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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011026017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901102601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901102601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-26
- Monat1901-10
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Bezug-,Preis A» b« Ha»pterp«dttto» oder de» tm ktadb> teztrk »ad de» Vororte» errichtete» LuS- »avestelle» «bgrholt: otrrteljährllch 4.Ü0, oet zweimaliger täglicher Zu ftelluug trL Hau» 5.50. Durch di« Polt bezöge» für Deutschland ». Oesterreich , vtrrtestährl. 6. Ma» abo»»trt ferner mit »atsprrcheudem Postaasfchlag bei de» Postaastaltea in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- barg, Dänemark Schweden und Norwegen, Rußland, deo Donaustaaten. der Europäische» Türkei, Egypten. Für all» übrigen Staaten kß der Bezug anr »ater ttreuzdaod durch die Expedition dielet Blattet möglich. Li« Moraen-Antaab» erfcheint am V,7 Uh^ di« Lbead-Autgab» Wocheslag« n» ö litzk. Nr-«tion oad LrvedUio«: Johauntsgaff« S. FUialeu: Alsted Hatz« vorn». O. Klemm'» Sortkll. klawersULt-straßr 8 (Pauliuum), Lvoi» Lösche, Lalstarineastr 14. pvrt. und Küiri-Svlatz 7. Morgen-Ausgabe. UpMerIlUMM Anzeiger. Amtsblatt des Ltöniglichen Land- und Nintsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Votizei-Änttes -er Ltadt Leipzig. Nr. 547 Sonnabend den 26. October 1901. Anzeigen-Preis die -gespaltene Petitzeile SS Necla««» unter dem Redacriou-striq (»gespalten) 75 vor den Famtlieunach» richten (S gespalten) 50 H. Tabellarischer »ad Ztffernsatz entsprechend hüher. — Gebühren für Nachweisungen «d vfferteuannahme LS (ercl. Porto). Grkra-Beilage» (gefalzt), nur mit d«r Morgen»Au-gabe, oha« Postbesürdernna ^ll 60.—, mit Postbesürderung 70.—» Anuahmeschluß für Alyeigeu: Ab«»d-Sn»gab«: Vormittag» tv llhr. Marg«»-Aa»gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet de» Filialen »ad Annahmestelle» j« et» halb« Strmd« früher. Anzeige» st»d stet» a» di« Expebttto» z» richte». Li« Erveditioo ist Wochentag» uumrterbrochen geöffnet von früh S bi» Alwad» 7 Uhr. Druck n»b Verlag vo» E. Polz t» Leipzig 95. Jahrgang. Was -ie Polen von ihrer Geistlichkeit verlangen. Unter dieser Ueberschrift giebt „Die Ostmark" eine zu treffende Schilderung von der Wirksamkeit der polnischen Geist lichkeit nach dem Herzen der polnischen Propaganda. „Es ist allgemein bekannt", heißt es da, „welchen Rückhalt die groß polnische Agitation an dem polnischen Clerus hat. Die Polen haben sich daher allmählich daran gewöhnt, von ihren Geist lichen zu verlangen, daß sie sich bedingungslos an die Spitze der nationalen Propaganda stellen, und nur wenn die Geist lichen sich diesem Willen fügen, finden sie den Beifall der groß polnischen Führer und der polnischen Presse. Im anderen Falle schützt sie ihr geistliches Gewand nicht vor den gröbsten Angriffen, und die Polen sind dann gar schnell bereit, die Kirche Kirche sein zu lassen und ihren Geistlichen den Gehorsam aufzukiindigen. Dem waschechten Polen ist die Kirche eben nur der Deckmantel für rein politische Bestrebungen und seine an geblich so tiefe Religiosität ist nichts, als das Mittel zu nichts weniger als religiösen Zwecken. Diese Thatsache ist selten so offenkundig geworden, wie in einem Artikel des „Dziennik Ber- linski" (Nr. 161, 1901), der sich mit dem Pfarrer Kapica zu Tichau beschäftigt. Das Berliner Polenblatt behauptet, dieser Pfarrer habe früher als Vicar „die Interessen des pol nischen Volkes vertheidigt" und sei wegen seiner großpolnischen Agitation sogar aus Siemianowitz in Oberschlesien nach Berlin versetzt — der „Dziennik Berlinski" sagt geschmackvoll: von Cardinal Kopp Vertrieben — worden. In Berlin habe er die Hoffnung an eine „gute Zukunft des polnischen Volkes» verloren und nur noch das Bewußtsein eines internationalen Katholiken erhalten, der nicht verstehen wolle, daß für die Polen die Kirche eine ganz andere Bedeutung habe, als für die deutschen Katho liken. Da habe er die sehr einträgliche Pfarre in Tichau er halten und nun beschäftige er sich ausschließlich mit der Be kämpfung der Trunksucht unter den Polen, dadurch viel zu ihrer Germanisirung beitragend. Dieses schreckliche Verbrechen wird vom „Dziennik Berlinski" im Einzelnen folgendermaßen geschildert: „Pfarrer Kapica hat sich mit Landräthen, Gruben- und Fabrikdirectoren, evangelischen Pastoren (entsetzlich!) u. A. in Verbindung gesetzt — und ist auch mit diesen in öffentlichen Versammlungen, welche in deutscher Sprache abgehalten werden und in denen über „Vaterland" und dergleichen gesprochen ward — einmüthig aufgetreten. Kann denn das polnische Volk zu den Herren, die die polnische Nationalität auf jedem Schritt verfolgen, Vertrauen haben? Trägt denn der Pfarrer Kapica nicht auch zur Germanisirung unseres Volkes bei? Wird denn derselbe keine Gewissensbisse haben, daß er das Volk Vereinen zufllhrt, in denen die Hakatisten dominiren, und ferner, daß diese Organisationen doch nur eine Stühe des Deutschthums sind? Daher müssen wir den vom Pfarrer Kapica eingeschlagenen Weg, welchen er zur Erreichung seiner Ziele gewählt hat, ver dammen. Als Polen bitten wir den Pfarrer Kapica, seine Thätigkeit doch nur auf die Kirche zu beschränken, wenigstens den Land räthen, Pastoren und deutschen Directoren die Freundschaft zu kündigen, wenn er schon nicht so viel civilen Muth besitzt, um mit polnischen Organisationen und Vereinen in Verbindung zu treten. Seine gegenwärtige Taktil kann ihm wohl Orden und eine gute Pfarre einbringen, das polnische Volk aber muß seine Handlungsweise verdammen. ... Pfarrer Kapica, der doch unser Volk moralisch heben wollte, mußte sich in seinen Bestrebungen mit polnischen Vereinen in Verbindung setzen, die allein um die Rechte unseres Volkes kämpfen. Er hätte auf die Seite der Beuthener „Genossenschaft der gegenseitigen Hilfe" treten müssen, und nicht deutschen Arbeitgebern die Hand bieten, die, abgesehen von germanisatorischen Gelüsten, das Volk zum größten Theil der Trunksucht in die Arme treiben, indem sie seine Arbeitskraft übermäßig ausbeuten und seine gerechten Forderungen bekämpfen. Endlich mußte Pfarrer Kapica als Pole seine Bemühungen in den Dienst aller Polen des preußischen Antheils stellen und danach streben, eine einzige große polnische Genossenschaft zu gründen, welche es sich zur Aufgabe gestellt hat, die Trunksucht in unserem Volke zu be kämpfen." Die Betrachtungen der „Ostmark" und die ungeschminkte Offenherzigkeit des „Dziennik Berlinski" weisen in der Polen frage auf einen wunden Punct, der unseres Erachtens eine weit größere Aufmerksamkeit verdient, als die Sprachenfrage. Das ist die Vorbildung und die Erziehung des niederen polnischen Clerus. So lange die katho lischen Seminare in den östlichen Provinzen noch die Pflanz stätten bilden, in denen der künftige katholische Caplan Haß gegen alles Deutschthum aufsaugt, so lange gehen aus ihnen Geist liche hervor, die als Richtschnur ihres ganzen Ha'Ndelns den Sa j befolgen, daß „für die Polen die Kirche eine ganz andere Bedeutung habe, als für die deutschen Katholiken!" Gerade das Centrum, welches jetzt von den Polen auf» Lebhafteste bekämpft wird, müßte das allergrößte Interesse daran nehmen, daß die Priesterseminare der östlichen Provinzen nicht länger mehr eine Pflanzstätte des intransigenten Polentyum» bleiben. Partikulariftische „Geschichtschreibung". Bermuthlich der vom Grafen von derSchulenburg auf dem letzten Kongreß der deutschen Rechtspartei gehaltenen Rede hat die „LandeSzeitung fürdaSFürsten- thum Reuß ä. L." den Gedanken entlehnt, den Boeren« krieg auf eine Stuf« mit dem Kriege von 1866 zu stellen und zu behaupten, daß Preußen gegenüber seinen damaligen deutschen Gegnern ebensowenig Recht zum Kriege gehabt hab«, wie Eng land gegenüber Transvaal. Welche Mittel va» genannte Parti- kularistenblatt zur Begründung seine» Standpunkte» anwendet, g«ht a»» der Nngab« hervor, daß Preußen Hannover, Lurhessen und Nassau „ohne Kriegserklärung" überrumpelt und demnach die „flagranteste Verletzung des Völkerrechtes" begangen habe. Angesichts so dreister Entstellungen und Verdrehungen der ge- chichtlichen Begebenheiten ist eine kurze Skizzirung des wirk lichen Sachverhalts am Platze. Das Recht, in Hannover, Curhessen und Nassau ohne jede Kriegserklärung einzurücken, hatte Preußen bereits Durch die den Bundesbruch bedeutend: Abstimmung jener Staaten, ihre Kontingente gegen Preußen mobil zu machen. Diese Ab- rimmung erfolgte, wie bekannt, am 14. Juni, und am gleichen Tage gaben der König von Hannover und der Kurfürst von Hessen den Befehl zur Mobilmachung. Obwohl also bereits am 14. Juni im Schooße des Bundestages die Entscheidung gefallen war, machte Preußen am 15. Juni nochmals einen Versuch der Umstimmung von Sachsen, Hannover und Curhessen: die preußi- ch»n Gesandten in Dresden, Hannover und Cassel überreichten am 15. gleichlautende Noten, in denen die Neutralität unter Zusicherung deS Territorialbestandes sowie der Souveränität in dem durch den preußischen Bundesreformvorschlag bezeichneten Umfange angeboten wurde; erfolgte bis Nachts 12 Uhr kein« günstige Antwort, so war der Kriegszustand eingetreten. Hein rich von Sybel schildert im 5. Bande seiner „Begründung Des deutschen Reiches" eingehend den Verlauf, den die Audienzen Der preußischen Gesandten in den Residenzschlössern zu Cassel und Hannover nahmen. Wir können an dieser Stelle aus der Dar- tellung Sybel's nur wiedergeben, daß der hessische Kurfürst dem weußischen Gesandten, General Röder, Abends um 10 Uhr agen ließ, er verweigere jede Antwort auf die Note. In der Norgenfrühe des 16. Juni brach darauf General Beyer von Wetzlar gegen Curhessen auf. In Hannover begab sich, um eben falls nur das Wichtigste hervorzuheben, am 15. Juni um Mitter nacht Minister Graf Platen in die Wohnung des preußischen Gesandten Prinzen Äsen bürg, damit womöglich ein Auf- chub gewonnen werde. Prinz Psenburg aber blieb kurz bei der Zrage nach der entscheidenden Antwort. Und als Platen sagte, ie liege dem Könige noch vor, sei allerdings ablehnend, aber es önne noch lveiter verhandelt werden, schnitt der Gesandte jede Erörterung ab und erklärte nach dem Befehle seines Herrn dem Könige von Hannover denKrieg. Am 16. Juni, Morgens um 6 Uhr, rückte das Corps Manteuffel bei Harburg über die Elbe. Daß Manteuffel's Vortrab schon am Tage zuvor Harburg besetzt hatte, war durch den Bundesbruch vom 14. Juni und den Befehl zur Mobilmachung der hannöverschen Armee vollauf gerecht fertigt. Wenn inNassau durch Preußen nicht nochmals ein Versuch zur Umstimmung gemacht worden ist, so war dies um so begreif licher, als der Herzog von Nassau gleich beim Beginne des areußisch-östcrreickiischen Konflikts auf die Seite Oesterreichs ge- reten war und schon am 4. Mai die Mobilmachung verfügt hatte. Hierzu kam alsdann die Abstimmung Nassaus für den gegen Preußen gerichteten Bundesbeschluß vom 14. Juni, obwohl di nassauische Volksvertretung die Mittel zur Kriegführung wieder holt verweigerte. So nimmt sich im Lichte der geschichtlichen WahrlM die „flagranteste Verletzung des Völkerrechtes" aus, mit der die „Landesztg. f. d. Fürstentum Rcuß ä. L." ihr anspruchsloses Publicum unterhält. Erfreulicher Weise wird aber jetzt von der Oldenburg'schen Verlagsbuchhandlung in München eine wohl feile Volksausgabe des oben citirten grundlegenden Werkes von Sybel veranstaltet, so daß nunmehr die weitesten Kreise in der Lage sind, ein Geschichtswerk zu erwerben, das mit in erster Linie den partikularistischen Geschichtsklitterern das Handwerk legt. Ser Krieg in Südafrika. Tie Schande der EoneenirationSlagcr. Die Controversen in der englischen Presse über die letzten ofsiciellen Veröffentlichungen betreffs der so außerordentlich hohen Sterblichkeit unter Den Boerenfrauen und -Kindern in den Concentrationslagern wollen jetzt wieder kein Ende nehmen, und wo die liberalen und radikalen Blätter ihr Möglichstes thun, um die Ursachen d-r traurigen Zustände an jenen Stätten des Elends rückhalt-los klarzulegen, bemühen sich die Regierungsorgane und besonders die Jingoblätter, in dieser Hinsichi das gerade Gegen- theil zu erwirken, die entsetzlichen Facta todtzuscvweigen oder sie in der sattsam bekannten Manier den Bocren selbst in die Schuhe zu schieben. Aus den letzteren Bestrebungen wird nur allzu deutlich ersichtlich, wie wenig cs die verblendeten und verbohrten Anhänger und Nachbeter der Herren Chamberlain, Rhodes und Genossen kümmert, wenn das Boerenvolk in seinen Wurzeln au Generationen hinaus ruinirt, over, wenn möglich, überhaupt ganz ausgerottet werden würde. Die Jingopresse stempelt einfach jeden Engländer, ivelcher Partei er auch immer angehören möge, zum Proboeren und vaterlandslosen Gesellen, wenn er es wagt, es für eine Schande zu erklären, daß Tausende und Abertausende von unschuldigen Kindern unter einem System hingemordet werden, das in jeder Hinsicht der britischen Nation und der christlichen Civi- lisation unwürdig ist. Als eine Londoner liberale Wochenschrift es wagte, sich an die Landesmntter, die ewig jugendliche Königin Alexandra mit der Bitte zu wenden, daß die hohe Dam« als Frau, Mutter und Fürstin sich bewogen sehen möchte, persönlich zu Gunsten der bedauernswerthen Frauen und Kinder in jcn«n fürchterlichen Lagern einzuschreiten, da wurde das Journal von einem Jingoblatt schlankweg d«r unverschämtesten Majestätsbelei. digung und rohesten Taktlosigkeit angetlagt. Aehnlich ergeht es anderen Zeitungen, die in ehrlicher Weise und mit derben Worten das System verurtheilen und verdammen, das für ewige Zeiten ein unaustilgbarer Schandfleck in der Geschichte Großbritannien» sein wird. Di« liberale „Daily News" hat es sich, unbekümmert um den Schauer von giftigen und wüthenden Angriffen der englischen Presse, mit entgegengesetzter Ansicht zur Aufgabe gemacht, für die Frauen und Kinder der Boeren so energisch als möglich em- zutreten, und läßt es hierbei nicht an offener Sprache und wohl- begründeten Warnungen fehlen, wi« aus dem folgenden Auszuge auS einem Leitartikel in der heutigen Morgenausgabe zu ent nehmen ist: „Die Regierung hat die Nation in eine Kriegführung verwickelt, welche gegen jedes Völkerrecht verstößt, und sie hat die britischen Generale und Soldaten zu unfreiwilligen Henkers- knechten einer barbarischen Politik gemacht. E» war nichts An dere», al» barbarisch, daß wir di« beiden Boerenstaaten ver ¬ wüsteten; «s war barbarisch, daß wir das Vieh, die Mühlen, die Dämme, das Getreide und unzählige Farmen vernichteten, daß wir Frauen und Kinder Hunderte von Meilen weit fortschleppen, ie im Winter und Sommer schlecht gekleidet und schlecht genährt in Zelte stecken und sie dort langsam dahinsterben lassen. Für eine solche Politik giebt es gar keine Entschuldigung. Mr. Brodrick ollte, wenn er als ein ehrenhafter Mann und Mnister betrachtet werden will, diese Concentrationslager so schnell als nur eben möglich verschwinden lassen, oder sie doch wenigstens aus dem wirklichen Feldzugsgebiete entfernen, und die unglücklichen Fa milien der Boeren an gesunderen und besser zu verproviantiren- den Plätzen nah« der Meeresküste unterbringen. Dir britische Nation sollte es sich dann wohl überlegen, bevor sie es erlaubt, daß wir auf diesem Wege der brutalsten Gewalt und Pflicht vergessenheit fortschreiten, was jede Aussicht auf späteren Frieden onst ganz unmöglich machen muß. England sollte sich schämen, einer Feinde angeblich nicht anders Herr werden zu können, als daß es auch Krieg führt gegen die Frauen und Kinder derselben, daß es diese in Tausenden dem Moloch der Ländergier opfert und ich damit der Verachtung und der Feindschaft der ganzen cioi- lisirten Welt aussetzt. Es ist hohe Zeit, daß die britische Nation endlich einsieht, daß sie von den Männern, welch« augenblicklich sie Geschicke des Landes leiten, auf dem Weg« zum Ruin vorwärts gehetzt wird, ohne sich der ungeheuerl-chen Schande bei Zeiten be wußt zu werden, welche sie sich durch stillschweigende Duldung brutalster Barbarei und regelrechten Kindermordes aufladet. Möge England sich seiner Pflicht erinnern, bevor es zu spät ist." So schreibt ein englisches Blatt! * London» 25. Ociober. (Telegramm.) Der Peters burger Berichterstatter der „Times" erfährt, daß der Versuch des Boerendelegirten Vanderhoeven in Petersburg, die russische Regierung zu veranlassen, die Anregung zu geben, daß der üdafrikanische Zwist vor ein Schiedsgericht komme- gescheitert sei. Deutsches Reich. -4- Berlin, 25. October. (D a s b e sch e i d e n e C e n t r u m.) In einer Schlußbetrachtung über das Ergebniß der badischen Landtagswahlen äußert sich das führende bayerische Centrumsorgan höchst erfreut über den unerwarteten Sieg des Centrums in einem Wahlkreise, der nach dem Ergebnisse der Wahlmänneörvahlen den Nationalliberalen hätte zufallen müssen. Das Blatt schreibt: „Die neue Bresche, welche das Centrum in die Schwarzwaldkreise gelegt hat, ist für die Zukunft von der größten Bedeutung. Der National- liberalismushatseineleitendeNolleinBaden ausgespielt, wenn die Katholiken in den Schwarzwald- und Seekreisen sich so geltend machen, wie man es nach dem con- fessioncllen Verhältnisse der Bevölkerung erwarten muß. Viel leicht wird es auch in Baden noch Tag." Bekanntlich ging der eine Schwarzwaldkreis den Nationalliberalen nur dadurch ver loren, daß einig« nationalliberale Wahlmänner mit dem aufge stellten Kandidaten nicht einverstanden waren und sich dann theils der Wahl enthielten, theilS sogar für den Centrumsmann stimmten. Diese politische Meuterei ist gewiß auss Höchste zu bedauern, aber Niemand wird doch darum sagen können, daß das Centrum Bresche in den natronallibcralen Besitzstand gelegt habe. „Bresche legen" drückt etwas höchst Actives aus, hi«r aber war das Centrum gar nicht der active Theil, sondern die meuternden nationalliberalen Wahlmänner waren es. Daher kann auch nicht davon die Rede sein, daß dieser „Sieg" des Centrums für die Zukunft von höchster Bedeutung sei; es sei denn in dem Sinne, daß die nationalliberale Parteileitung in Zukunft dafür Sorge zu tragen haben wird, daß über den aufzustellenden Candidaten in der nationalliberalen Wählerschaft keinerlei Meinungs verschiedenheit besteht. Das Centrum hat also keine Bresche in die Schwarzwaldtreise gelegt, im Gegrnthoil, diese Kreis« sind von den Nationalliberolen trotz der gewaltigen Anstrengung der Klerikalen behauptet worden; der Verlust des einen Kreises ist so zusagen nur formeller Natur. Wir glauben es gern, daß es den Klerikalen besonders schmerzlich ist, die Nationallibcralen in Kreisen, die zu 80 bis 90 Procent katholisch sind, Attacke auf Attacke abschlagen zu sehen, schmerz lich nicht nur darum, weil diese Kreis« nicht in den Besitzstand des Ctntrums übergehen, sondern noch viel mehr deshalb, weil die Thatsache des nationalliberalen Besitzes die von den Klerikalen immer wieder aufgestellte Legende, als ob katholisches Lekenntniß und Zugehörigkeit zum Centrum dasselbe sei, Lügen strafen. Gewiß — darin geben wir dem Centrumsblatte Recht — wäre es um die leitende Stellung der Nationalliberalen in Baden geschehen, wenn diese Kreise von der nationalliberalen Partei abfielen, denn diese leitende Stellung erhält ihre innere Berechtigung in ein«m zu zwei Dritteln katholischen Lande eben dadurch, daß ein guter Thckk der Katholiken von dem Centrum nichts wissen will, und sie würde in einem konstitutionellen Land« unberechtigt und un möglich sein, wenn der katholische Theil der nationalliberalen Parteigänger sich von dieser Partei lossagte und zum C«ntrum ütberginge. So lange dies aber nicht der Fall ist, ist es viel eher berechtigt, daß die Nationalliberalen eine leitende Rolle spielen, als das Centrum, denn die Ersteren dürfen sich darauf berufen, daß sie evangelische und katholische Anhänger vereinen, während das Centrum sich nur auf einen Theil der katholischen Wähler schaft stützen kann, ohne irgendwelche evangelische Wähler zu be sitzen. So ist die Haltung der Schwarzwald- und Seekreise für die politische Constellation in Baden von einschneidender Be deutung weit über die Bedeutung der Zahl der Abgeordneten- sitze hinaus, und darum werden die Nationalliberalen gewiß immer Alles daran setzen, die Hoffnung der Klerikalen, hier Bresche zu schlagen, zu nicht« zu machen. /?. Berlin, 25 Oktober. (Die Ersatzwahl im Reichstagswahlkreise Schweinitz-Witten« berg.) Di« durch den Tod des Reichstagsabgeordneten Or. von Siemens nothwendig gewordene Ersatzwahl in Schweinitz- Wittenberg verspricht aus mancherlei Gründen interessant zu ver laufen. Zunächst darf dieser Wahlkreis wohl den Anspruch er heben, der wetterwendischste im deutschen Reiche zu sein: er ist fünf Mol konservativ, vier Mal aber liberal vertreten gewesen, und zwar niemals längere Zeit hindurch entweder von der con- servativen oder der liberalen Richtung besetzt worden, sondern in einem fast konstanten Wechsel von Wahl zu Wahl. Nach der speciellen Wahrscheinlichkeitsrechnung dieses Wahlkreises also hätten jetzt die Conservativen die bessere Chance für sich. Zum Zweiten dürfte die Ersatzwahl gerade in die Zeit fallen, in der im Reichstage die erbittertsten Kämpfe um den Zolltarif ausgefochten werden: sie wird also mehr als jede andere Ersatzwahl der letzten und der nächsten Zeit ausschließlich unter dem Zeichen des Für und Wider die Erhöhung der Getreidezölle stattsinden. Berück ichtigt man diesen Umstand, so fällt es sehr ins Gewicht, daß der Wahlkreis ein weit überwiegend ländlicher ist. Von Len 21 500 Wahlberechtigten wohnen mehr als 15 000, also weit über zwei Drittel, in Dörfern von weniger als 2000 Einwohnern, ein weiteres Sechstel in Gemeinden von weniger als 10 000 Ein wohnern. Diese Thatsache dürfte die Conservativen veranlassen, mit ganz besonderem Eifer die Zurückeroberung des im Jahre 1898 in der Stichwahl verloren gegangenen Wahlkreises zu ver- üchen, da eine conservative Niederlage als ein Votum der länd lichen Wählerschaft gegen jede Erhöhung der Getreidezölle aus gelegt werden würde. * Berlin, 25. October. Die Aufgaben des Tech nikers haben mit dem großen Aufschwung der modernen Tech nik eine von Jahr zu Jahr steigende Bedeutung gewonnen. Dec Kaiser hatte bei der Hundertjahrfeier der Charlottenburger Hoch schule auf die vielen Beziehungen der Techniker „zur Arbeit und zu Arbeitern und zur Industrie überhaupt" und auf ihre großen socialen Aufgaben hingewiesen und in diesem Zusammenhang: ausgesprochen: „Wir brauchen sehr viele technische Intelligenz im ganzen Lande." Dachte man «be>i bisherigen derartigen Er örterungen in der Regel daran, welche Wirksamkeit der Techniker zum Wohle der handarbeitenden Elasten bei der Anlage in dustrieller Unternehmungen, bei der Mitarbeit an der Lösung der Wohnungs- und der mit ihr eng verbundenen Verkehrsfrage und in ähnlichen Fällen entfalten kann, so zeigt sich jetzt aus der Praxis heraus, in wie viel weiterem Umfange noch die „technische Intelligenz im ganzen Lande" zur Bethätizung in socialen Auf gaben nutzbar gemacht werden kann. Eine auffallende Erscheinung ist in dieser Beziehung die Heranziehung von Technikern zu Bürgermeisterposten. Die „Sociale Praxis" zählt in ihrer letzten Nummer allein drei solcher Fäll« auf. So ist in Gießen nach dem Abgänge des bisherigen Bürgermeisters, welcher aus dem technischen Berufe herborgegangcn war, zum zweiten Male ein Techniker zum Bürgermeister berufen worden. Auch die Stadt Mainz hat bei Ausschreibung der Stell? eines zweiten Bürgermeisters die Bewerbung von Technikern ge stattet. Und neuerdings hat in Fürth die Stadtverordneten versammlung im Gegensatz zum Magistrat zur Bewerbung um die erledigte Bürgermeisterstelle nicht nur Juristen, sondern auch Techniker und Volkswirthschaftler zugelasscn. Auch wenn die Fälle vorläufig noch vereinzelt sein mögen, liegt darin doch ein beachtensbverthes Zeichen einer natürlichen Zeitströmunz, und die vor Jahresfrist von Männern wie Oechel Häuser und auch seitens preußischer Regierungsbeamten schon einmal aufgerolll: Frage der oolkswirthschaftlichm Vorbildung der Techniker ge winnt damit eine erhöhte Bedeutung. (-) Berlin, 25. Oktober. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern Nachmittag einen Spaziergang über Bornstedt und Sanssouci. Zur Abendtafel waren keine Einladungen ergangen. (D Berlin, 25. October. (Telegramm.) DieAnsprache, die der Kaiser gestern an den Bischof Benzler richtete, batte folgenden Wortlaut: „Seit Begründung der deutschen Herrschaft in Elsaß-Lothringen ist es das erste Mal, daß ein hoher Würdenträger der katholischen Kirche dieser Lande dem deutschen Kaiser persönlich das Gelöbniß der Treue ablegt, daß Sie, hochwürdiger Herr, hierzu berufen sind, gereicht Mir zur besonderen Befriedigung, und mit Genugthuung hat es mich erfüllt, daß die wichtige Frage der Besetzung deS Metzer Bischofssitzes nunmehr einen so glücklichen Abschluß gefunden hat. Gern habe Ich Sie daher in alle mit dieser Stelle verbundenen Würden und Berechtigungen eingesetzt. Leicht ist es Ihnen sicherlich nicht geworden, den Frieden deS schönen Klosters am Laacher See, wo Ich so oft Ihr Gast und zugleich Zeuge Ihrer stillen, aber segensreichen Arbeit gewesen bin, zu verlassen und in rin neues Amt einzutreten, dessen Last schwer und dessen Aufgaben groß sind. Aber die Weisheit und Treue, welche durch Ihr ganzes Leben leuchten, werden auch in der neuen Stellung Sie die rechten Wege finden lassen, um nunmehr aus dem erweiterten und bedeutungsvolleren ArbeitSselde mit Segen zu wirken. Ihnen wird es Gewisirvspslicht sein, die Eintracht zu -siegen und in den Ihrer oberhirtlichen Leitung anvertrauten Diöcesanen den Geist der Ehrfurcht gegen Mich zu stärken und die Liebe zum deutschen Vaterlande zu mehren. Daß dem so sein wird, dafür birgt Mir Ihre bisherige Wirksamkeit und Ihre stets bewährte treue Gesinnung. AuS vollem Herzen heiße Ich Sie, hochwürdiger Herr, in Ihrem neuen Amte willkommen, in dem Ihnen GotteS Segen in reichstem Maße beschiedrn sein möge/" d) Berlin, 25. Oktober. (Telegramm.) Die „Ger mania" tbeilt auf Grund einer authentischen In formation aus Straßburg mit, daß dort von einem Verbote de» Bischofs vr. Fritzen an die katboliscben Theologen, die Vorlesungen de» Professor» Spahn zu besuchen, nichts bekannt sei. (-) Berlin, 25. October. (Telegramm.) Die „Kreuz zeitung" vernimmt, die zweite Lesung der Ausschüsse des BundeSrathe« über da« 8«llt«rif>efetz sei auf den 3l. Oktober festgesetzt, wo die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr ,u- sammentreten würden, um zugleich die auf da» Zollgefetz bezüglichen Eingaben zu berücksichtigen. (-) Ha»er»lehe«, 25. October. (Telegramm.) Wie die „SckleSwicssche Grenzpost" berichtet, sind infolge der deutsch feindlichen Kundgebung in Kjöbenhoved beute noch zwei bier ansässige dänische Staatsangehörige aus- gewiesen worden. * Rsrhhaufen, 24. October. Die „Nordh. Ztg." be richtet: Der Ausstand der TabakSarbeiter ist mit beute insofern als beendet zu betrachten, als gestern die ausständigen Arbeiter in größerer Zahl bei den Fabrikanten erschienen, um in da» alte Arbeit«»,rbältaiß wieder einzu treten. In allen Fabriken wurden eia« größer, Anzahl
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