80 V. Die Mittel der öffentlichen Werbung. 1. Die Zeitung. Die geistigen Methoden der öffentlichen Werbung, die als Propaganda, Agitation und Reklame in Erscheinung treten, müssen von den Bkitteln, deren sich die Werbung zu bedienen pflegt, streng geschieden werden. Diese Mittel bilden die In strumente für die aktiv werbende Erzeugung öffentlicher Meinung. Selbstverständlich darf man auch nicht das Instrument, das Werkzeug der öffentlichen Meinung mit der Meinung selbst ver wechseln. Man trifft auch heute noch zuweilen die Auffassung an, daß die Zeitung die öffentliche Meinung sei, obwohl dieser Irrtum von den neueren Forschern über dieses Gebiet hinläng lich gekennzeichnet wurde. Darüber äußert sich Jöhlinger in seinem Werke „Zeitungswesen und Hochschulstudium", Jena 1919. Die Zeitung ist aber heutzutage unstreitig das wichtigste Instrument der öffentlichen Meinung. Sie ist, wenigstens nach dem Wesen ihres Textteils betrachtet, ein Organ zur Vertretung öffentlicher Interessen. Wenn sie sich geschichtlich freilich häufig geradezu im Gegensatz zu jenen altangestammten Mächten ent wickelt hat, die das Privileg auf die Wahrnehmung öffentlicher Angelegenheiten besaßen, so will das nichts besagen. Die Träger der Staatsgewalt wollten es niemals wahr haben, daß dieses Hauptinstrument der öffentlichen Meinung ebenso wie Ver waltung, Justiz, Schulaufsicht, Staatsmedizin dazu berufen sei, Organ der Gesamtheit zu sein. Der Kampf um den öffentlichrechtlichen Charakter der Zeitung ist auch heute noch nicht abgeschlossen. Dem Journalisten wird die Ausübung einer öffentlichen Funktion von den deutschen Gesetzen nicht grundsätzlich zuerkannt, wenn es sich um die Wahr nehmung berechtigter Interessen handelt. Daraus ergibt sich die Groteske, daß der Redakteur beispielsweise von der Anklage der Beleidigung freigesprochen werden muß, wenn ihm der Nachweis gelingt, daß er in einer scharfen Polemik seine berechtigten per sönlichen Interessen wahrgenommen habe. Dagegen kann er trotz des Nachweises, daß er öffentliche Interessen wahrgenommen habe, verurteilt werden. Der Umschwung in der staatsrechtlichen