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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011001014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901100101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901100101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Anzeigen-Preis dle 6gespaltene Petitzeile 25 Reklame» unter dem RedacnooSstrta» s4 gespalten) 78 vor den Famtliemrach» richte» (Sgespaltru) SV L». Tabellarischer und Ziffernsatz entsprecheub Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahme LS («xcl. Porto). Ertra-Beilage» (gesalzt), nar mit der Morgen »Ausgabe, oho« Postbesärderung SV.—, mit Postbesärderung ^4 70.—» Lvuahmeschluß fir Änzrigeu: Abrud-All»gab«: vormittag» 10 Uhr. Morg«»'La»gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bei de» Filiale» »nd Annahmestelle» je etru halb« Stund« früher. Anzeige» stud stets a» di« Expedttto» zo richte». Die Erpeditioa ist Wochentag» uuusterbrochm geöffnet von früh S bi» Abend» 7 llhr. Druck u»d Verlag von L. Polz in Leipzig 95. Jahrgang. Dienstag den 1. October 1901. Nr. 599 IN sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arrrdtstraste 35 Herr ^aultL, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 21 Herr llieoü. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 0. b. 8edudert'8 ^aeksolxer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Xlautsolike,Colonialwaarenhandlung, «öhrstraste 15 Herr Lttuarü Uet/er, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr LI. L. L.Ibreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr L. k'rleüol, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfer Straße 6, - Connewitz Frau k'tseüer, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Robert Htner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 6, - Lindenau Herr Albert liluäner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr Raul LueL, ^nuoueeu-Lxpeültlon, Eisenbabnstraße 1, in Naunhof Herr LouraÄ LetL8ebe, Buchhändler. Ranftfche Gaffe 6 Herr Rrleär. R!8eber, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. Ruxelmaun, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr 6ul. Zoliüiuü Iieu, Colonialwaarenhandlung, Weftplaü 32 Herr ll. Olttrleb, Cigarrenhandlung, Borkftraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr R. >V. LlotL, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straste 35 Herr V. LÜ8ter, Cigarrenhandlung, Plagwitz Herr O. OrütLmanu, Zschochersche Straße 7», Reudnitz Herr Ruxmauu, Marschallstraße 1, - Herr 0. 8obmlüt, Kohlgartenstraße 67, - Herr Lvrub. >Vobvr, Mützengeschäst, Gabelsbergerstraße 11. - Thonberg Herr R. Ü!inl8ob, Reitzenhainer Straße 58, - Bolkmarsdorf Herr Veors Lilemauu, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das IV. Vierteljahr 1901 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S 50 durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn O In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, -ie Hauptexpedition: Johaunisgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, so rasch verschwunden, wie er gekommen war. Auf den fallen. Der praktische Theil besteht in der ! , „ , Meisterstückes nebst den dazu erforderlichen Zeichnungen und der Kostenberechnung. So weit nach der Eigenart eines Gewerbes die Herstellung eines Meisterstückes nicht angängig ist (z. B. bei Brauern, Zimmerern, Maurern, Steinsetzern u. s. w.), tritt an die Stelle desselben eine Arbeitsprobe. Die theoretische Prüfung hat sich zu erstrecken auf u. die Fach- kenntnisse, b. die Buch- und Rechnungs führung, o. die gesetzlichen Vorschriften für das Gewerbewesen. Für die Uebergangszeit würden, der Natur der Sache nach, die Vorschriften des § 133 nicht ohu. große Unzu träglichkeiten zur Durchführung gelangen können. Für diese Zeit bestimmt daher auch der Artikel 8 der Novelle von 1897 Folgendes: „Wer beim Inkrafttreten dieser Bestimmungen per sönlich ein Handwerk selbstständig ausübt, ist befugt, den Meistertitel zu führen, wenn er in diesem Gewerbe die Be- fugniß zur Anleitung von Lehrlingen besitzt." Wer also nach dem 1. October 1901 unbefugt den Meistertitel führt, wird nach 8 148 Absatz 1 Zifer 9« mit Geldstrafe bis zu 150 und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen bestraft. Wir hoffen, daß in Folge dieser Verordnung der Titel „Meister" wieder zu den alten Ehren kommt und seinen guten Klang wiedererhält. Jedenfalls kann jeder Handwerker, der den „Titel" erwirbt« ihn mit Stolz und Selbstbewußtsein führen. Die Meisterprüfung. O. H. Heute tritt bekanntlick nach der mit Zustimmung des Bundesraths erlassenen kaiserlichen Verordnung vom 12. März 1900 (Reichsaesetzblatt S. 127) der Rest des so genannten Handwerkergesetzes vom 26. Juli 1897 in Kraft. Es ist die» der 8 133 der Reichsgewerbeordnung, ein einziger Paragraph — und doch, wie inhaltsschwer und tief eingreifend in das Handwerksleben. Dieser Paragraph, welcher den Schutz des Meistertitels im Handwerk bezweckt, konnte erst nach Abschluß der durch die Novelle vom 26. Juli 1897 angestieülen HandwerkSorganisaiwnen in Kraft gesetzt werden. Dieser Abschluß ist durch lhe Errichtung der Handwerkskammern im Laufe des verflossenen Jahres erfolgt. Letztere erledigten zunächst die umfangreichen Vorarbeiten zur Regelung, des Lehr- lingswesenS und der Gesellenprüfungen, die letzt nst Großen und Ganzen nahezu vollendet sind. Nun müssen die Hand werkskammern an die Regelung der Meisterprüfung herantreten, so weit ihnen diese Aufgabe zufällt. Von heute ab dürfen nämlich deu Meistertitel in Verbindung mit der Bezeichnung eines Hand werks (also z. B. den Titel „Bäckermeister", „Schlosser meister u. s. w.) Handwerker nur führen, wenn sie in ihrem Ge werbe die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen erworben und die Meisterprüfung bestanden haben. Die Verbindung mit einem Handwerk« kann sich auch aus dem Zusammenhänge ergeben, eine unmittelbare Verbindung wird nicht gefordert. Die Bestimmungen gelten aber nur für selbstständige Hand werker. Demnach unterliegt auch in Zukunft der einfache Titel „Meister" und die Führung des Meistertitels in Verbindung mit einem kein Handwerk bezeichnenden Zusatze (z. B. „Werk meister" u. s. w.) keinem gesetzlichen Schutze. Bei Werkmeistern, Maschinenmeistern u. s. w. in Fabriken ist also dke Führung des Meistertitels an keine Vorbedingungen geknüpft. Aus Obigem ergiebt sich auch, daß neben der Berechtigung zur Füh rung M Titels „Meister" mit dem Erwerbe desselben ein weiteres Recht nicht verbunden ist. Besonders ist das Recht zur An leitung ^von Lehrlingen nach 8 129 an andere Voraussetzungen D^r kommen nun zu der Frage: „Wer kann die Meisterprüfung ablegen?" — Der 8 133 giebt uns hierauf folgende Antwort: „Zu letzterer sind sie (die Handwerker) in der Regel nur zuzulassen, wenn sie mindestens drei Jahre als Geselle (Gehilfe) in ihrem Gewerb thätig gewesen sind", also in demselben Gewerbe, für welches die Meisterprüfung abgelegt werden soll, vorher die Gesellenprüfung bestanden haben. Es kann demnach vorkommen, daß Jemand zwar schon die Meisterprüfung bestanden hat, aber noch nicht den Meister titel führen darf, wenn er z. B. (nach § 129) das 24. Lebens jahr noch nicht vollendet hat u. s. w. Die Abnahme der Prüfungen erfolgt durch Prüfungskommissionen, welch« aus einem Vor sitzenden und vier Beisitzern bestehen. Die Errichtung derselben erfolgt nach Anhörung der Handwerkskammern durch Ver fügung der höheren Verwaltungsbehörde in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde der Handwerkskammer. Die Verwaltungs behörde ernennt auch die Mitglieder, und zwar erfolgt die Er nennung auf drei Jahre. Das Gesetz enthält keine bindenden Vorschriften über die Qualifikation des Vorsitzenden und der Beisitzer: ebenso ist ein Zwang zur Annahme des Prüfungs amte» nicht vorgesehen. Voraussichtlich werden zu Vorsitzenden, so weit eS irgend thunlich ist, nur Handwerksmeister ernannt werden. — Was die Abgrenzung der Bezirke der Prüfungskommissionen anbelangt, so ist zu erstreben, daß den Prüflingen die Erreichung de» Sitzes der Prüfungskommissionen ohne allzu großen Zeit- und Kostenaufwand möglich ist. — Die Prüfung hat nach 8 133 Abs. 3 den Nachweis der Be fähigung zur selbstständigen Ausführung und Kostenberechnung der gewöhnlichen Arbeiten deS Ge werbe-, sowie der zu dem selbstständigen Betriebe desselben nothwendigen Kenntnisse, inSbtsondere auch der Buch- und Rechnungsführung, zu erbringen. Hierfür nun dürfte sich die Zuziehung eine» besonderen Sachverständigen, z. B. eine» Lehrer» an einer gewerblichen Unterrichtsanstalt, em- »fehlen, fall» nicht der Vorsitzende oder einer der Beisitzer dieser Fächer kundig ist. Der Gang der Prüfung und die Höhe der Prü fungsgebühren werden durch eine von der Handwerks kammer mit Genehmigung der LandeScentralbehörde zu er lassende Prüfungsordnung geregelt. Die Kosten der Prüfungs kommissionen fallen der Handwerkskammer zur Last, welcher die Prüfungsgebühren zufliepen. Die Mitglieder der Prüfungs kommission erhalten nämlich, abgesehen von dem Ersatz der ihnen Der Krieg in Südafrika. Ei» neuer Schlag für die Engländer. -p Wir erkalten folgende Meldungen, die in allen boeren- sreundlichen Kreisen die neu erwachten Hoffnungen stärken werden: * Turban, 3V. September. (Reuter s Bureau.) Rach der amtlichen Liste der bei dem Kampfe um das Fort Itaka erlittenen Berlnste verthridigte Major Cliapman mit seiner Abtheilnng das Fort ans das Tapferste. Ein englischer Leutnant und elf Mann sind gefallen. Fünf Osftctere, darunter Leutnant Ehapman, und 3 8 Mann sind ver wundet. Ausserdem werden 6 3 Mann vermitzt, doch ist von einer »rotzen Zahl von ihnen bekannt, das; sie todt oder verwundet sind. Auch 153 Pferde und 82 Maul- thtere wurden getödtet. k. London, 30. September. (Privattelegramm.) Aus Durban wird vom 29. September gemeldet: Botha s Angriff aus das Fort Itaka an Ser Zulugrenze am 26. September war durchaus erfolgreich. Tic eng lische Besatzung wurde «,m Rückzug gezwungen. Die Berlnste betragen: 2 Lfstcicre und 19 Mann todt, der tzommandenr, 5 Lffictere und 46 Mann sind ver wundet und 92 wurden gefangen genommen. Autzerdcm wurden 1 Geschütz nnd grotze vorrathc erbeutet. General Hamilton traf verspätet ein und war daher nnfähig, Botha'S Bormarsch aufzuhalten. ES hat dem KriegSamt in London offenbar große Ueber- windung gekostet, diese weitere Schlappe — es ist wohl die sechste innerhalb zweier Wochen — zuzugeben. Erst wurde wieder krampfhaft zu vertuschen gesucht. Da sollte die Fort-Besatzung den Boeren „große Verluste" beigebracht haben, die in einer späteren Meldung Hamilton'» freilich auf 19 Tobte zusammenschmolzen. Nur — Kaffernberichte (man weiß, was von solchen zu halten ist) blieben bei den „schweren" Verlusten an Tobten und Verwundeten. Die Engländer hatten solche offenbar nicht aehabt, denn davon war in den osficiellen Depeschen kein Sterbenswörtchen zu lesen. Aber man konnte schon zwischen drn Zeilen lesen, daß da nicht alles richtig war. Schon die Bemerkung, daß die Boeren mit Uebermacht angegriffen haben und doch .abgezogen" sein sollten, mußte stutzig machen, sie sollte wohl auf die Wahrheit vorbereiten und das Niederdrückende derselben weniger empfindlich machen. Nun ist au- dem Abzug der Boeren ein Rückzug der englischen Besatzung geworden und nicht jene sind schwer mitgenommen, sondern diese ist decimirt. Eß scheint nicht, daß Botha da» eroberte Fort gehalten hat, er hatte auch die Absicht gar nicht, sein Zweck war nur der, die Bahn für drn weiteren Vormarsch srei zu machen, und da» ist »hm glänzend gelungen. Er hat in kühnem Ansturm da» Hinderniß weggefegt und ist eben . . Iso rasch verschwunden, wie er gekommen war. Auf den durch die Reise erwachsenden nothwendigen boaren Auslagen, 126. fällt der Kampf um da- Fort und am 28. .sucht eine besonder« Entschädigung. — Die Prüfung wird in! Hamilton nock di« Stellung de» Feinde» zu finden". Er einen praktischen und einen theoretischen Theil zer-I hatte sie auch am 29. noch nicht aufgespürt, sonst stände da- fallen. Der praktische Theil besteht in der Anfertigung eines l von elwaS in seinem letzten, von diesem Tage datirten Meisterstückes nebst den dazu erforderlichen Zeichnungen I Rapport. „Wenn" er sie „gefunden" hat, will er die Ver folgung aufnehmen. Ein sehr lobenswerther Entschluß, nur dürste Bolha schon allzuviel Vorsprung haben und schon längst über die Berge sein. Man schreibt uns aus London unter dem 28. September: „Lord Kitchener amtömüde", hauptsächlich in Folge von acut gewordenen Reibereien und Streitigkeiten zwischen ihm und dem Londoner Kriegsamte — das ist der Tenor der neuesten Gerüchte, oder besser gesagt, Ver sicherungen, welche aus autoritativer Quelle stammen sollen, und ganz besonders in militärischen Clubs der Metropole lebhaft discutirt und meistens als baare Münze genommen werden. Daß der britische Oberbefehlshaber in Südafrika seit langen. Monden mit der Art und Weise durchaus nicht einverstanden und zu frieden ist, in welcher das Londoner Kriegsamt seine Wünsche und seine durch die Noth dictirten Ansprüche berücksichtigt, weiß hier längst selbst „der Mann in der Straße", und die aus einer solchen Unzufriedenheit des Generals Lord Kitchener resultirenden Reibereien zwischen dem Letzteren und dem Staatssekretär Mr. Brodrick sollen letzthin an Schärfe nichts mehr zu wünschen übrig gelassen haben, was um so weniger überraschen kann, als Lord Kitchener in seiner bekannten Rücksichtslosigkeit und an- erkennenswerthen Unlust und Unfähigkeit, sich der Amateur- wirthschaft im Londoner Kriegsministerium ohne Murren und Widerspruch zu fügen, gewohnt ist, seinen persönlichen und dienst lichen Ansichten rückhaltlos Ausdruck zu geben und Alles daran zu setzen, denselben Geltung und Wirkung zu verschaffen. Aus diesen Gründen wird hier in eingeweihten und maßgebenden militärischen Kreisen, ebenso wie in Cicilclubs, welche ihre In formationen gewöhnlich auf Wegen erhalten, die eine ziemlich directe Verbindung mit Downing-Street darstellen, den Gerüchten und Behauptungen von dem beabsichtigten Rücktritte Kitchener's vom Oberkommando in Südafrika weitestgehenden Glauben ge schenkt, und an dieser Thatsache können auch die verschiedenen officiösen Dementis nichts ändern, welche schleunigst der Lon doner Presse zugestellt wurden. Das Kriegsamt und schließlich sogar das Cabinet hat dem Lord Kitchener auf das Dringendste per Kabel nahe gelegt, daß man sein Rücktrittsgesuch gerade am jetzigen Zeitpunkte unmöglich acceptiren könne, und daß er also wenigstens vorläufig seine undankbare Aufgabe in Südafrika noch nicht ungelöst einem Nachfolger in die Hände legen dürfe. Daraufhin hat dann Kitchener seinerseits erklärt, daß er trotzdem auf seinem Ansuchen bestehen müsse — und Eingeweihte wollen genau wissen, daß der „eiserne" General des aussichtslosen Ringens mit den zähen Boeren mehr wie müoe ist, und sich da nach sehnt, sich den angen^-meren Pflichten des ihm zugedachten Postens als Obercommandirender der indischen Armee so bald als möglich zu widmen. Die Angelegenheit würde ja nun für das Londoner Kriegsamt durchaus nicht so unangenehm und schwierig sein, wenn Mr. Brodrick thatsächlich einen in jeder Hinsicht passenden Nachfolger für Kitchener bereitstehen hätte, aber es ist ein für die britische Armee bedauerliches und beschämendes Factum, daß in der ganzen Generalität augenblicklich kein Truppenfllhrer vorhanden ist (möge er nun General Littleton, Herzog von Connaught, Sir Evelin Wood oder sonstwie heißen), der Lord Kitchener auf seinem Posten in Südafrika ersetzen könnte, so wenig er auch bisher den jetzt seit zwei Jahren an dauernden Boerenkrieg einem thatsächlichen Ende hat näher führen können. Von diesem Standpunkte aus sind denn auch in London alle verfügbaren Hebel in Bewegung gesetzt worden, um Lord Kitchener trotz seiner eigensinnigen Beharrlichkeit, von seinem Posten zurücktreten zu wollen, zu bewegen, daß er bis auf Weiteres noch die Führung der Operationen gegen die Boeren beibchält und das Seinige dazu thut, die augenblicklich für die Engländer so außerordentlich ungünstige Situation auf dem Kriegsschauplätze zu einer günstigeren Wendung zu bringen. Als ultima ratio soll nun sogar von allerhöchster Stelle aus rin entsprechendes An suchen an Lord Kitchener nach Südafrika herübertelegraphlrt worden sein, und von diesem Schritte verspricht man sich in Downing-Street und Pall Mall das gewünschte Resultat mit solcher Sicherheit, daß man ohne Weiteres die oben erwähnten officiösen Dementis lancirte und damit vorläufig die ganze un angenehme Affäre für erledigt erklärt. Bezeichnend ist ;edenfalls, daß der ganze Zwiespalt überhaupt entstehen und so viel Staub aufwirbeln konnte. * London, SO. Sevtember. (Telegramm,) Wie verkantet, nimmt der telegraphische Meinungsaustausch zwischen Kitchener nnd dem KriegSamt seinen Fortgang und dürft», da kitchener fort gesetzt mit Rücktritt droht, schließlich damit enden, daß ihm die gewünschte freie Hand kür di« von ibm geplanten drastischen Maßregeln zur rascheren Beendigung deS Kriege» gewährt werden. Kitchener werde alsdann mit äußerster Strenge gegen Boeren und Caprebellen Vorgehen. Die öffentliche Meinung schein Lies zu begünstigen. Selbst Asquith erklärte im Laufe seiner vor gestrigen Rede, die weiseste Politik und wahrste Humanität wäre, LaS Ende des Krieges durch alle praktischen Mittel zu beschleunigen. Einer Capstädtrr Drahtmeldung zufolge soll Sauer erklärt haben, wenn Kitchener freie Hand erhalte, dürfte der Krieg in drei Wochen (?) vorüber sein. (Voss. Ztg.) Deutsches Reich. * Leipzig, 30. September. (Kann ein Richter in eine nichtrichterliche Stellung versetzt werden?) Von dem Reichsgericht (III. Civilsenat) ist kürzlich eine für die Rechtspflege und den gestimmten deutschen Richter stand hervorragend wichtige Rechtsfrage verbandelt worden. Das GericktsverfaflungSgesetz bestimmt in tz 6 principiell, daß die Ernennung der Richter auf Lebenszeit erfolgt. Z 8 sagt weiter: „Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus den Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhe stand versetzt werden." Zm Rabmen dieser reichSgesetz- licben Vorschriften haben die Landesgesetzzebuugen, die zur Ausführung derselben erforderlichen gesetzlichen Bestim mungen getroffen. Dabei haben alle Einzelstaaten mit alleiniger Ausnahme von Baden und Hessen, übereinstim mend die reichsgesetzliche Vorschrift, die dem Artikel 87 der preußischen Verfassung entnommen ist, dahin aufgefaßt, daß die Versetzung eines Richter- nur an eine andere richter liche, nicht aber an eine nichtrichterliche Stelle zulässig sei. Nur Baden und Hessen weichen hiervon ab; in die im Jahre 1879 erlassenen Richtergesetze dieser beiden Staaten ist die ausdrückliche Bestimmung ausgenommen, daß Amts richter innerhalb der ersten fünf Jahre nach ihrer An stellung unter gewissen Voraussetzungen auch an eine nicht richterliche Stelle versetzt werden können. Dieser Fall ist nun zum ersten Mal praknsch geworden. Gegen einen hessi schen Amtsrichter ist fünf Tage vor Ablauf seines fünften Dienst- jahreS, „weil sein Verbleiben auf seiner bisherigen Stelle mit dem Interesse der Rechtspflege als nicht vereinbarlick erscheine", daS vorgeschriebene Verfahren eingeleitet und er ist vom Justizministerium in Darmstadt als HilfS- gericbtSschreiber an ein Amtsgericht versetzt worden. Dieses Verfahren ist im Klagewege angefochten worden. Unter der Behauptung, daß die hessische landesgesetzliche Bestimmung im Widerspruch mit dem Reichsgesetz siebe und daher un- giltig sei, ist Klage auf Zahlung des AmtSrichtergebalteS gegen den hessischen FiScus erhoben worden. — DaS Land gericht in Darmstadt und übereinstimmend hiermit daS dortige OberlandeSgericht haben die Klage abgewiesen. Sie erkennen hierbei, entgegen dem Standpunkt der hessischen Regierung bei der Bcrathung deS RichterAesetzeS im hessischen Landtage, aber in Urbereinstimmung nut der gesammten juristischen Literatur, zwar an, daß unter der „andern Stelle" des 8 8 G- V. G. nur eine andere richterliche Stelle zu ver stehen sei, sie begründen aber die Zulässigkeit der hessischen Bestimmung damit, weil nach 8 8 GB. G. ein Richter seine» Amtes enthoben werden könne und weil die Versetzung an eine nicht richterliche Stelle nur ein Minus der Amts enthebung, nämlich eine Amtsenthebung und zugleich die Verleidung einer anderen Stelle darstelle. Gegen diese Entscheidung richtete sich die vor dem Reichsgericht verhandelte Revision. ES wurde namentlich hervorgehoben, daß die Ver setzung an eine nicht richterliche Stelle keineswegs al« eine Art der Amtsenthebung angesehen werden könne, sondern daß sie eine hiervon verschiedene selbstständige Maßregel sei und als Degradation um so empfindlicher wirken könne, al» im hessischen Richtergesetze di« nicht richterlichen Stellen, an welche ein Amtsrichter versetzt werden könne, mit keinem Wort naher be zeichnet oder begrenzt seien, so daß also hiernach da- Ministerium vollständig freie Hand habe und den Amtsrichter auch auf eine ganz untergeordnete Stelle versetzen könne. Es wurde weiter darauf hingewiesen, daß alle Schriftsteller, die mit Auslegung de- tz 8 G. V. G. sich befaßt hätten, überein- stimmend die Versetzung an eine nicht richterliche Stelle für unzulässig erklärten und daß alle andern deutschen Staaten, insbesondere auch Preußen und Elsaß-Lotbringen, in ihren Richtergesetzen offenbar von der gleichen Auffassung
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