01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011022019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901102201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901102201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-22
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Amlsötatt des H'önigNchen Land- und Änüsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Volizei-Ämtes -er Lta-1 Leipzig. Dienstag den 22. October 1901. Anzeigen-Preis die Sgeipalteue Petitzeile 95 >««!»»«» mtter de« Nedaaw»SprNd l4 gespalt-n) 7S vor de» richte» (»ges-alte») KV Dadellartscher »»d Htff«r»satz e»tsp«ch«ch höher. — Gebühre» für Nachweisungen »ch Offerteuaauahm« Sü (rxcl. Port»). ErNa-veNagen (gefalzye «" «it der Morgen-AuSgad«, ohne Poftbefürd»r»g SO.—, mit Postbesürderung 70-—> Aunahmeschluß für Anzeige«: Id«»d-Iu»gad»i Vormittag» tv Uhr. Pr»rg«».»a»gad«t Nachmittag» 4 llht. Sei den Male» md «»aahmestelle» j, «i» halb« St»»-, früher. Lnzetgeu Pud stet» a» di» Uhpedttid» g» richte». Die Erpedttioa ist Wochenlaa» mmaterbroch« geüffnet vo» früh S bi» Abeud« 7 Uhr. Drillt >»d Verlag vo» E. Pol» Ul Leipzig. 95. Jahrgang, Vas Duell und die Jesuiten. Fürst Löwenstein bat den ihm von der Versammlung der Duellgegner gespendeten Dank für sein sckneidigeS Bor gehen gegen die alte Unsitte bescheiden abgelebnt, mit der Bemerkung, daß er nicht ihm, sondern dem heiligen Alfonso (de Liguori) gebühre. Er bat damit die Gelegenheit benutzt, von dem in neuester Zeit Viel angegriffenen „Heiligen- etwas Löbliches zu sagen. Der kanns auch brauchen und ich gönne eS ihm. Viel Capital läßt sich daraus freilich nickt schlagen; denn eS müßte doch ein „ Wunderlicker- Heiliger sein, der sick, im Widerspruch gegen die christliche Moral, für daö Duell erklärte. Auch die Jesuiten haben eS nicht gethan, aber sie baben sich um die Duellfreunde damit verdient grmackt, daß sie neigte», wie da« ihnen lästige Verbot sich durch „Lenkung der Absicht" umgehen lasse. Ist es dem Fürsten Löwenstein Ernst mit der Abschaffung des sündigen Duells, so wird er nicht für dir Zulassung der Jesuiten ins Reick stimmen dürfen Denn was ein Alfonso möglicker Weise Gutes stiftet, daS verderben ihm diese. Wie sie daS fertig bringen, hat Nie mand besser gezeigt, als der fromme Katholik Pascal in seinem 7. Brief an einen Freund in der Provinz, und so beschränke ich mich darauf, ein paar Stellen aus der Unter. Haltung mit dem Pater, der die Geheimnisse des Ordens auSplaudert, zu citiren. „Ick behaupte nur, waS ich beweisen kann-, sagt der Pater. „Hören Sie beispielsweise unsren Reginald in seiner „Praxis" (S. 260). „Es ist dem Ein zelnen verboten, sick zu räcken. Denn also schreibt Paulus im Brief an die Römer: Vergeltet nicht BöseS mit Bösem" - .. „Wohl, mein Vater, und wenn dennoch Reginald etwas Anderes sagt, als die heilige Schrift, so liegt'S nickt an dem, daß er sie nicht kennt. Aber zu welchem Schluß kommt er denn endlich?" „Hören Siel „ES folgt", sagt er, „daß der Krieger den- jenigen, der ibu verwundet hat, verfolgen darf — nickt, um BöseS mit Bösem zu vergelten, sondern mit der Absicht, seine Ehr« zu bewahren." Bemerken Sie, wie streng sie die Absicht verbieten, BöseS mit Bösem zu vergelten, weil die heilige Schrift eS verbietet. So auch LessiuS: „Wer eine Ohrfeige bekommen bat, darf nickt die Absicht haben, sich ;u räcken; aber er darf wohl die Absicht haben, die Sckanbe der erlittenen Beleidigung zu vermeiden, und darf dieselbe in dieser Absicht sogleich und auch mit blauker Waffe zurück geben." " „O, mein Vater", rief ick auS, „das ist ein sauberes Früchtchen vom „Lenken der Absicht", und ich sehe wohl, daß sick damit weit kommen läßt. Inveffen eS giebt dock gewisse Fälle, deren Ausgleichung, obsckon eine solche für die Edel- leute sehr nöthig wäre, Ihnen schwer fallen dürfte." „Nennen Sie die Fälle, und wir werden dann seben!" „So zeigen Sie mir, daß eS erlaubt sei, sich zu buelliren; WaS auch daS Lenken der Absicht vermag" „Nun, wenn Sie nickiS weiter wollen! Da wird Sie unser großer Hurtado de Mendoza sogleich zufrieden stellen. Ich berichte nach Diana, der seine Meinung so wiedergegeben hat (Tract 14, S. 5): „Wenn ein Edelmann, der gefordert wurde, nickt gerade zu den Frommen gehört und man das weiß; desgleichen, wenn die Sünden, die man ibn aller Augenblicke begehen siebt, die Meinung nahe legen, daß er das Duell nicht aus GotteS iurcht ausschlüge, sondern aus Feigheit, — daher man von ihm sagen würde, er sei eine Memme und kein Mann —, so darf er sick, um seine Ehre zu retten, an dem sür den Zweikamps bestimmten Ort ein stellen; nicht freilich mit der ausdrücklichen Absicht, sich zu schlagen, sondern lediglich, sich zu vertheidigen, wenn der Herauforderer ebendahin kommen und ibn angreifen sollte." Eine an sich gleichziltige Handlung! Denn daß einer hinaus und spazieren geht, daß er wartet, ob einer kommt, der ihn angreisen will, und daß er, wenn dies geschieht, sich verthridigt, das Alles istebensowenigUnrecht, wie man sagen kann, daß er rin Duell angenommen habe. Denn die Annahme eine- Duell» besteht in der ausdrücklichen Absicht, sick zu schlagen, und die hat derjenige nicht, der die seinige auf etwas gan Anderes gerichtet dat." „DirSmal baden Sie mir nicht Wort gehalten, ehrwür diger Vater! DaS beißt doch eigentlich das Duell nicht er lauben, sondern verbiete»; und waS thut Hurtado anders, al- daß er, um daS Verbotene erlaubt zu machen, nur das Wort Duell vermeidet, nicht zugestehend, daß «S eins sei?" „Haha", sckmunzelte der Pater, „Sie fangen an zu ver stehen; da» freut mich! Nun könnte ich wohl sagen: er erlaube doch damit Alle», wa» die beiden Duellanten wollen. Aber ich muß Ihnen genauer antworteo. Viel mehr, unser Pater Layman soll'- sür mich thuu. Der erklärt nämlich da« Duell mit dürren Worten für erlaubt, wenn man e« nur mit der Absicht angenommen hat, seine Ehre oder sein Vermögen zu vertheidigen. So im 3. Buch, S. S: „Wenn ein Soldat oder ein Edelmann in Gefahr steht, seine Ehre oder sein Vermögen zu verlieren, fall« er «in Duell au-lchlägt, so finde ich ihn wegen dessen Annahme nicht zu verdammen." Dasselbe sagt Pater Hurtado, wir ESeobar unter 96 und 98 berichtet. Dazu buchstäblich: „Man darf sick auch schlagen, um Hab und Gut zu vertbeidigen —; denn Jeder hat da- Recht, auch wenn r« dem Feinde daS Leben kosten sollte, daS Seinige zu vertheidigen.- " Von diesen Stellen konnte ick nicht umhin zu bemerken, wie die Frömmigkeit deS Königs seine Macht zur Ab schaffung de« Duell« in seinen Staaten aufbietet, wäbrend die Frömmigkeit der Jesuiten ihren Scharfsinn be schäftigt, um e» in der Kirche zu erlauben und rechtmäßig zu machen. Aber der gute Pater war so im Zug. daß e« Un recht gewesen wäre, ihn zu unterbrechen. Daher fuhr er fort: „«Sanchez endlich — bemerken Sie wohl, wa« für Leute ich Ihnen citiref — ja, Sanchez gebt weiter; denn er er laubt nickt our die Annahme de« Duell«, sondern auch die Herausforderung, wenn man seine Absicht gut gelenkt hat, und Escobar stimmt ihm darin zu.- t Da« Größtmöglich« aber bietet Navarra: „Kann man seinen Feind heimlich tödten, so maa man'« thuu «ad daun lieb« nicht zu« Duell schreite». Man zieht sich damit leichter au« der Affäre und vermeidet ein Zweifaches: sein Leben auf- Spiel zu setzen und Tbeii zu haben an der Sünde, die unser Feind durch «in Duell begehen würde. - Wen e« intereisirt, zu welch äußersten Consequenzen die kasuistische Behandlung der Duellfrage sühren mußte und geführt hat, lese PaScal'S letti-68 pro- vineikilos, 7 wo; in der Uebersetzung deS Unterzeichneten: Die Moral der Jesuiten, Leipzig, bei Haessel, ist eS der dritte. Aber der bescheidene Auszug mag genügen, um die Behauptung zu begründen, daß die katholischen Duellgegner, wenn sie ihr löbliches Ziel erreichen wollen, sich ebenso ernstlich wie wir die Wiederkehr der Jesuiten ins deutsche Reich verbitten müssen. V. Drey dorff. Wer erbt Neuß a. L.? 6. Die Meldung au« Greiz, der regierende Fürst von Reuß jüngere Linie, Heinrich XXII., habe eS bei Gelegenheit einer Testamentsänderung für angängig erachtet, die bisherigen Be stimmungen Uber die Erbfolge einer Aenderung zu unterziehen, ist bald darauf als falsch bezeichnet worden. Mit Recht; denn mag auch vielleicht irgendwo die Ansicht bestanden haben, eine Ab änderung der Bestimmungen über die Erbfolge liege in der Macht des Fürsten, so ist diese Ansicht völlig haltlos; der Fürst kann die zwischen den verschiedenen reußischen Linien abgeschlossenen Ver träge einseitig weder umwcrfen, noch auch nur abändern. Während des ganzen Mittelalters erfolgte bei ven sämmt- lichen reußischen Linien die Succession nach den Grundsätzen der Lehenfolgeordnung, aber unter Anwendung des Theilungs- principS. Die Gefahren, welche das fortgesetzte Theilungssystem für die Stellung des Hauses mit sich brachte, konnten endlich nicht länger verborgen bleiben, und so setzt« man im Geschlechlsrecesse von 1690 den Grundsatz der Untheilbarkeit und der Succession nach dem Rechte der Erstgeburt für alle Speciallinien hausgesetz- lich fest und führte die reine Linealfolge für alle Successionen innerhalb der einzelnen Linien und zwischen der älteren und jüngeren Hauptlinie ein. Dabei wurde mit bestimmt, daß in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten des ganzen „Stammes Aeltester- das Dlrectorium führe. Bon Staatsrechtslehrern wird behauptet, daß dieser GeschlecktSreceß mit dem Geschlechtsve--ern« vom Jahre 1668 die ausführlichste Codification sei, die das Familienrecht eines Fürstenhauses jemals gefunden hat, weil sie werthvolle Beiträge für die Entwickelung des späteren deutschen, besonders deS sächsischen Familienrechks, enthalten. Diese Haus verträge bilden bis auf den heutigen Tag die Fundamente der fürstlich reußischen HauSverfaflung. Zunächst ist also festzuhalten, daß, falls die ältere Linie Reuß im Mannesstamme ausstirbt, die jüngere Linie zur Erbfolge be stimmt ist. Da nun die ältere Linie nur noch auf vier Augen steht, der Erbprinz wegen unheilbarer Geisteskrankheit un vermählt und ohne successionsberechtigte Nachfolger sterben wird, so wird sie in absehbarer Zeit zweifellos an die jüngere Linie fallen. Die in der Verfassung des Fürstenthums Reuß ä. L. vom 28. März 1867 im 8 3 des ersten Abschnittes niedergelegtc Be stimmung: „Die Staatserbfolae richtet sich, den reußischen Haus und Familienverträgen gemäß, nach den Grundsätzen der Erst geburt und der agnatischen Linealfolge im Mannesstamme-, kann vom Fürsten Heinrich XXII. ä. L. nicht willkürlich ab geändert werden, denn erstens gehört zur Aenderung der Ver fassung die Zustimmung des Landtages, dann aber zweitens vor allen Dingen zur Abänderung der reußischen Haus- und Familienverträge die Zustimmung der jüngeren Linie Reuß. Wenn auch der Landtag deS Fürstenthums Reuß 8. L., was wir übrigens für ausgeschlossen halten, seine Zustimmung zur Abänderung der Verfassung in der Richtung der Staatserb- folge geben würde, so würde das doch keine RechtSgiltigkeit erlangen, so lange nicht der jetzige StammeSälteste Fürst Heinrich XIV. Reuß j. L. sich damit einverstanden erklärte. Auf dies Einverständniß dürfte Reuß 8. L. denn wohl etwas lange warten müssen. Nun fragt eS sich weiter: Wie muß e» nach dem Ableben des jetzt regierenden Fürsten Heinrich XXII. Reuß 8. L. mit der Regentschaft gehalten werden? Da der Erbprinz Reuß ä. L. 23 Jahre alt, mithin volljährig ist, kommt hierbei 8 8 der Verfassung des Fürstenthums Reuß 8. L. in Betracht, welcher wie folgt lautet: „Ist der volljährige Landesherr au» irgend einem Grunde dauernd verhindert, die Regierung anzutreten oder die be reits angetretene fortzusetzen, so tritt für die Dauer der Ver hinderung ebenfalls eine Regentschaft ein. Diese gebührt zu- nächst dem zur unmittelbaren Nachfolge berechtigten volljährigen Prinzen deS fürstlichen Hause» älterer Linie. Ist ein solcher nicht vorhanden, so kommt die Regentschaft der Gemahlin deS an der Regierung verhinderten Landesherr», oder wenn derselbe unvermählt, dessen Mutter, und, wenn diese nicht mehr am Leben oder anderweit vermählt oder sonst behindert ist, dem nächsten volljährigen und regierungsfähigen Agnaten deS fürst lichen GrsammthauseS zu." ES ist daraus zu ersehen, daß, da in Reuß L. L. der geistes kranke Erbprinz keine Gemahlin hat, auch die Mutter nicht mehr lebt, der nächste volljährige und regierungsfähige Agnat de» fürstlichen Gesammthausr» zur Regentschaft zu berufen ist. DaS ist der regierende Fürst Heinrich LIV. Reuß j. L. Zwar bestimmt ß 10 der Verfassung de» Fürstenthum» Reuß 8. L.: „Sollte bei einem zunächst nach dem regierenden Fürsten zur Erbfolge berufenen Prinzen eine solche Geister oder Körperbeschaffenheit sich finden, welche e» demselben für immer unmöglich machen würde, die Regierung deS Landes zu führen, so ist über den künftigen Eintritt der Regentschaft zeitig zu verfügen.- Aber eS kann nach unserer Meinung da durch 8 8 nicht aufgehoben werden und nicht gewollt worden sein, daß eine „zeitige- Verfügung über den künftigen Eintritt der Regentschaft in einer anderen Richtung sich bewegen dürfe, als sie in 8 8 vorgeschrirben worden ist. ES bleibt also dabei, daß dem regierenden Fürsten Reuß Z. L. da» Recht auf Ueber- nahme der Rrgintschaft in Reuß ä. L. zusteht, sobald dessen Regent die Augen geschloffen hat. Der Krieg in Südafrika. Herr van Boeschoten, der Privatsekretär des 'Präsidenten Urugcr, ermächtigt die „Deutsche Wochenschr. i. d. Nieder!." zu der Mittheilung, daß die in dieser Woche in auswärtigen Blättern aufgetauchten Gerüchte von einer gefährlichen Erkrankung des Präsidenten völlig aus der Luft gegriffen sind. Der Präsident erfreut sich des besten Wohlseins und hat sich auch von dem schweren Schlag erholt, der ihn durch die Nachricht von dem Lode seines jüngsten Sohnes Tjaard getroffen hat. Im Hotel „Troinvenbcr.i", gegenüber der Villa Cara, sind augen blicklich 18 Kinder, Enkel und Urenkel des Präsidenten vereint, die eifrig bemüht sind, den alten Herrn von trüben Gedanken abzuleiten. Auch Frau Ricciardr-Eloff ist eingetroffen. — Derselben Quelle zufolge ist der von den Engländern erschossene Coinmanvant Lotter deutscher Abkunft. Er heißt eigentlich Lotter. Seit November 1899 stand er im Felde. Bis zum Ausbruch des Krieges wohnte er in Middelburg (Capcolonie), wo cr mit Fräulein Morgendaal verlobt war. Der kühne Boerenführer war erst 26 Jahre alt. Brief von Christian dc Wet, dem Unfindbaren, der an eine Dame in Genf gerichtet war, ist dem „Allgemeen Handelsblad" in Amsterdam zur Verfügung gestellt. Das Schreiben macht in seiner Schlichtheit und der ruhigen Gelassenheit einen ganz ausgezeichneten Eindruck. Der Brief hat folgenden Wortlaut: „Gott allein weiß, wann der Krieg zu Ende gehen wird. Mein Commando und ich sind fest entschlossen, bis zum Letzten zu kämpfen. Aus den Blättern, die Sie mir sandten, sehe ich, daß man sich gegenseitig der Grausamkeit den Gefangenen gegenüber beschuldigt. Glauben Sie den Zeitungsberichten nicht, sie sind falsch. Beide Parteien behandeln ihre Gefangenen mit so viel Wohlwollen, als unter den augenblicklichen Umständen möglich ist. Wir haben Alles, was nöthig ist, um unsere bescheidenen Bedürfnisse zu be streiten, da wir genug Vorräthe erbeutet haben, um noch lange Zeit aushalten zu können. Nur unsere Pferde leiden etwas bei den langen, zehn bis zwölf Stunden dauernden Märschen. Gott hat mich auserwählt, um meinen Bruder zu führen, und ich werde aushalten bis zum Aeußersten." Das holländische Blatt bemerkt dazu: Welch ein Unterschied in der Art, wie Christian De Wet von seinen und seines Vaterlandes Feinden spricht, und dem Ton, in welchem englische Minister und eng lische Blätter die Boeren für „herumstreifende Banditen" und „rovinx rukkians" erklären. Welch ein Contrast gegen die englischen Lügen über die Boeren, „die Gefangene und Un bewaffnete niederschießen", und der einfachen Erklärung De Wet's: Beide Parteien behandeln ihre Gefangenen so wohl wollend wie möglich." Der Brief zeigt mehr innere Bildung, als die Beherrscher und Generäle Englands je gekannt oder gezeigt haben. Von den unangenehmen Erscheinungen, die der südafrikanische Krieg gezeitigt hat, ist eine der bedenklichsten die große Zahl der eugUichen ttesnnnciir«, die Leichtigkeit, mit der der englische Soldat die Waffen streckt, und die Gleichgiltigkeit, mit der die britische Militärbehörde und das große Publicum diese betrübende Thatsach- aufnehmen. Das letztere ist durch die Häufigkeit der Gefangennahme, in Folge deren die Zahl der britischen Gefangenen die der boerischen wohl übertreffen würde, wenn die Boeren nicht gezwungen wären, die Gefangenen wieder laufen zu lassen, gegen das Ent ehrende der Waffenstreckung völlig abgestumpft; es tröstet sich mit der Erwägung — und gedankenlose Berichterstatter unter stützen eS darin nach Kräften —, daß die Gefangenen ja doch wieder freigelassen würden. Und selbst die militärischen Obern scheinen das Gift dieses Trostes eingesogen zu haben; denn man hört kaum einmal, daß Leute, die die Waffen gestreckt haben, vor ein Kriegsgericht gestellt werden, und des Oefteren fand sich in den amtlichen Berichten der wie eine Entschuldigung klingende Zusatz hinter der Zahl der Gefangenen und Ver mißten: „aber bereits wieder entlassen", sehr selten die An kündigung einer kriegsgerichtlichen Untersuchung, die niemals hätte fehlen dürfen. Aus diese wunde Stelle hat Sir CH. Dilke in einer liberalen Versammlung zu Bristol einmal rücksichtslos den Finger gelegt. Er wies darauf hin, daß selbst die ausführlichsten Kriegstagebücher, die jetzt veröffentlicht würden, über die Gefangennahme von 600 britischen Soldaten wie über Zwischenfälle hinweggingen, die etwas so Alltägliches seien, daß man nicht länger Notiz von ihnen zu nehmen brauche. Zur Zeit der allgemeinen Wahl habe er 25 Fälle dieser Art bedauernswerther Ereignisse erwähnt, und seitdem hätten sich noch zwanzig ähnliche ereignet. Die „Morning Post", die während des ganzen Krieges ein für englische Verhältnisse großes militärisches Berständniß an den Tag gelegt hat, nimmt diesen Hinweis muthig auf und nennt nicht nur die Fälle von Waffenstreckung, sondern auch die Apathie, mit der das Publi cum sie angesehen hat, eine der traurigsten Erscheinungen deS Krieges. In früheren Kriegen sei es untilgliche Schande ge wesen, sich zu ergeben, außer wenn es zum Aeußersten gekommen wäre und der sichere Tod der eigenen Sache hätte keinen Nutze» bringen können. Di« beste Methode sei gewesen, den Officier einer Abtheilung, die sich ergeben, vor ein Kriegsgericht zu stellen und zu erschießen. Den zahlreichen Fällen von Waffen- streckung in diesem Kriege hätte jedesmal eine kriegsgerichtliche Verhandlung folgen und deren Ergebniß hätte veröffentlicht werden sollen. * L«N»«N, 21. Oktober. (Telegramm.) Eine Depesche de« „Daily Mail" vom 20. Oktober au« Durban (Natal) sogt, e« scheine jetzt kaum noch ein Zweifel vorhanden, daß Botho mit einer Lckaar von Boeren durch den Pongolabnsch nach dem Swaziland entkommen sei. In Folge der riesigen Ausdehnung de« Busche» sei r» that>ächlich unmöglich, den Rückzug der Boeren in dieser Richtung zu verhindern; der Haupttheil der Boeren- strettkrLit» lei dagegen noch inuerhalb deS britischen Truppen ringe«. (Mgdb. Ztq.) * Lissabon, 21. October. (Telegramm) AuS Lourenyo Marq»r« wird gemeldet: Di» Boeren haben verschieden» eng lisch» Voftea in Swaziland überrumpelt und einig» hindert Kriegsgefangene dab«t gemacht. Nachdem di« Engländer dann ihrer Waffen, Munition und eine« großen ThrilrS ihrer Lebensmittel entledigt worden waren, wurde ihnen di« Freiheit zurückgegeben. — DaS Haus d«S englischen Lonful« ist mit portugiesischen Schildwachen und Nachts auch mit Lavallrrtr- Patrouillen umgeben morden, da man fürchtet, daß etwa» gegen etn Leben geplant fei. Wahrscheinlich eine unnöthigr Vorsicht. Schließlich noch die erstaunliche Nachricht, daß fett dem 4. «in englisches Kriegsschiff in Lourrn^o Marqur« gewissermaßen Hafenpolizei ausübt und darüber wacht, daß kein» Krieg«, contrebande ausgejchisft wird. Eine wunderbare Neutralität Pvr- tugals! (Voss. Ztg.) Deutsches Reich. 0. H. Berlin, 21. October. (Berlin unddie Woh nungsnot h.) Am nächsten Donnerstag wird sich unsere Stadtverordnetenversammlung mit einer socialpolitischen Auf gabe ersten Ranges zu beschäftigen haben. Es handelt sich um die Beseitigung der Wohnungsncth und die auf -dem Gebiete des Wohnungswesens bestehenden Mißstände. Der zu diesem Zwecke eingesetzte fünfzehngliedrig« Ausschuß hat den Stadt verordneten das Ergebniß seiner Berathungen unid Ent- chließungen zugeschickt. Den Versammlungen deS Ausschusses hat regelmäßig der Oberbürgermeister Kirschner beigewohnt. Vier Resolutionen sind angenommen worden. Die erste ersucht den Magistrat, ihr baldmöglichst eine Vorlage zu machen zwecks Errichtung von Wohnhäusern zur Vermie- thung von kleinen Wohnungen an von der Stadt beschäftig te Arbeiter und Beamte. Im Ausschüsse wurde ausgeführt, daß durch Errichtung von Woh nungen für Arbeiter das Verhältniß zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich bessern werde. Der Oberbürgermeister betonte, daß in allen städtischen Betrieben schon bisher für Arbeiterwoh nungen da gesorgt worden sei, wo das Bedürfniß sich heraus gestellt und wo man es für wünschenswerth erachtet habe, daß Arbeiter und Beamte in der Nähe wohnten, damit sie im Nothfalle schnell zu erreichen seien. Der Oberbürgermeister erklärte aus drücklich, daß er persönlich in der Errichtung von Arbeiter wohnungen einen Vortheil sehe. Von den städtischen Depu tationen hat sich besonders freundlich die Gasverwaltung für die Errichtung von Arbeiterwohnungen ausgesprochen. Von den Hausbesitzern dagegen wurde die Idee lebhaft bekämpft. Es wurde bemerkt, daß nach dem im Generalbureau geführten Verzeichnitz der Magistrat 1040 Dienstwohnungen gewähre, von deneck 258 außerhalb der Stadt belegen seien. 340 Dienstwohnungen ent fielen auf Dirrctoren, Oberlehrer, Rectoren, Aerzte, Ingenieure, Administratoren und andere höhere Stellungen, 280 auf kleinere Beamte, Lehrer und Lehrerinnen, Werkmeister, Oberaufsehe: und Aehnliche, 420 auf Aufseher, Schuldiener, Diener, Heizer, Wärter, Gehilfen, Kutscher, Portiers, Nachtwächter und Stadt sergeanten. Ties genüge dem Bedürfnisse. Lebhaftere Debatten noch knüpften sich an «inen socialdrmokratischrn Antrag, der die Errichtung eines Wohnungsamtes und die Anstellung von Wohn ungsinspectoren verlangte. Das Arbeitsfeld des Wohnungsamtes würde, so führten die socialdemokratischen Ver treter aus, sehr umfangreich und mannigfaltig sein, da ihm die Aufgabe gestellt werden müßte, alle, das gesammt« Wohnungs wesen betreffenden Daten und Ziffern zu sammeln, zu sichten, zu bearbeiten und in kurzen Zwischenräumen herauszugeben. Mit der Bearbeitung müsse im Norden und im Nordosten begonnen werden. Ein unentgeltlicher Wohnungsnachweis für kleinere Wohnungen würde der ärmeren Bevölkerung großen Nutzen bringen, da das lange Suchen nach Wohnungen neben allen anderen Unbehaglichkeiten auch erheblichen Lohnausfall mit sich bringe. Mit Einführung eines Wohnunzsnachweises sei man in vielen Städten bahnbrechend vorgegangen und überall habe man gute Erfahrungen gemacht. Nicht ganz so einfach, wie die Er richtung eines Wohnungsamtes und Wohnungsnachweises — so wurde in der Begründung fortgefahren —, sei die Anstellung von Wohnungsinspectoren, da die Stadt Mr Durchführung dieser Maßregel auf die Unterstützung der staatlichen Behörden angewiesen sei. Diese Unterstützung würde aber nach den neuesten Wohnungserlassen der preußischen Regierung und dem Vorgehen anderer Bundesstaaten sicherlich nicht versagt werden. Wohnungs- inspectionen seien eingesetzt in Elsaß-Lothringen auf Grund deS Gesetzes vom 13. April 1850, in Hessen durch Gesetz vom 1. Juli 1893 für alle Gemeinden über 8000 Einwohner, in Hamburg durch Gesetz vom 8. Juni 1898, in Bayern durch Verordnungen vom 22. Juni 1900 und 10. Februar 1901; die sächsisch« Regie rung habe vor Kurzem die Aufforderung an die Kreishauptmann schaften gerichtet, in den Gemeinden auf Einführung geordneter Wohnungsaufsichten hinzuwirken; außerdem beständen Woh- nungsinspectionen in Essen, Düsseldorf, Eisenach, Mannheim, Karlsruhe, Göttingen, Offenbach und Heidelberg. Muster seien also zahlreich vorhanden und auch in Berlin werde Vie Ein setzung von Behörden, welche die Machtvollkommenheit haben, Besserungen durchzuführen und eventuell zu erzwingen, sich nicht umgehen lassen. Den socialdemokratischen Antragstellern wurde erwidert, daß di« Polizei schon heute Räumung von Wohnungen verlange, die sich zum dauernden Aufenthalt« von Menschen nicht eignen, die Stadt sei hierfür nicht zuständig. Im Uebrigen könne die Stadt beim besten Willen hier nicht vorbildlich «wirken, da sie keine gesetzgebende Instanz sei. Die Wohnungsfrage sei beim Staate in Fluß, daher soll« man abwarten, was dort dabei herauskomme. Der Ausschuß nahm schließlich folgenden Beschluß an: „Die Versammlung ersucht >den Magistrat, dafür Sorge zu tragen, daß die statistischen Beobachtungen auf dem Gebiete de» Wohnungswesens derart erweitert werden, daß möglichst all jährlich ein genaues Bild über di« Wohnungsverhältnisse ge wonnen wird." Die beiden anderen angenommenen Resolutionen bezüglich Beseitigung der Wohnungsnoth sind rein localer Natur. Berlin, 21. October. (Der„reactionäre Misch masch" und die Wahl in Wiesbaden.) Der „Vor wärts" wülhet schon jetzt gegen das voraussichtlich« Zusammen, gehen des „reaktionären Mischmaschs" bei der Wahl in Wies baden, falls dort eine Stichwahl erforderlich wird. Interessant ist es dabei,daß das sokialistifck«Centralorgan auch di« süddeutsche Demokratie zu dem „reaktionären Mischmasch" rechnet. E» schreibt nämlich: „Daß der ganze reactionäre Mischmasch sich trotz aller jetzigen gegenseitigen Befehdung in letzter Stunde wieder zusammenfinden wird, davon sind auch wir überzeugt. Recht
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