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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900120701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900120701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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ÄMsVlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Ruthes und Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. ^-«22. Freitag den 7. December 1900. Anzeige« »Preis die 6gespaltene Pktitzeile Sb Ls. Reklamen unter dem Redaction-strich («gespalten) 7k» vor den Familiennach« richten (8 gespalten) SV Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanaahme 25 (excl. Porto). Ertra Veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung >4i «0.—, mit Postbesörderung 70—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormtttags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig. 94. Jahrgang. SB Eine wichtige Lonsequenz der preußischen Schulreform für die ueusprachliche Bildung. Aus pädagogischen Kreisen wird uns geschrieben: Mit der Bevorzugung des Englischen vor dem Fran zösischen und mit der Forderung der Sprechgewandt heit als wesentlichstes Ziel der neusprachlichen Bildung kommt die preußische Schulreform einer wohlbegründeten pädagogischen Zeitströmung entgegen. Aber es fragt sich, ob es berechtigt ist, dieselbe insbesondere auf dem Gebiete der Gymnasial erziehung zur Geltuna kommen zu lassen. Offenbar ver dient die Auffassung Beacht ^ig, welche in der Morgen-Ausgabe des «Leipzig. Tagrbl." vom 4. d. M. zum Ausdruck gebracht worden ist, nach welcher die angeführten Grundsätze haupt sächlich in Nützlichkeitszwecken begründet liegen. Ihre konsequente Anwendung gehört hiernach dorthin, wo diese Zwecke zum wesentlichen Bestandtheil der Schulaufgaben ge hören. Es ist darum noch ausdrücklich auf einen Widerspruch aufmerksam zu machen, der darin liegt, daß auf der einen Seite eine kräftigere Betonung der Eigenart der einzelnen höheren Schulgattungen erzielt werden soll, auf der anderen Seite aber das Gymnasium mit Aufgaben belastet wird, die es seiner gesammten historischen Entwickelung nach als un wesentlich empfindet. Wenn nun einmal die Gleichberechtigung der übrigen höheren Schulen ausgesprochen ist, so müßte sich aus den dabei zugleich betonten Principien für den neusprach lichen Unterricht mit innerer Nothwendigkeit als wichtige Con sequenz die ergeben: den ganzen Strom der Schüler, die für eine intensive Betheiligung am Weltverkehr, am Welthandel, am indu striellen Großbetrieb erzogen werden wollen, vom Gymnasium abzuleiten und auf den realistisch angelegten Anstalten auszu breiten, die vermöge ihrer Eigenart im Stande sind, dem Gedanken der Weltstellung Deutschlands eine päda gogische Folge mit utilitarischem Charakter zu geben. Die Realschulen, die Realgymnasien und die höheren Handelsschulen haben das zu erfüllen, was der Kaiser mit gesundem Sinn als das Richtige erkannt hat: die jungen Deutschen in der Sprache in erster Linie so voll kommen als möglich auszubilden, die nun vorderhand einmal die Weltsprache ist, in der englischen, — und dabei in erster Linie nicht die theoretische Aneignung der fremden Sprache, sondern die Sprechgewandtheit im Auge zu behalten. Diese brauchen die zukünftigen Kaufleute, Industriellen, Techniker, In genieure u. dgl. Heute, wo das Ausland selbst auch gute Schulen Für moderne Sprachen hat und Tüchtiges leistet, ist es dem jungen Deutschen lange nicht mehr so leicht möglich, daselbst ein so gutes Unternehmen zu finden, wie dies vor L0 und 30 Jahren noch möglich war. Heute muß er unbedingt im Stande sein, sich in dem betreffenden Lande gut ver ständlich machen zu können und selbst die ge hörte Sprache gut zu verstehen. Sein Ohr muß also schon in der Heimath die äußerst nothwendige Be fähigung erlangen, die betreffende fremde Sprache so zu ver stehen, wie sie von den Eingeborenen gesprochen wird. Dies führt konsequenter Weise dazu, die Erfassung der neu sprachlichen Bildungsaufgabe im Sinne der preußischen Reform in der denkbar vollkommensten Weise in die.Praxis umzusetzen, d. h. Ausländer selbst bei uns ihre Mutter sprache lehren zu lassen! Denn es ist ohne Weiteres einleuchtend, daß der geborene Engländer oder Franzose selbst, wenn nun einmal das Erlernen des fließenden und guten Sprechens für den zur Vrrkrhrsbethätigung im Auslande be rufenen gebildeten jungen Deutschen die Hauptsache sein muß, die beste Lehrkraft ist. Schon im Anfänge dieses Jahrhunderts, als auf den Gymnasien nach den Befreiungskriegen das Fran zösische in Verruf kam, hat man vielfach für die wenigen Schüler, die cs erlernen wollten, Franzosen als Lehrer angestellt und damit ausgezeichnete Erfolge in der Sprechfertigkeit er zielt. Das Ausland, Frankreich, England, Nordamerika ins besondere, ist gleich von vornherein in diesem Punkte praktischer vorgegangen, al« Deutschland. Es läßt ebm Deutsch von Deutschen, Französisch vom Franzosen, Spanisch vom Spanier lehren, und die Schüler fahren gut dabei! Warum sollte dieS bei uns nicht auch möglich sein? In den realistischen Schulanstalten, in den Real- und Handelsschulen besonders, müssen unsere jungen Deut schen unbedingt durch geborene Engländer und Franzosen in die Feinheiten der Muttersprache derselben eingeführt werden. Ohne unfern Neuphilologen irgendwie zu nahe treten zu wollen, darf ruhig behauptet werden, daß diese Berwerthung von Aus ländern als Lehrer in Deutschland im Sinne des vom Kaiser und aller praktisch denkenden Männer im Handel und Verkehr erstrebten DildunaSzielS ganz vortreffliche Vorthrile einschließt. Vielleicht geben diese kurz hingestreuten Gedanken die Anregung zu einer weiteren fruchtbaren Erörterung des unstreitig hoch wichtigen Problem» eine» gedeihlichen Zusammen wirken» von Nrvpbilologen und Ausländern an unseren realistischen Schulanstalten, ins besondere den Real-, und Handelsschulen, vr. —t—. Die Wirren in Lhina. Di« ThittigkeU tz»r perstitnstetrii Drntzpen. Vielleicht thut man den chinesischen Borerstrategen zu viel Ehre an, wenn man glaubt, daß st« di« Absicht haben, di» An bindungen »wischen Peking und dem Meere ru unterbrechen. Es könnte für di« Operation«» und den Aufenthalt der Verbündeten in Peking und weiter kaum etwa» Störende«» geben, al» das Auftauchen starker, besser geführter und unternehmender Boxer, und Soldatenhaufen an der Verbindungslinie zwischen der Hauptstadt und d«m Miere. Nach dem Abzug« der Hauptmasse der Russen und Japaner, nach d«, Verminderung der amerikani schen und anscheinend auch der französischen Streitkräfte, bleibt in dem besetzen Gebiet« kein« »«sonder» durch ihr« Zahl einschüch- terndefrrmd« Lnipp««machtzurück. DieAgenturReuter berechnete neulich diese Zahl im Ganzen aus SS 700 Mann. Von diesen stehen in und naht b«i Tientsin und Taku höchsten» «in Drittel, also schwerlich mrhr, al» gegen 20000 Mann. Für den Fall des Angriffes durch Massen fanatisirter Menschen ist selbst be, schlechter Bewaffnung der Angreifer die Lage unangenehm. Ein Zusammenziehen der über Peking hinaus vorgeschobenen Truppen auf Peking hin, wie eS wahrscheinlich die Folge eines kräftigen Vorgehens der Chinesen auf Tientsin sein würde, müßte wohl ein Nachströmen der im Innern gesammelten, vermuthlich unweit der Grenzen von Petschili stehenden Freiwilligenschaaren zur Folge haben. Damit wäre der bisherige Erfolg, wenn auch nicht beseitigt, so doch beeinträchtigt, und man müßte zu neuen Schlägen ausholen, um das Ansehen der die westliche Cultur ver tretenden Mächte zu retten. Bereits sind zwei Colonnen unter deutschem Befehle von Tientsin nach Süden unterwegs, und in Tientsin selbst sind Vorsichtsmaßregeln ergriffen, um dort einen neuen Ausbruch des Fremdenhasses zu verhindern. Tie FritdenSvcrhandlttngeu. Washington, 6. December. (Privattelegramm.) DaS Staatsdepartement hat die Mittheilung erhalten, daß die Gesandten in Peking sich gestern über den Entwurf veS Abkommens geeinigt haben, der sofort den Negierungen unterbreitet worden ist. Staatssekretär Hay hat heute dem Gesandten Conger telegraphisch die Er mächtigung ertheilt, das Abkommen im Namen Amerikas zu unterzeichnen. Es ist schwierig, Einzelheiten über daS Abkommen zu erfahren, aber man weiß, daß Amerika mit seiner Ansicht bezüglich der Bestrafung der Schuldigen und der Frage der Entschädigung durchgedrungen ist. Die Strafe müßte die strengste sein, die die chinesische Regierung^auf- erlegen kann. Die chinesische Negierung müßte in aller Form ihre Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung an erkennen, deren Höhe in späteren Verhandlungen festzulegen wäre. Hinsichtlich der übrigen Puncte dienten die franzö sischen Vorschläge als Grundlage für daS Abkommen. (Reuter's Bureau.) Der Krieg in Südafrika. Krnger'S Ibrcisc nach Holland s Oberhausen (Rheinland), 6. December. (Telegramm.) Präsident Krüger passirte kurz nach II Ubr den hiesigen Bahnhof, mit lebhaften Hochrufen begrüßt, für die der Präsident durch Abnehmen deS HuteS immer aufs Neue dankte. Auch auf den verschiedenen Stationen, die der Präsident auf seiner Weiterreise von Köln bis hierher passirte, wurden ihm lebhafte Kundgebungen dar gebracht, namentlich in Düsseldorf, wo Präsident Krüger von einer Abordnnng des Alldeutschen Verbandes und von dem Vereine der Holländer, die in corpore er schienen war, begrüßt wurde. * Haag, 6. December. (Telegramm.) Zweit'e Kammer. Zu Beginn der Sitzung hielt Präsident Gleich» am folgende Ansprache! „Meine Herren! Der Herr Staatspräsident Krüger wird heute in der Residenz eintreffen. Ich nehme hieraus Veranlassung, der Kammer vorzuschlagen, daß sie mich ermächtige, den Staats präsidenten in Ihrem Namen in unserem Lande will kommen zu heißen und ihm unsere herzlichste Sympathie auszusprechen." Die Kammer nahm den Vorschlag mit lautem Beifall an. Cecil Rho-cs „Grenzer." Aus Sidney wird uns unterm I. November geschrieben: Unser Premierminister hat ein Dokument aus Rhodesia er halten, aus dem hervorgeht, daß den dünnbevölkerten englischen Colonien, insonderheit Canada und Australien, zum Danke für die dem Mutterlande geleisteten Dienste in Südafrika die tüchtigsten Arbeitskräfte entzogen werden sollen, um Rhodes' Schöpfung, Rhodesia, zu bevölkern und zugleich wehrkräftig zu machen. Es werden unter verlockenden Bedingungen fünf Jahre hindurch nur 10 Schilling jährliche Pacht für Güter von 1500 Morgen Umfang — zunächst 100 Güter für coloniale Kämpfer, die sich am Kriege in Südafrika betheiligt haben — ausgeboten. Der eigentliche Zweck des Angebots geht aus Artikel 4 des Doku ments hervor. Dieser lautet: Die Company will jedem Ansiedler jährlich 25 Pfund Sterling zahlen, wofür sich dieser verpflichtet, wenn nöthig, Kriegsdienste zu leisten und am Einexerciren und Drillen theil- zunehmen. Während der Zeit, in welcher Ansiedler für Letzteres eingezogen sind, erhält ein Jeder 5 Schilling per Tag. — Rhodes sieht also die Möglichkeit neuer Unruhen in Südafrika auch nach Beendigung de» gegenwärtigen Kriege» voraus und möchte eine „Grenzer-Colonie" von Bauern-Soldaten gegen die Boeren schaffen, wie sie früher Oesterreich gegen die Türken hatte. Britische Machinationen in Südafrika. Erst vor wenigen Tagen sah sich der bisherige Oberbefehls haber in Südafrika, Lord Roberts, noch kurz vor seiner Abreise vom Hauptquartier veranlaßt, von einem neuen Anschlag auf sein Leben eine Meldung nach England zu senden. Die bösen Ver- schwörrr sollten diese» Mal sogar den verabscheuungswürdigen Plan gefaßt haben, mittels Dynamit-Bomben die Kirche in die Luft zu sprengen, in welcher Robert» gewöhnlich dem Gottes dienste, beiwohnte. Natürlich fielen sämmtliche Conspiratoren in die Hande der englischen Feldpolizei, und die letztere war an geblich, wie ausdrücklich gemeldet wurde, sogar im Stande, die „mit großer Sorgfalt und Sachkenntniß hergestellten Bomben aufiukinden und mit Beschlag zu belegen". — Jetzt kommt, wiege, meldet, Uber Lapstadt die erstaunliche und verblüffende Nachricht, daß „die elf Personen, welche der Verschwörung gegen da» Leben deS FeldmarschallS Robert» verdächtig waren, nur außer Lande» deporttrt werden sollen, da nicht einmal genügend Anklage- Material gegen dieselben vorliegt, um rin gerichtliches Verfahren zu ermöglichen. Die verdächtigen Männer sind fast sämmtlich Italiener. E» war absolut unmöglich, irgend welche Bomben zu entdecken . . . Da sogar da» den englischen Bedürfnissen gegenüber so verbindliche „Reuter'-Vureau diese letzte Meldung ausführlich bestätigt, so dürste dieselbe Wohl durchaus den That- sachen entsprechen und daS englische Hauptquartier in Transvaal hat wieder einmal in» Blaue hinein einer Clique in England und Afrika, die auf völlige Ausrottung der lästigen Boeren hin arbeitet, zu Gefallen einfach geschwindelt, oder mindesten» gröb lich übertrieben, wie schon so häufig. Man will natürlich durch solche Schauermären der britischen Presse wie der kontinentalen, und damit den europäischen Nationen die Ueberzeugung bei bringen, daß Blut und Eisen, resp. das rücksichtsloseste Kriegs recht und der permanente Belagerungszustand die einzigen Mittel sind, die den Boeren gegenüber anzuwenden sind, und eine ähn liche klägliche Mache wird außer im Transvaal auch langsam aber sicher in der Capcolonie eingeführt, um durch Verkündigung des Standrechts alle Holländer und Afrikander mindestens lahm- zulcgen, loenn nicht sogar „außer Landes deportiren" zu können. DaS ist englische Kriegsmoral, die Bombentattentate erfindet, um tabula rasa nach Belieben machen können. — Mit welchem Er folge, muß natürlich abgewartet werden. Tie starke Faust Lord Kitchcner'S regiert nun auf dem Kriegsschauplatz?, aber eine Aenderung der Lage hat sie bisher nicht herbeigeführt. Im Gegentheil klingen die Berichte, die Kitchener nach Hause sendet, um nichts tröstlicher als die letzten seines Vorgängers. So hat, schreibt die „Köln.Zta.", die Verfolgung De Wet'S von Dewetsdorp her ein Ergebniß noch immer nicht gehabt. In drei Marschkolonnen unter den Obersten Pilcher, Barker und Herbert und unter dem Oberbefehl des Generals Knox, der, wie erinnerlich, schon an den Ufern des Baal sich vergeblich be mühte, den gefährlichen Gegner abzusangen, sind die Eng länder dem Boerenbäuptling ununterbrochen an den Fersen, aber es ist ihnen bis jetzt trotz täglicher Gewaltmärsche von 40 km nicht gelungen, den Weg nach Süden zu ver legen. In ferner letzten Sitzung berichtet Kitchener, der übrigens sein Hauptquartier nach Bloemfontein verlegt hat, daß De Wct nur noch 5 km von Betbulie an der Grenze der Capcolonie entfernt steht, also Smithfield bereits hinter sich hat. Hier hat bei Goodehoop ein Gefecht stattgefunden, welches nach Kitchener's Meldung den Verlauf hatte, daß die Boeren aufgebalten wurden und sich in nordöstlicher Rich tung zurückzogcn. ES ist offenbar De Wet'S und Steiju'S Absicht, ins Capgebiet einzufallen, um der Bewegung der Africander, die gerade jetzt in Worcester zu einem Congreß zusammen».«!.», Nachdruck zu geben. In dieser Absicht strebten sie zunächst auf die Odendaldrift zu, um hier den Oranjefluß zu überschreiten. Wenn eö nun auch zunächst gelungen ist, dieses Vorhaben zu vereiteln, so ist doch die Frage, ob die Briten nach den anstrengenden Märschen noch im Stande sind, mit dem Feinde Fühlung zu halten und ihn zu hindern, durch eine andere Furt daS jenseitige Ufer zu erreichen. Auch die Meldung, daß Oberst Seit le, der westlich der Eisenbahn operirt und die Aufgabe hat, den Commandanten Hertzog an der Bereinigung mit De Wet zu verhindern, Jagers- fontein erreicht habe, läßt sich auf ihren strategischen Gehalt schwer nachprüfen. Luckhoff, woraus Settle Hertzog soeben vertrieben hat, liegt 60 km westlich von JagerSfontein; man sollte meinen, daß er weiter nach Westen hätte vordringen müssen, statt nach Osten zu ziehen, wenn er Hertzog mit seinem Commando ia seiner östlichen Marschrichtung hätte aushalten wollen. Die Vorgänge in Transvaal sind den Engländern auch nicht eben günstig. Im südwestlichen Zipfel Transvaals operirt Lemmer; er hat die Garnison von Schweizer Reneke längere Zeit eingeschloffen gehalten, bis sie von Vryburg auS entsetzt wurde. Theile der hier umherschwärmenden Boeren- schaaren haben sogar die Grenze überschritten und halten noch immer di« Station Vorder wenige Kilometer nördlich vonFourteen StreaniS besetzt. Im Bezirk KrüperSdorp steht Delarey mit einer auf über 1000 Mann geschätzten Streitmacht, wo die MagalieSberge zwischen Rustenburg und Pretoria ihn» als Stützpunkt dienen. Es hieß vor einiger Zeit, Delaray wäre von drei englischen Brigaden bei Krügersdorp eingeschlossen und hätte um einen Waffenstillstand von 24 Stunden gebeten; eine Bestätigung liegt aber bis heute nicht vor. Vielmehr ist Elements, der in KrügerSdorp in Garnison liegt, vor einigen Tagen dorthin zurückgekehrt. Von French, der sich in Johannesburg befindet und dem nach früheren Angaben der Oberbefehl über alle englischen Abteilungen im südlichen Transvaal, etwa zwischen dem Vaal und den Eisenbahnlinien KlerkSdorp - Johannesburg - Heidelberg - Standerton- VolkSrust, übertragen worden ist, hat man seit langer Zeit überhaupt nichts mrhr gehört. Im südöstlichen Transvaal endlich ist Paget neuerdings bei Bronkhorstspruit an der Delagoabai- bahn, 60 km östlich von Pretoria, in heiße Kämpfe verwickelt. Trotz erheblicher Verluste (1 Ofsicier lobt, 10 verwundet, 13 Mann todt, 59 verwundet) hat er nichts weiter erreicht, als daß die Boeren unter Vissoen und EraSmu«, die Botba'ö Oberbefehl unterstehen, nur wenige Kilometer nach Nordosten zurückgegangen sind, denn bei Leeuwsontein, ein Name, der in der Umgebung von Bronkhorstspruit in einem Umkreis von 12 km mehrfach vorkommt, hatten sie alsbald wieder Stellung genommen, aus der sie Paget am 2. December abermals herauswerfen mußte. Deutsches Reich. /?. Berlin, 6. Deosmber. (Socialpol *itik auf See.) Di« neueSeemannSor'dnung. Vic den Reichstag in erster Lesung "bereits beschäftigt Hut, wirb In brr „Socialen Praxi»" von ihrem Herausgeber, Professor vr. Francke, einer bemerkenSlverthen Würvigung unterzogen. Als „wesent liche und erfreuliche socialpoN tische Fort schritte" bezeichnet Francke dabei 'das Bestreben nach gesetz licher Festlegung der richtigeren Vorschriften unter Ausschluß ver nur-zu häufig zum Nachthcil des Schiffsmannes ausfallenden freien Vereinbarung, die Aufstellung von Grundsätzen über bas Verhältnis; der Mannschaften zu >den Vorgesetzten, Vie Berück sichtigung ver Musterung auf Zeit neben der bisher fast allein voraeschckbe-mn für Vit Reise, die Regelung -der Arbeitszeit im Hafen und ve» Lohnes für Ueberstunden, VK Sicherstellung der Ruhezeiten im Hafen und auf der Fahrt, die Regelung der Sonn- uNd FesttagSarbrit, ven Schutz VeS Seemannes vor Denachtheili- gung bei der Lohnzahlung, die Verbesserung der Fürsorge in Fällen ver Erkrankung und vorzeitigen Entlassung, die Klärung der Fraae ver Auflösung de» Dienstverhältnisse«, die Aenderung der Vorschriften über Vie DiSciplinargewalt, endlich die Regelung ver Etellenvermtttriung. Für di« verbündeten Regierungen wann bei dem Ausmaß Vieser socialpolitischen Vorschläge zwei Grenzen maßgebend. Die Sicherung der auf dem Schiffe un erläßlichen Di sciPlin und Vie Concurrenzfähig- kei t unserer Schifffahrt. Was vir Aufrechterhaltung der Dis cipkin -anlangt, so hält Francke sie auch dann für durchführbar, wenn -der Capitän was Recht körperlicher Züchtigung der Schiffs jungen nicht erhält und wenn S«-rschöffengerichte, unter Zu ziehung von Berufsgenossen der Parteien, für Die Rechtsprechung erster Instanz gebil-oet werden. „Dagegen ist", schreibt Francke, „die Durchführung des Coalitionsrechtes an Boro und-auf Der Fahrt ganz u nm öglich ; auf der See, wo die Sicherheit von Menschenleben und Hütern von der augen blicklichen, unbedingten uns genauesten Befolgung der Befehle eines einzigen Mannes, den auf seinem verantwortungsvollen Posten sein eigenes Pflichtgefühl und die strenge Manneszucht halten, abhängt, ist es gänzlich ausgeschlossen, daß die Mann schaft als gleichberechtigte Partei 'oem Capitän gegenübertritt und unter Umstänioen durch Streik ihre Forderungen durchdrückl. Auch für «inen „Beirath" aus Vertretern 'der Mannschaft ist hier kein Platz." Anders stürtden die Dinge auf dem festen Land: vor und nach der Fahrt: hier müßten Vie Seeleute, Schiffs- offioiere, Deck- uns Maschinenpersonal, das gesetzlich bestätigte Coalitionsrecht haben, um ihre Wünsche und Bestrebungen gegenüber >ver starken, -meist in Verbänden geeinten Macht der Rheder ebenfalls -in festen Organisationen vertreten zu können. — Die Concurrenzfähigke-it der deutschen Seeschiff fahrt -sieht Francke, unter Hinweis auf England -ourch die Ein führung einer weitergehendcn Sonntagsruhe, als der Regierungs entwurf sie vorschlägt, für ebensowenig gefährdet an, wie er Vorschriften über die zulässig« Benutzung des Laderaums und Vie erforderliche Mannschaftszahl schon jetzt -als durchführbar be trachtet. --- Berlin, 6. December. '(Socialdemokratische „Vergnügungsvereine".) Die socialdemokratische Presse zeigt sich oft entrüstet oder belustigt, wenn Verwaltungs und Justizbehörden sogenannte Arbeiter-Ver gnügungsvereine für politische erklären. In welchem Maße aber derartige Vereine thatsächlich politischen Zwecken dienen, darüber unterrichtet der „Vorwärts" durch den Abdruck eines Versammungsberichts, in dem es heißt: „Die Arbeiter-Radfahrer hielten am Donnerstag eine öffentliche Versammlung ab, in der Paul Jahn über „Huma nität und Gewaltpolitik" unter reichem Beifall der Anwesenden referirte. Hierauf erstattete der bisherige Ver trauensmann Friese den Bericht über seine bezw. die Thätigkeit des Radfahrerbundes. Die Theilnahme an der Partei-Agitation konnte sich zumeist nur auf die Bei hilfe an den Stadtverordnetenwahlen erstrecken. . . . Mit dem Wunsche des Vorsitzenden Ostrowski, daß die Arbeiter-Rad fahrer auch fernerhin ein reges Interesse für die ge werkschaftliche und politische Arbeiter bewegung bethätigen, erfolgte lange nach Mitternacht Schluß der Versammlung." — Angesichts des Vorstehenden kann nicht bestritten werden, daß für die „Arbeiter-Radfahrer" die politisch-gewerkschaftliche Agitation die Hauptsache, das Rad fahrerkostüm dagegen nur die Maske ist, die den wahren Cha rakter des Vereins verbergen soll. * Bcrliu, 6. December. (Sicheres Mittel zur Hebung von ParitätSschmerren.) Die „Köln. Volks zeitung" ist einmal wieder von ParitatSschmerzen geplagt. Sie kommt auf daS Capitel vom „mangelhaft unterrichteten" Kaiser zurück, indem sie die Umgebung deS Kaiser» be züglich der Parität durchmustert. DaS Ergebniß ihrer Untersuchung ist, daß von den vier obersten Hofchargen zwei mit Katholiken besetzt, die 25 Oberhofchargen, Viceoberhvf- charzen und sonstigen Hofchargen, also die Hofämter des ständigen Dienstes, dagegen ausnahmslos ia protestantischen Händen seien. Weiter seufzt sie: Der Hofstaat der Kaiserin Aaguste Viktoria ist, sowohl, was die Damen als was die Herren betrifft, ausschließlich protestantisch. Di« einseitig consessiouelle Propaganda des Oberhofmeistrrs Frhro. v. Mirbach ist wiederholt Gegenstand der Kritik gewesen. Auch die nähere Umgebung der Kaiserin Friedrich ist protestantisch: die vielfach vorkommende Annahme, ihr Hofmarschall Frhr. v. Reischach sei katholisch, beruht auf Jrrthnm, da derselbe dem protestantischen Zweige dieser Familie entstammt, vermählt ist er allerdings mit der katholischen Prinzessin v. Ratiboc und Corvey, jedoch wird die Nachkommenschaft als protestantisch aufgrsührt. Auch di« Palastdame Gräfin Brühl ist protestantisch, da sie der protrstautischen Linie diese« Hause« ent« stammt. Unter dem Hosstaat der übrigen Mitglieder d«< kaiserlichen Hause« habe» wir glrichfall« vergeblich nach einem Würdenträger katholischen Bekenntnisse« gesucht. Mit den katholisch«» Elementen am Hof« Kaiser Wilhelm'- I. und Kaiser Friedrich'« ist hiernach zwischenzeitlich mit einer Gründlichkeit aufgeräumt worden, die nur schwer die Bermuthung unterdrücken läßt, daß hier Absicht im Spiel« gewesen ist. Da» Blatt geht sodann auf die Zeiten Wilhelm » I. und Friedrich s III. ein. Kaiser Wilhelm I. hab« zwei katholisch« Adjutanten, den heutigen Generalobersten von Loe und den Fürsten Anton Nadziwill, und in dem Grafen Stillfried v. Nattonitz eine» katholischen Obrrceremonienmeister gehabt; Katholiken seien auch der Oberhofmcister der Kaiserin Augusta Gras Ncffelrode und der Oberhofmarsckall deS Kaisers Friedrich Fürst Radolin gewesen. Jetzt aber lei die militärische Ver gebung de- Kaiser» durchweg protestantisch, und wir da» Militarcabinet, so habe auch da» Eivilcabinrt nur pro testantische Mitglieder. — Wenn katholische Aspiranten für die Hofchargen nicht vorhanden sind, so aiebt eS nur noch ein Mittel, um den Paritätsschmerzen abzuhelfen: Gin dem Bevölkerungsverhältniß entsprechender Procentsatz der evan gelischen Hofgesellschaft muß katholisch werden. Snprvwa lor paritns! * Berkin, 6. December. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern vor und nach der Frühstuckstafel Prome naden im Park von Sanssouci. Zur Frühstückstafel waren geladen der Herzog von Sachsen-Altenburg mit Umgebung, dir Prinzen Friedrich Heinrich, Joachim MLrecht und Friedrich Wilhelm von Preußen mit Umgebung, Prinz und Prin-
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