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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011016022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901101602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901101602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-16
- Monat1901-10
- Jahr1901
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LII»ocknipkr: »»' (14/10, tu (1410) iu>ck l^cki»' (12^0) obar«^ 02,10) w«r, .StoUt»" » vi« Vood»» : 8otu»U- unck , 28/18, (üllirio l-nt»«' S»1tt»or»: r' 21/11; °«-d 'vod«: ,Ro>- IS/18, .Sol«vck' ritt«kt»ck- SOI, S/Iv, ,rnm«» Bezugs «Preis t» -« Hanptexpedtttou oder deu t» Stadt- be»trk and deu Vororten errichtete» Lut- gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^4 4 50, bei zweimalige: täglicher Zustelluuz in« Hou» >ll 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland a. Oesterreich: vierteljührl. 6. Man abouutrt ferner mit entsprechendem Postauffchlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem, bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäische» Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug uur unter Kreuzband durch die Expedition diese« Blatte« möglich. Di« Mvraew-AuSgabe erscheint um '/»? Uhr,/ di« Llbeud»Au«gaoe Wochentag« nm 5 Uhr, Le-artion und LrpMion: JohanntSgaffe 8. Filialen: Alfred «ahn vorn». O. Klemm'« Sortim. Luwersitütsstrabe S (Poultnum), Louis Lösche, Onthnrtnmistr. Ich psrr. »*d Ksaigsplatz 7. Abend-Ausgabe ripMer TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ärnkes -er Ltadt Leipzig. Anzeige« «Preis die S gespaltene Petitzeile LS Reklamen unter dem Redaction«strich (4 gespalten) 75 vor deu FamUteuaach» richten (S gespalten) 50 H. Dabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteaaanahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l SO—, mit Postbesördenmg 70.—» Anuahmeschluß für Anzeigen: Lbend-Anlgab«: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittags 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stund« früher. Anzeigen find stet« an di« Expedition zu richten. Die Expedition iS Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol« « Leipzig. Nr. 529. Mittwoch den 16. October 1901. SS. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Standrechtlich erschossen. * Middelburg (Lapcolouie), 15. Oetober. Wol- saardt, Leutnant im Kommando Lotter's, ist heute erschossen worden. Ein Londoner Blatt, der „Morning Leader", schreibt: Wir haben jetzt den Rebellenführern gezeigt, daß sie, wenn sie sich er geben oder gefangen werden, die Todesstrafe erleiden müssen, ihre Mannschaften wissen, daß sie mindestens lebenslängliche Zucht hausstrafe im gleichen Falle zu gewärtigen haben, während minderjährige Rebellen Stockprügel erhalten und für die weitere Dauer des Krieges im Gefängniß sitzen müssen. Giebk es nun irgend einen Politiker oder auch nur irgend einen Cabinets- minister in England, der wirklich der Üeberzeugung ist und glauben kann, daß diese Maßregeln in irgend welcher Weise dazu beitragen können, die Boeren oder die rebellischen Capholländer zu veranlassen, die Waffen zu strecken und freiwillig sich in unsere Hände zu liefern? Daß dies möglich wäre, glaubt natürlich weder Herr Cham berlain, noch irgend einer seiner Collegen, und sie haben auch längst nicht mehr die Absicht, durch das augenblickliche Schreckens regiment in Südafrika irgend etwas Anderes zu erzielen, als den "verzweifelten Widerstand der Boeren und rebellirenden Freunde so schnell als möglich aufs Aeußerste zu treiben und an Hand der dadurch geschaffenen Lage auch die letzten Rücksichten fallen zu lassen, um schließlich mit allen verfügbaren Mitteln und Möglich keiten den Vernichtungskrieg gegen die tapferen Feinde durch zuführen. Lotter'« Hinrichtung. * Wien, 18. Octobrr. Der größte Theil der hiesigen Presse drückt seine E n t r ü st u ng aus über die Hinrichtung des Boeren- fllhrers Lotter. Das „Neue Wiener Journal" schreibt, falls die Engländer auch bei dem gefangenen Boerenführer Scheepers das Standrecht anwenden sollten, dann wäre es Zeit, daßsichauch die Boeren von jedem Begriff des Kriegs rechtes freimachten und die Engländer ebenso behandeln. Die Verantwortung für die durch das Vorgehen der Engländer nothgedrungen eintretende grenzenlose Verwilde rung treffe eben nur die Engländer, di« in diesem Kriege einen Rechtsbruch dem anderen folgen lassen. (Rhein.-Westf. Ztg.) An der Grenze de« SwaztlandeS. Di« Besetzung des Piet Retiefs durch die Engländer ist wohl so zu denken, daß sich die Abtheilung, welche Botha den Weg nach Norden verlegen sollte, nach Piet Retief zurückgezogen hat. Die Besetzung dieses Ortes scheint aber jetzt von ganz nebensäch licher Bedeutung zu sein, da die Boeren offenbar gar nicht Piet Retief, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach Amsterdam, das 25 englische Meilen in nordwestlicher Richtung, gleichfalls an der Swazigrenze, liegt, als Co ckcie n tzrati o n AP u n c t gewählt haben. Auf Amsterdam marschiren di« Boeren jetzt in drei größeren Abtheilungen los. Di« erste dieser Abteilungen steht unter Hans Botha, der von Standerton in nördlicher Richtung nach Bethel gegangen ist und nun von dort aus über Ermelo in westlicher Richtung nach Amsterdam zu ge langen sucht. Daß dieses Commando an Piet Retief vorbei- marschirt sei, ist durchaus unwahrscheinlich, da dies ein Umweg von 20 englischen Meilen gewesen wäre, zu dem keinerlei Ver anlassung vorlag, denn der Ausdruck, das Commando sei „ent kommen", kann schon deshalb keinerlei Berechtigung haben, weil diese Abtheilung überhaupt noch nicht mit englischen Truppen zusammengestoßen ist. Die zwei weiteren Abtheilungen, welche die Richtung auf Amsterdam haben, sollen nach d«m Tele gramm südlich von der Linie Piet Reties-Wackerstrom stehen. Das kann auch nicht stimmen, nachdem gemeldet worden ist, daß die eine der beiden Abtheilungen, in welche Botha seine Streit kräfte iheilte, schon am Sonntag von Wackerstrom aus in nörd- licher Richtung aufgebrochen ist, während die andere, bei der sich Botha befindet, mit der Vorhut westlich von Piet Retief steht, mit dem Gros noch im Pongolawald sich befindet und sogar mit der Nachhut jetzt wohl schon über den Vewaan hinüber ist. Die „Operationen" Bruce Hamilton' s, von denen in den Telegrammen so viel die Rede ist, sind völlig belanglos. Er „verfolgt die Wagen", offenbar, ohne sie fassen zu können, denn zwischen diesen Wagen und den Truppen Hamiltons steht eben Botha mit der Elite seiner Leute. Botha ist nicht bei der Vorhut; er hat auch die Wackerstrom-Abtheilung GrobelaarS unterstellt, um im Pongolawald zu bleiben. Daraus geht hervor, daß hier die schwerste Aufgabe der Boeren liegt, und dem ist in der That so. In den letzten Telegrammen war die Rede von einem großen Proviantzug der Boeren, der sich nördlich von Bewaan in nordöstlicher Richtung bewegte. Dieser Proviantzug, den Botha, wahrscheinlich schon am Sonnabend, selbst übernommen bat, muß durch den Pongolawald gebracht werden und soll dann in Amsterdam die Vorräthc der drei sich treffenden Abtheilungen ergänzen. Die schweren Wagen in der Regenzeit durch die Sümpfe des Pongola-Bosch zu bringen, ist rin großes Stück Arbeit, doch scheint es durch den Nebel, welche die Operationen der Boeren verschleiern, gelingen zu wollen. Botha versucht offenbar, die Wagen an verschiedenen Stellen über den Pongola zu schaffen und hat zu diesem Zwecke seine Ab theilung aufgelöst, abgesehen davon, daß das ja auch an und für sich durch das Gelände geboten scheint. Von etner Umstellung der Boeren kann insofern nicht die Rede sein, als eine britische Streitmacht, die sich mit ihnen in ein Gefecht einlassen könnte, nur südlich vom Pongola steht; im Norden befindet sich das kleine Piet Retief-Commando, im Osten aber haben dir Boeren gerade durch das Wackerstrom-Commando eine trefflich: Flankendeckung. Gelingt es Botha selbst, seine Aufgabe zu lösen, was man ihm wohl zutrauen kann, dann ist es mit der ganzen Umstellung nichts, und die Telegramme geben ja auch zu, daß ein Entkommen Botha's möglich sei. Die Engländer würden dann bei Amster dam Gelegenkeit haben, den Boeren, die vereinigt mindestens eine Stärke von 4000 Mann haben dürften, eine Schlacht anzubieten. Von den Pongola-Niederungen aber steigt der Weg noch Amster- dam scharf an, hier ist also immer der im Vortbeil, der weiter nördlich steht, so daß buchstäblich Alles davon abhängt, wer zuerst aus dem Pongolawald herauskommt. Der Vortheil, den Botha vor seinen Gegnern hat, besteht darin, daß er, zuerst an den Pongola gelangt, sich die Ucbergangsstelle heraussuchen konnte und die nördliche Furth des Flusses, die bei Zendelings-Post nordöstlich von Luncburg, gewählt hat. Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. October. Ein kürzlich erschienener ausführlicher Bericht über die letzte Delegirtenversammlung des CentralverbandeS deutscher Industrieller bot der rechtsagrarischen Presse den willkommenen Anlaß, die bekannte Auslassung VeS nunmehrigen Handels minister« Möller über den Doppeltarif für Getreide noch mals wiederzuzeben. Wir glaubten von der Reproduction der Repropuction Abstand nebmen zu dürfen, da wir jene Darlegung deS damaligen nationalliberalen Abgeordneten wiederholt erwartet hatten.DieReminiScenz macht aber bedeuten den Eindruck, wcSbalb wir auch der Auffrischung nicht länger aus dem Wege gehen zu sollen glauben. In der erwähnten Versammlung des CentralverbandeS der Industriellen also wiederholte der Kölner Commerzienrath Julius Vorster daS Bekannte folgendermaßen: „Auch zu der Frage des Doppeltarifs habe ich eine sehr interessante Aeußerung gefunden, die sich in einem Berichte der „Kölnischen Zeitung" findet, und bei den damaligen Beziehungen von Excellenz Möller zur „Kölnischen Zeitung" kann dieser Bericht wohl als authentisch betrachtet werden. Er ist auch un- widersprochen geblieben. Excellenz Möller führte im vorigen Winter — ich wiederhole, als er noch nicht Minister war — in einer Versammlung — ich glaube, es war in Bielefeld — Folgendes aus: Er erkenne aber an, daß man bei der parlamentarischen Machtstellung, die die agrarischen Ausfassungen zur Zeit einuähmcn, nicht werde umhin können, der Landwirthschast iür gewisse ausschlaggebende Erzeugnisse in der Einführung von Mindestsätzen in den Taris «ine Bürgschaft für die Gewäh rung eines bei den Vertragsverhandlungen nicht zu unterschreitenden Zollschutzes zu gewähren. Er empfehle daher ein solches gemischtes System von wen-gen Mindestsätzen und einer großen Mehrzahl von Einheitssätzen. Er empfehle, die Doppel>ätze für die Land« und Forstwirthschaft zunächst nur für die Haupterzeugnisse: Brodgelreide, Vieh, Fleisch und Rohholz, ein. zusetzcn." Wir glauben, daß diese Ausgrabung den zum Anhören verurtheilten derzeitigen thatsächlichen geistigen Leitern deS CentralverbandeS, den Herren Jenke, Bueck u. s. w. fataler, als deut Handelsminister ist. Herr Möller bat zwar nach seiner Ernennung zum Minister sich ungefähr dahin ausgedrückt, er habe, weil er von der Berufung, bevor sie erfolgt, nock keine Ahnung gehabt und edShalb als Privat mann Manches öffentlich gejagt, waS ihn nun bindere, für das weiße Blatt zu gelten, als das eS als Minister zunächst gelten möchte. Es ist möglich und sogar wahrscheinlich, daß der nunmebrige hohe Staatsbeamte bei dieser Auslassung auch seine Bemerkung über den Doppeltarif im Auge gehabt bat. Aber es ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß er seine Auffassung von der zeitlichen Zweckmäßigkeit eines Doppel tarifs nicht deSavouiren wollte und daß das Bedauern über die Offenherzigkeit des Privatmanns nur einer Stelle in der Begründung deS RatbeS, dem Verlangen der Landwirth- schäft zu willfahren, zu gelten hat. Die so motivirte Empfeh- lung einer Sicherung der Landwirthschast mag er bedauern, weil sie nicht nur bei dem oder jenem Collegen in Preußen und in der Reichsregierung, sondern auch höheren Ortes um so mehr Anstoß erregen konnte, als Herr Möller, was der Com merzienrath Vorster nicht in Erinnerung gebracht zu haben scheint, vom verhandlungstechnischen Standpuncte auS das Doppeltarifsystem im Allgemeinen nicht gerade gepriesen batte. Der Minister wird nicht wiederholen, WaS der Fabrikant gesagt hat, aber wir bezweifeln, daß er, der eifrigste Vertreter deS Sammlungsgedankens, heute anders denkt. Wie dem aber sei, das Bedürfniß der Landwirthschast, eine Bürgschaft gegen Geringachtung ihrer Interessen zu ge währen, ist heute — natürlich nur für den, der dies Bedürf niß überhaupt empfindet — stärker als je. In Berlin riecht eS nach Umschwung. Manches ist noch nicht recht greifbar, Manches ist eS, aber noch nicht druckfädig, Manche- wird dies sogar niemals werden, aber gewisse Anzeichen, di« man wenigsten- erwähnen kann, deuten ebenso auf eine Sinnesände ¬ rung. Dieser Tage wurden vom Reichskanzler drei Vertreter de- Handels und der Industrie in den wirthschaftlichen Ausschuß zur Vorbereitung der Handelsverträge berufen. Dieser Act wird rum Tbeil, vielleicht auch ganz, zur Ausfüllung entstandener Lücken vorgenommen, aber die Persönlichkeit wenigsten- eine- der neu berufenen Herren läßt Biele auf ein wirthschaftS- wlitischeS NachlinkSrücken, insbesondere auf die Absicht chließen, den Doppeltarif fallen zu lassen. Daun die Haltung der bayerischen Minister in der Verhandlung über die Zolltarif-Interpellation in der Münchener Kammer. E« ;atte Niemand erwartet, baß diese Negierung sich irgendwie über irgend einen Zollsatz äußern werde, aber eS fällt auf, daß sie sich über den Doppeltarif gänzlich auS- geschwicgen hat. Daß Bayern dem Doppeltarif zu- "limine, ist allgemein angenommen worden, und jetzt hofft man da und fürchtet dort, die zweitgrößte Regierung werde verzichten, um einen aussichtslosen Kampf mit Berlin zu vermeiden. Wir möchten darüber keine Vermutbung äußern. Der Eindruck aber, daß unverantwortliche Rath geber mit Erfolg an der Arbeit waren und sind, ist nicht abzuweisen, und die Gefahr, daß abermals unter anderen als wirthschaftSpolitischen und selbst durchdachten, rein politischen Gesichtspunkten Handelsverträge abgeschlossen werden, ist näher gerückt, als sie noch vor Monaten war. Im Doppeltarif, mag man technisch von ihm wie immer denken, scheint das einzige wirksame Mittel zur Abwendung der Ge fahr gegeben, und ihn hat ja auch Graf Bülow gut geheißen, der von allen Deutschen daS stärkste Interesse daran hat, keine Schwierigkeiten für die HandelSvertragSverhandlungen mit den anderen Staaten zu schaffen. Die Minimalsätze deS Tarifs sind vielleicht etwa- zu hoch — die bayerische Ne gierung soll hinsichtlich deS Gerstenzolls (3 „L) diesen Stand- punct einnehmen —, aber ein irgend beträchtliches Herabgehen unter den bisherigen autonomen Tarif bei Roggen und Weizen würde die Landwirthschast auf daS Grausamste enttäuschen und den inneren Frieden heftig erschüttern. Die Socialdemokratie würde hier ein Zurückweichen vor ihr kaum mit der Aneignung von vaterländischer und monarchischerGesinnung lohnen und die „Loyalität" deS freihändlerischen Element- dürfte kaum ein so starkes Gewiä« . in die Waagschale fallen lassen, daß die Wirkung einer dauernden Erbitterung von Millionen von Landwirthen ausgeglichen werden könnte. Die Vertreter deS Handels und der Industrie, da- ist unsere Meinung, müssen aus allgemeinen staats- und reickspolitischen Gründen eine Verletzung berechtigter landwirthschaftlicher Interessen zu ver hindern suchen uud daher die geeigneten Abwehrmittel bieten. Die Industrie hat aber im Allgemeinen und für viele Zweige ein besonderes, ureigenes Interesse zu wahren. WaS in Berlin droht, ist ein Ueberhandnehmen deS Einflusses der Hochfinanz, und Herr vr.v.Siemen- war vielleicht wirklich fchon der — zunächst statt Möller — gekommene Mann, wenn er selbst seine Zeit schon gekommen geglaubt hätte. Eine übermächtige duuts danguo bildet aber für ein natio nales Gewerbe und Großgewerbe eine Gefahr auS ver schiedenen Gründen, nicht zuletzt deshalb, weil sie sehr bereit ist, zur Verpflanzung deutscher Unternehmungen inS Ausland die Hand zu bieten. Der Unternehmergewinn strömt ja dabei an daS Großkapital zurück, die Arbeit ist aber dem Heimath- lande verloren. Zu dem von deutscher Seite in Aussicht genommene« Bau einer ost afrikanischen Centralbahn ,st ei» neues Projekt hinzugetreten, das zwei wichtige Ktfcnbahnvere bindunge» tm Congogediete zum Gegenstände hat. Die erste dieser Linien soll von den etwa unter dem 3. Grad nördlicher Fettilleton. Olof Thoroldsen. Roman von Anna Maul (M. Gerhardt). Nachdruck verbolcn. Lkenn Olof in die sturmgepeitschten Wolken, in die grau«, auf gewühlte See blickte, dachte er an sein« Mutter. Er Haide schon bereut, sie nicht mitgenommen zu haben. Sie hätte kein Bedenken gekannt — wäre auch vor einem ruhelosen Wanderleben, wie es wohl zunächst noch vor ihm lag, nicht zurückgcschreckt. Aber hart angelommen wäre es ihr."Die hatte sich eingelebt in weiche, flauen- hast« Behaglichkeit. Schon die stürmische Seereise hätte sie vielleicht umgeworfen. Besser doch, sie daheim zu lassen. Sie hätte zuviel von seiner Zeit und seinen Gedanken beansprucht — cr hatte nicht- übrig. Seine Gefährtin mußte jung und rüstig und fröhlich sein, ihn nirgends hindern und stören, Sinn und Verständnitz für Alles haben, was ihn beschäftig« — und am Feierabend mit ihm lachen und kos«n. — Das war wieder Lissi. Aber von Lissi wollte er nichts mehr — gar nicht mehr an sie denken. Er würde auch allein fertig werden. Wenn er mir erst wieder in Thätigkeit war. — Wenn nur erst die müßigen Tage, diese verfluchte, winselnde Senti- mentokität überwunden war! Eines Abends im Salon wurde Olof in norwegischer Sprache angerrdet — von einer Dame in mittleren Jahren, die er schon öfter gesehen, von stattlicher Gestalt, lebhaftem, energischem, brünettem Gesicht und solider Eleganz der Kleidung. „Oh! — Sie lesen Ibsen in der Ursprache!" — Olof fuhr aus brütendem Hindämmrrn auf und reicht« den Band, in dem er geblättert und den er müßig in der Hand hielt, mit einer Entschuldigung seiner Eizenthümerin hin. „Leider sind die paar Brocken, die sich noch in meinem Ge- dächtniß vorfinden, ungenügend, norwegische Bücher — und wären eS auch nicht Jbsen's Dramen — zu lesen", antwortete er deutsch. „Ein Landsmann des Dichters sind Sie jedoch?" „Allerdings. Von väterlicher Seite wenigstens. Woraus schließen gnädige Frau darauf?" „Aus Ihrem Aeußeren, Wuchs, Gesichtsschnitt, Farbe, All«S rein nordischer Typ. Sie haben Ihne Heimath früh verlassen?" „Ich war nie im Norden. Ich wurde in Deutschland geboren und erzogen, und gtng dann nach Amerika." „Also ein moderner Kosmopolit. Mir ging es umgekehrt. Ich bin Deutsche und habe^die Hälft« meines Lebens in England und Skandinavien zug«bracht." „Gnädige Frau haben sich in's Ausland verheirathet?" „Doch nicht. Ich bin unv«rheirathet geblieben, Fräulein von Brunsdsrf. Ich ging nach England, um zu lernen, dann nach Schweden und Norwegen, um zu unterrichten. Ich bin eine gute Lehrerin. Soll ich Ihnen helfen, sich mit Ihrer — Vaterlands sprache wieder auf guten Fuß zu stellen? Wollen wir Ibsen zu- sammen studiren?" „Sie sind sehr gütig —" Olof stellte sich vor und fügte zögernd hinzu: „Es würde mir ungemein interessant sein." „Mr brauchen nicht Furcht zu haben, daß ich Sie an die Schulbank fesseln will", erwiderte Fräukin v. Brunsdorf lachend, „Wenn Sie aufgelegt sind, kommen Sie zu mir. Wir sind ja noch einige Tage Reisegefährten." Im Laufe dieser Tage gestand sie ihm, daß der finstere, un gesellige Passagier, den anzurcden ein Wagniß schien, von An. beginn ihr Interesse erregt und ihre Lust gereizt habe, „tc> meckckl« vitk dis melnnekol^". Nach dem Grunde seiner Schwermuth fragte sie nicht. Sie war überhaupt eine Dam« von feinem Tact und besten Umqangsformen, dabei von heiterer Unbefangcnhstt und sicherer Weltläufigkeit im Verkehr. Sie kannte Jedermann auf dem Schiff und stand mit Jedem auf gutem Fuß. Olof hatte das Alleinsein bereits satt und stellte den gütigen Bemühungen seiner neuen Freundin, ihn seiner menschenfeind licher Hypochondrie zu entreißen, geringen Widerstand entgegen. — Die Sprachstudien wurden mit Eifer begonnen, aber ein bischer. Grammatik und Lectüre diente eigentlich nur zum Vor- Nanv langer Discussionen über allerlei Problem« und Lebens frage!. — Fräulein von Brunsdovf plauderte fern und mit fesselnder Lebhaftigkeit. Sie hatte viel gelesen und viel von der Wtlt gesehen, und zwar mit offenen Augen und regem Per- ständiuß. Ein« M«nge bedeutender oder doch vielgenannter P:r- sönlichkesten "waren ihr begegnet. Ueber menschliche Verhältnisse im Großen und im Einzelnen hat!« sie ein sicheres und treffendes Uriheil. Sic machte die Ueberfahrt als Begleiterin und Beschiitz-r:n ciner jungen Comteß Horn, deren Erziehung sie geleitet, und die sie ihrem Großvater in Kentucky zuführen sollt-. Comteß Jng«borg kam erst zum Vorschein, als der hohe See gang d«r ersten Tage sich gelegt und sonniges Wetter eingetreten war. Si« war von zart«r Gesundheit und mußte vor jedem rauhen Lüftchen gehütet werden. Kaum seA«hn Jahve cklt, schmächtig aufgeschossen, mit schmalem, feinem, lilienweißem Ge sichtchen, weizengelbem Haar und unschuldigen, blauen Augen, war sie ein ebenso reines Urbild nordischer jungfräulicher Zartheit, wie Olof das nordischer stählerner Kraft. Di« Beobachtung dieser landsmannschaftlichen Achnlichkeit machte ihm Vergnügen; überhaupt wurde Comteß Jngeborg ihm ein Gegenstand «igenthümlichen Interesses. Ste war so ganz anders, als alle jungrn Mädchen, die er bisher kennen gelernt. So recht eigentlich das, was er gegen Lissi „eine Prinzessin unter der Glasglocke" genannt hatte. Sie und ihre Ehrendame r«- präsentirten ihm die höheren Gesellschaftskreise, die ihm bisher eine torrs incoguita geblieben, in ihren verschiedenen Elementen und in mustergiltrgen Exemplaren. Und da er unbeschäftigt und seinen Gedanken zu entfliehen bemüht war, so sträubte er sich nicht gegen Einflüsse, di« in milder Weis« die Lücken seiner Bil dung ausfüllten. Aeußerst selten redet« er di« junge Comteß an. Was hätte er ihr sagen sollen? — Und da sie schüchtern und zurückhalten der Natur war, so blieb es Anfangs bei einem stummen Verkehr. Di« kleinen Ritterdienste, die Olof dem verwöhnten, elfenhaften Geschöpf gern erwies, wurden wie etwas Selbstverständliches an genommen, auch gelegentlich verlangt. Das war etn« Auszeich nung, — und überhaupt konnte Olof merken, daß er bei der „Prinzeß" in Gnaden stand. Einmal, als er sie mit einem großen Photographiealbum be schäftigt fand, fragte er scherzend, ob ein so umfangreiches Bc- hältniß nöthig wäre, die Bilder ihrer Freundinnrn mit über'- Meer zu führen. Sie lächelte erröthend, nickte und li«ß ihn mit in daS Album sehen. Sie machte ihn mit ein«m Dutzend junger Damen zwischen zwölf und achtzchn Jahren bekannt und skizxirte ihm jede Einzeln« nach Gemüthsart, Famili«nbezi«hungen und gemeinsamen PensionatSerlebniflen. Von Einigen gab es zwei, mich drei Aufnahmen aus verschiedenen Altersstufen. Auch einige Lehrerinnen waren der Einfügung in das goldene Buch gewürdigt worden. Ein junges, munte'r aussehendes Fräulein, von der es vier Bilder gab, war Jnzeborg'S Herzrnsfnundin. Der Großvater hatte ihr erlaubt, sie nach Jena — so hieß seine Besitzung — mit- zubringen. Sie hatte Lola's Versprechen gehabt, Freud und Leid mit ihr zu theilen, sich niemals von ihr zu trennen, nie mals — bis zum Tode. Aber kurz vor der Abreise hatte Lola sich verlobt und war jetzt wohl schon verheirathet. DaS war ein« bittere Enttäuschung — ein schier unüberwind licher Schmerz. ,Saffen Sie sie sichren", tröstete Olof. „Mm muß sein Herz nicht an Menschen hängen. Sind sie nicht auf einander angewiesen, wie Eltern und Kinder, so ist auf ihre Treue kein Verlaß. Und auch dann kaum. Sie werden mue Freundinnen stüden Comteß. Si« werden sich selbst verleiben und heirckthrn und Ihre Pensionszeit vergessen." Jngeborg sah ihn vorwurfsvoll mit großen, feuchten Augen an und klappt« ihr Buch zu. ?S-ie kennen mich nicht. Ich ver gesse nicht", sagt« sie leise. Von da ab war das Eis gebrochen, sie vertraute Olof alle Freuden und Leiden ihres jungen L«bms an und fürchtete sich nicht vor seinen pessimistischen Gegenreden. Sie hatte ein« süße Stimme und eine liebliche, etwas eintönig« Art, zu sprechen. Sie hatte wunderbar fein«, blüthenweiße Hände, und die zierlichsten Füße, di« Olof je gesehen. Ihr« gold braunen, gestickten Schuhe waren kleine Kunstwerke. Ihr Anzug, obgleich einfach, wie die Seereise es erforderte, war von kost barem Stoff und gewähltestem Geschmack, und täglich gab irgend eine kleine Aenderung, ein« Schleife, ein Schmuck, ihn eine neue, fein« Nüance. Mit Verwunderung bsobachtete Olof das Raffine ment in diesen kleinen, und doch so unendlich wichtigen Tntlctten- kiinsten. Welcher Cultus mit dieser kleinen Persönlichkeit ge trieben wurde. Alles um und an ihr war geheiligt, und di« Frag«, ob bi«ser oder jener Hut, ob der Spitzenkragen oder daö Ackchen anzulegen sei, eine Sach« von Bedeutung. Olof glaubte am Ende selber an ihr« Bedeutsamkeit. Lissi hatte er nie anders als in ihrer kleidsamen rothen Dollblvuse nebst dunklem Rock ge sehen, ihr Anzug war ihm vollkommen gleichgiltig geblieben. —> Aber Vies« ganz kleine Prinzeß war ein kostbaren Luxusartikel, ein künstlerisches Kleinod, noch dessen Besitz zu trachten fchon eine hohe Selbstschätzung im materiellen und moralischen Sinne be deuten würde. MS Olof mit Fräulein von BrunSdorf fchon auf ziemlich vertrautem Fuße stand, warf er eine Bemerkung darüber hin. Fräulein von Brunsdorf, die eine eifrige Vorkämpferin der Frauenrechte war, zuckte mit den Schultern. „Jawohl, das ist die Töchtererzirhung kn der vornehmen Welt. Aber nicht Alle gehen so passiv darin auf, wie meine arme Jng«borg. Si« ist ein liebes, süßes und zvemkich verständiges kleines Ding, si« weiß, was sie will, und noch bessor, was ste nicht will. Niemals würde sie ihrem Innenleben Gewalt anthun, aber es fehlt die Initiative, alles Fremde stößt sie ab. sie muß die Menschen auf Armeslänge nahe haben, um sich für sie zu erwärmen, ja nur sie überhaupt zu beachten. Sie ist eine ge borene klein« Lristokratin. Wer ste gewinnt, hat sie ganz. Ih fürchte sehr, ste fällt einmal einem Unwürdigen -ur Amte,'
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