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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001222011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900122201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900122201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-12
- Tag1900-12-22
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Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. 650 Sonnabend den 22. December 1900. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Rrdaction-strich (4gespalten) 74 vor den Familiennach- richten iv gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen mch Offertenannahme 25 (excl. Porto). Crtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung .st VO—, mit Postbesörderung ^l 70.-. Ännaiimeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgab«: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein halbe Stunde fimher. Anzeigen sind stets an die Expetztti«» zu richte«. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig. SL Jahrgang. Die militärisch-politische Situation in Indien. Aus Kalkutta, 29. November, wird der „Welt-Corr." geschrieben: Angesichts des Umstandes, daß die hartnäckige Fort setzung des Krieges durch die Bo-ren und die Situation in China eine Rückkehr der von Indien aus nach beiden Kriegsschau plätzen abgegebenen Truppen in absehbarer Zeit unwahrscheinlich macht, dürfte eine Beleuchtung der gegenwärtigen militärisch politischen Schwierigkeiten von Interesse sein. Zunächst ein die Schlagfertigkeit der Armee schwer bedrohender Uebelstand. Es ist dies die un genügende Zahl von Officieren bei den Sepoy (Eingeborenen-Regimentern). Es ist ein ganz allgemein bekannte» „Gehcimniß", das selbst die volle Stärke von sechs Officieren, welche die Sepoy-Regimenter haben sollen, durchaus nicht ge nügend zur Führung des Regimentes ist. Seit Langem hat man über die Vermehrung der Officiersstellen bei den Sepoy-Regi- mentern geredet und geschrieben, und wenn anscheinend auch alle Autoritäten darin übereinstimmten, daß Abhilfe geschaffen wer den müßte, so ist bisher Alles beim Alten geblieben. Wie schlimm es in dieser Hinsicht bestellt ist, hat ein Vorfall, der sich kürzlich ereignete, gezeigt. Ein gewisses Regiment, das zu den möglicher Weise an der Nordwest-Grenze stattfindenden militäri- schen Operationen abgeordnet wurde, rückte in der Stärke von, sage und schreibe, zwei Officieren, dem Regimentscommandanten und einem jungen Subalternofficier, ins Feld. Das Regiment, welches wahrscheinlich an der Blockade von Waziristan Theil nimmt, wird höchst wahrscheinlich in kleinere Detachements ge- theilt, von denen das stärkste durch den jungen Leutnant befehligt wird, während der Reqimentscommandant sein eigener Adjutant, Quartiermacher, Major und Hauptmann, Alles in einer Person, sein wird. Derartige Zustände sprechen für sich selbst, und sie geben den Schlüssel für manche, dem kontinentalen Militär un verständliche Vorkommnisse in der englischen Armee, denn ge dachtes Regiment, das ich hier nicht näher bezeichnen will, ist nicht das einzige, in welchem Achnliches vorkommt. Der Grund hierfür ist in den häufigen Abcommandirungen zu suchen. In Indien giebt es nämlich eine große Zahl fetter Sinecuren, die mit Officieren aus dem „Staffcorps", aus welchem sich die Offi- ciere der Sepoh-Armee recrutiren, beseht werden. Gar mancher arme, schuldenbeladene Leutnant oder Hauptmann hat auf diese Weise seine Verhältnisse wieder rangirt, aber das Regiment als solches ist geschädigt worden, denn Ersatz für den Abgegangenen ist nicht so schnell zu beschaffen. Um ins Staffcorps eintretcn zu können, muß der junge englische Officier eine Reihe ziemlich schwerer Examina in mindestens zwei Eingeborenensprachen be stehen, und dies ist eben nicht Jedermanns Sache. Einerseits leiden also die Sepoyregimenter an einer viel zu geringen Anzahl europäischer Officiere überhaupt, und auf der anderen Seite wird diese geringe Zahl noch durch zahlreiche Abcommandirungen so geschwächt, daß die Schlagfertigkeit des Regiments hierdurch ernsthaft in Frage gestellt wird. Jedenfalls kann sich auch der Laie eine Vorstellung davon machen, was die Folge sein wird, wenn in einem größeren Kriege die wenigen, mit den Sitten und Gebräuchen ihrer untergebenen Soldaten genau vertrauten Offi ciere abgängig werden und durch solche ersetzt werden, die nicht einmal die Sprache Derjenigen, die sie zu commandiren bestimmt sind, verstehen. Dieser Mangel an Officieren, verbunden mit der Schwächung der Friedenspräsenz, ist um so fataler, als das Problem einer gesicherten Nordgrenze noch lange nicht gelöst ist. Zwar hofft man» der Waziris bald Herr zu werden, und Chitral, das vor wenigen Jahren noch eine große Gefahr für die Sicherheit der indischen Grenze an dieser Stelle bedeutete, hat sich so vollständig beruhigt, daß die reguläre Garnison mehr und mehr reducirt werden konnte und jetzt wohl auf dem zu lässigen Minimum: 2 Bergkanonen, I Compagnie Pioniere und 1. Bataillon Infanterie mit Maschinengewehr angelangt ist. (Außer dieser regulären Besatzung hat man die, in Baluchistan mit so viel Erfolg arbeitenden localen Milizcorps auch hier organisirt; diese sind für die Sicherheit der Straßen verantwort lich.) Aber weiter südlich im unteren Swat-Thale und am Malakhand-Paß liegen die Verhältnisse nicht so günstig. Hier liegt die Sache derart, daß die Frage zu beantworten ist, wie weit läßt sich die von Lord Curzon inaugurirte Grenzpolitik auS- führen? Ein gänzliches Zurückziehen der regulären Truppen ist ganz außer Frage,also muß die Ünterfrage beantwortet wer den, wie weit läßt sich die bisherige Garnison reduciren, ohne die Sicherheit der wichtigen Plätze Chakdara, Malakhand und Dargai zu gefährden? Gegenwärtig stehen an diesen Punkten zwei Regimenter Infanterie und kleine Abteilungen von Ka vallerie. Fünf Meilen von Malakhand-Paß ist ein Lager er richtet, in dem zur Zeit eine Berg-Batterie, eine Schwadron Cavallerie, eine Compagnie Pioniere und zwei Regimenter In fanterie stehen. Soviel steht fest, daß offene Feindseligkeiten, wie etwa in Waztristan, hier gegenwärtig nicht existiren, aber der latente Hatz und der Fanatismus der Stämme ist noch immer nicht ganz erloschen, äußerste Wachsamkeit ist noch immer not wendig, um die Swati» an einem ähnlichen Aufstande wie im Jahre 1897 zu verhindern. Jedenfalls hat die Anwesenheit der beweglichen Colonne im Lager des Malakhandpasses den heil samsten Effect, und sie hat hauptsächlich dazu beigetragen, den von dem berüchtigten „Verrückten Mullah" im Jahre 1898 inscenirten „heiligen Krieg" hintanzuhalten. Un verbürgten Gerüchten zufolge soll Saadullah, wie der verrückte Mullah eigentlich heißt, im Verborgenen im oberen Swat-Thale sitzen, und einen dritten heiligen Krieg vorbereiten. Jedenfalls kann unter diesen Umständen die Garnison im Swat-Thale nur dann reducirt werden, wenn von rinPn rückwärtigen Punkte un gesäumt eine größere Truppenmacht zur Unterstützung der be drängten permanenten Garnison auSrücken kann. Man hat hierzu den Waffenplatz Nowshera auSgewählt, der nunmehr eine ständige Garnison von einer für inisisch« Verhältnisse großen Truppenmacht, nämlich 1 Bataillon britischer Infanterie, 3 Ba taillone Srpoy-Jnfanterie, 2 Regimenter Sepoh-Tavalletie und eine GebirgSbatterie, im Ganzen etwa 5000 Mann, erhalten soll. Da inzwischen auch die 40 Meilen lange Eisenbahn von Nowshera nach Dargai am diesseitigen Fuße de» MalakhandpaffeS vollendet ist, so wird es möglich sein, dir Zahl der im Gwatthale fiatio- nirten Truppen ganz erheblich zu reduciren und doch bei etwaigen Unruhen sofort mit einer genügenden Truppenmacht aufzutreten. Es wird dies jedenfalls als großer Erfolg der Curzon'schen Grenzpolitik ausposaunt werden, aller daß eigentlich noch die Hauptarbeit, nämlich die Sicherung der Grenze südlich der Khy- berroute übrig bleibt, wird wohlweislich verschwiegen bleiben. ZUM Untergang der „Gneisenau". * Malaga, 2l. December. („Agencia Fabra") Das Schul schiff „Gneisenau" sitzt drei Meter tief im Sande: ein Tbeil des SchiffSrumpseS ist zwischen Felsen eingekeilt. ES gelang der Mannschaft mit großen Anstrengungen, die Segel zu bergen. Die Taucher haben keine Leichen gesehen; es gelang ihnen, eine Kiste mit Schriftstücken aus dem Sckiffe berauszuholen. * Berlin, 2l. December. („Wvlff'S Telegr.-Bnreau.") Capitänleutnant Werner meldet aus Malaga von gestern: Capitän Kretschmann ist soeben mit den nach spanischer Sitte einem vor dem Feinde gefallenen General zustebenden Ehren bestattet worden. Es bctbeiligten sich sämmtlichc Behörden, die ausländischen Colonien, sowie Deputationen von dem spanischen Kriegsschiff „Nueva Eöpagna" und vom englischen Kreuzer „Blake." Botschafter v. Ravowitz hatte einen Attache gesandt. 3000 Personen gingen im Zuge. * Berlin, 2l. December. (Tel.) DaS Schulschiff „Cbarlotte" trifft voraussichtlich am 23. oder 24. December in Malaga ein und wird sich dort wahrscheinlich! bis zum 2. Januar aufhalten. Am 4. Januar wird die „Cbarlotte" in Mazagan oder Mogador bereit liegen, um den deutschen Gesandten von dort nach Tanger zu bringen. Nach der Ausschiffung des Gesandten geht die „Cbarlotte" nach Malaga zurück. * Berlin, 21. December. (Tel.) Seine Majestät der König von Sachsen bat dem Staatssekretär des Reichs» marineamtS nachstehendes Telegramm zugeben lassen: „Als deutscher Bundesfürst nehme Ich herzlichen Antheil an dem schweren Verluste, den unsere Marine durch den Verlust der „Gneisenau" erlitten hat. Albert." Hieraus hat Staatssekretär v. Tirpitz telegraphisch^' Die Antwort lautete: „Ew. Durchlaucht bitte ich unterthanigst NamenS der Marine, den tiefempfundenen Dank für den Ausdruck der Antheilnahme an dem traurigen Schicksal, von dem die „Gneisenau" betroffen worden ist, entgegrnzunebmen. Tirpitz." Der russische Diceadmiral Tyrton telegraphirte au- Petersburg an den Staatssekretär v. Tirpitz: „Im Besitze der furchtbaren Nachricht des Untergänge- drr „Gneisenau" in Malaga bitte ich Ew. Excellenz, der Theilnabm« der ganzen russischen Marine, die aufS Tiefste von diesem großen Unglück ergriffen ist, ebenso wie drr meinigen versichert sein zu wollen." Staatssekretär v. Tirpitz erwiderte: „Ew. Excellenz spreche ich Namens der deutschen Marine tief empfundenen Dank au- für die warmen Wort« drr Antheilnahme an dem traurigen Geschicke der „Gneisenau". Ich bitte, diesen Dank auch den russischen Kameraden zu übermitteln." Die Deutschen in Corusta und der deutsche Vice con sul in Falmouth haben gleichfalls telegraphisch ihre Antheilnahme bekundet, wofür ihnen gedankt worden ist. * Berlin, 2l. December. (Tel.) Die „Norddeutsche Allge meine Zeitung" verzeichnet noch folgende ausländische Kundgebungen der Tbeilnabme anläßlich des Ver lustes der „Gneisenau": Die Königin von England ließ durch das englisch« auswärtige Amt ihren Gefühlen der Sympathie und Trauer Ausdruck geben. Der König von Rumänien bekundete in herzlichen Worten sein innige- Beileid. Der König von Griechenland sprach durch die hiesige griechische Gesandtschaft seine tiefe Theilnabme au-. Dasselbe tbaten auf diplomatischem Wege die Regierungen von Belgien, Japan, der Nieder lande, von Portugal und Uruguay. Der Lord mayor vonLondon und der Gouverneur vonMalta drückten ebenfalls durch diplomatische Vermittelung zugleich im Namen der Londoner Bürgerschaft und der Garnison von Malta dem Kaiser ihre Sympathien au». 1. Weimar, 21. December. Unter den Depeschen, die in Folge der Strandung des Schulschiffe» „Gneisenau" an den Kaiser von den deutschen Bundesfürsten gerichtet wurden, befand sich auch eine solche von unserem Großherzog, auf die der Kaiser mit folgenden Worten dankte: „Du hast, lieber Onkel, wiederum die rechten Worte gefunden für die Heimsuchung, welche der Untergang der „Gneisenau" über uns gebracht bat und von der Mein Herz sich ganz besonder» bewegt fühlt. Habe Dank für den neuen Beweis Deine» treuen Mitempfinden», gez. Wilhelm." — Unter den bei der schrecklichen Katastrophe glücklich Geretteten befindet sich auch ein Angehöriger de» GroßherzogthumS und zwar der Oberstabsarzt vr. Ratz, dessen hochbetagte Mutter dieser Tage durch eine Depesche au» Malaga die Nachricht erhielt, daß ihr Sohn unverletzt und völlig wohl auf sei. * Kill», 21. December. (T«l. d. „Boss.^tg.") Hier ist rin Comit» angesebener Bürger, darunter Oberbürgermeister Becker und der Gouverneur, zusammengetreten, da» sich zur Veranstaltung einer großartigen Feier zum Besten der Hinterbliebenen der mit der „Gneisenau" Ver unglückten bereit» die Unterstützung der ersten Brreine ge sichert ha». Di» Feier findet am SO. December im aeloßen Gürzeuichsaale statt. Inzwischen werdea Geldsammlungen eröffnet, die an die Wittwen und Waisen der Umgekommenen abzeführt werden. Die Wirren in China. Prinz Tnan. Aus Marseille wird der „Köln. Ztg." unterm 9. De- cember geschrieben: Der Bischof Favier von Peking ist gestern mit seinem Secretär, Abb6 de Gu^briand, auf dem Dampfer „Peking" wohlbebalten hier eingetroffen und erhielt bei seiner Ankunft die Nachricht, daß er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden sei. Der Bischof soll auf Befragen über die Vorgänge in China erklärt haben, daß er infolge seines dreißig jährigen Aufenthalts die dortigen Verhältnisse gut kenne und versichern könne, daß der ganze Aufruhr das Werk des Prinzen Tuan fei. Dieser habe den Ausstand aus Rache entfacht, weil man ihn seit 35 Jahren nicht mehr an die Staatsgeschäfte herangelassen habe. Als Tuan zur Macht gelangt sei, habe er vom Stande dieser Geschäfte sowie von den bestehenden Verträgen durchaus nichts gewußt. Als er darauf mit den Boxern die Revo lution begonnen, sei ibm die Stärke der Europäer unbekannt gewesen. Auf der Fahne der Boxer stänken die Worte: „Schutz der Dynastie, Vernichtung der Christen!" Ent gegen den verbreiteten Gerüchten habe in China niemals ein Religionskrieg bestanden. Die Kaiserin könne für die Vorgänge, denen sie völlig ferngeblieben sei, nicht ver antwortlich gemacht werden. Sie sei schwach gewesen und habe es auch an Tbatkraft fehlen lassen, nähre aber keinen Haß gegen die Europäer. Gegenwärtig gewinne die Partei, an deren Spitze Li-Hung-Tschanz stehe, wieder baS Feld, und man hoffe, diesen mit dem Kaiser und der Kaiserin wieder zur Macht gelangen zu sehen. Den Europäern würden alsdann alle Genugthuungen bewilligt. Bischof Favier reist heute nach Rom, wo er vom Papst empfange» werden wird, unv soll sich dann nach Paris begeben. * Shangai, 21. December. (Tel.) Die Kabellinie von hier nach Tsingtau ist fertiggestellt und betriebs fähig. (Wiederholt.) * Pari», 21. December. (Tel.) Einige Blätter versichern, General Frey sei wegen jeinerBeutesendungen ans Peking ab« berufen und durch General Bougnie ersetzt worden. (Boss. Ztg.) Ein Bericht des Mitarbeiters der „Etoile Belge" in Taku enthält «in interessantes Urtheil über das Vertzältuiß »er internationalen Truppen zu einander. Es heißt dort: „Man möge Franzosen nach Rußland, Russen nach Frankreich schicken, sie werden sich verbrüdern; man möge Engländer zu Italienern, Spaniern oder Japanern, Kongolesen zu den Belgiern schicken, sie werden gleichfalls dem Programm entsprechend brüder lich miteinander umgehen. Anders aber ist das Ergedniß, wenn man acht verschiedene Rationalitäten vereinigt und den „Collectiv- sympathien" mehrere Monate Zeit läßt, sich zu gestalten. In Tientsin zeigt sich von einem russisch-französischen Biindnitz nicht die geringste Spur. Rie sieht man die französischen Marinesoldaten mit den Kosaken zusammen, sic haben keinen Zug zu einander. Auch sieht man die russischen Officiere, obwohl sie französisch sprechen, nicht mit französischen Officieren fraternifiren, wie dies in gewissen Pariser Zeitschriften abgebildrt ist. Dagegen gehen die Franzosen und Deutschen gern zusammen. Tie deutschen Officiere zeigen sich gegen ihre französischen Kameraden höchst zuvorkommend, und diese erweisen ihnen hinwiederum eine aufrichtige und sichtliche Achtung. Tie englischen und amerikanischen Officiere verkehren häufig mit einander, was sich besonders aus der gemeinsamen Sprache erklärt. Daß die nordamerikanischen Soldaten die England vertretenden „Nigger»- sorgfältig meiden, braucht nicht besonder» erwähnt zu werden. Dagegen schnappen sie förmlich nach den Japs (Japa nesen), deren praktischer Sinn sie zweifellos überrascht hat. Die japanischen Officiere halten sich bei Seite, zeigen sich aber im Ver kehr mit ihren europäischen und amerikanischen Kameraden gefällig und stets sehr höflich. Zwischen den französischen und englischen Officieren find die Beziehungen noch kühler, als zwischen Russen und Japanern, aber von einer Seite wie von der anderen wird be sonders Höflichkeit beobachtet.- Ver Krieg in Südafrika. Aus Capstadt wird un» gemeldet, daß hervorragende Mitglieder drr Afrikander-Bond-Partri an Hand privater Informationen ihre Ansicht dahin geäußert haben, daß der ganze Rarsten »er Capcolonte sich in Hellem Aufruhr befinde» soll, wa» um so schwerer inS Grwicht fallen muß, al» kaum nenneuswertbe eng lische Garnisonen in den Hauptplätzen vorbanden sinv. — Darau« erklärt stch auch die geradezu überstürzte Eile, mit der nach den letzten Nachrichten die englischen Generale Knox» Brabant, Macdouald und Rundle mit ihren verschiedenen Corp» sich auf da» Grenzgebiet der Eapcolonie „rückwärt« concentriren", sogar unter Aufgabe der sogenannten Verfolgung Dewet'», den man vorläufig al» ganz „unfaßbar" nicht mehr „verfolgen" will. — Mit mehr al« 4500 Mann befindet sich Dewet jetzt in der Nähe von Winburg und bat diesen Ort zur Stunde vielleicht bereit» angegriffen und genommen, ohne daß Gen»ral Knox die« verhindern könnte. In TranSvaa siebt e« für die Engländer nicht viel besser au-, und General Delorey scheint di« fest« Absicht zu habe», seinen glanzenden Erfolg von Nooitgedacht energisch au«zunutz«n, indem er mit seinen 1500 Mann bis in die Nachbarschaft von Blaauwbank, nur wenige Meilen von Rietfontein vor gerückt und dem fliehenden General Elements gefolgt ist. Das Lager dieses englischen Generals befindet sich dicht bei dem letzteren Orte, nnd Delarey wird sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, noch einmal mit dem besiegten Gegner an zubinden und denselben weiter zurückzudrängen. General French ist in eigener Person mit einem Theile seiner Cavallerie und berittenen Infanterie zur Verstärkung de» ClementS'schen Corps nach KrügerSdorp abgerückt resp. dort bereit» ein- getroffen, unv fernere berittene Truppenmassen sollen auf Kitchener'S Anordnung schnellmöglichst von Pretoria und Johannesburg folgen, damit dem siegreichen Vordringen deS Generals Delarey ein Ziel gesetzt wird. Der Oberstcomman- birende Lord Kitcheuer hüllt sich im klebrigen in unvurch- vringlicheS Schweigen, — ein sicheres Zeichen dafür, daß die Lage für die Engländer in jeder Richtung eine böchst ungemüthliche geworden ist, wenn eS nicht ein mal Stoff für ein paar BeruhigungSdepeschen giebt. Le Wet. * Bloemfontein, 21. December. („Reuter'S Bureau".) Nachdem De Wet die Linie Thabanchu-Ladybrand passirt hatte, marschirte er nack Ficks bürg. Seine Gesammt- verluste während deS Vorstoßes gegen die Grenze der Cap» colonie und des darauffolgenden Rückzuges betragen nahezu 50 Todte und 100 Gefangene, außerdem drei Kanonen und viel Munition. Präsident Krüger. * Haag, 21. December. (Telegramm.) Präsident Krüger hat die Absicht, nachdem er sieb für sein Augen leiden der Behandlung deS Professors Snetten in Utrecht unterzogen, am Anfang deS Januar Holland zu ver lasse n, um anderswo im Auslande einige Monate zuzubringrn. Ein Späßchen De Wet'S. Dem Privatbriefe eines englischen Officiers entnimmt die englische Wochenschrift „M. A. P." folgendes nette, in mehreren Beziehungen charakteristische Geschichtchen: „Eine Streifpatrouill« der Aeomanry wurde bei Linoley gefangen genommen unv vor General De Wet gebracht. Dieser, der di« rasche Bewegungs fähigkeit seiner Truppen nicht durch Mitnahme von Gefangenen hindern will, theilte den Engländern mit, daß er sie sofort frei lassen würde, wenn sie ihm versprächen, einen Brief an den «ng- lischenGeneralRundlezu bestellen. Das schwuren die drei Gesellen hoch und theuer, erhielten darauf einen großen, wohlvevsiegelten Schreibebrief, sattelten schleunigst ihre Gäule und jagten im Galopp davon. Beim Hauptquartiere Rundle's ungelangt, be standen sie darauf, die wichtige Depesche nur in die Hände deS Generals abzulicfern. Nachdem diesem Wunsche Folge geleistet war, las v«r Empfänger Folgendes laut vor: „An den General Rundle .. . Geehrter Herr, bitte, legen Sie die Ueberbringer an die Kette, sonst lassen sic sich alle Tage fangen. Ihr De Wet." Wer lügt? Die englisch« Presse versucht es jetzt, ihre Leser über di« kitzle Niederlage bei Nooitgedacht damit zu trösten, daß sie den Herois mus der britischen Truppen noch mehr als je zuvor herauS- streicht. So schreibt ein Londoner Blatt: „Daß die RückzugS- linie der englischen Artillerie meilenweit mit Tobten und Ver wundeten bedeckt gewesen sei. Nun hat jedoch General Kitchener in seinem officiellen Berichte über die Schlacht angegeben, daß sein Gesammtverlust an Todten fünf Officiere und neunzehn Mann betragen habe Wer von Beiden hat gelogen? Die auch in deutsche Blätter übergegang«ne Meldung deS „Evening Standard": Am 17. December habe am Orangeflusse (Ortsangabe fehlt!) ein mehrere Stunden dauernde« Gefecht stattgefunden, bei dem die Boeren umzingelt und vollständig ge schlagen wurden, hat sich als von A bis Z erfunden herauSgestrllt. Deutsches Reich. (s. 8. Leipzig, 21. December. (Proceß gegen den Reichspostfiscus.) Mit Spannung wurde, nicht nur in den betheiligten Kreisen, die Entscheidung des Reichs- ge richts erwartet, in einem Proceß erwartet, den die Ober- telegraphenassistenten Carl Lahrs und LouiS Grieß in Bremen gegen den ReichSpostfiScus angestrengt hatten. Die Genannten wurden im Jahre 1892 al« Militäranwärter probeweise auf ein Jahr beim Telegraphenamt in Bremen ange stellt und darauf im Jahre 1893 als Beamte vereidigt. Sie er hielten im Probejahr ein Tagegeld von 2,75 c4k, klagen jetzt aber auf Nachzahlung der Differenz zwischen dieser Summe und drei Viertheilen deS Stelleneinkommens, welche nach Abzug der Militärpension circa 450 beträgt. Das Landgericht Bremen hatte den Klagcanspruch für gerechtfertigt angesehen und den PostfiscuS zur Zahlung des geforderten Gehaltanspruchs ver- urtheilt. Auch das OberlandeSgericht Hamburg, welch«- die Postbehörde als Berufungsinstanz angerufen, entschied in gleichem Sinne. Hiergegen ergriff aber der Reichspostfiscus daS Rechts mittel der Revision beim Reichsgericht. Der sechste Civilsenat deS höchsten Gerichtshöfe- hat nun die Revision für begründet angesehen, das Urtheil des Berufungsgericht- Hamburg auf gehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das OberlandeSgericht Hamburg zurückverwiesen. Augen blicklich schwebt noch ein großer Proceß in gleicher Angelegenheit, den 140 Postassistenten gegen den PostfiScus angestrengt und worin sie ein obsiegendes Urtheil lKS OberlandeSgericht- Ham burg erzielt haben; diese Sache wird da- Reichsgericht auch noch beschäftigen. Berlin, 21. December. (Der Stichwahlunfug.) Der Abschluß der württembergischen LandtagS- wahlen hat wieder einmal dargethan, wi« geradezu »er st ö r e n d da- Stichwahlsystem auf den Grundgedanken de» par lamentarischen Princip» einwirkt. Dieser Grundgedanke besteht doch darin, daß dir BolkSvertvetung in ihrer Zusammensetzung den Ausdruck deS Volk-willenS und der VolkSstimnmng darstellen soll. Wie dieser Grundsatz durch die Stichwahlen in dal Gegen- theil verzerrt wird, läßt sich bei den württembergischen Land tagswahlen ziffernmäßig darlegen. Bei den Hauplwahkcn hatte di« Volk »Partei nicht nur eine aanze Reih« ihrer Sitz«, foastera auch nahezu ein Viertel ihrer früher«« Stimmen-ifs« verlor«^ Tank der Morine für den qnädiqen Beweis der Antheilnahme an dem tragischen Geschick der „Gneisenau" entgegenzunehmen." Prinz Heinrich XVIII. Reuß telegraphirte an daS ReichSmarineamt: „Ties erschüttert über den schweren Cchicksalsschlaq, den Ihre stolze Marine zum Opfer gefallen ist, bitte ich, den Ausdruck meiner wärmsten Theilnahme entgegenzunehmen. Heinrich XVIII. Reuß." Kriegerische Operationen. * Berlin, 2l. December. (Tel.) Feldmarschall Graf 'Waldertee meldet aus Peking unter dem 19. December: . »Das im Anmärsche vou Sbau-hai-kwan befindliche Detache- Ew.Maiestat bitte ich aklerunterthmugtt, den tiefempfundenen Kündet hat am 14. December bei Pung-ling in der Nähe der östlichen Kaiscrgräber ein glücklich es Gefe chl gegen die Boxer bestanden, die 15 Todte und 3 Verwundete verloren. Etwa 1000 Mann reguläre Truppen, die nach ihrer Vertreibung au» Lutai bei Thinhung (Fongjunbsien) unter General Kangdoling gesammelt worden waren, sind bei dem Anmarsche des Detachements in die nordwestlichen Berge geflüchtet. (Wiederholt.)
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