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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011002016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901100201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901100201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-02
- Monat1901-10
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MpWcr TlMblalt Anzeigen «Preis die -gespaltene Petitzeile 25 Neclamea unter dem Redarttou-striq (4 gespalten) 7b Lp vor den Famtltrumu^ richten (6 gespalten) by Tabellarischer und Hiffernfatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohm« LS L» (exel. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderuug ^tz 70.—» Ännahmeschluß fSr Atyelgea: Anzeiger. Ämksölatt des Königlichen Land- nnd Äinlsgenchtes Leipzig, des Nattzes «nd Volizei-Ärntes der Lladt Leipzig. Abend-Lu-gab«: vormittag- 10 Uhr. Morg«»-Au-gab«: Nachmittag- 4 Uhr. Bet dea Filialen and Annahmestelle» je «1« halb« Stund« früher. Anzeige» find stets a» die Expedition j» richte». Di« Expedition ist Wochentag- ununterbroche» grössnet von früh S bi- Abend- 7 Uhr. Druck uud Verlag von E. Pol- t» Leipzig, Mittwoch den 2. October 1901. S5. Jahrgang. (768t la ksute M mlnistörs. Man schreibt uns: Wir haben vor Jahren im tlrsLtr« cks» Varrvtss zu Paris ein kleines Stück gesehen, in dem die französische Neigung, für jedes Mißgeschick einen Sündenbock zu suchen, verspottet wurde. Bei jedem großen oder kleinen Unheil, das da passirte, hieß es „e'sst la taut» au nunistsre" (daran ist das Ministerium schuld). O'est la laut« au naiurstsrs tönt es jetzt wieder an allen Ecken und Enden in Frankreich wegen jeder Enttäuschung, die der Zarenbesuch gebracht hat. Wenn der Zar nicht nach Paris kam, wenn Persönlichkeiten, die sich auf einen hohen Orden ge spitzt hatten, nur eine geringere Decoration oder gar keine be kamen, wenn das Schiff, das die kostbaren Persönlichkeiten der Deputirten bei der Dünkirchener Entrevue trug, sich als alter Kasten herausstellte, der seine Insassen mit allen Schrecken der Seekrankheit vertraut machte, wenn Dsroulede nicht be gnadigt, wenn Boisdeffre nicht wieder angestellt wurde, wenn der socialistische Maire von Reims sich in der Unterhaltung mit dem Zaren einer rüden Sprache bediente, — immer wieder schallt es: tü'est, In Lauts au rnruistörs. Und da sich so ziemlich ein Jeder über irgend etwas geärgert hat, so wird das Ministerium bei dem bald erfolgenden Wiederzusammen tritt der Kammer keinen leichten Stand haben. Was wollen aber all' diese kleinen Enttäuschungen sagen gegenüber der großen allgemeinen Enttäuschung: daß nämlich die stille Hoffnung, mit der Frankreich das Bündniß vor Jahren begrüßt hat, durch den Kaiserbesuch ihrer Erfüllung eher ferner als näher gerückt ist; denn das Verhalten des Zaren bei seinem Besuche in Frankreich, seine Trinksprüche, sein kurz vorher stattgchabter Besuch in Danzig mit dem mannigfachen Aus tausch von Liebenswürdigkeiten zwischen den beiden Kaisern — all' dies hat dargethan, daß Kaiser Nikolaus gar nicht daran denkt, die traditionelle Freundschaft mit Deutschland um des Zweibundes willen aufs Spiel zu setzen. Nun würde dies auch nicht um ein Haar anders sein, wenn statt des Herrn Waldeck- R-mssea« der intrigante Herr M-Une an der Spitze des Ministeriums stände, uver französischen Nationalisten wisten es besser. Dem Zaren ist das radical-socialistische Ministerium ein Greuel, dadurch sind seine Sympathien für Frankreich ab geschwächt, deshalb also muß zunächst einmal das Ministerium gestürzt werden, wenn man Aussicht auf ein bischen Revanche haben will. Es hat eine Heit gegeben — und sie liegt nicht allzu weit zurück, wo auch in Deutschland die auswärtigen Beziehungen vom Standpunkte der Partei aus betrachtet und zu Partei zwecken ausgenutzt wurden. Es sei nur daran erinnert, daß die konservative Strömung in Preußen in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in dem engsten Anschlüße an Rußland der Weisheit letzten Schluß sah, weil sie in einer engen Verbindung mit dem reaktionär regierten Rußland des ersten Nikolaus zu gleich eine Stärkung der eigenen Position erblickte. Umgekehrt blickte der Liberalismus wie hypnotisirt auf England hin, das als Vorbild parlamentarisch liberalen Regiments galt. Man ist in Deutschland mehr und mehr davon zurückgekommen, die auswärtigen Staaten und die Beziehungen zu ihnen „von Parteiwegen" zu betrachten, und wir stehen nicht an, darin einen großen Fortschritt zu erblicken, einmal weil in der Zurück weisung des Gedankens der Beeinflussung der inneren Politik des eigenen Staates durch die Beziehungen zu einem aus wärtigen Staate ein erfreulicher Beweis erstarkten Selbstgefühls liegt, zweitens weil eS für eine starke eigene auswärtige Politik von größtem Vortheile ist, wenn das Volk einem fremden Staate nicht nach Parteien gesondert gegenüber steht, sondern sich nur von der Erwägung leiten läßt, welchen Nutzen gute Beziehungen zu diesem Staate der eigenen auswärtigen Politik bringen können. Wäre die Verquickung der innerpolitischen Strömungen mit den auswärtigen Beziehungen für Deutschland ein Nachtheil, so ist sie für Frankreich geradezu eine Gefahr. Schon wenn das Ministerium Waldeck-Rousseau wegen der franko-russischen Beziehungen über die Klinge springen müßte, wäre diese Storung der leidlichen Stabilität, deren sich die innere fran zösische Politik seit zwei Jahren erfreut, bedauerlich. Indessen, ob Waldeck oder Meline oder sonst Einer, das ist noch nicht das Entscheidende. Wer aber könnte dafür garantiren, daß die Sucht, Nuß and um jeden Preis zu gefallen, sobald man ihm einmal Einfluß auf die Gestaltung der inneren Politik ein räumt, nich schließlich auch die Staatsform, d. h. die Republik ge ährdet? Schon krebsen die Bonapartisten mit der angeblichen Vorliebe des Zaren für den in russischen Diensten befindlichen Prinzen Ludwig Napoleon. Wenn man dem fran zösischen Volke die Empfindung beibringen kann, daß der Zar für die Revanche zu haben sein wird, wenn er nicht mehr einem schlichtbiirgerlichen früheren Gerber oder Advokaten die Hand zu drücken braucht, sondern einen leibhaftigen König oder gar Kaiser der Franzosen als „otrsr eousin st srtzrs" anreden kann, wer weiß, ob dann nicht der ohnehin nicht sonderlich feste RepublikaniSmuS in seinen Grundfesten erschüttert werden mag. Jedenfalls übernehmen Diejenigen, die das gegenwärtige Ministerium um der Allianz willen stürzen möchten, die schwere Verantwortung deS „ersten Schritte-". Eine „perfide Fälschung". * Kürzlich (vrr-gl. Nr. 488 deS „Leipziger Tageblatt»") wurde darauf hingewiesen, daß die ultramontanen Blätter seit dem Ö-nabrücker „Katholikentage" die Gründung eine- „Apo logetischen Vereins" empfehlen, der dir wifßrnfchaft- liche Vertheidigung de» ultramontanen Systems sich zur Aufgabe machen s"llt. Bei dies- ^eltgenheit wurde auch ein Artikel des Grafen».^ o e nS br»^ angezoge'., der zum Beweise für die Behauptung, daß eine ehrlich« katholische Apologetik zuerst in den Hauptwerken ihrer eigenen wissenschaftlichen Größen gründlich säubern müßt«, ein« Stelle au- dem ultramontanen „ Kirch«n - lrxikon" anführte, in der di« Sage behandelt wird, da» Haus von Loreto sei durch Engel von Nazareth zunächst nach Dal matien und dann nach Italien durch die Luft «ntführt worden, wäbrend die Bäume sich ehrfurchtsvoll verneigt hätten. Al» be sonder» charakteristisch für diese Darstellung de» „Kirchen lexik»»»" wurde folgender Schlußsatz bezeichnet: „N-ch Ave« dürfen wir mit dem ältesten und aulführlichsten Geschichtsschreiber de» Hause» von Loreto, dem Jesuiten Horatiul Tursellinus, sagen: „An einer so sehr bezeugten und er- orschten Sache kann nur der zweifeln, welcher entweder a n der Macht oder Vorsehung Gottes zweifeln oder den menschlichen Glauben aus der Welt verbannen will"." Auch die „Köln. Zig." hatte den Artikel -des Grafen Hoens- broech übernommen. An dieses, für klerikale Klagen nicht selten recht empfängliche Blatt wendet sich nun dir ultramontane Presse mit der Behauptung, es sei einer „perfiden Fälschung" zum Opfer gefallen; Graf Hoensbroech habe nämlich bei seinem Citate aus dem „Kirchenkxikon" folgende Stelle weggelassen: „Das heilige Haus zu Loreto hat in der Reihe der Jahr hunderte alle Proben des geschichtlichen Nachweises als der wissen schaftlichen Untersuchung durchaus bestanden, und es ist mensch lich gewiß, daß es dasselbe ist, in welchem die Himmelskönigin Maria zu Nazareth gewohnt und die Verkündigung des Engels in Demuth entgegengenommen hat. Neuestens wurde durch den römischen Forscher Bartolini selbst die Mineralogie und Chemiein den Dienst des Heiligthums gezogen. Es wurde demselben von Pius IX. im Jahr« 1860 gestattet, aus den Mauern des heiligen Hauses zu Loreto an verschiedenen Stellen Steinstücke herauszunehmen. Diese wickelte er sorgfältig ein und deponirte sie in Rom. Er erkannte sofort, daß es Steine seien, welche in Italien gar nicht gefunden werden. Um sicher und unparteiisch zu Werke zu gehen, reiste er nach Nazareth, holte von dem noch stehenden Fundamente des heiligen Hauses gleichfalls einige Steinstücke, verpackte auch diese in ähnlicher Weise wie die früheren aus Loreto und übergab nun dem Uni- versitätsprofesior Ur. Ratti in Rom die Steine beider Orte, um sie chemisch zu untersuchen, aber ohne rhm anzudeuten, worum es sich handle. Das Resultat der Untersuchung vr. Ratti's war, daß die Steine von beiden Orten sich ganz als die selben erwiesen. Den nämlichen Versuch ließ Bartolini mit dem Mörtel von beiden Orten anstellen, und wieder ergab sich dasselbe Resultat bei' Identität, und auch dieser Hertel war von ganz anderer Art, als er in Italien je gebraucht b nrde." An diese Stelle knüpft die ultramontane Presse die folgende Ausführung: „Und nun kommt der Satz, welchen der Exjesuit Hoensbroech ganz aus dem Zusammenhänge gerissen und mit Auslassung von 83 Zeilen direkt mit dem vorhergehenden Absatz über die Sage von Loreto in Verbindung gebracht hat!! Nämlich: . . Nach Allem dürfen wir mit -dem ältesten und ausführlichsten Geschichts schreiber des Hauses von Loreto, dem Jesuiten Horatius Tur- sellinius, sagen: „An einer so sehr bezeugten und erforschten Sache kann nur Der zweifeln, welcher entweder an der Macht und Vorsehung Gottes zweifeln oder den menschlichen Glauben aus der Welt verbannen will." Was sagt nun die „Kölnische Zeitung" zu einer so perfiden Fälschung? Ist es wirklich so un geheuerlich und so unglaublich, daß ein kleines Zimmer, vielleicht stückweise oder irgendwie, was hier ja nicht in Frage kommt, von Nazareth nach Loreto transportirt worden sein soll? Das „Kirch«nlexikon" verdient vollständig das .... Lob, welches ihm die „Christlich« Welt" und der Gießener Kirchen historiker Walter Köhler spendet, denn es weiß trefflich zu classi- ficiren, was der Sage zukommt und was tatsächlich festgestellt ist, und die „Ultramontane Wissenschaft" hat sich hier wieder einmal als auf einem höheren Standpunkte stehend gezeigt, wie die „Liberal« Wissenschaft" der „Kölnischen Zeitung" und des Ex jesuiten von Hoensbroech." Die „Köln. Ztg." bleibt aber die Antwort nicht schuldig; ne entgegnet, nichts weniger als zerknirscht: „Wir geben der Centrumspresse unbedingt Recht darin, daß dasHausvonLor-etoaufdienatürlichsteWerse von der Welt von Palästina nach Italien ge- schafftseinkann. Wir geben sogar die Möglichkeit zu, daß ein findiger Geschäftskatholik und Spekulant vorsichtig genug gewesen sein mag, Steine und Mörtel, die er zum Bau brauchte, aus Palästina kommen zu lassen. Man braucht wirklich nicht die „Macht und die Vorsehung Gottes" heranzuziehen, um derartige Vorgänge glaubhaft-Pi finden; eine derartige Berufung auf Gottes Allmacht wäre in diesem Zusam menhänge einfach sinnlos. Das „Kirchenlexikhn" verfolgt denn auch selbstverständlich den umgekehrten Kedankengang; die mit allem Aplomb wissenschaftlicher Exaktheit vorgetragene Untersuchung über Steinen» dMörtelsolldieLeserzudemTrug- schluß hinführen, diese Untersuchung erhärte dieBehauptung.daS HauS von Loreto sei eines TagesaufdenÄ«dankenverfallen,«ineAuto- mobilfahrt durch die Luft anzutreten. Inner halb diese» Gedankengange» de» „KirchenlexikonS" hat natürlich die Berufung auf GotteS Allmacht «inen guten Sinn. Bezeich nend ist' der Zwischenfall insofern, als er zeigt, daß das felsen feste Vertrauen der Centrumspresse in die Urtheilslosigkeit ihrer Leser noch uuerschüttert dasteht,, daß yi-n sich aber doch der wunderbaren Geschichten zu schämen beginnt, an denen die" uUramontan« Literatur so überreich ist. So wird denn auch das Hau» von Loreto der romantischen Fahrt durch die Lüfte beraubt und auf die prosaische Verschiffung durch einen Segler, Stück für Stück mit Frachtbrief, verwiesen. Galilei hat Recht mit seinem AuSruf: „Und sie bewegt sich doch!" Bi» tief in di« R«ihen der Ultramontanen hinein macht die moderne Weltanschauung ihr« Wirkungen geltend, indem sie durch ihr« Wahrheitsmacht mit dem altrn Aberglauben aufräumt.' D«n dem Grafen Horntzbroech gemachten Vorwurf „perfider Fälschung" zurückzuwris»», hält dir „Köln. Ata." für überflüssig. Mit Richt. Denn wrr au» dem Vesogten »ich: von selbst er kennt, daß Graf Hoensbroech das Bekenntniß des „Kirchenlexi kons" zu der Sage von Loreto in keiner Hinsicht gefälscht und durch sein« Abkürzung des Citats nur den Mantel der christlichen Liebe über den höchst unzulänglichen, ja komischen Versuch der Gelehrten des Lexikons, ihrem Aberglauben eine wissenschaftliche Basis zu geben, gebreitet hat, dem ist nicht zu helfen. Der Krieg in Südafrika. Wie die Engländer de» Loere» in die Falle gehen. Ein früherer Mitkämpfer der Boeren schreibt Anfangs Sep tember von Lourenso Marquez aus und giebt eine interessante Schilderung von der Niederlage der Engländer, welche die Letzteren Mitt« Juni bei Wilr.ranrust im Middel- burgbezirke (Transvaal) erlitten. Wir entnehmen dem Berichte vie folgenden Einzelheiten: Sobald die Engländer Fühlung mit uns bekommen hatten, sandten sie gleich ein Regiment und zwei Batterien gegen uns ab, und wir mußten uns kämpfend auf unser Gros zurückziehen, wobei unser Kommandant es vorzüglich verstand, die Engländer über unsere Stärke zu täuschen. Die Engländer nahmen dann die von uns verlassenen Po sitionen mit einem riesigen Aufwand von Munition unter Artilleriefeuer, und w«nn sie dann starke Colonnen zum Sturm vorschickten, so fanden sie die Positionen längst geräumt. So ging es vier Tage hindurch, und daß eine solche Kampsesweise einen Feind auf die Dauer ermüden und -abspannen mußte, ist klar. Durch unser immerwährendes Zurückweichen sorglos ge macht, ließen sie sich in einen langgestreckten Thalkcssel locken, an dessem äußersten Ende ein Geschütz so postirt war, daß es das ganze Thal beherrschte, während die Höhen dicht mit Boeren und mit leichten Geschützen besetzt «waren. Außerdem hatten wir die Wagen, Jedem sichtbar, marschfertig am Ende des Thales aufgestellt, um sie beim Dorrücken der Engländer sofort auf brechen zu lassen und diese so zur Verfolgung derselben zu veran lassen. Di« List gelang vollkommen. Wir zogen uns fechtend in diesen Thalkessel zurüch nahmen Position, wo wir konnten, retirirten, nahmen wieder Position, während die Engländer hastig nachdrängten. Als sie dann unsere Wagen bemerkten und sahen, wie diese schleunigst aufbrachen, da flogen die Adjutanten und Meldereiter nur so über das Feld, und es dauerte nicht lange, da rückte Cavallerie heran, Artillerie kam herangerasselt, und die Infanterie-Kolonnen krochen wie riesige Raupen in beschleunigtem Tempo über die gelbbraun« Grasfläche, Alles hinein in den Kessol. Wir geriethen in Gefahr, überritten zu werden, so wild waren die Engländer darauf, die Wagen abzufangen, und wir konnten uns nur durch fortg«seht«s Schnellfeuer schlitzen, wodurch wir sie zum Stshen brachten. Die „Mountev-Jnfantery" saß ab, um sprungweise gegen uns vorzugehen, und diesen Umstand benutzten wir, um wieder aufzusitzen und in voller Carrisre davonzujagen, verfolgt von den siegestrunkenen Reitern und den Kugeln der Schützen. Da endlich stieg die lange erwartete Rauchwolke vor uns auf. Die Kanonen fingen jetzt an, «in Wörilein mitzureden, ein dumpfer Donner, das sausende Geräusch der über uns hinweg fliegenden Geschosse, und wie mit einem Zauberschlaye wurde cs auf den Höhen "lebendig. Die Kanonen donnerten von allen Seiten, und das unheimliche Knattern der Mauser wollte kein Ende nehmen. Jetzt waren wir für eine Weile die Zuschauer in dem furcht- baren Theater. Wir sahen di« Granaten in die Cavallcriemassen einschlagen; die Artillerie macht« krampfhafte Versuch«, abzu- protzin, aber Granate auf Granate sauste hernieder, und Pferde und Mannschaften bildeten wirre Knäuel. Di« Infanterie ver sucht« sich zu entwickeln, aber Alles rannte wild durcheinander; scheu geworden« Pferde und Maulthiere erhöhten noch die Ver- Wirrung, und in wilder Flucht sah man Alles dem Ausgange des Thales zuströmen. Todt« und Verwundet« bedeckten das Feld, ein Munitionswagen, in den eine Granate geschlagen war. flog mit furchtbarem Krachen in die Luft und richtete entsetzliche Verwüstung an; kurz, es war ein« vollkommene Niederlage. Da erschien vor uns die erste "weiße Flagge. Unsere Bedränger, die allerdings auch am wenigsten Aussicht hatten, zu entkommen, waren die Ersten, die sich ergaben. Das war das Signal für die Anderen, und überall wurden weiße und Helle Tücher ge schwenkt. DaS Schießen hörte allmählich auf, und nun bekamen die Engländer überhaupt erst ihre Gegner zu sehen. Von allen Seiten strömten sie von den Höhen herunter, mit g«spanntem Mauser ihren Gefangenen entgegen. Aber nicht Alle. Der größte Theil blieb in der Position liegen, um für olle Fälle gesichert zu sein, wenn die Gefangenen vielleicht, wie cS schon geschehen -war, die geringe Zahl der Boeren erkennend, ihre Waffen wieder auf nahmen und den Kampf fortsetzten. Mit dem Rufe: „Haucks up!" näherten sie sich den Engländern, die pflichtschuldigst die Hand« hochhielten, und froh waren, hem Blutbade entgangen zu sein Di« Gefangenen wurden zusammengetrieben, unter ihnen Obersten, Hauptleute und viele sonstige Officiere, und den Wagen nachgeschickt, di« sich schon vorher nach der Bahttlinie zu in Be- weguug gesetzt hatten, die unsere OperationSbasiS bildete. Die verwundeten Engländer wurden übrigen» einer Vereinbarung gemäß, am nächsten Tage an eine bestimmt« Stell« gebracht und dort von englischen Ambulanzen kn Empfang g«nvmmen. So waren wir die Last los und die Verwundeten hatten bess«re Pflege wie bei uns. Es ist zu verwundern, wie die Engländer in diese, ja eigent lich recht plumpe Fssie-gehen tonnten, nachdem sic gerade ick ähnlichen Situatiön-n in ihrdr I^sährigen Praxis schon so ent setzliche Verluste erlitte:: hatten. Aber der Anblick der in Der- , Wirrung ansprechenden Gagen und die Au-sicht auf Beute hatte , st« jede Vorsicht vergessen lassen. * Lsntzaee, 1. Oktober. (Tilegramm.) Da» „Reuter'sche Bureau" meldet anS Mrlmoth vom 29 Septrmber: Lin groß«r Aagrn-ng, der beute Vormittag nach d«m Fort Prospekt abging, «vurdr S Miilrn von hi« »v» d«n vo«r«a w,g- grnomm««. D«r Feind >«r»ra»»t« di« Wag'» mit den Leben-mittal« uad »«hm da» l,h,»h« viih mit. Der Unterinspector der Natalpolizei, Mansell, wurd« gefangen. Techs Mann von der Eingeborenen-Polizei sind gefallen, zwei werden vermißt. * London, 1. Lctober. (Telegramm.) Der Brüsseler Correspondent der „Morning Post" erfährt, die Boeren erlangten Munition von Segelschiffen, die ihre Ladungen in der Lambeitsbai laudeu. Levds bereite eine neue Protestnote gegen Las System der Concentrationslager vor, da die früheren Noten unbeantwortet geblieben seien. * London, 1. Oktober. (Telegramm.) „Daily Mail" be richtet aus Pietermaritzburg (Natal): Eine starke Boeren- abtheilung griff Sonntag Nacht den von Freiwilligen aus Natal besetzten Posten One Tree Hill, 12 Meilen westlich von Glencoe, am Die Freiwilligen leisteten tapferen Widerstand. (Mgdb. Ztg.) Deutsches Reich. Berlin, 1. October. (Die süddeutsche Demo kratie.) Die badischen Demokraten haben einen ellenlangen Wahlaufruf erlassen, der sich besonders vurch eine scharfe Sprach« gegenüber der früher so eng befreundeten Fortschrittspartei aus zeichnet. Gleichzeitig fleht die demokratische „Frkf. Ztg." di« Freisinnigen in Karlsruhe an, das mit den Nationalliberalen ab geschlossene Wahlcartell zu brechen unv wie früc; -r für einen demo kratischen Bewerber einzutreten. Verve Kundgebungen, die zornige und vie flehende, sind nicht bloß aus dem Gesichtspunkte ver Besorgniß um den Verlust eines Mandats zu betrachten. Was der Volkspartei viel fataler ist, das ist die bevorstehende Ent hüllung ihres konstanten Rückganges in Süd westdeutschland. Dieser Rückgang begann mit den Reichs tagswahlen in Württemberg im Jahre 1898, er setzte sich fort bei den württembergischen Landtagswahlen im letzten Winter und er wird abermals in vie Erscheinung treten bei den gegen wärtigen badischen Wahlen. Auch hier hat schon vie letzte Reichstagswahl dargethan, wie schwach es um die ehemals in Südwestdeutschland so bedeutende Partei bestellt ist. Denn bei diesen Wahlen brachten es die Demokraten im ganzen badischen Lande aus nicht mehr als 10 468 Stimmen, also kaum mehr, als die Nationalliberalen beispielsweise in dem einzigen Wahl kreise Donaueschingen oder das Centrum in dem einzigen Wuyi> kreise Waldshut aufbringen. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß von diesen mehr als 10 000 Stimmen erwa die Hälfte der Volkspartei von Rechtswegen nicht zuzurechnen ist. Denn wenn die Demokraten in dem Wahlkreise Karlsruhe 6370 Stimmen erhalten haben, so ist dies darauf zurückzuführen, daß das Centrum keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat und im ersten Wahlgange für den demokratischen Bewerber eingetreten ist. Wie gering die eigene Kraft der Demokratie in Karlsruhe ist, geh: daraus hervor, daß bei den Wahlen von 1881 und 1884 nur je etwa 1700 Stimmen auf den demokratischen Bewerber gefallen sind. Die badische Demokratie hat also bei dem vom demokrati schen Standpuncte aus idealen Reichstagswahlsystem aus eigener Kraft nur etwa 6000 Stimmen aufzubringen vermocht, etwa IV2 Procent der Wahlberechtigten des Landes. Wo Baden heute ist, wird, wenn dort der Rückgang der demokratischen Stimmen so fort geht, Württemberg vielleicht in einem Jahrzehnt sein. Der längst schon fossilen Partei wird bann kaum Jemand eine Thräne nachweinen. -^Berlin, 1. Ociober. (Die rumänischen Advo cate n u n d D« u t s ch l a n d.) In der Zeitschrift „Das Recht" wird darauf aufmerksam gemacht, daß di: Bukarester Advo katen mit dem Stolze eines Don Quichote der deutschen Re gierung den Fehdehandschuh hinzeworfen Haden. Der „Reichs anzeiger" hat nämlich vor einiger Zeit auf Grund sehr bedenk licher Vorkommnisse di« deutsche Geschäftswelt er mahnt, bei der Wahl rumänischer Advocaten sehr vorsichtig zu sein und möglichst vorher bei den deutschen Consulat«» über deren Zuverlässigkeit Erkundigungen einzuziehen, weil «S «ine unlöbliche Gepflogenheit rumänischer Advocaten sei, von deutschen Clienten große Vorschuss« einzuziehen und nachyer nichts von sich hören zu lassen. Um gegen dieses dankenswcrkhe Vorgehen der deutschen Regierung zu demonstriren, Haden die Bukarester Advo- raten in einer Versammlung den Beschluß gefaßt, daß in Zu kunft kein Advocat die Vertretung eines deutsch«» Hauses ohne vorhergehend« Autorisation de» DiSciplinarrathes der Advocatenkamnrer übernehmen dürf« uwd daß Advocaten, welche solche Vertretungen divect oder durch Vermittelung txr deutschen Konsulate annehmen, in öffentlicher Versa:nmlung gebvandmarkt und wegen unwü.r-digen Benehmens von dem Dis- ciplinarrathe zur Rechenschaft gezogen werden sollen. — Es wird wohl trotz dieses heldenhaften Beschlusses Nicht an rumänischen Anwälten fehlen, die sich durch die Warnung des „Reichs anzeiger»" nicht getroffen fühlen und deshalb fii-r gutes deutsches G«lv deutsche Geschäftsleute auch weiter vertret«». * Berlin, 1. Oktober. (Die unfallrenten- berechtigten Inländerin: Au-landc.) Die bereits dem Inhalt« nach mktqetheilden, unter dem 6. Juli vom Reichs Versichcnmgsamte erlassenen und am 1. Oktober in Kraft treten den Vorschriften über die Verpflichtungen von unfall rentenberechtigt«» Inländern, welche im AuS- lande sich aufhalten, haben folgenden Wortlaut: „In AuS führung der Bestimmungen des 8 94 Ziffer 3 des Gewrrbe- UnfallversicherungSgesetzeS (Reichs-Gesetzblatt 1900 Seite 686), 8 100 Ziffer 3 de» NnfallversicherungsgtsetztS für Sand- und Forstwirtüschast (Reicks-Grsetzbl. 1900 Seit« 641), tz 37 Abs. 1 des Bau-UnfallversicherungSgesetzeS (Reich4-Gesrtzbl. 1900 S«ite 698) werden die nachstehenden Vorschriften «rlaffen: 8 1- Nimmt ein rentenberechtigter Inländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Auslande, so hat er der die Rent« zahlenden Beruf-genossen- schaft unverzüglich diesen Aufenthalt so mitzutbrilen, daß Post sendungen unter der angegebenen ?ldresse bestellbar sind. Die Mittheilung kann schriftlich, telegraphisch oder zu Protokoll er folgen. — »2. Die Mitthettuug gilt al» unterlassen im Sinne der Ziffer 3 Absatz 1 der 88 94 de» Gewerbe-Unfallversicherung» - gcsetzek und 100 de» Unfallversicherung»gesktz«» für Lackd- und Forstwirthschast, wenn die Abreise de» Rentenberechtigt«» ins Ausland glaubhaft gemacht, innerhalb der MittheilungSfrrst aber kein« den Vorschriften deS § 1 entsprechende Mittheilung der Be- rufZgenossenschaft zugeaanaen ist. — Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welLem die Reis« in» Aukland angetreten worden ist, oder, sofern dieser Z«itpunct nicht feststeht, mit dem Lage, an wrlchem di« Beftellunq einer Postsendung d«r ven»f»g«nossen- schäft an den Rentenberechiigtea unter s«in«r letzten b«ranntm
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