Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011015014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901101501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901101501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-15
- Monat1901-10
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-»PveiS d« Hauptexpedttto« oder de« da Stadt» bejirk «ad dro Vororte« errichtete« AuS- aabestelle» abgeholt: »terteljährltch 4.K0, Lei zweimaliger täglicher Zukelluaa t-S Hau« ^l b.b0. Durch dt« Post bezogen für Deutschland a. Oesterreich: Vierteljahr!, ^l «. Maa abounirt serner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalteu in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark Schwede» und Norwegen, Rußland, dro Donaostaaten, der Europäische« Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staate« ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di» Expedition diese» Blatte» möglich. Di» Morgen-An»aabe erscheint um '/,7 llhr, di« Lbend-AuSgabe Wochentag» am L Uhr. Ne-actio« und Erve-Mo«; JohauniSgasse 8. Filialen: Alfred Sahn vorn». O. Klemm'» Sortda. UuwersitätSstratze S (Paulinum), Laut» Lösche, Lathariuenstr. 14, purt. und KSntgSplatz 7. Nr. 528. Morgen-Ausgabe. UpMer JagMatt Anzeiger. Ämtsvlatt -es LlönigNchen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rattzes und Nottzei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeige« »Preis die S gespaltene Petitzeile Neetom«« unter demRedacrionsstriq (4 gespaltea) 7L vor de» Famtlte»na<> richte« («gespalten) «S Tabellarischer nnd Ztffernsatz entsprechend höher. — Gebühren stlr Nachweisung»« und Offerteuannahme LL Lj (excl. Porto). Ertra-lveilagen (gefalzt), «ar mit der Morgen-AuSgab«, ohae Postbeförderun- .ch SO.—, mit Postdesürdernug ^4 70.—» Anuahmelchluß für Anzeige«: Ld««d-Au»-ade: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-An-gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet de« Filiale« nud Auuahmetzelle» je eins halb« Stunde früher. Anzeige» find stet» « di» Expedittoa zu richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet vo« früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» t» Leipzig Dienstag den 15. October 1901. 95. Jahrgang. Rußland und England in Afghanistan. V. 8. Seit Jahren betrachtete man den Emir Abdurrahman von Afghanistan als die festeste Stütze des Friedens in Mittelasien und an den Grenzen Indiens. Sein geschicktes Laviren zwischen Rußland und England gestattete keiner der rivalisircnden Mächte, Afghanistan für einen Bundesgenoffen zu halten und daraufhin einen Norstoß nach Süden oder Norden zu unternehmen. Aber man glaubte bestimmt, daß der Tod dieses Herrschers sofort die Lage ändern würde und leicht das Signal zu ernsten Verwickelungen geben könnte. Nichts von dem Allen ist eingetroffen. Abdurrahman hat seine Augen ge schloffen und sein Sohn alsbald den Thron bestiegen, ohne daß im Innern Unruhen ausgebrochen oder im Auslande irgend welche Widersprüche laut geworden wären. Rußland und Eng land sind anscheinend zufrieden, daß Habib Ullah Chan die Erbschaft seines Vaters übernommen hat, und von den ver schiedenen Thronprätendenten ist, vorläufig wenigstens, nicht die Rede. Die Blätter in London und ebenso in Petersburg zeigen allerdings eine gewisse Unruhe, aber das ist auch das einzige Anzeichen, daß der Todesfall als ein Ereigniß von weittragender Bedeutung angesehen wird. Ernste Maßnahmen, solche, aus denen mit Sicherheit kriegerische Absichten der beiden Groß mächte gefolgert werden könnten, sind weder von Rußland noch von England ergriffen lvorden. Wir dürfen gleichwohl die Lage in Centralasien noch nicht als gesichert und unbedingt friedlich ansehen. Vor Allem ist die Stimmung der afghanischen Bevölkerung zu berücksichtigen. Abdurrahman galt bei Vielen nicht als ebenbürtig, weil er der Sohn einer Sclavin war. Diesen Standpunct theilten viele einflußreiche Häuptlinge, die eine selbstständige Stellung ein nehmen, Verwandte des Herrscherhauses sind und oft genug durch Waffengewalt zum Gehorsam gebracht werden muffen. Für besonders gefährlich galt seit Langem Isaak Chan, der auf russischem Boden lebt, vom Zaren eine Pension bezieht und jedenfalls nur auf den Augenblick lauerte, um seine Ansprüche geltend zu machen. Es darf als sicher angenommen werden, daß dieser Prinz lediglich deshalb bei der russischen Regierung Unterstützung sand, um gegebenen Falles als Prätendent aus gespielt zu werden. Als nun Abdurrahman starb, glaubte man vielfach, Isaak Chan werde zu einem Vorstoße schreiten, hinter dem natürlich das Zarenreich stand. Auch das ist unterblieben. Aber die Gefahr, daß es vielleicht später geschieht, kann doch nicht als völlig beseitigt gelten. England und Rußland haben beide das Interesse, den Frieden in Mittelasien zu erhalten. Brechen Unruhen in Afghanistan aus, so werden beide Staaten zum Eingreifen ge- nöthigt, und das bedeutet dann die Aufrollung der indisch persischen Frage, den Beginn der Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in Asien. In England sowohl als im Zarenreiche will man es dazu im gegenwärtigen Augenblicke nicht kommen lassen. Großbritannien ist durch den Verlauf des Boeren- krieges nach wie vor völlig in Anspruch genommen und kann an die Vornahme neuer Actionen gar nicht denken. Es ist in Allem lahm gelegt und eigentlich nur auf das größere oder ge ringere Geschick seiner Diplomatie angewiesen. Solange nicht Frieden in Südafrika herrscht, müssen die Briten die asiatischen Angelegenheiten dilatorisch behandeln und sich mit ihren Gegnern so gut es geht abzufinden suchen. Zum Glück für England ist Rußland ebensowenig in der Lage, eine kriegerische Unternehmung größeren Stiles zu beginnen. Das Zarenreich rüstet zwar seit Jahren; Armee und Flotte werden auf alle Weise vervollkommnet und an den Grenzen, namentlich im Osten, nimmt der Aufmarsch der Truppen seinen regelmäßigen Fortgang. Aber trotzdem ist es wenig wahrscheinlich, daß man in Petersburg sich wirklich mit kriegerischen Gedanken trage. Die Russen wissen ganz genau, daß ihre Stärke nicht im Heere und in der Marine, sondern allein in der Umsicht und Verschlagenheit ihrer Diplomaten ruht, die es verstehen, die Machtmittel des Reiches bei Weitem größer und gefährlicher erscheinen zu lassen, als sie es in Wirk lichkeit sind. Sollte man auch völlig vorbereitet sein, d. h. sollte die Ausrüstung und der Aufmarsch der Truppen sich prompt vollziehen, so würden der Nothstand in zahlreichen Provinzen, die Gährung an den Universitäten und unter den Arbeitern, sowie vor Allem die schlimme Lage der russischen Finanzen einen Krieg so gut wie unmöglich machen. Jedenfalls werden die Petersburger Staatsmänner Alles daran sehen, um Ver wickelungen so lange als möglich zu vermeiden. Und augen blicklich ist die Lage in Afghanistan nicht der Art, daß unter allen Umständen von England oder Rußland mit den Waffen ringegriffen werden müßte. Der russische Kriegsminister General Kuropatkin, ein vorzüglicher Kenner Mittelasiens, soll an die russisch-afghanische Grenze gereist sein, um die Durchführung der militärischen Maßnahmen zu überwachen; von den Engländern heißt es, daß gleichzeitig zwei Feldlazarethe in Peschawur mobilisirt worden seien. Das mag Alles seine Richtigkeit haben, aber vorläufig ist darin nichts Änderes zu erblicken, als Vorsichtsmaßregeln für alle Fälle. Das Meiste hängt davon ab, wie die Zustande sich im Innern Afghanistans selbst gestalten, ob die Bevölkerung ruhig bleibt und ob die Prätendenten dem Regierungsantritt Habib Ullah Chan's keine Schwierigkeiten bereiten. England und Rußland werden schwerlich diese Strömung fördern, sondern eher beruhigend wirken. Dagegen wird seht am Hofe zu Kabul der diplomatische Wettkampf zwischen Rußland und England einen lebhafteren Charakter annehmen. Vom neuenEmir heißt es, er habe sichzwar als tüchtig und energisch in der inneren Verwaltung bewährt, sei aber von Abdurrahman von allen Fragen der auswärtigen Politik geflissentlich fern gehalten worden. Er kann demnach auf diesem für Afghanistan so wichtigen Gebiete unmöglich große Erfahrungen besitzen, und das werden jedenfalls die Russen und Engländer zu benutzen suchen. Wer von den Beiden dabei die größeren Erfolge erringt, kann nach Allem, was sich in China, m Persien und Mittelasien früher ereignet hat, un möglich zweifelhaft sein. Rußland wird voraussichtlich, ohne die Anwendung besonderer Kraftmittel, lediglich durch diplomatische Künste, die Engländer aus Kabul, aus der Gunst d-s Emir«, hinauSmanövriren und allmählich in Afghanistan ebenso Herr werden, wie in Persien und der Mandschurei. Es wird auf „friedlichem" Wege Errungenschaften über Errungenschaften machen und seine Machtsphäre immer weiter zu den Grenzen Indiens vorschirben. Das ist ein langsamer, aber sicherer Weg pnd der Ocean wird schließlich vom Zarenreiche erreicht werden. Daß der Zar alsdann die Oberherrschaft über die westliche Hälfte Asiens besitzt, kann als selbstverständlich angenommen werden. Der Krieg in Südafrika. Ueber die Vertretung der Boeren-Jnterefsen in Europa erhält die „Rh.-Westf.-Ztg." aus Brüssel auffallende Mit theilungen. Es heißt da: Es ist völlig unbegründet, daß in Hilversum zwischen Krüger, Dr. Leyds und den Boerendelegirten eine Confcrenz stattgefunden habe, in der Friedensvorschläge, die der britischen Regierung vorgelegt werden sollten, besprochen worden wären. Seil geraume: Zeit haben in Hilversum überhaupt keine Conferenzen mehr stattgefunden, da alle Angelegenheiten jetzt von der Boeren-Delegation erledigt werden; nur in ganz bedeutsamen Fällen wird eine Besprechung unter dem Vorsitz Kriiger's abgchalten. Sogar dem Appell an den Schiedsgerichts hof ging keine gemeinschaftliche Berathung voraus. Natürlich wurde die Genehmigung des Präsidenten zu diesem Schritte ein geholt, doch wurde eine Conferenz vermieden, da der Ge sundheitszustand Krüger'sdie größte Scho nung verlangt. Obgleich Krüger nach wie vor das Haupt der Transvcwlvertretung in Europa ist, ist er doch in letzter Zeit sehr gealtert, und das wechselnde Kriegsgliick, owie die schweren Schicksalsschläge, die seine Familie in letzter Zeit betroffen, haben seinen Geist stark angegriffen. Das Alles hat ihn ein wenig vergrämt gemacht, und wenn er auch fernerhin den Kriegsereignissen das allerschärfst: Interesse entgegenbringt, so ist er doch nicht mehr der Mann en er Bloemfonteiner Conferenz. (Conferenz mit Miln er, die Präsident Steijn hier 1899 veranlaßte, um den drohenden Krieg zu vereiteln. Red.) Das Resultat dieser Ver änderung ist, daß sich der Schwerpunkt innerhalb der euro- mischen Boerenkreise verschoben har. Er liegt jetzt bei der Delegation, deren treibende Kraft Wolmarans ist. Dies wird in Bocrenkrcisen allgemein anerkannt, so daß, wenn auch Krüger natürlich immer noch die größte Achtung genießt, die ihm als Präsident gebührt, alle Geschäfte doch von den Dele gi r t e n erledigt werden. Wird irgend eine Anfrage nach Hil versum gerichtet, so wird sie auch nach dem Haag überwiesen. Interessant ist 'auch, welchen Einfluß diese Veränderung auf die gegenwärtige Stellungdes I>r. LeydS ausgellbt hat. E r ist nicht allein gesetzlich der Delegation unter geordnet, sondern auch that sächlich. Aus guter Quelle 'wird bestätigt, daß, obgleich Leyvs sich in bestem Ein vernehmen mit der Delegation bcsirtztzet, diese ihm doch nicht gestattet, daß er ihre legalen Rechte in irgend einer Weise verletzt. I)r. Leyds ist und war sehr beliebt bei dem Präsidenten; aber in demselben Maße, wie die Situation des Letzteren sich verschoben hat, hat sich Leyds ' Einfluß auf ihn verringert. Die Haltung der Mächte. Erklärungen vr. Leyds ' gegenüber einem Abgesandten des Pariser „Eclair" bezüglich der Haltung der Mächte lauten wie folgt: „Von allen Völkern haben wir nur stärkende Sympathie kundgebungen erhalten. Was die Mächte anbelangt, so nehme ich vorerst Holland, dann Frankreich und Rußland aus, deren freundschaftliche oder vollständig correcte Haltung wir gern an erkennen. Ich kann nicht das Gleiche von allen anderen Regie rungen sagen. Und wenn ich das sage, so meine ich damit nicht eine Einmischung der Mächte, deren Antwort über diesen Punct abzuwarten ist, sondern die Ausfuhr von Kriegscontrebande. Amerika, Italien, Spanien, Oesterreich haben direct nach Süd afrika Pferde^und Maulthicre ausgeführt. Oesterreich hat Ka nonen und Sättel geliefert. Sättel sind sogar von der öster reichischen Regierung geliefert worden. (Um sich von der Rich tigkeit dieser Thatsache zu überzeugen, braucht man nur die offi- ciösen Berichte, die in England veröffentlicht werden, zu lesen.) — Deutschland — nicht die Regierung, sondern deutsch« Fabrikanten — hat Kanonen, Munitionen und Sättel geliefert. Ich habe wiederholt als Gesandter der Südafrikanischen Republik im Namen meiner Regierung gegen diese Handlungen protestirt, die den Pflichten der Neutralen gegenüber den Kriegführenden direct zuwiderlaufen. Ich vergaß, zu bemerken, daß Egypten Maximskanonen geborgt hat. Ich habe wieder protestirt. Auf meine Proteste hat nur Italien geantwortet, aber nichts gethan. Die anderen Mächte, darunter Deutschland und Oesterreich, haben mir nicht einmal den Empfang meiner Proteste bestätigt. Ich behaupte, daß nicht einmal eine Großmacht eine solche Hal tung als „ritterlich" bezeichnen kann. Von dem Eindringen unserer Kommandos ins Capland erwarten wir eine Reih« mora lischer und effectiver Siege. Jeder begreift, daß da- Eindringen unserer Leute in eine englische Colonie der schlagendste Beweis dafür ist, daß der Krieg nicht beendigt ist. Das beweist, daß die Engländer nicht die Herren unseres republikanischen Bodens sind, da sie ihr« Colonien vertheidigen müssen." * Landon, 14. Oktober. (Telegramm.) Ueber de« jüngsten Kampf bei Komatlpoort meldet ein Lissaboner Telegramm: Die Boerrn versuchten in der Nacht zum 4. Oktober dl» portugie sische Brenz« zu überschreiten. Obwohl ihnen die» mißlang, verbrannten sie doch «Güterzüge, die von Loureneo MarqurS nach den britischen Linien unterwegs waren. In der Nacht vorher fand ein blutiger Kampf zwischen Boeren nnd britischen Truppen bei Komatlpoort statt, der mit starken Verlusten auf beiden Seiten endete. Die Boeren zogen sich zurück. (Mgdb. Zig.) Deutsches Reich. * Leipzig, 14. Oktober. Noch «in B o « r« n - L i l f s - verrin nöthig? Dies« Frage wird in d«n Alldeutsch. Bl." wie folgt beantwortet: Daß auf dem Gebiete deS Boerenunter- stützungswesens «ine große Zersplitterung vorlieqt, kann nicht ge leugnet werden. Die Beseitigung dieses Mißstandes kann aber m. E. nach nur dadurch erfolgen, daß die bestehenden Verein« einen gemeinsamen Ausschuß bestellen, nicht aber da durch, daß nru« Vereine gebildet werden, die sich ne den die be stehenden stellen, oder gar, was neuerdings das Beliebte ist, die sich a uf die Kövfe der bestehenden Körperschaften setzen und deren Thätigkeit überwachen oder regeln wollen. Früher au» München an mich herangetretene Wünsche, mich an solchen Neubildungen zu betheiligen, habe ich aus dieser Ueberzeugung heraus ablehnen müssen. Und es bleibt mir nichts übrig, als einem ähnlichen Ersuchen gegenüber ebenso zu verfahren, das neuerdings aus Berlin an mich herantritt, obgleich es diesem letzteren gelungen ist, „an sein« Spitze einige der hervorragendsten Männer Deutschlands" zu berufen. Ich fürchte sehr, daß diese hervorragendsten, zugleich auch meistbeschäftigten Männer kaum wissen werden, zu welchem Zwecke man ihre berühmten Namen in Anspruch nimmt. Die geplante neue Vereinigung bezeichnet es als ihren Zweck, das Leiden Des stammverwandten Boerenvolkes möglichst zu heben, das bestehende Mißtrauen zu beseitigen uns das einheitliche Arbeiten der begehenden Körperschaften zu ördern. Den gewünschten Beitritt zu dieser neuen Vereinigung habe ich deshalb mit der folgenden Begründung abgelehnt: Ich kann weder das Bedürfniß anerkennen, zu den mehr als zahlreichen Vereinigungen zum Zwecke der Unterstützung der Boeren eine neue hinzugesellen, nochdieBerechtigung, daß ein neuer Verein, und wenn ihm die angesehensten Männer angehören, sich zu einer A u f s i ch t s i n st a n z zur Ueber- wachung aller bestehenden Vereine und Comites aufwirft. Die Einheitlichkeit des Vorgehens kann m. E. nur durch eine Verständigung der bestehenden Körperschaften unter ein ander, und, wenn nöthig, durch eine aus den bestehenden Vereinen hervorgegangene gemeinsame Delegation gewähr leistet werden. Das Mißtrauen aber wird nur durch größte O e f f e n t l i ch k e i t der Rechnungslegung beseitigt, so weit sich diese mit den Rücksichten auf die an Ort und Stelle mit der Hilfeleistung betrauten Agenten verträgt. Was den All deutschen Verband anbelangt, so hält sich dessen Leitung nur zur Rechenschaft verpflichtet gegenüber den Spendern der in seine Hände gelegten namhaften Boerensammlung und in formeller Hinsicht gegenüber den Organen des Ver bandes selbst. Er würde esablehnen müssen, eine außer halb stehende Körperschaft als Gerichtshof anzuerkennen. Uebrigens b e st e h t bereits in Amsterdam, Heerengracht 270, (Sekretär I. v. Kretzschmar) eine gemeinsame Ge schäftsstelle der Hilfsoereine für die Opfer des südafrika nisch«» Krieges, di« durch eine gedruckte Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte der einzelnen Vereine «ine Einheitlichkeit des Vorgehens anstrebt. Dieser Geschäftsstelle hat der Alldeutsche Verband unter der Bedingung der Gegenseitigkeit die Nachweisung über die Verwendungen seiner Boerensammlung gern übermittelt. Was das erwähnte Mißtrauen anbelangt, so besteht ein solches in der That. Aber nach den in meinen Händen befindlichen zahlreichen Zuschriften der Betheiligten aus Südafrika und aus den Gefangenenlagern in St. Helena, Ceylon u. s. w. richtet es sich ausschließlich dagegen, daß bei den aus dem deutschen Reiche nach Holland überwiesenen Beträgen der deutsche Ur sprung der Gaben verschleiert wird und daß ein Theil der Spenden von dort aus nicht zu den Humanitären Zwecken verwendet wird, für die sie die Geber in Deutschland be stimmt hatten, sondern zu geheimen politischen Zwecken, wenn auch vielleicht im Interesse der Boeren, aber nicht im Sinne der Geber. Hieran wird auch der neue deutsche Boerenhilfsbund nichts ändern, sondern hier kann nur die größte Öffentlichkeit helfen. Auf diese hinzudrängen, wird der Alldeutsche Verband keine Mühe scheuen. vr. Hasse. 0. II. Berlin, 14. October. Zu den Stadtverord netenwahlen in Berlin, die am 6., 8. und 9. November stattfinden, sind bereits die Parteien aufmarschirt. Wir haben in Berlin 330 285 Communalwäblcr; davon sind 307 35l Wähler dritter^, 27 484 Wähler zweiter und 1450 Wähler erster Abtheilung. In Berlin muß man mindestens 4748,60 Stcuerbetrag zahlen, um Wähler erster Abtheilung sein zu können. Mit 219,80 Steuerbetrag ist man Wähler zweiter Abtheilung. Die Wahlbezirke sind an Umfang sehr verschieden, am verschiedensten in der dritten Abtheilung. Einer der letzteren Wahlbezirke bat 11251 Wähler, ein anderer nur 4424. In der zweiten Abtheilung finden wir einen Wahlbezirk mit 1102 Maklern, einen anderen mit 3299. In der ersten Abtheilung enthält ein Wahlbezirk nur 54 Wähler, ein anderer 166. Die Svcialdemokraten ent falten nun die denkbar emsigste Thätigkeit, um sämmtliche Wahl bezirke der dritten Abtheilung zu erobern. Bisher saßen in der 144 Mitglieder zählenden Stadtverordnetenversammlung 22 Svcialdemokraten, 2 Antisemiten nnd 120 Liberale. An scheinend ist es nicht ausgeschlossen, daß nach den Stadt- verordnetenwablen die Svcialdemokraten in der Stärke von nahezu 30 Mann in die Versammlung einziehen. Der Anti semitismus hat in Berlin den Boden fast ganz verloren, so daß der eine Antisemit, der jetzt zur Wabl steht, schwerlick wiederkehren wird. Auch sein Mandat hoffen die Social- demokraten zu erobern, die trotz der Abneigung, die viel fach gegen die „Akademiker" bemerkbar wird, abermals solche Herren auf die Candidatenliste stellen wollen. Man nennt die Genossen Or. Carl Liebknecht, l)r. Bernstein und Or. Weil. Der 6. Noveniber soll, so ruft das social» demokratische Centralorgan aus, ein SiegeStag der Berliner Arbeiterschaft werden. Die socialdemokratische Fraclion in der Stadtverordnetenversammlung hat über ihre Thätigkeit ein langes Aktenstück veröffentlicht, das an Selbstberäucherung Ungewöhnliches leistet und schwere Anklagen gegen unsere Communalverwaltung richtet. Leider muß man bekennen, daß manche dieser Anklagen nicht unbegründet sind. So haben im Jahre 1897 von 18 870 au- den Gcmeindeschuleu entlassenen Kindern über 7000 — also ein starke» Drittel — das in 6 Jahren erfüllbare Pensum der Volksschule trotz achtjährigen Schulbesuch« nicht erfüllt. Auch die öffentliche Gesundheit«- und Krankenpflege liegt sehr im Argen; e« fehlt beute an >000 Krankenhausbetten. Mit seiner communalrn Socialpolitik muß sich Berlin ganz verstecken. Dem Wobnungswncher wird förmlich Vorschub geleistet, und wenn sich der Polizei- Präsident nicht in« Mittel gelegt hätte, so hätten die schulpflich tigen Kinder leider noch stärker zur gewerblichen Beschäftigung herangezogen werden können. Die Steuerpolitik der Commune entbehrt ebenfalls eines großen Zuges. So ist eS denn be greiflich, daß der socialdemokratische Weizen blüht. Gespannt darf man darauf lein, ob auch in der zweiten Abtheilung, wie die Socialbemokraten glauben, eine Anzahl socialdemo kratischer Stimmen abgegeben wird. Befremdlich wäre auch das nicht. * Berlin, 14. October. (Die Frau Rechts konsulent.) Einem Berliner Rechtskonsulenten war vom Oberverwaltungsgericht die Ausübung seines Gewerbes untersagt worden, da ihn seine Strafliste hierzu nicht geeignet erscheinen ließ. Allein der Mann wußte sich zu helfen. Er ließ seine Frau das Gewerbe anmelden und versteuern und erklärte, daß er nur die Stelle eines Gehilfen bei seiner Frau einnehme; seiner „Klientel" gegenüber ließ er jedoch nichts von seiner Ge hilfenstellung verlauten. Hierin erblickte dre Polizei aber, wie „Das Recht" berichtet, eine sogenannte „Schiebung" und über mittelte dem Manne ein Strafmandat in der Höhe von 50 welches auch Das Schöffengericht bestätigte. Bei der Verhand lung in der Berufungsinstanz erklärte nun der Anwalt des Angeklagten, daß der Gewerbebetrieb eines Rechtskonsulenten einer Concession nicht bedürfe, sondern frei sei. Der Ehefrau des Angeklagten könne weder verwehrt werden, ein solches Gewerbe zur Versteuerung anzumelden, noch könne ihr untersagt werden, ihren Ehemann als Gehilfen anzustellcn, denn es bestehe kein Gesetz, welches verbiete, bestrafte Personen anzustellen. Die An nahme, daß die Ehefrau nur dem Namen nach die Geschäfts inhaberin sei, könne durch deren Vernehmung widerlegt werden. Sie habe von ihrem Ehemann so viel gelernt, daß sie Wohl in gewissen Fällen Rechtsrath ertheilen könne. Der Gerichts hof war der Ansicht, daß dieser Entlastungsbeweis von Wichtig keit sei, weshalb die Frau Rechtsconsulent im nächsten Termin persönlich zu erscheinen hat und dann einem rigorosum über ihre Kenntnisse von der Rechtswissenschaft unterworfen wird. (D Berlin, 14. October. (Telegramm.) Der Kaiser traf, von Hiibertuöstock kommend, kurz vor 12 Uhr auf Bahnhof Mellend ein und begab sich direct nach Cbarlotten- burg zur Enthüllung de« Denkmals de» Prinzen Albrecht von Preußen vor dem dortigen königlichen Schloß. Da« Denkmal ist ein Bronzestandbild von Börmel und Freyberg. Der Festplatz war mit Flaggenmasten geschmückt. Unter einem Zelt hatten sich eingefunden Herzogin Alexandrine zu Mecklenburg, Prinz Albrecht von Preußen mit seinen drei Söhnen, Prinz NeußXVIII. und Gemahlin, Graf Hohenau, Commandeur de« Regiment« GarVk-du- Corps (ein Sobn ans der morganatischen Ebe de« verstorbenen Prinzen Albrecht), und Familie. Es waren ferner anwesend die Mitglieder des ComiteS, die Generalität, daS Haupt quartier, die Cbefs des Civil- und MilitärcabinetS, General oberst v. Hahnke, Kriegsminister v.Goßler, Commandiren- der General v. Bock und Polack, der Oberbürgermeister von Cbarlottenburg u. A. Der Kaiser, in Dragoner-Uniform, erschien vom Bahnhof Westend her zu Wagen und nahm nach Begrüßung der anwesenden Fürstlichkeiten unter dem Zelt Ausstellung. Generaloberst v. Loe hielt eine längere An sprache, in er der ein Bild des Prinzen zeichnete, an Düppel, Königgrätz, Sedan, Artenay, Loizny und Orleans erinnerte, die Dienste des Prinzen im russischen Heere bei dem Feldzuge gegen die kaukasischen Bergvölker erwähnte und sein« unerschütterliche Pflichttreue im Dienst, seine Bescheidenheit und Selbstlosigkeit hervorhob. Der Redner schloß mit einem Hurrab auf den Kaiser, in daS die Anwesenden dreimal ein stimmten. Während die Capellen die Nationalhyme intonirten, siel die Hülle. Herzogin Alexandrine legte den ersten Kranz am Denkmal nieder, ter Kaiser den zweiten; dann trat Prinz Albrecht mit seinen drei Söbnen gleichzeitig zu demselben Zwecke vor, nach ihm Graf Hohenau; eS folgten die Deputationen der Regimenter und Vereine. Der Kaiser besichtigte das Standbild eingehend, plauderte längere Zeit mit den Fürst lickkeilen, den Mitgliedern des Comit^s und vielen alten Ossicieren und ließ dann die beiden Ehrenwachen vorbei- marschiren, worauf er sich zu einem Frübstück beim Officier- corps des Elisabeth-Regiments begab. Nachmittags gedenkt der Kaiser sich nach dem Neuen Palais zu begeben. T Berlin, 14. October. (Telegramm.) Zu Ebren Birchow'S findet heute beim Reichskanzler Graf v. Bülow ein größeres Diner statt. (9 Berlin, 14. Oktober. (Telegramm.) Contre-Admiral z. D. Aschcnbor» ist unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Vice-Admiral von seiner Stellung als Marinecommifsar für den Kaiser Wilhelm-Canal enthoben worden. G Berlin, 14. Lctober. (Telegramm.) Dem „Reichs- anzeiqer" zufolge ist dem Regierungspräsidenten a. D. V. Pilgrim in Minden der Charakter als Wirklicher Geheimer Rath mit dem Prädicate „Excel lenz" verliehen worden. — Der Fürst von Schwarzbnrg-SonderShausen ist hier eingetroffen. — Im englischen Unterbause hatte vor einiger Zeit der Leiter der ?. auä 0. (I'enimulnr nnä Oriental) Dampfschisf- fabngksellschaft, Sir Thomas Sutherland, erklärt, eS sei nicht wahr, daß die deutschen Dampfer bester seien als die der k. anck 0.; weder in Bezug auf die Schnelligkeit noch auf die Verpflegung träfe diese Behauptung zu. An diesen Worten übt Capitän Brinkley, ein ehemaliger britischer Osficier, dem Niemand Parteilichkeit für Deutsch land unv die Deutschen nachsagen wird, in der von ihm ge leiteten „Japan Mail" folgende Kritik: „Es will uns scheinen, al« ob Sir Thoma« mit dieser Erklärung das so ost über die Selbstgefälligkeit britischer Kaufleute gefällte Urtheil bestätigte, denn er setzt seine eigene Meinung aa die Stell« der Ansicht seiner Kunden, des PublicuinS. Schließlich aber giebt die Stimme der öffentlichen Meinung ia diese« Dingen den Aus schlag, und die öffentliche Meinung spricht sich zu Gunsten der deutschen Schiffe aus, wenigsten» soweit der japanisch« Theil der ostasiatischen Gewässer in Betracht kommt." — Am 5. und 6. November dss. Js. soll hier in Berlin ein Kongreß der freien Civilmusiker - Ver einigungen zur Gründung eines Ceutralverbandes der Civilmusiker Deutschlands und zur Beschlußfassung über die Herausgabe eines eigenen Fachblattes ubgehalten werden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite