatS, gethan hatte, um daö Verlangen der Wechselburger Katholiken nach öffent lichen katholischen Gottesdiensten in Wechselburg zu erfüllen, aber auch den gesetzlichen Bestimmungen Nach achtung zu sichern, den konfessionellen Frieden zu wahren und die Rechte der evangelischen Ortsgemeinde Wechselburg kor Verdunkelung zu schützen. Es ergab sich aus dem Bescheide ferner, daß das Apostolische Vicariat das Entgegen kommen der königlichen Regierung zurückgewiesen hat, um nicht auf die dem Gesetz entsprechende Bedingung der Versorgung solcher Gottesdienste durch im öffentlichen Dienste stehende Geistliche eingehen zu müssen, um nicht in den Ver dacht der Anerkennung irgend welchen protestantischen Charakters der Wechselburger Sckloßcapelle zu kommen und um nicht finanzielle Opfer für ein MiethSlocal zu bringen. Wir schloffen auS dieser Zurückweisung, daß eS dem Apostolischen Vicariat nicht sowohl um die Befriedigung des reli giösen Bedürfnisses derWechsclburger Katholiken, als vielmehr um die Beseitigung aller Schranken für fremde Geistliche und um den unzetheilten Besitz der Wechselburger Schloßcapelle zu thun sei, und beglückwünschten die königliche Regierung zu ihrem Verhalten, bas ebenso wohlwollendes Entgegenkommen gegen berechtigte Wünsche katholischer Uuterthanen, wie strenges Festhalten an Forderungen bekunde, die im Interesse der Wahrung staatlicher wie privater Rechte und deS con- sessionellen Friedens liegen. Heute nimmt nun die königliche Regierung selbst das Wort, um durch Veröffentlichung von drei Verordnungen, die das Cultus Ministerium mit Genehmigung des Königs in der Wechselburger Angelegenheit an das Apostolische Vicariat gerichtet hat, allen falschen Darstellungen und Schlüssen den Boden zu entziehen. Diese höchst interessanten Verordnungen lauten: Ministerial-Verordnnng vom 2. Juli 1900. Mit Aller höchster Genehmigung Sr. Majestät des König» ertbeilt das Ministerium zur Abhaltung öffentlicher katholischer Gottesdienste in Wechselburg in noch weiter festzusetzender Ausdehnung auf Grund von 8 29 des Gesetzes vom 23. August 1876 hiennit die erbetene Genehmigung mit der Maßgabe, daß die Versorgung dieser Gottesdienste einem im öffentlichen Kirchenamte stehende», lediglich den katholisch-geistlichen Behörden unterstellten Geistlichen übertragen wird und daß, was dir Benutzung der Schloßkirche in Wechselburg anlangt, nicht hiergegen rechtlich begründete Einwendungen seitens der evangelisch-lutherischen Kircheubehürden erhoben werden. Bei Eröffnung dessen will das Ministerium nicht unterlassen, darauf hinzuweise», daß e» im Interesse der Aufrechterhaltung der geordneten Parochialverhältniffe nicht angängig ist, die Ler- sorgung öffentlicher Gottesdienste im Laude HauSgei st lichen zu übertragen, deren Auswahl nicht de» verantwortlichen kirchlichen Behörden der katholischen Kirche zusteht und die auch in disciplineller Hinsicht mit den fächsischen Kirchenbehörden nur in losem Zusammenhänge stehen und als Privatbedienstete auch den privaten Weisungen ihrer Hausherren zn folgen ver pflichtet sind. Es handelt sich insoweit um eine, wie dem Apostolischen Vicariat hinreichend bekannt ist, vom unterzeichneten Ministerium von jeher festgehaltene, in der Staatsgesetzgebung be gründete und mit den kirchlichen Regeln im Einklänge stehende, überdies auch im eigenen Interesse der katholisch-geistlichen Behörden liegende grundsätzliche Auffassung. Ueberdieses grundsätzliche Bedrukeu vermag auch dir vom Apostolischen Bicariate mit vocgelegte Zusicherung Sr. Erlaucht des Grafen von Schönburg-Forder- glauchau vom 2. Januar d. I. um so weniger hinwegzuhelfen, als derselbe sich nicht bedingungslos, soodern nur „soweit es immer möglich sei" mit de» la»deSgesetzliche» Be» stimmungeu über die Qualifikation der Geistliche» im Eiuklaugr zu halte» versprochen hat. Hierzu kommt, daß die dem apostolischen Bicariate hinlänglich bekannten Erfahrungen, welche in den letzten drei Jahrzehnten gerade bei dem Auftreten und deu häufigen Uedergriffen der HauSkapläne in Wechsel bürg gemacht wordeu sind, daraus Hinweisen, daß im Interesse de» coafesfionrlleu Frieden» an der grundsätzlichen Fernhaltung aller Geistlichen, die nicht ausschließlich vo» dem Apostolischen Bicariate und den übrigen geordneten öffentlichen katholischen Kirchenbehürden abhängig sind, festgehalten werde» muß. — Was die gottesdienstliche Stätte anlangt, a» der di« geplaaten Gottesdienst« abgrhalten werden sollen, so erscheint die beigebrachte Zusicherung Sr. Erlaucht de» Grasen von Schönburg-Forderglauchau nicht genügend, um die Zulässigkeit der Benutzung der Schloßkirche zu dem gedachten Zwecke rechtlich sicher zu stellen. Dena zunächst Ist zweifelhaft, ob S«. Erlaucht die gegebene Zusage auf recht erhalten wird, wenn die Abhaltung der Gottr»dienste nicht seinem Han-grislltchr», sondern rluem im öffentlichen Kirchrnamte stehenden Geistlichen übertrage» werden soll. Jrdrosall» würde inso weit noch die au»drückltche Zustimmung Sr. Erlaucht herbeigezogen werden müssen. Hierzu kommt aber »och Folgendes: Nach den bisher angestrllten Ermittelungen ist die Schloßkirche in Wechselburg, nachdem sie im 16. Jahrhundert i» Trümmern gelegen hat, im 17. Jahrhundert von den dem «v augelisch-luthrrtschr» Be kenntnisse zugethanra Herrea von Schönburg wieder ausgebaut und der Verwendung für den evangelisch-lutherischen Gottesdienst zu- geführt worden. Im 18. Jahrhundert ist dies» Schloßkirche vorübergehend während der Erbauung der jetzige» LrtSkirche sogar al» Parochialkirche benutzt morde». Daß die Schloß- kirch«, s rivatrechtlich betrachtet, Eigenthum de» Schloß- besitz er» ist, kau» ebensvwenig bestritte» werdrn, wie, daß dem Schloßbesitzer unbenommen bleiben muß, in derselben seine HanS» andachten gemäß seinem Bekenntnisse abzuhalten. Anders aber dürfte jetzt die Sache liegen, wo es sich darum handelt, daß die Kirche, die bis zum Uebertritte Sr. Erlaucht Les Grafen Karl von Schönburg » Forderglauchau eine evangelisch - lutherische war, nunmehr dem öffentlichen katholischen Gottesdienste zugeführt und damit zu einer öffentlichen Kirche der katho lischen Confessio» gemacht werden soll. Da nun anscheinend der evangelisch-lutherischen Kirche ein Benutzungsrecht an der Kirche mindestens insofern zusteht, als in derselben die stistungSmäßig von der Frau Mutter des Grafen Karl zum Gedächtnisse ihre» Erlauchten Gemahls begründeten öffentlichen evangelisch-lutherischen Gottesdienste abzuhalten sind, muß die beabsichtigte Einführung öffentlicher katholischer Gottesdienste in dieser Kirche noch von dem vorgängigen Gehör der zustän digen evangelisch-lutherischen Kirchen-Aufsichtsbehörde und der oben erwähnten Voraussetzung, daß nicht von dieser Seite her rechtlich begründete Einwendungen erhoben werden, abhängig gemacht werden. Für den Fall, daß daS Apostolische Vicariat bei dieser Sachlage, überhaupt bei dem Wunsche gerade nach dieser gottesdienstlichen Stätte beharren und nicht etwa vorziehen sollte, sollte, sein Augenmerk wenigstens zunächst auf eine andere Oertlichkeit zu lenken, ist demselben anheimzugeben, sich mit den zuständigen evangelisch-lutherischen Kircheubehörden ins Vernehmen zu setzen und den Erfolg anznzeigen. Auch hat da» Ministerium zunächst noch der weiteren Anzeige des Apostolischen Bicariats über den zu beauftragenden Geistlichen, sowie die Zahl der einzurichtenden öffentlichen Gottesdienste ent gegen zu sehen und ebenso einer Angabe über den voraussichtlich entstehenden Aufwand, der auf den Parochialsonds zu übernehmen sein wird. Miuisterialverordnung vom 6. Juli 1900. Auf die an Se. Majestät den König unmittelbar gerichtete Vorstellung des Apostolischen Bicariats vom 20./23. vorigen Monats, die auf Allerhöchsten Befehl an das Ministerium des Cultus und vssentlirpen Unterrichts abgegeben worden ist und deren Beilage anbei zurückfolgt, hat das Ministerium dem Apostolischen Bicariate im Anschluß an die Verordnung vom 2. dieses Monats —507 L.L. — nur noch zu eröffnen, daß der darin erhobene Vorwurf der Verletzung der Parität seitens der öffentlichen Gewalt insofern unbegründet ist, als die Ab- Haltung der evangelisch-lutherischen Gottesdienste in der Wechselburger Schloßkirche zum Gedächtniß Sr. Erlaucht des Grasen Alban als stiftungsmäßige Einrichtung nach 8 60 der Versassungsurkunde zu Recht besteht, auch die Benutzung der gleichen Kirche zu katholischen Hausgottesdiensten seitens des Besitzer» von der KreiShauptmaunschaft Leipzig in keiner Weise eingeschränkt worden ist, der Unterschied in der Be handlung danach nicht auf der Art der Confessio» beruht, sondern lediglich auf die concreten Rechte der beiden betheiligten Con sessionen an dem Kirchengebäude zurückzuführen ist. Wenn serner in dieser Vorstellung darüber Beschwerde geführt worden ist, Laß an dem aus die Froiileichnamsfeier folgeuden Sonntag die gräsl. Beamten und deren Angehörige zum Gottesdienste nicht zugelassrn worden seien, so hat das Ministerium hierauf die Kreishauptmannschast Leipzig darüber verständigt, daß nach Ler Ansicht LeS Ministeriums der Begriff deS „Hausstands" im vorliegenden Falle in weitestem Sinne verstanden werdrn dürfe und ihr überlasten bleibe, in diesem Sinne das Nöthige zu veranlassen. Im Uebrigen will das Ministerium nicht unbemerkt lasten, daß ihm gegen die Verwendung des emeri- tirten Psarrrr» Nowak, dafern die öffentlichen Gottesdienste in Wechselburg im Uebrigen in Gemäßheit der Verordnung vom 2. dieses Monats eingerichtet würden, Bedenken nicht beigehen. Ministerialverordnung vom 28. August 1900. Dem Apostolischen Bicariat wird auf den Vortrag vom 23. vorigen MonatS, welcher Sr. Majestät dem Könige zu Allerhöchster Ent schließung unterbreitet worden ist, bei Rückgabe der Beilagen Fol gende» eröffnet: Nachdem durch dir Allerhöchste Entschließung vom 30. Juni d. I. zur Abhaltung öffentlicher katholischer Gottesdienste in Wechselburg grundsätzliche Genehmigung ertheilt worden ist, kann der Wunsch de» Apostolischen Bicariat», daß statt dessen den Katholiken in Wechselburg nnd Umgebung gestaltet werden möchte, an den in dortiger Schloßkirche stattfindenden katholischen Gottesdiensten ungehindert tbeilzunehmen, doch nur dahin verstanden werden, daß da» Apostolisch« Bicariat die beiden bet der Allerhöchsten Ent- schließung vom 30. Juni d. I. gestellte» Vorbehalte, einer seits hinsichtlich de» functionirrnden Geistlichen, anderer- frits hinsichtlich der Benutzung der Schloßkirche, in Weg- fall gebracht zu s«h«n wünscht. Diesem Wunsche statt- zugebr», sieht sich da» Ministerium des Cultu» und öffentlichen Unterrichts zu seinem Bedauern außer Stande. Auf die grundsätzlichen Bedenken gegen die Bersorqung öffentlicher Gottesdienste durch den jeweiligen gräflich Schönburg'schen Hau», caplan, dessen Auswahl nicht den Verantwortlichen Kirchenbehürden zusteht, der auch in disciplineller Hinsicht mit den kirchlichen Organen nur in losem Zusammenhang« steht und al» Privatbediensteter den Weisungen seine» Han-Herrn zu folgen, mit demselben auch seinen Aufenthalt zu wechseln hat, ist da» Apostolische Vicariat nichtringegangr». Diese Bedenken, dir sich übrigen» mit den wohl- vrrstandeue» Interessen der oberen katholischen Ktrcheabehördeu decken dürften, bestehen deshalb in ungeschwächter Kraft fort. Wenn sich dagegen da» Apostolische Vicariat darauf beruft, daß di« öffentliche Freigabe der SchloßkirchengotteSdienste in Wechselburg «in« schon jetzt zu Recht bestehende Einrichtung sei, so ist die« ein Irrthum. Denn die in den Jahren 1869, 1872 und 1873 einzelnen Hauscoplänen d«r Grafen von Schön- bürg rrtheilte Genehmigung zur Abhaltung von HouSandochten iu der erweiterten Form von sogenannten P ivatgotte-diensten war deuselben nur für ihre Person zugeiprochrn und jedes Mal mit deren Abgang erledigt. Weitergehende Befugnisse sind seit dieser Zeit, also seit mehr al» 25 Jahren, den häufig wechselnden gräflichen Hau»capläuen nicht wieder «iageräumt worden, wogegen schon im Jahre 1875 das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts drm Apostolischen Bicariat gegenüber sich gern bereit erklärt hat, zur Befriedigung des rcligiöien Bedürfnisses der katholischen Bewohner von Wechselburg und Um gebung beizutragen und nur wünschen muffe, daß dies durch die geordneten Parochialeinrichtungen, aber nicht auf dem Umwege einer mißbräuchlichen Ausdehnung der Befugnisse der gräflichen Hausgeistlichen geschehe. Sonach ist die Annahme des Apostolischen Bicariats, daß es sich hier um eine bereits bestehende geistliche Ein richtung handele, nicht zutreffend. ES scheint dem Ministerium aber um so weniger Veranlassung vorzuliegen, gerade jetzt auf die vom Apostolischen Vicariat gewünschte Vereinigung der öffentlichen Gottesdienste mit den gräflichen Hausandachten — deren rechtliche Mög lichkeit einmal vorausgesetzt — einzugehen, als ein ständigerHaus- geistlicher in Wechselburg zur Zeit gar nicht angestellt ist, das Apostolische Vicariat vielinehr selbst angiebt, daß ein enieritirter sächsischer Psarrgeistlicber, Johann Nowak, in letzter Zeit die Gottesdienste in Wechselburg geleitet hat. Daß gegen die Amts» auSübung des letzteren dem Ministerium Bedenken nicht bei gehen, ist dem Apostolischen Vicariat bereits durch Verordnung vom 6. Juli d. I. ausdrücklich zu erkennen gegeben worden. Das Ministerium möchte meinen, daß der gedachte Geistliche dem Apostolischen Bicariat auch dann zur Verfügung stehen würde, wenn die betreffenden öffentlichen Gottesdienste im Auftrage des Apostolischen Bicariats, statt in demjenigen des Grasen von Schönburg abgehalten werden sollen. Danach dürste es wohl überhaupt nicht dir Personensrage sein, welche das Apostolische Vicariat zum Festhalten an der von ihm gewünschten Formulirung bestimmt, sondern vielinehr die Frage nach der Benutzung der Wechselburger Schloßkirche. Das Apostolische Bicariat be- zeichnet es insoweit zwar als einen „zufälligen Umstand", daß seit 1866 alljährlich öffentlicher evangelisch-lutherischer Gottes- dienst in der Schloßkirche abgehalten werbe. Das dürste indessen die Sach- und Rechtslage kaum erschöpfen. Das Ministerium kann die Thatjache nicht übersehen, daß an dem hier fraglichen Kirchengebäude der evangelisch-luthe. rischen Kirche vor wie nach dem Confessionswechsel deS Eigen- thümerS ein kirchliches Gebrauchsrecht und zwar ein Gebrauchsrecht für öffentliche Kirchenzwecke zusteht. Ebenso wenig vermag das Ministerium zu verkennen, daß durch die vom Apostolischen Bicariate angestrebte Freigabe der gräflichen Hausandachten thatjächlich doch nichts Anderes erreicht werden soll, als die Einrichtung öffentlicher katholischer Gottesdienste, wenn auch das Apostolische Vicariat anscheinend den Ausdruck „öffentliche" lieber vermieden sehen möchte. Damit würde aber rin Gebrauchsrecht und zwar nunmehr ein dauerndes Gebrauchsrecht auch für katholische öffentliche Kirchenzwecke geschaffen werden. Ob die beiderseitigen Nutzungsrechte der bc- tbeiligtcn Confessioiien mit einander vereinbar sein würden, läßt ich zur Zeit von hier aus nicht übersehen. Für den Standpunkt der staatlichen Aufsicht über die Kirchen aber, die hier allein in Betracht kommt, bleibt e» unabweisbar geboten, beiden Tbeilen ihre Rechte zu wahren und jedenfalls eine staatliche Genehmigung zu der beabsichtigten neuen Einrichtung nicht eher aus zusprechen, als bis die Gew.ßheit vorliegt, daß durch dieselbe Rechte der evangelisch-lutherischen Kirche nicht beeinträchtigt werden. Sr. Majestät der König haben Sich deshalb nicht bewogen gefunden, von der Allerhöchsten Entschließung, wie sie dem Apostolischen Vicariat durch Verordnung vom 2./6. Juli d. I. eröffnet worden, wieder ab- zugehen. Allerhöchstem Befehle zufolge wird das Apostolische Bicariat hiervon mit dem Bemerken in Kenntniß geletzt, daß das Ministe- rium glaubt, soweit unter den obwaltenden Verhältnissen und Rechts- beziehungen möglich, Alles zur Befriedigung des auch von ihm seit lange anerkannten kirchlichen Beüiufnisses gethan zu haben. Tenn daß die durch die Allerhöchste Entschließung vom 30. Juni d. I. ertheilte, vom Apostolischen Vicariat sür die Zukunft acceptirte Ge nehmigung auch vom Apostolischen Bicariat al» eiu gangbarer Weg angesehen wird, hat daS Ministerium aus drm Eingänge des Vortrags des Apostolischen Bicariats vom 23. v. Mt». und zwar mit Befriedigung ersehen. Wir begrüßen die Veröffentlichung dieser Verordnungen mit besonderer Genugthuung; denn sie beweisen nicht nur einerseits, wie unbegründet alle nicht nur von klerikalen Blättern, sondern auch von einige» liberalen, Len sächsischen Verhältnissen vollständig fern stehenden Zeitungen gegen unsere Regierung gerichteten Vorwürfe sind und wie un anfechtbar ihr Verhalten in der Wechselburger An gelegenheit ist, sondern auch andererseits, daß unsere am 21> diese» Monat» ausgesprochene Beurtbeiluug der Haltung deS Apostolischen VicariatS ganz die gleiche ist, zu der die königl. Regierung gekommen ist. Einige Details der Verordnungen, z. B. die sehr bedingte Zusicherung deS Grafen von Schönburg-Forderglauchau und der Hinweis auf das stiftung-gemäße evangelisch-lutherische Benutzungsrecht an der Wechselburger Schloßkirche, zeigen mit besonderer Deutlichkeit, wohin daS Bestreben zielte, dem die königliche Regierung entgegenzutreten verpflichtet war. Das Vertrauen zu ihr kann durch die zeitgemäße Veröffentlichung nur befestigt werde». Die Wirren in China. Die Haltung »er Bereinigten Staaten. * .Reuter'» Bu-.eou" lerichiet aus W^hmzton: DaS La tz i n e t hat tzeu.e alle Punkte der Politik o-r Staatssekre tärs Hay durchaus gebilligt, insbesondere auch die ichten an den Gesandtcn Conzer crgangmen ictionen. Ob wohl Conger die vcl.'. Gewalt eine» Be"o'.imächt':gt.-n besitzt und durch seine Handlungen die Vereinigten Staaten schließlich auf ein Abkommen verpflichten kann, so glaubt man in amtlichen Kreisen in Washington doch zu wissen, daß er noch kein Protokoll und kernen vorläufigen Vertrag unterzeichnet habe. So steht, abgesehen von Conger'» Stellung zu dem von den auswärtigen Gesandten erreichten Abkommen, die Regierung der Bereinigten Staaten noch ohne Verpflichtungen da und ist daher in der Lage, die Sicherung der Abmachungen und Veränderungen zu erstreben, die sie für unerläßlich hält. Der Botschafter in Berlin, White, hat über die Aufnahme noch nicht Bericht er stattet, die die Abschrift der an Conger ertheilten Instructionen bei der deutschen Regierung gefunden hat. Die In structionen sind nicht in der Form eines direkten Schreibens mit- getheilt, würden in Folge dessen nicht nothwendiger Weise eine formelle Antwort erfordern. Es ist sogar wahrscheinlich, daß das einzige Ergebniß ein ähnlicher Meinungsaustausch sein wird, wie der zwischen dem Botschafter White und dem deutschen Staatssekretär v. Richthofen stattgefundene. Man erwartet, daß diese Art von Verhandlungen mit den Mächten verschiedene Tage in Anspruch nehmen wird, ehe die durch Hay's Instructionen an Conger geschaffene Phase der chinesischen Frage als erledigt gelten kann. Private Mittheilungen besagen, daß die inConger'sJnstruc- tionen enthaltenen Anregungen im Auslande allgemeinen Anklang finden. * London, 28. November. (Telegramm.) Wie die „Morning Post" aus Washington berichtet, wird in hohen Kreisen erzählt, daß Dcnby, der frühere amerikanische Gesandte in Peking und persönliche Freund der Kaiserin- Witt we, zum Nachfolger Longer's ausersehen ist. * Washington, 27. November. (Telegramm.) Ter deutsche Botschafter v. tzolleben stattete heute dem Präsidenten Mac Kinley einen Besuch ab. Russisch-englische Tifferenzeu. Die „Times" erfahren: Die russische Regierung widerrief den Beschluß, die Schau-Hai-kwan Bahn zu räumen, und theilte der britischen Regierung mit, die Räumung hänge von der Zahlung der ihr während der Be setzung der Bahn erwachsene Ausgaben ab. Nun ist wohl be kannt, daß die Muffen, so lange sie die Bahn in Besitz hatten, fast nichts für sie gethan haben und nur eine geringe oder keine Grundlage für ihre Forderung auf Zahlung der Auslagen be sitzen. Außerdem hätten die Ausgaben, wenn eine solche For derung überhaupt berechtigt ist, auf Rechnung der internationalen Armee zu gehen, und müßten in Verbindung mit der allgemeinen Entschädigungsfrage erörtert werden. Die russische Forderung erscheint ungeheuerlich und ist ein Treubruch, es em pfiehlt sich aber, sie mit Vorsicht und kaltem Vlute zu behandeln. Die auf dem Festlande geltend« Ansicht ist, daß die Rechtsfrage der provisorischen Besetzung der Bahn, obgleich sie ursprünglich durch die Nothwcndigkeiten des Krieges bestimmt ist, gegenwärtig den Obercommandirenven nicht angeht, sondern den Gegenstand eines Rechtsstreites zwischen den Engländern undRussenzu bilden hat. Weitere Meldungen. * Verkitt, 28. November. (Tclegram IN.) „WolffEß Teltgr. Bureau" berichtet aus Tokio unter dem 28. November: Aus Tschimampo auf Korea liegen Nachrichten vor, nach denen dort neue Unruhen zu befürchten find. Tie dortigen japa nischen Staatsangehörigen haben bereits die Entsendung einer Schutztruppe erbeten, die hiesige Presse beginnt, sich der Sache an zunehmen. * Paris, 28. November. (Telegramm.) Ter heute im ElysSe unter drm Vorsitz des Präsidenten Loubet abgehaltene Ministerrath beschloß die Stiftung einer China- Medaille. * Berlin, 28. November. (Telegramm.) Laut tele graphischer Mittheilung ist S. M. S. „Tiger', Commaudant Corvettrn-Capitän von Mittelstadt, am 26. November in Tschifu ringetroffen und beabsichtigt, am 28. November nach Tsingtau zu dampfen. S- M. Torpedoboot „8 91«, Eommandant Ober leutnant z. S. PUllen, ist am 28. November in Hongkong ein getroffen und will am 29. November nach Kanton in Ser gehen. * London, 28. November. (Telegramm.) Wir der «Morning Post- aus Portsmouth berichtet wird, beabsichtigt die Regierung, auzuordnrn, daß zu Anfang des nächsten Jahre» vier neu« Kreuzer für die oft asiatischen Gewaffer in Dienst zn stellen find Die „Hunnenbriefe". Der telegraphisch signalisirte Artikel des „Militär-Wochen blattes" lautet: Zur Kriegführung in China wird uns gr i schrieben: In der Presse und im Reichstage macht sich aus I gewißer Seite die Neigung bemerkbar, die kriegerischen Vorgänge I in China zu Angriffen auf den im deutschen Heere herrschenden Geist auszunützen. Denn daß die gegen das deutsche Expe ditionskorps in Ostasien erhobenen Vorwürfe unmenschlicher Grausamkeiten sich nicht gegen einzelne Persönlichkeiten, sondern gegen die deutsche Kriegführung überhaupt und weiterhin gegen das ganze deutsche Heer richten, kann bei der bekannten Tendenz, den „Militarismus" als ein Volk demoralisirend und verrohend zu brandmarken, schwerlich bezweifelt werden. Die Armee, in der Jeder, der sie wirtlich kennt, die große Schule der Zucht, der Hingebung und der Pflichterfüllung schätzt und achtet, könnte diese Angriffe mit Gleichmuth über sich er gehen laßen und die Art und Weise ihre» Auftreten» in Feindes land getrost dem Urtheil der Geschichte überlassen; daß der Ver gleich mit den anderen europäischen Heeren dabei zu ihren Un gunsten ausfallen sollte, hat sie nicht zu besorgen. Trotzdem dürfte eS dem Publicum nicht unwillkommen sei», die Frage jener angeblichen oder wirklichen Grausamkeiten ein mal frei von diplomatischen und politischen Rücksichten rein militärisch beleuchtet zu sehen. Für die Kriegführung gesitteter Völker bestehen gewisse feste Regeln und Gebräuche, von denen eine Macht nicht abweichen kann, ohne sich in den Augen der übrigen einer Verletzung de» mehr durch Sitte und Gewohnheit, al» durch Verträge geheiligten Völkerrechts schuldig zu machen. Freilich bleibt die erste Be dingung für die Beobachtung dieser Regeln die Gegenseitigkeit; sobald der eine kriegführende Theil sich thatsächlich außerhalb de» Völkerrechts stellt, ist auch der andere nicht an seine Vorschriften gebunden. Diese schwerlich anfechtbare Wahrheit giebt den Kämpfen civilisirter Völker mit mehr oder weniger uncivilistrten von vornherein einen von unseren gewöhnlichen Begriffen vom Kriege abweichenden Charakter. Da» militärisch« Urtheil im
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